Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.09.2024, Az.: 1 MN 14/24

Auslegung; Bebauungsplan; Bebauungsplan vorhabenbezogener; ortsübliche Bekanntmachung; Durchführungsvertrag; Ersatzaufforstung; Konkretisierung; Vorhabenbezogener Bebauungsplan; Wald; Überplanung von Wald; Waldausgleich; keine Pflicht zur Auslegung des Durchführungsvertrags in den Fällen des § 12 Abs. 3a BauGB; Verhältnis von Waldausgleich nach § 8 NWaldLG und und Eingriffsausgleich nach § 1 Abs. 3a BauGB

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.09.2024
Aktenzeichen
1 MN 14/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 23228
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0904.1MN14.24.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Auch wenn die Gemeinde von der Möglichkeit des § 12 Abs. 3a BauGB Gebrauch macht und die Konkretisierung des Vorhabens im Wesentlichen dem Durchführungsvertrag vorbehält, wird dieser weder Bestandteil des Satzungsrechts noch ist er aus anderen Gründen öffentlich auszulegen.

  2. 2.

    Ist der Vollzug eines Bebauungsplans mit dem Verlust von Wald verbunden und sieht der Plan eine den Anforderungen des § 8 Abs. 4 NWaldLG entsprechende Ersatzaufforstung vor, ist insoweit regelmäßig auch den Anforderungen des § 1a Abs. 3 BauGB genügt.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin zuletzt am 14. Dezember 2023 als Satzung beschlossene vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 203 "Am Hang" wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Normenkontrollverfahrens der Antragsteller (Az.: 1 KN 13/24) außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Normenkontrolleilverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Normenkontrolleilverfahren wird auf 12.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren als Plannachbarn die vorläufige Außervollzugsetzung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 203 "Am Hang", zugleich teilweise Aufhebung des Bebauungsplans 76 "Bullwinkels Weide", der Antragsgegnerin.

Sie sind Eigentümer des im Aktivrubrum bezeichneten und durch Bebauungsplan als allgemeines Wohngebiet festgesetzten Grundstücks. Das etwa 17 m breite und mehr als 50 m tiefe Grundstück grenzt mit seiner östlichen Schmalseite an die Straße I. und mit seiner westlichen Schmalseite an das Gebiet des hier streitgegenständlichen Bebauungsplans an. Das 1.463 m2 große Plangebiet liegt mit seiner Westseite an der Straße Am Hang und ist unbebaut. Vor Beginn erster Bauarbeiten zum Vollzug des angegriffenen Bebauungsplans war es mit Waldbäumen bestanden. Mit seiner Ostseite schließt das Plangebiet an den Gartenbereich des Antragstellergrundstücks sowie an die gärtnerisch genutzten rückwärtigen Bereiche weiterer, wie das Antragstellergrundstück von Osten erschlossener Wohngrundstücke an. Das Gelände fällt von Nordosten nach Südwesten, d.h. vom Antragstellergrundstück zum Plangebiet hin um etwa 6 m ab.

Für das Plangebiet war durch den Bebauungsplan 76 "Bullwinkels Weide" aus dem Jahr 1981 ein reines Wohngebiet mit höchstens einem Vollgeschoss, einer Grundflächenzahl von 0,3 und einer Geschossflächenzahl von 0,4 festgesetzt. Die Bauweise war als offen bestimmt, wobei nur Einzelhäuser mit max. zwei Wohneinheiten zulässig waren. Der Plan blieb im Gebiet des angegriffenen Bebauungsplans unausgenutzt.

