Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 07.10.2015, Az.: VgK-31/2015

Zurückweisung eines Verfahren zur Vergabe von Bauaufträgen zum Neubau einer Ortsumfahrung

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
07.10.2015
Aktenzeichen
VgK-31/2015
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 30873
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
XXX
gegen
XXX
wegen
Vergabeverfahren Ortsentlastungsstraße xxxxxx, Vergabenummer xxxxxx, Los 2
hat die Vergabekammer durch die Vorsitzende RR'in Meinecke, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.- Ing. Dierks auf die mündliche Verhandlung vom 22.09.2015 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Höhe der Gebühr wird auf xxxxxx € festgesetzt. Auslagen sind nicht entstanden.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragsgegnerin notwendig.

[Gründe]

I.

Mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 schrieb die Antragsgegnerin den Neubau der Ortsumfahrung xxxxxx zwischen der xxxxxx und der xxxxxx mit Anschluss an die xxxxxx im offenen Verfahren als Bauauftrag in 4 Losen aus. Varianten/Alternativangebote wurden nicht zugelassen. Einziges Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der xxxxxx.2015. Das streitgegenständliche Los 2 umfasst die Herstellung eines Brückenbauwerks über die Gleisanlagen.

Mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe erhielten die Bieter u.a. Baubeschreibung, Leistungsverzeichnis, Rahmenterminplan, Planzeichnungen und Bodengutachten.

In Ziffer 1.4. der Baubeschreibung wurden die verbindlich einzuhaltenden Termine vorgegeben. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass die Baudurchführung der Lose aufeinander abgestimmt ist und dass bei verschuldeter Bauzeitverlängerung die zusätzlichen Kosten der anderen Lose zu Lasten des Verursachers gehen.

Ziffer 2.3.5 enthielt u.a. folgende Beschreibung zur Gründung.

"Die Gründungskonzeption wurde auf der Grundlage der Baugrundgutachten der xxxxxx vom 19.04.2012, 22.03.2013 und 26.02.2014 erarbeitet und mit dem Gutachter abgestimmt. Die Baugrundgutachten sind dieser Leistungsbeschreibung als Anlage beigefügt. Die Baudurchführung hat der Empfehlung des Baugrundgutachters zu folgen.

...

Um den Konsolidierungsprozess des wassergesättigten Untergrundes zu beschleunigen, sind im Bereich der Widerlager und Pfeiler eine 2,00 m hohe Überschüttung des Dammes und der Einbau von rd. 28 m tiefen Vertikaldrains erforderlich. Die Vertikaldrains sind mit einem Durchmesser von 30 cm im Dreiecksraster a = 2,10 m auszuführen. Nach einer Liegezeit von bis zu 12 Monaten ist die Überschüttung zur Herstellung der Unterbauten zurückzubauen.

Im Bereich der Pfeiler sind Bodenverbesserungsmaßnahmen in Form von Rüttelstopfverdichtung (RSV) erforderlich, um Setzungsdifferenzen zu minimieren.

Bis zur Unterkante der Fundamente wird eine 10 cm dicke Sauberkeitsschicht eingebaut."

In den Pos. 2.15.10. bis 2.15.30. des konstruktiven Leistungsverzeichnisses sind die Vertikaldrains wie folgt ausgeschrieben:

"2.15.10. Herstellung Sanddrains

Herstellung Sanddrain Bohrverfahren in Rohrlängen 25 bis 30 m.

Durchmesser 300mm.

...

1500 St. Sanddrains.

42.000,000 m ......................... .........................

2.15.20. Füllmaterial liefern und bereitstellen.

...

2.15.30. Bohrgut entnehmen und seitlich lagern

...

Der Rahmenterminplan gab für diese Leistungen einen Zeitraum von 30 Tagen vor.

Innerhalb der Angebotsphase gab es zahlreiche Bieterfragen. Mehrere Bieter sahen sowohl technische als auch zeitliche Probleme, die ausgeschriebenen 1.500 Sanddrains innerhalb der vorgegebenen Zeit herzustellen. Sie verwiesen auf Nachteile für den Auftraggeber und schlugen alternative Maßnahmen vor.

Die Antragsgegnerin prüfte die aufgezeigten Probleme und beriet sich mit ihren Planern und Beratern. Die Beratungen und deren Ergebnis sind in der Vergabeakte in einem Vermerk und im Besprechungsprotokoll vom 06.07.2015 auf den S. 312 bis 321 dokumentiert.

Die Antragsgegnerin entschloss sich, die konstruktive Beschreibung der Bodenverbesserungsmaßnahmen in den Positionen 2.15.10 bis 2.15.30 des Leistungsverzeichnisses durch eine funktionale Beschreibung zu ersetzen und den im Bauzeitenplan vorgesehenen Ausführungszeitraum auf 50 bis 60 Tage zu erhöhen.

Am 06.07.2015 wurden die Bieter über diese Absicht informiert. Gleichzeitig wurde der Termin zur Angebotsabgabe auf den 28.07.2015 verschoben. Am 10.07.2015 wurden die angekündigten Änderungen den Bietern als Download zur Verfügung gestellt. Die Positionen 2.15.10 bis 2.15.30 wurden durch folgende pauschal anzubietende Position 2.15.40 ersetzt:

"2.15.40. Baugrundverbesserung im Bereich BW über DB-Strecke

Im Bereich des Bauwerkes 2 (3-Feld-Brücke über DB Strecke von Straßen-km 0+580 bis 0+710 ist die Vorwegnahme von Setzungen u.a. aus den tieferen Schichten erforderlich. Zur Reduzierung der Setzungen sind in geeigneter Weise unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik Baugrundverbesserungsmaßnahmen erforderlich. Diese Maßnahmen sind am linken und rechten Widerlager notwendig.

Neben den Gründungen von zwei Widerlagern und zwei Pfeilern ist zu beachten, dass für das vorhandene im Betrieb befindliche Gleis nur die max. erlaubten Setzungen entsprechend Regelwerk der DB AG zulässig sind.

Diese gegenseitige Beeinflussung ist auch planerisch zu berücksichtigen.

Eine weitere Schnittstelle ist die verlegte Harzwasserleitung in einem DN 1100 Schutzrohr. Diese Leitung liegt unter dem herzustellenden Wirtschaftsweg und wird zum Zeitpunkt dieser Baumaßnahme schon durch den Leitungsträger verlegt sein.

Die Angaben im Baugrundgutachten, insbesondere die ausgewiesenen Setzungen, sind in geeigneter Weise umzusetzen.

Für den Nachweis der Verbesserungswirkung bzw. zum Nachweis der Setzungsreduzierung können zusätzliche Monitoringmaßnahmen erforderlich werden. Diese Leistungen sind einzukalkulieren.

Die erforderlichen Leistungen für die Ausführungsplanung und ggf. erforderliche statische Berechnungen sind einzurechnen. Gleiches gilt für die Kosten von evtl. erforderlichen Prüf- und Genehmigungsverfahren.

