Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 15.04.2015, Az.: VgK-06/2015

Anforderungen an die Vergabe von Planungsleistungen der Verkehrsanlagen und Freianlagen am Bauvorhaben

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
15.04.2015
Aktenzeichen
VgK-06/2015
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 18018
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
die xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Vergabe von Planungsleistungen der Verkehrsanlagen und Freianlagen am Bauvorhaben Umbau der xxxxxxstraße in xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl. Ing. Lohmöller, auf die mündliche Verhandlung vom 15.04.2015
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Höhe der Gebühr wird auf xxxxxx € festgesetzt. Auslagen sind nicht entstanden.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

    Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten persönlich befreit.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin plant die Neugestaltung des zentral in xxxxxx gelegenen xxxxxxplatzes und der angrenzenden Bereiche. Zu diesem Zweck führte sie beginnend im Februar 2012 einen freiraumplanerischen Wettbewerb auf der Basis der Regeln für die Auslobung von Wettbewerben (RAW 2004) durch. Neben der Neugestaltung des xxxxxxplatzes sollten die Gestaltungsansätze der ihn tangierenden Straßen xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx exemplarisch an den Anschlusspunkten definiert werden. Den Schwerpunkt sollte die xxxxxx als wichtigste Verbindung vom Bahnhof zur Innenstadt bilden. Das zu überplanende Areal umfasste ca. 8.300 m2. Gem. Abschnitt A. 12 der Auslobungsunterlage sollten drei Preise für die besten Wettbewerbsentwürfe vergeben werden.

Zum weiteren Vorgehen nach der Durchführung des Wettbewerbs war im Abschnitt A.13 der Auslobungsunterlage Folgendes geregelt:

"A.13 Weitere Bearbeitung

Die Ausloberin erklärt, dass sie unter Würdigung der Empfehlung des Preisgerichts einem oder mehreren Preisträgern die weitere Bearbeitung der Aufgabe, zumindest die Leistungsphasen 2 - 3 (Vorentwurf und Entwurf) § 46 für Verkehrsanlagen bzw. § 38 HOAI für die übrigen Freianlagen übertragen wird,

- sofern kein wichtiger Grund einer Beauftragung entgegensteht, insbesondere

- soweit und sobald die dem Wettbewerb zugrunde liegende Aufgabe realisiert werden soll,

- die veranschlagten Förder- und Haushaltsmittel bewilligt werden,

- soweit mindestens einer der teilnahmeberechtigten Wettbewerbsteilnehmer, dessen Wettbewerbsarbeit mit einem Preis ausgezeichnet wurde, eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen gewährleistet.

Zudem soll durch angemessene darüber hinaus gehende Beauftragung des Preisträgers sichergestellt werden, dass die Qualität des Wettbewerbsentwurfs realisiert wird (z. B. die Erarbeitung von Regeldetails).

[.....]"

Nach der letzten vor Durchführung des Wettbewerbs in der Vergabeakte enthaltenen Kostenschätzung vom 24.02.2010 schätzte die Antragsgegnerin die Gesamtkosten für die Umgestaltungsmaßnahmen auf 2.900.000,- € (brutto) ein, die voraussichtlichen Honorarkosten nach der HOAI für die Planungen wurden dort mit 306.872,- € (netto) angegeben. Von der Antragsgegnerin wurden 5 Planungsbüros aus xxxxxx und deren Partnerstädten xxxxxx und xxxxxx vorausgewählt, weitere 10 Planungsbüros wurden nach nationaler Bekanntmachung in verschiedenen Medien durch Losentscheid ermittelt.

Nach Abschluss des Wettbewerbs wurden die Arbeiten von drei Planungsbüros mit Preisen bedacht. Die Arbeit der jetzigen Antragstellerin wurde nach der Niederschrift über die Preisgerichtssitzung vom xxxxxx.2012 einstimmig mit dem 1. Preis ausgezeichnet.

Das weitere Vorgehen der Antragstellerin ist in der Vergabeakte nur lückenhaft dokumentiert. Den dort vorhandenen Pressemitteilungen und Auszügen aus den Protokollen des Stadtentwicklungsausschusses ist insoweit zu entnehmen, dass die Umsetzung des Siegerentwurfs in der Politik, bei den Anwohnern und bei den im Planungsbereich ansässigen Geschäftsleuten aus gestalterischen, verkehrstechnischen und Kostengründen überwiegend auf Ablehnung stieß. Dem Protokoll über die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen, Umwelt und Verkehr vom xxxxx.2014 ist schließlich zu entnehmen, dass sich die Antragsgegnerin aufgrund "eines im Ergebnis nicht durchführbaren Wettbewerbsergebnisses" entschloss, ein eigenes Konzept für die Umgestaltung des Planbereiches zu erstellen.

Der Konzeptentwurf der Antragsgegnerin vom Februar 2015, nunmehr bezeichnet als "Umbau der xxxxxx in xxxxxx", umfasste durch Hinzunahme von weiteren Flächen der xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx nunmehr ein zu überplanendes Areal von 10.400 m2.

Am 02.02.2015 nahm die Antragsgegnerin eine Kostenschätzung für die Planungsleistungen des Konzeptentwurfs bis zur Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe) ohne die offensichtlich nicht gewollte Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) vor, die mit 115.838,22 € (netto) abschloss. Eine weitere, innerhalb der Angebotsfrist erstellte Kostenschätzung vom 23.02.2015 schloss mit 165.978,90 € (netto) ab. In beiden Kostenschätzungen nahm die Antragsgegnerin pauschale Reduzierungen der von der HOAI vorgesehenen Prozentsätze für die einzelnen Leistungsphasen vor. Im Falle der zweiten Kostenschätzung reduzierte die Antragsgegnerin die Leistungsansätze bei den Verkehrsanlagen nach § 47 HOAI von max. 72 % auf 46 %, bei den Freianlagen nach § 39 HOAI von max. 61 % auf 43,5 %. Eine Spezifizierung der vorgenommenen Reduzierungen der Leistungsphasen auf der Basis der Anlagen 11 und 13 zu den § 39 und 47 HOAI nahm die Antragsgegnerin nicht vor.

Mit Schreiben vom 04.02.2015 forderte die Antragsgegnerin vier ausgewählte Planungsbüros, darunter die Antragstellerin, auf, ein Angebot für die Ausarbeitung ihres Konzeptentwurfs bis einschließlich der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) zu unterbreiten. Die Gründe für die Auswahl der Büros sind in der Vergabeakte nicht dokumentiert. Außer der Antragstellerin waren die ausgewählten Büros am vorangegangenen Preiswettbewerb nach RAW 2004 nicht beteiligt.

Gem. Ziff. 9.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe sollte das alleinige Zuschlagskriterium der Preis sein. In der Leistungsbeschreibung war Folgendes festgelegt:

"Das Objekt ist bis zur Ausführungsplanung (LPH 5) vollständig durchzuarbeiten. Das vorliegende als Anlage beigefügte Konzept wird zur Verfügung (dxf, dwg und /oder pdf) gestellt und ist für die Leistungsphasen Grundlagenermittlung (LPH 1), Vorplanung (LPH 2) und Entwurfsplanung (LPH 3) vom Bieter durch die Bestimmung der HOAI-Prozente zu bewerten."

Im laufenden Vergabeverfahren wurde den Bietern auf Bieternachfrage mitgeteilt, dass es sich bei dem Vergabeverfahren um eine freihändige Vergabe gem. der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) handeln würde. Die Angebotsfrist wurde während des Verfahrens auf den xxxxxx.2015, 10:20 Uhr, verlängert.

Den Bietern wurden mit den Vergabeunterlagen die zur Honorarermittlung notwendigen anrechenbaren Kosten für die einzelnen Planungsbereiche getrennt nach Freianlagen gem. § 39 HOAI und nach Verkehrsanlagen gem. § 47 HOAI verbindlich vorgegeben. Unter § 3 des Entwurfs des abzuschließenden Ingenieurvertrags waren die abzuarbeitenden Leistungsphasen getrennt nach den Freianlagen und den Verkehrsanlagen für die verschiedenen Planungsbereiche gelistet. Vorgegeben hatte die Antragsgegnerin lediglich, dass die Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) entfallen sollte und die Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) sowohl für die Freianlagen als auch für die Verkehrsanlagen mit 25 bzw. 15 % vollständig abzuarbeiten waren. Der prozentuale Aufwand der übrigen Leistungsphasen sollte durch die Bieter auf der Grundlage des Konzeptentwurfs der Antragsgegnerin eingeschätzt und entsprechend kalkuliert werden ("Damit können Sie unter § 3 "Leistungen des Auftragnehmers" eine unterschiedliche Bewertung der Leistungsphasen der Einzelobjekte vornehmen und dokumentieren").

Bis zum Ende der Angebotsfrist gaben drei der Bieter ein Angebot ab, von denen in Bezug auf die Nettoangebotssummen zwei unterhalb des Schwellenwertes und eins oberhalb des Schwellenwertes der VgV abschlossen. Die von den Bietern angebotenen Gesamtprozentsätze für die Leistungsphasen 1 bis 6 (ohne Leistungsphase 4) variierten zwischen 33 und max. 65 %.

Im Vergleich zur ersten Kostenschätzung der Antragsgegnerin vom 02.02.2015 variierten die Angebotssummen (netto) in einem Bereich von rd. 103 bis 194 %, im Vergleich zur zweiten Kostenschätzung vom 23.02.2015 in einem Bereich von rd. 72 bis 135 %.