Im Juni 2018 beantragte die Beigeladene nach Erwerb des Plangebiets die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans, um dort ein zweigeschossiges Mehrfamilienhaus mit 12 Wohneinheiten und einer Tiefgarage mit 12 Einstellplätzen errichten zu können. Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin fasste am 6. September 2018 einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss. Es folgten zwei öffentliche Auslegungen, in deren Rahmen die Antragsteller zahlreiche Einwendungen erhoben, die sich einerseits insbesondere auf die als überdimensioniert kritisierte Kubatur des Gebäudes, andererseits auf die Hanglage des Grundstücks und die Frage ausreichender Sicherungsmaßnahmen bezogen. Diese Einwendungen wies der Rat der Antragsgegnerin nach Einholung sachverständiger Einschätzungen in seiner Sitzung am 17. Dezember 2020 zurück und beschloss den vorhabenbezogenen Bebauungsplan - wohl ohne Kenntnis des Durchführungsvertrags - als Satzung; die Bekanntmachung folgte am 23. Dezember 2020. Es folgten im ergänzenden Verfahren ein erneuter Satzungsbeschluss mitsamt der Zustimmung des Rates zum Durchführungsvertrag am 24. Juni 2021 und - ohne vorherige Ausfertigung - dessen Bekanntmachung am 3. Juli 2021.

Nachdem die Beigeladene im Frühjahr 2021 eine Teilbaugenehmigung für Erd- und Verbauarbeiten erhalten hatte und bei den Arbeiten der Hang mit der Folge erheblicher Schäden auf dem Antragstellergrundstück teilweise abgerutscht war, stellten die Antragsteller einen ersten Normenkontroll- und Normenkontrolleilantrag. Dem Normenkontrolleilantrag gab der Senat mit Beschluss vom 14. Juni 2022 (- 1 MN 83/21 -, juris) statt. Der Plan sei vor der Bekanntmachung nicht ausgefertigt worden und daher formell rechtswidrig. Zudem sei zweifelhaft, ob das Plangebiet nicht mit der Folge eines entsprechenden Ausgleichsbedarfs als Wald einzustufen sei.

Die Antragsgegnerin leitete daraufhin ein weiteres ergänzendes Verfahren ein. Nunmehr vorgesehen ist ein Waldausgleich auf einer Fläche von 2.100 qm, zu deren Aufforstung sich die Niedersächsischen Landesforsten gegenüber der Beigeladenen vertraglich verpflichtet haben. Ferner veranlasste die Beigeladene weitere geotechnische Untersuchungen zur Bodenbeschaffenheit, zur Grund- und Niederschlagswassersituation, zur Hangsicherung und Böschungsbruchsicherheit sowie zur zukünftigen Entwässerung und Versickerung, die gegenüber den zunächst geplanten Maßnahmen deutlich weitergehende Vorkehrungen vorsehen (vgl. die geotechnischen Berichte v. 18.10.2022, 10.2.2023 und 17.5.2023). Der Durchführungsvertrag vom 10./14. November 2023 enthält in § 3 Nr. 1 eine entsprechende Realisierungsverpflichtung der Beigeladenen.

Auf dieser Grundlage und nach erneuter Auslegung in der Zeit vom 28. November 2022 bis 6. Januar 2023 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan am 14. Dezember 2023 erneut als Satzung. Es folgten die Ausfertigung sowie die Bekanntmachung in der Ausgabe des Osterholzer Kreisblatts vom 20./21. Januar 2024.

Am 2. Februar 2024 haben die Antragsteller erneut einen Normenkontroll- und diesen Normenkontrolleilantrag gestellt. Die Antragsgegnerin habe den Bebauungsplan abweichend von ihrer eigenen Hauptsatzung bekannt gemacht. Die geotechnischen Gutachten seien nur teilweise ausgelegt worden und gingen von falschen Annahmen aus. Namentlich werde der Verlauf der Bodenschichten falsch eingeschätzt, was Einfluss auf den Wasserverlauf und die Ableitung der Lasten habe. Deshalb sei insbesondere die Tragfähigkeit des Bodens weiterhin ungeklärt. Zudem habe der Sachverständige den Zustand nach Abrutschen des Hanges und nicht - wie rechtlich geboten - den Ursprungszustand betrachtet. Es sei entweder Staunässe infolge der zur Hangsicherung erforderlichen Bohrpfahlwand oder eine Austrocknung ihres Grundstücks bei Einbau einer Drainage zu befürchten. Dies habe sachverständig untersucht werden müssen. Der Durchführungsvertrag sei zu Unrecht nicht ausgelegt worden; dieser habe hier durch Inbezugnahme Rechtsnormcharakter erlangt. Seine Inhalte seien in der Planbegründung nicht ausreichend bzw. nicht richtig dargestellt worden. Der Waldersatz sei nicht ausreichend gesichert. Die Aufhebung der bisherigen Zweiwohnungsklausel und die Maßfestsetzungen seien nicht hinreichend abgewogen worden

