Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 24.08.2015, Az.: VgK-28/2015
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 24.08.2015
- Aktenzeichen
- VgK-28/2015
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 26615
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
In dem Nachprüfungsverfahren
XXX
gegen
XXX
wegen
Vergabeverfahren xxxxxx" - Erweiterung und bauliche Anpassung des Schulzentrums xxxxxx
- Trockenbauarbeiten
hat die Vergabekammer durch die Vorsitzende RR Meinecke, den hauptamtlichen Beisitzer
BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.- Biologe Sameluck, mit Zustimmung
der Verfahrensbeteiligten im schriftlichen Verfahren beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Höhe der Gebühr wird auf xxxxxx € festgesetzt. Auslagen sind nicht entstanden.
- 3.
Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.
- 4.
Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung einer Rechtsanwältin war für die Antragsgegnerin notwendig.
[Gründe]
I.
Die Vergabestelle und Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2015 Trockenbauarbeiten im Rahmen einer Erweiterung und der baulichen Anpassung des Schulzentrums xxxxxx europaweit im offenen Verfahren als Bauauftrag gemäß VOB/A-EG ausgeschrieben. Gemäß Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung i. V. mit Ziffer 5.1 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes waren Varianten bzw. Alternativangebote nicht zulässig. Alleiniges Zuschlagskriterium war gemäß Ziffer IV.2.1) der Bekanntmachung der niedrigste Preis.
Gem. Ziffer 3.2 der in den Vergabeunterlagen enthaltenen Bewerbungsbedingungen gemäß dem Formblatt 212 EU waren selbstgefertigte Abschriften oder Kurzfassungen des Leistungsverzeichnisses zulässig, jedoch sollte die von der Vergabestelle vorgegebene Langfassung des Leistungsverzeichnisses gem. Ziffer 3.3 der Bewerbungsbedingungen allein verbindlich sein. Dies war von den Bietern mit dem Angebotsschreiben gemäß dem Formblatt 213 zu bestätigen.
Das Langtext-Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin enthielt zu den Positionen 03.01.01, 03.01.02 und 03.04.01 hinsichtlich der dort zu verbauenden Elemente der Akustikdecken technische Vorgaben, u. a. waren dort Materialstärken und einzuhaltende Schalladsorptionsgrade vorgegeben. Von den Bietern war dort der Hersteller und der Typ der angebotenen Elemente zu benennen ("Bietereintragung").
Die Antragstellerin beteiligte sich mit zwei Angeboten am Vergabeverfahren, die in Bezug auf Haupt-, Alternativ- oder Nebenangebot nicht näher bezeichnet waren und sich lediglich im Endpreis unterschieden. Beide Angebote enthielten ein Kurztext-Leistungsverzeichnis, in dem Hersteller und Typ zu den vorgenannten Positionen der Akustikdecken von der Antragstellerin nicht angegeben wurden.
Bis zum Ende der Angebotsfrist am 06.05.2015 gaben sechs Bieter insgesamt sieben Angebote ab. Nach der preislichen Bewertung lag die Antragstellerin mit ihren Angeboten über xxxxxx € und xxxxxx € (brutto) auf Rang 1 und 6, die Beigeladene lag mit ihrem Angebot über xxxxxx € (brutto) auf Rang 7.
Die Angebote der Bieter auf den Plätzen 2 bis 5 wurden im Folgenden aus verschiedenen Gründen vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. So wurde das Angebot des auf Rang 2 liegenden Bieters mit der Begründung ausgeschlossen, dass das dort zur Position 03.01.01 vom Bieter benannte Produkt hinsichtlich des Schalladsorptionsgrades (gefordert >= 0,90/angeboten 0,85) und der Materialstärke (gefordert 19 mm/angeboten 15 mm) nicht der geforderten Qualität entsprochen habe. Die Angebote der auf Rang 3 und 4 liegenden Bieter wurden wegen nicht nachgereichter oder unvollständig nachgereichter Erklärungen und Nachweise ausgeschlossen und das Angebot des auf Rang 5 liegenden Bieters wurde wegen nicht vollständig angegebener Fabrikatsangaben ausgeschlossen.
Mit Bieterinformationsschreiben gem. § 101a GWB vom 17.07.2015 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, den Zuschlag am 28.07.2015 auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen. Das Angebot der Antragstellerin werde von der Wertung ausgeschlossen, da nicht alle oder keine geforderten Fabrikatsangaben getätigt worden seien. Zur Erläuterung teilte sie dort Folgendes mit:
"Diese Angaben sind integrale Angebotsbestandteile, liegen nicht im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A und sind dementsprechend nicht nachzufordern. Das Fehlen solcher Angaben ist nicht heilbar. Siehe Urteil der VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.08.2014 VK LSA 75/14."
Auf die Bieterinformation hin rügte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 20.07.2015 den Ausschluss ihres Angebotes im Wesentlichen unter der Begründung, dass es sich bei den fehlenden Fabrikatsangaben um Erklärungen und Nachweise im Sinne der VOB/A-EG handeln würde und die Antragstellerin dementsprechend gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zwingend zur Nachforderung dieser Angaben verpflichtet gewesen wäre.
Die Antragsgegnerin wies die Rüge mit anwaltlichen Schreiben vom 24.07.2015 unter der Begründung zurück, dass es sich bei den eindeutig geforderten Fabrikatsangaben um integrale Angebotsbestandteile handeln würde, die nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgefordert werden dürften.
Auf die Rügezurückweisung hin beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 24.07.2015 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.
Die Antragstellerin trägt vor, der Nachprüfungsantrag sei zulässig und auch begründet.
Der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin sei diskriminierend und verstoße gegen Vergaberecht. Die fehlenden Fabrikatsangaben hätten vor einem etwaigen Angebotsausschluss zwingend nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgefordert werden müssen. Der Auftraggeber habe für die Nachforderung keinen Ermessensspielraum. Nur wenn der betreffende Bieter auch auf Nachforderung die fehlenden Erklärungen oder Nachweise nicht fristgerecht nachreiche, sei sein Angebot nach § 16 Abs. Nr. 3 S. 4 VOB/A auszuschließen.
Ziel der Nachforderungsfrist des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A sei es, den unmittelbaren Ausschluss eines Angebotes wegen Unvollständigkeit zu vermeiden, weil der Ausschluss als unverhältnismäßig harte Folge einer bloßen Nachlässigkeit des Bieters betrachtet werde. Nach einer aktuellen Entscheidung der Vergabekammer Südbayern vom 15.05.2015 (Z3-3-3194-1-05-01/15) gelte die Nachforderungspflicht unterschiedslos auch für im Angebot fehlende Fabrikatsangaben.
Die Begriffe Erklärungen und Nachweise i. S. d. § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A seien dabei nach einer Entscheidung der Vergabekammer Nordbayern vom 27.02.2014 (21.VK-3194-04/14) weit auszulegen und beträfen auch leistungsbezogene Angaben zum technischen Inhalt der zu erbringenden Leistung. Eine Nachforderung sei vor diesem Hintergrund allenfalls dann zu unterlassen, wenn die Erklärung dem Bieter die Möglichkeit einräume, sein Angebot nach der Submission aufzubessern, was dann der Fall wäre, wenn die fragliche Erklärung als Zuschlagskriterium ausgewiesen worden sei und ohne die Erklärung der Rang des Angebotes bei der Wertung nicht bestimmt werden könne.
Diese Grenze werde im vorliegen Fall jedoch nicht erreicht. Nach Ziffer IV.2.2 der Bekanntmachung sei der niedrigste Angebotspreis ausschließliches Zuschlagskriterium gewesen, deshalb sei die Benennung der angebotenen Fabrikate für die Angebotswertung ohne Belang. Wegen der nachgereichten Fabrikatsangaben könne eine Besserstellung der Antragstellerin bei der Wertung deshalb nicht eintreten. Da das Angebot der Antragstellerin nach der Submission das preislich günstigste war, müsse nach erfolgter Wiederaufnahme des Angebotes der Antragstellerin in die Wertung auch der Zuschlag auf dieses Angebot erteilt werden.
Darüber hinaus stelle die Antragstellerin auch nicht infrage, dass Hersteller- und Typenangaben den Angebotsinhalt beträfen. Indies stehe diese Eigenschaft einer Nachforderung nicht entgegen. Es würde außer Acht gelassen, dass es sich bei der (erstmaligen) nachträglichen Angabe von Hersteller und Typ lediglich um Konkretisierungen des bereits im Zeitpunkt der Angebotsabgabe feststehenden Angebotsinhalts handelt.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
Die Antragsgegnerin wird angewiesen, das Angebot der Antragstellerin wieder in die Angebotswertung zu nehmen und die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
- 2.
Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakten gem. § 111 Abs. 1 GWB gewährt.
- 3.
Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.
- 4.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Antragstellerin trägt die Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
- 2.
der Antragstellerin keine Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,
- 3.
hilfsweise: der Antragstellerin allenfalls die Bestandteile der Vergabeakte zur Verfügung zu stellen, die ihren Ausschluss vom Vergabeverfahren wegen fehlender, nicht nachgeforderter Fabrikatsangaben zum Gegenstand haben und nur Akteneinsicht unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Verfahrensbeteiligten zu gewähren,
- 4.
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin aufzuerlegen sowie
- 5.
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerin tritt dem Vortrag und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Sie hält den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zwar für zulässig, jedoch für unbegründet.
Die fehlenden Fabrikatsangaben seien integraler Bestandteil des Angebots und nicht gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 nachzufordern gewesen. Die Fabrikatsangaben zu den Positionen 03.01.01, 03.01.02 und 03.04.01 seien unmissverständlich und eindeutig gefordert worden. Es handele sich vorliegend um eine produktneutrale Ausschreibung gem. § 7 Abs. 8 VOB/A, den entsprechenden Positionen liege deshalb kein bestimmter Typ eines bestimmten Herstellers zugrunde. Die Angaben zu den angebotenen Produkten seien folglich auch nicht überflüssig, sondern vielmehr für die Vergleichbarkeit und Wertbarkeit der Angebote von Bedeutung gewesen.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin nicht das Ur-Leistungsverzeichnis, sondern ein selbstgefertigtes Kurz-Leistungsverzeichnis gem. § 13 EG Abs. 1 Nr. 6 VOB/A vorlegte. Die Vergabekammer Düsseldorf habe diesbezüglich mit Beschluss vom 30.09.2003 (Az. VK-25/2003 - B) klargestellt, dass ein Bieter ohne weiteres dort integriert oder auf einer gesonderten Auflistung die im Leistungsverzeichnis über die Preisangaben hinaus geforderten Erklärungen machen könne, da sie über die Ordnungsziffern des Leistungsverzeichnisses eindeutig zugeordnet werden könnten.
Trotz Möglichkeit und Erforderlichkeit habe die Antragstellerin jedoch keinerlei Angaben zu den angebotenen Produkten gemacht. Nur diese würden es aber dem Auftraggeber ermöglichen zu überprüfen, ob die Anforderungen der Leistungsbeschreibung auch tatsächlich eingehalten würden. Bei einem späteren Vertragsabschluss würden diese konkretisierten angebotenen Produkte unmittelbar Vertragsinhalt der geschuldeten Leistung.
Die fehlenden Fabrikatsangaben als integraler Bestandteil des Angebots hätten auch nicht gem. § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 nachgefordert werden dürfen. Die Frage der Zulässigkeit einer Nachforderung fehlender Fabrikatsangaben hänge maßgeblich von der Auslegung des Begriffs der nachforderungsfähigen "Erklärungen oder Nachweise" in § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ab, und davon, ob fehlende Fabrikats-, Hersteller- oder Typangaben darunter gefasst werden können. Ausgehend von einem sehr weit ausgelegten Begriff des Wortlautes "Erklärungen und Nachweise" könnten darunter grundsätzlich jegliche vom Bieter mit dem Angebot einzureichenden Angaben erfasst sein, so dass solche damit stets nachzufordern wären. Hiervon ausdrücklich ausgenommen seien jedoch zumindest die Angebotsbestandteile deren Fehlen gem. § 16 EG Abs. 1 oder 2 VOB/A zu einem zwingenden Angebotsausschluss führen würde, wie die Angebotsunterschrift oder Preisangaben für wesentliche Positionen.
Diesbezüglich habe das OLG Dresden mit Beschluss vom 21.02.2012 (Az. Verg 1/12) festgestellt, dass jedenfalls nicht solche Angaben nachgefordert werden dürften, die zum späteren Vertragsbestandteil würden. In Bezug auf fehlende Fabrikats-, Hersteller- oder Typangaben handele es sich aber um solche. Sie stellen die "essentialia negotii" des Vertrages dar, deren Fehlen gerade kein wirksames Angebot darstelle und einen wirksamen Vertragsschluss verhindere. Es fehle dann gerade an übereinstimmenden Willenserklärungen.
Dementsprechend hätten die Vergabekammern Thüringen mit Beschluss vom 12.04.2013 (Az. 250-4002-2400/2013-E-SOK), Südbayern mit Beschluss vom 07.03.2014 (Az. Z3-3-3194-1-02-01/14) und Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 13.08.2014 (Az. 3 VK LSA 75/14) festgestellt, dass geforderte Fabrikats-, Erzeugnis- und/oder Typenangaben als integraler Angebotsbestandteil nicht nachzufordern seien. Das Fehlen solcher Angaben sei nicht heilbar und führe zum Angebotsausschluss. Zudem sei in dem vorliegenden Fall zu beachten, dass die Fabrikatsangaben gerade ausdrücklich und eindeutig gefordert seien. Hier läge der Unterschied zu dem von der Antragstellerin zitiertem Beschluss des OLG München vom 12.11.2010 (Verg 21/10). Unklarheiten dürften nicht zu Lasten des Bieters gehen und so dürfe ein Fehlen von nicht eindeutig geforderten Typenangaben nicht zum Angebotsausschluss führen.
Es sei nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass die bloße Angabe von Hersteller und Typ immer zu einer endgültigen Konkretisierung der angebotenen Produkte führe, so dass der Auftraggeber in mehreren Stufen die Einhaltung seiner Vorgaben prüfen müsse. Dies würde zu Lasten des Auftraggebers gehen, der sich bereits im Rahmen einer Leistungsbeschreibung ganz offensichtlich ausführliche Gedanken über die Produktangaben gemachte habe.
Im vorliegenden Fall wiege das Fehlen der Hersteller- und Typenangaben umso schwerer, da die Antragstellerin zwei nahezu identische Angebote einreichte und in beiden Angeboten keinerlei Fabrikatsangaben gemacht worden seien. Im Falle einer Nachforderung würde der Antragstellerin damit die Möglichkeit gegeben, nach Submission und damit in Kenntnis der übrigen Angebotspreise, unter Umständen nur eines ihrer Angebote wertbar zu machen und damit manipulativ den Wettbewerb zu beeinflussen. Damit erweise sich der Nachprüfungsantrag als unbegründet und sei zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Auftraggeberin hat die Angebote der Antragstellerin zu Recht nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 lit. b) VOB/A, § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A von der Angebotswertung ausgeschlossen. Die Angebote der Antragstellerin sind unvollständig, weil sie keine Angaben zu den geforderten Bezeichnungen von Hersteller und Typ in den Positionen 03.01.1, 03.01.2, 03.04.1 des Langtext-Leistungsverzeichnisses eingetragen hat, welches sie als allein verbindlich anerkannt hat. Um die Auftraggeberin in die Lage zu versetzen, die Angebote der Antragstellerin mit den anderen eingereichten Angeboten vergleichen zu können, war die Antragstellerin gehalten, auch die genaue Hersteller- und Typenbezeichnung der angebotenen Elemente der Akustikdecken anzugeben. Dies war den Vergabeunterlagen für die Bieter unmissverständlich zu entnehmen.
Ob grundsätzlich keine Verpflichtung des Auftraggebers zur Nachforderung bei fehlenden, aber geforderten Fabrikats- und Typenangaben besteht, musste im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden, obwohl die Vergabekammer geneigt ist, dieser Auffassung zu folgen (Näheres dazu siehe unter b)). Im vorliegenden Fall jedenfalls würde eine Nachforderung der geforderten Hersteller- und Typangaben den zulässigen Rahmen einer Nachforderung des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A überschreiten, da die Antragstellerin zwei sich nur im Preis unterscheidende Hauptangebote angeboten hatte. Im Falle einer Nachforderung der fehlenden Hersteller- und Typangaben durch die Antragsgegnerin wäre es damit in die Hände der Antragstellerin gegeben, in Kenntnis des Submissionsergebnisses und damit der (voraussichtlichen) Platzierung ihrer Angebote im Wettbewerb, ein ihr preislich "passendes" Angebot durch Nachreichen geeigneter Hersteller- und Typangaben im Wettbewerb zu belassen bzw. ein ihr preislich "unpassendes" Angebot durch Nachreichen ungeeigneter Hersteller- und Typangaben oder durch bloßes verstreichen lassen der Nachforderungsfrist aus dem Wettbewerb zu nehmen und damit den Wettbewerb im Nachhinein zu beeinflussen (Näheres dazu siehe unter c)).
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine niedersächsische Gemeinde, somit um eine Gebietskörperschaft gemäß § 2 Abs. 2 NKomVG, § 98 Nr. 1 GWB. Es liegt ein öffentlicher Auftrag gemäß § 99 GWB vor, da die Antragsgegnerin einen entgeltlichen Vertrag über Trockenbauarbeiten im Rahmen einer Bestandssanierung zu schließen beabsichtigt. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag i. S. des § 1 EG VOB/A, für den gem. § 2 Nr. 3 VgV in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.186.000,00 € gilt. Bei den verfahrensgegenständlichen Trockenbauarbeiten handelt es sich um ein Teilgewerk der Gesamtbaumaßnahme Erweiterung und bauliche Anpassung des Schulzentrums xxxxxx. Nach Kostenschätzung der Antragsgegnerin gemäß der Vorlage vom xxxxxx.2015 für eine Beschlussfassung des Verwaltungsausschusses am xxxxxx.2015 betrug der Gesamtwert für die Bauleistungen im Rahmen der Erweiterung und Bestandssanierung der xxxxxx insgesamt ca. xxxxxx €. Der Schwellenwert wird bei der nach § 3 Abs. 7 VgV gebotenen Gesamtbetrachtung überschritten. Nach § 3 Abs. 7 Satz 4, 5 VgV gilt diese Verordnung nur dann nicht für die Vergabe einzelner Lose, wenn es sich um Lose handelt, deren geschätzter Wert unter 1 Mio. € liegt, und wenn der Gesamtwert der Lose, bezüglich derer sich der Auftraggeber auf diese Möglichkeit beruft, 20 % des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt. Die Antragsgegnerin beruft sich nicht auf diese Möglichkeit. Die Antragsgegnerin hat den verfahrensgegenständlichen Auftrag EU-weit im offenen Verfahren gem. § 3 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ausgeschrieben und die Vergabekammer Niedersachsen als zuständige Stelle für das Nachprüfungsverfahren in der europaweiten Bekanntmachung angegeben. Dadurch hat die Antragsgegnerin den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Antragsgegnerin, dass sie den verfahrensgegenständlichen Auftrag nicht dem 20 %-Kontingent nach § 2 Nr. 6 VgV zuordnet, für welche das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23.05.2002, Verg 7/02; Beurskens in: Hattig/Maibaum, Kartellvergaberecht, § 2 VgV, Rdnr. 19, m. w. N.). Der Wert des verfahrensgegenständlichen Auftrages steht daher einer Nachprüfung durch die Vergabekammer nicht entgegen.
Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch den Ausschluss vom offenen Vergabeverfahren geltend macht.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Die Antragstellerin hat deutlich herausgestellt, dass sie ein eigenes Interesse an der ausgeschriebenen Leistung hat. Durch Einreichen von zwei Hauptangeboten und der später erhobenen Rüge hat sie dies deutlich zum Ausdruck gebracht. Sie hat ferner vorgetragen und begründet, dass sie sich durch den Ausschluss von der weiteren Wertung ihrer Angebote wegen fehlender Fabrikats- und Typenbezeichnungen, ohne dass diese nachgefordert wurden, in ihrem Recht auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen verletzt sieht. Der Antragstellerin fehlt auch nicht die Antragsbefugnis aufgrund fehlender Zuschlagschancen. Sie ist mit einem ihrer eingereichten Angebote die preisgünstigste Bieterin und würde, da der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist, im Fall ihrer Eignungsfeststellung zur Bieterin mit dem wirtschaftlichsten Angebot. Da ihr aufgrund des Ausschlusses der Zuschlag nicht erteilt wird, droht ihr ein finanzieller Schaden.
Die Antragstellerin ist ihrer Verpflichtung aus § 108 GWB, den Nachprüfungsantrag inhaltlich substantiiert abzufassen nachgekommen.
Die Antragstellerin hat die mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend gemachten Vergaberechtsverstöße rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt.
Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Voraussetzung ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Für die Antragstellerin war ihr Ausschluss aus dem weiteren Vergabeverfahren erstmals aus der Information vom 17.07.2015 erkennbar. Die Rüge vom 20.07.2015 war schon nach veralteter strenger Rechtsprechung (vgl. VK Niedersachsen, Beschlüsse vom 17.04.2014, VgK-9/2014, und vom 13.08.2014, VgK-29/2014) rechtzeitig erhoben worden. Es kann daher - auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13, zitiert nach ibr-online) - vorliegend dahinstehen, ob die Präklusionsregel gem. § 107 Ab. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB mit der Forderung einer "unverzüglichen" Rüge unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 28.01.2010 in den Rs.C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen noch durch OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10).
Die Antragstellerin hat ihren Nachprüfungsantrag auch rechtzeitig gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB, weil innerhalb von 15 Tagen nach Zurückweisung ihrer Rüge, gegen die Aufhebung des offenen Vergabeverfahrens erhoben.
2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet.
a) Es ist Bestandteil des Leistungsbestimmungsrechts der Antragsgegnerin bestimmte Angaben zu Hersteller, Typ und Produkt zu verlangen. Der Auftraggeber kann ein berechtigtes Interesse daran haben, vom Bieter Erklärungen darüber zu erhalten, wie dieser im Auftragsfall die Bauausführung vorsieht. Die Antragstellerin kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass der Qualitätsstandard der geforderten Leistung bereits durch detaillierte Vorgaben in dem Langtext-Leistungsverzeichnis zur betreffenden LV-Position definiert ist. Die Auftraggeberin ist berechtigt, zusätzlich die Hersteller- und Typenangabe zu verlangen, um selbst prüfen zu können, ob die vom Bieter angebotenen Produkte den ausgeschriebenen Erfordernissen gerecht werden. So wurde nach dem Vergabevorschlag der Architekten und Stadtplaner xxxxxx vom 14.07.2015 das Angebot des auf Rang 2 liegenden Bieters von der Antragsgegnerin auch mit der Begründung ausgeschlossen, dass das dort zur Position 03.01.01 vom Bieter benannte Produkt hinsichtlich des Schalladsorptionsgrades (gefordert >= 0,90/angeboten 0,85) und der Materialstärke (gefordert 19 mm/angeboten 15 mm) nicht der geforderten Qualität entsprochen habe. Der Ausschluss erfolgte also gerade vor dem Hintergrund, dass im Zuschlagsfall der spätere Auftragnehmer dieses von ihm angebotene und benannte Produkt auch einbauen darf. Er darf es deshalb einbauen, weil mit dem Zuschlag genau dieses Produkt Leistungsgegenstand wird. Die Benennung des Hersteller und der Typenbezeichnung ist für die Antragsgegnerin bei der Wertung der teilnehmenden Angebote von Belang gewesen. Es kommt entgegen der Ansicht der Antragstellerin dabei nicht darauf an, dass die fraglichen Angaben nicht als Zuschlagskriterium ausdrücklich ausgewiesen sind.
Ein Auftraggeber hat bei der Beschreibung der geforderten Leistung mehrere Möglichkeiten. Nach § 7 Abs. 1 VOB/A wird die produktneutrale Leistungsbeschreibung präferiert, welche die Leistung eindeutig und erschöpfend beschreiben soll, sodass alle Mitbieter sie im gleichen Sinne verstehen müssen. Verlangt der Auftraggeber von den Bietern zu den aufgeführten Positionen auch noch, dass vom Bieter für diese Positionen Hersteller und Typ angegeben werden, muss der Bieter diese geforderten Angaben eintragen (vgl. VK Thüringen, Beschluss vom 12.04.2013, 250-4002-2400/2013-E-008-SOK). Diese Forderung der Auftraggeberin für die Positionen 03.01.1, 03.01.2, 03.04.1 der Leistungsbeschreibung war auch nicht unzulässig, stellt sie doch nichts anderes dar als den Wunsch, das vom Bieter normalerweise abzugebende allgemeine Leistungsversprechen zu konkretisieren (vgl. Entscheidung OLG Koblenz vom 30.03.2012, 1 Verg 1/12).
Die Prüfung der Vollständigkeit der von allen Bietern abgegebenen Angebote erfolgt auf der ersten Wertungsstufe, also noch bevor eine weitere Prüfung auf Eignung oder hinsichtlich des nachgerechneten Angebotspreises vorgenommen worden ist; es wird auf dieser Stufe nur geprüft, ob das Geforderte in den vorliegenden Angeboten enthalten ist. Fehlt das Geforderte, ist ein Angebot unvollständig und von der weiteren Wertung auszuschließen. Die Antragstellerin beteiligte sich mit zwei Angeboten am Vergabeverfahren, die in Bezug auf Haupt-, Alternativ- oder Nebenangebot nicht näher bezeichnet waren und sich lediglich im Endpreis unterschieden. Beide Angebote enthielten ein Kurztext-Leistungsverzeichnis, in dem Hersteller und Typ zu den vorgenannten Positionen der Akustikdecken von der Antragstellerin nicht angegeben wurden. Daher waren beide Angebote unvollständig und durften von der Antragsgegnerin auf der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen werden.
b) Die Antragsgegnerin war nicht gehalten, die in den Positionen 03.01.1, 03.01.2, 03.04.1 der Leistungsbeschreibung geforderten Bietereintragungen zu Hersteller- und Typenbezeichnung nachzufordern.
Die Frage, ob aus § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A grundsätzlich keine Nachforderungspflicht hinsichtlich fehlender, aber geforderter produktidentifizierender Angaben folgt, ist in diesem Verfahren nicht allein entscheidungserheblich und kann daher offen bleiben, sehr wohl tendiert die Vergabekammer hierzu. Denn es erscheint interessengerecht, die von einem Auftraggeber geforderten Fabrikats- und Typenbezeichnungen als elementare Bestandteile der Leistungsbeschreibung zu betrachten und diese Angaben vom Anwendungsbereich des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A herauszunehmen, da sie nicht Erklärungen und Nachweise zum Angebot, sondern vielmehr Kernbestandteil des Angebots selbst sind (so auch OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Dresden, Beschluss vom 21.02.2012, Verg 1/12 und dem folgend VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.07.2014, 3 VK LSA 67/14).
Im Gegensatz zu der entsprechenden Regelung in der VOL/A, steht dem Auftraggeber bei der Ausschreibung von Bauleistungen nach der VOB/A kein Ermessenspielraum hinsichtlich der Entscheidung über eine Nachforderung von fehlenden oder unvollständigen Erklärungen oder Nachweisen zu. Die Verpflichtung zur Nachforderung ist im Zuge der Novellierung der VOB/A zum 31.07.2009 eingeführt worden als Konsequenz der strikten Rechtsprechung des BGH, dass jedes Fehlen geforderter Erklärungen und Nachweise die Vergleichbarkeit der Angebote verhindert und zum Ausschluss führt, mit dem Ziel einen Ausschluss aus bloßen formalen Gründen zu vermeiden. Die Begriffe Erklärungen und Nachweise sind inhaltlich unbestimmt. Grundsätzlich fallen hierunter sämtliche leistungsbezogenen Angaben und Unterlagen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.03.2011, 15 Verg 2/11; so auch Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOB/A, 2. Abschnitt, 2. Auflage, § 13, Rn. 66). Danach bezöge sich die Nachforderungspflicht auch auf die von der Antragsgegnerin geforderten Angaben zu Hersteller und Typ. Die Grenze der Nachforderungsfähigkeit ist jedoch dann erreicht, wenn produktidentifizierende Angaben wirksam von einem Auftraggeber gefordert und Vertragsbestandteil werden sollen.
Zu den § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zuzuordnenden Nachweisen und Erklärungen zählen nämlich nur diejenigen, die außerhalb des Vertrages stehende Umstände beschreiben bzw. Angaben zum Inhalt des Angebotes belegen, also Eignungsnachweise, Erläuterungen von Einheitspreisen, Mengenangaben etc., somit nichts anderes als Erläuterungen zum Angebotsinhalt sind. Ein Bieter hat in seinem Angebot vielmehr jedoch ausdrücklich diejenigen Bestandteile zu benennen, die Angebotsgegenstand sind und dann im Zuschlagsfall Vertragsgegenstand werden. Die in dem Langtext-Leistungsverzeichnis unter den Positionen 03.01.1, 03.01.2, 03.04.1 geforderten Angaben zu Hersteller und Typ waren der Antragsgegnerin offensichtlich von solcher Bedeutung, dass diese die Einhaltung der vorgegebenen Parameter bereits vor bzw. mit dem Zuschlag abgesichert wissen will. Bei der nachträglichen Angabe der Fabrikats- und Typenbezeichnung handelt es sich somit nicht wie die Antragstellerin vorträgt, lediglich um Konkretisierungen des bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe feststehenden Angebotsinhalt. Vielmehr wird der Inhalt der Leistung erst durch die Fabrikats- und Typenangabe bestimmt. Das OLG Koblenz bezeichnet in der bereits genannten Entscheidung dann auch die geforderte Produktbezeichnung als "integraler Bestandteil der Willenserklärung Angebot, weil mit ihr die angebotene Leistung entsprechend dem Wunsch des Auftraggebers konkretisiert wird". Verlangt deshalb die Antragsgegnerin in den Ausschreibungsunterlagen vom Bieter zulässigerweise Angaben zu Hersteller und Typ, so führt ein Fehlen dieser Angaben zu einem Fehlen der Vergleichbarkeit mit konkurrierenden Angeboten, welche diese Angaben enthalten. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist aber nur zu erreichen, wenn vergleichbare Angebote, und zwar in jeder sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Hinsicht, gewertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 18.02.2003, X ZB 43/02). Die Leistungsbeschreibung als Besondere Technische Vertragsbedingung gehört damit zum Vertrag.
Ein Beleg dafür, dass geforderte Fabrikats-, Produkt- oder Typenangaben Vertragsbestandteil werden, liefert nach Ausführungen der VK Thüringen (Beschluss vom 12.04.20013, 250-4002-2400/2013-E008-SOK) der Wortlaut des § 16 EG Abs. 3 VOB/A, welcher u.a. die Pflicht zur technischen Angebotsprüfung beinhaltet. Diese Prüfung umfasst auch die Feststellung, ob das angebotene Produkt die im Text der Leistungsbeschreibung der Positionen vorgegebenen Leistungsanforderungen erfüllt. Angaben zu Hersteller und Typ sind somit Kernbestandteil der ausgeschriebenen Leistung und somit integraler Angebotsbestandteil.
