Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 05.10.2015, Az.: VgK-37/2015

Ausschreibung der Vergabe von Rettungsdienstleistungen als qualifizierter Krankentransport

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
05.10.2015
Aktenzeichen
VgK-37/2015
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 30875
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
XXX
gegen
XXX
wegen
Vergabe von Rettungsdienstleistungen - qualifizierter Krankentransport
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Biol. Sameluck im schriftlichen Verfahren beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

[Gründe]

I.

Im Juli 2015 bekundete der Antragsteller bei der Antragsgegnerin sein Interesse an einer Mitwirkung im Rettungsdienst. In diesem Zusammenhang bat er die Antragsgegnerin um Mitteilung, zu welchen Terminen die aktuell an 2 Rettungsdienstleister vergebenen Aufträge für 2 Mehrzweckfahrzeuge wiederkehrend ausgeschrieben werden.

Die Antragsgegnerin teilte hierzu mit Schreiben vom 13.07.2015 mit, es gebe derzeit im Rettungsbereich keine Bedarfsanpassung, die einer Anpassung der bestehenden Verträge und damit verbunden einer Ausschreibung der Rettungsdienstleistungen im Sinne des § 5 NRettDG bedürfen.

Mit Schreiben vom 16.07.2015 stellte der Antragsteller der Antragsgegnerin ergänzend die Fragen:

1. Wurden die an Axxxxx und Bxxxxxx vergebenen Dienstleistungsaufträge gemäß geltendem Recht ausgeschrieben und beauftragt?

2. Wenn diese Leistungen gemäß geltendem Recht ausgeschrieben, vergeben und beauftragt wurden, bis wann läuft dann der Vertrag bzw. die Beauftragung?

Im Antwortschreiben vom 20.07.2015 teilte die Antragsgegnerin mit, die Vergabe von Krankentransportleistungen an Axxxxx und Bxxxxx sei zum Zeitpunkt der Beauftragung nach geltendem Recht erfolgt. Im Übrigen sei man gegenüber am Verfahren unbeteiligten Dritten nicht auskunftspflichtig.

Unter Verweis auf die Entscheidung des EuGH vom 29.04.2010, AZ. C 160/08 rügte der Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 28.07.2015 die ohne Ausschreibungsverfahren erfolgte Vergabe rettungsdienstlicher Leistungen an Axxxxx und Bxxxxx als vergaberechtswidrig. Er selbst sei als am Auftrag interessierter Bieter zu betrachten, der erst jetzt Kenntnis davon erlangt habe, dass die Leistungen offenbar vergaberechtswidrig ohne Ausschreibung beauftragt worden sind.

Mit Antwortschreiben vom 10.08.2015 wies die Antragsgegnerin die Rüge zurück. Auch unter Berücksichtigung des von dem Antragsteller erwähnten Urteiles des EuGH sei die Beauftragung der Leistungen bei Axxxxx und Bxxxxx zu Recht erfolgt.

Mit Schreiben vom 14.08.2015 wandte sich der Antragsteller an die Vergabekammer und beantragte ein Nachprüfungsverfahren. Er sieht sich in seinen Bieterrechten verletzt, weil die Antragsgegnerin die Organisationen Axxxxx und Bxxxxx ohne ein vergaberechtskonformes Vergabeverfahren mit der Durchführung qualifizierter Krankentransporte beauftragt hat.

Nach seiner Kenntnis habe die Antragsgegnerin im Jahr 2000 zwei Aufträge für qualifizierte Krankentransporte zur Spitzenabdeckung im wöchentlichen Wechsel Samstag und Sonntag von 8:00 bis 20:00 Uhr an die Organisationen Axxxxx und Bxxxxx erteilt. Diese Aufträge seien offenbar ohne Vergabeverfahren erheblich erweitert worden oder es seien zusätzliche Aufträge für den Einsatz von Montag bis Freitag in Vollzeit erteilt worden.

Der Nachprüfungsantrag wurde der Antragsgegnerin mit der Aufforderung zur Vorlage der Vergabeakte und zur Stellungnahme zugestellt.

Mit Schreiben vom 20.08.2015 übersandte die Antragsgegnerin vorab ihren Bedarfsplan 2013 gem. § 4 Abs. 6 NRettDG. Mit ihrer Stellungnahme vom 27.08.2015 legte die Antragsgegnerin zwei Organigramme über die betrieblichen Strukturen des Antragstellers, eine Kopie der mit Axxxxx und Bxxxxx getroffenen "Vereinbarung über zu erwartende Einsatzspitzen im qualifizierten Krankentransport (KT)" vom 01.12.2010 und Kopien der jeweils 1-jährigen Verlängerungen dieser Vereinbarung bis zum 31.12.2015 vor.

