Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 30.09.2015, Az.: VgK-30/2015

Interpretation des Begriffs der Gebietskörperschaft als europarechtlich einheitlich; Vergabe von Aufträgen auf dem Gebiet der Energieversorgung durch eine private Gesellschaft; Vergabe der Erstellung von Baugrundgutachten für das 380-kV-Leistungsbauprojekt

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
30.09.2015
Aktenzeichen
VgK-30/2015
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 28826
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Der Begriff der Gebietskörperschaft ist europarechtlich einheitlich zu interpretieren. Vergibt eine private Gesellschaft im Besitz eines EU-Staates Aufträge auf dem Gebiet der Energieversorgung, so ist sie mit diesem Auftrag öffentliche Auftraggeberin, weil eine Gebietskörperschaft auf sie einen beherrschenden Einfluss nehmen kann. Nach Auffassung der Vergabekammer Niedersachsen nimmt der Betreiber eines Übertragungsnetzes für Strom, dessen Recht zu keinem Zeitpunkt jemals dem öffentlichen und transparenten Wettbewerb ausgesetzt gewesen ist, ein besonderes oder ausschließliches Recht in Anspruch. Er ist daher öffentlicher Sektorenauftraggeber. Die dauerhaft lenkende und fördernde Duldung eines bestehenden Oligopols steht der staatlichen Gewährung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift inhaltlich gleich.

Das Energiewirtschaftsgesetz 1998 hat den Netzbetrieb rechtlich für Wettbewerbsteilnehmer geöffnet. Diese rechtliche Öffnung des Netzbetriebs hat langfristig nicht zu einer tatsächlichen Marktöffnung geführt. Der Markt ist daher trotz der rechtlichen Öffnung und der Entflechtungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 26.11.2008 verschlossen geblieben.

Dieses Oligopol ist nicht gemäß Art. 4 Abs. 3 der bereits in Vorwirkung anzuwendenden RL 2014/25/EU durch einen transparenten Erwerbsvorgang dem Wettbewerb unterstellt worden. Ein Oligopol stellt kein zur Anwendung des Sektorenrechts führendes Wettbewerbshindernis mehr dar, wenn es durch einen öffentlich bekannt gegebenen und inhaltlich transparenten Erwerbsvorgang dem Wettbewerb unterstellt worden ist. Die Antragsgegnerin hat zwar die Entflechtungsentscheidung der EU-Kommission umgesetzt, die Voraussetzungen eines öffentlich bekannt gegebenen und transparenten Erwerbsvorgangs aber nicht darlegen können.

Die Antragsgegnerin ist für dieses Projekt, das der Ableitung von EEG-Strom dient, nicht durch eine Bereichsausnahme von der Anwendung des Sektorenrechts befreit. Nach Art. 30 der RL 2004/17/EG, künftig Art. 34f der RL 2014/25/EU fallen Aufträge, die die Ausübung einer Tätigkeit im Sinne der Sektorentätigkeit ermöglichen sollen, nicht unter diese Richtlinie, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Die Kommission hat mit Durchführungsbeschluss vom 24.04.2012 (C2012 2426) entschieden (Rdnr. 42 ff.), dass die Voraussetzungen für freien Marktzugang nur bei der Erzeugung konventionellen Stroms gegeben sind. Die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG festgelegte Bedingung, dass eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, ist hinsichtlich der Auftraggeber für die Erzeugung und den Erstabsatz EEG-Stroms in Deutschland nicht erfüllt.

In dem Nachprüfungsverfahren
XXX
gegen
XXX
wegen
Vergabeverfahren Baugutachten für das 380-kV-Leitungsbauprojekt xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden, RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl. Kaufmann Bühne, auf die mündliche Verhandlung vom 11.09.2015 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Höhe der Gebühr wird auf xxxxxx € festgesetzt. Auslagen sind nicht entstanden.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerin notwendig.

Begründung

I.

Die Vergabestelle und Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2015 die Erstellung von Baugrundgutachten für das 380-kV-Leitungsbauprojekt xxxxxx europaweit im Verhandlungsverfahren als Dienstleistungsauftrag gem. Sektorenverordnung (SektVO) ausgeschrieben. Die Leistungen umfassten u. a. Baugrunderkundungen und bodenmechanische Laborversuche zur Erstellung von geotechnischen Gutachten für ca. 110 Standorte. Gem. Abschnitt III.2.3) "Technische Leistungsfähigkeit" der Bekanntmachung sollten von den Bietern als Referenzen Baugrundgutachten von Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen von mindestens 10 km oder vergleichbare Infrastrukturprojekte aus dem Energieversorgungsbereich nachgewiesen werden. Den Auftragswert schätzte die Antragsgegnerin gem. ihres Vergabevermerks vom 03.08.2015 auf xxxxxx € (netto) ein.

Gem. Ziffer II.1.8) der Bekanntmachung war eine losweise Vergabe nicht vorgesehen. Varianten bzw. Alternativangebote waren gem. Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung nicht zulässig. Unter Ziffer VI.4.2) der Bekanntmachung wurde als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren die Vergabekammer Niedersachsen benannt.

Bis zum hierfür vorgesehenen Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge am xxxxxx.2015 stellten 17 Bieter, darunter die Antragstellerin, einen Antrag zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren.

Nachdem die Antragstellerin über das nationale Veröffentlichungsportal "Geonet" Kenntnis von der Ausschreibung erlangt hatte, rügte sie mit anwaltlichen Schreiben vom 15.07.2015 das Vergabeverfahren. Sie beanstandete, dass die Antragsgegnerin den Auftrag als "Dienstleistungsauftrag gem. VOL/VOF" ausgeschrieben habe, obwohl die Antragsgegnerin als Sektorenauftraggeber zur Anwendung der Sektorenrichtlinie verpflichtet wäre und zudem der Schwerpunkt der Leistungen zu 90 % Bauleistungen, insbesondere Bohrungen, seien. Zudem beanstandete sie, dass keine Unterteilung in Teil- oder Fachlose vorgesehen sei, woraus sich eine faktische Wettbewerbsbeschränkung für mittelständische Unternehmen ergeben würde.

Die Antragsgegnerin wies die Rüge mit anwaltlichem Schreiben vom 21.07.2015 zurück. Die EU-Bekanntmachung habe keinerlei Hinweis auf die Anwendung der VOL/A oder der VOF enthalten. Das Verfahren werde nach Maßgabe der Sektorenverordnung durchgeführt. Es handele sich vorliegend auch nicht um eine Bauleistung. Auftragszweck und -gegenstand sowie werkvertraglich geschuldeter Erfolg bliebe jeweils die Erstellung eines Baugrundgutachtens, nicht dagegen die Erstellung eines Bauwerks. Und schließlich stelle die unterbliebene Losbildung auch keine "faktische Wettbewerbsbeschränkung" dar. Bei einer aus fachlicher Sicht gegebenenfalls möglichen Trennung der vertragsgegenständlichen Leistung entstünde dem Auftraggeber ein nicht zumutbares Koordinierungs- und Schnittstellenrisiko, welches den Erfolg des Leitungsprojekts insgesamt gefährden würde. Und darüber hinaus handele es sich bei dem Vorhaben um ein vergleichsweise kleines Projekt, welches von einem Auftragnehmer ggf. im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft geleistet werden könne, was auch die Beteiligung der Antragstellerin am aufgehobenen Vorverfahren gezeigt habe.

Nach der Rügezurückweisung beantragte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 06.08.2015 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Der zu vergebende Auftrag sei europaweit im offenen Vergabeverfahren ausgeschrieben und die Vergabekammer Niedersachsen in der Bekanntmachung gem. § 104 GWB als zuständige Nachprüfstelle benannt worden. Der diesbezügliche Schwellenwert sei bei einem geschätzten Volumen des Auftrages von rd. xxxxxx Euro überschritten. Die Antragstellerin sei auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie sich durch ihren Teilnahmeantrag und ihre rechtzeitig erhobene Rüge aktiv am Verfahren beteiligt und geltend gemacht habe, dass sie bei ordnungsgemäßer Gestaltung der Vergabeunterlagen und Wertungskriterien ein berechtigte Chance auf den Zuschlag habe.

Und schließlich sei die Antragsgegnerin eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 GWB. So habe sie in ihrem Schreiben 21.07.2015 selbst erklärt, dass sie den Auftrag nach der Sektorenverordnung vergebe. Diese Einschätzung sei auch durchaus richtig, auch wenn sie nunmehr anders argumentiere.

Die Antragsgegnerin sei eine von vier Betreibern des Höchstspannungsnetzes in der Bundesrepublik Deutschland. Die jeweiligen "Zuständigkeitsbereiche" seien klar abgegrenzt, in der Weise, dass jeder Übergangsnetzbetreiber als Monopolist ein abgegrenztes Gebiet betreue.