Während der laufenden Angebotsfrist rügte die Antragstellerin erstmals mit Schreiben vom 18.02.2015 das Vergabeverfahren. Sie rügte verschiedene, aus ihrer Sicht gegebene, Vergabeverstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot, das Transparenzgebot und gegen das Mindestsatz-Gebot der HOAI. So sei u. a. als einziges Zuschlagskriterium der Preis benannt worden, was dem § 11 Abs. 6 VOF widerspreche, nach dem der Auftrag auf die "bestmögliche Leistung" zu vergeben sei. Insbesondere rügte sie, dass ihr aus dem der Ausschreibung vorangegangenen Auslobungsverfahren aufgrund der dortigen Regelung zur weiteren Bearbeitung ein Anspruch auf Beauftragung der Leistungen zustehe.

Nachdem die Antragsgegnerin die Rüge zunächst ohne weitere Begründung am 20.02.2015 zurückwies und auf Bieteranfrage am 23.02.2015 mitteilte, dass es sich bei dem Verfahren um eine freihändige Vergabe auf Grundlage der HOAI handele, rügte die Antragstellerin das Vergabeverfahren am 26.02.2015 erneut. Sie rügte, dass eine freihändige Vergabe gem. HOAI insgesamt nicht vorgesehen sei, und dass durch die die Überschreitung des Schwellenwertes vorliegend die Vorschiften des GWB, der VgV und der VOF anzuwenden seien, da der geschätzten Gesamtvergütung die Leistungsphasen 1 bis 9 der HOAI zugrunde zu legen seien. Zudem bat die Antragstellerin um Angabe der zuständigen Nachprüfungsbehörde gem. §§ 102 ff. GWB.

Nachdem die Antragsgegnerin mit Faxschreiben vom 27.02.2015 lediglich mitteilte, dass es unterhalb des Schwellenwertes keine Nachprüfstelle gäbe und für Vergaben oberhalb des Schwellenwertes die Vergabekammer Niedersachsen benannte, zudem auf eine weitere, diesmal anwaltlich ausgesprochene Rüge vom 04.03.2015 inhaltlich nicht fristgerecht reagierte, beantragte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13.03.2015 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Der Antrag sei zulässig.

Der Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB sei vorliegend eröffnet, da der von der Antragstellerin vorläufig berechnete Auftragswert mit 242.754,35 € den zzt. gültigen Schwellenwert von 207.000,00 € gem. § 100 Abs. 1 und 127 GWB i. V. m. § 3 Abs. 1 VgV überschreite. Die Antragstellerin habe auch Interesse an dem Auftrag. Sie habe als erste Preisträgerin des vorangegangenen Preiswettbewerbs einen Anspruch auf Verhandlungen mit der Antragsgegnerin. Soweit diese unterblieben, drohe ihr ein unmittelbarer, von der Antragsgegnerin zu erstattender, wirtschaftlicher Schaden. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie auf die Aufforderung zur Angebotsabgabe kein Angebot eingereicht habe, denn das gesamte Verfahren sein formell wie inhaltlich mit einer Vielzahl von Vergaberechtsverstößen behaftet, die einer Einreichung eines Angebotes entgegengestanden hätten. Zudem seien die abgefragten Leistungen unzureichend beschrieben und die Honorarermittlungsparameter für die gem. HOAI zu vergütenden Tätigkeiten nicht hinreichend benannt worden. Und schließlich habe sie die diversen Vergaberechtsverstöße gegenüber der Antragsgegnerin wiederholt und erfolglos gerügt.

Der Antrag sei auch begründet.

Aufgrund der Regelungen zum weiteren Verfahren in dem vorausgegangenen Preiswettbewerb sei die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, mit den Preisträgern auf der Grundlage der eingereichten Wettbewerbsentwürfe und Kostenschätzungen in Verhandlungen gem. § 3 Abs.4 lit. b) VOF einzutreten und die Planungsleistungen in den Leistungsbildern für Verkehrs- und Freianlagen bis zur Leistungsphase 3 an einen oder mehrere Preisträger zu vergeben. Die Bindungswirkung der Auslobung beziehe sich dabei auf die nunmehr abgefragten Planungsleistungen. Die Umbenennung des Vorhabens durch die Antragsgegnerin könne darüber nicht hinwegtäuschen, denn das Planungsziel und der Nutzungszweck, nämlich die Umgestaltung des nördlichen Teils der Fußgängerzone zwischen xxxxxx und xxxxxx, seien gleich geblieben. Das Plangebiet sei lediglich durch Hinzunahme von Flächen der xxxxxx, der xxxxxx und der xxxxxx von 8.300 auf 10.300 m2 erweitert worden. Die Antragsgegnerin habe der Ausschreibung lediglich eine abweichende Lösung ein- und derselben Planungsaufgabe zugrundgelegt. Qualitative und quantitative Änderungen der Wettbewerbsaufgabe und einen veränderten Nutzungszweck habe sie aber gerade nicht vorgetragen, so dass es bei der Bindungswirkung der Auslobung verbleibe.

Im Weiteren sei die geplante und nach § 3 der VOF insgesamt nicht vorgesehene freihändige Vergabe unzulässig, da vorliegend der Schwellenwert für eine europaweite Ausschreibung deutlich überschritten werde. So habe die Antragsgegnerin in der ersten Angebotsaufforderung Baunebenkosten in Höhe von 500.000,- € angegeben. Diese seien gem. DIN 276-1:2008-12 der Kostengruppe 700 zuzuordnen, worunter neben anderen insbesondere die Kosten für Architekten- und Ingenieurleistungen fielen. Selbst wenn nur die Hälfte der angegebenen Baunebenkosten auf die Architektenleistungen entfallen würden, wäre der maßgebliche Schwellenwert deutlich überschritten. Ausgehend von den von der Antragsgegnerin bekannt gegebenen Honorarermittlungsparametern und den verbindlichen Regelungen der HOAI 2013 habe die Antragstellerin ein Nettogesamthonorar von mindestens 242.754,35 € ermittelt.

Die geschuldeten Leistungen seien in der Weise bestimmt gewesen, dass sämtliche Grundleistungen der Leistungsphasen 1, 2, 3, und 5 sowie Teilleistungen der Leistungsphase 6 zu erbringen waren. Das für die Leistungsphase 6 nur eine Teilleistung abgefragt wurde, implizierte, dass in den übrigen Leistungsphasen zwingend alle Grundleistungen in voller Höhe zu erbringen waren.

Selbst wenn die Kosten auf der Grundlage einer von der Antragsgegnerin vorgenommenen und nicht zu beanstandenden Kostenschätzung den Schwellenwert nicht überschreiten würden, würden sich aus den Ausschreibungsunterlagen deutliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 VgV ergeben. Denn einerseits solle die Planung vollständig bis zur Leistungsphase 5 der HOAI durchgearbeitet werden, andererseits habe die Antragsgegnerin hierfür erforderliche Grundleistungen teilweise nicht ausgeschrieben. Im Weiteren sollen die Leistungen zur Genehmigungsplanung der Leistungsphase 4 nicht Gegenstand des Angebotes sein, obwohl gemäß der Leistungsbeschreibung die Planungen mit dem beteiligten Fachbereich, dem Behindertenbeirat der Stadt und Dritten abzustimmen seien. Zusätzlich seien die Planungen für die Installation von Lichtsignalsteueranlagen nur optional ausgeschrieben worden und überdies solle der von der Antragsgegnerin übergebene Konzeptentwurf für die Bewertung der Leistungsphasen 1 bis 3 leistungsmindernd berücksichtigt werden, obwohl die Antragsgegnerin eine umfassende Erläuterung des Konzeptentwurfs, aus denen sich die honorarmindernden Teilleistungen ableiten ließen, nicht geliefert habe.

Schließlich stehe die Benennung des Preises als alleinigem Zuschlagskriterium nicht im Einklang mit dem § 11 Abs. 5 VOF, was einen weiteren Vergaberechtsverstoß darstelle.

Letztlich seien alle Vergaberechtsverstöße eine Folge der unzulässigen Wahl des freihändigen Vergabeverfahrens, die nur durch die Aufhebung des Verfahrens und eine erneute Ausschreibung beseitigt werden könnten.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    die Antragsgegnerin anzuweisen, die Preisträger des im Februar 2012 ausgelobten Planungswettbewerbs zur Neugestaltung des xxxxxx in xxxxxx zu Verhandlungsgesprächen aufzufordern und einen oder mehrere der Preisträger mit den Planungsleistungen des Vorentwurfes und Entwurfs (Leistungsphasen 2 bis 3) unter Würdigung der Empfehlung des Preisgerichts und auf Grundlage der ausgeschriebenen Wertungskriterien zu beauftragen,

  2. 2.

    der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag auf eines der auf Grundlage der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 04.02.2015 eingereichten Angebote über Planungsleistungen des Bauvorhabens Umbau der xxxxxx in xxxxxx zu erteilen,

  3. 3.

    die Antragsgegnerin anzuweisen, das freihändige Vergabeverfahren aufzuheben und im Falle fortbestehender Beschaffungsabsicht die Planungsleistungen des Bauvorhabens Umbau der xxxxxx in xxxxxx unter Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften des GWB, der VgV sowie der VOF und der Rechtsauffassung der Vergabekammer europaweit auszuschreiben,

  4. 4.

    der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,

  5. 5.

    die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,

  6. 6.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und die Kosten der Antragstellerin aufzugeben.

Sie tritt dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen.

