Landgericht Hannover
Beschl. v. 07.07.2003, Az.: 20 T 36/03

Anforderungen an die Durchführung eines Insolvenzverfahrens; Voraussetzungen für das Vorliegen von Insolvenzgründen; Anforderungen an einen Schuldenbereinigungsplan

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
07.07.2003
Aktenzeichen
20 T 36/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 32692
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2003:0707.20T36.03.0A

Fundstelle

  • ZInsO 2003, 719-720 (Volltext mit red. LS)

Gründe

1

Am 1.10.2002 wurde über das Vermögen der Schuldnerin auf Grund eines Eigenantrags v. 22.8.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und Dipl. Betriebswirt B. zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Gläubiger wurden aufgefordert, ihre Forderungen bis zum 14.11.2002 anzumelden. In der ersten Gläubigerversammlung am 12.12.2002 wurde der Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplanes beauftragt, da Aussicht bestand, das Unternehmen im Ganzen zu erhalten.

2

Der Insolvenzverwalter überreichte einen Insolvenzplan v. 20.2.2003, der den Gläubigern zugestellt wurde. Das Insolvenzgericht bestimmte den Termin zur Prüfung nachträglich angemeldeter Forderungen sowie zur Erörterung und Abstimmung über den Insolvenzplanes auf den 17.4.2003. Dieser Termin wurde im 3/2003 öffentlich bekannt gemacht. Die Beschwerdeführerin meldete ihre Forderung gegen die Gemeinschuldnerin i.H.v. 19.809,57 EUR erst am 1.4.2003 an und erschien nicht zum Erörterungs- und Abstimmungstermin v. 17.4.2003.

3

Das AG Hameln - Insolvenzgericht - bestätigte am 5.5.2003 den Insolvenzplan v. 20.2.2003 in der geänderten Fassung v. 15.4.2003.

4

Gegen den Beschl. v. 5.5.2003 wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde v. 16.5.2003, eingegangen am 19.5.2003. Sie rügt, dass ihr der Insolvenzplan erst nach Erlass des Beschl. v. 5.5.2003 bekannt gemacht worden sei. Sie vertritt außerdem die Ansicht, von dem Forderungserlass nach § 225 InsO müsse für ihre Forderung eine Ausnahme gemacht werden, da sie durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung geschädigt worden sei.

5

Die nach § 253 InsO statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

6

Die Bestätigung des Insolvenzplanes war nicht wegen Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften zu versagen, § 250 InsO.

7

Der Beschwerdeführerin ist in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden. Am 7.10.2002 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 1.10.2002 öffentlich bekannt gemacht, die Gläubiger wurden aufgefordert, ihre Ansprüche bis zum 14.11.2002 zur Tabelle anzumelden.

8

Die Beschwerdeführerin meldete ihre Forderung am 1.4.2003 nachträglich an. Zu diesem Zeitpunkt war der Insolvenzverwalter bereits mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplanes beauftragt worden und hatte den Insolvenzplan den Gläubigern, die ihre Forderungen angemeldet hatten, zugestellt. Da die Beschwerdeführerin erst danach ihre Forderung angemeldet hatte, kann sie sich nicht darauf berufen, dass ihr ein Insolvenzplan in dem vom Insolvenzgericht vorgegebenen Zeitraum hätte zugesandt werden müssen, da dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter ihre Gläubigerstellung bis zur Anmeldung nicht bekannt war.

9

Darüber hinaus ist der Insolvenzplan mit seinen Anlagen und den eingegangenen Stellungnahmen gem. § 234 InsO auf der Geschäftsstelle des AG Hameln zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt worden.

10

Der Beschwerdeführerin ist zwischenzeitlich der Insolvenzplan i.d.F. v. 14.4.2003 bekannt gemacht und rechtliches Gehör gewährt worden. Eine etwaige Ablehnung des Insolvenzplans durch die Beschwerdeführerin berührt nicht das Ergebnis der Abstimmung. Die Beschwerdeführerin hätte in Gruppe III - nicht nachrangige Insolvenzgläubiger, privatrechtliche Gläubiger - abgestimmt.

11

Diese nach § 222 Abs. 2 InsO ordnungsgemäß gebildete Gruppe umfasst im Wesentlichen Zuliefererfirmen und Dienstleistungsunternehmen. Die Gruppe III hat dem Insolvenzplan in einem Verhältnis der einzelnen Gläubiger von 16 : 2, in Summen der Ansprüche der Gläubiger in einem Verhältnis von 21.809,16 EUR : 208.650,41 EUR zugestimmt (...) Hätte die Beschwerdeführerin den Plan abgelehnt, wären die Mehrheitsverhältnisse der abstimmenden Gläubiger in Gruppe III gem. § 244 Abs. 1 InsO nicht verändert worden, da ihre Forderung lediglich 19.809,57 EUR beträgt.

12

Die Bestätigung des Insolvenzplanes war nicht nach § 251 InsO zu versagen. Danach ist ein Insolvenzplan nicht zu bestätigen, wenn der Gläubiger spätestens im Abstimmungstermin dem Plan widersprochen hat und durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin am Erörterungs- und Abstimmungstermin, der öffentlich bekannt gemacht worden war, nicht teilgenommen. Selbst wenn sie teilgenommen hätte und sich rechtzeitig gegen eine Bestätigung des Insolvenzplanes ausgesprochen hätte, wäre der Beschl. v. 5.5.2003 nicht aufzuheben.

13

Die Beschwerdeführerin wird durch den Plan nicht schlechter gestellt. Den nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern wird in dem Insolvenzplan ein Erlassvorschlag von 96,85 % unterbreitet. Die erlassenen Forderungen leben gem. § 255 InsO wieder auf, wenn die Gemeinschuldnerin mit der Erfüllung des Planes erheblich in Rückstand gerät. Im Falle einer Abwicklung der Gesellschaft wäre jedoch nach der Anlage 1b zum Insolvenzplan v. 14.4.2003 mit einem Ausfall der Forderung von 99,33 % zu rechnen.

14

Da die Beschwerdeführerin nicht zu der Gruppe der nachrangigen Insolvenzgläubiger gehört, findet § 225 InsO keine Anwendung.

15

Die Forderung der Beschwerdeführerin ist nicht in entsprechender Anwendung des § 302 InsO von dem Schuldenerlass auszunehmen. Die Regelung des § 302 InsO findet lediglich auf natürliche Personen im Rahmen einer Restschuldbefreiung Anwendung. Eine analoge Anwendung auf das Verfahren über den Insolvenzplan ist nicht möglich. Darüber hinaus ist die Forderung als Anspruch aus Dienstleistung in das Gläubigerverzeichnis eingestellt worden. Dass die Beschwerdeführerin einen Schadensersatzanspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gegen die Schuldnerin, einer GmbH & Co. KG, angemeldet hat, ist nach dem Auszug aus der Insolvenztabelle - Abt. I - nicht ersichtlich.