Die Antragsteller beantragen,

im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 47 Abs. 6 VwGO den Bebauungsplan Nr. 203 "Am Hang" vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie tritt den Einwendungen entgegen und verteidigt den angegriffenen Plan.

Die Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert.

II.

Der Normenkontrolleilantrag ist zulässig (vgl. Senatsbeschl. v. 14.6.2022 - 1 MN 83/21 -, juris Rn. 16 f.) und begründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. Senatsbeschl. v. 28.2.2020 - 1 MN 153/19 -, BauR 2020, 978 = juris Leitsätze 1 und 2 sowie Rn. 15 unter Anschluss an die stRspr des 4. Senats des BVerwG, Beschl. v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381 = BauR 2015, 968 = juris Rn. 12; v. 16.9.2015 - 4 VR 2.15 -, BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 -, BauR 2019, 1442 = juris Rn. 4).

1.

Der Normenkontrollantrag hat nach gegenwärtigem Stand der Dinge mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg, weil der Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB hat die Bekanntmachung in der ortsüblichen Form zu erfolgen. Ortsüblich ist diejenige Form der Verkündung der örtlichen Rechtsetzung, die nach Landes- oder Gemeinderecht für die Bekanntmachung bestimmt ist (vgl. Senatsurt. v. 18.6.2019 - 1 KN 64/15 -, NVwZ-RR 2020, 10 = juris Rn. 69 m.w.N.). Hier enthält § 10 der nach § 11 Abs. 1 Satz 2 NKomVG entscheidenden Hauptsatzung der Antragsgegnerin in der zum Zeitpunkt der Bekanntmachung geltenden Fassung vom 17. März 2022 folgende Regelung:

(1) Satzungen, Verordnungen, Genehmigungen von Flächennutzungsplänen und öffentliche Bekanntmachungen der Stadt Osterholz-Scharmbeck werden - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - im Internet unter der Adresse: https://www.osterholz-scharmbeck.de/amtsblatt im elektronischen Amtsblatt für die Stadt Osterholz-Scharmbeck verkündet bzw. bekannt gemacht. (...)

(2) Ortsübliche Bekanntmachungen erfolgen im "Osterholzer Kreisblatt".

Die Antragsgegnerin hat die Vorschrift wörtlich genommen und die Bekanntmachung nach § 10 Abs. 2 ihrer Hauptsatzung (nur) im Osterholzer Kreisblatt vorgenommen. Das genügt den rechtlichen Anforderungen nicht.

§ 10 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin entspricht im Grundsatz den Regelungen zahlreicher niedersächsischer Kommunen, soweit zwischen den in § 10 Abs. 1 geregelten Bekanntmachungen von Normen, Genehmigungen von Flächennutzungsplänen und öffentlichen Bekanntmachungen der Stadt und den in § 10 Abs. 2 erfassten ortsüblichen Bekanntmachungen unterschieden wird. Die Abgrenzung erschließt sich aus der Zusammenschau der Norm mit ihrer Rechtsgrundlage in § 11 NKomVG. Dessen Absätze 1 bis 6 regeln die Bekanntmachung von Satzungen, die in einem Verkündungsblatt, Tageszeitungen oder im Internet erfolgen müssen. Nach § 11 Abs. 7 NKomVG gelten die Absätze 1 bis 6 entsprechend für Verordnungen, die Genehmigung von Flächennutzungsplänen und öffentliche Bekanntmachungen der Kommunen nach diesem Gesetz. § 10 Abs. 1 der Hauptsatzung setzt diese Anforderungen um. Daraus folgt, dass alle in § 11 NKomVG genannten Bekanntmachungen nach § 10 Abs. 1 der Hauptsatzung erfolgen müssen; die Vorschrift steht gegenüber § 10 Abs. 2 in einem Spezialitätsverhältnis und erfasst auch Bebauungspläne, die gemäß § 10 Abs. 1 BauGB Satzungen darstellen. Nur diejenigen Bekanntmachungen, an die § 11 NKomVG keine besonderen Anforderungen stellt, können nach § 10 Abs. 2 der Hauptsatzung erfolgen. Darunter fallen im Baurecht beispielsweise die Bekanntmachung von Planaufstellungsbeschlüssen sowie die Auslegungsbekanntmachung nach § 3 Abs. 2 BauGB, nicht aber der Satzungsbeschluss (vgl. Senatsbeschl. v. 10.8.2022 - 1 MN 52/22 -, UPR 2022, 504 = juris Rn. 17).