Sind durch diese Baugrundverbesserungen Überschüttungen im Rampenbereich des BW über DB Strecke notwendig, sind diese in dieser Position einzurechnen.

Mit der Angebotsabgabe ist eine detaillierte Beschreibung der Baugrundverbesserungsmaßnahme beizulegen."

Im Rahmenterminplan wurde für die Bodenverbesserungsmaßnahmen eine Ausführungszeit von 60 Tagen angesetzt. Die Baubeschreibung wurde in den Kapiteln 1.3, 1.4, 2.3.5 und 2.3.7 entsprechend abgeändert.

Auf die Bieterfrage Nr. 22 zur neuen Position 2.15.40 teilte die Antragsgegnerin mit Bieterinformationen vom 17.07.2015 mit, die ursprünglich ausgeschriebenen Vertikaldrains mit Überschüttung stellten eine ausführungsreife Variante dar. Dem Bieter bleibe aber freigestellt, ggf. Alternativen anzubieten. Vorstellbar seien andere Drainverfahren mit Überschüttung. Die Bauzeit für dieses Gewerk sei angepasst und verlängert worden. An der vom Auftraggeber vorgegebenen Ausführungsplanung für das Brückenbauwerk 2 ergebe sich durch die funktionale Ausschreibung der Baugrundverbesserung keine Änderung, da in jedem Falle die im Baugrundgutachten ausgewiesenen Setzungen einzuhalten seien. Der Auftraggeber stelle für das Gewerk "Baugrundverbesserung" keine Ausführungspläne zur Verfügung, da das vom Mieter zu kalkulierende Konzept unbekannt sei. Der Bieter habe für seinen Vorschlag alle erforderlichen Ausführungsplanungen und die Statiken prüffähig einzureichen.

Mit Rügeschreiben vom 24.07.2015 beanstandete die Antragstellerin die Änderungen als vergaberechtswidrig. Ursprünglich seien hier zu vergebende Bauleistungen mittels Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis gemäß § 7 EG Abs. 9-12 VOB/A ausgeschrieben worden. Die mit der Änderung neu aufgenommene Position 2.15.40 werde als "funktionale Beschreibung der Bodenverbesserungsmaßnahmen" bezeichnet, erfülle aber nicht die Voraussetzungen einer teilfunktionalen Leistungsbeschreibung gemäß § 7 EG Abs. 13-15 VOB/A, da sie keine dem Wettbewerb unterstellten Planungsleistungen enthalte.

Ohne entsprechende Ausführungspläne des Auftraggebers genüge sie aber auch nicht den Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis gemäß § 7 EG Abs. 9 VOB/A. Die Vergabeunterlagen seien diesbezüglich unbestimmt und ließen eine verlässliche Kalkulation nicht zu. Im Falle einer teilfunktionalen Ausschreibung in Position 2.15.40 seien auch qualitative Elemente zu beurteilen, sodass der Preis als einziges Zuschlagskriterium unzulässig sei. Es fehle an der erforderlichen Ausschreibungsreife. Bei Fortsetzung des insoweit fehlerhaften Verfahrens werde es an einer Vergleichbarkeit der Angebote fehlen. Unter Fristsetzung forderte sie die Antragsgegnerin auf, das Vergabeverfahren in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen.

Mit Schreiben vom 27.07.2015 wies die Antragsgegnerin die Rüge als unbegründet zurück.

Daraufhin wandte sich die Antragstellerin am 07.08.2015 mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Sie trägt vor, da die Antragsgegnerin ihrer rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Rüge nicht abgeholfen habe, habe sie sich wegen des erheblichen auf die Bieter übertragenen Risikos gezwungen gesehen, von einem eigenen Angebot Abstand zu nehmen und zur Reduzierung des Risikos als Mitglied einer Bietergemeinschaft am Wettbewerb teilzunehmen. Gleichwohl habe sie ein Interesse an der Abgabe eines eigenen Angebotes.

Der von ihr beanstandete Ersatz der Positionen 2.15.10 bis 2.15.30 durch die als Position 2.15.40 aufgenommene funktional beschriebene Baugrundverbesserung zu einem Pauschalpreis verletze sie in ihren Bieterrechten.

Gemäß § 7 EG Abs. 9 VOB/A seien Bauleistungen im Regelfall in Form einer Baubeschreibung mit gegliedertem Leistungsverzeichnis der Teilleistungen auszuschreiben. Eine Ausschreibung als Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm komme gemäß § 7 EG Abs. 13 VOB/A dagegen nur ausnahmsweise in Betracht.

Ein Auftraggeber dürfe neben der Bauausführung auch die Planung auf den Auftragnehmer übertragen, um die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechteste Lösung zu ermitteln, wenn dies nach Abwägung aller Umstände zweckmäßig ist.

Die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme seien vorliegend nicht gegeben.

Die Antragsgegnerin habe sich vor Bekanntmachung des Vergabeverfahrens dafür entschieden, die zu vergebenden Bauleistungen als Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis auszuschreiben. An diese Entscheidung sei sie gebunden.

Mit der vorgenommenen Einführung der teilfunktionalen Position 2.15.40 kurz vor Angebotsabgabe versuche sie lediglich, eigene Versäumnisse zu kompensieren, nämlich die fehlende Vergabereife ihrer Planung zu heilen. Hierbei wälze sie die von ihr geschuldeten Planungsleistungen und die damit verbundenen Risiken auf die Bieter ab. Mit dieser Änderung, die erhebliche Auswirkungen auf die Preisermittlung hat, erhalten die Bieter erhebliche Planungs- und Ausführungsfreiheiten. Allein anhand des Zuschlagskriteriums "Preis" könne die Antragsgegnerin nicht ermitteln, welcher Bieter die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechteste Lösung angeboten hat. Wegen der sehr unterschiedlichen Teilleistungen in Position 2.15.40 seien die Angebote nicht vergleichbar.

Nach Akteneinsicht beanstandet sie die Dokumentation in der Vergabeakte, in welcher wesentliche Entscheidungen des Antragsgegners nicht dokumentiert seien.

Die streitbefangene Änderung der Vergabeunterlagen sei vom Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vorgeschlagen worden. Eine nähere Prüfung der Voraussetzungen sei nicht dokumentiert, es sei lediglich vereinbart worden, dass die Ausschreibung entsprechend funktional erfolgen soll. Der undatierte und nicht unterzeichnete Vermerk "Bedenkenäußerung von Bietern in Bezug auf die vorgesehene Ausführungsweise der Gründung des Loses 2..." befasse sich mit den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer funktionalen Ausschreibung und stelle ohne nähere Begründung fest, der Auftraggeber sei nicht - auch nicht unter Einschaltung eines Planungsbüros - in der Lage gewesen, festzustellen, ob vorliegend die Erstellung von Sanddrains oder Streifendrains zweckmäßig sei oder weitere Ausführungsmöglichkeiten bestanden haben. Es fehle jedwede Dokumentation der berücksichtigten Umstände, der technischen und wirtschaftlichen Aspekte und dementsprechend auch des Abwägungsvorgangs. Hätte sich die Antragsgegnerin mit den Voraussetzungen einer funktionalen Ausschreibung auseinandergesetzt, hätte sie bemerken müssen, dass eine funktionale Beschreibung der Leistung neben dem Kriterium des niedrigsten Preises die Festlegung weiterer Zuschlagskriterien erfordert und dass sie an dem vorgenommenen Wechsel gehindert ist.