Es sei richtig, dass die Antragstellerin aus dem im Jahr 2012 ausgelobten freiraumplanerischen Wettbewerb als erster Preisträger hervorgegangen sei. Eine Verpflichtung zur Übertragung weitere Planungsleistungen an einen oder mehrere Preisträger für die Umsetzung bestehe jedoch nicht, denn sowohl der Wettbewerbsentwurf der Antragstellerin als auch die der anderen Preisträger seien anschließend von den entscheidenden Ratsgremien der Stadt xxxxxx als nicht geeignet abgelehnt worden. Aus diesem Grund habe sich die Stadt im Frühjahr 2014 entschlossen, unabhängig von allen bisherigen Planungen ein neues, eignes Konzept zur Umgestaltung der xxxxxx zu entwickeln, das in den Gremien der Stadt auf breite Zustimmung gestoßen sei. Die zu beplanenden Bereiche entsprächen im Wesentlichen selbstverständlich denen des Wettbewerbs, da die Stadt nach wie vor beabsichtige, den Bereich umzubauen, jedoch nicht auf der Grundlage der Wettbewerbsbeiträge.

Vorliegend komme auch nicht der Teil 4 des GWB zur Anwendung, da der maßgebliche Schwellenwert von 207.000,- € nicht überschritten werde. Mit dem von der Stadt erstellten Konzeptentwurf seien bereits Bestandteile des Leistungsspektrums der Leistungsphasen 1, 2 und 3 der HOAI erbracht worden. Damit der Konzeptentwurf zur Ausführungsreife gebracht werden konnte, habe die Stadt für die zu erbringenden Restleistungen eine Leistungsabfrage bei mehreren Bietern entsprechend des vom Bundesverkehrsministeriums eingeführten Handbuchs für die Vergabe und Ausführung von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA-F StB) durchgeführt. Da die zu erbringenden Restleistungen dem Wettbewerb unterstellt wurden, konnte die Antragsgegnerin die endgültigen Kosten für die gesamte Planung nicht abschließend beziffern. Gleichwohl habe die Stadt eine Vorstellung von der Ersparnis gehabt, die sie zum Gegenstand der Honorarannahme vom 23.02.2015 gemacht habe, mit dem Ergebnis, dass dieses Honorar mit 165.978,90 € (netto) deutlich unter dem Schwellenwert abschloss. Diese Einschätzung sei durch das Wettbewerbsergebnis bestätigt worden.

Die von der Antragstellerin als Anlage AS 18 vorgelegte Kostenschätzung für das Bearbeitungshonorar der Restleistungen sähe keinerlei Berücksichtigung der städtischen Vorleistungen vor, sondern negiere diese völlig. Zudem habe sie einige honorarerhöhende und nicht zutreffende Annahmen ihrer eigenen Berechnung zugrunde gelegt. So seien in den Ausschreibungsunterlagen jeweils die Mindestsätze der Honorarzonen gem. § 40 bzw. § 48 HOAI ausgewiesen worden. Die Antragstellerin habe jedoch ohne weitere Begründung für die Objekte 3 bis 7 den Mittelsatz angesetzt.

Darüber hinaus habe sie ihren Berechnungen objektübergreifend einen Umbauzuschlag von 20 % zugrunde gelegt. Da für die Maßnahme ein Vollausbau vorgesehen sei und die daraus resultierenden Kosten bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten berücksichtigt würden, entfalle der Umbauzuschlag. Die Anlage sei als Neubau ohne Umbauzuschlag zu bewerten. Allein durch Abzug des Umbauzuschlages von dem in der Anlage AS 18 der Antragstellerin als "Summe Netto" ausgewiesenen Honorars werde der Schwellenwert auch nach den Berechnungen der Antragstellerin unterschritten.

Dem entsprechend habe die Ausschreibung als freihändige Vergabe durchgeführt werden können, eine EU-weite Ausschreibung unter Berücksichtigung des 4. Teils des GWB sei nicht erforderlich gewesen. Da freiberufliche Leistungen unterhalb des Schwellenwertes gem. Ziffer 0 (8) des HVA-F StB auch ausdrücklich nicht der VOL/A unterlägen, sei schließlich auch der Hinweis der Vergabekammer in Ihrem Schreiben vom 30.03.2015 auf die Einhaltung der Vorgaben der VOL/A vorliegend nicht einschlägig.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Die Antragstellerin hat vermutlich aus dem rechtswidrig nicht europaweit bekannt gemachten Planungswettbewerb als 1. Preisträgerin einen Anspruch, dass die Vergabe des Auftrages ausschließlich mit ihr und den weiteren Preisträgern durchgeführt wird. Dieser Anspruch ist aber nicht mehr vor der Vergabekammer justiziabel, wenn aus dem ursprünglich oberhalb des Schwellenwerts gelegenen Projekt bis zur Bekanntmachung des konkreten Auftrages ein Vertragsgegenstand wird, der bei ordnungsgemäßer Kostenschätzung den Schwellenwert von 207.000 € unterschreitet.

Die Antragsgegnerin hat ihre Kostenschätzung zwar fehlerhaft erstellt und Vertragsanwendungen vorgesehen, die objektiv zu Honoraransprüchen oberhalb des Schwellenwertes von 207.000 € führen. Jedoch kommt es für die Überschreitung des Schwellenwertes nicht auf eine fehlerhafte Vertragsanwendung an, sondern auf eine ordnungsgemäße Kostenschätzung gemäß § 3 VgV. Somit ist die Vergabekammer nicht für eine Sachentscheidung zuständig.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin die entscheidende Rüge, mit der sie Überschreitung des Schwellenwertes rügt, erst nach Ende der Angebotsabgabefrist und damit verfristet erhoben. Es ist daher für dieses Verfahren unerheblich, ob die Leistungsbeschreibung nicht klar und eindeutig ist, ob die Dokumentationspflichten verletzt wurden und erkennbar beabsichtigt ist, die Mindesthonorare nach HOAI zu unterschreiten.

1. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine niedersächsische Gemeinde, somit um eine Gebietskörperschaft gemäß § 2 Abs. 2 NKomVG, § 98 Nr. 1 GWB. Es liegt ein öffentlicher Auftrag gemäß § 99 GWB vor, da die Antragsgegnerin einen entgeltlichen Vertrag über Architektenleistungen zu schließen beabsichtigt.

Der streitbefangene Auftrag unterschreitet zum maßgeblichen Zeitpunkt unmittelbar vor der Bekanntgabe oder Aufforderung zur Angebotsabgabe bei ordnungsgemäßer Schätzung den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, welche durch Rechtsverordnung gemäß § 127 GWB festgelegt sind. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VgV enthält eine dynamische Verweisung auf die europarechtlich festgelegten Schwellenwerte, hier die Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13.12.2013. Die in Artikel 2 Ziffer 1 b für allgemeine Dienstleistungsaufträge festgesetzte Schwelle von 207.000 € wird hier nicht erreicht.

Die Antragsgegnerin verfolgt seit mindestens dem Jahr 2008 in verschiedenen Varianten den Ausbau des xxxxxx. Grundlage war eine Kostenschätzung, die seit dem Jahr 2008 bis zum Jahr 2010 fortlaufend fortgeführt wurde und in der ausgelobten Variante mit erwarteten Honorarkosten nach § 17 HOAI 2009 von 306.000 € endete. Diese Kostenschätzung war Basis des gemäß Ziffer 4 Abs. 2 Spiegelstrich 2 RAW festgesetzten Preisgeldes von 30.000 €. Es ist für die Entscheidung der Vergabekammer nicht erheblich, ob bereits der im Februar 2012 ausgelobte Wettbewerb hätte europaweit bekannt gemacht werden müssen. Daher hat die Vergabekammer keine Veranlassung, hierzu eine verbindliche Entscheidung zu treffen. Gleichwohl spricht einiges dafür, da die Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die Annahme einer damals vorliegenden Überschreitung des Schwellenwertes nicht überzeugend sind.

Die Einlassung der Antragsgegnerin, ihre Schätzung sei fehlerhaft gewesen, ist trotz zutreffender Hinweise auf darin enthaltene Unstimmigkeiten für dieses Nachprüfungsverfahren unerheblich. Es ist richtig, dass der Wert des Projekts die Werte der damaligen Honorartafeln überstieg, das Honorar also gemäß § 7 Abs. 2 HOAI 2009 frei verhandelbar war. Die Konsequenzen daraus sind der Kostenschätzung nicht entnehmbar. Es mag auch sein, dass die Antragsgegnerin damals falsche Werte zugrunde gelegt hat. Auch das ist für die Bewertung durch die Vergabekammer unerheblich. Eine Schätzung des Auftragswerts gemäß § 3 VgV muss zu einem frühen Zeitpunkt im Vergabeverfahren erfolgen. Ein qualitativer Standard wie DIN 276 für Hochbauten ist nicht festgelegt. § 3 VgV ist so angelegt, dass die potentiellen Bieter vor einer sachlich ungerechtfertigten Unterschreitung der Schwellenwerte geschützt werden sollen. Das Risiko einer fehlerhaft zu hoch angesetzten Schätzung wird nicht als Eingriff in den Wettbewerb verstanden und nicht sanktioniert. Die Vergabekammer prüft zum Schutz der Wettbewerber nur die tatsächlich erhobene Kostenschätzung gemäß Vergabeakte. Aus dem Ergebnis dieser Kostenschätzung hätte die Antragsgegnerin zu gegebener Zeit die richtigen Schlüsse ziehen müssen. Sie hat die Kostenschätzung aber weder um die angeblichen Fehler korrigiert, noch die Überschreitung des Schwellenwertes verfahrenstechnisch richtig mit einer europaweiten Bekanntmachung umgesetzt. Das ist zumindest verfahrenstechnisch fehlerhaft.

2. Die Annahme einer pflichtwidrig unterlassenen europaweiten Bekanntmachung des Wettbewerbs 2012 hat aber nur dann unmittelbare Wirkung auf das hier zu bearbeitende Vergabenachprüfungsverfahren, wenn das nun zu vergebende Projekt mit dem Gegenstand des seinerzeit durchgeführten Wettbewerbs identisch ist.

