Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 19.01.2015, Az.: VgK-47/2014
Europaweite Ausschreibung der Herstellung einer Metallbau-Fassadeim Rahmen des Neubaus einer Schule im offenen Verfahren als Bauauftrag
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 19.01.2015
- Aktenzeichen
- VgK-47/2014
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 11162
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 101a GWB
- § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A
In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragstellerin -
gegen
den Landkreis xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegner -
Beigeladene:
xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Beigeladene -
wegen
Neubau der xxxxxx Schule Leistung: Metallbau Fassade.
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Dipl. Ing. Lohmöller auf die mündliche Verhandlung vom 19.01.2015
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Höhe der Gebühr wird auf xxxxxx € festgesetzt. Auslagen sind nicht entstanden.
- 3.
Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für den Antragsgegner notwendig.
- 5.
Die Antragstellerin hat der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Beigeladene notwendig.
Gründe
I.
Die Vergabestelle als Antragsgegner hat im Rahmen des Neubaus der xxxxxx Schule die Herstellung der Metallbau-Fassade mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2014 europaweit im offenen Verfahren als Bauauftrag gem. VOB/A ausgeschrieben. Gem. Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung waren Nebenangebote nicht zulässig und gem. Ziffer IV.2.1) der Bekanntmachung sollte der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgen. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der xxxxxx.2014, 13:00 Uhr.
Die technischen Details zur Herstellung der Fassade waren in dem mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe übersandten Leistungsverzeichnis geregelt. Dort hatte der Antragsgegner zu der Position A0006 u. a. folgende Anforderungen an die zu verbauenden Glasqualitäten festgelegt:
Wärmeschutzverglasung WSV 1:
Gesamtenergiedurchlasswert: g >= 0,62
Lichttransmission: TL>= 0,73 +/- 5 %
Sonnenschutzverglasung SSV 1:
Gesamtenergiedurchlasswert: g =< 0,34
Lichttransmission: TL>= 0,63 +/- 5 %
Sonnenschutzverglasung SSV 2:
Gesamtenergiedurchlasswert: g =< 0,29
Lichttransmission: TL>= 0,54 +/- 5 %
Weiterhin war im Leistungsverzeichnis hinsichtlich des Wärmeschutzes der verschiedenen Elemente der Pfosten-Riegel-Fassade u. a. zu den Positionen 03.4 und 03.7 und der Fensterelemente zu den Positionen 04.3, 04.5 und 04.7 folgendes geregelt:
Wärmeschutz gesamtes Element
U-Wert Gesamtbauteil =< 0,9 W/m2 K
Gem. Pos. A0011 des Leistungsverzeichnisses behielt sich der Antragsgegner vor, den Nachweis der U-Werte für jede einzelne Position im Sinne einer technischen Angebotsaufklärung von den Bietern einzufordern.
Der Antragsgegner teilte in einer Bieterinformation mit, dass die Fassade die Anforderungen hinsichtlich des U-Wertes von 0,9 erfüllen müsse. Der g-Wert dürfe die geforderten 62 % um bis zu drei Prozentpunkte über/unterschreiten. Laut Angabe des Energieplaners gebe es ein Glas mit einem U-Wert von 0,5, das dabei einen 61% g-Wert biete. Ein konkretes Produkt, welches die Anforderungen erfülle, wurde genannt. Nach aktueller Einschätzung sei auch die Verwendung einer Verglasung mit einem U-Wert von 0,6 möglich, sofern das Rahmenmaterial entsprechend hochwertig gewählt werde.
Aufgrund der Vergabeunterlagen gingen bei dem Antragsgegner 12 Angebote ein, von denen alle mit Ausnahme des Angebots der Beigeladenen ausgeschlossen wurden. Die Beigeladene hat das preislich höchste Angebot abgegeben.
Die Prüfung, ob das jeweilige Angebot die technischen Anforderungen erfüllt, gliederte der Antragsgegner in drei Schritte. Zunächst prüfte der Antragsgegner, ob das angebotene Produkt die formalen Anforderungen erfüllte. Drei Bieter hatten Fassadenelemente in einer Ansichtsbreite von 50 mm angeboten, statt der geforderten 60 mm.
Mit Schreiben vom 16.10.2014 forderte der Antragsgegner verschiedene ergänzende Unterlagen unter Fristsetzung bis zum 22.10.2014 von der Antragstellerin an. Unter der lfd. Nr. 6 des Schreibens forderte er "alle Produktdatenblätter zu den angegebenen Fabrikaten/Typ" an. Er prüfte anhand der Produktdatenblätter, ob die vorgesehenen Glasprodukte die Anforderungen, insbesondere den Gesamtenergiedurchlass (gefordert >= 0,62) und den Lichttransmissionswert (gefordert >= 0,73) erfüllten. Vier Bieter verwendeten Gläser, die nicht den Anforderungen entsprachen.
Die Antragstellerin legte alle geforderten Unterlagen fristgerecht vor. Hinsichtlich des in die Positionen 04.3, 04.5 und 04.7 einzubauenden Wärmeschutzglases vom Typ WSV 1 legte sie ein Produktdatenblatt des Typs xxxxxx 73/62 vor, das hinsichtlich der geforderten Lichttransmission und des Gesamtenergiedurchlasswertes den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses entsprach. Hinsichtlich des in die U-Wert-Berechnung des gesamten Elementes einfließenden Faktors Ug war dort ein Wert von 0,6 ausgewiesen.
Schließlich forderte der Antragsgegner mit Schreiben vom 27.10.2014 u. a. den "U-Wert Nachweis incl. vollständiger Berechnung für jede Position der Titel 03 "Pfosten-Riegel-Fassaden" sowie Titel 04 "Elementrahmentüren und -fenster" incl. Rechenweg und Darstellung der Ergebnisse mit mind. 2 Nachkommastellen" von der Antragstellerin an. Auch diesen Nachweis legte die Antragstellerin fristgerecht vor.
Die Wärmedurchgangsberechnung zu den Positionen 04.3, 04.5 und 04.7 führte die Antragstellerin in ihrem Nachweis mit einem Ug-Wert von 0,5 W/m2 K durch.
Mit Bieterinformationsschreiben gem. § 101a GWB vom 24.11.2014 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass deren Angebot von der Vergabe ausgeschlossen wurde, da ein Ausschlussgrund nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 2 bzw. 16 VS Abs. 1 Nr. 2 VOB/A vorliege. Zur weiteren Begründung führte sie in einer Anlage zum Bieterinformationsschreiben Folgendes aus:
"In den Pos. 03.4+03.7-Pfosten-Riegel-Fassade wurde seitens des Bieters folgendes Produkt angeboten: xxxxxx. Dieses Produkt entspricht in den U-Werten (gefordert <= 0,9/angeboten 0,94 und 0,92) nicht der geforderten Qualität und ist somit nicht als gleichwertig einzustufen. Somit ist das Angebot aufgrund von Änderungen an den Verdingungsunterlagen gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 b) i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A von der weiteren Wertung auszuschließen."
