Landgericht Hannover
Urt. v. 18.12.2003, Az.: 14 O 100/03

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
18.12.2003
Aktenzeichen
14 O 100/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39509
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2003:1218.14O100.03.0A

In dem Rechtsstreit

Kläger,

gegen

1.

Beklagte,

2.

Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten,

3.

Streithelfer der Beklagten,

hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 27.11.2003 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention und des Streithelfers.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte, die Nebenintervenientin oder der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Dazu trägt er vor, am 02.08.2002 gegen 15:50 Uhr den ALDI-Markt in Hannover, Am Fuhrkamp aufgesucht zu haben. Direkt neben dem Markt befindet sich ein Parkplatz. Auf seinem Weg vom Parkplatz zum Eingang des Marktes über einen ca. fünf Meter breiten Fußgängerweg sei er über einen halbkugelförmigen Betonpoller gestürzt, der dort zusammen mit einem weiteren Poller aufgestellt worden sei als Absperrung gegen Kraftfahrzeuge zwischen Fußweg und Parkplatz. Die beiden Poller seien je ca. 35 cm hoch, links und rechts neben den parallel aufgestellten Pollern sei jeweils ein schmaler Durchgang von einem Meter Breite. Zwischen den Pollern selbst befinde sich ein schmaler Durchgang von ca. 1,80 Meter Breite. Zur genaueren Darstellung beruft sich der Kläger auf seine eigene Skizze auf dem Geschädigten-Fragebogen (Bl. 6 dA).

2

Der Kläger trägt weiter vor, er habe zwischen diesen Pollern hindurchgehen wollen als ihm zwei Kunden mit ihren Einkaufswagen entgegen gekommen seien. Durch eine tiefstehende Sonne geblendet bzw. in seiner Sehfähigkeit lediglich eingeschränkt, habe er versucht, den beiden Kunden mit ihren Einkaufswagen auszuweichen und sei dabei über den linken der beiden Poller zu Fall gekommen.

3

Die Installation der beiden Poller stelle eine grobe Verletzung der Verkehrssicherungspflichten der Beklagten dar. Die Poller seien aufgrund ihrer grauen Farbe so gut wie gar nicht von dem grauen Untergrund des Gehweges zu unterscheiden. Sie seien auch nicht mit den sonst üblichen und dringend erforderlichen Reflektoren versehen gewesen, was auch nur als grobe Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gesehen werden könne.

4

Der Kläger trägt weiter vor, durch den Sturz eine Radiusfraktur links, Hautabschürfungen beider Hände sowie eine stark schmerzende Brustprellung davongetragen zu haben. Vom 05.08.2002 bis 13.09.2002 sei er arbeitsunfähig geschrieben worden.

5

Als Schmerzensgeld verlangt der Kläger 3.000,00 €. Den Verdienstausfall als selbständiger Architekt in der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit beziffert er mit 5.610,00 €. Daneben macht er einen Haushaltsführungsschaden für 6 Wochen mit 950,00 € geltend sowie 25,00 € an Kosten.

6

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.585,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2003 zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Der Streitverkündete beantragt ebenfalls,

9

die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Kläger durch Blendung der den Einflüssen der Beklagten entzogenen Sonne offenbar nicht auf den von ihm zu beschreitenden Weg schauend - offenbar mit geschlossenen Augen - gelaufen sei. Bereits nach seinem eigenen Vortrag habe er bereits Eigenverschulden offenbart, indem er eingeräumt hat, nicht geschaut zu haben, wohin er tritt. Es bestehe auch keine Verkehrssicherungspflicht gegenüber Personen, die unaufmerksam seien, da Verkehrssicherungspflichtige darauf vertrauen dürften, dass sich der Verkehr auf erkennbare Gefahren mit eigen-üblicher Sorgfalt einstellt. Ein Gehen verpflichte grundsätzlich den Schreitenden, darauf zu achten, wohin er geht und nicht blindlings auf ein Ziel zuzusteuern, ohne darauf zu achten, wo er hintritt und wo er hergeht Zumindest treffe denjenigen, der nicht sorgfältig genug auf den von ihm gewählten Weg achtet, ein erhebliches Mitverschulden.