Die Antragsgegnerin beruft sich darauf, dass sie nach dem Jahr 2012 die alte Planung nicht weiter verfolgt, sondern im Jahr 2015 einen neuen Planungsansatz begonnen habe.

Sie hat das Projekt umbenannt in "Ausbau der xxxxxx" und einen eigenen Planungsentwurf entwickelt, den sie nur zur Ausführung vorgibt.

a. Die Antragsgegnerin führt aus, der Wettbewerb 2012 sei formal beendet, weil die Entwürfe der Preisträger nicht die Zustimmung des Rats gefunden hätten. Ein Beschluss des Rats, oder eine Beendigungsmitteilung gegenüber den Preisträgern fehlt aber in der Vergabeakte.

Die Vergabekammer muss aufgrund der Vergabeakte davon ausgehen, dass der Wettbewerb aus dem Jahr 2012 nicht formal abgeschlossen ist, vielmehr mit dem hier vorliegenden Vergabeverfahren fortgeführt wird. Die Antragsgegnerin hat zugestanden, dass es eine förmliche Entscheidung des Rates über die Beendigung des Wettbewerbs ohne weitere Beauftragung nicht gegeben hat. Sie hat sich umfangreich bemüht, eine Entscheidung des Rates auf anderem Wege nachzuweisen. Die Antragsgegnerin hat eingeräumt, dass die vorgelegten Leserbriefe von Privatpersonen aus der lokalen Zeitung als Nachweis untauglich sind.

Nach einem Artikel aus der xxxxxx Zeitung vom Freitag, dem 6. Juli 2012, sei "die Politik" wegen der hohen Kosten nicht bereit gewesen, das Projekt aufgrund der Ergebnisse des Preiswettbewerbs mit einem der Preisträger weiter fortzuführen. Gleiches ergibt sich aus dem Vermerk der Antragsgegnerin vom 06.07.2012, den sie allerdings nicht mit der Vergabedokumentation, sondern erst mit Schriftsatz vom 09.04.2015 vorgelegt hat. Der Vermerk befasst sich nicht mit den Entwürfen aller Preisträger. Das wäre im Juli 2012 zu erwarten gewesen, um den Planungswettbewerb zu beenden. Der Vermerk äußert sich ausschließlich zum Siegerentwurf. Dieser sei von den Ratsmitgliedern (gemeint sind wohl die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen Umwelt und Verkehr) abgelehnt worden.

Eine Maßnahme wie die vorliegende fällt wegen ihrer finanziellen Bedeutung und der von der Antragsgegnerin mit den Leserbriefen und den Berichten aus der lokalen Zeitung dokumentierten öffentlichen Aufmerksamkeit nicht unter die Angelegenheiten der laufenden Verwaltung gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 7 NKomVG. Somit ist mindestens der Verwaltungsausschuss gemäß § 76 Abs. 2 NKomVG zuständig, je nach interner Verteilung der Zuständigkeiten auch der Rat. Ausweislich des Vermerks vom 18.05.2010 ist der Vorgang "Wettbewerb" vor Beginn Gegenstand der Ratssitzung vom 28.09.2009 gewesen. Ob dies eine Vorvariante des Wettbewerbs betraf, wie von der Antragsgegnerin dargestellt, ist unerheblich.

Es fehlt die mit dem Beginn des Verfahrens korrespondierende Dokumentation eines verbindlichen Beschlusses des Rates oder Verwaltungsausschusses über das Ende des Wettbewerbs. Ein kommunales Gremium entscheidet nur durch Beschluss, der mit der Mehrheit der Mitglieder gefasst wird. Es ist unerheblich, wenn in den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen Meinungsäußerungen einzelner Ratsmitglieder aufgezeichnet sind.

Ein Beschluss wird ordnungsgemäß mit einer Vorlage der Verwaltung vorbereitet. Diese Vorlage hätte sich auf alle Preisträger des Planungswettbewerbs beziehen müssen, wenn über dessen Beendigung hätte entschieden werden sollen. Wenn der Wettbewerb hätte beendet werden sollen, weil das Angebot der Antragstellerin und der anderen Preisträger zu teuer war, hätte in der Vorlage dargestellt werden können, ob den Teilnehmern des Wettbewerbs 2012 ein mit dem Mittelansatz der Haushaltsplanung kompatibler Kostenrahmen gesetzt worden ist. Der öffentliche Auftraggeber kann Wettbewerbsteilnehmer, die den Kostenrahmen überschreiten, frühzeitig in der Wertung auszuschließen.

Ebenso fehlt eine mindestens aus Höflichkeit angezeigte Mitteilung über die Beendigung des Wettbewerbsergebnisses mit den Preisträgern des Wettbewerbes 2012.

Zu den Entwürfen der weiteren Preisträger hat man sich in der Ausschusssitzung Anfang Juli 2012 wohl nicht geäußert. Die Antragsgegnerin hat im Nachprüfungsverfahren einen auf den 09.07.2012 datierten Vermerk nachgereicht, in dem sie die Entwürfe der weiteren Preisträger ausschließlich negativ bewertet. Eine Verbindung des Vermerkes zu der Sitzung des Ausschusses ist nicht erkennbar. Aussagen zu den Kosten dieser Entwürfe finden sich in dem Vermerk nicht. Ebenso fehlt eine Darstellung, welche Bewertung diese Entwürfe im Rat, im Verwaltungsausschuss oder einem anderen Ausschuss gefunden haben sollen.

Die Antragsgegnerin hat sich bemüht, den Nachweis der formalen Beendigung des Planungswettbewerbs 2012 mit verschiedenen Vorlagen zu führen, die sie als Ausdruck aus dem Bürgerinformationssystem in die Vergabeakte aufnahm. Diese Materialien sind zu dem beabsichtigten Zweck ungeeignet.

Eine Vorlage enthält keinen Beschluss des jeweiligen Gremiums, sondern sie dient der Vorbereitung des Beschlusses und ist Gegenstand der künftigen Beratung des Gremiums. Auch der vorläufige Auszug aus dem Protokoll über die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen, Umwelt und Verkehr vom xxxxxx.2014, also knapp zwei Jahre nach der angeblichen internen Entscheidung enthält lediglich eine Protokollierung von Meinungsäußerungen und abschließend einen nicht beschlossenen Vorschlag. Es fehlt somit ein Beschluss dieses Fachausschusses.

Beschlüsse eines freiwillig eingerichteten Fachausschusses bedürfen regelmäßig der Bestätigung durch den Verwaltungsausschuss möglicherweise auch durch den Rat. Fachausschüsse treffen nach der Regelung des NKomVG in der Regel nicht selbst Entscheidungen, sondern bereiten Entscheidungen des Verwaltungsausschusses oder des Rates vor. Daher ist das Protokoll eines Fachausschusses, dessen Übertragung einer Entscheidungsbefugnis gemäß § 76 Abs. 3 NKomVG nicht dokumentiert ist, schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht geeignet, eine Entscheidung des Rats, des Verwaltungsausschusses oder eines anderen zum Beschluss autorisierten Gremiums zu dokumentieren, dass der Wettbewerb des Jahres 2012 beendet sei. Die Vergabekammer hat festgestellt, dass der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen, Umwelt und Verkehr in der Vergabeakte nur teilweise als Beratungsgremium, teilweise aber auch als Entscheidungsgremium benannt wird. Es ist also durchaus möglich, dass er befugt worden war, über eine Beendigung des Wettbewerbs zu entscheiden. Der Beschluss fehlt aber.

Zudem enthält die Dokumentation einen Vermerk vom 17.03.2014, der auf die Verpflichtung der Stadt hinweist, einen der Preisträger mit der weiteren Bearbeitung zu beauftragen. Diese Rechtsauffassung war behördenintern am 12.05.2014 vom Baudezernenten anders beurteilt worden. Seiner Auffassung nach hätten die Preisträger die Aufgabe nicht gelöst. Daher sei nun eine Neubeauftragung notwendig. Der Vermerk schließt aber nicht mit einer Entscheidung, sondern mit der Weisung, diese Auffassung noch einmal zu prüfen. Das abschließende Ergebnis der Prüfung fehlt, ebenso die Information an die Preisträger. Somit hat es mindestens bis Mai 2014 keine verbindliche anderslautende Entscheidung gegeben.

Ebenso fehlen etwaige Entscheidungen zuständiger Ratsgremien für die Neuplanung, auf die sich die Antragsgegnerin in ihrer Rügezurückweisung vom 13.03.2015 beruft ("Das Konzept wurde den Gremien der Stadt vorgestellt und fand breite Zustimmung").

b. Die Antragsgegnerin hat auch inhaltlich nicht überzeugend dargestellt, dass es sich bei der Vergabe des Jahres 2015 inhaltlich um ein anderes Projekt handelt als bei dem Wettbewerb des Jahres 2012.

Ob eine Ausschreibung denselben Leistungsgegenstand hat, kann nicht allein nach einer geänderten Bezeichnung beantwortet werden. Eine Umbenennung des Projekts führt alleine nicht zu einer wesentlichen Projektänderung. Umgekehrt kann der Umstand, dass sich der Wettbewerb und die freihändige Vergabe inhaltlich mit demselben Platz befassen, nicht für einen identischen Leistungsgegenstand genügen.