Würde man der nunmehrigen Rechtsauffassung der Antragsgegnerin folgen, würde das bedeuten, dass ein faktischer Monopolist, der elementare Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Bevölkerung wahrnehme, dann jegliche Bauleistungen einfach sozusagen im vergaberechtsfreien Raum nach Gutdünken vergeben könne. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass es sich hierbei nicht um Kleinbaumaßnahmen handele, sondern mindestens um mehrstellige Millionenbeträge. Dagegen müsse jede kleine Gemeinde oder jedes kleine Kommunalunternehmen, das in gleicher Weise als faktischer Monopolist beispielsweise die Strom- oder Wasserversorgung in einem Gemeindegebiet betreibe und eine neue Leitung bauen möchte, diese Leistung selbstverständlich nach formellen Vergabeverfahren - hier wiederum nach der Sektorenverordnung - ausschreiben.

Was die Frage der Befreiung vom Vergaberecht angehe, habe sich auch das Bundeskartellamt in seinem Abschlussbericht der Sektorenuntersuchung Stromerzeugungs- und Großhandel vom Januar 2011 bereits positioniert. Das Bundeskartellamt komme zu dem Schluss, dass für die Erzeugung von Strom und den Stromhandel eine Ausnahme vom Vergaberecht als denkbar hinzunehmen sei, nicht aber für den hier einschlägigen Stromtransport.

Dieses Ergebnis finde sich auch auf Ebene der Europäischen Union wieder, wie sich aus dem Durchführungsbeschluss der Kommission vom 24.04.2012 (C(2012) 2426) ergebe. Die Kommission diskutiere in ihrem Beschluss dabei hinsichtlich der Stromerzeugung und -vermarktung allein auf Basis der faktischen Marktsituation, nicht hinsichtlich der Frage zugrunde liegender Rechte. Dabei stelle die Kommission entscheidend darauf ab, dass aufgrund der Zahl der Anbieter keine Monopolsituation bestehe, sondern die Erzeugung von Strom in Deutschland "unmittelbar dem Wettbewerb" ausgesetzt sei. Genau das sei vorliegend nicht so: Der Bau der Höchstspannungsleitungen "xxxxxx", zu dem der streitgegenständliche Auftrag gehöre, werde von der Antragsgegnerin von vornherein ohne jeglichen Wettbewerber durchgeführt - es gebe kein Unternehmen und keine andere Stelle, die eine derartige Aufgabe inklusive der Finanzierung stemmen könne. Darüber hinaus gebe es faktisch keine Wettbewerbssituation.

Der Antrag sei auch begründet. So habe die Antragsgegnerin das Leistungspaket als "öffentliche Ausschreibung Dienstleistungsauftrag (VOL/VOF)" ausgeschrieben. Zum einen schlössen sich VOL und VOF wechselseitig aus, so dass die kumulative Nennung beider Normen vergabefehlerhaft sei. Im Weiteren handele es sich bei den Baugrunduntersuchungen auch nicht um einen Dienstleistungsauftrag. Eine Baugrunduntersuchung bedürfe zunächst umfangreicher Bohrarbeiten. Bei diesen handele es sich um Bauleistungen, die im Ergebnis vom Gesamtauftrag einen Anteil von 90 % einnehmen würden. Nur rd. 10 % des Auftragsvolumens entfielen auf Ingenieurleistungen und damit auf Dienstleistungen bzw. freiberufliche Leistungen, so dass der überwiegende Schwerpunkt im Bereich der Bauleistungen liege. Das OLG Brandenburg mit Beschluss vom 25.05.2010 (Verg W 15/09) und die Vergabekammer Sachsen mit Beschluss vom 18.03.2015 (1/SVK/001-15) hätten diesbezüglich entschieden, dass der rechtliche Charakter eines Auftrages daran zu messen sei, welche schwerpunktmäßige Hauptleistung der künftige Auftragnehmer schulde, dies seien vorliegend Bauleistungen. Die von der Antragsgegnerin als "reine Dienstleistung" ausgeschriebenen Baugrunderkundungsmaßnahmen fänden sich schließlich auch nicht im Anhang 1 der Dienstleistungen zur Sektorenverordnung wieder.

Im Weiteren habe die Antragsgegnerin gegen das Gebot der der losweisen Aufteilung des Auftrages verstoßen. Bei der Erstellung von geotechnischen Gutachten für 110 Standorte handele es sich um ein Leistungspaket von erheblicher Dimension, das in der Bundesrepublik nur von einer Handvoll Bieter wirtschaftlich und technisch gestemmt werden könne. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die nachgefragten Leistungen innerhalb eines engen Zeitfensters abzuarbeiten seien. § 97 Abs. 3 GWB gebe zwingend vor, dass mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen seien. Leistungen seien deshalb nach der Menge aufgeteilt nach Teillosen oder getrennt nach Fachgebiet nach Fachlosen zu vergeben. Dies sei ausdrücklich der Regelfall. Nach dem Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 09.05.2014 (VK 1 - 26/14) setze der Verzicht auf eine losweise Vergabe eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange voraus, wobei die überwiegenden Gründe für eine Gesamtvergabe sprechen müssten. Vorliegend sei kein sachlich rechtfertigender Grund ersichtlich, warum ein derart großes Paket von Leistungen vergeben werden müsse. Es wäre der Antragsgegnerin problemlos möglich gewesen, die Leistung in Fach- oder Teillose aufzugliedern.

Soweit sich die Antragsgegnerin in ihrer Rügeerwiderung in diesem Zusammenhang auf "ein erhöhtes, dem Auftraggeber nicht zuzumutendes Koordinierungs- und Schnittstellenrisiko, welches den Erfolg des Leitungsbauprojekts xxxxxx insgesamt gefährden würde" berufe, übersehe sie, dass nach dem Beschluss des OLG Koblenz vom 30.03.2012 (1 Verg 2/11) Auftraggeber Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden seien, wie etwa einen gesteigerten Koordinationsaufwand an den entstehenden Schnittstellen, grundsätzlich hinzunehmen hätten.

Im vorliegenden Fall gewinne die Aufteilung in Fachlose darüber hinaus eine Bedeutung, indem die auszuführenden Leistungen zu 90 % Bauleistungen und keine Dienstleistungen seien. An dem Vergabeverfahren beteiligt seien im Wesentlichen aber Ingenieurbüros. Dies würde bedeuten, dass die Leistung an ein Ingenieurbüro vergeben werde und dieses dann 90 % der Arbeiten nicht einmal im eigenen Betrieb ausführen könne, sondern an Nachunternehmer delegieren müsse. Die Antragstellerin benennt konkrete Projekte, bei denen die Auftraggeber für geotechnische Untersuchungen Fachlose vergeben haben.

Schließlich werde der Bieterkreis vorliegend unnötig weiter eingeschränkt, indem von den Bietern als Referenz Baugrunduntersuchungen von Hoch- und Höchstspannungsleitungen von mindestens 10 km oder vergleichbare Infrastrukturprojekte aus dem Energieversorgungsbereich nachzuweisen seien. Baugrundgutachten über eine derartig lange Distanz einer Höchstspannungsleitung, die bekanntlich nicht häufig gebaut werden würde, könnten wiederum nur von einigen wenigen Bietern, nicht jedoch von mittelständischen Unternehmen nachgewiesen werden. Es gäbe vorliegend keinen sachlichen oder fachlichen rechtfertigenden Grund, der es erforderlich machen würde, eine Referenz dieses Umfanges zu fordern.

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren in das Stadium vor der Bekanntgabe zurückzuversetzen und ihre Vergabeunterlagen dahin gehend abzuändern, dass die zu vergebende Leistung unter Beachtung der Verpflichtung zur Berücksichtigung mittelständischer Interessen in geeigneter Weise in Teil- und Fachlose aufgeteilt wird.

  2. 2.

    Hilfsweise ist das Vergabeverfahren aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die streitgegenständlichen Leistungen in ordnungsgemäßer Form unter Beachtung der hier gerügten Punkte neu auszuschreiben.

  3. 3.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu tragen.

  5. 5.

    Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung der Unterfertigenden als Verfahrensbevollmächtigte notwendig war.

Darüber hinaus wird beantragt,

die Vergabeakten der Antragsgegnerin beizuziehen und der Antragstellerin Akteneinsicht gem. § 111 GWB in die Vergabeakten der Antragsgegnerin zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin notwendig war.

  3. 3.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Der persönliche Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB sei vorliegend nicht eröffnet. Die Antragsgegnerin sei eine juristische Person des privaten Rechts. Ihre Anteile würden zu 100 % über verschiedene Gesellschaften der xxxxxx-Gruppe von der xxxxxx gehalten. Die xxxxxx halte wiederum 90 % der Geschäftsanteile der xxxxxx. Alleiniger Gesellschafter der xxxxxx sei wiederum der EU-Staat.

Die Antragsgegnerin sei kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 GWB, insbesondere kein Sektorenauftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 4 GWB. Nach § 98 Nr. 4 GWB seien öffentliche Auftraggeber natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung tätig seien, wenn diese Tätigkeiten auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt würden, die von einer zuständigen Behörde gewährt worden seien, oder wenn Auftraggeber die unter § 98 Nr. 1 bis 3 GWB fielen, auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben könnten. Besondere oder ausschließliche Rechte seien gem. § 98 Nr. 4 HS. 2 solche, die dazu führen würden, dass die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten werde und die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt würde. § 98 Nr. 4 GWB sei dahingehend auszulegen, dass die drei Voraussetzungen der Verleihung eines besonderen oder ausschließlichen Rechts durch eine staatliche Behörde, die Ausübung der Sektorentätigkeit sei einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten und die Möglichkeit anderer unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben sei erheblich beeinträchtigt, kumulativ vorliegen müssten.