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.11.2014 rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebotes im Wesentlichen unter der Begründung, dass es hinsichtlich der Angabe eines Wärmedurchgangskoeffizienten verkehrsüblich sei, auf die zweite Nachkommastelle zu verzichten und dass das von ihr angebotene Fabrikat somit keine mindere Qualität als die geforderte aufweise.
Der Antragsgegner wies die Rüge mit Schreiben vom 03.12.2014 unter der Begründung zurück, dass er im Leistungsverzeichnis unmissverständlich einen Wert von =< 0,9 W/m2 K gefordert und mit Schreiben vom 27.10.2014 eine Berechnung und Darstellung des Wertes mit mindestens zwei Nachkommastellen gefordert habe. Die von der Antragstellerin angebotenen Produkte erfüllten mit Werten von 0,94 und 0,92 W/m2 K somit nicht die Anforderungen der Vergabeunterlagen.
Nach der Rügezurückweisung beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 04.12.2014 die Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens.
Der Antrag sei zulässig, da vorliegend der Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB i. V. mit § 2 VgV überschritten werde, die Antragstellerin ihr Interesse an dem Auftrag durch Abgabe eines Angebotes bekundet und geltend gemacht habe, dass ihr ein Schaden drohe, weil sie bei Nichtausschluss ihres Angebotes den Zuschlag erhalten würde, da sie ein wirtschaftlicheres Angebot als die Beigeladene abgegeben und schließlich auch unverzüglich nach Zugang des Ausschlussschreibens eine Rüge ausgesprochen habe.
Der Antrag sei auch begründet. Insbesondere treffe die Behauptung des Antragsgegners, die von der Antragstellerin zu den Pos. 3.4 und 3.7 angebotenen Produkte entsprächen nicht den geforderten Qualitäten, da diese nicht Produkte mit U-Werten =< 0,9 sondern mit 0,92 und 0,94 angeboten habe, nicht zu.
Zum einen sei die zweite Nachkommastelle bei der Angabe von U-Werten für Fenster und Fassaden nicht relevant und zum anderen habe der Antragsgegner auch nur eine und nicht zwei Nachkommastellen ausgeschrieben. Die Vergabestelle müsse gem. § 7 EG Abs. 2 VOB/A bei der Ausschreibung die verkehrsüblichen Bezeichnungen beachten. Diese würden vorliegend durch die deutschen und europäischen Produktnormen geprägt. Demgemäß habe der Bieterkreis die Ausschreibung so verstehen müssen, dass zum Nachweis eines zweiwertig angegebenen U-Wertes eine zweiwertige Angabe ausreiche und die zweite Nachkommastelle nicht erheblich sei.
So sei nach Erlass der EnEV 2009 ausgiebig diskutiert worden, ob für den Nachweis von Wärmeschutzanforderungen eine oder zwei Nachkommastellen ausreichend seien. Der Verband für Fenster- und Fassadentechnik und der Bundesverband Flachglas hätten dazu im Ergebnis am 23.09.2009 festgestellt, dass Ug-Werte für Glas normenkonform immer auf eine Dezimalstelle gerundet anzugeben seien. Auch nach der amtlichen Auslegung XII-8 zu den Anlagen 1, 2 und 3 der EnEV sei es ausreichend, den U-Wert mit zwei wertanzeigenden Stellen, also mit einer Nachkommastelle anzugeben. Dementsprechend sei ein Wärmedurchgangskoeffizient, der in der EnEV 2009 noch mit 1,30 W/m2 k angegeben wurde nunmehr in der EnEV 2014 mit 1,3 W/m2 k ausgewiesen. Und schließlich sei hinsichtlich der maßgeblichen europäischen Produktnormen auf die DIN EN ISO 10077-1 hinzuweisen. In den dortigen Tabellen auf Seite 35 und 36 würde der U-Wert für ein Fenster immer nur mit einer Nachkommastelle ausgewiesen, auch wenn der U-Wert unterhalb 1,0 liege.
Zusammengefasst sei es verkehrsüblich, die U-Werte für Fenster und Fassaden nur mit einer Nachkommastelle anzugeben. Wenn der Antragsgegner einen anderen als den verkehrsüblichen Wertebereich hätte berücksichtigen wollen, hätte er den Wert zumindest mit zwei Nachkommastellen, also mit 0,90 angeben müssen. Soweit die Vergabestelle in diesem Zusammenhang auf die Merkblätter der Kreditanstalt für Wiederaufbau hingewiesen habe, gehe dieser Hinweis fehl. Die dortigen Richtlinien beträfen einen Sonderfall, nämlich die Nachweise für KfW Effizienzhäuser. Bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben handele es sich aber um eine Gesamtschule, für die die deutschen und europäischen Produktnormen maßgebend seien.
Schließlich dürfe ihr Angebot auch nicht wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen unter der Begründung ausgeschlossen werden, dass sie die Wärmedurchgangsberechnung zu den Positionen 04.3, 04.5 und 04.7 mit einem Ug-Wert von 0,5 W/m2 K statt mit dem Ug-Wert des Produktdatenblattes von 0,6 W/m2 k durchgeführt habe. Zunächst habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 16.10.2014 die Produktdatenblätter für die einzusetzenden Gläser angefordert, die Grenzwerte für die Lichttransmission und den Gesamtenergiedurchlass enthalten hätten. Da ein bestimmter Ug-Wert dort nicht gefordert war, habe die Antragstellerin das ihr vorliegende Datenblatt eingereicht, das den geforderten Werten für die Lichttransmission und den Gesamtenergiedurchlass entsprochen habe. Erst nachdem die Antragstellerin mit Schreiben vom 27.10.2014 den U-Wert-Nachweis gefordert habe, habe sich bei der Berechnung herausgestellt, dass der geforderte U-Wert für das Gesamtbauteil von 0,9 W/m2 K nur mit einem Ug-Wert von 0,5 W/m2 K habe erreicht werden können. Da der angebotene Glastyp xxxxxx 73/62 auch mit einem Ug-Wert von 0,5 W/m2 K verfügbar sei, habe die Antragstellerin die Berechnung auch mit diesem Wert durchführen können.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
dem Antragsgegner aufzugeben, den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu erteilen,
- 2.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin für notwendig zu erklären,
- 3.
dem Antragsgegner die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen und
- 4.
der Antragstellerin Akteneinsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt:
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
- 2.
der Antragstellerin nur Akteneinsicht unter Wahrung der Betriebs - und Geschäftsgeheimnisse der Verfahrensbeteiligten zu gewähren,
- 3.