Es ist zu erwarten, dass sie das Vergabeverfahren ohne die streitbefangene Änderung fortgeführt hätte. In diesem Fall wäre der Antragstellerin die Vorlage eines eigenständigen Angebotes möglich gewesen.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    das Vergabeverfahren zu vorgenanntem Los 2 in den Stand vor Angebotsabgabe zurück zu versetzen und der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ausschreibungsunterlagen nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu überarbeiten;

  2. 2.

    das Vergabeverfahren für die Ortsentlastungsstraße xxxxxx, Vergabenummer xxxxxx, zum Los 2, aufzuheben;

  3. 3.

    die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären und der Antragsgegnerin sämtliche Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Sie hält den Nachprüfungsantrag wegen verspätet vorgetragener Rüge und wegen eines fehlenden Interesses der Antragstellerin am Auftrag für unzulässig und im Übrigen für unbegründet.

Die Antragstellerin habe bereits am 06.07.2015 und detailliert am 10.07.2015 Kenntnis über die streitbefangene Änderung erhalten. Ihre Rüge trug sie erst am 24.07.2015 vor. Da sie am 28.07.2015 als Mitglied einer Bietergemeinschaft ein Angebot vorgelegt habe, sei davon auszugehen, dass sie sich bereits deutlich vor dem 24.07.2015 mit den Vergabeunterlagen auseinandergesetzt habe.

Sie habe selbst kein Angebot vorgelegt; ihr Interesse beziehe sich auch nicht auf den konkreten, sondern auf den ursprünglich als Einheitspreisvertrag ausgeschriebenen Auftrag. Soweit sie durchzusetzen suche, dass der Auftrag als Einheitspreisvertrag ausgeschrieben wird, scheitere dies am Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers. Selbst wenn der Nachprüfungsantrag nicht abgewiesen werde, bestehe nicht die Absicht, zum Leistungsinhalt des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses zurückzukehren.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie habe sich wegen der Übertragung eines größeren Risikos an der Abgabe eines eigenen Angebotes gehindert gesehen, sei darauf hinzuweisen, dass insbesondere bei funktionalen Ausschreibungen regelmäßig Risiken auf die Bieter übertragen werden.

Die Antragstellerin habe zudem ihren Vortrag durch ihr eigenes Handeln widerlegt, denn sie habe sich als Mitglied einer Bietergemeinschaft mit einem Angebot am Wettbewerb beteiligt.

Die streitbefangene Änderung der Leistungsbeschreibung sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Die in § 7 EG Abs. 13 VOB/A genannten Voraussetzungen für eine funktionale Ausschreibung seien vorliegend erfüllt.

Nach Prüfung eingegangener Bedenken und Anregungen zu den Positionen des Titels 2.15. sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass der Amtsentwurf nicht die technische, wirtschaftliche und funktionsgerecht beste Ausführung der Bodenverbesserungsmaßnahmen enthalte. Da nach den Bieterhinweisen verschiedene Ausführungsweisen in Betracht kommen, habe man sich entschieden, die Bodenverbesserungsmaßnahmen funktional auszuschreiben, um das Expertenwissen der Bieter zu nutzen. Hierbei wurden Leistungsziel, Rahmenbedingungen und alle wesentlichen Einzelheiten klar vorgegeben und die Planungsleistungen für diese Position auf die Bieter übertragen. Das Fehlen eigener Ausführungsplanung des Auftraggebers sei Folge dieser Entscheidung und indiziere keine fehlende Vergabereife.

Die funktionale Ausschreibung lediglich der Position 2.15.40 erfordere keine Festlegung zusätzlicher qualitativer Zuschlagskriterien. Den Bietern sei klar, welche Voraussetzungen die von ihnen angebotenen Maßnahmen erfüllen müssen. Solange diese Voraussetzungen erfüllt werden, komme es auf mögliche qualitative Unterschiede nicht an, ausschlaggebend sei allein der Preis.

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 22.09.2015 und die Vergabeakte Bezug genommen.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung der Vorsitzenden vom 03.09.2015 und vom 30.09.2015 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 09.10.2015 verlängert.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Die Antragstellerin wird nicht durch die von ihr beanstandeten Änderungen der Vergabeunterlagen in ihren Bieterrechten aus § 97 Abs. 7 GWB i.V.m. § 7 EG Abs. 13 VOB/A verletzt. Die Änderung der Ausschreibungsbedingungen erfolgte weder in vergaberechtlich relevanter Weise intransparent, noch führte sie zu einer Diskriminierung der Bieter.

Den Bietern wurde mit dem Wechsel zu einer teilfunktionalen Leistungsbeschreibung und der Übertragung bestimmter Planungsaufgaben auch kein für eine funktionale Ausschreibung ungewöhnliches Wagnis auferlegt; die Übertragung solcher Risiken ist der funktionalen Ausschreibung inhärent. Es gibt auch keinen Rechtssatz, der ein bestimmtes Maß der Risikoübertragung festlegt (Näheres dazu siehe unter a)).

Die Dokumentation des Abwägungsprozesses zur Zweckmäßigkeit einer funktionalen Leistungsbeschreibung erachtet die Vergabekammer als ausreichend, zumal auch Gründe während des Nachprüfungsverfahren nachgeschoben wurden, was möglich ist (Näheres dazu siehe unter 2 b)).

Es besteht im vorliegenden Fall auch kein Erfordernis, zur Vergleichbarkeit der Angebote neben dem Preis andere qualitative Wertungskriterien für den Zuschlag zu berücksichtigen. Der Antragsgegnerin kommt es allein auf die Erfüllung eines bestimmten Kriteriums an - nämlich, ob die geforderten Setzungen des Baugrundes innerhalb der vorgegeben Zeit erreicht werden oder nicht - und nicht mehr (Näheres dazu siehe unter c)).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine niedersächsische Gemeinde, somit um eine Gebietskörperschaft gemäß § 2 Abs. 2 NKomVG, § 98 Nr. 1 GWB. Es liegt ein öffentlicher Auftrag gemäß § 99 GWB vor, da die Antragsgegnerin einen entgeltlichen Vertrag über die Herstellung eines Brückenbauwerks über Gleisanlagen (Los 2) im Rahmen von Straßenneubauarbeiten für eine Ortsumfahrung zu schließen beabsichtigt.

Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, welche durch Rechtsverordnung gemäß § 127 GWB festgelegt sind. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VgV enthält eine dynamische Verweisung auf die europarechtlich festgelegten Schwellenwerte, hier die Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13.12.2013. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag i. S. des § 1 EG VOB/A, für den gemäß § 2 Nr. 3 VgV in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.186.000,00 € gilt. Bei den verfahrensgegenständlichen Brückenbauarbeiten handelt es sich um ein Teilgewerk der Gesamtbaumaßnahme Neubau der Ortsumfahrung xxxxxx zwischen der xxxxxx und der xxxxxx mit Anschluss an die xxxxxx. Nach Kosten der Aufstellung der Kosten nach DIN 276 (Stand 28.05.15) werden für die Bauleistungen im Rahmen des Straßenneubaus Gesamtkosten in Höhe von netto xxxxxx € ermittelt. Der Schwellenwert wird bei der nach § 3 Abs. 7 VgV gebotenen Gesamtbetrachtung überschritten. Nach § 3 Abs. 7 Satz 4, 5 VgV gilt diese Verordnung nur dann nicht für die Vergabe einzelner Lose, wenn es sich um Lose handelt, deren geschätzter Wert unter 1 Mio. € liegt, und wenn der Gesamtwert der Lose, bezüglich derer sich der Auftraggeber auf diese Möglichkeit beruft, 20 % des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt. Der von der Antragsgegnerin ermittelte Auftragswert für das streitgegenständliche Los 2 gemäß der Aufstellung der Kosten nach DIN 276, Seite 2 beträgt netto xxxxxx € und liegt damit über diesem Grenzwert.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, obwohl sie kein eigenes Angebot abgegeben hat. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, von der Unterbreitung eines zuschlagsfähigen Angebots gerade durch die von ihr gerügten Vergaberechtsverstöße abgehalten worden zu sein. Ein Interesse am Auftrag ergibt sich unter solchen Umständen aus der entsprechenden Rüge und aus der Anbringung des Nachprüfungsantrags. Denn in dieser Situation erscheint es sinnlos, ein Angebot zu erstellen, weil - sofern in den Vergabeunterlagen tatsächlich Rechtsverletzungen festzustellen wären und die Auftraggeberin an ihrem Beschaffungsvorhaben festhält - ein Zuschlag zu untersagen und das Vergabeverfahren zum Zweck einer Beseitigung von Rechtsverletzungen zurückzuversetzen wäre mit der Folge, dass die Antragstellerin auf der Grundlage berichtigter Vergabeunterlagen erneut Gelegenheit bekommt, ein Angebot zu unterbreiten. In solchen Fällen dokumentiert die Antragstellerin ihr Interesse am Auftrag ausreichend durch die Rüge von Rechtsverstößen bzw. den anschließenden Nachprüfungsantrag (vgl. VgK Niedersachen, Beschluss vom 17.03.2011, VK-65/2010; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013, Verg 7/13). So ist es auch im vorliegenden Fall. Die Antragstellerin macht die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend, indem sie folgende Rügen bzw. rechtliche Einwände erhebt:

- Die mit der Änderung neu aufgenommene Position 2.15.40 werde als "funktionale Beschreibung der Bodenverbesserungsmaßnahmen" bezeichnet, erfülle aber nicht die Voraussetzungen einer teilfunktionalen Leistungsbeschreibung gemäß § 7 EG Abs. 13 bis 15 VOB/A, da sie keine dem Wettbewerb unterstellten Planungsleistungen enthalte.

- Ohne entsprechende Ausführungspläne des Auftraggebers genüge sie aber auch nicht den Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis gemäß § 7 EG Abs. 9 VOB/A. Die Vergabeunterlagen seien diesbezüglich unbestimmt und ließen eine verlässliche Kalkulation nicht zu.

- Im Falle einer teilfunktionalen Ausschreibung in Position 2.15.40 seien auch qualitative Elemente zu beurteilen, sodass der Preis als einziges Zuschlagskriterium unzulässig sei. Es fehle an der erforderlichen Ausschreibungsreife. Bei Fortsetzung des insoweit fehlerhaften Verfahrens werde es an einer Vergleichbarkeit der Angebote fehlen.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat für die obigen Rügen bzw. rechtlichen Einwände zumindest schlüssig dargelegt, dass sie sich durch die geltend gemachten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße in ihren Chancen beeinträchtigt sieht, einzeln ein konkurrenzfähiges Angebot abzugeben und den Zuschlag zu erhalten. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Verg 1/99). Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist letztlich auch keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Nachprüfungsantrags (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06, Ziff. 1a, zitiert nach veris). Erst wenn die Zuschlagserteilung auf das zu erstellende Angebot eines jeweiligen Antragstellers von vornherein und offensichtlich ausgeschlossen ist, weil z.B. etwaige Gründe zum Ausschluss evident vorliegen, führt dies zum Wegfall der Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB (vgl. Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht-Kompaktkommentar, 3. Auflage, 11. Los, § 107, Rdnr. 39). Die Antragsgegnerin hat keine etwaigen Ausschlussgründe hier vorgetragen, noch vermag die Vergabekammer eine solche Evidenz trotz des fehlenden Angebots zu erkennen. Die Antragstellerin ist als leistungsfähiges Unternehmen bekannt.

Die Antragstellerin ist ihrer Verpflichtung aus § 108 GWB, den Nachprüfungsantrag inhaltlich substantiiert abzufassen, nachgekommen.

Die Antragstellerin hat die mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend gemachten Vergaberechtsverstöße auch rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit ein Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Mit Email vom 06.07.2015 wurde zunächst angekündigt, die konstruktive Beschreibung der Bodenverbesserungsmaßnahmen in den Positionen 2.15.10 bis 2.15.30 des Leistungsverzeichnisses zu Los 2 durch eine funktionale Beschreibung zu ersetzen und den im Bauzeitenplan vorgesehene Ausführungszeitraum auf 60 Tage zu erhöhen. Mit Email vom 10.07.2015 hat die Antragstellerin die abschließende Information der Antragsgegnerin zur Änderung der Ausschreibungsbedingungen erhalten. Daneben war in dieser Email auch die Mitteilung zur Verschiebung der Frist zur Angebotsabgabe sowie über die Verlängerung der Zuschlagsfrist angegeben. Die Vergabeunterlage stand im Ordner "Ausschreibung xxxxxx" zum download für die Bieter bereit. Daher ist als Zeitpunkt, wann die Antragstellerin im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkannt hat, frühestens der 10.07.2015 anzunehmen. Die am 24.07.2015 erhobene Rüge erfolgte 13 Tage später.

Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.12.2013, Verg 12/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013, Verg 7/13) kann vorliegend dahinstehen, ob die Präklusionsregel gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 28.01.2010) in den Rs. C-406/08 und C-456/08 überhaupt noch anwendbar ist (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerw 6/10 und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, 13 Verg 8/10). Das OLG München hat in seiner o.g. Entscheidung vom 19.12.2013 festgestellt, dass sich den zitierten EuGH-Entscheidungen zumindest entnehmen lasse, dass der Primärrechtschutz nicht durch zu unklare Anforderungen verhindert werden soll. Das bedeute auch, dass bei einer Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht zu kleinlich zu verfahren ist (ebenso bereits OLG München, Beschluss vom 06.08.2012, Verg 14/12).

Jedenfalls rügte die Antragstellerin die von ihr erhobenen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig bis zum Ablauf der verschobenen Frist zur Angebotsabgabe nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB.

Die Antragstellerin hat ihren Nachprüfungsantrag unter dem 07.08.2015 rechtzeitig gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB, weil innerhalb von 15 Tagen nach Zurückweisung ihrer Rüge vom 27.07.2015, erhoben.

2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet.

Die von der Antragsgegnerin gestellten Ausschreibungsbedingungen sind vergaberechtlich nicht zu beanstanden und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB.

Die Antragstellerin legt eine Rechtsverletzung nach § 97 Abs. 7 GWB i.V.m. § 7 EG Abs. 13 VOB/A dahingehend dar, dass sie sich durch die Änderung der Vergabeunterlagen, die den Bietern die Planung für die Maßnahmen zur Bodenverbesserung und das damit verbundene Risiko auferlegt, an einer selbständigen Beteiligung am Wettbewerb gehindert sieht. Zudem sind aus ihrer Sicht die Faktoren Zeit und Sicherheit als zu bewertende qualitative Unterschiede der funktional ausgeschriebenen Leistung zu berücksichtigen.

Die Umstellung der ursprünglichen Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis zur Teilleistung Bodenverbesserungsmaßnahme innerhalb des Loses 2 auf eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm sieht die Vergabekammer hier als zulässig und zweckmäßig an. In der mündlichen Verhandlung erklärte auch die Antragstellerin, dass sie den Wechsel der Verfahrensart im laufenden Vergabeverfahren grundsätzlich akzeptiert.

a) Grundsätzlich ist eine nachträgliche Änderung der Ausschreibungsbedingungen möglich, sofern diese für alle Bieter transparent und diskriminierungsfrei erfolgt (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 09.10.2013, 17 Verg 6/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013, Verg 31/12). Im vorliegenden Fall sind die Ausführungsplanungen eindeutig Teil der zu erbringenden Leistungen gemäß der Position 2.15.40 der Leistungsbeschreibung zu Los 2:

"Die erforderlichen Leistungen für die Ausführungsplanung und ggf. erforderliche statische Berechnungen sind einzurechnen. Gleiches gilt für die Kosten von evtl. erforderlichen Prüf- und Genehmigungsverfahren." und weiter

"Mit der Angebotsabgabe ist eine detaillierte Beschreibung der Baugrundverbesserungsmaßnahme beizulegen."

Ein solcher Beitrag dient damit der Konzeptionierung und der Planung der Leistung im Rahmen der Angebotsphase und wird dem Wettbewerb unterstellt. Auch die Antragstellerin hat offensichtlich diese Leistung als Mitglied der Bietergemeinschaft erbringen können, da die Bietergemeinschaft ein Angebot eingereicht hat.

Der Wechsel zur funktionalen Leistungsbeschreibung ist in vergaberechtlich beachtlicher Weise transparent erfolgt.

Nachdem die Antragsgegnerin in mehreren Bieterfragen auf technische, wirtschaftliche und zeitliche Schwierigkeiten, nach der ursprünglich vorgegebenen Ausführungsweise der Bodenverbesserungsmaßnahmen mittels 1.500 Vertikaldrains als Sanddrains innerhalb der vorgegebenen Zeit herzustellen, hingewiesen wurde, prüfte die Antragsgegnerin die aufgezeigten Probleme und beriet sich kurz darauf in einer Besprechung vom 06.07.2015 mit ihren Fachplanern (siehe hierzu Besprechungsprotokoll, Seite 312 bis 321 der Vergabeakte). Noch am selben Tag informierte sie die Bieter über ihre Absicht, die konstruktive Beschreibung der Bodenverbesserungsmaßnahmen in den Positionen 2.15.10 bis 2.15.30 des Leistungsverzeichnisses durch eine funktionale Beschreibung zu ersetzen. Darüber hinaus wurde die Angebotsfrist bis zum 28.07.2015 verlängert und allen Bietern damit ausreichend Gelegenheit gegeben, bereits eingereichte Angebote zu ändern bzw. ein neues Angebot zu erstellen. Mit E-Mail vom 10.07.2015 hat die Antragstellerin die abschließende Information der Antragsgegnerin zu dem Wechsel und dass die geänderten Unterlagen im Ordner "Ausschreibung xxxxxx" zum download für die Bieter bereitstehen erhalten. Die E-Mail enthielt ebenso die Mitteilung, dass der im Bauzeitenplan vorgesehene Ausführungszeitraum auf 60 Tage erhöht wurde. Es wurde auch mitgeteilt, dass die Baubeschreibung in den Kapiteln 1.3,1.4, 2.3.5 und 2.3.7 entsprechend angepasst wurde. Die Antragstellerin hat den Erhalt dieser E-Mail mit Telefax vom 13.07.2015 bestätigt. Die Vergabekammer erkennt in all dem ein transparentes Vorgehen der Antragsgegnerin.

Die Änderung der Ausschreibungsbedingungen zu dem streitgegenständlichen Los 2 erfolgte zudem diskriminierungsfrei.

Die Anforderungen, die an eine funktionale Leistungsbeschreibung nach § 7 EG Abs. 13 VOB/A gestellt werden, sind hier erfüllt. Grundsätzlich soll gemäß § 7 EG Abs. 9 VOB/A eine Leistung durch eine Baubeschreibung sowie durch ein in Teilleistungen gegliedertes Leistungsverzeichnis ausgeschrieben werden. Ausnahmsweise darf abweichend neben der Bauausführung auch der Entwurf der Planung auf den Auftragnehmer übertragen werden, wenn dies nach Abwägung aller Umstände zweckmäßig ist (vgl. Franke/Kaiser in Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB Kommentar, 5. Aufl., § 7 EG VOB/A, Rdnr. 206). Insbesondere kann die Vergabekammer die erforderlichen Erwägungen der Antragsgegnerin zur Zweckmäßigkeit einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm nachvollziehen.