Gem. Erwägungsgrund 25 der Richtlinie 2004/17/EG stelle es kein besonderes oder ausschließliches Recht in diesem Sinne dar, wenn ein Auftraggeber zum Bau eines Netzes Vorteile aus Enteignungsverfahren oder Nutzungsrechten ziehen könne oder Netzeinrichtungen aus, unter oder über dem öffentlichen Wegenetz anbringen dürfe. Demgemäß entspräche es auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur, der sich auch der Vergabesenat des OLG Celle mit Beschluss vom 08.08.2013 (13 Verg 7/13) bereits angeschlossen habe, dass die durch das EnWG verliehenen Möglichkeiten und Rechte, insbesondere der Möglichkeit der Enteignung gem. § 45 EnWG, Gebrauchsrechte am öffentlichen Wegenetz gem. § 46 EnWG oder Wegenutzungsrechte oder das Genehmigungserfordernis nach § 4 EnWG keine besonderen oder ausschließlichen Rechte im Sinne von § 98 Nr. 4 GWB begründen würden.

Auch die zweite Alternative des § 98 Nr. 4 GWB sei nicht erfüllt, da keine Auftraggeber, die unter § 98 Nr. 1 - 3 GWB fallen würden, auf die Antragsgegnerin einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben könnten.

Die Antragsgegnerin sei Übertragungsnetzbetreiberin im Sinne von § 3 Nr. 10 EnWG. Diese seien danach natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbstständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Übertragung von Elektrizität wahrnehmen würden und die verantwortlich seien für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Übertragungsnetzes. Die Stellung als Übertragungsnetzbetreiber folge daher aus der Wahrnehmung der in § 3 Nr. 10 EnWG genannten Aufgaben selbst. Sie werde nicht durch gesonderten behördlichen Akt im Sinne von § 98 Nr. 4 GWB übertragen. Sie habe auch keine ausschließliche Wirkung. Grundsätzlich könne jedermann, der die in § 3 Nr. 10 EnWG genannten Voraussetzungen erfülle, Übertragungsnetzbetreiber sein. Es sei möglich, Dritte in das Netz der Antragsgegnerin für Höchstspannungsleitungen bzw. den Netzverbund einzubinden.

Überdies habe die Antragsgegnerin das Netz in einem transparenten, diskriminierungsfreien und mit dem gemeinsamen Markt vereinbaren Verfahren erworben.

Da der persönliche Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB vor diesem Hintergrund nicht eröffnet sei, müsse der Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückgewiesen werden. Darüber hinaus sei der Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, soweit die Antragstellerin Art und Umfang der mit der Bekanntmachung von der Antragsgegnerin geforderten Referenzen beanstande. Entgegen ihrem Vortrag in der Antragsschrift habe sie diesen Punkt in ihrer Rügeschrift vom 15.07.2015 nicht gerügt. Die Antragstellerin sei insoweit nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB mit ihrem Vorbringen präkludiert.

Der Nachprüfungsantrag sei auch unbegründet. Anders als von der Antragstellerin dargestellt handele es sich bei dem Auftrag auch nicht um einen Bauauftrag, sondern um einen Dienstleistungsauftrag. Die Antragsgegnerin führe, ohne dazu verpflichtet zu sein, hierzu ein Vergabeverfahren nach der Sektorenverordnung durch. Für die Bekanntmachung habe sie das hierfür nach § 16 Abs. 1 SektVO vorgesehene Standardformular verwendet.

Auftragsgegenstand seien Baugrunduntersuchungen und gutachterliche Tätigkeiten. Dabei handele es sich um Dienstleistungen nach der CPV-Nomenklatur der Verordnung (EG) Nr. 213/2008, namentlich um solche nach den CPV-Codes 7131900 (gutachterliche Tätigkeit) und 71351500 (Bodenuntersuchungen). Dies seien Dienstleistungen nach Kategorie 12, Anhang 1 zur Sektorenverordnung.

Der Auftrag sei selbst dann als Dienstleistungsauftrag zu qualifizieren, wenn man einen wertmäßigen Anteil von 90 % Bohrleistungen und lediglich 10 % Ingenieurleistungen unterstelle. Werkvertraglich geschuldeter Erfolg sei die Erstellung von Baugrunduntersuchungen. Die zur Erstellung dieser Gutachten erforderlichen Bohrleistungen seien kein Selbstzweck, sondern eine zur Herstellung des jeweils geschuldeten Werks notwendige Nebenleistung.

Im Weiteren habe die Antragsgegnerin auch nicht gegen das Losaufteilungsgebot aus § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB verstoßen. Bei einer aus fachlicher Sicht denkbaren Aufteilung der Leitung in Fachlose bestünde ein deutlich erhöhtes Koordinierungs- und Schnittstellenrisiko, welches über den Koordinierungsaufwand, der im Interesse der Mittelstandsförderung gem. § 97 Abs. 3 GWB grundsätzlich hinzunehmen sei, weit hinausgehe. Es drohe eine Zersplitterung des Auftrages mit der Folge, dass die Antragsgegnerin nur noch mit unverhältnismäßigem Aufwand eine einheitliche Gesamtleistung sicherstellen könne und die Geltendmachung von eventuellen Gewährleistungsansprüchen unverhältnismäßig erschweren würde. Die Zahl der zu erstellenden Gutachten begründe für die Antragsgegnerin für sich betrachtet bereits einen erheblichen Überwachungsaufwand, der sich bei der Aufteilung in Fachlose nochmals deutlich erhöhen würde.

Die Antragsgegnerin habe sich deshalb nach einer in ihrem Vergabevermerk dokumentierten Abwägung der mittelständischen Belange mit der Pflicht zur Vergabe nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vergaberechtsfehlerfrei dafür entschieden, die auftragsgegenständlichen Leistungen aus einer Hand zu beziehen.

Zudem habe der Auftrag im Rahmen aller Leitungsbauprojekte der Antragsgegnerin mit einem geschätzten Auftragswert von ca. xxxxxx Euro ein vergleichsweise geringes Volumen, welches nach den Erfahrungen der Antragsgegnerin mit bereits abgeschlossenen Vergabeverfahren auch von mittelständischen Unternehmen geleistet werden könne.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Vergabeakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragsgegnerin vergibt einen Auftrag auf dem Gebiet der Energieversorgung. Sie ist mit diesem Auftrag öffentliche Auftraggeberin, weil eine Gebietskörperschaft auf sie einen beherrschenden Einfluss nehmen kann (nachfolgend zu 1d). Zudem neigt die Vergabekammer zu der Auffassung, dass die Antragsgegnerin als Betreiberin eines Übertragungsnetzes, das zu keinem Zeitpunkt jemals dem öffentlichen und transparenten Wettbewerb ausgesetzt gewesen ist, ein besonderes oder ausschließliches Recht in Anspruch nimmt, auch daher öffentliche Sektorenauftraggeberin ist (nachfolgend zu 1c). Allerdings kann sich die Antragstellerin als interdisziplinäre Bietergemeinschaft nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragsgegnerin zur Bildung von Fachlosen verpflichtet gewesen wäre. Weder ist der erforderliche Teilmarkt erkennbar, noch beeinträchtigt eine interdisziplinäre Vergabe die für diesen Auftrag gebildete und entsprechend breit gebildete Bietergemeinschaft. Allenfalls einzelne Mitglieder der Bietergemeinschaft könnten eine Fachlosvergabe einfordern (nachfolgend zu 2a). Auch zu einer Teillosvergabe war die Antragsgegnerin angesichts des geringen Auftragsvolumens nicht verpflichtet (nachfolgend zu 2b).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragsgegnerin ist insbesondere öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 GWB.

a. Allerdings ist die Antragsgegnerin weder unmittelbar Gebietskörperschaft nach § 98 Nr. 1 GWB, noch deren Sondervermögen, da eine GmbH, auch wenn sie vollständig im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, nicht unter die meist landesrechtliche Definition des Sondervermögens (§ 130 NKomVG, Art. 88 GO Bayern, § 3 Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt, SIWA Errichtungsgesetz Berlin) fällt. Sondervermögen einer Gebietskörperschaft sind rechtlich unselbstständige, aber organisatorisch selbstständig handelnde und meist auch mit einem eigenen (Unter)-Haushalt versehene Organisationseinheiten von Gebietskörperschaften. Sie unterscheiden sich von der selbstständigen GmbH unter anderem durch die fehlende eigene Insolvenzfähigkeit.