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen sowie
- 4.
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsgegner für notwendig zu erklären.
Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet.
Die von der Antragstellerin zu den Pos. 03.4 und 03.7 angebotenen Pfosten-Riegel-Fassaden würden den vom Antragsgegner geforderten U-Wert von =< 0,9 W/m2 K mit Werten von 0,92 und 0,94 überschreiten. Dies stelle eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen nach § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A dar, was nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b) VOB/A den zwingenden Angebotsausschluss zur Folge habe. Änderungen könnten in Ergänzungen und Streichungen bestehen, sie lägen aber auch dann vor, wenn der Bieter eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbiete. Durch diese Bestimmung werde insbesondere auch der Fall erfasst, dass ein Fabrikat oder Produkt angegeben werde, das nicht den Vorgaben der Leistungsbeschreibung entspreche.
Hinsichtlich des Vortrages der Antragstellerin zu den verkehrsüblichen Bezeichnungen sei es zutreffend, dass der U-Wert transparenter Bauteile nach den europäischen Produktnormen generell nur mit zwei wertanzeigenden Stellen angegeben werde. Diesbezüglich sei in der EnEV 2014 auf die dritte wertanzeigende Ziffer, die erst durch die EnEV 2009 eingeführt wurde, wieder verzichtet worden. Dies bedeute, dass bei Werten über 1,0 nur noch die erste Nachkommastelle anzugeben sei. Dies bedeute aber auch, dass es bei Werten unterhalb von 1,0 W/m2 k bei der Angabe der zweiten Nachkommastelle bleibe, hier handele es sich nur bei den Nachkommastellen um wertanzeigende Stellen in diesem Sinne. So ergebe es sich auch eindeutig aus den technischen FAQ der KfW in der Anlage zu den dortigen Merkblättern 151/152, 153 und 430. Da die geforderten Werte im vorliegenden Verfahren unterhalb von 1,0 W/m2 K lägen, sei die Angabe von zwei Nachkommastellen üblich und im Übrigen im Schreiben vom 27.10.2014 auch ausdrücklich gefordert worden. Die von der Antragstellerin angebotenen Produkte würden mit Werten von 0,92 und 0,94 W/m2 k die Anforderungen der Leistungsbeschreibung somit nicht erfüllen.
Nach erneuter sorgfältiger Prüfung der Angebote sei zudem festgestellt worden, dass ein weiterer Ausschlussgrund vorliege. Dieser ergebe sich aus den angebotenen Wärmeschutzverglasungen WSV 1 in den Positionen 04.3, 04.5 und 04.7, da dort der vorgegebene Wert von 0,9 W/m2 K ebenfalls nicht eingehalten werde und zwar unabhängig vom Verständnis der Darstellung des U-Wertes, da in allen Positionen ein Wert von 1,00 W/m2 K und mehr erreicht werde. Aus dem für diese Positionen vorgelegten Produktdatenblatt der Antragstellerin habe sich ein Ug-Wert von 0,6 W/m2 K ergeben, was zu einem Gesamtergebnis von 1,01 W/m2 K für die Pos. 04.3 und 1,00 W/m2 K für die Positionen 04.5 und 04.7 führe. Auf die von der Antragstellerin vorgenommene - fehlerhafte - Berechnung mit einem U-Wert von nur 0,5 W/m2 K komme es insoweit nicht an, da diese selbst nicht Bestandteil des Angebotes sei, sondern nur nachweisen sollte, dass die angebotenen Produkte den Anforderungen genügen würden.
Damit liege eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen nach § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A vor, was nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b) VOB/A den zwingenden Angebotsausschluss zur Folge habe.
Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen des Antragsgegners an. Sie beantragt:
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
- 2.
der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen,
- 3.
festzustellen, dass die Kosten der Beigeladenen erstattungsfähig sind,
- 4.
die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Beigeladenen für notwendig zu erklären.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2015 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Der Antragsgegner hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht ausgeschlossen. Der Antragsgegner hat sich zu Recht darauf beschränkt, das von der Antragstellerin vorgelegte Angebot in der ursprünglichen konkretisierten Fassung, nicht in der nachträglich geänderten Fassung zu werten. In dieser Fassung überschreitet das Angebot den vorgegebenen Höchstwert für den Wärmedurchgangskoeffizienten so erheblich, dass es auf eine möglicherweise zulässige Rundung oder auf ein Abschneiden der vom Antragsgegner nicht ausdrücklich vorgegebenen Nachkommastellen des Wertes nicht ankommt.
Solange die hier mit der Angebotsabgabe geforderte Typenbezeichnung eines Produktes nicht abschließend genau ist, bleibt dem Anbieter die Möglichkeit offen, auch nach Angebotsabgabe das Angebot sukzessive zu konkretisieren. Der öffentliche Auftraggeber ist dem hier wirksam begegnet, indem er mit Abgabe des Angebotes oder zu einem möglichst frühen Zeitpunkt die Vorlage der Produktdatenblätter abforderte (vgl. nachfolgend Ziffer 2b-e). Das Vergaberecht bricht oder verdrängt nicht die Regeln der Mathematik (vgl. nachfolgend Ziffer 2 f).
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich mit dem Landkreis xxxxxx um eine Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Bei der verfahrensgegenständlichen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß § 99 Abs. 3 GWB. Der Auftrag übersteigt gemäß der Darstellung zum erwarteten Auftragswert unter Ziffer 1.2 des Vergabevermerks den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert von 5.186.000,-- € netto gemäß § 100 Abs. 1, § 127 GWB, § 2 Abs. 1 Satz 1 VgV und der Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13.12.2013. Der Antragsgegner hat sich auch nicht darauf berufen, dass dieser Auftrag unter die Regelung des § 3 Abs. 7 Satz 5 VgV falle. Danach gilt die VgV nicht für einzelne Lose von Bauaufträgen, deren Wert maximal 20% der Bauauftragssumme und den absoluten Wert von 1 Mio. € nicht übersteigt.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB. Danach darf jedes Unternehmen einen Nachprüfungsantrag stellen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Das bedeutet, dass der jeweilige Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz GWB Vergaberecht, 3. Auflage 2014, § 107, Rdnr. 47 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06).
Die Antragstellerin macht geltend, sie sei durch den ihrer Auffassung nach sachlich nicht begründeten Ausschluss ihres Angebots in ihrem Recht auf Zuschlag verletzt. Insbesondere sei ihre Pfosten-Riegelfassade nicht minderwertig. Da der Antragsgegner in seiner Leistungsbeschreibung die Wärmedurchgangskoeffizienten mit nur einer Nachkommastelle angegeben habe, komme es zum Nachweis des U-Wertes nur auf die erste Nachkommastelle an. Daher wiesen die von der Antragstellerin angegebenen Produkte keine mindere Qualität auf.