Die Antragsgegnerin hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, weil die Auftragswerte der an die beiden Organisationen vergebenden Leistungen den Schwellenwert nicht erreichen.

In ihrer Stellungnahme vom 27.08.2015 erläuterte sie ihre Strukturen im Rettungsdienstbereich. Hiernach werden Notfallrettung und qualifizierter Krankentransport vollständig von der Berufsfeuerwehr xxxxxx durchgeführt. Axxxxx und Bxxxxx würden nur im Rahmen einer Spitzenabdeckung beauftragt.

Die beiden Organisationen führten seit dem Jahr 1999 den Krankentransport an Wochenenden durch. Diese Leistungen würden mit einer Aufwandspauschale je Transport vergütet.

In den Jahren 2004 bis 2006 hätten die beiden Organisationen auch Krankentransporte an den Wochentagen Montag, Mittwoch und Freitag zwischen 6 Uhr und 12:30 Uhr durchgeführt, wobei anfangs xxxxxx € pro Transport und später xxxxxx € pro Transport gezahlt worden seien.

Mit Vertrag vom 24.11.2006 seien beide Organisationen, beginnend mit dem 01.01.2007 mit den qualifizierten Krankentransporten an den Wochentagen Montag bis Freitag für eine Bereitschaftszeit von täglich 6,5 Std. beauftragt worden. Der Vertrag sei, mit Option zur Verlängerung, für eine Vertragslaufzeit von 6 Monaten geschlossen worden und sehe für diesen Zeitraum einen Pauschalpreis von xxxxxx € vor.

Bereits im Februar 2007 wurden täglich 2 weitere Stunden erforderlich, die - außerhalb des Vertrages - über Einzelfahrtenpauschale vergütet worden seien.

Mit Vertrag vom 24.11.2010 seien die qualifizierten Krankentransportleistungen an den Wochentagen Montag bis Freitag zu einer Stundenpauschale von xxxxxx € an beide Organisationen vergeben worden. Vereinbart wurden hierbei Bereitschaftszeiten von 8:00 Uhr bis 18:30 Uhr. Vertragsbeginn war der 01.01.2011, der Vertrag hat eine jährliche Laufzeit mit Verlängerungsoption und Regelung zur Kostenanpassung. Von der Verlängerungsoption wurde mehrfach Gebrauch gemacht. Derzeit werde eine Stundenpauschale von xxxxxx € gezahlt.

Ein europaweites Vergabeverfahren sei bisher nicht durchgeführt worden, weil hierzu kein Anlass bestanden habe, denn weder zum Zeitpunkt des Ursprungsvertrages im Jahre 1999 noch zum Zeitpunkt der Vertragsanpassungen in den Jahren 2007 und 2011 seien die Schwellenwerte für ein europaweites Vergabeverfahren erreicht worden.

Zum Nachweis legte die Antragsgegnerin eine Aufstellung der geschätzten und der tatsächlichen Gesamtkosten der an die Organisationen vergebenden Leistungen für die Jahre 2007 bis 2015 vor.

Weiter trug sie vor, die bisherigen Vertragsanpassungen seien nicht wesentlich gewesen. Sie beträfen die finanzielle Abgeltung und orientierten sich an den jährlich ausgewiesenen Grundlohnsummensteigerungen.

Die geschilderte Vergabe- und Verlängerungspraxis sei hausintern rechtlich überprüft und gebilligt worden.

Gegenwärtig werde der Bedarfsplan gemäß § 4 Abs. 6 des niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes fortgeschrieben. Da für die nähere Zukunft mit rückläufigen Einsatzzahlen im Krankentransport zu rechnen sei, soll an der bisherigen Praxis festgehalten und nach Einigung mit den Kostenträgern des Rettungsdienstes der Anteil der Hilfsorganisationen nicht erhöht werden.

Eine Vergabeakte nach den Anforderungen der VOL/A sei nicht geführt worden und könne daher nicht vorgelegt werden.

Der Antragsteller beantragt,

  • nach Aktenlage festzustellen, dass die Antragsgegnerin grundlegende Wettbewerbsregeln aktiv außer Acht lässt, um den Wettbewerb rechtswidrig zu beschränken;

  • die Verträge rückwirkend für nichtig zu erklären und der Antragsgegnerin aufzuerlegen, Rechtssicherheit durch Ausschreibung herzustellen.

Er hält die Darstellungen der Antragsgegnerin für unzutreffend.