b. Die Antragsgegnerin ist auch keine öffentliche Auftraggeberin gemäß § 98 Nr. 2 GWB. Sie ist eine juristische Person des privaten Rechts mit Sitz in Deutschland, die von einer Gebietskörperschaft, nämlich EU-Staat durch deren 100-prozentige Beteiligung überwiegend finanziert wird. Jedoch ist die Antragsgegnerin wegen ihrer xxxxxx Inhaberschaft nicht mit dem Ziel gegründet worden, im spezifischen deutschen Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Die Vergabekammer geht davon aus, dass es sich bei dem EU-Staat um eine Gebietskörperschaft handelt. Der Begriff der Gebietskörperschaft ist kein spezifisch deutscher Begriff. Der Begriff wird in Art 2 Abs. 1 a) der Richtlinie 2004/17/EG erwähnt und in Art 3 Nr. 2 der RL 2014/25/EU in umfassender Weise definiert. Gebietskörperschaften werden durch das Gebiet definiert und sind unabhängig vom Wechsel ihrer Mitglieder. Die Mitgliedschaft einer Person zu einer Gebietskörperschaft ergibt sich nicht durch freiwilligen Beitritt, sondern kraft Gesetz, hier dem xxxxxx Staatsangehörigkeitsrecht. Der Begriff der Gebietskörperschaft aus § 98 Nr. 2 GWB ist daher nicht auf deutsche Gebietskörperschaften zu beschränken. Bei der Anwendung einer europarechtlichen und daher europaweit gültigen Norm, die dazu dienen soll, einen grenzüberschreitenden Wettbewerb nach einheitlichen Kriterien zu ermöglichen, erscheint es nicht angemessen, einen darin verwendeten Begriff auf ein nationales Verständnis zu begrenzen (unsicher OLG Celle, Beschluss vom 08.08.2013, 13 Verg 7/13).

c. Problematisch ist die in der mündlichen Verhandlung und schriftsätzlich ausführlich erörterte Frage, ob die Antragsgegnerin auch Auftraggeberin gemäß § 98 Nr. 4 Alt. 1 GWB ist. Danach müsste sie ihre Tätigkeit im Sektorenbereich auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben, die staatlich gewährt worden sind.

§ 98 Nr. 4 Satz 1 Halbsatz 2 GWB definiert die besonderen oder ausschließlichen Rechte anhand ihrer Auswirkungen auf den Markt. Besondere oder ausschließliche Rechte führen dazu, dass die Ausübung dieser Tätigkeiten einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Somit begründet jedes Monopol oder Oligopol zunächst ein besonderes oder ausschließliches Recht. Es ist tatbestandlich nicht erforderlich, bei Oligopolen auch nicht möglich, dass der Inhaber des Rechts in den Markt drängende Konkurrenten im Klagewege auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann.

Ein solches Oligopol des Rechtsvorgängers der Antragsgegnerin hat die Europäische Kommission in ihrer Entflechtungsentscheidung vom 26.11.2008 festgestellt, mit der die Vorgängerin der Antragsgegnerin verpflichtet wurde, ihr Netz zu veräußern (Rdnr. 57). Nach Rdnr. 48 der Entscheidung hatte xxxxxx als Übertragungsnetzbetreiberin ein Nachfragemonopol im Bereich der Sekundärregelenergie im Netz der xxxxxx. Daher sieht die Vergabekammer ein Oligopol der Betreiber von Übertragungsnetzen in Deutschland, an dem die Antragsgegnerin in Verbindung mit den anderen drei Übertragungsnetzbetreibern beteiligt ist.

Die Antragsgegnerin betreibt auf 40 % der Grundfläche der Bundesrepublik Deutschland ein Übertragungsnetz für Strom in Form eines Höchstspannungsnetzes, mit dem sie Industrie und Endverbraucher in Deutschland mit Strom versorgt. In Deutschland gibt es insgesamt vier Übertragungsnetzbetreiber. Diese haben das von Ihnen zu versorgende Gebiet untereinander aufgeteilt. Es ist kein anderer Netzbetreiber erkennbar, der auf dieser Fläche bereit oder technisch in der Lage wäre, ein Übertragungsnetz zu errichten, zu betreiben und es an das vorhandene Stromnetz der vier aktuellen Übertragungsnetzbetreiber anzubinden. Die Frage an die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung, wie sie sich verhalten würde, wenn ein neuer Übertragungsnetzbetreiber die hier streitbefangene isolierte Strecke errichten und zur Nutzung anbieten würde, hat sie als hypothetisch zurückgewiesen.

Durch die Größe der Betriebsnetze, bei der Antragsgegnerin ca. xxxxxx km2 ist eine verfestigte Marktposition entstanden, die so lange nicht verändert werden kann, solange die vier miteinander die Versorgung Deutschlands mit Übertragungsnetzen gewährleistenden Anbieter die vorgefundenen Gebietsgrenzen einhalten. Das erhebliche Investitionsvolumen in Verbindung mit dem langwierigen bis undurchführbaren Errichtungsverfahren verhindert den Marktzutritt neuer Wettbewerbsteilnehmer. Für einen Wettbewerb unter den derzeitigen Übertragungsnetzbetreibern um Netzstrecken gibt es keinen Anhaltspunkt. Die von der Antragsgegnerin angeführte Querverbindungsleitung zwischen dem Bereich "xxxxxx" nach "xxxxxx" stellt keine Ausnahme dar, da es sich nach einer unwiderlegten Darstellung aus der mündlichen Verhandlung lediglich um ein Verbindungsnetz zwischen den beiden Netzgebieten zum Ausgleich von Stromüberschüssen handelt, welches nicht zur Aufgabe hat, die vollzogene Aufteilung der Netzgebiet infrage zu stellen oder einem Wettbewerb auszusetzen. Auch dass der zweite Bauabschnitt der hier streitgegenständlichen Leitung von xxxxxx ausgeführt wird, widerspricht nicht der Gebietsaufteilung. Zwar befindet sich auch der zweite Bauabschnitt mindestens weit überwiegend im Gebiet der Antragsgegnerin, jedoch soll die vorgesehene Gesamtleitung die Gebiete von xxxxxx und xxxxxx verbinden. Ein Bauen von zwei Seiten mit mehreren Planungsteams ist gerade dann, wenn bundesweit erheblicher Netzbaubedarf mit ungleicher regionaler Verteilung besteht, weder unüblich, noch ein Indiz, dass das kollegiale Miteinander der Netzbetreiber zu einer Konkurrenz geworden sei.

Die Feststellung eines faktischen Oligopols bzw. regionalen Monopols genügt noch nicht, um nach heutiger Rechtslage das Vorliegen eines besonderen oder ausschließlichen Rechtes festzustellen. Gemäß § 98 Nr. 4 GWB müssen die besonderen oder ausschließlichen Rechte zusätzlich von einer zuständigen Behörde gewährt worden sein. Daran fehlt es hier formal.

Wie das OLG Celle (08.08.2013, 13 Verg 7/13) zutreffend angemerkt hat, ist ergänzend zum Wortlaut des § 98 Nr. 4 GWB der Wortlaut der Vergaberichtlinie heranzuziehen, da § 98 GWB die nationale Umsetzung von Europarecht darstellt, somit nicht gegen Europarecht verstoßen darf. Gem. Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG sind" "besondere oder ausschließliche Rechte" im Sinne dieser Richtlinie Rechte, die von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedsstaats mittels Rechts- oder Verwaltungsvorschriften gewährt wurden und dazu führen, dass die Ausübung einer der in den Art. 3 - 7 genannten Tätigkeiten einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird, und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Somit weicht § 98 Nr. 4 GWB nicht vom Wortlaut der Richtlinie ab.

Das OLG Celle hat in jenem Beschluss unter Heranziehung der in der Literatur vertretenen Rechtsansichten entschieden, dass sich der Auftraggeber nicht auf ausschließliche Rechte berufen könne, daher kein öffentlicher Auftraggeber sei. Dabei stützt sich das OLG Celle nicht nur auf den eigentlichen Text der EU-Richtlinie, sondern ebenso auf Erwägungsgrund 25 zur Richtlinie 2004/17/EG. Die Vergabekammer hält Erwägungsgrund 25 nicht mehr für relevant, da er in der Richtlinie 2014/25/EU inhaltlich neu gefasst ist. Der Bezug aus Erwägungsgrund 25 zu den Enteignungsverfahren, auf den das OLG Celle seinerzeit seine Entscheidung maßgeblich stützte, entfällt in Richtlinie 2014/25/EU.

Die Vergabekammer sieht sich wegen der vom europäischen Parlament beschlossenen neuen Sektorenrichtlinie 2014/25/EU gehalten, die geltende EU Richtlinie 2004/17/EG so anzuwenden, dass kein Widerspruch zur Richtlinie 2014/25/EU entsteht. Zwar haben die Nationalstaaten zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer noch gut ein halbes Jahr Zeit, die Regelungen der EU Richtlinie 2014/25/EU in nationales Recht umzusetzen. Jedoch sieht die Vergabekammer die vom EuGH und BGH gelegentlich anderer Fälle entschiedene inhaltliche Vorwirkung der neuen Richtlinie 2014/25/EU auf die Entscheidungspraxis der Verwaltungen und der Justiz. Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-129/96, Urteil vom 18.12.1997, Inter-Environnement Wallonie Rz. 45) darf der Staat innerhalb der Umsetzungsfrist keine Vorschriften erlassen, die geeignet sind, das Ziel der Richtlinie ernsthaft in Frage zu stellen (vgl. BVerwGE 107, S. 1 ff., S. 22); Ebenso hat der BGH (BGHZ 138, S. 55) für die Rechtsanwendung entschieden: Der BGH ist an einer richtlinienkonformen Auslegung nicht dadurch gehindert, dass die Frist für die Umsetzung der Richtlinie zur vergleichenden Werbung noch nicht abgelaufen ist. Lässt sich Richtlinienkonformität mittels einfacher Auslegung im nationalen Recht herstellen, so ist der Richter jedenfalls nach deutschem Rechtsverständnis befugt, sein bisheriges Auslegungsergebnis zu korrigieren und den geänderten rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Die Vergabekammer ist daher verpflichtet, die geltende Richtlinie 2004/17/EG so anzuwenden, dass kein inhaltlicher Widerspruch zur nationalen Umsetzung der kommenden Richtlinie 2014/25/EU auftritt. Sie wendet daher Erwägungsgrund 25 der alten Richtlinie so an, dass kein Widerspruch zur neuen RL 2014/25/EU und dementsprechend zu Erwägungsgrund 20 der kommenden Richtlinie auftritt.