Die Antragstellerin ist ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen.
Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Zwar war die Vorgabe, dass die Bauteile im Ganzen, also in der Kombination aus Glas und Rahmen einen Uw-Wert von 0,9 einhalten sollten. Der Dissens im Verständnis des Leistungsverzeichnisses Titel 03 Ziffer 3.1 und andere, dass ein Uw-Wert von 0,94 W/m2K nicht auf 0,9 W/m2K abgerundet wird, wurde aber der Antragstellerin unwiderlegt erst bewusst, als sie vom Ausschluss ihres Angebots erfuhr. Daher war sie nicht verpflichtet, ihre Rüge bereits bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe des Angebots zu erheben.
Die Antragstellerin hat ihre Rüge unverzüglich erhoben. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler positiv erkennt. Als unverzüglich galt früher grundsätzlich nur ein Zeitraum von ein bis drei Tagen ab Erkennbarkeit (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 3/03; Bechtold, GWB, § 107, Rdnr. 2). Bei Einschaltung eines Anwaltes bzw. Prüfung schwieriger Rechtsfragen wurde die Frist regelmäßig auf eine Woche ausgedehnt (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2011 - 21.VK3194-14/11; OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerg 6/10; OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/2; VK Bund, Beschluss vom 17.01.2008, VK1-152/07). Inzwischen nimmt das OLG München eine Rügefrist von sieben Werktagen an (OLG München, Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13), das OLG Düsseldorf von 11 Tagen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013 - Verg 7/13). Die europäische Kommission ist bei ihrer Überprüfung der deutschen Vorschriften zum Ergebnis gelangt, dass die Unbestimmtheit der Vorschrift die Rechtsmittelrichtlinie und die Gebote der Transparenz, Rechtssicherheit und Nichtdiskriminierung verletze. Sie hat daraufhin im Juli 2013 ein informelles Vorverfahren eingeleitet. Die Bundesrepublik hat zugesagt, im Rahmen der Reform des GWB zur Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien auch die Vorschrift des § 107 GWB an die europarechtlichen Vorgaben anzupassen. Bis zur Anpassung der Rügefrist auf 10 bzw. 15 Kalendertage dürfte, obgleich die Umsetzungsfrist der neuen EU-Vergaberichtlinien bis zum 17.04.2016 läuft, die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB wegen der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsschutzgarantie nicht mehr abweichend anzuwenden sein, ohne die Frage vorher dem EuGH oder dem BGH vorzulegen (s. dazu auch Werkstattbeitrag von Eydner, ibr-online, vpr 2014, 2673, eingestellt am 08.04.2014; VK Niedersachsen, Beschluss vom 17.04.2014, VgK-9/2014). Der europäischen Kommission folgend legt die Vergabekammer unter Übernahme der Mindestüberlegungsfristen des Art. 2c Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG eine Rügefrist von 10 bzw. 15 Tagen ab Erkennbarkeit zugrunde. Mit Ausschluss aus dem Vergabeverfahren vom 25.11.2014 trat bei der Antragstellerin die Kenntnis ein, dass der Antragsgegner bei der Einhaltung der Mindestanforderungen auch den Wert der zweiten Nachkommastelle berücksichtigen wollte. Somit trat auch Kenntnis über die vergaberechtlichen Folgen dieser Forderung des Antragsgegners ein. Die Rüge vom 27.11.2014 zwei Tage später erhob sie somit unverzüglich gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB.
2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.
a. Der Antragsgegner hat zulässigerweise hohe Anforderungen an die Wärmedämmung gesetzt, die nicht durch einen Verweis auf bestimmte Bauproduktnormen von diesen erkennbar abgeleitet ist. Daher wird diese geforderte Qualität nicht von jedem Anbieter standardmäßig erstellt, kann wohl auch ausweislich der vielen Angebotsausschlüsse nicht von jedem Anbieter erstellt werden. Dennoch durfte der Antragsgegner diese Anforderungen aufgrund seines Leistungsbestimmungsrechts setzen.
Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei. Die Entscheidung wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst, unter anderem von technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen oder solchen der Nachhaltigkeit. Die Wahl unterliegt der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers, deren Ausübung dem Vergabeverfahren vorgelagert ist. Sie muss zunächst getroffen werden, um eine Nachfrage zu bewirken. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung. Einer besonderen vergaberechtlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den Auftraggeber nicht. Sie ergibt sich aus der Vertragsfreiheit. Die danach im jeweiligen Fall vorgenommene Bestimmung des Beschaffungsgegenstands ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen im Ausgangspunkt nicht zu kontrollieren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2014, Verg 29/13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.07.2014 - 15 Verg 4/14). Auch wenn der Antragsgegner mit der Übernahme strenger Werte aus der Energieberechnung des Planungsbüros und unter möglichem Abgleich mit den Produktdatenblättern eines bestimmten Herstellers von Gläsern den potentiellen Lieferantenkreis erheblich eingeschränkt hat, sieht die Vergabekammer darin keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung. Eine Diskriminierung bestimmter Anbieter liegt nicht vor. Die Anbieter haben grundsätzlich alle die Möglichkeit, auf einen der Hersteller geeigneten Glases zurückzugreifen. Sie übernehmen nicht nur das Produkt eines Lieferanten, sondern kombinieren es mit Rahmenbauteilen eigener Wahl, so dass der Wettbewerb auch nicht ausschließlich durch etwaige Lieferrabatte des Glasherstellers entschieden wird. Da die Beschränkung des Wettbewerbs in der zweiten Linie der Glaszulieferer sich nicht unmittelbar auf die Linie der Anbieter auswirkt, liegt keine unmittelbare Beschränkung des Wettbewerbs vor.
Die Grenzen der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers sind überdies eingehalten, wenn er sachliche, nachvollziehbare und auftragsbezogene Gründe für die Auswahl eines bestimmten Beschaffungsgegenstands hat (OLG Jena, Beschluss vom 25.6.2014, 2 Verg 1/14; VK Bund, Beschluss vom 10.05.2010 - VK 3-42/10; VK Münster, Beschluss vom 24.06.2011 - VK 6/11, Irischer Blaustein). Zu den sachlichen Gründen hat der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass ihm eine einerseits helle, aber andererseits wärmedämmende Bauweise nahe dem Passivhaus Standard wichtig war. Das genügt angesichts der geringen Eingriffstiefe in den Wettbewerb völlig.
b. Der Antragsgegner hat die Leistungsbeschreibung gemäß § 7 EG Abs. 1 VOB/A eindeutig und erschöpfend abgefasst. Im Leistungsverzeichnis z. B. Seite 37 Titel 03 Ziffer 3.1 hat der Antragsgegner für den Wärmeschutz des gesamten Elementes einen U Wert Gesamtbauteil von =< 0,9 W/m2K angegeben. Das ist eine in diesem Bereich funktionale Leistungsbeschreibung, weil der Antragsgegner den Bietern nicht vorgibt, wie sie die Einhaltung des Wertes erreichen sollen. Eine Leistungsbeschreibung wird durch die Kombination deskriptiver Passagen und funktionaler Elemente nicht intransparent. Der Fall weicht insoweit von dem durch die VK Bund (Beschluss vom 17.11.2014, VK2 77/14) kürzlich entschiedenen Sachverhalt ab.