Genügt deshalb die Bekanntmachung nicht den rechtlichen Anforderungen, wird der Normenkontrollantrag nach gegenwärtigem Stand Erfolg haben. Das rechtfertigt die Außervollzugsetzung des Plans trotz der hohen Wahrscheinlichkeit einer kurzfristigen und erfolgreichen Heilung dieses Fehlers (vgl. Senatsbeschl. v. 14.6.2022 - 1 MN 83/21 -, juris Rn. 21).

2.

Angesichts der zu erwartenden Heilung des Fehlers weist der Senat darauf hin, dass die weiteren Einwände der Antragsteller dem Normenkontrollantrag aller Voraussicht nach nicht zum Erfolg verhelfen werden.

a) Einer Auslegung des Durchführungsvertrags im Rahmen der öffentlichen Auslegung bedurfte es nicht, da dieser - wie die Antragsteller selbst richtig feststellen - nicht Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans und damit der Satzung ist (vgl. nur Bank, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Oktober 2022, § 12 Rn. 72). Die relevanten Verpflichtungen hat die Antragsgegnerin ihrer Abwägung zugrunde gelegt und in der Planbegründung (S. 19) zutreffend wiedergegeben. Eine weitergehende Begründung war nicht geschuldet; eine entsprechende Unvollständigkeit wäre überdies kein relevanter Mangel (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB).

Eine andere Sichtweise ist auch nicht deshalb geboten, weil der Plan von der in § 12 Abs. 3a BauGB vorgesehenen Möglichkeit der Festsetzung eines Baugebiets Gebrauch macht und zugleich die Maßgabe enthält, dass in diesem Rahmen nur Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger verpflichtet. Auch in einem solchen Fall wird der Durchführungsvertrag entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht Satzungsbestandteil (zutreffend Bank, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Oktober 2022, § 12 Rn. 209, 216 m.w.N.).

Fehl gehen die Antragsteller mit ihrer Rüge, die Antragsgegnerin habe das nach Maßgabe des § 12 Abs. 3a BauGB gesetzlich vorgegebene Zusammenspiel von Vorhaben- und Erschließungsplan und Durchführungsvertrag missachtet, indem sie bereits im Vorhaben- und Erschließungsplan und nicht erst im Durchführungsvertrag vergleichsweise präzise Vorgaben zur Gestaltung des Baukörpers und zu seiner Nutzung getroffen habe. Richtig ist insoweit, dass die Gemeinde im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 3a BauGB nicht verpflichtet ist, das Vorhaben bereits im Vorhaben- und Erschließungsplan so weit zu konkretisieren, wie dies bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan üblicherweise geboten ist. Wie die in § 12 Abs. 3a BauGB ausdrücklich genannte Möglichkeit, lediglich ein Baugebiet festzusetzen, zeigt, kann die Gemeinde auf der Ebene des Vorhaben- und Erschließungsplans Zurückhaltung üben und die weitere Konkretisierung dem Durchführungsvertrag vorbehalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017 - 4 C 4.16 -, BVerwGE 157, 315 = BRS 85 Nr. 71 = juris Rn. 17 ff.). Dies schließt eine detailliertere Festsetzung schon auf Satzungsebene indes nicht aus; diese detailliertere Festsetzung bildet dann den Rahmen für den Durchführungsvertrag einschließlich möglicher Änderungen. Zugleich begrenzt die Festsetzung dasjenige, was im Rahmen der Abwägung als Spektrum möglicher Nutzungen zu betrachten ist.

b) Erfolglos bleibt der Einwand, die Antragsgegnerin habe die geotechnischen Berichte vom 10. Februar 2023 und 17. Mai 2023 nicht ausgelegt. Das trifft in der Sache zwar zu; auszulegen waren nach der maßgeblichen Fassung des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB jedoch nur die bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen. Die vorgenannten geotechnischen Berichte gingen der Antragsgegnerin erst nach Abschluss der Auslegung zu; der die vorherigen Schlussfolgerungen und Erkenntnisse nur ergänzende Inhalt gab zudem schon in tatsächlicher Hinsicht keinen Anlass, die Auslegung zu wiederholen.

c) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller, es fehle eine ausreichende Sicherheitsleistung der Beigeladenen; die Antragsgegnerin habe gegenüber ihrem Rat jedenfalls zu Unrecht geäußert, es gebe entsprechende Sicherheiten. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt ein vorhabenbezogener Bebauungsplan voraus, dass der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist. Gefordert ist eine Prognoseentscheidung. Sie soll der Gemeinde eine gewisse Sicherheit verschaffen, dass der Vorhabenträger die im Durchführungsvertrag übernommenen Verpflichtungen erfüllen und das geplante Vorhaben zu Ende führen kann. Die Prognose betrifft auch die finanziellen Mittel, die erforderlich sind, damit der Vorhabenträger die übernommenen Verpflichtungen umsetzen kann. Zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit grundsätzlich geeignet sind wirtschaftlich belastbare Finanzierungs- und Fördermittelzusagen (vgl. Senatsbeschl. v. 14.7.2022 - 1 MN 165/21 -, BauR 2022, 1469 = BRS 90 Nr. 38 = juris Rn. 37 m.w.N.). Diesen Anforderungen hat die Beigeladene durch Vorlage einer Finanzierungszusage einer örtlichen Bank in ausreichender Höhe genügt; die darauf gestützte Prognose der Antragsgegnerin ist frei von Rechtsfehlern.

Für eine Forderung nach weitergehenden Sicherheitsleistungen gab es weder Anlass noch Rechtsgrundlage. Das gilt auch im Hinblick auf die im Rahmen der Bauausführung unvermeidlichen Eingriffe in den öffentlichen Straßenraum. Der Durchführungsvertrag enthält in § 3 Nr. 6 eine hinreichend bestimmte Verpflichtung der Beigeladenen zur Wiederherstellung des Straßenraums nach Ende der Bauarbeiten, und zwar im "ordnungsgemäßen, verkehrssicheren Zustand" sowie "voll funktionstüchtig im ursprünglichen Zustand". Mehr ist nicht zu fordern. Das Restrisiko einer Insolvenz der Beigeladenen durfte die Antragsgegnerin angesichts der Finanzierungszusage hinnehmen; der vergleichsweise geringe Aufwand der Arbeiten im öffentlichen Raum ist auf die Tragfähigkeit der Prognoseentscheidung ohne Einfluss. Ob zwei entfallende Stellplätze anderweitig kompensiert werden sollen oder nicht, ist eine freie Entscheidung der Antragsgegnerin.