Es ist das Ziel eines Auftraggebers, das bestmöglichste Ergebnis (technisch, wirtschaftlich und zeitlich) im Hinblick auf den Beschaffungsgegenstand zu erreichen. Offensichtlich war dies der Auftraggeberin mit der ursprünglichen konstruktiven Leistungsbeschreibung den Bietereingaben folgend jedoch gerade nicht möglich. Aufgrund der verschiedenen Bieterhinweise hat die Antragsgegnerin erkannt, dass auf Bieterseite weiteres Expertenwissen vorhanden ist, welches sie sich zu Nutze machen kann, wenn sie die erforderlichen Maßnahmen zur Vorwegnahme der Setzungen des Bodens nicht vorab festlegt, sondern den Entwurf entsprechender Ausführungsplanungen den Bietern überlässt. Der Wechsel im laufenden Vergabeverfahren zur funktionalen Leistungsbeschreibung zu Los 2 erfolgte hier, um vom bei den Bietern vorhandenen "Know-How" zu profitieren, nicht in erster Linie um Risiken auf die Bieter zu verlagern. Das ist legitim.

Die funktionale Ausschreibung ist - im Gegensatz zur Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung - gerade dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber bestimmte Planungsaufgaben, und auch Risiken, auf die Bieter verlagert. Dass die Bieter dabei unter anderem bei der Konzeptionierung und Planung der Leistung, Aufgaben übernehmen sollen, die an sich dem Auftraggeber obliegen, lässt die funktionale Ausschreibung nicht per se unzulässig werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013, Verg 7/13). Dass ein übernommenes Risiko von den Bieterunternehmen in die Angebote eingepreist wird, nimmt die Antragsgegnerin damit in Kauf. Es liegt im Wesen der funktionalen Leistungsbeschreibung, dass nicht oder nicht genau kalkulierbare und risikobehaftete Leistungen ausgeschrieben werden. Hierin ist keine Rechtsverletzung der Antragstellerin zu erkennen.

Dass die Erwägungen der Antragsgegnerin zur Umstellung auf eine funktionale Leistungsbeschreibung der Baugrundverbesserungsmaßnahme zweckmäßig waren, zeigt sich dadurch, dass kein Bieter die ursprünglich vorgesehene Ausführung des Amtsentwurfs schlussendlich anbietet, nicht einmal die Antragstellerin selbst mit dem Angebot der Bietergemeinschaft, der sie angehört. Es kann dem Auftraggeber nicht verwehrt sein, ein offensichtlich nicht zielführendes Ausführungsvorgehen sehenden Auges beizubehalten.

Die Ausschreibung der beanstandeten Position 2.15.40 ist auch nicht unbestimmt und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Die funktionale Ausschreibung untersteht gemäß § 7 EG Abs. 14 und 15 VOB/A bestimmten Anforderungen und Beschränkungen. Eine Vergabestelle muss bei einer funktionalen Ausschreibung auch selbst planen und die notwendigen Festlegungen treffen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013, Verg 7/13). Die funktionale Leistungsbeschreibung muss alle für die Entwurfsbearbeitung und Angebotserstellung erforderlichen Angaben eindeutig und vollständig enthalten (vgl. Franke/Kaiser in Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB Kommentar, 5. Aufl., § 7 EG VOB/A Rdnr. 212).

Aus Sicht der Vergabekammer hat die Antraggegnerin diese Grundsätze eingehalten. Die Antragsgegnerin hat die Rahmenbedingungen sowie die hiermit zu erreichenden Ergebnisse der Leistung eindeutig und unmissverständlich vorgegeben. Insbesondere hat sie die wesentlichen Einzelheiten der Leistung in der Aufgaben- und Leistungsbeschreibung angegeben. In Position 2.15.40 wird gefordert, dass die vom Bieter vorzulegende Ausführungsplanung in jedem Fall die im Baugrundgutachten ausgewiesenen Setzungen - unabhängig vom Baugrundkonzept - einbeziehen muss. Die funktionale Leistungsbeschreibung betrifft innerhalb des Loses 2 "Brückenbauwerk über Gleisanlagen" lediglich die Bodenverbesserungsmaßnahmen (Gründung) im Wege der Vorwegnahme von Setzungen. Da die Antragsgegnerin hierzu detaillierte Vorgaben macht, besonders durch Verweis auf das in der Vergabeunterlage enthaltene Baugrundgutachten, sieht die Vergabekammer die erforderlichen Anforderungen seitens des Auftraggebers an eine funktionale Leistungsbeschreibung als erfüllt an.

Die Antragstellerin hat als Mitglied der Bietergemeinschaft ein Angebot abgegeben d.h. es war also möglich, die von der Auftraggeberin ausgeschriebene Leistung trotz der Änderungen der Positionen der Baugrundverbesserung anzubieten.

b) Im Gegensatz zur Antragstellerin, die der Auffassung ist, der Abwägungsvorgang, der notwendig ist, um die Zweckmäßigkeit i.S.d. § 7 EG Abs. 13 VOB/A festzustellen, sei hier nicht ausreichend dokumentiert worden - z.B. fehle ein fachtechnisches Gutachten in der Vergabeakte, was sich damit auseinandersetzt, welche anderen Ausführungsweisen neben dem ursprünglichen vorgegebenen Amtsentwurf noch existieren - sieht die Vergabekammer die vorgenommenen Abwägungen zur Zweckmäßigkeit einer funktionalen Leistungsbeschreibung hinsichtlich der Bodenverbesserungsmaßnahmen als ausreichend dokumentiert an. Ausweislich des Protokolls der Besprechung zwischen der Antragsgegnerin und ihren Fachberatern vom 06.07.2015 wurden folgende Möglichkeiten zum Vorgehen der Antragsgegnerin diskutiert:

- Ausschreibung gemäß vorliegendem Leistungsverzeichnis,

- Ausschreibung gemäß den Bieterhinweisen,

- nachträgliche Zulassung von Nebenangeboten.

Selbst wenn nicht alle Details der für die Entscheidung der Antragsgegnerin maßgeblichen Erwägungen dokumentiert sein sollten bzw. auf einzelnen Schriftstücken der Vergabeakte Datum und Unterschrift fehlen, hat die Vergabekammer im vorliegenden Fall keine Zweifel daran, dass in die Entscheidung zur Änderung der Positionen 2.15.10 bis 2.15.30 im Titel 12.15 "Baugrundverbesserung" alle relevanten Umstände, alle wesentlichen technischen und wirtschaftlichen Aspekte eingeflossen sind. Jedenfalls lässt sich der Abwägungsprozess ausreichend dem Protokoll der Besprechung zwischen der Antragsgegnerin und ihren Fachberatern vom 06.07.2015 entnehmen (siehe Seite 317 bis 321 der Vergabeakte).