Die Notfallrettung werde keineswegs zu 100 % durch die Berufsfeuerwehr durchgeführt. An der Notfallrettung beteilige sich z.B. auch der Cxxxxx, auch die unter der Woche mit qualifizierten Krankentransporten beauftragten Fahrzeuge der beiden Organisationen würden zur Notfallrettung eingesetzt. Bei den Fahrzeugen der beiden Organisationen handele es sich um Rettungswagen, die mit ihrer kostenintensiven Ausstattung allein für die Durchführung von qualifizierten Krankentransporten gar nicht wirtschaftlich einsetzbar seien. Die Angaben der Antragsgegnerin zu den Kosten seien im Hinblick auf die beauftragten Leistungen auch nicht plausibel.

Der Schwellenwert wurde in 2007 zwar bei Betrachtung der Kosten für das einzelne Fahrzeug unterschritten. Betrachte man aber die Kosten für beide Fahrzeuge zusammen über die Laufzeiten des Bedarfsplanes Rettungsdienst, wären die Leistungen europaweit auszuschreiben gewesen. Mit der Gestaltung von Halbjahres- und Jahresverträgen versuche die Antragsgegnerin aktiv ein EU-weit auszuschreibendes Vergabeverfahren zu verhindern.

Sie gehe davon aus, dass allein mit den Auftragswerten im Zeitraum 2013 bis 2015 der Schwellenwert erreicht und die Notwendigkeit einer europaweiten Ausschreibung gegeben ist. Das Verhalten der Antragsgegnerin verletze sie in ihren Bieterrechten, es schließe einen Wettbewerb aus und verstoße gegen geltendes Recht.

Es erschließe sich ihr im Übrigen nicht, warum die Antragsgegnerin der Vergabekammer keine Unterlagen vorgelegt habe. Selbst bei zulässigen freihändigen Vergaben müsse es Akten geben, die eine Überprüfung ermöglichen.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 15.09.2015 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 12.10.2015 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben einer Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB zugestimmt.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Ein der Nachprüfung gemäß §§ 102 ff. GWB unterliegendes förmliches oder zumindest materielles Vergabeverfahren der Antragsgegnerin zur Beauftragung von Rettungsdienstleistungen liegt nicht vor.

1. Bei Rettungsdienstleistungen im Allgemeinen und namentlich auch bei den hier streitbefangenen Dienstleistungen des qualifizierten Krankentransportes handelt es sich um sogenannte nachrangige Dienstleistungen des Anhangs I, Teil B, auf die gemäß § 1 EG Abs. 3 VOL/A Abschnitt 2 der VOL/A nicht in vollem Umfang Anwendung findet (vergleiche OLG Celle, Beschluss vom 30.10.2014 - 13 Verg 8/14; Eschenbruch in Kulartz/Kus/ Portz, GWB-Vergaberecht, 3. Aufl., § 99, Rn. 550). Aufträge eines öffentlichen Auftraggebers wieder Antragsgegnerin über nachrangige Dienstleistungen, die den maßgebenden Schwellenwert erreichen, unterliegen der Nachprüfung gemäß den §§ 102 ff. GWB. Die §§ 99,100 GWB machen keinen Unterschied zwischen vor- und nachrangigen Dienstleistungen; sie sehen hinsichtlich der Nachprüfbarkeit nachrangiger Dienstleistungen keine Ausnahme vor (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.2.2014 - VII-Verg 32/13; OLG Celle, a.a.O).

2. Es fehlt jedoch vorliegend an einem einer vergaberechtlichen Nachprüfung zugänglichen förmlichen oder zumindest materiellen Vergabeverfahren. Die von dem Antragsteller beanstandete Beauftragung der Rettungsdienstleister Axxxxx und Bxxxxx über die Durchführung von Dienstleistungen des qualifizierten Krankentransportes mit jeweils einem Krankentransportwagen erfolgt aktuell auf der Grundlage einer mit beiden Dienstleistern jeweils geschlossenen "Vereinbarung über zu erwartende Einsatzspitzen im qualifizierten Krankentransport (KT)" vom 01.12.2010. Diese Vereinbarungen sind vergaberechtlich inzwischen unanfechtbar. Gemäß Ziffer 2 dieser Vereinbarungen begannen die jeweiligen Vertragsverhältnisse mit den derzeitigen Dienstleistern am 01.01.2011 und waren zeitlich befristet bis zum 31.12.2011. Nach Ablauf des 31.12.2011 konnten sie entsprechend dieser Vereinbarung jedoch durch den Träger schriftlich verlängert und hinsichtlich der Kosten nach Überprüfung gemäß Ziffer 3 dieser Vereinbarung angepasst werden. Von dieser vertraglichen Verlängerungs- und Anpassungsmöglichkeit hat die Antragsgegnerin seither Gebrauch gemacht.