Schließlich liegt - dies wäre im Rahmen der Abwägung relevant - keine Täuschung des Rates über Art und Umfang der Sicherheitsleistung vor. Der Durchführungsvertrag nimmt in § 6 ausdrücklich auf eine vorzulegende Kreditzusage Bezug, die den Ratsmitgliedern bei Satzungsbeschluss zur Kenntnis gegeben wurde. Auch die mündliche Information der Ratsmitglieder, genauer der Mitglieder des Ausschusses für Planung und Stadtentwicklung, durch einen Mitarbeiter der Antragsgegnerin war ausweislich des Sitzungsprotokolls richtig. Verwiesen wurde hinsichtlich der Sicherheiten auf die Anlage 8; dabei handelte es sich um die Kreditzusage. Dass die Mitglieder des Ausschusses oder des Rates diese Zusage in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nicht richtig eingeschätzt haben könnten, ist fernliegend; die Zusage ist eindeutig formuliert und spiegelt nicht mehr vor, als sie rechtlich bedeutet.

d) Unbegründet sind die Einwände der Antragssteller, soweit sie sich gegen die Ermittlung, Bewertung und Behandlung der durch die Hanglage des Plangebiets und das Erfordernis einer Abgrabung bedingten geotechnischen Schwierigkeiten wenden. Weder im Abwägungsvorgang noch im Abwägungsergebnis sind insoweit Bedenken veranlasst.

Zu Unrecht rügen die Antragsteller, die hydrologischen Auswirkungen des Mehrfamilienhauses bzw. der zur Hangsicherung erforderlichen Bohrpfahlwand seien nicht hinreichend untersucht worden. Im Gegenteil enthalten die im ergänzenden Verfahren vorgelegten geotechnischen Berichte detaillierte Aussagen zur hydrologischen Situation, und zwar sowohl im Hinblick auf das im Boden enthaltene Schichtenwasser (insbes. Bericht v. 18.10.2022, S. 9 f.) als auch die Entwässerung bei Niederschlägen (insbes. Bericht v. 17.5.2024, S. 18 ff.). Vorangegangen waren umfangreiche Untersuchungen der Bodenbeschaffenheit und der Grundwasserleiter. Der unsubstantiierte Vorwurf, der Verlauf der Bodenschichten und die Tragfähigkeit seien falsch eingeschätzt bzw. unzureichend betrachtet worden, überzeugt angesichts der in den geotechnischen Berichten im Detail dargelegten Ergebnisse der Erkundungsbohrungen und der plausibel begründeten Schlussfolgerungen des Sachverständigen offensichtlich nicht. Im Ergebnis empfiehlt der Sachverständige, die Bohrpfahlwand mit einer hangseitigen Dränage zu versehen und das sich sammelnde bergseitige Schichtenwasser in eine der Versickerung dienende Schotterschicht nördlich, östlich und südöstlich des Vorhabens abzuleiten, um den natürlichen Schichtenwasserfluss so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die Versickerung soll mittels Sickerschächten erfolgen, deren Standort und Ausführung in den Berichten im Einzelnen vorgegeben werden. Substantiierte Einwände gegen diese gegenüber der ersten Planfassung mit weitergehenden Untersuchungen unterlegten und deutlich präzisierten sachverständigen Ausführungen, die sich die Antragsgegnerin zu eigen gemacht hat, erheben die Antragsteller nicht. Ihre pauschalen Einwände, die sich in Teilen zudem auf den Sachverhalt zum Zeitpunkt des ersten Satzungsbeschlusses beziehen, überzeugen insofern nicht. Vor diesem Hintergrund durfte sich die Antragsgegnerin darauf verlassen, dass eine den geotechnischen Berichten entsprechende Bauausführung, zu der sich die Beigeladene in § 3 Nr. 1 des Durchführungsvertrags verpflichtet hat, für die Plannachbarn nicht mit gravierenden Veränderungen des Wasserhaushalts verbunden sein wird. Dass den Beteiligten bei der Formulierung von § 3 Nr. 1 des Durchführungsvertrags - wie die Antragsteller rügen - ein geringfügiger redaktioneller Fehler unterlaufen ist, ändert an der Bestimmtheit und Rechtsverbindlichkeit der Verpflichtung nichts.

Gleiches gilt für die Sicherheit des Hanges, auf die die Antragsteller nach den negativen Erfahrungen aus dem Frühjahr 2021 naturgemäß besonderes Augenmerk richten. Auch insoweit hat die Antragsgegnerin ihren Ermittlungs- und Bewertungsaufwand erheblich gesteigert, sodass jedenfalls zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 14. Dezember 2023 den Anforderungen des Abwägungsgebots genügt ist. Die nunmehr vorgesehene Hangsicherung mit einer tief gegründeten Bohrpfahlwand, deren Auslegung neben dem Druck des Hanges einen Grundwasserdruck bis zur Oberkante des Geländes berücksichtigt (vgl. Bericht v. 18.10.2022, S. 11), sowie einer Abböschung des Geländes oberhalb der Bohrpfahlwand mit einem Winkel von max. 30 Grad bis zum Antragstellergrundstück stellt nach den sachverständigen Ausführungen zuverlässig sicher, dass der Hang nicht weiter abrutschen wird. Substantiierter Gegenvortrag fehlt.

Nicht richtig ist die Auffassung der Antragsteller, der Sachverständige bzw. der die Abwägungsentscheidung treffende Rat der Antragsgegnerin habe nicht den Hang nach Eintritt des Schadensereignisses aus dem Frühjahr 2021, sondern den Hang in seiner ursprünglichen Gestalt betrachten müssen. Wird im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB - wie hier - die Abwägung wiederholt, so müssen Änderungen der Sachlage gegenüber dem Zeitpunkt des ersten Satzungsbeschlusses jedenfalls dann in die neue Abwägungsentscheidung einbezogen werden, wenn sie für den Rat ohne weiteres erkennbar sind (Senatsurt. v. 14.7.2021 - 1 KN 9/20 -, BauR 2021, 1785 = juris Rn. 29). Das war hier der Fall.

Auch im Abwägungsergebnis sind keine Bedenken veranlasst. Dabei unterliegen die Antragsteller einer Fehleinschätzung, soweit sie offenbar meinen, mit der Bebauung des Plangebiets dürfe für sie mit Blick auf den Wasserhaushalt keinerlei nachteilige Veränderung verbunden sein. Das trifft nicht zu. Schutz können sie nur vor unzumutbaren Veränderungen beanspruchen; im Übrigen gilt das Abwägungsgebot. Dass das Bauvorhaben unzumutbare Veränderungen bewirken könnte, ist unter Berücksichtigung des Erkenntnisstandes zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 14. Dezember 2023 nicht ersichtlich. Letzteres gilt auch für die Sicherung des Hanges, der nach den plausiblen sachverständigen Feststellungen nunmehr gewährleistet ist.

e) Unbegründet ist der Einwand der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe nicht ausreichend abgewogen, dass der neue Bebauungsplan hinsichtlich der Wohndichte und des Maßes der baulichen Nutzung weitaus mehr ermögliche als der Vorgängerplan. Aus der Planbegründung ergibt sich vielmehr, dass eine intensivere Nutzung des Plangebiets das primäre Planungsziel war und nicht nur hingenommen, sondern ausdrücklich gewünscht wurde. Dabei stand dem Rat der Antragsgegnerin angesichts des Vorhaben- und Erschließungsplans und der weiteren Konkretisierungen im Durchführungsvertrag sehr klar vor Augen, welche Dimension das Vorhaben haben würde. Eine weitergehende Abwägung war mit Blick auf die seit 1981 grundlegend geänderten rechtlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen, die mit Blick auf Maß und Wohndichte eher gering zu veranschlagende Betroffenheit von Nachbarn sowie die Tatsache, dass der Vorgängerplan über nahezu 40 Jahre nicht realisiert werden konnte, entbehrlich.