Art 4 Abs. 3 der RL 2014/25/EU legt fest: Im Sinne dieses Artikels sind "besondere oder ausschließliche Rechte" Rechte, die eine zuständige Behörde eines Mitgliedstaats im Wege einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift gewährt hat, um die Ausübung von in den Artikeln 8 bis 14 aufgeführten Tätigkeiten auf eine oder mehrere Stellen zu beschränken, wodurch die Möglichkeit anderer Stellen zur Ausübung dieser Tätigkeit wesentlich eingeschränkt wird. Die RL 2014/25/EU enthält somit eine den Vorgängerrichtlinien bis zu Art 2 Abs. 3 der Richtlinie 90/531/EWG zurückreichende vergleichbare Regelung zu den Oligopolen und Monopolen aufgrund staatlicher Gewährung. Die Vergabekammer folgt daher nicht der von der Antragsgegnerin unter Berufung auf Schröder (NZBau 2012, 541) vertretenen These, es habe eine inhaltliche Änderung auf EU-Ebene gegeben. Tatsächlich wurden nur die erläuternden Beispielsfälle in den Regelwerken verändert.

Das vorgefundene Oligopol beruht nicht auf einer ausdrücklichen hoheitlichen Gewährung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift.

Eine Gewährung von Versorgungsgebieten für Übertragungsnetzbetreiber kennt das aktuelle EnWG nicht. Der Betreiber des Übertragungsnetzes hat zwar besondere Befugnisse wie die der Netzanpassung gemäß § 13 Abs. 2 EnWG. Diese besonderen Befugnisse beruhen auf einer staatlichen Gewährung, allerdings umfasst die Gewährung nicht die Position als Übertragungsnetzbetreiber, sondern setzt diese Eigenschaft bereits als gegeben voraus. Auch der Begriff des Übertragungsnetzbetreibers in § 3 Nr. 10 EnWG ist an eine bereits bestehende gebietsbezogene tatsächliche Sachherrschaft gebunden. Die dem Netzbetreiber auferlegten Pflichten im Zusammenhang mit dem Regelverbund haben gleichfalls keinen Bezug zu einer staatlichen Gewährung, knüpfen vielmehr an die bereits bestehende Stellung als Netzbetreiber an.

Wie die Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Begriff des Übertragungsnetzbetreibers um eine Eigenschaft aufgrund faktischer Ausübung. Da der Titel nicht staatlich gewährt oder verliehen wird, wird er dem Übertragungsnetzbetreiber auch bei erheblichen Pflichtverstößen nicht aberkannt. Das Energiewirtschaftsgesetz kennt als schwerste Sanktion gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber lediglich die Vorteilsabschöpfung gemäß § 33 EnWG, nicht aber den Entzug des Übertragungsnetzes.

Eine formale staatliche Gewährung ergibt sich nicht aus der historischen Herleitung. Das Übertragungsnetz der Antragsgegnerin wurde ursprünglich vom preußischen Staat gegründet, um eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfüllen. Die Gründung erfolgte nicht in Form einer staatlich strukturierten Verwaltung, sondern als staatliche Beteiligung an einer privaten Aktiengesellschaft. Das Netz auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsens wurde ab 1928 im Wesentlichen von der Preußischen Elektrizitäts AG mit Sitz in Berlin (Preußen Elektra) betrieben.

Zu preußischen Zeiten gab es keine förmliche hoheitliche Gewährung, sondern eine wirtschaftliche Förderung und wirtschaftlich organisierte Lenkung des regional begrenzten Monopols. Das Energiewirtschaftsgesetz vom 13.12.1935 (BGBL Teil III 752) mit dem laut Präambel gesetzgeberischen Ziel, "volkswirtschaftlich schädliche Auswirkungen des Wettbewerbs zu verhindern", kannte zwar bereits in § 6 Versorgungsgebiete von Energieversorgungsunternehmen, traf dazu aber keine ausdrücklich gewährende Aussage. Gemäß § 4 EnWG 1935 mussten die Energieversorgungsunternehmen den Bau von Energieanlagen anzeigen. Die Regierung hatte die Möglichkeit der Beanstandung. Eine Genehmigungspflicht gab es nur für Unternehmen, die noch nicht Energieversorgungsunternehmen waren. Somit war der Marktzutritt erschwert.

Der Staat gewährte mit dieser ersten gesetzlichen Regelung der Energiewirtschaft die besonderen und ausschließlichen Rechte der Energieversorgungsunternehmen nicht, sondern fand sie vor und schützte sie entsprechend dem damaligen gesetzgeberischen Ziel. Die weiteren bedeutenderen Reformen des Energiewirtschaftsrechtes durch das Gesetz zur Änderung energierechtlicher Vorschriften vom 19. Dezember 1977 (BGBl I, Seite 2750; und das Energiewirtschaftsgesetz vom 24.04.1998 (BGBl I, S. 730) enthalten gleichfalls keine staatliche Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte, greifen allerdings auch nicht in die bereits bestehenden Rechte ein. Sie haben auch nicht dazu geführt, dass der bis dahin geschlossene Markt geöffnet wurde. Das Bundeskartellamt führt in seiner Sektorenuntersuchung Stromerzeugung und -großhandel vom Januar 2011 auf Seite 37 aus: "Bis zu den ersten Liberalisierungsanstrengungen ab dem Jahre 1998 war der deutsche Strommarkt maßgeblich durch das vorrangige Ziel der Versorgungssicherheit sowie die Anerkennung des gesamten Strommarktes als natürliches Monopol gekennzeichnet".

Dieses "natürliche Monopol" bzw. Oligopol der Übertragungsnetzbetreiber bestand in seinen Auswirkungen auch nach Wegfall der gesetzlichen Privilegierung noch wirtschaftlich stabil fort. Der BGH ging noch im Jahr 2008 von einem bestehenden Oligopol unter Beteiligung der xxxxxx als noch nicht vertikal entkoppelter Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin aus (BGH, Beschluss vom 11. 11. 2008 - KVR 60/07, BGHZ 178, S. 285). Es ist der Vergabekammer nicht erkennbar, dass sich die Marktsituation im Übertragungsnetzbereich seitdem wesentlich geändert hätte.

Die Vergabekammer neigt zu der Auffassung, dass die dauerhaft lenkende und fördernde Duldung eines bestehenden Oligopols der staatlichen Gewährung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift inhaltlich gleichsteht. Die Gewährung besonderer Rechte ist nicht ausschließlich auf hoheitliches Handeln beschränkt, sondern kann gleichermaßen durch vertragliches Handeln gemäß § 54 ff. VwVfG oder in anderer geeigneter Weise durch wirtschaftslenkende Maßnahmen erfolgen (Diehr in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberechtkommentar, 3. Auflage 2011, § 98, Rdnr. 113; Pünder in Pünder/Schellenberg, 1. Auflage, § 98, Rdnr. 82; Schröder, NZBau 2012, 541). Es ist nicht zu beanstanden, sondern volkswirtschaftlich sinnvoll, wenn der Staat wichtige und aufwändige Vorhaben der Infrastruktur nicht im Wettbewerb, also teilweise doppelt errichtet wissen will. Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 12.12.2012 - VI-3 Kart 137/12) hat in einer jüngeren Entscheidung (nachfolgend BGH, NVwZ 2014, S. 1600) darauf hingewiesen, dass eine Zersplitterung des bestehenden Mittelspannungsnetzes aufgrund der notwendigen Entflechtung mit erheblichen Folgekosten einhergehe, was wiederum dem Ziel des EnWG, eine möglichst preisgünstige Versorgung der Allgemeinheit sicherzustellen, widerspreche. Das gilt entsprechend für das von der Antragsgegnerin betriebene Höchstspannungsnetz.

Es gibt nur ein hoheitlich verwaltetes Netz der Autobahnen und Bundesstraßen, es gibt nur ein in privater Rechtsform betriebenes Schienennetz für den Fernverkehr, und auch in der örtlichen leitungsgebundenen Versorgung gibt es jeweils nur einen regionalen Anbieter des Netzes. Im Fall der DB Netz AG ist anerkannt, dass sie trotz ihrer privaten Rechtsform ein öffentlicher Auftraggeber ist (Diehr in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberechtkommentar, 3. Auflage 2011, § 98, Rdnr. 87). Das gilt ebenso für die kommunalen oder regionalen Betreiber von Versorgungsnetzen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05. 2008 - Verg 19/08, NZBau 2009, 67 [OLG Düsseldorf 21.05.2008 - VII-Verg 19/08]). Das kann die Vergabekammer für den diesen Versorgungsnetzbetreibern vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber nicht anders entscheiden.