Die Überprüfung der Sachlage - die sich vorliegend in Ermangelung einer Vergabeakte ausschließlich aus dem Vortrag der Beteiligten und die von der Antragsgegnerin übersandten Vertragsdokumente und Aufstellungen ergibt - hat zwar ergeben, dass diese Vereinbarungen gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 2 VOB/A ursprünglich als "de-facto-Vergabe" unwirksam zustande gekommen sind. Denn die Antragsgegnerin hat die Vereinbarungen unstreitig unmittelbar mit den derzeitigen Dienstleistern geschlossen, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund eines Gesetzes gestattet ist.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind die zurzeit laufenden Vertragswerke vom 01.12.2010 als neue Auftragserteilung und nicht etwa als Fortschreibung des Ursprungsvertrages im Jahre 1999 oder der Vertragsanpassungen aus dem Jahre 2007 einzustufen. Die Antragsgegnerin hat dazu vorgetragen, dass in Ihrem Rettungsdienstbereich die Notfallrettung zu 100 % durch die Berufsfeuerwehr xxxxxx, als Teil der kommunalen Verwaltung, durchgeführt wird. Der qualifizierte Krankentransport werde ebenfalls fast ausschließlich durch die Berufsfeuerwehr xxxxxx durchgeführt. Lediglich im Rahmen einer Spitzenabdeckung würden die Organisationen Axxxxx und Bxxxxx im Rahmen einer Einzelbeauftragung beauftragt. An Wochenenden erfolge die Besetzung der Fahrzeuge aus dem Ehrenamt dieser Organisationen heraus. Im Zeitraum 2009 bis Juni 2014 sei auch der Dxxxxxx - Kreisverband xxxxxx an Wochenenden im Rahmen der Einzelbeauftragungen im Wechsel mit den beiden anderen Hilfsorganisationen beauftragt worden. Im Rahmen der Insolvenz des Kreisverbandes xxxxxx sei dieser auf den xxxxx, den Antragsteller, übergegangen. Die Einbindung der Hilfsorganisationen sei historisch seit den siebziger Jahren gewachsen. Ein europaweites Vergabeverfahren sei bisher nicht durchgeführt worden. Die Auftragssummen hätten zum Zeitpunkt des Ursprungsvertrages 1999 unterhalb der Schwellenwerte gelegen. Selbst bei Vertragsanpassungen 2007 und 2011 seien die Schwellenwerte je Beauftragung für ein europaweites Vergabeverfahren nicht erreicht worden. Die bisherigen Vertragsanpassungen seien aus Sicht der Antragsgegnerin nicht erheblich gewesen, da nur eine Anpassung der finanziellen Abgeltung in einer jährlichen Regelmäßigkeit erfolgt sei, die sich an den jährlich ausgewiesenen Grundlohnsummensteigerung orientiert.

Mit Wirkung zum 01.01.2007 seien beide Organisationen für die Dauer von 6 Monaten, mit der Möglichkeit der Verlängerung durch den Träger Rettungsdienst im Rahmen des § 5 NRettDG für den qualifizierten Krankentransport mit jeweils einem KTW beauftragt worden. Vereinbart wurde nach dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Vertragsdokument eine pauschale für 6 Monate in Höhe von xxxxxx €. Aufgrund des sich erhöhenden Transportaufkommens zusätzlich benötigte Einsatzstunden seien ab dem 07.02.2007 im Rahmen der Einzelfahrtenpauschale abgerechnet worden. Dieser Vertrag aus dem Jahr 2006 mit Wirkung vom 01.07.2007 sei am 05.05.2007 um ein weiteres halbes Jahr verlängert worden. Ab dem 01.01.2008 bis zum 31.12.2010 seien die Verträge zum Teil halbjährlich, jährlich als auch quartalsweise verlängert worden.

Die mit beiden Rettungsdiensten jeweils geschlossene "Vereinbarung über zu erwartende Einsatzspitzen im qualifizierten Krankentransport (KT)" vom 01.12.2010 mit Wirkung vom 01.01.2011 kann jedoch nicht mehr als bloße vertragsgemäße Verlängerung des bis dahin geltenden Vertragsverhältnisses ausgelegt werden. Denn die Abrechnungsmodalitäten wurden nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin und der der Vergabekammer vorliegenden Vereinbarung erheblich verändert. Während vorher eine Pauschale über den gesamten Vertragszeitraum vereinbart worden war, wurde nunmehr vereinbart, dass jede Organisation eine Stundenpauschale für die Zeit erhält, in der sie das Fahrzeug zur Verfügung stellt. Jede Organisation muss seither das Fahrzeug von montags bis freitags nach Ziffer 6 der Vereinbarung bis zu 10,5 Stunden (Zeitfenster 08:00 Uhr bis 18:30 Uhr) maximal einsetzen. Der Stundensatz belief sich in 2011 auf xxxxxx €/Stunde und beläuft sich derzeit auf xxxxxx €/Stunde. Nunmehr wurde eine jährliche Laufzeit festgelegt, in der eine Option auf erneute Verlängerung der Verträge enthalten ist. Darüber hinaus wird nach wie vor der Einsatz am Wochenende mit ehrenamtlichen Personal der derzeitigen Dienstleister durchgeführt, der mit einer Einsatzpauschale von xxxxxx € je Transport vergütet wird. Diese erheblichen Änderungen im Abrechnungsmodus, in den täglichen Bereitschaftszeiten und die Vertragslaufzeitänderungen führen dazu, dass die Vereinbarungen vom 01.12.2010 als neue Auftragsvergabe zu bewerten sind.

Die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14.09.2015 vorgelegte Zusammenstellung der Schätzwerte und der tatsächlich gezahlten Auftragssummen lässt erkennen, dass die Antragsgegnerin bemüht war, eine europaweite Ausschreibung zu vermeiden. So wurde im Februar 2007 - also bereits einen Monat nach Vertragsbeginn - ein Mehrbedarf von werktäglich 2 Stunden festgestellt und außerhalb des Vertrages vergütet. Hierdurch wird die zuvor vorgenommene Schätzung der ab dem 01.01.2007 zu erbringenden Leistungen deutlich infrage stellt.

Spätestens die erstmaligen Beauftragungen auf der Grundlage der Vereinbarungen vom 01.12.2010 überschritten auch entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin die für eine europaweite Ausschreibungspflicht geltenden Schwellenwerte gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Gemäß § 100 Abs. 1 GWB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung galt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den streitbefangenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 2 der Vergabeverordnung in der damals geltenden Fassung ein Schwellenwert von 193.000 € festgelegt war. Dieser Schwellenwert aber war nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin in und insbesondere nach der von ihr mit Schriftsatz vom 24.09.2015 übersandten Aufstellung ohne weiteres überschritten. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass sie den Auftragswert für den Vertragszeitraum 1. Januar bis 31.12.2011 für beide Dienstleister ursprünglich auf jeweils xxxxxx € geschätzt hat. Bei dieser Schätzung durfte die Antragsgegnerin nicht etwa die voraussichtlichen Auftragssummen für beide Dienstleister getrennt betrachten. Es handelt sich um ein einheitlich zu bewertendes Auftragsvolumen. Denn gemäß § 3 Abs. 2 VgV darf der Wert des beabsichtigten Auftrages nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden, den Auftrag der Anwendung dieser Verordnung zu entziehen. Mit einem geschätzten Gesamtauftragswert von xxxxxx € haben die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen im Bereich des qualifizierten Krankentransportes den seinerzeit geltenden Schwellenwert von 193.000 € ohne weiteres überschritten. Die Antragsgegnerin war also verpflichtet, die Dienstleistungen ab dem 01.01.2011 nur auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens zu beauftragen.

Nur der Vollständigkeit halber weist die Vergabekammer darauf hin, dass die Antragsgegnerin auch bei Nicht-Erreichen der EU-Schwellenwerte verpflichtet gewesen wäre, ein förmliches Vergabeverfahren auf nationaler Ebene nach dem 1. Abschnitt der VOL/A durchzuführen. Warum die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, zu keinem Zeitpunkt verpflichtet gewesen zu sein, überhaupt ein Vergabeverfahren für die Beauftragung von Rettungsdienstleistungen durchzuführen, ist für die Vergabekammer nicht nachvollziehbar.

Die Unwirksamkeit einer vergaberechtswidrigen de-facto-Vergabe kann jedoch gemäß

§ 101b Abs. 2 Satz 1 GWB nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als 6 Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist. Diese Frist war bei Stellung des Nachprüfungsantrags längst abgelaufen.

Einer solchen Feststellung stehen die in der genannten Vorschrift genannten Fristen entgegen. Dabei handelt es sich um Ausschlussfristen, d. h. die Unwirksamkeitsfolge kann nicht mehr eintreten, wenn der - vorausgesetzte - in § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB bestimmte Vergaberechtsverstoß nicht bis zum Ablauf der in § 101 b Abs. 2 GWB genannten Fristen in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht worden ist. Der Ablauf der Ausschlussfrist führt zum Rechtsverlust der betroffenen Bieter; die Frist ist weder einer Hemmung nach §§ 203 ff. BGB noch einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugänglich (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 04.11.2014 - 1 Verg 1/14; Dreher, in: Dreher/Motzke, Beck'scher Vergaberechtskommentar, 2013, § 101 b GWB Rn. 39, 40; Braun, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2013, § 101b GWB Rn. 73; § 101b GWB Rn. 18). Nach § 101b Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. GWB läuft die Ausschlussfrist ab, wenn die Unwirksamkeit einer "Direktvergabe" nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB "später als sechs Monate nach Vertragsschluss" im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht wird. Nach Wortlaut und Systematik des Gesetzes gilt - in dieser Variante - die Sechs-Monats-Frist unabhängig davon, ob die BF Kenntnis von dem Vergaberechtsverstoß hatte oder nicht. Das steht im Einklang mit Art. 2f Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2007/66/EG vom 11.12.2007 (ABl. EU L 335/31 vom 20.12.2007) und ist somit europarechtskonform (Dreher, a.a.O., § 101b GWB Rn. 42).

Der Antragsteller kann aufgrund der verstrichenen Ausschlussfrist im vergaberechtlichen Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren auch keine Kündigung oder anderweitige Beendigung vergaberechtswidriger Verträge beanspruchen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.02.2011, VII-Verg 17/11). Allein der Umstand, dass ein ohne Vergabeverfahren zustande gekommener Altvertrag vom öffentlichen Auftraggeber weiter durchgeführt wird, begründet keinen Anspruch des Bieters darauf, dass der öffentliche Auftraggeber den Vertrag beendet. Das gilt auch dann, wenn dadurch ein (objektiv) vergaberechtswidriger Zustand aufrechterhalten wird (OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.03.2012, Verg W 15/11; KG Berlin, Beschl. v. 19.04.2012, Verg 7/11, VergabeR 2012, 783).

3. Die Vergabekammer könnte die Antragsgegnerin auf den Nachprüfungsantrag des Antragstellers hin nur dann verpflichten, die dort geregelten vertraglichen Dienstleistungen in einem ordnungsgemäßen, förmlichen Verfahren auszuschreiben, wenn diese Dienstleistungen im Zuge der vereinbarten Vertragsverlängerungen wesentlich geändert, insbesondere wenn sie vom Gegenstandswert her in ihrem Gesamtumfang erheblich aufgestockt werden.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist davon auszugehen, dass die Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags während seiner Geltungsdauer dann als Neuvergabe des Auftrags anzusehen sind, wenn sie "wesentliche andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrages erkennen lassen" (vgl. EuGH, Urteil vom 05.10.2000 - Rs. C-337/98 (Kommission/Frankreich)). Eine erhebliche Änderung in diesem Sinne kann danach unter anderem vorliegen, wenn die Änderung den Auftrag in einem größeren Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Leistungen ausweitet (vgl. Hailbronner in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 3. Aufl., § 99 GWB, Rn. 42). Nur unwesentliche Inhaltsänderungen oder Anpassungen allein reichen dagegen nicht aus, um die Anwendbarkeit des Vergaberechts auf einen laufenden Vertrag zu begründen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 04.05.2001 - 13 Verg 5/00, VergabeR 2001, Seite 327 ff.).

Erheblich ist nach der aktuellen Rechtsprechung des OLG Schleswig (Beschluss vom 28.08.2015 - 1 Verg 1/15 - zitiert nach ibr-online) eine Vertragsänderung durch Aufstockung der vereinbarten Leistungen aber dann, wenn die in Art. 72 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU geregelten Bagatellschwellen für eine vergaberechtskonforme Vertragsanpassung überschritten sind. Konkret ist von einer Überschreitung gemäß Art. 72 Abs. 1 (e) (ii) dieser Richtlinie auszugehen, wenn der Wert der Änderung oder der Gesamtwert mehrerer aufeinanderfolgender Änderungen 10 % des ursprünglichen Auftragswertes bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen übersteigt.

Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht soll eine entsprechende Bestimmung geschaffen werden (§ 132 Abs. 3 Satz 2 GWB-E, BR-Drucksache 367/15). Die Regelung in Art. 72 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie 2014/24/EU entfaltet schon vor ihrer Umsetzung in innerstaatliches Recht eine - auch von den Nachprüfungsinstanzen zu beachtende - Vorwirkung. Die Richtlinienbestimmung ist hinreichend bestimmt und enthält bezüglich ihrer Umsetzung zur vorliegenden Frage keinen Spielraum, so dass der nationalen Gesetzgebung nicht vorgegriffen wird (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.11.2014, VII-Verg 30/14, NZS 2015, 68 [BAG 10.09.2014 - 10 AZR 651/12]; Müller/Kellermann, ZfBR 2015, 347 ff.; Oberndörfer/Lehmann, BB 2015, 1027/1033 [zu V.]).

