Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 10.12.2015, Az.: VgK-46/2015

Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages; Ausschluss eines Anbieters von der Wertung; Vergaberechtlicher Neutralitätsgrundsatz als Ausfluss des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
10.12.2015
Aktenzeichen
VgK-46/2015
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 40983
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
die xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigter: xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Vergabeverfahren Klinikum Stadt xxxxxx, Neubau Kinderklinik - Somatik, Abbruch- und Rohbauarbeiten, Vergabenummer xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und die ehrenamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Fesun auf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2015 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Bewertung der Angebote unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin zu wiederholen.

  2. 2.

    Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zu 1/2 zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils befreit.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten je zu 1/2 zu erstatten. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren war notwendig.

Begründung

I.

Auf dem Gelände des Klinikums der Stadt xxxxxx soll als Anbau an vorhandene Gebäude des Klinikums die Kinderklinik - Somatik - errichtet werden. Die Planung wurde erstellt durch das Architekturbüro X. Mit der Projektsteuerung beauftragt ist die Fa. Y.

Im Rahmen der Vorbereitung der Ausschreibung wurde die Fa. AB Projektdienstleistungen GmbH beauftragt, die Kosten zu überprüfen. Hierzu wurden ihr das Rohbauleistungsverzeichnis, das verpreiste Leistungsverzeichnis und die Zeichnungsunterlagen übergeben.

Mit Schreiben vom 13.05.2015 legte die AB GmbH der Antragsgegnerin das Ergebnis ihrer Überprüfung in Form der von ihr abgearbeiteten Checkliste und einer Liste "Stichprobenkontrolle Massen" vor. Zu ihrem Vorgehen teilte sie mit, sie habe die Unterlagen stichprobenartig auf Plausibilität und Stimmigkeit durchgesehen. Für jede Position der LV-Titel Erdarbeiten, Gerüst und Abdichtung mit einem Wert größer als 3.500 € netto seien stichprobenartig Massenkontrollen durchgeführt worden, beim LV-Titel Betonarbeiten seien Positionen mit einem Wert von mehr als 10.000 € geprüft worden. Im Ergebnis seien die ermittelten Massen plausibel.

Dem zur Abrechnung vorgelegten Stundennachweis ist zu entnehmen, dass einer der beiden Geschäftsführer der AB GmbH, Herr xxxxxx, in die Prüfung eingebunden war.

Mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 schrieb die Antragsgegnerin die Abbruch- und Rohbauarbeiten für die Kinderklinik - Somatik - als Bauauftrag im offenen Verfahren aus. Varianten/Alternativangebote wurden nicht zugelassen. Einziges Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der 07.07.2015.

Innerhalb der Angebotsphase gab es mehrere Bieterfragen, welche die Antragsgegnerin mit per E-Mail versandten Bieter-Informationsschreiben vom 02.07.2015 und vom 07.07.2015 beantwortet hat. Hierbei verlängerte sie die Angebotsfrist zunächst auf den 14.07.2015 und schließlich auf den 21.07.2015.

Zur Submission am 21.07.2015 lagen 5 Angebote vor, hierunter das Angebot der antragstellenden Firma BA Bauunternehmung GmbH. Nach den Eintragungen in der Niederschrift über die Angebotseröffnung hat die Antragstellerin mit einem Angebotspreis von xxxxxx € das preislich günstigste Angebot vorgelegt. Auf Rang 2 folgt mit xxxxxx € das Angebot der Beigeladenen.

Die Vergabeakte enthält eine zwischen dem 25.08.2015 und dem 28.08.2015 geführte E-Mail Korrespondenz, in welcher die Antragsgegnerin und der Projektsteuerer über den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin wegen Vorbefassung berieten. Hierbei wurde auch erörtert, ob ein Ausschluss wegen Vorbefassung durch geeignete Maßnahmen vermieden werden kann. Im Vermerk vom 28.08.2015 stellte die Antragsgegnerin schließlich fest, dass die Antragstellerin wegen Vorbefassung vom Wettbewerb auszuschließen ist.

Die Angebote wurden vom Architekturbüro geprüft. Im Vermerk vom 02.09.2015 wird unter Ziffer 2.2 "Formelle Prüfung der Angebote" festgestellt, dass das Angebot der Antragstellerin gemäß § 16 Abs.1 Nr.1d VOB/A ausgeschlossen wurde, weil die Antragstellerin sich trotz ihrer Vorbefassung am Wettbewerb beteiligt hat und dieser durch ihren Wissensvorsprung verzerrt wird. Der Vermerk schließt mit dem Vorschlag, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

Der Projektsteuerer führt in seiner Vergabeempfehlung vom 03.09.2015 aus:

"Der günstigste Bieter wurde ... ausgeschlossen, da die Firma BA GmbH (siehe Anlage E-Mail-Schriftverkehr Stadt xxxxxx und xxxxxx) vor dem Versand der Auslobungsunterlagen vom xxxxxx als Berater eingebunden wurde und mit dem Wissensvorsprung wegen der Vorbefassung in dem Verfahren auszuschließen ist.

Gemäß dem Hinweis von Frau xxxxxx kann der Bieter beteiligt werden, wenn die anderen Bieter in gleicher Weise informiert werden. Da der xxxxxx den Bieter xxxxxx eingebunden hat, könnte die Information der anderen Bieter ausschließlich über den xxxxxx erfolgen. Der xxxxxx erklärt, dass der Wissensvorsprung mit der Aufhebung des Verfahrens nicht ausgeglichen werden kann und die Firma xxxxxx somit auch bei einem neuen Verfahren nicht beteiligt werden könnte.

Entsprechend der Vorgabe von xxxxxx wird die Firma BA GmbH ... vom Verfahren ausgeschlossen."

Im Vermerk vom 16.09.2015 stellt die Antragsgegnerin fest, dass das niedrigste zu wertende Angebot über dem Budget der Kostenberechnung liegt, von einer Aufhebung und Neuausschreibung der Leistungen aber abgesehen wird, da die Angebotspreise angemessen sind und offenbar die Kostenschätzung der Architekten etwas zu niedrig angesetzt war. Auch sie schlägt vor, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

Am 21.09.2015 erkundigte sich der 2. Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr xxxxxx, bei der Antragsgegnerin nach dem Verfahrensstand. Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit, dass das Angebot der Antragstellerin von der Wertung ausgeschlossen werden musste. Herr xxxxxx bedankte sich für die Information und wies darauf hin, dass ein offizielles Schreiben zum Ausschluss noch nicht eingegangen sei. Weil er nicht alleiniger Gesellschafter der BA GmbH sei, müsse vor einer Reaktion der Ausschlussgrund auch durch den 2. Gesellschafter geprüft werden. Er wies darauf hin, dass die AB GmbH eine selbständig operierende Gesellschaft sei und keine Bindungen an eine andere Gesellschaft habe.

Mit Informationsschreiben gemäß § 101a GWB vom 20.10.2015 wurden die Bieter darüber informiert, dass der Zuschlag am 02.11.2015 auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll. Die Antragstellerin wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihr Angebot von der Wertung ausgeschlossen wird, weil sie ein vorbefasster Bieter gemäß § 8 EG Abs. 7 VOB/A und § 16 Abs.1 Nr.1 VgV sei.

Mit Schreiben vom 27.10.2015 rügte die Antragstellerin die mitgeteilte Entscheidung als vergaberechtswidrig. Der Ausschluss ihres Angebotes sei fehlerhaft, weil die im Vorfeld durch die AB GmbH aus xxxxxx erfolgte Plausibilitätsprüfung der Vergabeunterlagen nicht zu einem wettbewerbsverzerrenden Wissensvorsprung gegenüber anderen Bietern geführt habe. Sie forderte die Antragsgegnerin zur Rücknahme des Angebotsausschlusses auf.

Mit Rügeantwort vom 29.10.2015 wies die Antragsgegnerin die Rüge der Antragstellerin zurück. Zur Begründung teilte sie mit, die AB GmbH sei mit der Überprüfung der Kostenschätzung für die Baumaßnahme beauftragt worden. Zu diesem Zweck habe die AB GmbH sämtliche Unterlagen einschließlich des verpreisten Leistungsverzeichnisses erhalten. Zwischen der AB GmbH und der BA GmbH bestehe Geschäftsführer-Identität. Deshalb sei davon auszugehen, dass das bei der Überprüfung der Kostenschätzung erlangte Wissen auch für die Erstellung des Angebotes der Fa. BA GmbH genutzt worden sei. Damit habe die Antragstellerin einen wettbewerbsverzerrenden Wissensvorsprung und einen Zeitvorteil für die Abgabe ihres Angebotes gehabt.

Daraufhin wandte sich die Antragstellerin am 30.10.2015 mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Sie trägt vor, ihr Antrag sei zulässig. Sie habe den ihr am 21.10.2015 bekannt gegebenen Ausschluss ihres Angebotes nach Einholung rechtlicher Beratung am 27.10.2015 und damit rechtzeitig gerügt. Bereits in der am 21.09.2015 mit der Antragsgegnerin geführten E-Mail Korrespondenz, die ihr noch keine überprüfbaren Informationen zu den Rechtsgrundlagen des Angebotsausschlusses vermittelt habe, habe sie gegenüber der Antragsgegnerin deutlich gemacht, dass sie den Angebotsausschluss nicht nachvollziehen könne und auch nicht akzeptieren werde.

Ihr Antrag sei auch begründet, denn der Angebotsausschluss sei zu Unrecht erfolgt.

Es gebe faktisch keine Vorbefassung der Antragstellerin, denn bei der AB GmbH handele es sich um ein von der Antragstellerin verschiedenes und eigenständiges Unternehmen. Es bestehe zwar eine Geschäftsführer-Identität, es gebe aber zwischen den Geschäftsführern eine formelle Aufgabenteilung. Der Geschäftsführer xxxxxx verantworte intern die Abläufe des Projektdienstleisters AB GmbH. Der Geschäftsführer xxxxxx verantworte die Geschäfte der antragstellenden Bauunternehmung BA GmbH. Eine Weiterleitung von Unterlagen erfolge grundsätzlich nicht, es gebe auch keine Unterstützung der Antragstellerin durch die AB GmbH und die Angebote der Antragstellerin würden nicht durch die AB GmbH vorbereitet. Auch in diesem Vergabeverfahren sei die AB GmbH nicht für die Antragstellerin tätig gewesen.

Zudem ergäben sich aus der Tätigkeit der AB GmbH im Vorfeld der Ausschreibung keine Wettbewerbsvorteile. Es gebe keine wettbewerbsrelevanten nicht aufholbaren Wissensvorsprünge, denn die Tätigkeit der AB GmbH habe allein in der Plausibilitätsprüfung nach Sichtung der Ausschreibungsunterlagen bestanden. Dieselben Ausschreibungsunterlagen seien anschließend allen anderen Bietern im Rahmen des Verfahrens ebenso zur Verfügung gestellt worden. Es ergäben sich auch keine Vorteile durch die vorgenommenen stichpunktartigen Massenkontrollen und durch die Kenntnis der vom Auftraggeber geschätzten Preise und des geschätzten Gesamtpreises. Es gebe auch keinen wettbewerbsverzerrenden Zeitvorteil. Ihre schnelle Angebotserstellung erkläre sich dadurch, dass die örtlichen Nachunternehmer wegen anderer Bieteranfragen die Ausschreibung bereits kannten und daher schnell reagieren konnten. Die Antragsgegnerin habe im Übrigen nicht dargelegt, worin sie einen wettbewerbsverzerrenden Wissensvorsprung erkennt.

Der Ausschluss eines Bieters allein aufgrund einer Vorbefassung sei vergaberechtswidrig. Auch sei eine bloß potentielle Gefahr der Wettbewerbsbeeinträchtigung nach der Rechtsprechung kein Ausschlussgrund. Ein Auftraggeber, der einen wettbewerbsverzerrenden Vorteil durch Vorbefassung erkennt, habe vorrangig die Pflicht, diesen Vorteil durch geeignete Maßnahmen zugunsten der anderen Bieter auszugleichen. Der Ausschluss eines Bieters wegen Vorbefassung müsse Ultima Ratio sein.

Im vorliegenden Fall habe die Antragsgegnerin lediglich behauptet, dass es keine geeigneten Maßnahmen zum Ausgleich der von ihr nicht näher beschriebenen Wettbewerbsvorteile gebe.

Ihre Teilnahme habe den fairen Wettbewerb auch gar nicht beeinträchtigt. Dies werde am Ergebnis der Ausschreibung deutlich, denn die einzelnen Angebote zeigten keine signifikanten Abweichungen.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen;

  2. 2.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Bewertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;

  3. 3.

    hilfsweise, das Vergabeverfahren aufzuheben;

  4. 4.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  • den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Sie hält den Nachprüfungsantrag wegen verspätet vorgetragener Rüge für unzulässig. Die Antragstellerin habe bereits am 21.09.2015 Kenntnis vom Ausschluss ihres Angebotes gehabt, sie habe diesen Ausschluss aber erst am 27.10.2015 gerügt.

Der gestellte Antrag sei zudem unbegründet, weil das Angebot zu Recht ausgeschlossen worden sei. Unter den gegebenen Bedingungen sei bei objektiver Betrachtung der Leistung eine Wettbewerbsverfälschung möglich.

Die Antragstellerin habe sich über die Leistungen der verbundenen Firma AB GmbH einen Wettbewerbsvorteil verschafft und diesen auch genutzt. Neben der Geschäftsführer-Identität sei ein weiteres Indiz für eine Zusammenarbeit der Antragstellerin mit der AB GmbH darin zu sehen, dass die Antragstellerin es geschafft habe, ihr Angebot innerhalb von nur einer Woche vorzulegen. Dies sei angesichts der Größe des Unternehmens der Antragstellerin ohne Vorkenntnisse nicht realistisch.

Anlass für die Beauftragung der AB GmbH im Vorfeld der Ausschreibung seien Zweifel an der Kostenschätzung eines anderen Büros gewesen, welches die Gesamtkosten mit xxxxxx Mio. € vermutlich zu niedrig eingeschätzt hatte. Die AB GmbH wurde mit der Überprüfung dieser Kostenschätzung beauftragt. Hierbei habe sie vollständigen Einblick in das geplante Leistungsverzeichnis, die vorgesehene Preise, in die Kostenberechnung und -erfassung und Einblicke in die Massenberechnung erhalten. Auf Nachfrage wurden ihr auch Stahllisten vorgelegt. Über diese habe auch ein Austausch mit dem Auftraggeber stattgefunden.

Die AB GmbH habe die Zweifel der Auftraggeberin an der Kostenschätzung bestätigt. Nach ihren Ermittlungen war mit Gesamtkosten in Höhe von xxxxxx Mio. € zu rechnen.

Die AB GmbH habe keine bloße Plausibilitätsprüfung durchgeführt, sie habe umfassende Einblicke in die Preisbildung gehabt, sie letztlich mit veranlasst. Sie wusste, welche Preise die Auftraggeberin als realistisch ansehen wird.

Mit derartigen Kenntnissen habe die Antragstellerin taktisch anbieten und eigene Kalkulationsfehler vermeiden können. Auch habe sie erhebliche Zeitvorteile gehabt.

Die Antragstellerin habe ihre Wettbewerbsvorteile auch genutzt. Ihr Angebot habe mit xxxxxx Mio. € knapp unter dem von ihr selbst ermittelten Wert gelegen. Auffällig seien auch ihre Preise für Beton, die unterhalb der Preise liegen, welche die AB GmbH als realistisch angegeben hatte.

Der Angebotsausschluss sei rechtmäßig, weil keine milderen Mittel verfügbar seien.

Von einer Verlängerung der Angebotsfrist zum Ausgleich des Zeitvorteils hätte die Antragstellerin zusätzlich profitiert. Den anderen Bietern hätten die Preise der Auftraggeberin nicht offen gelegt werden können, da andernfalls der Geheimwettbewerb beeinträchtigt worden wäre. Der Austausch über die Stahllisten, der zwischen der AB GmbH und der Antragsgegnerin stattgefunden habe, sei nicht reproduzierbar, sodass auch der hieraus resultierende Wissensvorsprung nicht ausgeglichen werden könne.

Die Beigeladene beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen aufzuerlegen;

  3. 3.

    die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Beigeladenen für notwendig zu erklären.

Auch sie hält den Antrag für unzulässig und für unbegründet.

Die AB GmbH habe die Vergabeunterlagen und die Kostenschätzung eines anderen Büros geprüft, sie habe nach eigenem Ermessen stichprobenartig Massenkontrollen durchgeführt. Hierbei habe sie nicht nur Einsicht genommen in die gesamten Ausschreibungsunterlagen, sondern sie habe auch umfassende Kenntnis erhalten von den Preiserwartungen der Auftraggeberin, der von ihr verwendeten Kennwerte und ihrem Budget.

Die Vorbefassung der Antragstellerin sei im Hinblick auf die Geschäftsführer-Identität des Projektsteuerers AB GmbH und der Bauunternehmung BA GmbH eindeutig. Indiz hierfür sei auch die von der AB GmbH auf ihrer Homepage erwähnte Angebotsbearbeitung für die BA GmbH. Zudem zeige die Nachfrage des Geschäftsführers xxxxxx vom 21.09.2015 nach dem Verfahrensstand, dass dieser durchaus mit dem Angebot befasst sei.

Im Rahmen der Vorbefassung im Vorfeld der Ausschreibung habe die AB GmbH nach eigenem Ermessen Massenabweichungen geprüft. Es stand ihr frei, in welchem Umfang sie prüft und ob sie alle ihre Erkenntnisse der Antragsgegnerin mitteilt, oder sie für die spätere eigene Angebotserstellung nutzt. Mit den mitgeteilten Ergebnissen habe sie zudem Einfluss auf die Vergabeunterlagen gehabt.

Die erworbenen Wissens- und Zeitvorsprünge seien wettbewerbsverzerrend. So seien Kenntnisse über zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vordersätze, über die Preiserwartungen der Auftraggeberin und über die von ihr benutzten Kennwerte sehr nützlich für die eigene Angebotskalkulation. Das Ergebnis der Ausschreibung zeige, dass sie diese Vorteile auch genutzt habe.

Es gebe auch kein milderes Mittel als den Angebotsausschluss. Würde die Antragsgegnerin auch den übrigen Bietern ihre eigene Kalkulation offen legen, so sei zu erwarten dass diese - bei aller Kalkulationsfreiheit - dennoch eine lenkende und den Wettbewerb verzerrende Wirkung haben würden. Gebe die Antragsgegnerin alle Unterlagen, die der AB GmbH zur Massenkontrolle vorgelegen haben, auch an alle anderen Bieter heraus, so wären diese, um den Vorsprung aufzuholen zu einer umfassenden und zeitintensiven Massenprüfung gezwungen, was bereits den Regelungen des § 7 Abs.1 Nr. 1 EG VOB/A widerspreche.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 03.12.2015 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 15.12.2015 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 23.11.2015 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist durch den Ausschluss ihres Angebotes in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Der Angebotsausschluss ist weder unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen eine Mitwirkung von als voreingenommen geltenden natürlichen Personen im Vergabeverfahren gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 VgV noch als Vermeidung einer vermeintlichen Verfälschung des Wettbewerbs durch die Teilnahme der Antragstellerin gemäß § 6 EG Abs. 7 VOB/A gerechtfertigt.

1. Der Nachprüfungsantragsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach

§ 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Abbruch- und Rohbauarbeiten und damit um einen Bauauftrag i. S. des § 1 EG VOB/A, für den gem. § 2 Abs. 1 VgV i. V. m. Art. 7 der Richtlinie 2004/18/EG in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.186.000,00 € für die Gesamtmaßnahme gilt. Die von der Antragsgegnerin geschätzten Gesamtkosten für den Neubau der Kinderklinik Somatik überschreiten den Schwellenwert deutlich.

Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Antragsgegnerin habe ihr Angebot zu Unrecht ausgeschlossen, weil die Prüftätigkeit der AB GmbH keine Vorbefassung der Antragstellerin sei und zudem im Rahmen der Prüftätigkeit der AB GmbH auch gar keine wettbewerbsverzerrenden Kenntnisse erworben werden konnten.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen.

Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet und darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2006 - X ZB 14/06). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorgetragen hat, dass sie bei der aus ihrer Sicht gebotenen Einbeziehung ihres Angebotes in die Wertung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte, zumal sie das preislich günstigste Angebot abgegeben hat.

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 2 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die geltend gemachten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.

Die Vergabekammer teilt nicht die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, die Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB sei vorliegend bereits mit der E-Mail-Korrespondenz am 21.09.2015 entstanden. Die Antragstellerin hat in ihrer E-Mail vom 21.09.2015 ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mitgeteilten Angebotsausschlusses gegenüber der Antragsgegnerin zum Ausdruck gebracht. Dort heißt es:

"Sehr geehrter Herr xxxxxx, vielen Dank für die Information. Ein offizielles Schreiben zum Ausschluss haben wir allerdings noch nicht erhalten. Da ich nicht alleiniger Gesellschafter der BA GmbH bin, müsste der Ausschlussgrund durch den zweiten Gesellschafter geprüft werden. Wie ich bereits mitgeteilt hatte, ist die BA GmbH eine selbständig operierende Gesellschaft und nicht an eine andere Gesellschaft gebunden, noch daran irgendwie beteiligt oder anderweitig in Abhängigkeit stehend. Ein Ausschluss wäre insofern für die BA GmbH problematisch."

Als daraufhin eine offizielle Mitteilung über den Ausschluss ausblieb und sie mit Schreiben vom 30.09.2015 sogar zur Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist ihres Angebotes aufgefordert wurde, war die Annahme, die Antragsgegnerin habe ihre Entscheidung zum Angebotsausschluss noch einmal überprüft und geändert, nicht abwegig. Die positive Kenntnisnahme vom erfolgten Angebotsausschluss und damit die Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entstand erst mit dem Eingang des formellen Informationsschreibens gemäß § 101a GWB.

Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.10.2015 gemäß

§ 101a GWB darüber informiert, dass ihr Angebot von der Wertung ausgeschlossen worden sei, weil sie ein vorbefasster Bieter gemäß § 8 EG Abs.7 VOB/A und § 16 Abs.1 Nr.1 VgV sei.

Mit Rügeschreiben vom 27.10.2015 hat die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebotes aus der Wertung wegen Vorbefassung gerügt. Sie trug vor, die von der AB GmbH aus xxxxxx durchgeführte Plausibilitätsprüfung der Vergabeunterlagen habe nicht zu einem wettbewerbsverzerrenden Wissensvorsprung gegenüber anderen Bietern geführt.

Diese innerhalb von 7 Tagen nach Erhalt des Informationsschreibens abgesetzte Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB.

Es kann vorliegend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13, zitiert nach ibr-online) dahinstehen, ob die Präklusionsregel gem. § 107 Ab. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 28.01.2010 in den Rs.C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (zu den unterschiedlichen Auffassungen aktuell VK Südbayern, Beschluss vom 18.03.2015 - Z3-3-3194-1-62-12/14 OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen noch durch OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10). Bei diesen beiden zum irischen und englischen Recht ergangenen Entscheidungen des EuGH ging es um die Frage, ob ein Nachprüfungsantrag zulässig ist, wenn das Verfahren nicht unverzüglich eingeleitet wird. Der EuGH hat in den dortigen Entscheidungen den Unverzüglichkeitsbegriff als zu unbestimmt bewertet.

Das OLG München hat in seiner Entscheidung vom 19.12.2013 - Verg 12/13 offen gelassen, ob die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nach diesen Entscheidungen des EuGH überhaupt noch anwendbar ist oder dem Europarecht widerspricht. Zumindest aber lasse sich den EuGH-Entscheidungen entnehmen, dass der Primärrechtsschutz nicht durch zu unklare Anforderungen verhindert werden soll. Das bedeutet auch, dass bei einer Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht zu kleinlich zu verfahren ist (ebenso bereits OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12, zitiert nach ibr-online). Im Ergebnis hat das OLG München eine innerhalb von sieben Werktagen nach Kenntniserlangung vom gerügten Sachverhalt erfolgte Rüge noch als unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB gewertet. Zur Begründung hat das OLG betont, dass in der vergaberechtlichen Rechtsprechung auch anerkannt ist, dass zur Abklärung, ob eine Rüge - und damit nachfolgend ein Nachprüfungsantrag - eingereicht werden soll, der Rat eines Anwalts eingeholt werden darf bzw. dem Bieter eine Überlegungsfrist zuzubilligen ist. Dies ist in Anbetracht der nicht leicht durchschaubaren rechtlichen Fragen und der nicht unerheblichen finanziellen Folgen, welche sich an die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens knüpfen, auch berechtigt.

Der Nachprüfungsantrag ist daher zulässig.

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist durch den Ausschluss ihres Angebotes in ihren Rechten im Sinne der §§ 97, 114 Abs. 1 Satz 1 GWB verletzt. Einer Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin steht nicht eine Mitwirkung von als voreingenommen geltenden natürlichen Personen im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 VgV im Vergabeverfahren entgegen. Die Voraussetzungen für den Anwendungsbereich dieser Norm liegen nicht vor. Denn die von der Antragsgegnerin veranlasste Kostenprüfung des Rohbauleistungsverzeichnisses, des bepreisten Leistungsverzeichnisses und der Zeichnungsunterlagen durch das über die gemeinsamen Geschäftsführer mit der Antragstellerin verbundene Projektdienstleistungsbüro AB GmbH war bereits mit Bericht vom 18.05.2015 und damit zu einem dem Vergabeverfahren vorgelagerten Zeitpunkt abgeschlossen (im Folgenden a). Der Angebotsausschluss lässt sich aber auch nicht auf § 6 EG Abs. 7 VOB/A stützen. Es ist weder ersichtlich noch zu besorgen, dass der vorliegende Wettbewerb durch die Teilnahme der Antragstellerin aufgrund der Plausibilitätsprüfung - die unstreitig insbesondere durch einen gemeinsamen Geschäftsführer der Antragstellerin und der im AB GmbH durchgeführt wurde - verfälscht werden würde (im Folgenden b).

a. Die durch einen gemeinsamen Geschäftsführer der Antragstellerin und der AB GmbH durchgeführte Kostenprüfung im Vorfeld des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens verstößt nicht gegen das Verbot der Mitwirkung von als voreingenommen geltenden natürlichen Personen im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. VgV im Vergabeverfahren. Gemäß § 16 Abs. 1 VgV dürfen u. a. als Beauftragter oder Mitarbeiter eines Beauftragten eines Auftraggebers bei Entscheidungen in einem Vergabeverfahren für einen Auftraggeber als voreingenommen geltende natürliche Personen nicht mitwirken, soweit sie in diesem Verfahren einen Bieter oder Bewerber beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzlicher Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten. Diese Regelung ist eine Konkretisierung des mit dem vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgebot in engem Zusammenhang stehenden Neutralitätsgebots. Der das gesamte Vergaberecht bestimmende Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert es sicherzustellen, dass für den Auftraggeber nur Personen tätig werden, deren Interessen weder mit den Interessen eines Bieters noch mit den Interessen eines Beauftragten des Bieters verknüpft sind. Als voreingenommen in diesem Sinne gelten der Bieter und der Bewerber, die ihn in diesem Verfahren vertretenden oder beratenden Personen (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VgV) sowie deren nähere Verwandte (§ 16 Abs. 2 VgV). Bei diesen Personen wird unwiderleglich vermutet, dass sie voreingenommen sind. Sie können nicht "neutral" sein (vgl. Sturhahn in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, § 16 VgV, Rdnr. 12 ff., 14; Rechten in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 3. Aufl., 4. Los, § 16 VgV, Rdnr. 24 ff.; Beurskens in: Hattig/Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht, § 16 VgV, Rdnr. 3; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht 2010, Stand: 15.02.2015, § 16 VgV, Rdnr. 5). Der Neutralitätsgrundsatz als Ausfluss des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 97 Abs. 2 GWB bindet die öffentliche Hand auch dann, wenn es um die Auftragsvergabe in privatrechtlichen Formen geht.

Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV umfasst Personen, die den Bieter selbständig beraten oder unterstützen (z.B. Beratungsunternehmen, Rechtsanwälte), nicht dagegen Personen, die als Bedienstete für den jeweiligen Auftraggeber tätig sind. § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV kann nur für solche Mitarbeiter des Auftraggebers gelten, die unabhängig von ihrer Einbindung in die Struktur des Auftraggebers beratend oder unterstützend für einen Bieter oder Bewerber tätig sind (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2009 - 13 Verg 7/08; Weyand, a.a.O., § 16 VgV, Rdnr. 20).

Allerdings führt nicht bereits der "Anschein" einer Doppelmandatschaft und eines damit einhergehenden Verstoßes gegen die Vergabebestimmungen zu einer Verletzung des Diskriminierungsverbotes. Die Vergabekammer hatte in dieser Konsequenz bereits vor Inkrafttreten der Vergabeverordnung für den Fall der Besorgnis einer Doppelmandatschaft von an Vergabeverfahren beteiligten natürlichen Personen entschieden, dass sie im Gegensatz etwa zur Entscheidung des OLG Brandenburg (Beschluss vom 03.08.1999 - 6 Verg 1/99 = NVwZ 1999, S. 1242 ff. [VGH Baden-Württemberg 20.07.1999 - 10 S 1554/98] - Flughafen BBI) nicht die Auffassung teilt, dass eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes bereits vorliegt, wenn lediglich ein "böser Schein" der Parteilichkeit einer am Vergabeverfahren beteiligten natürlichen Person vorliegt. Vielmehr bedürfe es konkreter Umstände, die eine Parteilichkeit besorgen lassen (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 24.07.2000, Az.: 203-VgK-8/2000; Beschluss vom 27.09.2000, Az.: 203-VgK-10/2000). Auch der Verordnungsgeber hat bei der Regelung des Ausschlusses von als voreingenommen geltenden natürlichen Personen gemäß § 16 VgV nicht den "bösen Schein" für ausreichend erachtet, sondern er geht vom Erfordernis eines tatsächlichen Interessenkonflikts und einer konkreten Auswirkung der Tätigkeit der betroffenen Personen auf die Entscheidungen im Vergabeverfahren aus. Dabei ist der Ausschluss gemäß § 16 VgV an das tatsächliche Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2009, 13 Verg 7/08).

Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes würde zwar die Mitwirkung des gemeinsamen Geschäftsführers eines Bieterunternehmens und eines das Vergabeverfahren auf Seiten des örtlichen Auftraggebers begleitenden Beratungsbüros in der Regel gegen § 16 Abs. 1 VgV verstoßen.

Die Voraussetzungen für den Anwendungsbereich dieser Norm liegen aber nicht vor.

Das Mitwirkungsverbot des § 16 VgV erstreckt sich nach seinem Wortlaut ausdrücklich nur auf Entscheidungen "in einem Vergabeverfahren". Nach der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur folgt daraus, dass § 16 VgV konkret nur diejenigen Entscheidungen erfasst, die nach Veröffentlichung der Bekanntmachung und vor Erteilung des Zuschlags bzw. Aufhebung des Vergabeverfahrens liegen (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.11.2010 - Verg 21/10 - zitiert nach ibr-online; OLG Koblenz, Beschluss vom 05.09.2002, Az.: 1 Verg 2/02 = VergabeR 2002, Seite 617 ff., 621; OLG Jena, Beschluss vom 08.04.2003, Az.: 6 Verg 9/02 = VergabeR 2003, Seite 577 ff., 578; VK Bund, Beschluss vom 06.06.2005, Az.: VK 2-33/05; Rechten, in: Willenbruch/Bischoff, VergabeR, § 16 VgV, Rdnr. 16 ff.; Kühnen in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Auflage, § 16 VgV, Rdnr.3; Müller, in: Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Auflage, § 16 VgV, Rdnr. 1659; Reidt in: Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 2. Auflage, § 16 VgV, Rdnr. 9; a. A. OLG Hamburg, Beschluss vom 04.11.2002, Az.: 1 Verg 3/02). Da das Vergabeverfahren selbst erst mit der EU-Bekanntmachung beginnt (vgl. Celle, Beschluss vom 11.02.2010, Az.: 13 Verg 16/09; OLG Naumburg, Beschluss vom 08.10.2009, Az.: 1 Verg 9/09) fallen nach dieser Auffassung, die sich in Rechtsprechung und Lehre durchgesetzt hat, Entscheidungen, die nicht im Vergabeverfahren selbst, sondern im Vorfeld des Vergabeverfahrens über ein Vergabeverfahren getroffen werden, und die Erstellung der Leistungsbeschreibung im Vorfeld des Vergabeverfahrens nicht unter das Mitwirkungsverbot des § 16 VgV. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Mitwirkung an einer Leistungsbeschreibung fällt regelmäßig nicht in den Anwendungsbereich des § 16 VgV weil es an den vom Wortlaut der Vorschrift geforderten Bietern fehlt, die an der Entscheidung mitgewirkt haben könnten. Denn § 16 VgV setzt zumindest einen Bieter/Bewerber voraus, der jedoch vor der Vergabebekanntmachung noch nicht vorhanden sein kann (vergl. H.-M. Mueller in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 3. Aufl., § 16 VgV, Rnrn. 28 und 64, m. w. N.). Nur in Vergabeverfahren, in denen die Leistungsbeschreibung während des laufenden Verfahrens festgelegt oder ggf. geändert wird (insbesondere bei Verhandlungsverfahren), kann auch die Erstellung des Leistungsverzeichnisses vom Mitwirkungsverbot erfasst sein (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 05.09.2002, Az.: 1 Verg 2/02 = VergabeR 2002, Seite 617 ff., 621).

Die von der Antragsgegnerin veranlasste Kostenprüfung des Rohbauleistungsverzeichnisses, des bepreisten Leistungsverzeichnisses und der Zeichnungsunterlagen durch das über die gemeinsamen Geschäftsführer mit der Antragstellerin verbundene Projektdienstleistungsbüro AB GmbH war bereits mit Bericht vom 18.05.2015 und damit zu einem dem Vergabeverfahren vorgelagerten Zeitpunkt abgeschlossen. Denn das streitgegenständliche Vergabeverfahren wurde erst mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 eingeleitet. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen kann für den Beginn des Vergabeverfahrens nicht auf den Termin der erfolgten Vorinformation vom 24.12.2014 (ABl. 2014/S 248-437458) abgestellt werden. Denn eine Vorinformation im Amtsblatt des Amtes für Veröffentlichungen der Europäischen Union im Sinne des § 12 EG Abs. 1 VOB/A und § 10 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A ist nicht bereits der Beginn des Vergabeverfahrens, weil mit dieser Information lediglich die Absicht der Vergabestelle bekannt gegeben wird, demnächst eine Ausschreibung zu starten (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.11.2010 - Verg 21/10 sowie OLG Naumburg, Beschluss vom 08.10.2009 - 1 Verg 9/09 - jeweils zitiert nach ibr-online).

b. Der Angebotsausschluss lässt sich aber auch nicht auf § 6 EG Abs. 7 VOB/A stützen. Es ist weder ersichtlich noch zu besorgen, dass der vorliegende Wettbewerb durch die Teilnahme der Antragstellerin aufgrund der Plausibilitätsprüfung im Vorfeld des Vergabeverfahrens - die unstreitig insbesondere durch einen gemeinsamen Geschäftsführer der Antragstellerin und der AB GmbH durchgeführt wurde - verfälscht werden würde. § 6 EG Abs. 7 VOB/A verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber in den Fällen, in denen ein Bieter oder Bewerber vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt hat, sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird. Inhaltlich befasst sich die Vorschrift somit mit der Frage, wie der Auftraggeber zu verfahren hat, wenn sich Unternehmen an dem Vergabeverfahren als Bewerber oder Bieter beteiligen möchten, die ihn zuvor beraten oder unterstützt haben. Dieser Personenkreis wird allgemein mit dem Begriff der "Projektanten" bezeichnet (vgl. Schranner in: Ingenstau/Korbion, VOB, 19. Aufl., § 6 EG VOB/A, Rn. 32; Hausmann/von Hoff in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, 2. Aufl., § 6 EG, Rn. 88, m. w. N.). Durch die Teilnahme eines derartigen Projektanten kann eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung verursacht werden, da dieser in der Regel die an die ausgeschriebenen Leistungen gestellten Anforderungen besser beurteilen kann und sein Angebot deshalb leichter an die Bedürfnisse des Auftraggebers anzupassen vermag als andere, vorher unbeteiligte Bieter. Ein Wettbewerbsvorteil kann sich zudem daraus ergeben, dass das vorbefasste Unternehmen als Berater des Auftraggebers den Gegenstand und die Bedingungen des Auftrags mit Rücksicht auf seine eigene spätere Bieterstellung beeinflusst hat (vgl. Hausmann/von Hoff, a. a. O., § 6 EG, Rn. 88).

Gleichwohl ist die Teilnahme vorbefasster Unternehmen trotz dieser geschilderten Gefahren nicht nur grundsätzlich, sondern im Regelfall zulässig. § 6 EG Abs. 7 VOB/A regelt nicht etwa einen automatischen Ausschlusstatbestand. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet und nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 03.03.2005 - C - 34/03 = VergabeR 2005, 319) auch nicht ohne weiteres berechtigt, einen Bewerber oder Bieter, der ihn vor Einleitung des Vergabeverfahrens beraten oder unterstützt hat, vom Wettbewerb auszuschließen. Er hat aber sicherzustellen, dass der Anspruch der übrigen Teilnehmer auf einen fairen und chancengleichen Wettbewerb gewahrt wird (vgl. Schranner, a. a. O., § 6 EG, Rn. 32). Entscheidend ist dabei stets, ob sich aus der Vorbefassung tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil ergibt bzw. - wenn der Wettbewerbsvorteil vorliegt - ob dieser durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden kann.

Dabei teilt die Vergabekammer im Grundsatz die Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, dass der Anwendungsbereich des § 6 EG Abs. 7 VOB/A durch den vorliegenden Sachverhalt eröffnet ist. Die streitgegenständliche Kostenansatz- und Plausibilitätsprüfung im Vorfeld des Vergabeverfahrens wurde zwar unstreitig nicht durch die Antragstellerin und damit der am Vergabeverfahren beteiligten Bieterin durchgeführt. Aufgrund der Geschäftsführeridentität zwischen der Antragstellerin und des Projektdienstleistungsbüros AB GmbH, das eben insbesondere durch einen dieser Geschäftsführer die Überprüfung im Auftrag der Antragsgegnerin durchgeführt hatte, müsste sich die Antragstellerin dortige Vorteile oder Informationsvorsprünge im Sinne des § 6 EG Abs. 7 VOB/A zurechnen lassen, wenn sie denn wettbewerbsverzerrend wären. Es wäre lebensfremd und deshalb nicht realistisch, wollte man erwarten, dass ein Geschäftsführer, der aus seiner Tätigkeit für ein Projektdienstleistungsbüro Informationen über ein konkretes Projekt erlangt, diese bewusst ignoriert und außen vor lässt, wenn sich dann das Bauunternehmen, dass er ebenfalls als Geschäftsführer leitet, als Bieter am entsprechenden Vergabeverfahren beteiligt.

Ein "ausgleichungspflichtiger" Informationsvorsprung im Sinne des § 6 EG Abs. 7 VOB/A kann deshalb nicht nur bei unmittelbarer Beteiligung des Bieters, sondern auch bei rechtlichen, wirtschaftlichen, personellen Verflechtungen zwischen dem Projektanten und dem Bewerber oder Bieter zu untersuchen sein. Dies ist zum Beispiel immer dann gegeben, wenn - ähnlich dem vorliegenden Fall - der Inhaber eines Ingenieurbüros für den Auftraggeber die Vergabeunterlagen erstellt und sich dann ein Unternehmen, bei dem der Inhaber dieses Ingenieurbüros als Geschäftsführer tätig ist, um den Auftrag bewirbt (vgl. Schranner, a. a. O., § 6 EG VOB/A, Rn. 34).

Vorliegend hat das Projektdienstleistungsbüro AB GmbH zwar nicht an der Erstellung der Leistungsbeschreibung mitgewirkt. Aufgrund der von der Antragsgegnerin veranlassten Kostenprüfung des Rohbauleistungsverzeichnisses, des bepreisten Leistungsverzeichnisses und der Zeichnungsunterlagen durch das über die gemeinsamen Geschäftsführer mit der Antragstellerin verbundene Projektdienstleistungsbüro AB GmbH hatte die Antragstellerin aber vorliegend bei Kalkulation des eigenen Angebotes im Gegensatz zu den übrigen Bietern zumindest potentiell Zugriff auf Informationen über die Kostenansätze, die ein (anderes) Ingenieurbüro für die Antragsgegnerin unter Zugrundelegung des Leistungsverzeichnisses im Wege einer ex-ante-Kalkulation ermittelt hatte. Derartige Vorabkalkulationen dienen dazu, den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, zu prüfen, ob die geplante Baumaßnahme im Budget liegt und welche Kosten realistisch zu erwarten sind.

Aus diesem Grunde ist auch nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin ihre eigene Kostenschätzung nicht einfach allen Bietern mit den Vergabeunterlagen oder im Wege einer Bieterinformation offen legen wollte, um so etwaige Informationsvorsprünge der Antragstellerin von vornherein zu vermeiden. Es liegt in der Natur der Sache, dass der öffentliche Auftraggeber sich die Möglichkeit erhalten möchte, dass die tatsächlichen im Wettbewerb ermittelten Preise den eigenen Kostenansatz nicht voll ausschöpfen.

Gleichwohl rechtfertigt der vorliegende Sachverhalt nicht den Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin aus der Kenntnis über die Vorabkalkulation der Antragsgegnerin einen Wettbewerbsvorteil, geschweige denn einen den Wettbewerb verfälschenden Informationsvorsprung bezogen hätte. Dagegen spricht vorliegend schon, dass die Angebotspreise der Antragstellerin und der Beigeladenen sehr eng beieinanderliegen. Das Angebot der Beigeladenen liegt preislich weniger als 2 % über dem Angebot der Antragstellerin.

Aber auch soweit die Beigeladene und die Antragsgegnerin nachvollziehbar darauf hinweisen, dass die Antragstellerin aufgrund der Vorbefassung der mit ihr verbundenen AB GmbH in der Lage war, sehr schnell und kurzfristig ein Angebot zu kalkulieren, ergibt sich daraus kein wettbewerbsverzerrender Informationsvorsprung. Denn die Angebotsfrist war vorliegend offensichtlich so großzügig bemessen, dass auch die Beigeladene und die übrigen Bieter in der Lage waren, ein vollständiges und wertbares Angebot fristgerecht zu unterbreiten.

Soweit die Antragsgegnerin und die Beigeladene die Besorgnis vortragen, dass die AB GmbH im Projektstadium Einblicke in die Stahllisten erhalten hat, wird dieser Vortrag durch das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer widerlegt. Denn die Antragsgegnerin hat den Vortrag der Antragstellerin bestätigt, dass der AB GmbH zum Zeitpunkt ihrer Plausibilitätsprüfung noch gar keine Stahllisten vorgelegen haben können. Die für den Neubau erforderlichen Stahlbeton- und Stahlarbeiten wurden im Leistungsverzeichnis in den Positionen der Titel 1.1.13 "Bewehrung und Einbauteile" und 1.1.15 "Stahlkonstruktionen" ausgeschrieben.

Mit den Positionen 1.1.13.010 und 1.1.13.020 werden 167 t Stabstahl und 168 t Mattenstahl ausgeschrieben. Beiden Positionen sind u.a. folgende Hinweise voran- bzw. nachgestellt:

"Achtung

Da die statischen Berechnungen noch nicht abgeschlossen

sind, werden bei den Stahlmaßen vorläufige Annahmen

getroffen. Sollten sich die Massen nach Fertigstellung der Statik

ändern, werden diese nach den vorliegenden Einheitspreisen

abgerechnet."

"Die Abrechnung erfolgt nach den Stahllisten des Statikers in t."

Nach Maßgabe dieser Vorgaben hat die Antragsgegnerin der Ausschreibung ein Mengengerüst zu Grunde gelegt, das auch zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe noch nicht durch eine Statik abgesichert ist. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass Stahllisten, die die Antragstellerin in die Lage hätten versetzen können, zu prüfen, ob die Mengenangaben im Leistungsverzeichnis hinsichtlich des in den Positionen des Titels 1.1.13 "Bewehrung und Einbauteile" zu verbauenden Stahls auch realistisch sind oder nicht, der AB GmbH bei ihrer Plausibilitätsprüfung nicht zur Verfügung standen.

Mit den Positionen 1.1.15.010 und 1.1.15.020 des Titels 1.1.15 "Stahlkonstruktionen" wurden die Stahlkonstruktion der Technikzentrale über Neubau (3. OG - Ebene 5) und die Stahlkonstruktion des Erkers am Neubau (2. OG - Ebene 4) ausgeschrieben.

Zu kalkulieren waren für diese Positionen die Einheitspreise.

Beiden Positionen vorangestellt ist unter Ziffer 1.6 u.a. der Hinweis, dass der Ausschreibung die Statikpläne beiliegen.

In der in der Vergabeakte enthaltenen Checkliste der AB GmbH ist vermerkt:

"Stahlkonstruktion Titel 1.1.15 Trägerlängen? Nicht nachprüfbar, da keine Positionspläne vorlagen."

Auch hier ist nicht zu erkennen, dass die Vorbefassung der AB GmbH zu einem wettbewerbsverzerrenden Wissensvorsprung geführt haben kann, denn zum Zeitpunkt der Plausibilitätsprüfung durch die AB GmbH gab es diese Statik noch nicht. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine geprüfte Statik noch nicht einmal zu Beginn der Ausschreibung vorgelegen hat.

Es hat zwar ein Gespräch über zu verbauenden Stahl stattgefunden, über dessen Inhalt konnten aber weder die Antragstellerin, noch die Antragsgegnerin Auskunft geben.

Es ist daher vorliegend nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin wettbewerbsverzerrende Informationsvorsprünge aus der Tätigkeit der mit ihr verbundenen AB GmbH nutzen konnte geschweige denn für Ihr Angebot genutzt hat. Aus diesem Grunde kann der Angebotsausschluss, der ohnehin nur als Ultima Ratio zulässig ist, vorliegend auch nicht auf § 6 EG Abs. 7 VOB/A gestützt werden.

Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin durchzuführen.

Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der oben unter II. 2. festgestellten Tatsache, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer Auffassung weder gehalten noch berechtigt ist, das Angebot der Antragstellerin wegen vermeintlicher wettbewerbsverzerrender Vorbefassung auszuschließen, war die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin zu wiederholen und dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 €

(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

Die Vergabekammer hat der Gebührenermittlung einen Gegenstandswert von xxxxxx € (brutto) zugrunde gelegt. Dieser Wert entspricht der Angebotssumme der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.

Unter Zugrundelegung eines Auftragswertes von xxxxxx € ergibt sich nach der o. g. Gebührentabelle durch Interpolation eine Basisgebühr in Höhe von xxxxxx €.

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass Antragsgegnerin und Beigeladene mit ihren Anträgen keinen Erfolg hatten.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu je 1/2 zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.

Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren unterlegen sind, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

Die Beigeladene wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Rohn
Fesun