Zudem genügt es der Dokumentationspflicht, wenn im Vergabenachprüfungsverfahren Gründe nachgeschoben werden, soweit dies in anwaltlichen Schriftsätzen erfolgt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, 13 Verg 15/10, zitiert nach ibr-online; zuvor auch schon OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Juli 2010, Verg 19/10, zitiert nach ). Im anwaltlichen Schriftsatz vom 17.08.2015 führt die Antragstellerin auf, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Baugrundgutachten in den Jahren 2012, 2013 und 2014 die von den Bietern nunmehr vorgeschlagenen Baugrundverbesserungsmaßnahmen technisch noch nicht ausgereift und daher damals nicht ausführbar gewesen seien. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen ging sie davon aus, dass die Gründung des Bodens durch Vertikaldrains mittels Bohrverfahren als wirtschaftlichste Lösung in Betracht komme, da sie annahm, dass mit der Ausführungsweise von Schlitzdrains nicht die erforderliche Tiefe erreicht werden könne. Auch nach Rücksprache mit ihren Fachberatern über Bedenken und Vorschläge der Bieter sah sich die Antragsgegnerin nicht in der Lage, sicher zu beurteilen, ob die von den Bietern vorgeschlagenen alternativen Baugrundverbesserungsmaßnahmen mit einem vertretbaren Risiko ausführbar sind, und ob es weitere wirtschaftliche Maßnahmen auf dem Markt gibt. Sie wusste schlicht nicht besser um weitere andere Ausführungsmöglichkeiten, bzw. um die wirtschaftlichste Ausführungsweise.

Die Vergabekammer weist darauf hin, dass die Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, XZB 4/10, Rdnr. 71 bis 73) nur noch in seltenen Fällen dazu führt, dass eine Vergabeentscheidung aufgehoben werden muss. Nach der neueren Rechtsprechung zur Dokumentationspflicht und zum Beschleunigungsgrundsatz (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2011, Verg 63/10, Beschluss vom 08.09.2011, Verg. 48/11; OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, 13 Verg 15/10) ist eine etwaige Wiederholung einer Wertung aufgrund von Dokumentationsmängeln nur geboten, wenn eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung bei alleiniger Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation im Nachprüfungsverfahren zweifelhaft ist. Selbst wenn also ein Dokumentationsmangel vorliegen sollte, führt das in der Praxis eher selten zu einer Maßnahme nach § 114 GWB. Die Vergabekammer Niedersachsen hat ergänzt (Beschluss vom 05.12.2013, VgK-39/2013), dass die Dokumentationspflicht auch in Ansehung der Rechtsprechung des BGH fortbesteht. Die Dokumentationspflichten der Vergabe- und Vertragsordnungen sind eine wesentliche Säule des vergaberechtlichen Transparenzgebotes gemäß § 97 Abs. 1 GWB. Sie wären völlig wirkungslos und überflüssig, wenn man den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit einräumen wollte, jegliche fehlende Dokumentation, sei der betroffene Wertungsvorgang bzw. der zu dokumentierende Sachverhalt auch noch so wichtig, jederzeit erst aufgrund eines Nachprüfungsantrags einfach nachreichen zu können. Vielmehr ist der öffentliche Auftraggeber weiterhin gehalten, einen überhaupt nicht dokumentierten Wertungsabschnitt erneut oder ggf. erstmalig durchzuführen und dann zeitnah zu dokumentieren. Derartige Verstöße liegen jedoch hier nicht vor, so dass die Vergabekammer keinen Anhaltspunkt hat, von einer Verletzung der Dokumentationspflicht auszugehen.

c) Die Vergabekammer sieht entgegen dem Vortrag der Antragstellerin auch kein Erfordernis anderer qualitativer Kriterien für den Zuschlag und hält das alleinige Zuschlagskriterium Preis im hier vorliegenden Fall für geeignet.

Nach Art. 53 Abs. 1 i.V.m. Erwägungsgrund 46 RL 2004/18/EG wird der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis oder auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. In § 97 Abs. 5 GWB hat sich der deutsche Gesetzgeber für die Maßgeblichkeit des wirtschaftlichsten Angebots entschieden. Allgemein ist unter dem Begriff der Wirtschaftlichkeit zu verstehen, dass es beim Zuschlag nicht allein auf den niedrigsten Preis, sondern auf die günstigste Relation zwischen der ausgeschriebenen Leistung und die dafür aufzuwendenden Finanzmittel ankommt (vgl. Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Aufl., § 97 GWB, Rdnr.134).

Im Rahmen funktionaler oder nur teilfunktionaler Ausschreibung von Bauleistungen ist der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium grundsätzlich wegen des qualitativen Elements von Planungsleistungen ungeeignet, weil eine allein am Preis ausgerichtete Wertung der Angebote qualitative Elemente von Planungsleistungen nicht berücksichtigt. Der Preis als einziges Zuschlagskriterium kommt jedoch bei richtlinienkonformer Auslegung des § 97 Abs. 5 GWB dann in Betracht, wenn andere Kriterien nicht geeignet erscheinen oder nicht erforderlich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 07.10.2004, C-247/02; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2013, VII-Verg 22/13; Beschluss vom 09.02.2006, VII-Verg 66/08; Maibaum in Hattig/Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht, 2. Aufl. § 97 GWB Rdnr. 186). Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn nach der konkreten Bestimmung des Leistungs- bzw. Beschaffungssolls homogene, sich nur im Angebotspreis unterscheidende Angebote zu erwarten sind (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 05.12.2008, 1 Verg 9/08; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Aufl., § 97 GWB, Rdnr. 135). Mit anderen Worten, wenn die Leistung in allen für die Zuschlagsentscheidung in Betracht kommenden Punkten in den Vergabeunterlagen hinreichend genau definiert ist, ist der Preis als alleiniges Kriterium für die Zuschlagsentscheidung zulässig (vgl. so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.2014, Verg 17/13; aktuell VK Niedersaschen, Beschluss vom 12.06.2015, VgK 17/2015). Auch die Antragstellerin selbst trägt unter Ziffer 2 auf Seite 9 des Nachprüfungsantrages vor: "Der Angebotspreis als alleiniges Zuschlagskriterium ist nur dann statthaft, wenn die von der Vergabestelle beanspruchte Leistung hinreichend detailliert beschrieben ist, sodass insoweit vergleichbare Angebote vorliegen."

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Es handelt sich bei den ausgeschriebenen Bodenverbesserungsmaßnahmen um eine Teilleistung, - nämlich lediglich die Vorwegnahme der Setzungen des Bauuntergrundes. Die Rahmenbedingungen und wesentlichen Einzelheiten, u.a. die Setzungsberechnungen der xxxxxx vom 26.02.2014, für die von den Bietern zu erbringenden Entwurf der Planungsleistungen sind in den Vergabeunterlagen für die Bieter vorgegeben. Insbesondere sind die Details für die Planungsleistungen durch die beiden in den Vergabeunterlagen enthaltenen Baugrundgutachten definiert. Entscheidend ist doch, dass die verbindliche Vorgabe zu vergleichbaren Angeboten führt, die dem später zu erbringenden Leistungsprofil entsprechen.