Die Vorgabe bedeutet vom Wortsinn her, dass der Wert von 0,9 W/m2K unterschritten werden soll, dass es allerdings auch zulässig ist, diesen Wert genau zu erreichen. Es bedeutet vom Wortsinn nicht, dass dieser Wert irgendwie überschritten werden darf. Es bleibt aber unklar, wie genau der Wert einzuhalten ist. Die nachträgliche Konkretisierung durch den Antragsgegner in der Anforderung vom 16.10.2014, den Endwert mit der zweiten Nachkommastellen vorzulegen, muss außen vor bleiben. Als Vorgabe für die Zwischenergebnisse des Rechenweges ist die Anforderung vom 16.10.2014 unproblematisch. Nach Ablauf der Frist zur Abgabe der Angebote darf der Antragsgegner die wertungsrelevanten Vorgaben der Leistungsbeschreibung nicht in einer Weise konkretisieren, die als Veränderung oder Verschärfung empfunden werden kann.
Die Vergabekammer grenzt die von der Antragstellerin thematisierte Unklarheit vom mutmaßlich bezweckten Sinn (teleologisch) ein. Wollte man einen Wert von bis zu 0,949 W/m2K im Wege der Abrundung oder einen Wert von bis zu 0,999 im Wege des mathematischen Abschneidens noch als dem Wert 0,9 W/m2K gleichstehend auffassen, wie die Antragstellerin dies anregt, so entspräche dies einer Befugnis, den verbindlich vorgegebenen Wert um 5,4 % bei Abrundung und 11,1% bei Abschneiden zu überschreiten. Dann wäre die Leistungsbeschreibung tatsächlich nicht mehr eindeutig, sondern unklar. Es ist aber völlig lebensfremd, dass ein Auftraggeber, der bewusst Wärmekoeffizienten oberhalb der Anforderungen der EnEV festlegt, in gleichem Atemzug seine hohen Anforderungen durch erhebliche Toleranzen gravierend abschwächt.
c. Die Rechtsprechung sieht für die Überschreitung eindeutig formulierter Vorgaben der Leistungsbeschreibung keine Toleranzbereiche vor. Das OLG Brandenburg hat mit Beschluss vom 30.01.2014 (Verg W2/14) festgestellt, auch eine minimale Abweichung im Rundungsbereich von der vorgesehenen Leistungsbeschreibung rechtfertige den Ausschluss eines Angebots. Der Anbieter muss darauf vertrauen, dass der Auftraggeber Vorgaben der Leistungsbeschreibung zum einen in Ausübung des ihm zustehenden Leistungsbestimmungsrechtes vorgenommen, zum anderen nicht unbedacht formuliert habe. Auch das OLG München (Beschluss vom 02.03.2009 Verg1/09) hat einen zwingenden Ausschlussgrund gesehen, wenn das Angebot auch nur geringfügig von den Vorgaben der Leistungsbeschreibung abweicht. Da die Vorgabe nach dem Verständnis des Antragsgegners überdies dessen Verpflichtung aus § 6 Abs. 3 Nr. 1 VgV umsetzen soll, in der Leistungsbeschreibung das höchste Anforderungsniveau an Energieeffizienz zu fordern, sieht die Vergabekammer wie unter b) dargestellt keinen Grund, hier auch entgegen der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung von Toleranzen auszugehen.
d. Die Antragstellerin beruft sich in ihrem Nachprüfungsantrag auch darauf, dass ihr Angebot wirtschaftlicher sei, als das der Beigeladenen. Dieser Vortrag ist ihr vom Antragsgegner erleichtert worden, weil dieser auf die gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 2 a) b) VgV verpflichtend vorgesehene (vgl. Dageförde, Umweltschutz im öffentlichen Vergabeverfahren, Berlin 2012, Rdnr 167, 195) Abfrage der minimierten Lebenszykluskosten oder einer vergleichbaren Methode zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit verzichtet hat. Es ist somit nicht möglich, den höheren Preis des Angebotes der Beigeladenen mit der durch einen besseren Wärmekoeffizienten erzielbaren Kostenersparnis innerhalb der Lebensdauer der Fassade zu vergleichen, und so zu einer fundierten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zu gelangen. Die Energiekosten betragen auch bei Neubauten etwa 15 % der Lebenszykluskosten, liegen damit fast gleichauf mit den Errichtungskosten von 20% (Rotermund, in "Detail, Zeitschrift für Architektur und Design" Österreich 2012, 524) Da die Antragstellerin diesen Vortrag noch nicht hinreichend substantiiert hat, überdies die Frage der drittschützenden Wirkung dieser Norm bisher noch ungeklärt ist, sieht die Vergabekammer derzeit keine Notwendigkeit, diese Frage zu vertiefen.
e. Unabhängig von der Problematik der eingehaltenen Grenzwerte mit oder ohne Rundung war das Angebot in der ursprünglich vorgelegten und aufgrund der ersten Nachforderung der Produktdatenblätter konkretisierten Fassung wegen einer Änderung an den Vergabeunterlagen auszuschließen. Die Antragstellerin hat ausweislich der gelegentlich der ersten Nachforderung gelieferten Daten ein Glas mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,6 angeboten. Das war zulässig.
Der Antragsgegner hat sachlich unwiderlegt dargelegt, dass das Gesamtbauteil in den Positionen 4.3,4.5 und 4.7 bei Verwendung dieses Glases mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,6 W/m2K und dem oben beschriebenen Rahmen nicht nur den vorgegebenen Wert von 0,9, sondern sogar einen Wert von 1,0 übersteigt. Damit verstößt das Angebot in der mit der ersten Nachforderung vorgelegten Fassung also einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,6 W/m2K unabhängig von der Frage, ob eine Abrundung oder Abschneidung zulässig wäre, gegen die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses. Somit ist es gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b VOB/A wegen Änderung der Vergabeunterlagen gemäß § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB A auszuschließen (vgl. Beschluss VK Niedersachsen vom 14.06.2013, VgK-16/2013).
