Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.03.2013, Az.: 4 PA 52/13

Erklärung des auskunftspflichtigen Elternteils über Einkommensverhältnisse und Vorlage der insoweit erforderlichen Nachweise auf der Grundlage des § 47 Abs. 4 und 6 BAföG i.V.m. § 60 SGB I gegenüber dem Amt für Ausbildungsförderung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.03.2013
Aktenzeichen
4 PA 52/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 33476
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0319.4PA52.13.0A

Fundstellen

  • DÖV 2013, 531
  • NJW 2013, 1547-1548
  • NdsVBl 2013, 296

Amtlicher Leitsatz

Der nach § 47 Abs. 4 i.V.m. § 60 SGB I auskunftspflichtige Elternteil kann dem Auskunftsverlangen des Amtes für Ausbildungsförderung nach § 47 Abs. 6 BAföG nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er gegenüber dem Auszubildenden (hier wegen bereits finanzierter Erstausbildung) nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet ist.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Klageverfahrens abgelehnt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

2

Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. November 2012 nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung von dem Kläger zu Recht eine Erklärung u. a. über seine Einkommensverhältnisse und die Vorlage der insoweit erforderlichen Nachweise auf der Grundlage des § 47 Abs. 4 und 6 BAföG i.V.m. § 60 SGB I verlangt. Denn diese Angaben und Nachweise sind für die Berechnung des Anspruchs der Tochter des Klägers auf Ausbildungsförderung erforderlich, da nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG Einkommen des Klägers nach Maßgabe der folgenden Vorschriften auf den Bedarf seiner Tochter anzurechnen ist. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er bereits eine Ausbildung seiner Tochter zur Kosmetikerin finanziert habe und daher keine Unterhaltspflicht mehr bestehe. Die Anrechnung des Einkommens der Eltern des Auszubildenden auf dessen Bedarf setzt nämlich keineswegs voraus, dass der Auszubildende im konkreten Einzelfall einen entsprechenden Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern besitzt (Senatsbeschlüsse vom 23.9.2009 - 4 PA 201/09 - und 27.7.2009 - 4 PA 93/09 -). Die pauschalierenden Anrechnungsbestimmungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz können auch zu einem von dem bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsbetrag abweichenden Anrechnungsbetrag führen (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 11 Rn. 15; Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 11 Rn. 15). Denn der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet gewesen, den Nachrang der öffentlich-rechtlichen Ausbildungsförderung in einer Weise zu verwirklichen, dass diese am Bestehen und Umfang der Unterhaltspflicht im jeweils zu entscheidenden Einzelfall anknüpft. Er durfte den dem Ehegatten und den Eltern zugemuteten Beitrag zu den Ausbildungskosten vielmehr allgemein in einer Höhe pauschalieren, die dem Umfang der Unterhaltspflicht nur im Regelfall entspricht (BVerfG, Beschluss vom 6.11.1985 - 1 BvL 47/83 -, BVerfGE 71, 146, 155 f.). Der Gesetzgeber ist daher auch befugt gewesen, von dem Unterhaltsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch teilweise abzuweichen (Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 11 Rn. 15). Deshalb besteht die Auskunftspflicht des Klägers nach § 47 Abs. 4 BAföG i.V.m. § 60 SGB I unabhängig davon, ob seine Tochter einen Anspruch auf Unterhaltszahlungen gegen ihren Vater hat (vgl. Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 47 Rn. 7).

3

Es kommt im vorliegenden Fall daher nicht darauf an, ob der Unterhaltsanspruch der Tochter des Klägers im Sinne einer sogenannten Negativ-Evidenz ausgeschlossen ist (vgl. hierzu Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 47 Rn. 11). Doch selbst wenn das Auskunftsverlangen des Beklagten nach § 47 Abs. 4 und 6 BAföG i.V.m. § 60 SGB I voraussetzen würde, dass der Unterhaltsanspruch der Tochter des Klägers nicht offensichtlich ausgeschlossen ist, hätte der Beklagte von dem Kläger zu Recht die genannten Erklärungen und Nachweise verlangt; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss und in dem den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnenden Beschluss vom 9. Januar 2013 (13 B 5223/13), die der Kläger mit seinem Beschwerdevorbringen nicht entkräftet hat, verwiesen.