Eine Vergleichbarkeit der Angebote sieht die Vergabekammer hier durch die genauen Vorgaben für alle Bieter sichergestellt. Insoweit erscheinen der Vergabekammer im vorliegenden Fall keine anderen Kriterien erforderlich und das Zuschlagskriterium Preis allein als zulässig. Der Antragsgegnerin kommt es in Bezug auf die Teilleistung Bodenverbesserungsmaßnahme innerhalb des Loses 2 nicht darauf an, eine gestalterisch beste und funktionsgerechteste Lösung durch den Wettbewerb zu ermitteln. Die Funktion der Position 2.15.40 - Tragfähigkeit des Bodens für das zu erstellende Brückenbauwerk - ist klar festgelegt, sodass die Vergabekammer die Gefahr, dass auf die funktionale Leistungsbeschreibung unterschiedliche Funktionalitäten angeboten werden nicht sieht. Jeder Bieter muss damit rechnen, dass ein Konkurrent andere Verfahren einsetzt, die sich aus dessen Sicht als kosteneffizient erwiesen haben und im Wettbewerb Vorteile aufweisen.

Die allgemeinen Grundsätze des Vergabeverfahrens, wie sie auch in § 97 Abs. 5 GWB normiert sind, sind erst berührt, wenn die Bestimmung des niedrigsten Preises allein als Zuschlagskriterium zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. offen oder verdeckt zu einer positiven oder negativen Diskriminierung von Unternehmen führt. Anhaltspunkte für eine solche Diskriminierung hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch sind sie der Vergabekammer ersichtlich.

Soweit die Antragstellerin meint, dass nach Änderung der Ausschreibungsbedingungen ohne als Zuschlagskriterium auch qualitative Elemente zu berücksichtigten - insbesondere seien die Faktoren Zeit und Sicherheit der zeitlichen Umsetzung hier beachtlich - ein überhöhtes Haftungsrisiko auf die Bieter übertragen werden würde, folgt die Vergabekammer dem nicht. Die Antragsgegnerin hat als Vergabestelle die zeitlichen Risiken nach ihrem eigenen Ermessen in der Baubeschreibung geregelt. Die Antragsgegnerin verfolgt hierbei nur das Ziel, innerhalb des von ihr gesetzten Zeitplanes gemäß Ziffer 1.4 der Baubeschreibung und des Rahmenterminplans Maßnahme Nr. 36, geeignete Maßnahmen zur erforderlichen Bodenverbesserung zum günstigen Preis angeboten zu bekommen. Das Kriterium, auf das es hier der Antragsgegnerin alleine ankommt, ist, ob die Setzungen erreicht werden oder nicht. Letztlich ist dies aufgrund des Leistungsbestimmungsrechts eines Auftraggebers Sache der Antragsgegnerin. Diese will eben gar nicht mehr als die Einhaltung der von ihr geforderten Mindestanforderungen. Auf einen Wettbewerb um eine kürzere Zeit zur Erreichung dieses Ziels, kommt es der Antragsgegnerin gar nicht an. Insofern besteht hier kein Bedarf für ein solches qualitatives Element. Auch der Faktor Sicherung der zeitlichen Umsetzung wird über den Preis dargestellt, indem gemäß Ziffer 1.4 auf Seite 6 der Baubeschreibung die zusätzlichen Kosten für zeitliche Verzögerungen zulasten der darauffolgenden Lose den Bietern auferlegt werden. Das damit übernommene Haftungsrisiko rechnet ein Bieter in sein Angebot eben ein.

Die Vergabeunterlage definiert die Leistung hinreichend klar, sodass im vorliegenden Fall eine Bewertung der eingereichten Angebote allein anhand des Preises nicht zu beanstanden ist.

Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ist daher nicht erkennbar.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Die in Ziffer 3 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zu Grunde zu legende Auftragswert für das hier allein verfahrensgegenständliche Los 2 beträgt netto xxxxxx € bzw. brutto xxxxxx €. Dieser Betrag entspricht der Schätzung der Auftraggeberin für Los 2 und damit dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hat.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB zu erstatten.

Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird das regelmäßig mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für eine geschulte Vergabestelle mit großer Routine regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind. Denn dann ist, zumindest bei größeren Auftraggebern, die die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen, der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestelle grundsätzlich auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sein muss (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012, Verg 8/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10).

Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist also zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Wenn aber zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzutreten, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.

Nach dieser Maßgabe war es für die Antragsgegnerin im vorliegenden Vergabeverfahren notwendig, einen Bevollmächtigten zu beauftragen, denn der Nachprüfungsantrag betraf nicht bloß einfach gelagerte Fragestellungen des gewöhnlichen materiellen, in den Vergabe- und Vertragsordnungen geregelten Vergaberechts, das eine Vergabestelle nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung zumindest in der Regel auch ohne anwaltlichen Beistand rechtlich bewerten, einordnen und vertreten muss. Streitgegenstand waren hier insbesondere Detailfragen zu Zweckmäßigkeitserwägungen im Rahmen einer Änderung der Ausschreibungsbedingungen sowie zum Erfordernis weiterer qualitativer Elemente als Zuschlagskriterien neben dem Preis. Hinzu kommt die selten anzutreffende Konstellation, dass die Antragstellerin das Vergabeverfahren gerügt und ein Vergabenachprüfungsverfahren angestrengt hat, ohne ein eigenes Angebot abgegeben zu haben. Diese Fragen bedurften einer umfassenden und fundierten Entgegnung auch vor dem Hintergrund, dass Nachprüfungsverfahren unter einem erheblichen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen.

Zudem verfügt die Antragsgegnerin nicht über eine eigene selbständige Rechtsabteilung. Die Antragsgegnerin beschäftigt einen Volljuristen, der Aufgaben eines allgemeinen Justiziariat wahrnimmt, insbesondere aber zuständig ist für Personalrecht. Das Referat Betriebswirtschaft und Zentrale Vergabestelle ist mit einer Mitarbeiterin, die keine juristische Ausbildung hat, besetzt. Somit verfügt die Auftraggeberin nicht über eine ausreichende personelle Ausstattung und Erfahrung im Vergaberecht. Die Notwendigkeit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes für den öffentlichen Auftraggeber ist gegeben, wenn bei dem Auftraggeber vorhandenes juristisches ausgebildetes Personal im Nachprüfungsverfahren nicht versiert ist und mit anderen Unternehmensaufgaben als der Wahrnehmung von Nachprüfungsverfahren hinreichend ausgelastet ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.07.2000, VII-Verg 1/00). Eine Routine in detaillierten vergaberechtlichen Fragestellungen im Rahmen von EU-weiten Ausschreibungen ist demnach ebenso nicht erkennbar.

Es war daher festzustellen, dass für die Antragsgegnerin die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten mit entsprechenden prozessualen Kenntnissen notwendig war.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Meinecke
Rohn
Dierks