Der Antragsgegner hat einen weiteren Ausschluss wegen einer nachträglichen Änderung des Angebotes nicht formuliert, weil er seine abschließende Wertung auf das Glas mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,6 W/m2K bezieht. Die Vergabekammer weist vorsorglich auf einen weiteren Ausschlussgrund hin. Auch das geänderte Angebot der Antragstellerin mit einem mit einem Glas, welches einen Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,5 W/m2K aufweist, wäre auszuschließen. Hier liegt ein Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot vor. Die Antragstellerin hat mit der Änderung des Wärmedurchgangskoeffizienten des angebotenen Glases zwischen der ersten Nachforderung des Antragsgegners, die Produktdatenblätter vorzulegen und der zweiten Nachforderung, die Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten vorzulegen, gegen § 15 EG Abs. 3 VOB/A verstoßen. Danach sind im offenen Verfahren Verhandlungen besonders über Änderung der Angebote oder Preise unstatthaft, außer wenn sie bei Nebenangeboten oder Angeboten aufgrund eines Leistungsprogramms notwendig sind, um unumgänglich technische Änderungen geringen Umfangs und daraus sich ergebende Änderungen der Preise zu vereinbaren. Diese Ausnahmen liegen hier nicht vor. Die Antragstellerin war daher nicht berechtigt, nach der abgeforderten Vorlage aller Produktdatenblätter eine Angabe aus dem das angebotene Produkt definierenden Produktdatenblatt zu ändern, hier bei der Glasqualität nachzubessern. Gemäß § 13 EG Abs. 1 Nr. 4 VOB/A müssen die Angebote die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Mit dem Angebot war nur die Angabe des Produkttyps gefordert. Der Antragsgegner mag irrigerweise davon ausgegangen sein, dass die Angabe des Produkttyps das Produkt umfassend beschreibe. Tatsächlich vertreibt jedenfalls der Zulieferer der Antragstellerin unter derselben Produktbezeichnung unterschiedliche Produktqualitäten. Die Antragstellerin hatte somit mit ihrem Angebot zwar alle geforderten Angaben abgegeben, gleichwohl war damit das Angebot nicht abschließend bezeichnet. Die Antragstellerin war daher zu diesem Zeitpunkt berechtigt, ihr Angebot weiter zu konkretisieren (vgl. ähnlich VK Niedersachsen Kostenbeschluss vom 02.04.2013 VgK - 4/2013).
Der Antragsgegner hat mit der ersten Nachforderung diese sukzessive Angebotskonkretisierung wirksam unterbunden. Er hat nicht nur einzelne Angaben zur Lichttransmission und zum Gesamtenergiedurchlasswert gefordert, die der Antragstellerin eine weitere Nachbesserung in anderen Produktqualitäten erlaubt hätten, sondern er hat ergänzend die Vorlage aller Produktdatenblätter gefordert. Zu deren Inhalt gehört branchenüblich immer auch der Wärmedurchgangskoeffizient. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung wäre sie nicht befugt gewesen, bestimmte nicht ausdrücklich geforderte Angaben aus den Produktdatenblättern zu streichen oder zu schwärzen. Es mag hier offenbleiben, ob eine solche Vorlage eines geschwärzten Produktdatenblattes sofort zum Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin gemäß § 16 EG Abs. 1 Ziffer 3 Satz 4 VOB/A führen würde, oder ob insofern noch eine weitere Nachforderung erforderlich gewesen wäre. Entscheidend ist, dass die Antragstellerin in dieser ersten Nachforderung abgefragte und von ihr gelieferte Daten, nämlich den Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,6 auf 0,5 geändert hat, mutmaßlich um die Anforderungen der Leistungsbeschreibung zumindest in etwa erfüllen zu können. Das ist vergaberechtlich unzulässig. Das Vergaberecht ist im offenen Verfahren so aufgebaut, dass der jeweilige Anbieter in Kenntnis, dass es keinen zweiten Versuch gibt, und in Unkenntnis der Angebote der Konkurrenten zu einem möglichst niedrigen Preis die vollständige geforderte Qualität anbieten muss. Der Versuch der Nachverhandlung ist ein weiterer Ausschlussgrund (OLG Düsseldorf, VergabeR 2001, 38).
f. Auch wenn es darauf nicht mehr ankommt, neigt die Vergabekammer zu der Auffassung, dass der mit nur einer Nachkommastelle vorgegebene Höchstwert ausreichend genau bestimmt ist. Etwaige Unklarheiten hätte die Antragstellerin mindestens mit einer Bieterfrage frühzeitig aufklären müssen. Die Antragstellerin durfte nicht einseitig in interpretierender oder sogar spekulierender Weise die im Leistungsverzeichnis geforderte Qualität durch einen Rundungsabschlag verändern.
Wollte man den Ausführungen der Antragstellerin folgen, dass die zweite Nachkommastelle bei dieser Vergabe nicht signifikant sei, so müsste die Rundung oder das mathematische Abschneiden der Werte nicht nur für das Endprodukt der Berechnung gelten, sondern auch für alle Eingabewerte in der Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten. Die damit verbundenen Rundungsungenauigkeiten könnten sich so sehr potenzieren, dass die von den Bietern vorzulegenden Berechnungen nicht mehr miteinander vergleichbar wären. Das ist in der mündlichen Verhandlung erörtert worden, als der ehrenamtliche Beisitzer der Vergabekammer die Rechnung 2 3 =8 mit der Rechnung 2,49 3 = 15,44 verglich. Auch das spricht neben den oben angeführten Toleranzen, zwischen 5,4% und 11,1% die allein durch die Rundung oder das Abschneiden des Endwertes eingeführt würden, gegen die Befugnis der Antragstellerin, eigenmächtig gerundete oder gar abgeschnittene Werte den Berechnungsvorgaben des Antragsgegners gleichzusetzen.
Die Ausführungen der Antragstellerin, mathematische Gesetze seien bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung unerheblich und würden von verkehrsüblichen Produktnormen des Baugewerbes verdrängt, können nicht überzeugen. Das Vergaberecht bricht oder verdrängt nicht die Gesetze der Mathematik.
Allerdings sind gemäß § 7 EG Abs. 2 VOB/A bei der Beschreibung der Leistung die verkehrsüblichen Bezeichnungen zu beachten. Laut Kratzenberg (Ingenstau/Korbion VOB 18. Aufl. § 7 VOB/A Rdnr. 65) reicht die Erwähnung der einschlägigen DIN Bezeichnung in der Leistungsbeschreibung aus, um den Sprachgebrauch der verkehrsüblichen Bezeichnungen einzugrenzen.
Der Antragsgegner hat nicht überzeugend dargelegt, dass die KfW Richtlinien als verkehrsübliche Bezeichnung Anwendung finden. Hierzu hätte der Antragsgegner mindestens darstellen müssen, dass das streitgegenständliche Projekt von der KfW gefördert wird, zusätzlich diese Fördervorschrift auch der Liste der im Leistungsverzeichnis genannten technischen Normen hinzufügen müssen.