Wettbewerb findet sinnvollerweise nicht zwischen parallel errichteten Netzen statt, sondern im Netz. Der Wettbewerb wird durch Durchleitungsrechte und Regelungen zur Höhe der Durchleitungsentgelte gesichert. Die Gegenleistung für die mit der Einräumung des begrenzten Monopols/Oligopols verbundenen besonderen Rechte besteht vergaberechtlich in der Verpflichtung, nach der Sektorenverordnung zu vergeben. Deren Vorschriften hat die Antragsgegnerin sei es aus Unsicherheit, sei es aus dem Gefühl heraus, der Sektorenverordnung zu unterfallen in ihrem Vergabeverfahren tatsächlich durch die Verwendung der einschlägigen Vordrucke und durch die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens bereits angewandt.

§ 4 EnWG eröffnet seit der Reform von 1998 mit dem Anspruch auf die Netzbetriebsgenehmigung theoretisch jedem den Weg zum Netzbetrieb, der die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, um den Netzbetrieb entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzes auf Dauer zu gewährleisten. Diese rechtliche Öffnung des Netzbetriebs hat aber angesichts der erheblichen Investitionserfordernisse, der durchaus anspruchsvollen, im Umfang sachlich gerechtfertigten Anforderungen an den von Anfang an vorzuhaltenden Kenntnisstand des künftigen Netzbetreibers, aber auch aufgrund der festgefügten Netzbetreiberstrukturen langfristig nicht zu einer Marktöffnung geführt. Die Möglichkeit der Errichtung von Teilnetzstrecken durch Dritte ist vielmehr eine theoretische Option geblieben. Die von Schröder (NZBau 2012, 542) geforderte Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse, ob und wie viele Unternehmen an der Ausübung einer bestimmten Sektorentätigkeit Interesse zeigen können, ergibt, dass empirisch kein Interesse Dritter am Übertragungsnetzbetrieb feststellbar ist, der Markt daher trotz der rechtlichen Öffnung und der Entflechtungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 26.11.2008 verschlossen geblieben ist. Die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, ist erheblich beeinträchtigt.

Die RL 2014/25/EU enthält in Art 4 Abs. 3 als wesentliche Neuerung gegenüber der älteren Textfassung einen zugunsten der Antragsgegnerin wirkenden Satz 2, wonach Monopole oder Oligopole ihre wettbewerbsbeschränkende Wirkung verlieren, wenn sie einmal dem Markt in einem öffentlichen und transparenten Verfahren zur Verfügung gestanden haben. Die Erwägung Nr. 20 der Richtlinie 2014/24/EU wiederholt dies.

Das faktische und historisch begründete Oligopol der Antragsgegnerin stellt somit selbst dann kein zur Anwendung des Sektorenrechts führendes Wettbewerbshindernis mehr dar, wenn es in einer staatlicher Gewährung gleichstehenden Weise eingeräumt worden ist, aber durch einen öffentlich bekannt gegebenen und inhaltlich transparenten Erwerbsvorgang "gereinigt" worden ist. Die Antragsgegnerin beruft sich auf die Genehmigung des Erwerbsgeschäfts durch die Europäische Kommission vom 04.02.2010 (2010, D1369). Die Entscheidung erging aufgrund der EG-Fusionskontrollverordnung (Verordnung Nr. 139/2004 des Rats). Darin erklärt die Europäische Kommission, dem ihr angezeigten Erwerbsvorgang nicht zu widersprechen und erklärt ihn für vereinbar mit den Grundsätzen des gemeinsamen Markts. Das ist kein unmittelbarer Beleg für eine öffentliche Bekanntmachung. Erwägungsgrund 42 der VO 139/2004 bezieht sich nicht auf den Erwerbsvorgang, sondern auf die Entscheidung der Kommission. Die Anhörung nach Art 18 Abs. 4 der VO erfüllt nicht die Voraussetzung der allgemeinen Publizität. Somit hat die Antragsgegnerin weder die Publizität, noch die Transparenz zu belegen vermocht. Das aufrecht erhaltene Oligopol ist folglich nicht durch den Erwerbsvorgang gereinigt.

d. Auf die verbindliche Entscheidung dieser Fragen kommt es hier aber nicht an. Denn die Antragsgegnerin ist Auftraggeberin gemäß § 98 Nr. 4 Alt. 2 GWB. Liegen die Voraussetzungen der 2. Alternative vor, bedarf es nicht zusätzlich der Feststellung besonderer oder ausschließlicher Rechte (Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 3. Auflage 2014, § 98 GWB, Rdnr. 292). Die Antragsgegnerin ist eine juristische Person des privaten Rechts, die mit dem konkret zu vergebenden Auftrag auf dem Gebiet der Energieversorgung im Sinne der Anlage zu § 98 GWB tätig ist. Der hier streitige Auftrag dient der Erstellung einer Stromleitung im Höchstspannungsnetz zur Ableitung von EEG Strom in Form von Offshore Windstrom.

Die weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 98 Nr. 4 Alt. 2 GWB, dass Auftraggeber, die unter Nr. 1 - 3 fallen, auf diese Person einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können, ist ebenfalls erfüllt. Da der EU-Staat Alleineigentümerin der Antragsgegnerin ist, kann diese Gebietskörperschaft (vgl. oben Ziffer b.) auf die Antragsgegnerin einen beherrschenden Einfluss ausüben. Auf den konkreten allgemeinen oder gar einzelfallbezogenen Nachweis kommt es angesichts der abstrakten Fassung des Tatbestands "ausüben können" nicht an. Einen in der Literatur als schwierig aber immerhin möglich beschriebenen Versuch, die Beherrschungsvermutung zu widerlegen (vgl. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 3. Auflage 2014, § 98 GWB, Rdnr. 296) hat die Antragsgegnerin nicht unternommen.

e. Da die Anlage der Ableitung von EEG Strom dienen soll, ist die Antragsgegnerin als Sektorenauftraggeberin für die Errichtung dieses Übertragungsnetzes nicht durch eine Bereichsausnahme von der Anwendung des Sektorenrechts befreit. Nach Art 30 der RL 2004/17/EG, künftig Art 34f der RL 2014/25/EU fallen Aufträge, die die Ausübung einer Tätigkeit im Sinne der Artikel 3 bis 7 (Sektorentätigkeit) ermöglichen sollen, nicht unter diese Richtlinie, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Die Kommission hat mit Durchführungsbeschluss vom 24.04.2012 (C2012 2426) entschieden (Rdnr.42 ff.), dass die Richtlinie 2004/17/EG weder gelten solle, wenn Auftraggeber Aufträge vergeben, die die Erzeugung und den Großhandel konventionellen Stroms in Deutschland ermöglichen sollen, noch wenn sie Wettbewerbe für die Ausübung einer solchen Tätigkeit in diesem geografischen Bereich durchführen. Allerdings sollte davon ausgegangen werden, dass die in Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG festgelegte Bedingung, dass eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, hinsichtlich der Auftraggeber für die Erzeugung und den Erstabsatz EEG-Stroms in Deutschland nicht erfüllt ist. Aufträge, die mehrere Tätigkeiten betreffen, seien gemäß Artikel 9 der Richtlinie 2004/17/EG zu behandeln.

Bei der Erzeugung und beim Großhandel konventionellen Stroms besteht also freier Zugang zum Markt. Bei der Erzeugung und Erstabsetzung von EEG Strom ist die in Artikel 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG festgelegte Bedingung, dass eine Tätigkeit dem Wettbewerb ausgesetzt ist, nicht erfüllt. Bei Anlagen, die beiden Zwecken dienen ist Richtlinie 2004/17/EU anzuwenden, wenn der Hauptzweck des Projektes dem EEG Strom dient. Lässt sich der Hauptzweck nicht ermitteln, ist Richtlinie 2004/18/EG anzuwenden. Art. 34 und Art. 35 der RL 2014/25/EU lösen die Problematik mit einem stärker differenzierten Verfahren, im Ergebnis aber ebenso.

Die Vergabekammer hat auf Anregung der Beteiligten von Amts wegen den Erläuterungsbericht der Antragsgegnerin zum Planfeststellungsverfahren vom 06.12.2010 in elektronischer Fassung beigezogen. Die Antragsgegnerin führt unter Ziffer 5.3 des Erläuterungsberichts aus:

"Durch das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) ist insbesondere im Norden und Osten Deutschlands eine Zunahme EEG privilegierter Einspeiseleistungen zu verzeichnen. Besonders die Region Nordwestdeutschland ist geprägt durch eine starke Einspeisung aus dezentralen Erzeugungseinheiten, vorrangig Windenergieanlagen. Dadurch wird -- insbesondere bei Starkwind -- deutlich mehr Strom erzeugt als vor Ort verbraucht wird. Überschüssige Energiemengen ("Einspeiseüberschüsse'') werden über Mittel- und Hochspannungsnetze in das Höchstspannungsnetz zur großräumigen Verteilung eingespeist ....... Aufgrund des absehbaren massiven Zubaus an regenerativer und thermischer Einspeiseleistung ergibt sich eine zusätzliche Überschussleistung aus der Region in der Größenordnung von mehreren tausend Megawatt. Mit der Leitung xxxxxx besteht die Möglichkeit, die Abtransportkapazität des Übertragungsnetzes der betreffenden Region auf bis zu ca. 10.000 MW zu erhöhen. Nach heutigem Kenntnisstand stellt dieser Wert einerseits eine Untergrenze des zukünftig zu erwartenden Bedarfs, andererseits mittelfristig die Grenze des technisch Machbaren dar."