f) Zu Unrecht meinen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe das nach § 17 Abs. 1 BauNVO in der gemäß § 25e BauNVO anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3786, im Folgenden BauNVO 2017) maximal zulässige Maß der baulichen Nutzung unzulässigerweise überschritten, indem sie faktisch eine Grundflächenzahl von 0,46 zugelassen habe. § 17 Abs. 2 BauNVO 2017 gestattete eine Überschreitung aus städtebaulichen Gründen, wenn sie durch Umstände ausgeglichen war oder durch Maßnahmen ausgeglichen wurde, durch die sichergestellt war, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt wurden und nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden wurden. Solche auf die konkrete Situation des Vorhabens bezogenen Gründe hat die Antragsgegnerin benannt, indem sie auf die innerstädtische Lage des Vorhabengrundstücks, das Erfordernis einer Tiefgarage und den Wunsch nach einer nicht zu geringen Gebäudetiefe verwiesen hat. Insbesondere der Hinweis auf die Rampe ist in der Zusammenschau mit dem Gebot, Grund und Boden sparsam zu nutzen, entgegen der Auffassung der Antragsteller ein tragfähiges Argument, weil eine Rampe gegenüber einem Hochbau eine ungleich geringere Baumasse mit sich bringt. Zugleich ist sichergestellt, dass durch die geringfügige Überschreitung weder die Umwelt noch das Gebot gesunder Wohnverhältnisse beeinträchtigt werden.

g) Unberechtigt ist die Kritik an der Festsetzung einer gemeinsamen höchstzulässigen Grundfläche für alle drei Flurstücke. Ein "Windhundrennen" droht schon deshalb nicht, weil die Flurstücke zu einem Buchgrundstück vereinigt sind (vgl. zur vergleichbaren Problematik bei Verkaufsflächenfestsetzungen nur BVerwG, Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, BVerwGE 166, 378 = BRS 87 Nr. 35 = juris Rn. 34). Zudem handelt es sich hier um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, aufgrund dessen ein Vorhabenträger ein konkretes Vorhaben verwirklicht. Auch das schließt ein "Windhundrennen" zuverlässig aus.

h) Auch der Waldausgleich genügt den Anforderungen, die § 1a Abs. 3 BauGB, hier i.V.m. § 8 NWaldLG, an einen solchen Ausgleich stellt. Insbesondere die rechtliche Sicherung ist gemessen an § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB nicht zu beanstanden. Ausgeglichen wird der Verlust von Wald durch eine von den Niedersächsischen Landesforsten vorzunehmende Ersatzaufforstung an anderer Stelle; dazu liegt ein wirksamer Vertrag zwischen der Beigeladenen und den Landesforsten vor. Zu Unrecht meinen die Antragsteller, die Antragsgegnerin könne die Durchführung der Ersatzmaßnahme nicht einfordern, denn tatsächlich wird die Maßnahme vom Durchführungsvertrag (§ 3 Nr. 1 und Nr. 5) erfasst. Konsequenterweise war deshalb der Vertrag mit den Landesforsten dem Durchführungsvertrag als Anlage beigefügt.

Die weitergehenden Einwände hinsichtlich des gebotenen Eingriffsausgleichs, mit denen die Antragsteller eine Berücksichtigung der schon nach dem Vorgängerplan zulässigen Eingriffe rügen, berücksichtigen nicht ausreichend, dass § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB genau dies vorsieht (vgl. Senatsurt. v. 15.4.2011 - 1 KN 356/07 -, ZfBR 2011, 690 = BRS 77 Nr. 263 = juris Rn. 117). Das gilt insbesondere für die Abgrabung des Hanges sowie die - angesichts der innerstädtischen Lage ohnehin zu vernachlässigende - Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und auch, soweit die Eingriffe mittelbare Folge der Waldumwandlung sind. Hinzu kommt, dass mit einer Ersatzaufforstung zum Ausgleich einer Waldumwandlung auch die mittelbaren Folgen zu kompensieren sind (vgl. auch - ungeachtet möglicher kompetenzrechtlicher Bedenken - die Wertung des § 8 Abs. 6 NWaldLG). Dies folgt bereits aus § 8 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 1 Nr. 1 b) NWaldLG; danach ist auch die sämtliche ökologische Aspekte des Waldes abdeckende Schutzfunktion auszugleichen und demzufolge Gegenstand der Bemessung einer Ersatzmaßnahme.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 8 c), 7 a), 1 a) und 17 b) der aktuellen Streitwertannahmen des Senats (NdsVBl. 2021, 247).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).