Die Energieeinsparverordnung in der Fassung vom November 2013 ist gemäß § 1 EnEV auf alle Neubauten anzuwenden, daher grundsätzlich geeignet, als verkehrsübliche Bezeichnung herangezogen zu werden. In der vermutlich für dieses Bauobjekt einschlägigen Tab. 1 der Anlage 2 (zu den §§ 4 und 9) Anforderungen an Nichtwohngebäude 1 Höchstwerte des Jahres-Primärenergiebedarfs und der Wärmedurchgangskoeffizienten für zu errichtende Nichtwohngebäude (zu § 4 Absatz 1 und 2) der EnEV werden Wärmedurchgangskoeffizienten unter 1,0 W/m 2K mit zwei Nachkommastellen aufgeführt (z. B. für Außenwände mit 0,28 bzw. 0,35 W/m 2K), oberhalb von 1,0 W/m 2K aber mit nur einer Nachkommastelle (z. B. für Vorhangfassaden mit 1,4 bzw. 1,9 W/m 2K). Dies spricht hinsichtlich der Benennungsregeln, dass man 0,90 schreiben müsse, um den exakten Wert 0,9 meinen zu dürfen, eher für die Sichtweise der Antragstellerin. Andererseits gehört auch die EnEV nicht zu den im Leistungsverzeichnis genannten technischen Normen, auf die der Antragsgegner verwiesen hat.
Die Antragstellerin hat auf die DIN EN ISO 10077-1 verwiesen. Auf diese Norm wird im Leistungsverzeichnis nicht eingangs verwiesen, sondern unter Ziffer A002, "Ausführungsbeschreibung Außentüren". Laut Ziffer 1 Anwendungsbereich der DIN EN ISO 10077-1 legt sie ein Verfahren zur Ermittlung von Wärmedurchgangskoeffizienten von Fenstern und Türen fest, die aus einer Verglasung in einem Rahmen bestehen. Sie ist also nur für einzelne Elemente einschlägig, in diesem Fall den Außentüren. Bei Ziffer 3.1 ff der Leistungsbeschreibung handelt es sich aber um die festen Fassadenelemente der Pfosten-Riegel-Fassade.
Nach Abschnitt 7.5 dieser Norm "Darstellung der Ergebnisse" ist der berechnete Wärmedurchgangskoeffizient des Fensters oder der Tür mit "zwei wertanzeigenden Ziffern" anzugeben. Die Beigeladene hat diesbezüglich auf das Merkblatt des Verbandes Fenster und Fassade (VFF) vom März 2011 verwiesen, in dem unter Abschnitt 7.4 hierzu ausgeführt wird, dass bei Werten über 1,0 W/m2 K eine Nachkommastelle anzugeben sei, bei Werten unter 1,0 W/m2 K aber zwei Nachkommastellen. In Tabellen F.1 bis F.4 zum Anhang F der DIN EN ISO 10077-1 "Wärmedurchgangskoeffizienten von Fenstern" wiederum, auf den sich die Antragstellerin berufen hat, sind alle angegebenen Wärmedurchgangskoeffizienten sowohl über- als auch unterhalb 1,0 W/m 2K mit nur einer Nachkommastelle angegeben. Eine Aussage darüber, dass die genannten Werte im Rahmen einer Abrundung oder im Rahmen eines Abschneidens überschritten werden dürften, lässt sich jedoch den Tabellen der DIN EN ISO 10077-1 nicht entnehmen. Das alles spricht für ein sehr ausdifferenziertes System der Wertangaben, das mit der Annahme, was nicht geschrieben stehe, dürfe gerundet werden, nicht korrespondiert. Andererseits hätte dies auch den Auftraggeber veranlassen müssen, mit gleich hoher Sorgfalt die Benennungen vorzunehmen.
Der Antragsgegner hat im Leistungsverzeichnis auf die "DIN 4108-2 Teil 2 Mindestanforderungen an den Wärmeschutz" als mitgeltende Norm und Regel verwiesen. Die DIN 4108-2 Teil 2 Mindestanforderungen an den Wärmeschutz legt allgemein Mindestanforderungen an die Wärmedämmung von Bauteilen fest. In Tabelle 3 zu Ziffer 5.1.2.1 verwendet sie für Werte oberhalb des Wertes 1 die Bezeichnung 1,2 also mit einer Nachkommastelle, unterhalb von 1 verwendet sie zwei Nachkommastellen, also z.B. 0,90. Ziffer 9 des VFF Merkblattes befasst sich mit Fassadenelementen aus Fenstern und Festfeldern, wie es hier anzubieten war. Als Eingangsgrößen seien hier die auf zwei wertanzeigende Stellen gerundeten U und Y Werte, der auf eine Nachkommastelle gerundete Ug Wert und der auf zwei Nachkommastellen gerundete Up Wert zu verwenden. Es gibt also sehr differenzierte Vorgaben für die Art der Rundung
Das VFF Merkblatt Ziffer 9 und andere interpretiert diese Norm in einer Weise, dass jeder hinreichend sachkundige Bieter zu der Frage, ab welcher Stelle er runden darf, sensibilisiert sein muss. Wie die Darstellung zur DIN EN ISO 10077-1 spricht einiges gegen eine einseitige Rundungsbefugnis. Aber der Antragsgegner hätte Anlass gehabt, Missverständnissen durch die Benennung der zweiten Nachkommastelle mit dem Wert 0,90 vorzubeugen. Bei einer vergleichenden Gesamtschau der oben aufgeführten Indizien für die branchenüblichen Bezeichnungen kommt die Vergabekammer zu dem Schluss, dass die Antragstellerin nicht ohne Bieteranfrage oder Rüge bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist davon ausgehen durfte, die vorgegebenen erkennbar anspruchsvollen Werte aus dem Leistungsverzeichnis durch eine Rundung qualitativ abwerten zu dürfen.
g. Betrachtet man das Angebot der Antragstellerin, so fällt auf, dass sie mit dem Wert 0,6 W/m2K ein zunächst noch hinreichend geeignetes Glas angeboten hat. Sie wurde aber mit Bieterinformation vom 09.09.2014 vor Abgabe des Angebotes deutlich darauf hingewiesen, dass die Verwendung einer Verglasung mit einem U-Wert von 0,6 (nur) möglich sei, sofern das Rahmenmaterial entsprechend hochwertig gewählt werde. Diesen klaren Hinweis auf die notwendige hohe Rahmenqualität hat sie missachtet.