Nicht jede - auch noch so geringfügige - Abweichung im Leistungsgegenstand oder Leistungsumfang führt zu unterschiedlichen Leistungsgegenständen. Entscheidend muss sein, ob die ausgeschriebenen Leistungen sich in solchen Elementen unterscheiden, die wesentlichen Einfluss auf das Charakteristische einer planerischen Lösung haben können. Wenn es nicht mehr damit getan ist, einen planerischen Entwurf an eine veränderte Situation anzupassen, sondern eine völlig neue planerische Konzeption im Raum steht, handelt es sich nicht mehr um denselben Leistungsgegenstand (OLG Celle, B. v. 15.07.2010, 13 Verg 9/10). Die detaillierten Abweichungen, die die Antragsgegnerin erstmals kurz vor der mündlichen Verhandlung gegenüber der Vergabekammer aufgelistet hat, beseitigen nicht die Identität des Projekts. Obwohl es sich um Anpassungen an rechtliche Erfordernisse handelt, betreffen sie gemessen am Gesamtkonzept Detailänderungen, wie sie selbst bei Fortsetzung planerischer Entwürfe leider üblich sind.

Die zu überplanende Fläche ist im Kernbereich identisch. Sie ist in Randbereichen einerseits um 25 % gewachsen, andererseits gehört die Unterführung der xxxxxx nicht mehr dazu. Der Zuwachs in der Fläche führt nicht zu einer wesentlichen Änderung des Projektes, da es sich hierbei nur um gestalterisch bedeutungslose Randflächen handelt. Ob der Wegfall der ursprünglich geplanten Unterführung die Projektkosten wesentlich veränderte, vermochte die Antragsgegnerin auch auf Nachfrage der Vergabekammer nicht substantiiert darzulegen.

Unerheblich ist auch, dass der Verfahrensgegenstand ein fortgeschrittenes Planungsstadium betrifft. Die Antragsgegnerin hat zu Recht ausgeführt, dass es bei der Wettbewerbsaufgabe darum ging, eine städtebauliche Lösung zu finden, bei der vorliegenden Ausschreibung sollte dagegen eine vorhandene und taugliche städtebauliche Lösung in der technischen Weiterbearbeitung zur Ausführungsreife führen. Das ist genau die "weitere Planung", die in § 17 VOF erwähnt ist. Insofern ist die beabsichtigte Fortführung kein Argument gegen denselben Planungsauftrag, sondern eher dafür.

Die Vergabekammer hat daher keinen Anhaltspunkt erkennen können, der die deutliche inhaltliche Verbindung des Wettbewerbs 2012 mit dem hier zu vergebenden Auftrag aufhebt. Es handelt sich weitgehend um denselben Gegenstand, der für dieselbe Nutzung hergerichtet werden soll. Selbst die vom OLG Celle bemühte Diskontinuität verschiedener Landtage greift auf der Ebene der kommunalen Vertretungen nicht, da die Mitglieder des Rates obzwar für eine bestimmte Periode gewählt, insgesamt aber der Exekutive zuzuordnen sind.

Die Vergabekammer muss daher davon ausgehen, dass sich um denselben Verfahrensgegenstand handelt. Somit sieht die Vergabekammer einen Anspruch der Antragstellerin aus § 17 VOF gegen die Antragsgegnerin, die Beauftragung ausschließlich aus der Gruppe der Preisträger des Wettbewerbes 2012 heraus vorzunehmen.

3. Dieser Anspruch unterfällt aber nur dann der Zuständigkeit der Vergabekammer, wenn der aktuelle (vgl. Wieddekind in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Auflage 2014, 2. Los, § 3 VgV Rdnr. 3) Auftragsgegenstand den Schwellenwert nach § 100 GWB überschreitet. Hier ist das im Jahr 2012 oberhalb des Schwellenwertes geschätzte Auftragsvolumen nach intensiver Prüfung der Akten sowie nach einer von der Vergabekammer durchgeführten neuen Kostenschätzung unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen gegen die ursprüngliche Kostenschätzung der Vergabekammer so weit geschrumpft, dass der öffentliche Auftrag für die Vergabekammer nicht mehr justiziabel ist. Er unterschreitet im Jahr 2015 den Schwellenwert gemäß § 2 VgV.

Die Antragsgegnerin hat unter dem Datum des 02.02.2015 für die nach ihrer Auffassung neu gestartete Vergabe eine Kostenschätzung erstellt, die für die Honorarkosten einen Nettowert von 115.838 € ausweist. Diese Kostenschätzung hat sie am 23.02.2015 während des bereits laufenden Vergabeverfahrens aber noch vor Ablauf der verlängerten Angebotsabgabefrist modifiziert. Während in der ersten Kostenschätzung vom 02.02.2015 die Freianlagen keine Berücksichtigung finden, eine erforderliche und gebotene getrennte Erfassung der Objekte unterschiedlicher Honorarzonen fehlt und nur von den Nettoprojektkosten pauschal auf die Honorare geschlossen wird, stellt die Kostenschätzung vom 23.02.2015 erstmals dezidiert auf die zu erwartenden Planungskosten auf Grundlage der HOAI ab.

Auch diese verbesserte Kostenschätzung weist noch so erhebliche Fehler auf, dass die Vergabekammer sie nicht als Grundlage für die behauptete Unterschreitung des Schwellenwerts heranziehen kann. Die Antragsgegnerin weicht darin erheblich von den maßgeblichen Vorschriften der HOAI ab, ohne die hierzu erforderliche sachliche Begründung darzulegen.

Es ist richtig, dass die Antragsgegnerin die Teilprojekte zunächst getrennt bewertet. Sie bezeichnet genau die zu beauftragenden Leistungsphasen, nämlich die Phasen 1, 2, 3, 5 und 6. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Leistungsphase 4 soweit erforderlich selbst vornehmen und nicht beauftragen will. Das ist Gegenstand des Leistungsbestimmungsrechts. Fehlerhaft, aber von der Vergabekammer nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsgegnerin in ihrer Kostenschätzung die zusammenfassende Betrachtung gemäß § 11 Abs. 2, Abs. 3 HOAI nicht erkannt hat. Die Vergabekammer prüft nur Eingriffe in den Wettbewerb durch eine fehlerhafte Kostenschätzung. Eingriffe sind nicht zu erwarten, wenn die Antragsgegnerin den Wert zu hoch schätzt.

Die Einstufung der Objekte in die Honorarzone III bzw. IV erfolgte in Übereinstimmung mit Anlage 13 Ziffer 13.2 für die Verkehrsanlagen und Anlage 11 Ziffer 11.2 für die Freianlagen. Daher ist die Darstellung der Antragstellerin zu Differenzierung in Freianlagen und Verkehrsanlagen sowie zur Eingruppierung in Honorarzone V in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugend.

Die HOAI legt in § 6, 7 Abs. 1 HOAI Mindesthonorare für die Vergütung fest. Der öffentliche Auftraggeber darf diese Mindesthonorare nicht unterschreiten. Erweisen sich Honorare als preisrechtlich unzulässig, weil sie die in der HOAI vorgegebenen Mindestsätze unterschreiten, gelten die Mindestsätze der HOAI als zwingende Preisvorgabe (vgl. Kesselring/Henning NJW 2014, 2083,2085). Gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 2 HOAI wird das zu Grunde gelegte Leistungsbild für Verkehrsanlagen in § 47 HOAI, für Freianlagen in § 39 HOAI mit den jeweiligen Anlagen 11 und 13 konkretisiert. Unter Zugrundelegung der Leistungsanteile gemäß dem gesetzlichen Leitbild der HOAI hätte für die zu vergebende Leistung der Verkehrsanlagen jeweils ein Prozentsatz von 72 %, für die Freianlagen ein Wert von 61 % des jeweiligen Leistungsbildes angenommen werden sollen.

Die Antragsgegnerin nahm in ihrer Kostenschätzung stattdessen einen Prozentsatz von 43,5 % für die Freianlagen und 46 % für die Verkehrsanlagen an. Sie senkte die in den §§ 39 und 47 HOAI für die Leistungsphasen vorgesehenen Prozentwerte erheblich. Nur in Leistungsphase 5 "Ausführungsplanung" übernahm sie für Freianlagen und Verkehrsanlagen das gesetzliche Leitbild. Die für die Abweichung in der Kostenschätzung erforderliche sachliche Begründung ist den Vergabeakten nicht zu entnehmen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist eine Abweichung von den Leistungsbildern nach HOAI möglich. Der Auftraggeber entscheidet über den Umfang der zu beschaffenden Dienstleistung. Er ist bei der Beschaffungsentscheidung im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei. Die Wahl unterliegt der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers, dessen Ausübung dem Vergabeverfahren vorgelagert ist. Sie muss zunächst getroffen werden, um eine Nachfrage zu bewirken. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung. Einer besonderen vergaberechtlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den Auftraggeber nicht. (OLG Celle, Beschluss vom 24.02.2015, 13 Verg 1/15; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 03.03.2010, VII Verg 46/09; 12.02.2014, Verg 29/13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.07.2014, 15 Verg 4/14) Die Entscheidung für einen bestimmten Leistungsgegenstand muss aber vorab dokumentiert und in der Kostenschätzung abgebildet, sowie den Anbietern mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe transparent mitgeteilt werden. Daran fehlt es hier.

Die Antragsgegnerin hat zum geforderten Leistungsumfang widersprüchlich vorgetragen. Einerseits stellt sie in Übereinstimmung mit Anlage 1 zum Vertragsentwurf dar, dass die Leistungsphasen 1 bis 5 vollständig abzuarbeiten seien, andererseits hat sie vorgetragen, dass in der Leistungsphase 2 gemäß Anlage 11 zu § 39 Abs. 4 HOAI die Entwurfsplanung gemäß Ziffer d) habe entfallen können. Es ist nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin keine Entwurfsplanung wünschte, wenn sie den auszuführenden Entwurf verbindlich vorgibt. Diese konkrete Einschränkung des Leistungsbildes ist jedoch weder in der Vergabeakte ausreichend dokumentiert, noch den Anbietern mitgeteilt worden. Diese singuläre nachvollziehbare Einschränkung des Leistungsbildes rechtfertigt auch nicht weitere Abweichungen in den Leistungsphasen 1, 3 und 6 der Kostenschätzung. Auch die Einschränkungen in der Leistungsphase 6, die immerhin aus Anlage 1 zum Vertragsentwurf mittelbar abgeleitet werden können (ist bis Leistungsphase 5 vollständig abzuarbeiten) bleiben inhaltlich völlig unklar.