Folglich wird die Trasse laut Begründung der Antragsgegnerin weit überwiegend gebaut, um die Ableitung von EEG Strom sicherzustellen. Die Bereichsausnahme greift nicht für dieses Projekt.

f. Der hier streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt worden sind. Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer wird nicht dadurch begründet, dass die Antragsgegnerin die Formblätter nach der Sektorenverordnung verwendet hat und auch nicht dadurch, dass die Antragsgegnerin in der von ihr vorgenommenen EU-weiten Bekanntmachung die Vergabekammer als zuständige Nachprüfungsstelle angegeben hat. Die Zuständigkeit bzw. gesetzlich begründete Sachentscheidungskompetenz der Vergabekammer kann nicht vereinbart werden. Vielmehr hat die Vergabekammer einzeln alle Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen und im Beschluss darzulegen. § 1 Abs. 2 Satz 1 der SektVO enthält eine Verweisung auf die europarechtlich festgelegten und angepassten Schwellenwerte, hier die Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13.12.2013. Artikel 1 Absatz 1a und b setzen für Bauaufträge einen Schwellenwert von 5.186.000 €, und für die weiteren Aufträge einen Schwellenwert von 414.000 € fest.

Die Antragsgegnerin plant ein Bauvorhaben und hat den Wert der Maßnahme in ihrem Vergabevermerk auf xxxxxx €, damit deutlich unterhalb der Wertgrenze für Bauaufträge geschätzt. Die Vergabekammer sieht sich dennoch als zuständig an.

Gegenstand des hier streitigen Auftrags ist die einen Bauauftrag vorbereitende Tätigkeit als Gutachter. Die Vergabekammer geht davon aus, dass es sich um einen selbständig zu betrachtenden Dienstleistungsauftrag handelt, bei dem wie bei vorbereitenden Ingenieurleistungen noch kein unmittelbarer Zusammenhang zur beabsichtigten Baumaßnahme besteht. Daher ist der maßgebliche Schwellenwert von 414.000 € überschritten, die Vergabekammer zuständig. Nach Auffassung der Vergabekammer handelt es sich inhaltlich um einen Dienstleistungsauftrag. Die Argumentation der Antragstellerin, dass 90 % der zu erbringenden Leistungen Bohr- und damit Bauleistungen seien, überzeugt hier nicht. Die Einstufung eines typengemischten Vertrags oder Auftrags nach dem finanziell überwiegenden Auftragsanteil ist ein grundsätzlich geeignetes Mittel. Allerdings ist es nur eines von mehreren möglichen Indizien für die Eingruppierung des Auftrags. Hier wäre das gebohrte Loch wertlos gewesen, wenn es nicht zugleich bewertet worden wäre. Aus dem überwiegenden finanziellen Anteil der Bauleitungen lässt sich daher in diesem Fall nicht ableiten, dass die inhaltlich als Gutachten aufgebaute Leistung ein Bauauftrag sei.

Aussagekräftiger ist die Einteilung in Gruppen, Klassen oder CPV-Ziffern gemäß Anhang I zur RL 2014/25/EU (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 35/13). Nach Ziffer 45.12 gehören Test- und Suchbohrungen grundsätzlich zum Baugewerbe. Diese Klasse umfasst: — Test-, Such- und Kernbohrungen für bauliche, geophysikalische, geologische oder ähnliche Zwecke, nicht aber Exploration von Erdöl- und Erdgasfeldern, geophysikalische, geologische und seismische Messungen. Die Vergabekammer neigt zu der Auffassung, dass die Baugrunduntersuchung mit einhergehender Bohrung den Verfahren der geologischen Messung zuzurechnen ist. Der zutreffende Hinweis der Antragsgegnerin auf andere CPV-Nummern mit gutachterlichen Tätigkeitsfeldern bestätigt dies.

Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zur geplanten Baumaßnahme der Errichtung einer ca. 60 km langen Höchstspannungsleitung, so erweist sich die Baugrunduntersuchung nicht als eigener Auftrag, sondern als kleiner Teil einer wesentlich größeren Gesamtbaumaßnahme Diese scheint aber weder derzeit, noch in Zukunft einem formal transparenten und öffentlichen europaweiten Vergabewettbewerb zugeführt zu werden, da die Antragsgegnerin sich nicht als öffentliche Auftraggeberin ansieht. Auch wenn der Vergabekammer für die Gesamtbaumaßnahme keine Kostenschätzung vorliegt, erscheint es der Vergabekammer sicher, dass der Schwellenwert für Bauaufträge durch den Gesamtauftrag überschritten wird. Auf die Ausnahmeregelung gemäß § 2 Abs. 7 Satz 3 SektVO, wonach der Auftraggeber bei Bauaufträgen Lose unterhalb eines geschätzten Wertes von 1 Mio. € vom Vergaberecht ausnehmen kann, wenn die Summe der Werte dieser Lose 20 % des Gesamtwerts aller Lose nicht übersteigt, hat sich die Antragsgegnerin nicht berufen, weil sie sich nicht als öffentliche Auftraggeberin sieht.

g. Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rz. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie sieht sich als mittelständisches Unternehmen durch die unterlassene Aufteilung in Fachlose oder/und Teillose in der Chance, ein zuschlagsfähiges und wettbewerbsfähiges Angebot abzugeben, benachteiligt. Die Antragsgegnerin habe als Sektorenauftraggeber die Sektorenverordnung anzuwenden. Ob sich diese dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, insbesondere ob die Antragstellerin einen drittschützenden Anspruch auf die Losaufteilung hat, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrages (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06 Ziffer 1a).

h. Die Antragstellerin hat die im Rügeschreiben geltend gemachten Vergaberechtsverstöße, darunter auch die unterlassenen Aufteilungen in Fach- und in Teillose rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt.

Die hohen und sehr spezifischen Eignungsanforderungen hat die seinerzeit bereits anwaltlich vertretene Antragstellerin nicht gerügt. Sie sind daher von der Vergabekammer nicht zu vertiefen. Die Darstellung der Antragsgegnerin im nachgelassenen Schriftsatz lässt aber erkennen, dass diese zumindest jetzt und für künftige Verfahren Möglichkeiten erkannt hat, das hohe und sachlich gerechtfertigte Anforderungsprofil für die technische Leistungsfähigkeit nicht projektbezogen auf den Leitungsbau bestimmter Längen und damit wettbewerbsverengend, sondern anhand geeigneter geotechnischer Klassifikationen hier einer Kategorie der DIN 4020, der EN 1997-2 Teil 2 Erkundung und Untersuchung des Baugrunds und der DIN EN 50341 zu bestimmen.

i. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Die Antragstellerin hatte ab der öffentlichen Bekanntmachung nur die Möglichkeit, vom Inhalt der Bekanntmachung Kenntnis zu nehmen. Die Rügefrist des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB beginnt jedoch erst mit positiver Kenntnis.

Es gibt keine Obliegenheit, Vergabebekanntmachungen in regelmäßig in kurzfristigen Abständen durchzusehen. Das gilt auch dann, wenn wie hier die Antragstellerin bereits durch eine zuvor durchgeführte und dann aufgehobene Vergabe, in der sie auch persönlich bereits Rügen erhoben hat, sicherlich mit großer Aufmerksamkeit auf die kommende Bekanntmachung gewartet hat. Für den Zeitpunkt der positiven Kenntnis der Antragstellerin hat nach dem im Vergabenachprüfungsverfahren geltenden eingeschränkten Amtsermittlungsgrundsatzes gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 GWB die Antragsgegnerin als öffentliche Auftraggeberin die Darlegungslast, da es sich um eine Tatsache handelt, auf die sie sich zu ihren Gunsten beruft. Wann die Antragstellerin konkret Kenntnis erhielt ist unklar, konnte von der Antragsgegnerin bisher auch nicht etwa anhand bestimmter Abrufprotokolle der Teilnahmeunterlagen nachgewiesen werden. Darauf kommt es hier aber auch nicht an. Die Antragstellerin hat ihre Rüge binnen 7 Tagen nach der europaweiten Bekanntgabe erhoben. Dies ist nach aktueller Rechtslage selbst dann unverzüglich, wenn sie bereits am 1. Tag der Bekanntmachung Kenntnis von den von ihr gerügten Tatsachen erhalten haben sollte.