Diese 10 %-Grenze wurde nach dem Vortrag der Antragsgegnerin und ausweislich des von ihr mit Schriftsatz vom 27.08.2015 übersandten Schriftverkehrs mit den beiden derzeit beauftragten Hilfsorganisationen durch die seither erfolgten jährlichen Stundensatzanpassungen jedoch nicht überschritten. Die mit beiden Rettungsdiensten jeweils geschlossene "Vereinbarung über zu erwartende Einsatzspitzen im qualifizierten Krankentransport (KT)" vom 01.12.2010 legte unter Ziffer 3 einen Stundensatz von xxxxxx € fest. Mit Schreiben vom 24.11.2011 verlängerte die Antragsgegnerin diese Vereinbarung mit beiden Vertragspartnern um ein weiteres Jahr und erhöhte den Stundensatz auf xxxxxx €. Die nächste Verlängerung erfolgte mit Schreiben vom 01.11.2012 unter Erhöhung des Stundensatzes auf xxxxxx €. Mit Schreiben vom 21.11.2013 wurde der Stundensatz dann auf xxxxxx € erhöht. Die letzte Erhöhung erfolgte mit Schreiben vom 18.12.2014 auf xxxxxx €. Mit Schreiben vom 17.03.2015 schließlich wurde dieser Vertrag noch einmal bis zum 31.12.2015 verlängert. Der zuletzt vereinbarte Stundensatz blieb gleich.

Aber auch wenn man vorliegend nicht nur auf die Veränderungen des vertraglich vereinbarten Stundensatzes, sondern auf die im jeweiligen Vertragsjahr von der Antragsgegnerin geschätzten und tatsächlich angefallenen Kosten aus dieser Vereinbarung abstellt und somit das Gesamtvolumen des Auftrags betrachtet, bewegen sich die aufgrund der optionalen Vertragsverlängerungen erfolgten Entgeltsteigerungen noch im Rahmen der Art. 72 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU geregelten Bagatellschwellen. Ausweislich der von der Antragsgegnerin auf Anforderung der Vergabekammer mit Schreiben vom 24.09.2015 übersandten Aufstellung über die "Gesamtkosten und Kostenschätzung seit 2007 bis Ende 06/2015" hatte die Antragsgegnerin die jährlichen Entgeltkosten für das Vertragsjahr 2011 für beide Vertragspartner auf jeweils xxxxxx € geschätzt. Tatsächlich seien für das Axxxxx dann xxxxxx € angefallen, während für die Bxxxxx tatsächlich die geschätzten Kosten angefallen seien. Für die 1. optionale Verlängerung dieses Vertrages für den Zeitraum 1. Januar bis 31.12.2012 sei dann jeweils ein Gesamtauftragsvolumen Volumen von xxxxxx € geschätzt worden, mithin eine Steigerung zum Vorjahr von 1,9 %. Tatsächlich seien im Falle des Axxxxx dann lediglich xxxxxx € angefallen und für die Bxxxxx xxxxxx €. Für das Verlängerungsjahr 2013 hat die Antragsgegnerin ursprünglich jeweils einen Auftragsvolumen von xxxxxx € und damit eine Kostensteigerung von 2,8 % geschätzt. Tatsächlich angefallen sind nach der Aufstellung der Antragsgegnerin für das Axxxxx xxxxxx € und für die Bxxxxx xxxxxx €. Für das Vertragsjahr 2014 ist die Antragsgegnerin in ihrer Schätzung von jeweils xxxxxx € und somit von einer Steigerung in Höhe von 3,7 % ausgegangen. Im Falle des Axxxxx beliefen sich die tatsächlichen Jahreskosten dann auf xxxxxx € und für die Bxxxxx auf xxxxxx €. Für den zunächst halbjährlich bemessenen Verlängerungszeitraum 01.01. bis 30.06.2015 ging die Antragsgegnerin ihrer Schätzung von jeweils xxxxxx € und damit von einer Steigerung um 2,4 % aus. Tatsächlich habe das Auftragsvolumen in diesem halben Jahr im Falle des Axxxxx aber lediglich xxxxxx € und im Falle der Bxxxxx lediglich xxxxxx € betragen.

Weder unter Berücksichtigung der Anpassung des Stundensatzes noch unter Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin geschätzten oder in der Folge dann tatsächlich ausgekehrten Gesamtentgeltes für die beiden derzeit beauftragten Rettungsdienste ist daher vorliegend die Bagatellgrenze gemäß Art. 72 Abs. 1 (e) (ii) der Richtlinie 2014/24/EU überschritten.

Der Nachprüfungsantrag war daher wegen Ablauf der Ausschlussfrist des § 101b Abs. 2 Satz 1 GWB im Hinblick auf die Anfechtung der nach wie vor gültigen Vereinbarungen vom 01.12.2010 und in Ermangelung einer vergaberechtlich erheblichen Auftragserweiterung im Rahmen der vertraglich vereinbarten Verlängerungsoptionen als unzulässig zurückzuweisen.

4. Die Vergabekammer sieht sich jedoch durch den vorliegenden Sachverhalt - insbesondere der durch die Antragsgegnerin vorgetragenen Rechtsauffassung zur Ermittlung des Schwellenwertes - veranlasst, die Antragsgegnerin darauf hinzuweisen, dass bei der Schätzung gemäß § 3 Abs. 2 VgV der Wert eines beabsichtigten Auftrages nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden darf, den Auftrag der Anwendung dieser Verordnung zu entziehen. D.h. für den vorliegenden Fall konkret, dass Vertragszeiträume nicht bewusst so knapp gewählt werden dürfen, dass das Auftragsvolumen den für eine europaweite Ausschreibung maßgeblichen Schwellenwert unterschreitet. Immerhin hatte die Antragsgegnerin den Vertrag aber in den letzten Jahren jährlich verlängert, während vor Inkrafttreten des aktuellen Vertrages auch halbjährliche oder gar quartalsweise Verlängerungen üblich waren. Aus Sicht der Vergabekammer zweckmäßig wäre zum Beispiel eine Vertragsdauer, die sich mit der Laufzeit des Rettungsdienstbedarfsplans deckt.

Ferner ist für die Vergabekammer sachlich nicht nachvollziehbar, warum die Antragsgegnerin bei der Schätzung des Gesamtauftragswertes zwischen der Beauftragung von Leistungen des qualifizierten Krankentransportes an Wochentagen und solchen an Wochenenden unterscheidet. Es mag sachlich gerechtfertigt sein, diesbezüglich zwei unterschiedliche Lose zu bilden. Für die Schätzung des Gesamtauftragswertes ist dann jedoch wiederum gemäß § 3 Abs. 7 Satz 1 VgV der Gesamtwert aller Lose zu Grunde zu legen.

Abschließend weist die Vergabekammer darauf hin, dass die öffentlichen Auftraggeber verpflichtet sind, die Durchführung der Schätzung des Auftragswertes und ihr Ergebnis wie auch ein sich anschließendes Vergabeverfahren selbst in einer den Anforderungen des § 20 EG VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Die Erklärung der Antragsgegnerin, sie habe über all die Jahre keine Vergabeakte geführt, weil der Schwellenwert nicht erreicht worden sei, ist demgegenüber nicht zu akzeptieren. Denn auch für Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte gilt schließlich gemäß § 20 VOL/A die Dokumentationspflicht.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Es wird eine Gebühr in Höhe von 1.000 € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

Da aktuell kein Vergabeverfahren und damit auch kein aus einer Angebotssumme des Antragstellers abzuleitender Gegenstandswert vorliegt, ist vorliegend grundsätzlich von der Mindestgebühr in Höhe von 2.500 € auszugehen.

Diese Basisgebühr stellt vorrangig auf die wirtschaftliche Bedeutung des Nachprüfungsgegenstandes ab und legt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand zugrunde. Vorliegend ist die Herabsetzung der ermittelten Basisgebühr aus Billigkeitsgründen gem. § 128 Abs. 1 und 2 S. 1 GWB geboten, da unter Abwägung aller Umstände zu berücksichtigen ist, dass ein eher unterdurchschnittlicher personeller und sachlicher Aufwand für eine Entscheidung notwendig war. Der Nachprüfungsantrag war mangels eines der Nachprüfung unterliegenden, aktuellen förmlichen oder materiellen Vergabeverfahrens als unzulässig zurückzuweisen. Eine mündliche Verhandlung hat mit Einverständnis der Beteiligten nicht stattgefunden. Die ermittelte Gebühr wird daher gem. § 128 Abs. 2 S. 1, 2. Halbsatz GWB auf zwei Fünftel ermäßigt, so dass sich für das streitbefangene Nachprüfungsverfahren eine Basisgebühr in Höhe von 1.000 € ergibt.

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag keinen Erfolg hatte.

Der Antragsteller wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von 1.000 € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Rohn
Sameluck