Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.09.2016, Az.: 12 LA 153/15

Emissionsminderung; Geruchsbelästigung; Immissionswert; Kälbermast; Verbesserungsgenehmigung; Zumutbarkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.09.2016
Aktenzeichen
12 LA 153/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43287
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 02.07.2015 - AZ: 4 A 2738/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Zumutbarkeit von Geruchsbelästigungen durch Tierhaltung für eine Wohnbebauung im Außenbereich nach Aufgabe der Landwirtschaft in einer von landwirtschaftlicher Nutzung vorbelasteten und weiter geprägten Umgebung und zur Notwendigkeit emissionsmindernder Maßnahmen bei Erweiterung einer bislang nur baurechtlich genehmigten Kälbermastanlage.

Tenor:

Der Antrag des Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 4. Kammer - vom 2. Juli 2015 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die von der Beigeladenen beabsichtigte Erweiterung ihrer Tierhaltung.

Der Kläger ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts seit 1975 Eigentümer eines etwa 8.700 qm großen Grundstücks, auf dem bis etwa 1972 Landwirtschaft betrieben wurde. Dieses Grundstück liegt innerhalb eines westöstlich ausgerichteten unverplanten Areals, das im Norden von der F. Straße und im Süden von dem Straßenzug G. umschlossen wird. In dem bezeichneten Areal befindet sich westlich des klägerischen Grundstücks der Betrieb des Landwirts H., der auf diesem Betriebsgrundstück sowie in einem etwa 400 m nördlich gelegenen ausgelagerten Betriebsteil Schweinemast betreibt. Südwestlich schließt an das Grundstück des Klägers der landwirtschaftliche Betrieb der Beigeladenen, in dem Kälber gemästet werden, an. Südöstlich liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Schweinemastbetrieb des Landwirts I.. Ferner befinden sich im Umkreis von etwa 300 m um das Wohnhaus des Klägers jeweils nördlich des Verlaufs der F. Straße weitere (fünf) landwirtschaftliche Betriebe mit Rinder- bzw. Schweinemast.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung der bislang baurechtlich genehmigten Anlage zum Halten von 256 Kälbern zu einer Gesamtanlage mit 543 Mastkälbern unter zahlreichen Nebenbestimmungen, darunter als emissionsmindernde Maßnahme die Verpflichtung, die Abluft aus der Betriebseinheit 1 nunmehr 12 m über Grund (statt bisher 9,9 m) und die Abluft der Betriebseinheit 7 künftig 7 m über Grund (statt bisher 5,6 m) abzuleiten.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2011 erteilte der Beklagte dem Landwirt I. die Baugenehmigung für den Neubau eines Schweinemaststalls und die Sanierung des vorhandenen Schweinemaststalls. In der Stallanlage dürfen danach insgesamt 660 (statt bisher 556) Mastschweine gehalten werden. Die Abluft ist über eine Biofilteranlage abzuleiten; vorhandene Güllelagerbehälter sind mit einer dichten Abdeckung zu versehen.

Mit weiterem Bescheid vom 8. Oktober 2012 erteilte der Beklagte dem Landwirt H. die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb einer Anlage zum Halten von insgesamt 1.914 Mastschweinen (statt vorher 538) an dem oben bezeichneten ausgelagerten Standort sowie zur Haltung von 900 Mastschweinen (statt vorher 1.200) auf seiner Hofstelle.

Die gegen diese Genehmigung vom 8. Oktober 2012 gerichtete Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 2. Juli 2015 - 4 A 5774/13 - abgewiesen, das Verfahren auf Zulassung der Berufung ist nach Zurücknahme des Zulassungsantrags durch Beschluss des Senats vom 6. Oktober 2015 - 12 LA 154/15 - eingestellt worden.

Die Klage des Klägers gegen die dem Landwirt I. erteilte Baugenehmigung hat das Verwaltungsgericht mit weiterem Urteil vom 2. Juli 2015 - 4 A 2741/12 - rechtskräftig abwiesen. Das Gesuch des Klägers um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war zuvor in beiden Instanzen erfolglos geblieben (Beschl. d. VG v. 31.10.2012 - 4 B 5501/12 -; Nds. OVG, Beschl. v. 6.3.2013 - 1 ME 205/12 -).

Über den Antrag der im vorliegenden Verfahren Beigeladenen vom 1. Juli 2014, ihr eine Baugenehmigung für die Umnutzung von 256 Vormast- auf 256 Endmastkälberplätzen und den Anbau einer Abluftreinigungsanlage in der Betriebseinheit 7, die Reduzierung der Stallplätze in der Betriebseinheit 6 auf 14 Kälber- und 4 Krankenplätze und damit den Betrieb einer Gesamtanlage von (nur noch) 490 Mastkälbern und 4 Krankenplätzen, zu erteilen, hat der Beklagte - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.

Auf die Klage des Klägers gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit Bescheid vom 25. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Urteil vom 2. Juli 2015 den Bescheid des Beklagten (vom 25. Juli 2011) sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2012 aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 25. Juli 2011 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2012 verletzten den Kläger in seinen Rechten, denn es liege ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor. Von der genehmigten Anlage gingen unzumutbare Geruchsimmissionen aus. Hier sei aufgrund des Dorfgebietscharakters auch bei Annahme einer Außenbereichslage zunächst ein Immissionswert von 15 % der Jahresgeruchsstunden heranzuziehen. Zwar verstoße in besonderen Ausnahmesituationen auch eine Überschreitung der Werte von 20 % bzw. 25 % nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, ein solcher besonders gelagerter Ausnahmefall liege hier aber nicht vor. Der Schutzanspruch des Klägers in Bezug auf Geruchsimmissionen sei zwar deutlich eingeschränkt, weil die auf seinem im Außenbereich liegenden Grundstück früher betriebene Landwirtschaft einseitig aufgegeben worden sei mit der Folge, dass der Kläger Geruchsbelästigungen in einem über die Richtwerte der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) hinausgehenden Umfang hinzunehmen habe. Die Tierhaltung präge die nähere Umgebung bis heute maßgeblich. Aus der bis ins Jahr 1972 bestehenden Schicksalsgemeinschaft der sein Grundstück umgebenden landwirtschaftlichen Betriebe sei der Kläger seinerzeit ausgeschieden. Sein Wohngrundstück stelle unter diesen Umständen einen Fremdkörper dar. Gleichwohl sei das Bauvorhaben der Beigeladenen rücksichtslos, weil sie nicht durch die Vornahme emissionsmindernder Maßnahmen zu einer spürbaren Verbesserung der Geruchssituation beitrage. Sie erhöhe lediglich die Schornsteine in zwei Betriebseinheiten. Dies führe zwar dazu, dass sich die Geruchssituation trotz der Erhöhung der Zahl der Kälberplätze nicht verschlechtere. Sie verbessere sich aber nur marginal. Im genehmigten Zustand liege die Zusatzbelastung durch den Betrieb der Beigeladenen zwischen 17,2 und 20,6 % der Jahresgeruchsstunden und im geplanten Zustand zwischen 16,7 und 20 %. Ein besonders gelagerter Ausnahmefall sei vorliegend auch nicht im Hinblick auf die nicht genehmigte Entprivilegierung der Wohnnutzung des klägerischen Grundstücks anzunehmen. Anders als der 1. Senat des beschließenden Gerichts im Beschwerdeverfahren wegen der dem Landwirt I. erteilten Baugenehmigung entschieden habe (Beschl. v. 6.3.2013 - 1 ME 205/12 -), dass nämlich der Kläger in einem „Schwarzbau“ wohne und deshalb nicht schutzbedürftig sei, sei mit einer neueren Entscheidung des 1. Senats (Urt. v. 26.11.2014 - 1 LB 164/13 -) anzunehmen, dass der Übergang zu einer allgemeinen Wohnnutzung 1972 formell und materiell legal gewesen sei mit der Folge, dass der Schutzanspruch des Klägers nicht aufgrund einer im Außenbereich illegalen Wohnnutzung eingeschränkt sei. Ein Ausnahmefall könne hier auch nicht deshalb bejaht werden, weil die Beigeladene aufgrund der Durchführung emissionsmindernder Maßnahmen zu einer erheblichen Verbesserung der Geruchssituation auf dem Grundstück des Klägers beigetragen hätte. Der Rechtsgedanke des § 6 Abs. 3 BImSchG, der die Verbesserungsgenehmigung regele, könne jenseits seines unmittelbaren Anwendungsbereichs als Ausprägung eines allgemeinen Rechtsgedankens auch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Einzelfall konkretisieren. Die Voraussetzungen für die Verbesserungsgenehmigung lägen aber nicht vor, denn die Beigeladene nehme über den Stand der Technik hinausgehende Maßnahmen, die zu einer deutlichen Verbesserung der Emissionen und Immissionen führten, nicht vor.

II.

Der gegen dieses Urteil gerichtete Zulassungsantrag des Beklagten bleibt ohne Erfolg, weil der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung, auf den sich der Beklagte allein beruft, teilweise bereits nicht hinreichend dargelegt ist und im Übrigen auch nicht vorliegt (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder ein erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR   830/99 -, DVBl 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiell mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das bedeutet, dass in der Regel den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenüberzustellen sind und - soweit möglich - die Vorzugswürdigkeit dieser Gegenargumente darzulegen ist. Gemessen an diesen Maßstäben zeigt der Beklagte das Bestehen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht auf.

Der Beklagte macht geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe der Kläger die durch die genehmigte Anlage bewirkten Geruchshäufigkeiten hinzunehmen. Entscheidend seien insoweit die besondere Lage seines Grundstücks im Außenbereich und die Tatsache, dass die Nutzungsänderung zur Wohnnutzung bauaufsichtlich nicht genehmigt sei. Das Grundstück des Klägers sei trotz Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Die Zumutbarkeitsschwelle der Geruchswahrnehmungshäufigkeiten liege für landwirtschaftsbezogenes Wohnen durchaus bei mehr als 50 % der Jahresstunden und sei wegen der Ortsüblichkeit der Geruchshäufigkeiten hinzunehmen. Wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem weiteren Verfahren (Beschl. v. 6.3.2013 - 1 ME 205/12 -) hinsichtlich des klägerischen Grundstücks entschieden habe, stelle die Wohnnutzung des Klägers einen Fremdkörper dar und vermöge die landwirtschaftlich genutzte Umgebung nicht in einer die Ortsüblichkeit beeinflussenden Weise mit zu prägen. Die Tierhaltung auf dem Betrieb der Beigeladenen sei seit 1983 unverändert vorhanden, während sich der Kläger nach vollzogener Umwandlung von landwirtschaftsbezogenem Wohnen in eine „normale“ Wohnnutzung 1972 schon seinerzeit und in dem folgenden Zeitraum widerspruchslos erheblichen Geruchsbelästigungen durch die umfangreichen Intensivtierhaltungsanlagen in unmittelbarer Umgebung ausgesetzt habe. Von der Kälbermast gingen besonders belastende Gerüche nicht aus und die bereits vorhandene Belästigung werde durch die Erweiterung nicht wesentlich und in relevantem Ausmaß verstärkt. Ferner habe das Verwaltungsgericht nicht richtig beurteilt, dass die Umnutzung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers in eine nicht privilegierte Wohnnutzung nicht bauaufsichtsbehördlich genehmigt worden und auch nicht genehmigungsfähig sei. In einem solchen Fall könne die Wohnnutzung weder Schutz beanspruchen, noch müsse der Betreiber der emittierenden Anlage befürchten, allein deshalb als Störer behandelt zu werden, weil er eine fortdauernde illegale Wohnnutzung in der Nachbarschaft geduldet habe. Mit diesen Erwägungen werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis nicht begründet.

Die Rüge des Beklagten geht insoweit ins Leere, als auch das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten hat, das Wohngrundstück des Klägers sei dem Außenbereich zuzuordnen und stelle einen Fremdkörper dar, weil es durch die Umnutzung aus der bis dahin bestehenden Schicksalsgemeinschaft der sein Grundstück umgebenden landwirtschaftlichen Betriebe ausgeschieden sei und die Tierhaltung die nähere Umgebung maßgeblich bis heute präge. Daraus hat das Verwaltungsgericht den Schluss gezogen, dass von der Beigeladenen zwar nicht verlangt werden könne, nach den Grundsätzen der Verbesserungsgenehmigung alle über den Stand der Technik hinausgehenden emissionsmindernden Maßnahmen auszuschöpfen, sie müsse aber zu einer - wenn auch nicht größtmöglichen, so doch spürbaren - Verbesserung der Geruchssituation beitragen. Da dies nicht geschehe, sei das Bauvorhaben der Beigeladenen rücksichtslos. Gegen diesen rechtlichen Ansatz und die vorgenommene Bewertung bringt der Beklagte durchgreifende Einwände nicht vor. Das hier streitige Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen führt infolge der erstmaligen Überschreitung der maßgebenden Anlagengröße zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit der gesamten Anlage (vgl. §§ 4, 19 BImSchG, § 1 Abs. 5 4. BImSchV i. V. m. 7.1.6 des Anhangs I; vormals i. V. m. Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. f des Anhangs zur 4. BImSchV). Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung setzt grundsätzlich voraus, dass erhebliche Umwelteinwirkungen unterbleiben (vgl. § 6 Abs. 3 BImSchG sowie dazu etwa Jarass, BImSchG, 11. Aufl., § 6 Rdnr. 15 f.; Wasielewski, in: Führ (Hrsg.), GK-BImSchG, § 6 Rdnr. 61 ff.; Hofmann/Koch, in: Führ (Hrsg.), GK-BImSchG, § 3 Rdnr. 42). Die vom Verwaltungsgericht - allerdings nur unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 6 Abs. 3 BImSchG - getroffene Feststellung, dass durch das Vorhaben der Immissionsbeitrag der streitigen Anlage nicht deutlich reduziert werde, ist nicht zu beanstanden. Zwar geht die angegriffene immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten vom 25. Juli 2011 auf der Grundlage des Gutachtens der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Nienburg, vom 19. März 2008 mit Ergänzungen vom 17. Juni 2009 und 28. März 2011 davon aus, dass der Immissionswert auf dem Wohngrundstück des Klägers im Planzustand - im Vergleich zum genehmigten Zustand - von 47,3 % auf 41,9 % der Jahresstunden sinken wird. Nach der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters vom 24. August 2012 sollen die Geruchsstundenhäufigkeiten am Wohnhaus des Klägers zwischen 52,1 % und 58,2 % im Ist-Zustand (= bislang genehmigter Zustand) und zwischen 44,9 % und 51,5 % im geplanten Zustand betragen. Auf diese zuletzt genannten Häufigkeitswerte bezieht sich auch der Beklagte in der Begründung seines Zulassungsantrags. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sieht die Ursache für die Verbesserung der Immissionssituation in den emissionsmindernden Maßnahmen der Betriebe des Landwirts I. und der Beigeladenen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der für die Landwirtschaftskammer tätige Sachverständige aber ausgeführt, die Vergrößerung des Betriebs der Beigeladenen durch die Einstallung von 180 Kälbern in der Betriebseinheit 1 (im Gutachten als Betriebseinheit 4 bezeichnet) führe zu einer Verschlechterung der Immissionssituation, die als Emissionsminderungsmaßnahme in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorgesehene Verlängerung der Abluftschornsteine führe demgegenüber zu einer Verbesserung der Immissionssituation; insgesamt saldierten sich diese beide Effekte zu einer marginalen Verbesserung. Ebendiese Aussage liegt der Bewertung des Verwaltungsgerichts zugrunde; in den Urteilsgründen wird die (marginale) Verminderung (rechnerisch) mit 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten (von 17,2 bis 20,6 % auf 16,7 bis 20 % der Jahresstunden) angegeben. Es muss hiernach nicht näher begründet werden, dass mit der beabsichtigten Erweiterung des Betriebs der Beigeladenen eine deutliche Reduzierung des Immissionsbeitrags der Anlage in Gestalt einer spürbaren, auch messbaren Verbesserung der Belastungssituation (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 11.8.2016 - 12 ME 47/16 -) nicht verbunden ist.

Entgegen der Auffassung des Beklagten verhält es sich auch nicht so, dass im Außenbereich unter den hier gegebenen Umständen Geruchswahrnehmungshäufigkeiten von 50 % oder gar mehr ohne weiteres hinzunehmen sind. Zwar ist das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden, schon die Häufigkeit landwirtschaftlicher Gerüche im Außenbereich bis zu einem Immissionswert von 0,25 (= 25 % der Jahresgeruchsstunden) setzt aber das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist danach eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat (vgl. nur OVG NRW, Beschl. v. 16.9.2015 - 8 A 2384/13 -, juris m. w. Nachw.; ferner Gem. RdErl. d. MU, d. MS, d. ML u. d. MW v. 23.7.2009 i. V. m. Anlage 2: Begründung und Auslegungshinweise zur Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL -, dort zu Nr. 3.1 GIRL: Zuordnung der Immissionswerte, NdsMBl. 2009, S. 794, 806). Sofern in der Rechtsprechung auch eine Geruchshäufigkeit von 50 % der Jahresstunden oder mehr für zumutbar gehalten worden ist (vgl. etwa OVG NRW, Beschl. v. 18.3.2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390), kann daraus eine Regelhaftigkeit nicht abgeleitet werden (vgl. auch die zitierte Anlage 2, dort zu Nr. 1: Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich, Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen, a. a. O., S. 805). Im Übrigen hat auch der 1. Senat des beschließenden Gerichts in dem von dem Beklagten erwähnten Urteil darauf hingewiesen, dass eine derart weitgehende Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze nur für Rinderhaltung neben landwirtschaftsbezogenem Wohnen angenommen worden ist (Urt. v. 10.11.2009 - 1 LB 45/08 -, BauR 2010, 195). Eine derartige Fallgestaltung ist hier nicht gegeben. Die schon bisher bestehende hohe Gesamtbelastung wird auch weiterhin in erheblichem Umfang durch die Mastschweinehaltung benachbarter Betriebe bestimmt. Der Betrieb der Beigeladenen erfüllt nicht einmal für sich betrachtet die Kriterien einer weniger belastenden Rinderhaltung. Zwar ist in der Tabelle 4 der Geruchsimmissions-Richtlinie als (niedrigster) Gewichtungsfaktor ein Wert von 0,5 für Milchkühe mit Jungtieren (einschließlich Mastbullen und Kälbermast, sofern diese zur Geruchsimmissionsbelastung nur unwesentlich beitragen) genannt, der oben bezeichnete die Geruchsimmissions-Richtlinie einführende Gem. RdErl. vom 23. Juli 2009 legt aber fest, dass bei der Anwendung der Gewichtungsfaktoren der Tabelle 4 in Anlage 1 (GIRL) Nr. 4.6 die Mastkälberhaltung mit dem Faktor 1 zu berücksichtigen ist (a. a. O., S. 794, 795). Auch das zeigt, dass die reine oder im Schwerpunkt betriebene Mastkälberhaltung nicht als (besonders) emissionsarm zu bewerten ist. Unter diesen Umständen kann die von dem Beklagten vertretene weitergehende Anhebung der Zumutbarkeitsgrenze auch nicht tragend mit der an einer sachgerechten Betriebsführung orientierten nachvollziehbaren Standortwahl oder dem Umstand gerechtfertigt werden, dass der Kläger die - in ihrem Bestand geschützte - nach Art und Umfang unverändert vorhandene Tierhaltung im Betrieb der Beigeladenen unbeanstandet gelassen habe.

Soweit der Beklagte dem Verwaltungsgericht vorhält, es habe nicht richtig beurteilt, dass die Umnutzung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers in eine nicht privilegierte Wohnnutzung formell und materiell illegal sei und in diesem Zusammenhang aus dem Beschluss des 1. Senats vom 6. März 2013 - 1 ME 205/12 - zitiert, geht er damit an den tragenden Erwägungen des angegriffenen Urteils vorbei. Das Verwaltungsgericht hat diesen Beschluss des 1. Senats zur Kenntnis genommen, zugleich aber die Auffassung vertreten, in einer neueren Entscheidung (Urt. v. 26.11.2014 - 1 LB   164/13 -, BauR 2015, 464) sei das Gericht von der in jenem Beschluss geäußerten Auffassung abgerückt und habe in einer ähnlichen Konstellation die formelle und materielle Illegalität der nicht landwirtschaftsbezogenen allgemeinen Wohnnutzung nach Aufgabe der Landwirtschaft Anfang der 70iger Jahre verneint. Mit diesen Überlegungen setzt sich der Beklagte nicht auseinander und legt somit auch nicht dar, dass und aus welchen Gründen insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen.

Mit Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig          (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie entspricht dem Vorschlag unter Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).