Als unverzüglich galt früher grundsätzlich nur ein Zeitraum von ein bis drei Tagen ab Erkennbarkeit (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 3/03; Bechtold, GWB, § 107, Rdnr. 2). Bei Einschaltung eines Anwaltes bzw. Prüfung schwieriger Rechtsfragen wurde die Frist regelmäßig auf eine Woche ausgedehnt (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2011 - 21.VK3194-14/11; OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerg 6/10; OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/2; VK Bund, Beschluss vom 17.01.2008, VK1-152/07). Inzwischen nimmt das OLG München eine Rügefrist von sieben Werktagen an (OLG München, Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13), das OLG Düsseldorf von 11 Tagen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013 - Verg 7/13). Die europäische Kommission ist bei ihrer Überprüfung der deutschen Vorschriften zum Ergebnis gelangt, dass die Unbestimmtheit der Vorschrift die Rechtsmittelrichtlinie und die Gebote der Transparenz, Rechtssicherheit und Nichtdiskriminierung verletze. Sie hat daraufhin im Juli 2013 ein informelles Vorverfahren eingeleitet. Die Bundesrepublik hat zugesagt, im Rahmen der Reform des GWB zur Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien auch die Vorschrift des § 107 GWB an die europarechtlichen Vorgaben anzupassen. Bis zur Anpassung der Rügefrist auf 10 bzw. 15 Kalendertage dürfte, obgleich die Umsetzungsfrist der neuen EU-Vergaberichtlinien bis zum 17.04.2016 läuft, die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB wegen der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsschutzgarantie nicht mehr abweichend anzuwenden sein, ohne die Frage vorher dem EuGH oder dem BGH vorzulegen (s. dazu auch Werkstattbeitrag von Eydner, ibr-online, vpr 2014, 2673, eingestellt am 08.04.2014; VK Niedersachsen, Beschluss vom 17.04.2014, VgK-9/2014). Der europäischen Kommission folgend legt die Vergabekammer unter Übernahme der Mindestüberlegungsfristen des Art. 2c Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG eine Rügefrist von 10 bzw. 15 Tagen ab Erkennbarkeit zugrunde. Das wird bestätigt durch den Kabinettsentwurf des GWB 2016 Stand 14.08.2015, der in der dem bisherigen § 107 GWB entsprechenden Vorschrift des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB-E von einer Rügefrist von 10 Tagen ausgehen will. Diese Frist hat die Antragstellerin mit ihrer Rüge gewahrt.

2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Bei Anwendung der Sektorenverordnung hat der öffentliche Auftraggeber einen deutlich größeren Spielraum, als bei Anwendung der Vorschriften nach der Vergabeverordnung und der zugehörigen Vergabe und Vertragsordnungen (Haak/Preißinger in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Aufl. 2014, 10. Los, § 6 SektVO, Rdnr. 1f). Die im Jahr 2009 eingeführte Sektorenverordnung bricht mit dem traditionellen deutschen Kaskadensystem aus GWB, VgV und der nachfolgenden Aufteilung in VOL/A, VOB/A und VOF. Die Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnungen sind neben der Sektorenverordnung nicht mehr anwendbar. Auf die von der Antragstellerin gerügte Unterscheidung zwischen VOB/A, VOL/A oder VOF kommt es daher hier nicht an. Soweit die Sektorenverordnung keine Vorschriften für die Auftragsvergabe enthält, gelten die allgemeinen Bestimmungen des GWB im Lichte des EU-Rechtes (Willenbruch in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Aufl., 10. Los Einführung, Rdnr. 1). Wenngleich die Sektorenverordnung zu einer erheblichen Verschlankung der bisher zersplitterten Regelungen geführt hat, stellt sie keinen geschlossenen Regelungskörper dar, sondern ist in enger Verbindung zum GWB zu sehen (Willenbruch, a.a.O., Rn. 2). Im Sektorenbereich hat der Gesetzgeber damit vieles verwirklicht, was Ziel der Vergaberechtsreform 2016 ist.

Gemäß § 6 Sekt VO kann der öffentliche Auftraggeber zwischen offenen Verfahren, nicht offenen Verfahren mit Bekanntmachung und Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung wählen. Auch ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

a. Die Antragstellerin ist nicht durch die unterlassene Aufteilung der Vergabe in Fachlose in ihren Rechten aus § 97 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 7 GWB verletzt. Ob die Unterteilung in Fachlose organisatorisch einen Vorteil darstellt, wie die Antragstellerin dies vorträgt und anhand der in der Bundeswasserstraßenverwaltung ausgeübten Praxis auch zu belegen versucht, oder ob es sich hierbei um einen organisatorischen Nachteil handelt, wie dies die Antragsgegnerin vorträgt und in ihrem Vergabevermerk dargestellt hat, kann die Vergabekammer nicht abschließend entscheiden. Beide Organisationsformen werden angewandt, und haben sich nach Auffassung der sie anwendenden Vergabestellen in der Praxis bewährt. Zwar legt § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB fest, dass Leistungen in der Menge aufgeteilt und getrennt nach Art der Fachgebiete zu vergeben sind. Diese Verpflichtung zur Bildung von Fachlosen gilt jedoch nicht unbedingt und bei jedem Auftrag, sondern steht in dem Gesamtkontext, dass mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen sind. Eine rechtliche Verpflichtung zur Bildung von Fachlosen wird erst dann angenommen, wenn sich für derartige Arbeiten ein eigener Markt herausgebildet hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2011 - Verg 63/10 = NZBau 2011, 369; VK Niedersachsen, VgK-22/2014, Beschluss vom 08.08.2014). Das wäre hier der Markt der baugrunduntersuchenden Ingenieurbüros. Dieser Markt ist der Vergabekammer in dieser engen Form nicht geläufig, auch wenn die Antragstellerin beachtliche Vergaben vorgelegt hat, in denen der jeweilige öffentliche Auftraggeber die Bohrleistung als Fachlos vergeben hat, somit eine fachliche Spezialisierung einzelner im Wettbewerb stehender Unternehmen wohl anzunehmen ist. Einen eigenen Markt hat die Vergabekammer damit aber noch nicht feststellen können.

Darauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Antragstellerin in diesem Verfahren ist eine Bietergemeinschaft aus Ingenieurbüro und Bohrunternehmen. Sie hat sich bereits in der vorherigen aufgehobenen Ausschreibung mit einem Angebot beteiligt, ist daher zumindest in ihrer jetzigen Form als Bietergemeinschaft durchaus in der Lage, sich um einen ohne Fachlosaufteilung zu vergebenden Auftrag aussichtsreich zu bewerben. Die Antragstellerin als Bietergemeinschaft ist daher durch die unterlassene Aufteilung in Fachlose nicht in ihren Rechten verletzt. Um eine Rechtsverletzung durch die unterlassene Fachlosaufteilung geltend machen zu können, hätte sich eines der Mitglieder der Antragstellerin darauf berufen müssen, dass sie als Baufirma oder als Ingenieurbüro nicht auf den als Paket konzipierten Auftrag erfolgreich zu bewerben vermöge (vgl. das noch nicht entschiedene Verfahren vor der VK Niedersachsen VgK-31/2015).

b. Bezüglich der Aufteilung in Teillose gilt Entsprechendes. Hier wäre es angesichts der an 110 Standorten durchzuführenden Baugrunduntersuchungen zwar durchaus möglich und sogar naheliegend gewesen, den Gesamtauftrag in räumliche Teillose zu gliedern. Allerdings ist die Antragsgegnerin dieser mit der Teillosbildung zweifellos verbundene Mehraufwand nur dann verpflichtend aufzuerlegen, wenn dies erforderlich ist, um mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen. Beträgt das Gesamtauftragsvolumen wie die Antragsgegnerin hier vorträgt nur xxxxxx €, so ist ein solcher Auftrag in seiner Gesamtheit auch ohne Teillosbildung geeignet, von einem mittelständischen Unternehmen durchgeführt zu werden. Die unterlassene Teillosbildung ist daher nicht mittelstandsfeindlich und verstößt folglich nicht gegen § 97 Abs. 3 GWB. Als Mittelstand gilt gemäß dem Vorschlag der EU jedes Unternehmen, welches einen Jahresumsatz von bis zu 50 Mio. € erzielt, oder aber bis zu 250 Mitarbeiter beschäftigt (Empfehlung 2003/361/EG vom 06.05.2003 Abl. Nr. L124, 36). Somit rechtfertigt die unterlassene Teillosbildung durch die Antragsgegnerin keinen Eingriff durch die Vergabekammer gemäß § 114 GWB.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 26.06.2013 geltenden Fassung. Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt mangels Angebot der Antragstellerin aufgrund der Kostenschätzung xxxxxx € netto, mithin xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten zu tragen.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Auftraggeberin als Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten. Hier gilt zunächst das unter 3. Ausgeführte.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist für die Antragsgegnerin erforderlich. Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB umfasst, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.

Hier ist die Antragsgegnerin eine juristische Person des Privatrechts, die sich nicht verpflichtet sieht, das Vergaberecht anzuwenden. Folglich kann es ihr nicht zugemutet werden, die Bearbeitung eines Nachprüfungsverfahrens ohne rechtliche Hilfe zu bewältigen. Überdies waren die hier zu erörternden Fragen insbesondere zur Eigenschaft der Antragsgegnerin als öffentliche Auftraggeberin sehr schwierig. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war daher für die Antragsgegnerin insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit in diesem Einzelfall als notwendig anzuerkennen (vgl. VgK Niedersachsen, Beschluss vom 31.01.2012, VgK-58/2011; Beschluss vom 18.09.2012 VgK 36/2012).

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx