Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 10.09.2015, Az.: VgK-32/2015

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
10.09.2015
Aktenzeichen
VgK-32/2015
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 26613
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
XXX
gegen
XXX
wegen
Rohbauarbeiten mit Unterfangungs-, Tiefgründungs- und Erdarbeiten inklusive aller BE für Erweiterung xxxxxx.
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden, RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.-Ing. Magill, auf die mündliche Verhandlung vom 08.09.2015 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Höhe der Kosten wird auf xxxxxx € festgesetzt. Auslagen sind nicht entstanden.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerin notwendig.

Begründung

I.

Die Vergabestelle und Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2015 Rohbauarbeiten mit Unterfangungs-, Tiefgründungs- und Erdarbeiten inklusive aller BE für die Erweiterung des Klinikums xxxxxx europaweit im offenen Verfahren gem. VOB/A-EG ausgeschrieben. Gem. Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung waren Varianten bzw. Alternativangebote nicht zulässig. Der Zuschlag sollte gem. Ziffer IV.2.1) der Bekanntmachung auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden.

Eine der Ausschreibung vorgelagerte Kostenschätzung enthielt die Vergabeakte nicht. Der Kostenschätzung des mit der Abwicklung der Ausschreibung betrauten Architekturbüros xxxxxx vom 02.06.2015 ist zu entnehmen, dass dieses die Kosten anhand eines selbst bepreisten Leistungsverzeichnisses auf xxxxxx € (brutto) einschätzte.

Nachdem 19 Unternehmen die Angebotsunterlagen abgefordert hatten, gaben bis zum Ende der Angebotsfrist am 28.05.2015 vier Bieter ein Angebot ab. Die Beigeladene gab mit einer rechnerisch geprüften Angebotssumme von xxxxxx € (brutto) das preisgünstigste Angebot ab, auf Rang zwei lag die Antragstellerin mit einer Summe von xxxxxx €. Die weiteren Angebote schlossen mit xxxxxx und xxxxxx € (brutto) ab.

Nachdem die Antragsgegnerin mit Bieterinformation gem. § 101 a GWB vom 19.06.2015 mitgeteilt hatte, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen, rügte die Antragstellerin aufgrund der hohen Preisdifferenz das Angebot der Beigeladenen als unauskömmlich und beantragte nach der Rügezurückweisung der Antragsgegnerin am 29.06.2015 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Nach Auswertung der Vergabeakte der Antragsgegnerin teilte die Vergabekammer der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13.07.2015 mit, dass sie den Vortrag der Antragstellerin für berechtigt halte. Erscheine dem Auftraggeber ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung unangemessen niedrig und sei anhand der vorliegenden Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, so habe er gem. § 16 EG Abs. 6 Nr. 2 VOB/A vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Den diesbezüglichen am vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz ausgerichteten Anforderungen des § 20 EG VOB/A habe die vorliegende Dokumentation in der Vergabeakte zumindest in Bezug auf die Angemessenheitsprüfung nicht genügt.

So habe die Beigeladene bei einigen Positionen nicht einmal 10 % des nächstmindestfordernden Bieters verlangt. Das von der Antragsgegnerin beauftragte Architekturbüro habe mit Schreiben vom 04.06.2015 gem. § 15 EG VOB/A zwar um technische und inhaltliche Aufklärung gebeten, nicht jedoch um kalkulatorische Erläuterungen, die den niedrigen Preis erklärten. Im Weiteren habe die Antragsgegnerin die von der Beigeladenen u. a. vorgelegte Urkalkulation und den Hinweis auf die Gewährung einer Subventionspauschale nicht auf ihre Stichhaltigkeit hin beurteilt und entsprechend dokumentiert, sondern lediglich den vorgefertigten Vergabevorschlagsvordruck mit Anlagen beigefügt. Und schließlich habe die Beigeladene bei der Ermittlung der Preiskalkulation nach dem Formblatt 221 bzw. 222 im Verhältnis zu den Eigenleistungen eine viel geringere Stundenzahl angesetzt als die drei anderen Bieter. Auch diesbezüglich fehle es an einer dokumentierten Auseinandersetzung mit den angebotenen Preisen unter Berücksichtigung der geringeren Stundenzahl.

Abschließend empfahl die Vergabekammer, erneut in die Angebotswertung einzutreten, sich von der Beigeladenen über den Angebotsinhalt, speziell deren Kalkulation aufklären zu lassen und das Ergebnis in einem dem Vergaberecht entsprechenden Vermerk zu dokumentieren.

Auf das Schreiben der Vergabekammer hin erklärte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14.07.2015, dass sie im Wege der Selbstabhilfe das Verfahren in den Stand der Angebotswertung zurückversetzen und die Angemessenheit der Angebotspreise der Beigeladenen prüfen und dokumentieren werde. Mit Schreiben vom 16.07.2015 erklärte auch die Antragstellerin das bei der Vergabekammer unter dem Aktenzeichen VgK-25/2015 geführte Nachprüfungsverfahren für erledigt.

Mit Schreiben vom 20.07.2015 forderte das von der Antragsgegnerin beauftragte Architekturbüro die Beigeladene unter Vorgabe der u. a. von der Vergabekammer monierten Punkte auf, ihr Angebot entsprechend § 16 Abs. 6 Nr. 2 und 3 VOB/A EG aufzuklären. Dem kam die Beigeladene fristgerecht mit Schreiben vom 27.07.2015 unter Beifügung zahlreicher Anlagen nach.

Das beauftragte Architekturbüro prüfte alle Antworten der Beigeladenen auf ihre Plausibilität und legte das Ergebnis in einem Vermerk vom 30.07.2015 nieder. Es kam zu allen einzelnen Punkten zu dem Ergebnis, dass die Angaben der Beigeladenen plausibel seien und im Ergebnis der Beauftragung der Beigeladenen nichts entgegenstehe. In Bezug auf die Angebotsendsumme der Beigeladenen führte das Architekturbüro dort aus, dass diese unter Berücksichtigung des angebotenen Nachlasses, der von der Beigeladenen eingeräumten und auf die aufgeklärten Einzelpositionen umgelegten Subventionspauschale und der sich aus dem eingeplanten Schalungssystem ergebenden Einsparungen gegenüber einer konventionellen Schalung die Differenz gegenüber ihrer Kostenberechnung auf der Grundlage für Budgetzuordnungen nach Vergabeeinheiten nur ca. - 5 % betrage.

Der diesbezügliche Vermerk des Architekturbüros und die von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen wurden der Antragstellerin im Rahmen der Akteneinsicht von der Vergabekammer wegen der dort enthaltenen zahlreichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gem. § 111 Abs. 2 GWBnicht offengelegt.

Die Antragsgegnerin machte sich das Ergebnis der Aufklärung mit Vermerk vom 31.07.2015 zu eigen und teilte der Antragstellerin noch am gleichen Tage mit Bieterinformation gem. § 101 a GWB mit, den Zuschlag am 11.08.2015 auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen.

Auf die Bieterinformation hin rügte die Antragstellerin aufgrund des gegebenen Preisabstandes zwischen den Angeboten das Vergabeverfahren am 03.08.2015 erneut und beantragte nach der Rügezurückweisung durch die Antragsgegnerin am 10.08.2015 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Der Antrag sei zulässig.

Die Antragsgegnerin sei in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung tätig und öffentliche Auftraggeberin im Sinne von § 98 Abs. 2 GWB, insbesondere erfülle sie im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art. Der seit dem 01.01.2014 geltende Schwellenwert für Bauaufträge von 5.186.000 Euro sei vorliegend ausweislich der eingegangenen Angebote überschritten. Die Antragstellerin sei auch gem. § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB antragsbefugt, indem sie in dem offenen Verfahren ein wirksames Angebot abgegeben habe und als Zweitplatzierte eine Chance auf den Zuschlag habe, da das Angebot der Beigeladenen nach Auffassung der Antragstellerin unangemessen niedrig und damit auszuschließen sei. Und schließlich habe sie mit ihrem Schreiben von 03.08.2015 die erforderliche Rüge gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB angebracht.

Der Nachprüfungsantrag sei auch rechtlich begründet.

Es liege eine Rechtsverletzung von § 97 Abs. 7 GWB i. V. m. § 16 Abs. 6 VOB/A-EG sowie § 16 Abs. 1 Nr. 1 b und § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG vor. Das Angebot der Beigeladenen liege um 33,36 % vor dem nächstplatzierten Angebot der Antragstellerin und sei damit offenkundig unangemessen niedrig. Gem. § 16 Abs. 6 VOB/A-EG dürfe auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden.

Im Falle der Annahme eines unangemessen niedrigen Preises habe der Auftraggeber für eine sachgerechte Aufklärung Sorge zu tragen. Er habe das Angebot in den Einzelpositionen zu überprüfen und von dem Bieter die erforderlichen Belege zum Nachweis der benannten Preise zu verlangen. Aus der Rügezurückweisung der Antragsgegnerin vom 04.08.2015 ergebe sich nicht nachvollziehbar, dass die Angemessenheit der Preise der Beigeladenen vergaberechtskonform geprüft worden seien. Die Antragstellerin gehe deshalb davon aus, dass eine sachgerechte Aufklärung der Angebotspreise nach wie vor nicht stattgefunden habe.

Durch den Abstand von 33,36 % zum nächstplatzierten Angebot sei zudem davon auszugehen, dass eine Realisierung der geschuldeten Leistung durch die Beigeladene nur durch Änderungen an den Vergabeunterlagen oder Unterschreitung von Mindestlohnvorgaben möglich sei. Ein solches Abmagerungsangebot sei gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 b i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG unzulässig. Hierdurch würden auch alle anderen Bieter geschützt, die bei einem echten Wettbewerb ihre Preise aufgrund einer ordnungsgemäßen Kalkulation berechnet hätten.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß den §§ 107 ff. GWB,

  2. 2.

    die Zuschlagserteilung auf das Angebot der Fa. xxxxxx, zu untersagen,

  3. 3.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,

  4. 4.

    Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 111 Abs. 1 GWB zu gewähren,

  5. 5.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der für die notwendige Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen aufzuerlegen,

  6. 6.

    festzustellen, dass die Beiziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erforderlich war.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der für die notwendige Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen,

  3. 3.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin erforderlich war.

Die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Wie die Vergabekammer in ihrem Hinweis vom 13.07.2015 im Vergabeverfahren VgK-25/2015 festgestellt habe, habe der Abstand des Angebotes der Beigeladenen zum Angebot der Antragstellerin 22,3 % betragen. Dieser Abstand habe dazu geführt, dass die Antragsgegnerin die Angemessenheit des Angebotspreises gem. § 16 Abs. 6 Nr. 1 und 2 VOB/A-EG zu überprüfen hatte. Normzweck dieser Vorschrift sei in erster Linie der Schutz des Auftraggebers vor ruinösen Angeboten, die aufgrund ihres niedrigen Preises keine ordentliche Ausführung einschließlich Gewährleistung erwarten lassen würden. Neben dem Auftraggeber sollten zwar auch alle anderen Bieter, die auskömmliche Preise ermittelt und eingereicht hätten, und damit der Wettbewerb an sich geschützt werden, die anderen Bieter hätten aber allerdings keinen subjektiven Anspruch auf Ausschluss eines "Unterkostenangebots". Subjektiv bieterschützenden Charakter entfalte diese Vorschrift aber erst dann, sofern das Angebot zur gezielten und planmäßigen Verdrängung von Wettbewerbern abgegeben worden sei.

Dies werde aber nicht einmal seitens der Antragstellerin ernsthaft behauptet. Die Antragstellerin sei damit bereits nach ihrem eigenen Vortrag nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt.

Darüber hinaus habe sich die Antragsgegnerin an ihre Verpflichtung zur Prüfung der Angemessenheit des Angebotes gehalten. Aufgrund des Hinweisbeschlusses der Vergabekammer sei eine nochmalige Überprüfung des Angebotes der Beigeladenen erfolgt. Der diesbezügliche Prüfbericht zeige, dass der angebotene Preis wettbewerblich begründet sei. Er zeige weiter, dass die im Hinweisbeschluss festgestellten niedrig erscheinenden Einheitspreise ebenfalls wettbewerblich begründet seien. Der von der Vergabekammer seinerzeit monierte Stundenaufwand sei dort ebenfalls erläutert worden.

Aus den Anlagen zum Prüfbericht werde weiter deutlich, dass die Annahme der Antragstellerin, die Kostenberechnung der Antragsgegnerin würde sich auf der Ebene ihres Angebotes bewegen, fehlerhaft sei. Zwischen dem Bestbieter und der vorgenommenen Kostenberechnung liege lediglich eine Differenz von 5 %. Selbst diese Differenz habe im Rahmen des Prüfberichts begründet werden können. Im Ergebnis liege damit kein unangemessen niedriger Angebotspreis vor.

Und schließlich sei von besonderer Bedeutung, dass sich aus dem Prüfbericht nebst Anlagen ergebe, dass die finanzielle Situation der Beigeladenen eine ordnungsgemäße Erfüllung des Auftrages einschließlich der Gewährleistungsarbeiten erwarten lasse. Die vom Bestbieter vorgelegten Bankauskünfte seien im Vergleich zu aus anderen Verfahren bekannten Bankauskünften aussagekräftig und sehr positiv.

Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.

Sie nimmt mit anwaltlichen Schriftsatz vom 07.09.2015 zum Verfahren Stellung, indem sie den Vortrag der Antragsgegnerin in Bezug auf die nicht bieterschützende Wirkung des § 16 Abs. 6 VOB/A-EG, auf die nicht dargelegte bzw. ersichtliche Marktverdrängungsabsicht der Beigeladenen und in Bezug auf die detaillierte Angebotsaufklärung der Antragsgegnerin die zum Ergebnis gehabt habe, dass ihr Angebot nicht unangemessen niedrig sei, unterstützt und ergänzt.

Im Weiteren trägt sie vor, dass der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig sei, soweit die Antragstellerin in ihrem Antragsschriftsatz vom 10.08.2015 behaupte, die Antragsgegnerin hätte mit dem Informationsschreiben gem. § 101 a GWB vom 31.07.2015 angeblich zu verstehen gegeben, dass sie offenkundig noch weitere nicht benannte Zuschlagskriterien ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe. Diesen Gesichtspunkt habe sie in ihrem Rügeschreiben vom 03.08.2015 nicht vorgebracht und sei mit diesem Aspekt insoweit gem. § 107 Abs. 3 GWB präkludiert.

Und schließlich sei die Antragstellerin auch mit ihrem Vorbringen gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB präkludiert, soweit sie sich in ihrer Rügeschrift vom 03.08.2015 auf das Submissionsergebnis vom 28.05.2015 berufe. Vorliegend sei der Antragstellerin das Submissionsergebnis seit dem Termin zur Angebotseröffnung bekannt gewesen. Allerdings habe sie sich erst mit anwaltlichen Rügeschreiben vom 03.08.2015 auf den angeblich zu niedrigen Preis des Angebotes berufen. Diesbezüglich könne sich die Antragstellerin auf nicht auf das anwaltliche Rügeschreiben vom 22.06.2015 in dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren mit dem Aktenzeichen VgK-25/2015 berufen. Auch in diesem Rügeschreiben habe die Antragstellerin maßgeblich auf das Submissionsergebnis vom 28.05.2015 abgestellt und die Rüge insoweit erst einen Monat nach Kenntnisnahme des Submissionsergebnisses erteilt.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Vergabeakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Anhaltspunkte für eine Mischkalkulation sind nicht ersichtlich. Auch ein festgestelltes Unterkostenangebot darf erst dann ausgeschlossen werden, wenn die von der Rechtsprechung entwickelten Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 c VOB/A, der Marktverdrängungsabsicht oder Gefährdung der Vertragsabwicklung durch ungenügende Leistungsfähigkeit hinzukommen. In einem aus einer Nische stark wachsenden Markt muss der marktüblich kalkulierende Anbieter damit rechnen, von einem Konkurrenten unterboten zu werden, der den Auftrag ausschließlich abwickelt, um Referenzen für weitere Aufträge zu erhalten.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB. Sie ist aufgrund der gewählten Betriebsform als selbständige GmbH kein Sondervermögen einer Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Nur die xxxxxx ist eine Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB (§ 2 Abs. 2 NKomVG). Die Antragsgegnerin ist eine juristische Person des privaten Rechtes, wenn auch im alleinigen Eigentum der Gebietskörperschaft. Bei einer GmbH im kommunalen Eigentum handelt es sich nicht um deren Sondervermögen gemäß § 130 NKomVG bzw. § 98 Nr. 1 GWB. Der in § 130 NKomVG definierte Begriff des kommunalen Sondervermögens umfasst nur die wirtschaftlichen Einrichtungen. Gemäß § 136 Abs. 3 NKomVG sind die Einrichtungen der Kommune nicht identisch mit den in § 136 Abs. 2 NKomVG genannten kommunalen Unternehmen.