Die Antragsgegnerin entwickelte zum Zeitpunkt ihrer Kostenschätzung weder intern konkrete Vorstellungen, welchen Anteil der geforderten Leistungen des jeweiligen Leistungsbildes sie abfordern wollte, noch kommunizierte sie diese Vorstellungen mit den Anbietern. Sie beabsichtigte zum Zeitpunkt der Kostenschätzung, es den jeweiligen Anbietern in ihrem Angebot zu überlassen, in welchem Umfang und zu welchem Anteil das jeweilige Leistungsbild Gegenstand ihrer Leistung sein sollte. Das ist unzulässig, weil es von den Anbietern so verstanden werden kann, dass sie sich verpflichtet fühlen, dass gesamte Leistungsbild für einen Teil des Mindesthonorars erbringen zu müssen. Das wäre ein Verstoß gegen die HOAI.

Stattdessen hätte die Antragsgegnerin auch bei der Erarbeitung der Kostenschätzung notwendig in Leistungsphase 3 der Freianlagen, die gemäß Anlage 11 zu § 39 HOAI mit 16 % gewichtet wird, einzelne der in Anlage 11 detailliert aufgeführten 7 Leistungen (a - g) streichen müssen, um die Absenkung auf 10 % aus der Kostenschätzung vom 23.02.2015 transparent zu begründen. Diese Reduzierung des Leistungsbildes hätte später allen Anbietern mitgeteilt werden müssen, damit diese vergleichbare Angebote abgeben und nicht etwa Teile des geforderten Leistungsbildes streichen oder ihr Angebot auf nicht gewollte Teile des Leistungsbildes beziehen. Daran fehlt es hier.

Erstmals im Nachprüfungsverfahren hat sich die Antragsgegnerin darauf berufen, sie habe bereits bestimmte Elemente der Leistungsphasen als Eigenleistung erbracht. Auch das ist der Vergabeakte nicht entnehmbar und vor allem weder der Antragstellerin als früherer Wettbewerbsteilnehmerin, noch den neu zur Angebotsabgabe aufgeforderten Wettbewerbern mitgeteilt worden. Dabei ist eine solche Anrechnung bestimmter bereits erbrachter Leistungen aus der Wettbewerbsphase durchaus zulässig, wenn man mit den Preisträgern des Planungswettbewerbs weiter verhandelt (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 29.09.2014, VgK-36/2014).

Es ist hier auf der Ebene der Kostenschätzung nicht erkennbar, aus welchen Leistungsobjekten in welchen der Leistungsphasen 1, 2, 3, 5 und 6 bestimmte Leistungen herausgenommen worden sein sollen. Die Kostenschätzung der Antragsgegnerin ist daher fehlerhaft. Sie weicht deutlich von den Vorgaben der §§ 39, 47 HOAI ab, ohne dass eine inhaltlich nachvollziehbare Begründung für die erhebliche Abweichung erkennbar wäre. Die Kostenschätzung muss sich aber an dem objektiv gewollten Vergabegegenstand orientieren.

Die Antragsgegnerin hat einen Vertragsentwurf vorbereitet, der zu einem Honoraranspruch des Auftragnehmers einschließlich eines Umbau- oder Modernisierungszuschlags auf das Honorar gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 HOAI 2013 führt. Dieser Umbau- oder Modernisierungszuschlag ist in der Kostenschätzung nicht enthalten.

Der Umbau- oder Modernisierungszuschlag ist eigentlich für die Modernisierung von Gebäuden entwickelt worden. Diese ist typischerweise mit ungeplanten Überraschungen und Planänderungen verbunden. Obwohl solche Probleme im Tiefbau nur in geringerem Umfang zu erwarten sind, ist er auch für Verkehrs- und für Freianlagen anwendbar (Schultissek HOAI, 2 Auflage, 2014, § 6, Rdnr. 26). In den Vergabeunterlagen vom 04.02.2015, insbesondere §§ 7, 8 des Vertrags ist keine schriftliche Vereinbarung über den Umbau- oder Modernisierungszuschlag auf das Honorar erkennbar. Auch die von der Antragsgegnerin verwendete Anlage ING 2 aus HVA F - StB Ziffer 4.1 und 4.2 Stand 2010 enthält keine solche schriftliche Vereinbarung über den Modernisierungszuschlag. Vielmehr behandelt dieser Passus lediglich andere Zuschläge, die dort detailliert genannt werden. Bei diesen Zuschlägen handelt es sich auch nicht um Konkretisierungen des § 6 Abs. 2 Nr. 5 HOAI, sondern um gesonderte Tatbestände. Mit einer ergänzten schriftlichen Vereinbarung, wie diese inzwischen in der Neufassung der HVA F - StB Stand Dez 2014, Vergabeunterlagen, Ziffer 1.5. Leistungsbeschreibung Honorarermittlung Fachspezifische Hinweise Muster 1.5-3 Ziffer 18.1 vorgesehen ist, wäre es möglich gewesen, den Umbauzuschlag formularmäßig auszuschließen. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, sie habe dieses Formblatt erst am 31.03.2015 nach Abschluss der von ihr betriebenen Vergabe erhalten.

Dieser nachvollziehbare Einwand ist im Außenverhältnis unerheblich. Es gibt gute Gründe dafür, dass eine eher kleine Verwaltung nicht eigene Verwaltungsvorschriften mit den darin liegenden erheblichen Erstellungsrisiken erarbeitet, sondern fremde Verwaltungsvorschriften einer größeren Verwaltung übernimmt. Damit nimmt sie aber auch an dem Risiko des Hauptanwenders teil, dass die Verwaltungsvorschrift fehlerhaft ist (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 29.10.2014, VgK 39/2014) oder dass der Hauptanwender Gesetzesänderungen des Jahres 2013 nicht zeitnah umsetzt.

Die Antragsgegnerin beruft sich darauf, sie habe eine Ausschlussklausel zum Umbauzuschlag nachträglich in den Vertrag verhandeln wollen. Der Umbauzuschlag gehört nicht mehr zu den Mindesthonoraren der HOAI, kann daher verhandelt oder auch ausgeschlossen werden (Schultissek HOAI, 2 Auflage, 2014, § 6, Rdnr. 20). Eine solche Verhandlung über den Vertragsinhalt hat es aber nicht gegeben, obwohl in der übermittelten Vergabeakte das versandfertige Zuschlagsschreiben an die Beigeladene enthalten war. Vereinbarungen über Zuschläge müssen aber (spätestens) mit der Auftragserteilung getroffen werden (Schultissek HOAI, 2 Auflage, 2014, § 6, Rdnr. 18). Das Verhandlungsverfahren ist überdies nur in der VOF, deren Anwendbarkeit die Antragsgegnerin bestreitet, das Regelverfahren. Bei einer wie auch immer gearteten Vergabe unter der in § 26a GemHKVO vorgegebenen Berücksichtigung der Grundsätze der Vergabe und die den Verfahrensablauf bestimmenden Regelungen des Teiles A der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) mit dem Preis als einzigem Zuschlagskriterium ist eine Verhandlung über den zuvor festgelegten Auftragsgegenstand mit einzelnen Wettbewerbsteilnehmern ausgeschlossen.

Angesichts des Dementis der Antragsgegnerin, einen solchen Umbauzuschlag vereinbaren zu wollen, geht die Vergabekammer davon aus, dass es sich hierbei um einen Anwendungsfehler handelte, nicht jedoch um eine beabsichtigte fehlerhafte Honorardarstellung in der Kostenschätzung. Die Antragsgegnerin verwendete das noch auf der alten HOAI 2009 beruhende Formular ING 2 aus HVA F - StB Stand 2010. Nach § 35 Abs. 1 HOAI 2009 war der Umbauzuschlag nur in der Höhe verhandelbar, der Wert von 20 % zudem ein Mindestwert (vgl. Locher Koeble Frick, HOAI 10. Auflage 2010, § 35, Rdnr. 14). Durch die Verwendung des alten Formulars bei Geltung neuen Rechts löst die Antragsgegnerin zwar im Ergebnis einen Umbauzuschlag aus. Auf der Ebene der Kostenschätzung zu Beginn des Verfahrens konnte die Antragsgegnerin aber legitimerweise davon ausgehen, dass ein solcher Umbaukostenzuschlag ausgeschlossen werden sollte, daher nicht anfallen werde.

Das wird gestützt durch die Argumentation der Antragsgegnerin, eine Umgestaltung als Vollausbau sei kein Umbau sondern ein Neubau. Zwar hat die Vergabekammer Zweifel, ob diese Auffassung überzeugend ist, weil auch der Vollausbau nach dem kommunalen Beitragsrecht für Erneuerungen abgerechnet werden muss. Jedoch hat die Antragsgegnerin ihre Auffassung immerhin anhand der Gütestelle Honorar und Vergaberecht belegen können. Die Antragsgegnerin hat zudem in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen, dass wie in dem in Bezug genommenen Artikel der gesamte Oberbau bis hin zum Planum aufgenommen werden solle, und dass darüber hinaus ein Teil der Ver- und Entsorgungsleitungen im offenen Bau erneuert werden soll. Aus der Wettbewerbsakte ist zwar erkennbar, dass Abwasserleitungen teilweise auch im Inliner-Verfahren saniert werden sollten, also im Boden verbleiben (Wettbewerbsvorbereitung, interner Schriftverkehr, Mail vom 08.07.2011, Vermerk xxxxxx). Damit entfällt insoweit ein zeitlicher oder inhaltlicher Zusammenhang zur Baumaßnahme. Jedoch gilt dies nicht für die gesamte Maßnahme.