11

Im Weiteren bestreitet die Beklagte den Schaden des Klägers auch der Höhe nach als unschlüssig.

12

Der Streithelfer hat ergänzend darauf hingewiesen, dass der Gehweg, auf dem sich der Betonpoller befinde, rot und nicht grau gepflastert sei. Bei dem Poller handele es sich um durchaus übliche Absperrvorrichtungen, wie sie im Verkehr immer wieder vorkommen. Auch die Höhe sei durchaus als üblich zu bezeichnen. Wer auch nur ein bisschen Aufmerksamkeit auf den vor ihm liegenden Weg verwende, könne derartige Poller problemlos erkennen und ihnen ausweichen.

13

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist unbegründet.

15

Der Kläger hat - trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts sowie der Beklagten - bereits nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass sein Sturz über den Betonpolier auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte zurückzuführen ist. Auch nach dem Vortrag des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die beiden 35 cm hohen und nach der zeichnerischen Darstellung des Klägers 70 cm im Durchmesser messenden Betonpolier derart an einer unübersichtlichen Stelle aufgestellt hat, dass darin eine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht gesehen werden konnte Nach der weiteren Darstellung des Klägers war der Fußweg insgesamt 5,0 m breit, rechts und links von den Pollern befanden sich ca. 1,0 m breite Durchgänge, zischen den Pollern ein Zwischenraum von 1,8m Eine solche Situation kann aber keinesfalls als unübersichtlich bezeichnet werden, zumal der Kläger auch nicht vorträgt, dass außer den beiden Aldikunden mit ihrem Einkaufswagen, denen er ausweichen wollte, noch weitere Fußgänger mit ihren Einkaufswagen, Radfahrer oder andere Passanten dort unterwegs gewesen sind, so dass der Kläger wegen eines zeitweisedichten Gedränge gehindert gewesen wäre, die Poller wahrzunehmen und seine Gehrichtung darauf einzustellen.

16

Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger die Poller zunächst auch gesehen hat, trägt er doch im Weiteren vor, er habe zwischen den beiden Betonpollern hindurchgehen wollen. Wenn er dann aber beim Versuch, den beiden ihm entgegenkommenden Kunden mit ihrem Einkaufswagen auszuweichen, über den linken Poller zu Fall kommt, kann dieses nicht der Beklagten als Verletzung der Verkehrssicherungspflicht angelastet werden.

17

Auch eine Berücksichtigung des Vertrages, der Kläger sei durch eine tiefstehende Sonne geblendet bzw. in seiner Sehfähigkeit eingeschränkt gewesen, vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Unabhängig davon, dass er die Blendung trotz gegenteiliger Behauptung der Beklagten nicht annähernd beschreibt, z.B. wie tief die Sonne am 02.08.2002 gegen 15:50 Uhr gestanden hat und in welchem Winkel sie die Augen des Klägers getroffen hat, müsste die Sonne doch zumindest wenn sie so tief stand, dass sie den Kläger blendete auch einen dunklen Schlagschatten der Poller verursacht haben, der dem Kläger nicht verborgen geblieben sein kann. Darüber hinaus stellt das Verhalten des Klägers - seinen Vortrag zur Blendung als richtig unterstellt - eine derartiges Eigenverschulden dar, dass dahinter ein eventuell denkbares Mitverschulden der Beklagten aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf jeden Fall zurückzutreten hätte. Wer angesichts einer vorhandenen Blendung durch eine Sonneneinstrahlung auf seinem weg zwischen zwei Betonpollern hindurch zur Seite tritt, um Entgegenkommenden auszuweichen, ohne dass ersieht, wohin er tritt bzw. ob der Platz, wohin er ausweichen will auch frei ist, handelt in einem solch hohem Maße unverantwortlich gegen sich selbst, dass er daraus keine Rechte gegen Dritte abzuleiten vermag.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

19

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.