Dem Vorbringen der Antragstellerin, welche sich auf die Ansicht der VK Südbayern (unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsauffassung) in ihrem Beschluss vom 15.05.2015 beruft, wonach bei Fehlen von Angaben und Unterlagen, die Vertragsbestandteil geworden sind, zumindest dann nachgefordert werden muss, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist, folgt diese Vergabekammer nicht. Denn dies kann nur insoweit gelten, wenn die Leistungsbeschreibung bzw. ein Abfordern von bestimmten Angaben zu Hersteller, Typ und Produkt nicht unzweifelhaft war. Denn Zweifel bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung dürfen grundsätzlich nicht zu Lasten des Bieters gehen (vgl. BGH, Entscheidung vom 10.06.2008, XZR 78/07). Bei einer wie hier vorliegenden präzisen und eindeutigen Forderung von Hersteller- und Typenangabe in den Vergabeunterlagen besteht für eine Möglichkeit der Heilung des Fehlens dieser Angaben jedoch bereits kein Raum. Auch die Antragstellerin bestreitet nicht, dass die Forderung der Antragsgegnerin zu produktidentifizierenden Angaben in den Positionen 03.01.1, 03.01.2, 03.04.1 unmissverständlich von der Antragsgegnerin gefordert waren. Die Vergabekammer ist geneigt, gerade unter diesen Umständen, die geforderten Angaben nicht lediglich als eine fehlende Erklärung oder fehlenden Nachweis anzusehen, welche den Inhalt eines Angebotes belegen oder außerhalb des eigentlichen Vertragstextes stehende Umstände beschreiben. Die Benennung der angebotenen Hersteller und Typen hinsichtlich der vorgegebenen Materialstärken und einzuhaltenden Schalladsorptionsgrade bei den zu verbauenden Elementen der Akustikdecken waren in diesem Fall nicht bloße Formalie, sondern sollen die vertragsgegenständliche Leistung bestimmen. Im Übrigen geht auch die VK Südbayern davon aus, dass "das einmal angebotene Produkt alle Parameter der Leistungsbeschreibung erfüllen muss. Das gilt bei Ausschreibungen mit und ohne Produktvorgabe. Erfüllt es sie nicht, ist das Angebot im offenen Verfahren auszuschließen und nicht beliebig oft nachzubessern" (VK Südbayern, Beschluss vom 15.05.2015, Z3-3-3194-1-05-01/15). In den Angeboten der Antragstellerin fehlten die näheren geforderten Angaben zu dem Produkt gänzlich.
Wird dem in der Vergabeunterlage wirksam geäußerten Willen des Auftraggebers - hier Forderung nach Hersteller- und Typangaben - mit dem Angebot nicht entsprochen, liegen keine übereinstimmenden Willenserklärungen vor bzw. würde ein Nachreichen dieser Angaben eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen darstellen (dazu näher unter c)), welche zwingend zum Ausschluss der eingereichten Angebote der Antragstellerin führt (vgl. VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.07.2014, 3 VK LSA 67/14). Das Fehlen der verlangten Angaben zu Hersteller und Typ ist nicht heilbar und muss zwangsläufig zum Ausschluss des Angebotes führen. Ein hilfsweiser Ersatz der fehlenden Fabrikat- und Typenangaben ist allein durch das allgemeine Leistungsversprechen nicht möglich (vgl. VK Thüringen, a.a.O.).
Die Vergabekammer ist daher geneigt, die geforderten Hersteller- und Typenangaben zu den Positionen 03.01.1, 03.01.2 und 03.04.1 als Teil der Leistungsbeschreibung und damit als elementaren Vertragsbestandteil zu betrachten, da die Angaben die Leistung beschreiben und bestimmte Hersteller und Typen den Leistungsvorgaben möglicherweise nicht entsprechen würden. So hat die Antragsgegnerin auch richtigerweise das Angebot des Bieters auf Rang 2 mit der entsprechenden Begründung von der weiteren Wertung ausgeschlossen. Nichts anderes kann gelten, wenn gar keine Angaben gemacht worden sind. Da der Auftraggeber die Leistung bestimmt, kann ihm ein konkretes Interesse an der diesbezüglichen Forderungen nicht abgesprochen werden. Nur so wird er in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob die vom Bieter genannten Hersteller und Produkttypen den von ihm gemachten technischen Vorgaben entsprechen und nur so kann der Auftraggeber die eingereichten Angebote hinsichtlich der angebotenen Leistung vergleichen.
Auch eine nachträgliche Ergänzung nach § 15 EG VOB/A ist in einem solchen Fall nicht statthaft. Das Gebot von Transparenz und Gleichbehandlung aller Bieter erfordert, dass nur der Inhalt eines eingereichten Angebotes zur Grundlage der Vergabeentscheidung gemacht werden darf.
Ob bei fehlenden, aber wirksam geforderten produktidentifizierenden Angaben grundsätzlich keine Nachforderung in Betracht kommt, kann offen bleiben, denn darauf kommt es in diesem Fall nicht allein maßgeblich an.
c) Jedenfalls wäre in der vorliegenden Situation durch ein Nachreichen der Hersteller- und Typenbezeichnung durch die Antragstellerin eine nach § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A unzulässige Änderung der Vergabeunterlage möglich und die Angebote gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 lit. b) VOB/A auszuschließen. Wurden mehrere Hauptangebote von ein und demselben Bieter eingereicht, müssen in den Vergabebunterlagen geforderte Fabrikats- und Typenangaben nicht vom Auftraggeber nachgefordert werden. Es besteht in dieser Konstellation die Möglichkeit der nachträglichen Angebotsbeeinflussung durch den Bieter, der mehrere Angebote abgibt, wenn bei vorhandener Kenntnis des Submissionsergebnisses, die zuvor nicht gemachten produktidentifizierenden Angaben nachgeholt werden würden.
Über die Frage der Zulässigkeit von mehreren Hauptangeboten, die bis auf den Preis im Wesentlichen identisch sind, muss die Kammer nicht entscheiden. Jedenfalls ist die Abgabe mehrerer Hauptangebote durch ein und denselben Bieter grundsätzlich zulässig, soweit sie sich in technischer Hinsicht unterscheiden (erstmals OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2010, VII-Verg 61/09; vom 09.03.2011, VII-Verg 52/10; vom 01.10.2012, VII-Verg 34/12; vom 19.12.2012, VII-Verg 37/12 und später auch OLG München, Beschluss vom 29.10.2013, Verg 11/13). Dabei genügen auch kleine, für den Wettbewerb unerhebliche Unterschiede (z.B. eine Verkleidung, Türklinke oder Farbwahl). Besondere Anforderungen sind an die technische Unterschiedlichkeit der Angebote nicht zu stellen. Es genügt, dass sie sich in technischer Hinsicht voneinander unterscheiden, solange die eingereichten Angebote den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses vollumfänglich entsprechen.
Unter welchen Bedingungen es zulässig sein kann, mehrere Hauptangebote, die sich lediglich in den Preisen unterscheiden, abzugeben, ist nicht abschließend in der bisherigen Rechtsprechung geklärt.
Inhaltlich identische Hauptangebote, die sich nur in den Preisen unterscheiden, dürften unzulässig sein. Der Grund, den ein Bieter haben könnte, für dieselbe (identische) Leistung unterschiedliche Preise zu verlangen, kann nur in einer Spekulation oder darin liegen, dass er sich selbst nicht sicher ist, ob sein Angebot einer Auskömmlichkeitsprüfung durch den Auftraggeber stand hält. Im schlimmsten Fall könnte ein Bieter auf diese Weise versuchen wollen, Kalkulationsvorgaben (z.B. Mindestlohn) oder das Verbot der Mischkalkulation zu umgehen. Schon um dem Versuch ("Probieren wir's mal!") vorzubeugen, erscheint es sinnvoll, in solchen Fällen alle Angebote dieses Bieters auszuschließen. Bieter, die von sich aus mehrere Hauptangebote einreichen, drängen dem Auftraggeber nicht zugelassene Alternativangebote auf. Diese wären schon als widersprüchlich auszuschließen. Außerdem ändern Alternativangebote die Vergabeunterlagen, da der Auftraggeber ja i.d.R. nur ein Angebot nachfragt. Auch dies ist ein Ausschlussgrund. Hier wäre die Antragsgegnerin also möglichweise besser gefahren, wenn sie schon in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen angegeben hätte, dass die Abgabe mehrerer Hauptangebote nicht zulässig ist.
Die Vergabekammer sieht im vorliegenden Verfahren jedoch keine Veranlassung, letztlich diese Frage zu beantworten. Jedenfalls fehlte bei beiden von der Antragstellerin zum 05.05.2105 eingereichten Angeboten die Angabe von Hersteller und Typ der Elemente der Akustikdecken. Damit entsprechen die Angebote schon nicht der von der Antragsgegnerin geforderten Leistungsbeschreibung. Die Antragsgegnerin hat offenkundig die beiden von der Antragstellerin eingereichten Angebote angenommen und in die Prüfung auf der ersten Wertungsstufe einbezogen. Auch hat die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren nicht weiter dazu vorgetragen. Die Frage ist nicht zum Verfahrensgegenstand geworden und eine Entscheidung darüber nicht geboten.
Von der Nachforderungsverpflichtung des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A für den öffentlichen Auftraggeber ist nur ein Nachreichen und kein Nachbessern gedeckt (vgl. u.v. OLG München, Beschluss vom 15.03.2015, Verg 2/12). Die Wettbewerbssituation, mithin die Wertung der Angebote, darf nach Submission nicht beeinflusst werden.
In diesem konkreten Fall sieht die Kammer jedoch zumindest im Nachreichen der geforderten Angaben zu Hersteller und Typ durch die Antragstellerin die Möglichkeit einer unzulässigen Änderung der abgegebenen Angebote. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin zwei (bis auf den Angebotspreis) gleich lautende Angebote eingereicht hat und es somit nach Submission - also nach Kenntnis der Platzierungen der an dem Ausschreibungsverfahren teilnehmenden Angebote und Offenlegung der Konkurrenzpreise - selbst in der Hand hätte, welches ihrer beiden Angebote sie wertbar macht. Darin liegt zumindest die Gefahr einer nicht zulässigen Beeinflussung der Rangfolge der am Wettbewerb teilnehmenden Angebote. Dies ist als Nachbessern der eingereichten Unterlagen zu werten und geht über eine reine zulässige Konkretisierung des Angebotsinhalts hinaus (vgl. OLG München, a.a.O.).
Die Möglichkeit der späteren Beeinflussung reicht aus, um aus Sicht der Antragsgegnerin ein Angebot auf der ersten Wertungsstufe auszuschließen. Das Vergaberecht ist im Offenen Verfahren so aufgebaut, dass der jeweilige Bieter in Kenntnis, dass es keinen zweiten Versuch gibt und in Unkenntnis der Angebote der Konkurrenten zu einem möglichst niedrigen Preis die vollständige geforderte Qualität und Angaben anbieten muss. Ein abgegebenes Angebot darf inhaltlich nicht verändert werden (vgl. VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.07.2014, 3 VK LSA 67/14). In der Situation, in der zwei Hauptangebote von demselben Bieter eingereicht werden, besteht die Möglichkeit, dass durch das Nachreichen der geforderten Hersteller- und Typenangaben die Rangfolge der zu wertenden Angebote im Nachhinein beeinflusst wird, entweder durch Angabe der bisher fehlenden Bezeichnungen (und damit Wertbarmachung dieses nachgebesserten Angebotes) oder durch Verstreichenlassen der Nachreichungsfrist (und damit automatischer Ausschluss dieses Angebotes), weil der Bieter den Wertungsrang seiner Angebote und den der Konkurrenten nach Submission kennt. Nicht mehr der Auftraggeber entscheidet letztlich über die Rangfolge aller eingereichten Angebote auf dieser Wertungsstufe, sondern der Bieter, der mehrere Angebote abgegeben hat, hielte dies in seinen Händen.
Angesichts der in den Vergabeunterlagen festgelegten klaren Aufforderungen zur Angabe der produktidentifizierenden Angaben (Hersteller und Typenbezeichnung), wäre die Auftraggeberin entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht befugt gewesen, die fehlenden Erläuterungen und Angaben von der Antragstellerin nachzufordern. Die ungenügende Beschreibung bzw. gar nicht erfolgte Angabe von Fabrikaten kann nicht nachgebessert werden. Fehlen - wie im vorliegenden Fall - die erforderlichen produktidentifizierenden Angaben und ist dadurch die Feststellung der Gleichwertigkeit der angebotenen Produkte nicht erbracht, so kann dieser Nachweis nicht im Wege des § 16 Abs. 1 Nr. 3 EG VOB/A nachgeholt werden. Derartig nachgereichte Angaben sind im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot in der vorliegenden Konstellation nicht zulässig. Das Angebot der Antragstellerin kann daher im Wege der Nachforderung nicht nachgebessert und dadurch erst wertbar gemacht werden. Ein Nachreichen von derartigen Angaben ist durch § 16 EG VOB/A nicht gedeckt, weil dies zu einer nachträglichen Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Antragstellerin führen und deshalb den Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs. 1 und 2 GWB verletzen würde.
Die Nachforderungspflicht soll die Möglichkeit der Heilung von Fehlern eröffnen, die sich auf bloße formale Fehler beziehen und die eine Vergleichbarkeit und Wertbarkeit gerade nicht berühren. Das wäre hier jedoch der Fall.
Die Auftraggeberin hätte hier also fehlerhaft gehandelt, wenn sie die fehlenden Fabrikats- und Typenangabe von der Antragstellerin nachgefordert hätte.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 26.06.2013 geltenden Fassung.
Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens gemäß § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.
Die Antragstellerin hat zwei Hauptangebote eingereicht, zu denen sie selber in Ihrem Schriftsatz vom 10.08.2015 (Seite 2) ausführt, dass sich ihr Nachprüfungsantrag nur auf das Angebot bezieht, welches im Submissionsprotokoll unter der Ang.Nr. 6 mit einer Angebotssumme von xxxxxx € aufgeführt ist. Dieser Betrag entspricht demnach dem mutmaßlichen Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Bei einer Vergabesumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Nach § 128 Abs. 3 Satz 6 GWB kann aus Gründen der Billigkeit von der Erhebung der Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden. Hier ist eine Reduzierung der Gebühren um ein Sechstel der Gebühr angemessen. Nach Auffassung des OLG Celle (OLG Celle, Beschluss vom 01.07.2014, 13 Verg 4/14) ist eine Korrektur der nach dem Angebotswert ermittelten Gebühr aufgrund des § 3 BVwKostG a. F. (vgl. jetzt § 9 BGebG) zugrunde liegenden Kostendeckungsprinzips nur dann geboten, wenn der personelle und sachliche Aufwand im einzelnen Fall außer Verhältnis zum Wert des Verfahrensgegenstandes steht (vgl. BGH Beschluss vom 25. Oktober 2011, X ZB 5/10, Tz. 14 a. E.). Das OLG hat die seinerzeit vorgenommene hohe Gebührenreduzierung der Vergabekammer als sehr weitgehend angesehen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg ist die nach der Gebührentabelle ermittelte Basisgebühr beispielsweise in einem Fall um ein Drittel zu reduzieren, in dem 1. die Akten der Vergabestelle nicht beizuziehen waren und 2. die Sache nicht mündlich verhandelt werden musste. Eine weitergehende Ermäßigung sei im Hinblick darauf, dass § 128 Abs. 3 GWB eine Reduzierung auf die Hälfte nur bei Rücknahme des Antrages vorsehe, nicht geboten (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 3. November 2008, 1 Verg 3/08, Tz. 8). Da durch die Vergabekammer nicht auf die Beiziehung und Prüfung der Akten verzichtet werden konnte, ist die Gebühr insoweit nicht zu reduzieren. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Vergabekammer nach Aktenlage ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Der personelle und sachliche Aufwand der Vergabekammer fällt dann geringer aus als in den "Normalfällen", in denen üblicherweise nach mündlicher Verhandlung entschieden wird. Hier ist allerdings nicht nur die Zulässigkeit, sondern auch die Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu beurteilen gewesen, weshalb eine Reduzierung von 1/6 geboten ist. Das Maß der Gebührenminderung entspricht der bei der Vergabekammer Bund üblichen Praxis. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen. Die reduzierte Gebühr beträgt damit xxxxxx €.
Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat grundsätzlich ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen.
Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB zu erstatten. Eine dem § 128 Abs. 3 Satz 3, 5 GWB vergleichbare Billigkeitsregelung enthält § 128 Abs. 4 GWB nicht. Vielmehr ist danach ausschließlich auf das Unterliegen des Verfahrensbeteiligten abzustellen.
Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird das regelmäßig mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für eine geschulte Vergabestelle mit großer Routine regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind. Denn dann ist, zumindest bei größeren Auftraggebern, die die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen, der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestelle grundsätzlich auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sein muss (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012, Verg 8/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen.
Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist also zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Wenn aber zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzutreten, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.
Nach dieser Maßgabe war es für die Antragsgegnerin im vorliegenden Vergabeverfahren notwendig, eine Bevollmächtigte zu beauftragen, denn der Nachprüfungsantrag betraf nicht bloß einfach gelagerte Fragestellungen des gewöhnlichen materiellen, in den Vergabe- und Vertragsordnungen geregelten Vergaberechts, das eine Vergabestelle nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung zumindest in der Regel auch ohne anwaltlichen Beistand rechtlich bewerten, einordnen und vertreten muss. Streitgegenstand waren hier insbesondere Detailfragen der Nachforderung vor dem Hintergrund einer nicht einheitlichen Rechtsprechung. Hinzukommt die selten anzutreffende Konstellation, dass zwei Hauptangebote von ein und demselben Bieter abgegeben sind. Diese Fragen bedurften einer umfassenden und fundierten Entgegnung auch vor dem Hintergrund, dass Nachprüfungsverfahren unter einem erheblichen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen.
Zudem verfügt die bei der Antragsgegnerin vorhandene eigene Rechtsabteilung nicht über eine ausreichende personelle Ausstattung und Erfahrung im Vergaberecht. Nach Angaben auf der homepage der Antragsgegnerin verfügt der Fachdienst Recht über zwei Mitarbeiter. Die Notwendigkeit der Beauftragung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts für den öffentlichen Auftraggeber ist gegeben, wenn bei dem Auftraggeber vorhandenes juristisches ausgebildetes Personal im Nachprüfungsverfahren nicht versiert ist und mit anderen Unternehmensaufgaben als der Wahrnehmung von Nachprüfungsverfahren hinreichend ausgelastet ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.7.2000 - VII-Verg 1/00). Bei der Antragsgegnerin ist aufgrund der dünnen personellen Ausstattung im Verhältnis zur Aufgabenbreite einer Rechtsabteilung in einer kommunalen Verwaltung von der Größe der Antragsgegnerin anzunehmen, dass vorhandenes juristisch ausgebildetes Personal vorwiegend andere Aufgaben als die Wahrnehmung von Nachprüfungsverfahren erfüllt. Eine Routine in detaillierten vergaberechtlichen Fragestellungen ist demnach ebenso nicht erkennbar.
Es war daher festzustellen, dass für die Antragsgegnerin die Hinzuziehung einer anwaltlichen Bevollmächtigten mit entsprechenden prozessualen Kenntnissen notwendig war.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx
IV. Rechtsbehelf
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