All das spricht zum einen für einen einem Neubau ähnlichen oder wirtschaftlich gleichwertigen Auftragsgegenstand, zum anderen dafür, dass die Antragsgegnerin den zu erwartenden hohen Aufwand nicht in der Festlegung eines Umbau oder Modernisierungszuschlags vergüten wollte.

Gleichwohl bleiben erhebliche Fehler der Kostenschätzung vom 23.02.2015 bestehen. Fehlt eine ordnungsgemäße Schätzung des Auftragswerts durch die Vergabestelle, kann diese durch die Vergabekammer oder den Vergabesenat erfolgen (OLG Schleswig, Beschluss v. 30.3.2004, 6 Verg 1/03, zitiert nach ; OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.05.2006, Verg W 2 / 06 VergabeR 2007, S. 248).

Die Vergabekammer musste hier eine solche Kostenschätzung erstellen. Dabei hat sie mangels substantiierten Widerspruchs der Antragstellerin zu Gunsten der Antragsgegnerin angenommen, dass die von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Auftragswerte richtig seien. Sie hat für die Kostenschätzung weder die verbindliche Vorgabe einer Honorarzone (kritisch OLG Koblenz, Beschluss vom 29.01.2014 - 1 Verg 14/13; a. A. VK Nordbayern, Beschluss vom 22.01.2015 - 21.VK-3194-37/14) noch die Vorgabe des Mindestsatzes gemäß § 7 Abs. 5 HOAI geändert.

Die Vergabekammer hat auf Hinweis der Antragsgegnerin auch die Addition der Projektwerte innerhalb einer gleichen Leistungsphase gemäß § 11 Abs. 2 HOAI berücksichtigt. Da es sich nicht um eine Option des öffentlichen Auftraggebers handelt, sondern um eine objektive Begrenzung des Honoraranspruchs (zurückhaltend, aber nicht ablehnend Schultissek HOAI, 2 Auflage, 2014, § 11, Rdnr. 12), sieht sich die Vergabekammer veranlasst, diesen Gesichtspunkt in ihrer eigenen Kostenschätzung zu berücksichtigen, obwohl dies in der Kostenschätzung der Antragsgegnerin nicht angelegt war.

Die Vergabekammer übernimmt ebenso für die besonderen Leistungen (Positionen 8 bis 12 gemäß der Anlage Ast 18) den Betrag aus der Kostenschätzung der Antragsgegnerin, da es sich nach ihrer Darstellung bei diesen Positionen um Beratungsleistungen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 HOAI handeln soll. Die von der Antragsgegnerin in der Kostenschätzung vom 23.02.2015 angenommenen und inhaltlich nicht als zu gering bestrittenen Nebenkosten in Höhe von 5 % der Honorarkosten ohne die Kosten für besondere Leistungen werden übernommen. Laut OLG Düsseldorf (baurecht 1990, 640) soll eine Pauschale von 10 % bei einem Bauvorhaben in unmittelbarer Nachbarschaft des Planungsbüros überhöht sein. Die Antragsgegnerin musste in der Kostenschätzung einen Wert für die Nebenkosten zu Grunde legen, der die Entfernung zum Bauprojekt unberücksichtigt lässt. Mit diesen Werten ergibt sich ein Nettoauftragswert unterhalb des Schwellenwertes von 207.000 €.

ProjektWertProzentsatz nach HOAI § 39, § 47Honorar 100 %Honorare nach HOAI
Honorarzone IV1.509.000,00 €72126.432,81 €91.031,62 €
Honorarzone III707.000,00 €7263.411,74 €45.656,45 €
A-platz Freianlagen334.000,00 €6170.775,32 €43.172,95 €
Nebenkosten 5% der HOAI Honorare8.993,05 €
Besondere Leistungen gemäß Schätzung 23.2.1515.000,00 €
Auftragswert203.854,07 €

Auf der Basis des von der Vergabekammer zu beurteilenden Sachverhalts war die vorliegende Vergabe nicht mehr europaweit bekannt zu machen. Die Entscheidung der Antragsgegnerin erweist sich trotz dargestellter Fehler als im Ergebnis zutreffend. Die Vergabekammer ist nicht eingriffsbefugt.

4. Der Vollständigkeit halber werden die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des Nachprüfungsantrags dargestellt, da diese auch Auswirkungen auf die Kostenentscheidung haben.

Die Antragstellerin wäre im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Danach darf jedes Unternehmen einen Nachprüfungsantrag stellen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Die Antragstellerin macht die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend. Zwar hat die Antragstellerin bisher kein Angebot abgegeben; sie hat aber geltend gemacht, von der Unterbreitung eines zuschlagsfähigen Angebots gerade durch das vergaberechtswidrige Verhalten der Antragsgegnerin abgehalten worden zu sein. Ihr Interesse am Auftrag ergibt sich aus der erfolgreichen Teilnahme am Wettbewerb 2012 als erste Preisträgerin, den Rügen und der Erhebung des Nachprüfungsantrags (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 17.03.2011, Az.: VgK-65/2010). Als potentielles Bieterunternehmen hat sie im vorliegenden Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag.

Unerheblich wäre, dass die Antragstellerin als Anlage AS 18 zu ihrem Nachprüfungsantrag den Entwurf eines Honorarangebotes beigefügt hat, welches den Zuschlag in der von der Antragsgegnerin betriebenen Vergabe schwerlich hätte erhalten können. Zwar entfällt die Antragsbefugnis, wenn die Antragstellerin im Vergabenachprüfungsverfahren ein Angebot abgegeben hat, welches keine Chance auf den Zuschlag hat. Jedoch hat die Antragstellerin hier gerade kein Angebot abgegeben, daher alle Optionen für die Abgabe eines im Wettbewerb konkurrenzfähigen Angebotes noch offen. Die Anlage AS 18, in der die Antragstellerin die vorgegebenen Mindestansätze der Honorarzone IV in den Leistungspositionen 3,4, 5, 6, und 7 überschreitet und stattdessen die Mittelsätze der Honorarzone IV zu Grunde legt, dient nicht der abschließenden Darstellung des Angebots der Antragstellerin, sondern soll der Vergabekammer verdeutlichen, dass der Schwellenwert überschritten sei.

Die Antragstellerin macht die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend, indem sie am 18.02.2015 folgende Rügen erhebt:

Die Angebotsunterlagen würden eine Reihe von vergaberechtswidrigen Vorgaben enthalten, nämlich den Verstoß gegen verbindliche Vergütungsvorschriften, den Verstoß gegen den Grundsatz der Transparenz sowie den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Die Antragsgegnerin habe gegen verbindliche Vergütungsvorschriften verstoße, weil die HOAI-Mindestsätze durch Nichtberücksichtigung des Leistungsbildes Freianlagen unterschritten würden. Dieser Rüge wurde durch die Kostenschätzung vom 23.03.2015 abgeholfen. Ebenso fehle es an Transparenz über Umfang und Wert der mit zu verarbeitenden vorhandenen Bausubstanz.

Den Verstoß gegen den Grundsatz der Transparenz führt die Antragstellerin in ihrer Rüge dahin gehend aus, dass entgegen der VOF als alleiniges Zuschlagskriterium der Preis angegeben sei. Die Leistungsbeschreibung enthalte eine unzureichende Beschreibung der geforderten vermessungstechnischen Leistungen, die zum Teil durch den Auftraggeber bereits selbst durchgeführt worden seien. Eine Bewertung der noch geforderten Leistungen sei somit nur schwer möglich. Die Ermittlung der vorgegebenen anrechenbaren Kosten sei nicht nachvollziehbar aufgeführt. Außerdem fehlten der Anlage 8 der Vergabeunterlagen Erläuterungen zu einem mitgelieferten Konzeptentwurf sowie eine weitere Datei und die geforderte leistungsmindernde Bewertung des Konzeptentwurfes für die HOAI-Leitung. Eine Bewertung der Leistungen der Leistungsphase 1 - 3 sei daher nicht möglich. Der Auftragsgegenstand sei somit nicht genau erkennbar. Auch weitere benannte Einflussgrößen für die Ermittlung des Honoraransatzes seien nicht bekannt.

Außerdem verstoße die Antragsgegnerin gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, weil sie vermessungstechnische Leistungen mit Leistungen Objekt und Fachplanung verbinde und daher insoweit spezialisierte Ingenieurbüros bevorzuge.

Die Antragstellerin hat nicht gerügt, dass die in den Leistungsphasen 5 und 6 zu erbringenden Leistungen nicht klar und eindeutig beschrieben seien. Dieser Einwand wäre daher von der Vergabekammer nicht weiter zu prüfen.

Die Anforderungen an die Darlegungslast zur Antragsbefugnis dürfen nicht überspannt werden. Die Antragstellerin hat mit der obigen Rüge zumindest schlüssig dargelegt, dass sie sich durch die geltend gemachten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße in ihren Chancen beeinträchtigt sieht, ein Angebot abzugeben und den Zuschlag zu erhalten. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin schlüssig darlegt, dass sie den Zuschlag bei vergabekonformem Verhalten der Antragsgegnerin auch tatsächlich erhalten hätte. Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrags (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06, Ziff. 1a, zitiert nach VERIS). Erst wenn die Zuschlagserteilung auf das zu erstellende Angebot der jeweiligen Antragstellerin von vornherein und offensichtlich ausgeschlossen ist, weil z.B. etwaige Gründe zum Ausschluss der Antragstellerin evident vorliegen, führt dies zum Wegfall der Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB (Kadenbach in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht-Kompaktkommentar, 3. Auflage, 11. Los, § 107, Rdnr. 39).

Die Antragstellerin hat die von ihr wahrgenommenen Vergaberechtsverstöße in dem Vergabeverfahren 2015 nur teilweise rechtzeitig gerügt. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt wurden. Die Antragsgegnerin hat ursprünglich eine Angebotsabgabefrist bis zum xxxxxx.2015 gesetzt. Sie hat jedoch am 23. Februar 2015 die Frist zur Einreichung von Angeboten bis zum xxxxxx.2015, 10:20 Uhr verlängert. Die Antragstellerin hat daher ihre Rüge vom 18.02.2015 somit innerhalb der Angebotsabgabefrist erhoben.

Dagegen war die Rüge der Antragstellerin vom 26.02.2015 verfristet, weil sie erst nach Ablauf der von der Antragsgegnerin gesetzten Frist zur Angebotsabgabe nämlich am 26.02.2015 um 12:00 Uhr abgesandt und bei der Antragsgegnerin angekommen ist. Dass es sich hier um eine Verzögerung von nur wenigen Stunden handelt, ist vergaberechtlich unerheblich. Somit konnte die Vergabekammer den Inhalt der Rüge, die Vergabe überschreite den Schwellenwert, auch aufgrund der Rügepräklusion nicht berücksichtigen.

Unerheblich ist, dass die Antragstellerin ihre Rüge vom 26.02.2015 auch nicht unterzeichnet hat. Die Rüge wurde per Mail übermittelt, aber in Form eines Briefes abgefasst. Sowohl nach der Darstellung der Antragstellerin in Anlage Ast 13, als auch nach der Dokumentation der Antragsgegnerin wurde der Brief nicht unterzeichnet. Für Rügen ist keine gesetzliche Schriftform vorgegeben. Es ist daher auch möglich, eine Rüge in elektronischer oder in Textform gemäß § 126a, 126b BGB zu versenden, oder auch telefonisch zu erheben (VgK Niedersachsen, Beschluss vom 18.01.2011, VgK-61/2010; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2012 - Verg 30/12; Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Auflage 2014, 12. Los, § 107 GWB, Rdnr. 52). Während das (unterzeichnete) Telefax als vorab versandte Fernkopie dem gesetzlichen Schriftformerfordernis entspricht (BGH, NJW 1994, S. 2097 [BGH 04.05.1994 - XII ZB 21/94]), gilt dies für die E-Mail nur dann, wenn der Empfänger entweder einen qualifizierten Zugang gemäß § 3a VwVfG eröffnet hat, oder aber durch Offenlegung seiner E-Mail-Adresse oder fortlaufende Duldung einer elektronischen Kommunikation über diese Adresse sinngemäß Zustimmung signalisiert hat (vgl. Hoeren in Kilian/Heussen, Computerrecht, 32. Ergänzungslieferung 2013, Rdnr. 16) und der Empfänger keinen Zweifel daran äußert, dass der Absender eindeutig identifiziert sei und Abgabewillen besitze. Der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte hat bisher nur entschieden, dass eine E-Mail mit gescannter Unterschrift, die auf ein Fax gesendet wird, zur Fristwahrung ausreicht (NJW 2000, S. 2340 [GmSOGB 05.04.2000 - GmS-OGB 1/98]). Dennoch kann sogar ein Rechtsbehelf im Verwaltungsrecht auch ohne Unterschrift wirksam eingelegt werden, soweit zweifelsfrei feststeht, dass der Absender sein Schreiben in den Rechtsverkehr bringen wollte und somit eine der Unterschrift gleiche Gewähr für die Urheberschaft und den Rechtsverkehrswillen besteht (BVerwGE 81, S 32; 91, S. 334, 337).

Die Vergabekammer hat am manifestierten Abgabewillen der Antragstellerin keine Zweifel. Hier tritt hinzu, dass sich die Antragsgegnerin rügelos auf die elektronische und nicht unterschriebene Rüge der Antragstellerin eingelassen hat. Auch sie hatte somit keinen Zweifel am Abgabewillen der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin hat selbst vielfältig ohne Unterschrift korrespondiert. Die Rügezurückweisung vom 27.02.2015 ist nicht unterschrieben, die Rügezurückweisung vom 13.03.2015 ist zwar unterschrieben, beantwortet aber die Rüge vom 26.02.2015 weder formal noch inhaltlich. Der Antragstellerin kann daher der Formmangel in der Rüge vom 26.02.2015 nicht angelastet werden. Die Rüge vom 26.02.2015 ist daher formal beachtlich, da der rechtsgeschäftliche Abgabewille trotz Versand mit fehlender Unterschrift erkennbar ist. Die Antragsgegnerin hätte daher die Rüge der Antragstellerin vom 26.02.2015 nicht einfach ignorieren dürfen, sondern sie formal als verfristet zurückweisen müssen.

Mit ihren weiteren Darstellungen in der Rüge vom 04.03.2015 vertieft die Antragstellerin lediglich das bisherige Vorbringen. Eine Prüfung, ob diese Rüge formal unverzüglich gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB erhoben worden ist, kann daher entfallen. Rügen, die bereits nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert sind, wie die Rüge vom 26.02.2015 können nicht zu einem späteren Zeitpunkt erneut unverzüglich erhoben werden.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 26.06.2013 geltenden Fassung.

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens gemäß § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Mangels Angebot der Antragstellerin und weil die Angaben der Antragstellerin in Ast 18 zum Auftragswert nicht überzeugen können legt die Vergabekammer den Wert der eigenen Kostenschätzung von xxxxxx € netto zugrunde. Hinzu kommt die Umsatzsteuer von 19 %. Somit beträgt der Verfahrenswert xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem mutmaßlichen Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Vergabesumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 3, Satz 5 GWB. Danach hat zwar grundsätzlich ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können jedoch diesem auferlegt werden. Die Entscheidung erfolgt nach billigem Ermessen. Hier war zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren in der Sache erfolgreich ist. Andererseits hat die Antragsgegnerin durch die sachlich nicht gerechtfertigte Fiktion eines neu beginnenden Vergabeverfahrens und den darin liegenden Ausschluss der Rechte der Antragstellerin aus § 17 VOF maßgeblich dazu beigetragen, dass die Antragstellerin sich aufgrund unvollständiger Informationen genötigt sehen musste, zunächst Rügen zu erheben. Zur weiteren Durchführung des Vergabenachprüfungsverfahrens kam es, weil die Antragsgegnerin der Antragstellerin ihre Kostenschätzung vom 23.02.2015 nicht offen gelegt hat, überdies die Kostenschätzung fehlerhaft war. Für die Antragstellerin war daher auch bei größtmöglichem Bemühen nicht erkennbar, warum der im Jahr 2012 eindeutig und anhand des Preisgeldes von 30.000 € auch für einen Außenstehenden erkennbar oberhalb des Schwellenwertes angesetzte Auftragswert nun plötzlich unterhalb der Schwelle des § 2 VgV hätte liegen sollen. Außerdem hat die Antragsgegnerin die zu diesem Zeitpunkt nicht anwaltlich vertretene Antragstellerin nicht darauf hingewiesen, dass ihre Rüge vom 26.02.2015 verfristet war. Die Antragsgegnerin hat somit durch Verstöße gegen den gemäß § 97 Abs. 1 GWB verbindlich zu beachtenden Transparenzgrundsatz, durch ein nicht eindeutig und klar beschriebenes Leistungsbild unter Abweichung von den verbindlichen Vorgaben der HOAI maßgeblich dazu beigetragen, dass die erst nach Ablauf der Rügefrist anwaltlich vertretene Antragstellerin zur Wahrung ihrer Rechte dieses Vergabenachprüfungsverfahren anstrengte (vgl. Hardraht/Schulz in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Auflage 2014, 15. Los, § 128 GWB, Rdnr. 24f). Somit waren ihr aus Billigkeitsgründen die Kosten aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin ist von der Pflicht zur Entrichtung ihrer Kosten gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04). Zwar ist das BVwKostG mit Wirkung vom 15.08.2013 aufgehoben worden, jedoch ist es aufgrund der starren Verweisung aus § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB auf das BVwKostG in der Fassung vom 14.08.2013 hier weiter anzuwenden. Inhaltlich entspricht die dortige Regelung § 8 BGebG.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB zu erstatten. Eine dem § 128 Abs. 3 Satz 3, 5 GWB vergleichbare Billigkeitsregelung enthält § 128 Abs. 4 GWB nicht. Vielmehr ist danach ausschließlich auf das Unterliegen des Verfahrensbeteiligten abzustellen.

Aus gegebenem Anlass gibt die Vergabekammer der Antragsgegnerin einen Hinweis zur Möglichkeit der anwaltlichen Vertretung im Vergabenachprüfungsverfahren.

Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird das regelmäßig mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für eine geschulte Vergabestelle mit großer Routine regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10). Bei der Antragsgegnerin ist aus der dargestellten personellen Ausstattung eine solche Routine nicht erkennbar. Aus diesem Grund wären für die Antragsgegnerin die Kosten einer anwaltlichen Beratung hier notwendig und damit erstattungsfähig gewesen.

Das Vergaberecht ist eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB sind, ist auch für eine routinierte Vergabestelle im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.

IV. Rechtsbehelf

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Gaus
Peter
Lohmöller