Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.03.2013, Az.: 15 KF 8/11
Zulassung eines Widerspruchs trotz schuldhafter Fristversäumnis unter dem Gesichtspunkt der Nachsichtgewährung im Zusammenhang mit einem Streit auf Befreiung von der Aufbringung von Vorschüssen zu Flurbereinigungsbeiträgen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.03.2013
- Aktenzeichen
- 15 KF 8/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 32786
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:0306.15KF8.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 134 Abs. 2 FlurbG
- § 58 Abs. 1 VwGO
Fundstelle
- AUR 2013, 219-222
Amtlicher Leitsatz
Zu den Anforderungen einer Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 FlurbG
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Befreiung von der Aufbringung von Vorschüssen zu den Flurbereinigungsbeiträgen.
Er ist mit Einlageflächen zur Größe von rd. 33 ha Teilnehmer der durch Beschluss der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften (GLL) Aurich als Funktionsvorgängerin des Beklagten vom 19. Juli 2007 angeordneten vereinfachten Flurbereinigung Wiesedermeer. An dieser Flurbereinigung sind 415 Teilnehmer beteiligt. Das Verfahrensgebiet zur Größe von rd. 2.200 ha liegt in der Gemeinde F. (Landkreis Wittmund).
Der Flurbereinigungsverband Ostfriesland setzte durch Bescheid vom 16. Juli 2009 gegenüber dem Kläger einen Beitragsvorschuss in Höhe von 1.017,59 EUR fest. Der Kläger erhob hiergegen am 7. August 2009 Widerspruch und machte geltend, er habe kein Interesse an der Flurbereinigung, weil sein Betrieb ausreichend arrondiert sei und er auch vom Straßen- und Wegebau keinen Nutzen haben werde; er sei nicht bereit, für Kosten der Flurbereinigung aufzukommen. Der Flurbereinigungsverband Ostfriesland teilte dem Kläger mit, er habe den Widerspruch zuständigkeitshalber an die GLL Aurich weitergeleitet.
Die GLL Aurich lehnte durch mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 6. Oktober 2009 eine Befreiung von den Vorschusszahlungen auf Flurbereinigungsbeiträge ab. Sie führte zur Begründung aus: Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid über die Erhebung von Vorschüssen auf Flurbereinigungsbeiträge sei als Antrag auf Befreiung nach § 19 Abs. 3 FlurbG gewertet worden. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Eine Befreiung von den Vorschüssen sei nur bei Teilnehmern gerechtfertigt, die offensichtlich überhaupt keine Vorteile aus der Flurbereinigung zögen. Die Flächen des Klägers seien zum Teil nicht arrondiert, so dass eine Zusammenlegung durchaus möglich erscheine. Zurzeit könne noch nicht abgeschätzt werden, ob durch eine evtl. Verlegung von Flurstücken ein Vorteil für den Kläger entstehe. Zumindest seien Vorteile für den Kläger aus heutiger Sicht nicht auszuschließen.
Nachdem der Flurbereinigungsverband Ostfriesland gegenüber dem Kläger unter dem 9. November 2009 die Zahlung des Beitragsvorschusses angemahnt hatte, wandte sich der Kläger unter dem 23. November 2009 unter Bezugnahme auf seinen Widerspruch vom August 2009 an den Flurbereinigungsverband Ostfriesland und bat, den Heranziehungsbescheid aufzuheben. Der Flurbereinigungsverband Ostfriesland teilte dem Kläger unter dem 30. November 2009 mit, es werte das Schreiben des Klägers als Widerspruch gegen den Bescheid der GLL Aurich vom 6. Oktober 2009 und leite deshalb das Schreiben dorthin weiter. Am 22. Januar 2010 fand hierüber eine Verhandlung zwischen dem Kläger und der GLL Aurich statt. Mit Schreiben vom 17. Februar 2010 äußerte die GLL Aurich sich gegenüber dem Kläger dahin, dieser habe am 23. November 2009 gegen die Ablehnung einer Beitragsbefreiung Widerspruch eingelegt. Jedoch lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vor. Sollte der Widerspruch nicht bis zum 1. März 2010 zurückgenommen werden, werde er zur Entscheidung an das zuständige Dezernat der GLL Aurich abgegeben. Mit Schreiben vom 17. November 2010 wies die GLL Aurich den Kläger darauf hin: Da er sich nicht gegen den Bescheid vom 6. Oktober 2009 gewandt habe, sei dieser Bescheid unanfechtbar geworden. Sie sehe sich daher nicht in der Lage, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen, weil ein Widerspruch nicht vorliege. Selbst wenn man das Schreiben des Klägers vom 23. November 2009 als Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ansehen wolle, so wäre dieser verfristet gewesen.
Der Kläger erhob am 28. Dezember 2010 u.a. gegen den Bescheid der GLL Aurich vom 6. Oktober 2009 Widerspruch und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Nachdem über den Widerspruch verhandelt worden war, wies der Beklagte diesen durch Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2011 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. Er sei nicht fristgemäß eingelegt worden. Der Kläger hätte gegen Bescheid der GLL Aurich bis zum 9. November 2009 Widerspruch einlegen müssen. Tatsächlich habe der Kläger erst am 27. November 2009 auf die Mahnung des Flurbereinigungsverbandes reagiert. Der Kläger habe sich aber nicht gegen den Bescheid der GLL Aurich gewandt. Selbst wenn man das Schreiben des Klägers vom 23. November 2009 an den Flurbereinigungsverband als Widerspruch gegen den Bescheid der GLL Aurich gewertet hätte, wäre dieser ebenfalls verfristet gewesen. Auch der am 28. Dezember 2010 eingelegte Widerspruch sei nicht fristgemäß eingelegt worden. Es seien weder Gründe vorgetragen noch ersichtlich, die die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätten rechtfertigen können.
Der Kläger hat am 6. Juni 2011 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorgetragen hat: Der Beklagte könne sich nicht auf die Fristversäumung zurückziehen. Der Beklagte habe sein - des Klägers - Schreiben vom 23. November 2009 als Widerspruch gewertet und sich - insbesondere mit Schreiben vom 17. Februar 2010, sodann wiederholt mündlich - umfassend in materieller Hinsicht mit dem Vorgang auseinandergesetzt. Er habe durchgehend gegenüber dem Beklagten erklärt, dass er weder Beiträge noch Vorschüsse hierauf zahlen werde. Dem Beklagten sei daher zu jedem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass er der Heranziehung zu Beiträgen widersprochen habe. Die Voraussetzungen für die Befreiung lägen vor. Aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten, der Eigenschaften und der örtlichen Lage komme keine seiner Flächen für eine Neuordnung in Frage. Er werde offensichtlich keine Vorteile aus der Flurbereinigung ziehen. Da andere Teilnehmer mit vergleichbaren Voraussetzungen von der Beitragspflicht befreit worden seien, rüge er einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Ein Abwarten bis zur Vorlage eines Flurbereinigungsplans könne ihm nicht zugemutet werden.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der GLL Aurich vom 6. Oktober 2009 und des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 4. Mai 2011 zu verpflichten, ihn von der Aufbringung von Vorschüssen auf die Beiträge in der vereinfachten Flurbereinigung Wiesedermeer zu befreien.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug. Da der Widerspruch (gegen den Ablehnungsbescheid) wegen Fristversäumnis bereits unzulässig sei, komme es nicht darauf an, ob der Kläger eine Befreiung von den Vorschüssen beanspruchen könne. Entgegen der Behauptung des Klägers liege eine Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Teilnehmern nicht vor, weil im Falle des Klägers Arrondierungen möglich seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig. Daneben wäre die Klage auch unbegründet.
1.
Die Unzulässigkeit der Klage folgt daraus, dass der Kläger gegen den angefochtenen Bescheid der GLL Aurich vom 6. Oktober 2009 nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben hat.
Im Klageverfahren ist von Amts wegen zu prüfen, ob die Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind. Die Wahrung der Widerspruchsfrist ist eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzung der Verpflichtungsklage (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1988 - BVerwG 8 C 38.86 -, NVwZ 1989, 648 für den entsprechenden Fall einer Anfechtungsklage m.w.N.; Bay. VGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - 13 A 97.3726 -, [...]; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31. Januar 1996 - 13 S 3068/95 -, [...]; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 70 Rn. 22; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 70 Rn. 1). Der Kläger hat erst am 28. Dezember 2010 und damit mehr als ein Jahr nach Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides und damit verspätet Widerspruch eingelegt.
Statthafter Rechtsbehelf gegen den angefochtenen Bescheid der GLL Aurich als Flurbereinigungsbehörde ist der Widerspruch (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG). Dieser ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 58 Abs. 1 VwGO). Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei (§ 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Der Kläger hätte gegen den mit einer den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO genügenden Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid der GLL Aurich vom 6. Oktober 2009 bis zum 9. November 2009 Widerspruch einlegen müssen, um dessen Bestandskraft zu vermeiden. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten ist der angefochtene Bescheid am 6. Oktober 2009 zur Post aufgegeben worden, so dass er nach § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 41 Abs. 2 Satz 1 als am 9. Oktober 2009 bekanntgegeben gilt. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass der angefochtene Bescheid nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG). Da die dem Bescheid beigegebene Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß ist, endete die Frist zur Erhebung des Widerspruchs am 9. November 2009 (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Innerhalb dieser Frist hat der Kläger keinen Widerspruch gegen den angefochtenen Bescheid erhoben.
Der Kläger hat nicht durch sein Schreiben vom 23. November 2009 fristgerecht Widerspruch gegen den angefochtenen erhoben. Dieses Schreiben kann schon deshalb nicht als Widerspruch gegen den angefochtenen Bescheid angesehen werden, weil der Kläger dieses Schreiben weder an die Flurbereinigungsbehörde, die den angefochtenen Bescheid erließ, noch an die obere Flurbereinigungsbehörde als die Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hätte (§ 70 Abs. 1 VwGO), sondern an den für die Beitragserhebung zuständigen Flurbereinigungsverband Ostfriesland richtete. Unabhängig davon vermag das vorgenannte Schreiben die Widerspruchsfrist deshalb nicht zu wahren, weil es erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist zugegangen ist.
Ebenso ist offenkundig, dass der Kläger nicht durch das Widerspruchschreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 28. Dezember 2010 die Widerspruchsfrist wahrte.
Gründe für die Zulassung des verspäteten Widerspruchs nach § 134 Abs. 3, Abs. 2 FlurbG (sog. Nachsichtgewährung) sind nicht gegeben. Diese Vorschrift geht den Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 70 Abs. 2 und § 60 Abs. 1 bis 4 VwGO) vor.
Ein Anspruch des Klägers auf Zulassung des verspätet erhobenen Widerspruchs nach § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil eine unverschuldete Versäumung der Widerspruchsfrist nicht gegeben ist. Der Kläger ist in dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs gegen die Versagung einer Beitragsbefreiung hingewiesen worden. Des Weiteren ist die versäumte Erklärung - der Widerspruch - nicht unverzüglich nach Behebung des Hindernisses nachgeholt worden. Ein Betroffener handelt nur dann im Sinne der genannten Vorschrift unverzüglich, wenn er die versäumte Erklärung ohne schuldhaftes Zögern nachholt (nach Bay. VGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - 13 A 98.300 -, RzF § 60 Abs. 1 FlurbG Nr. 22 weniger als zwei Wochen). Der Kläger ist bereits in dem angefochtenen Bescheid über die Möglichkeit des Widerspruchs belehrt worden. Weder hat der Kläger dargelegt noch ist ersichtlich, dass er ohne Verschulden verhindert war, die Widerspruchsfrist einzuhalten. Unabhängig davon wies die GLL Aurich den Kläger mit Schreiben vom 17. November 2010 auf die Bestandskraft des angefochtenen Bescheides hin. Gleichwohl hat der Kläger hierauf erst am 28. Dezember 2010 Widerspruch erhoben. Holt ein Betroffener aber erst einen Monat nach einem Hinweis auf die Bestandskraft des angefochtenen Bescheids den versäumten Rechtsbehelf nach, so ist die versäumte Erklärung nicht unverzüglich im beschriebenen Sinne.
Des Weiteren hat der Beklagte es zu Recht abgelehnt, den Widerspruch der Klägerin trotz Fristversäumnis zuzulassen. Eine - bei schuldhafter Fristversäumnis - im Ermessen stehende Nachsichtgewährung gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG setzt eine Interessenabwägung zwischen den Erfordernis der Beschleunigung des Verfahrens und der Rechtssicherheit, die eine zeitliche Begrenzung der Erhebung von Rechtsbehelfen einerseits erfordern, und dem sachlich-rechtlichen Anspruch des Teilnehmers auf eine dem Gesetz entsprechende Entscheidung andererseits voraus. Nur wenn dieser Anspruch derart berührt wird, dass für den Teilnehmer offenkundig eine unbillige Härte eintritt, ist die Nachsichtgewährung gerechtfertigt. Unbedeutende Beeinträchtigungen bleiben außer Betracht. Die für den Teilnehmer eintretende Härte muss offenbar sein, d.h. sie muss ohne besondere Untersuchungen erkennbar zu Tage treten. Es ist nicht Sinn dieser Regelung, die sachlichen Einwendungen auf das Genaueste so zu untersuchen, als wären sie fristgerecht in das Verfahren eingeführt worden (BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2004 - BVerwG 9 B 8.04 -, [...] und Urteil vom 17. April 1975 - BVerwG V C 38.74 -, BVerwGE 48, 160; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 7. Dezember 2010 - 8 K 10/09 -, AUR 2011, 211). Bei der erforderlichen Abwägung ist außerdem der Zeitablauf zwischen dem Eintritt der Säumnis und der Erhebung des verspäteten Rechtsmittels zu berücksichtigen; aus dem Beschleunigungsgrundsatz ergeben sich zeitliche Grenzen für die im Ermessen der Behörde stehende Nachsichtgewährung (BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1965 - BVerwG IV C 78.65 -, [...] und Beschluss vom 29. November 1978 - BVerwG B 21.75 -, RzF § 134 Abs. 2 FlurbG Nr. 28). So ist § 58 Abs. 2 VwGO zu entnehmen, dass selbst im Falle einer unterbliebenen oder unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung nur innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe anfechtbar ist, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei.
Danach scheidet hier schon in zeitlicher Hinsicht eine Nachsichtgewährung aus. Der angefochtene Bescheid vom 6. Oktober 2009 ist dem Kläger mit zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung am 9. Oktober 2009 bekanntgegeben worden. Gleichwohl hat er weder innerhalb der ihm bekannten Widerspruchsfrist noch innerhalb eines Jahres Widerspruch erhoben. Selbst nach einem entsprechenden Hinweis der GLL Aurich mit Schreiben vom 17. November 2010 hat der Kläger nicht unverzüglich, sondern erst nach Ablauf eines weiteren Monats den versäumten Rechtsbehelf nachgeholt. Schon deshalb erscheint die vom Kläger geltend gemachte Härte nicht unbillig.
Daneben scheidet eine unbillige Härte für den Kläger auch deshalb aus, weil die Flurbereinigungsbehörde gegenüber dem Kläger lediglich eine Befreiung von der Aufbringung von Vorschüssen zu den Flurbereinigungsbeiträgen ablehnte. Eine abschließende Regelung darüber, ob der Kläger zur Zahlung eines Flurbereinigungsbeitrags nach § 19 Abs. 1 Satz 1 FlurbG verpflichtet ist oder er nach § 19 Abs. 3 FlurbG zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten ausnahmsweise von der Aufbringung eines Beitrags ganz oder teilweise zu Lasten der übrigen Teilnehmer zu befreien ist, wird erst mit dem noch vorzulegenden Flurbereinigungsplan getroffen (BVerwG, Urteil vom 15. Januar 1969 - BVerwG IV C 244.65 -, Buchholz 424.01 § 19 FlurbG Nr. 4). Die mit dem angefochtenen Bescheid verbundenen Lasten für den Kläger liegen mithin allein in der Aufbringung von Vorschüssen, die im Falle einer späteren Befreiung zu erstatten wären. Die sich daraus ergebende Vorläufigkeit der Beitragserhebung steht der Annahme einer unbilligen Härte entgegen.
2.
Daneben wäre die Klage auch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Befreiung von Vorschüssen auf Flurbereinigungsbeiträge nach § 19 Abs. 3 FlurbG nicht zu.
Es unterliegt dabei keinen Bedenken, diese Vorschrift auch auf die Heranziehung von Vorschüssen auf Flurbereinigungsbeiträge anzuwenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 1986 - BVerwG 5 B 161.83 -, Buchholz 424.01 § 19 FlurbG Nr. 13; Senatsurteil vom 29. November 2006 - 15 KF8/05 -, n.v.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2012 - 7 S 1750/10 -, [...]; Sächs. OVG, Urteil vom 18. Dezember 2009 - F 7 D 4/07 -, [...]; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. Juli 2003 - 8 K 2/03 -, RdL 2004, 155). Nach dieser Vorschrift kann die Flurbereinigungsbehörde zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten einzelne Teilnehmer ausnahmsweise von der Aufbringung der Beiträge ganz oder teilweise zu Lasten der übrigen Teilnehmer befreien. Diese Bestimmung steht im Kontext zu § 19 Abs. 1 FlurbG. Die Beitragspflicht nach dieser Vorschrift ist als Ausgleich dafür anzusehen, dass die Teilnehmer im Allgemeinen durch die Flurbereinigung einen betriebswirtschaftlichen Vorteil erlangen, der zu einer Wertsteigerung ihres Grundbesitzes führt. Dabei geht es insoweit nur um die Vorteile, die der Gesamtheit der Teilnehmer aus der Flurbereinigung erwachsen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1986 - BVerwG 5 C 33.84 -, BVerwGE 74, 196). Der Beitragsmaßstab ist dabei nur einheitlich für alle Teilnehmer der Flurbereinigung festzusetzen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 FlurbG); die Erhebung der Beiträge nach einem differenzierten, auf die Vorteile des einzelnen Teilnehmers abstellenden Maßstab ist ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 1969 - BVerwG IV C 244.65 -, RdL 1969, 299). Fallen die Vorteile der Teilnehmer unterschiedlich aus, ist dies durch die Vorschriften in § 19 Abs. 2 und 3 FlurbG zu berücksichtigen. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 FlurbG wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn ein Teilnehmer entweder nicht oder nur in einem verhältnismäßig geringen Umfang an den Maßnahmen der Flurbereinigung und damit auch nicht an der allgemeinen Wertsteigerung der Besitzstände teilnehmen (BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 1992 - BVerwG 5 B 114.92 -, Buchholz 424.01 § 19 FlurbG Nr. 16; Beschluss vom 9. April 1986, a.a.O.; Urteil vom 15. November 1974 - BVerwG V B 54.72 -, RdL 1975, 69; Urteil vom 25. November 1970 - BVerwG IV C 80.66 -, Buchholz 424.01 § 19 FlurbG Nr. 6). Dass sich die Vorteile der Flurbereinigung im Einzelfall nicht betriebswirtschaftlich niederschlagen, ändert nichts daran, dass es auch zum Ausgleich solcher Vorteile gerechtfertigt ist, denjenigen, der allgemein mit der Flurbereinigung verbundene Vorteile erlangt, nach § 19 Abs. 1 zu den Beiträgen heranzuziehen (BVerwG, Beschluss vom 7. September 1992 - BVerwG 11 B 6.92 -, RzF § 19 Abs. 1 FlurbG Nr. 25). Bei der Befreiung von Vorschüssen auf die Flurbereinigungsbeiträge ist jedoch zu beachten, dass im Zeitpunkt ihrer Hebung in der Regel noch nicht sicher abzusehen ist, wie sich die Maßnahmen der Flurbereinigung auf die Besitzstände der einzelnen Teilnehmer bei der Neuverteilung auswirken und in welchem Umfang sie an den Maßnahmen der Flurbereinigung tatsächlich teilnehmen werden. Deshalb ist eine Befreiung von der Vorschusspflicht regelmäßig nur bei den Teilnehmern gerechtfertigt, die offensichtlich überhaupt keine Vorteile aus der Flurbereinigung ziehen werden (vgl. Senatsurteile vom 29. November 2006, a.a.O., und vom 17. Juli 1973 - F OVG A 11/71 -, RzF zu § 19 Abs. 3 FlurbG Nr. 8; Bay. VGH, Urteil vom 19. Februar 1970 - 51 VII 69 -, RzF zu § 19 Abs. 3 FlurbG Nr. 5; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2012 - 7 S 1750/10 -, [...] und Urteil vom 15. März 1976 - VII 380/75 -, RzF zu § 19 Abs. 3 FlurbG Nr. 13; Sächs. OVG, Urteil vom 18. Dezember 2009 - F 7 D 4/07 -, [...]). Nach Maßgabe dessen kann der Kläger keine Befreiung von der Aufbringung von Vorschüssen zu den Flurbereinigungsbeiträgen beanspruchen.
Der Senat vermag derzeit nicht festzustellen, dass der Kläger offensichtlich überhaupt keine Vorteile aus der Flurbereinigung ziehen wird. Insoweit folgt der Senat den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen und er verweist deshalb in Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nicht aufzeigen können, dass eine weitere Arrondierung der von ihm in die Flurbereinigung eingebrachten Flächen offenkundig nicht möglich ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 147 Abs. 1, 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 5112 der Anlage 1 des GKG ist eine Gerichtsgebühr mit 4 Gebührensätzen anzusetzen. Der zugrunde gelegte Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 167 VwGO und § 708 Nr. 11, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe für die Zulassung der Revision nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.