Der von ihr angebotene Rahmen weist bautechnisch bedingt schlechtere Wärmekoeffizienten auf, als das Glas. Das ist auch bei den Angeboten der konkurrierenden Bieter so. Allerdings schwanken im Angebot der Antragstellerin innerhalb des Rahmens die Wärmedurchgangskoeffizienten einzelner Profile zwischen 1,2 und 2,3 W/m2K. Die Antragstellerin hat das in der mündlichen Verhandlung damit begründet, dass der Wärmedurchgangskoeffizienten des Profils umso schlechter werde, je breiter das Profil gebaut wird. Vergleichbare Varianten im Wärmedurchgangskoeffizienten des Profils weist das Angebot der Beigeladenen allerdings nicht auf. Die Bauteile aus dem Angebot der Antragstellerin mit den schlechten Wärmedurchgangskoeffizienten führen gemeinsam mit der nur ausreichenden Qualität des Glases dazu, dass der vorgegebene Wärmedurchgangskoeffizient des Gesamtbauteils überschritten wird. Hätte die Antragstellerin in den Ziffern 03.003-5 das Profil 381120 mit dem vom Antragsgegner rechtzeitig angemahnten hochwertigen Wärmekoeffizienten z.B. der Profile 382150 oder 374890 angeboten, oder zumindest die Wärmekoeffizienten des Profils 381120 aus den Leistungsverzeichnisziffern 03.001 und 006 eingehalten, und bei der Glasqualität mehr als nur das Mindestmaß angeboten, hätte das Angebot der Antragstellerin die Voraussetzungen der Leistungsbeschreibung möglicherweise erfüllen können.
Die Vergabekammer muss nicht beurteilen, ob und in welcher Höhe der Antragstellerin eine Kostenersparnis entstanden wäre, die sie durch die Verwendung des Profils 381120 mit großer Breite erzielt. War die Kostenersparnis erheblich, so handelt es sich eindeutig um ein sogenanntes Abmagerungsangebot, mit dem die Antragstellerin sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen suchte. War die Kostenersparnis unerheblich oder fehlte eine Kostenersparnis, so stellt sich die Frage, warum die Antragstellerin nicht gemäß den Vorgaben der Leistungsbeschreibung angeboten hat. Dazu hat sie nichts vorgetragen. Sie hat vielmehr die Leistungsbeschreibung interpretierend ihrem Angebot angepasst. Dazu gab es zum einen angesichts der wirklich komplexen Rundungsvorgaben keinen Anlass, zum anderen ist dies der falsche Weg, den gleichwohl nach den Erfahrungen der Vergabekammer der eine oder andere öffentliche Auftraggeber angesichts eines kurzfristigen Kostenvorteils in der Beschaffungsphase (vgl. dazu die Analyse der Lebenszykluskosten gemäß § 6 Abs. 4 VgV) zu gehen bereit ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).
Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert richtet sich nach dem Angebot der Antragstellerin, hier der ungeprüften Gesamtsumme mit dem gewährten Nachlass, somit insgesamt xxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten zu tragen.
Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin dem Auftraggeber als Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten, weil die Antragstellerin unterlegen ist.
Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der EG-VOL/A oder EG-VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können. Daher wird die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein, wenn der öffentliche Auftraggeber in einer ex ante zu Beginn eines Nachprüfungsverfahrens (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.07.2013 - 11 Verg 7/13) zu erstellenden Prognose zu dem Ergebnis gelangt, dass auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10; jetzt auch OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012 - Verg 8/11). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB umfasst, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.
Der Antragsgegner ist hier ein kleiner einwohnerschwacher Landkreis, der nur über 1,5 Vollzeitstellen mit Juristen verfügt. Unbeachtlich ist, dass der Antragsgegner sich entschieden hat, die Juristen nicht im Vergaberecht einzusetzen. Dies ist eine Organisationsentscheidung, die sich nicht zum Nachteil der Antragstellerin auswirken darf (vgl. VK Niedersachsen, VgK-58/2011, Beschluss vom 31.1.2012; VgK -31/2014, Beschluss vom 26.8.2014). Die rechtlichen Fragen hatten ihre Ursache im Bereich der EG VOB/A, waren daher von einer gut gerüsteten Vergabestelle grundsätzlich selbst zu bearbeiten. Andererseits handelt es sich hier um eine schwierige Auslegungsfrage, die erst in jüngerer Zeit obergerichtlich entschieden worden ist. Es ist daher bei kleiner personeller Besetzung nicht zu erwarten, dass eine Vergabestelle des Antragsgegners die für diese Nachprüfung erforderlichen Fachkenntnisse im Vergaberecht vorhält. Die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners war daher in diesem Fall zur Waffengleichheit geboten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war daher für den Auftraggeber als notwendig anzuerkennen.
Gemäß Ziffer 5 des Tenors sind die Kosten der Beigeladenen erstattungsfähig. Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei auferlegt. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010 - Verg W 10/09, zitiert nach Tz. 46; OLG Celle Beschluss vom 29.06.2010, 13 Verg 4710 zit. nach ibr-online) Die aktive Beteiligung sah die Rechtsprechung (BGH NZBau 2001, 151 [BGH 19.12.2000 - X ZB 14/00]) ursprünglich erst dann als gegeben an, wenn der Beigeladene sich - entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO - umgekehrt auch selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hatte, indem er selbst eigene Sachanträge gestellt hatte. Inzwischen muss lediglich eine dem Beitritt eines Streithelfers der ZPO vergleichbare Unterstützungshandlung erkennbar sein, an Hand derer festzustellen ist, welches (Rechtsschutz-)Ziel ein Beigeladener in der Sache verfolgt (OLG Celle, Beschluss vom 27. August 2008 - 13 Verg 2/08). Ist eine solche nicht ersichtlich, handelt es sich bei den entstandenen Aufwendungen des Beigeladenen nicht um solche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (OLG Celle Beschluss vom 29.06.2010, 13 Verg 4/10 zit. nach ibr-online). Hat sich die Beigeladene in einen bewussten Interessengegensatz zu der unterlegenen Partei gestellt und sich dadurch aktiv am Verfahren beteiligt, dass sie eigene Anträge gestellt und diese begründet oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat, entspricht die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen regelmäßig billigem Ermessen (vgl. Brauer in Kulartz/Kus/Portz, GWB 3. Auflage 2014, § 128 Rdnr. 37; OLG Celle Beschluss vom 12.01.2012, 13 Verg 9/11).
Hier hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung Anträge gestellt, sich somit dem vollen Kostenrisiko ausgesetzt. Außerdem hat sie schriftsätzlich vorgetragen, und auch in der mündlichen Verhandlung Position bezogen. Somit ist es angemessen, sie in die Kostenentscheidung mit einzubeziehen. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes ist für die Beigeladene aus den gleichen Gründen erforderlich, wie dies bei einem Obsiegen für die Antragstellerin erforderlich wäre. Ein Handwerksbetrieb muss keine vergaberechtlichen Kenntnisse vorhalten und kann sich legitimerweise rechtlich beraten lassen.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx
IV. Rechtsbehelf