Nach § 98 Nr. 2 GWB sind auch andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, öffentliche Auftraggeber, wenn Stellen, die unter Nr. 1 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihre zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmen. Die Antragsgegnerin ist zu dem besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Das Allgemeininteresse ergibt sich aus dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze, Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Nach § 1 KHG ist Zweck des Gesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Gemäß § 9 KHG fördern die Länder auf Antrag des Krankenhausträgers Investitionskosten, darunter insbesondere für die Errichtung von Krankenhäusern für die Erstausstattung mit notwendigen Anlagegütern, für die Wiederbeschaffung von Anlagegütern und weitere im Einzelnen genannte Positionen. Somit handelt es sich bei dem Betrieb eines zu errichtenden Krankenhauses auch in der Form eines privatrechtlichen Unternehmens nicht um eine auf Gewinnerzielung gerichtete gewerbliche Tätigkeit, sondern um eine im Wesentlichen mit öffentlichen Mitteln geförderte und ermöglichte Aufgabe zur Versorgung der Bevölkerung gemäß § 1 KHG.

Darüber hinaus finanziert die xxxxxx neben den o. g. Zuschüssen Dritter und neben den Pflegesätzen der durch gesetzlich normierte Pflichtbeiträge finanzierten Krankenkassen (vgl. EUGH Urteil vom 11.06.2009, NJW 09, 2427, [EuGH 11.06.2009 - Rs. C-300/07] C-300/07 Oymanns) die Antragsgegnerin aufgrund ihrer Gesellschafterstellung voll haftend und daher überwiegend.

Es handelt sich um einen öffentlichen Bauauftrag gemäß § 99 Abs. 3 GWB, da die Antragsgegnerin in ihrer Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber einen entgeltlichen Vertrag über Bauleistungen zu schließen beabsichtigt. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß § 1 EG-VOB/A. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt worden sind. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VgV enthält eine dynamische Verweisung auf die europarechtlich festgelegten Schwellenwerte, hier die Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13.12.2013. Artikel 2 Absatz 1c der VO setzt für Bauaufträge einen Schwellenwert von 5.186.000 € fest. Die Antragsgegnerin hat den Wert der gesamten Baumaßnahme zwar nicht geschätzt, aber die Kosten dieses Gewerks durch das selbst bepreiste Leistungsverzeichnis auf einen Wert oberhalb des Schwellenwertes geschätzt. Daher überschreitet der Auftrag den Schwellenwert.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Sie trägt vor, das Angebot der Beigeladenen sei unangemessen niedrig und enthalte eine Mischkalkulation. Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rz. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat auch schlüssig dargelegt, dass sie als auf Rang 2 liegender Anbieter bei vergabekonformem Verhalten des Antragsgegners, insbesondere des Ausschlusses der Beigeladenen den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.

Ob sich diese dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, insbesondere ob die Beigeladene wirklich eine verbotene Mischkalkulation vorgenommen oder ein unangemessen niedriges Angebot unterbreitet hat, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06 Ziffer 1a).

Die Antragstellerin hat die im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Vergaberechtsverstöße rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 31.07.2015 über ihren Ausschluss informiert. Hiergegen hat sie sich mit der Rüge vom 03.08.2015 gewandt. Die später eingeführte Argumentation zur Mischkalkulation erfordert keine gesonderte Rüge, da es sich um eine andere Interpretation des gerügten Sachverhalts, der Preis der Beigeladenen sei zu niedrig, handelt.

Als unverzüglich galt früher grundsätzlich nur ein Zeitraum von ein bis drei Tagen ab Erkennbarkeit (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 3/03; Bechtold, GWB, § 107, Rdnr. 2). Bei Einschaltung eines Anwaltes bzw. Prüfung schwieriger Rechtsfragen wurde die Frist regelmäßig auf eine Woche ausgedehnt (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2011 - 21.VK3194-14/11; OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerg 6/10; OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/2; VK Bund, Beschluss vom 17.01.2008, VK1-152/07). Inzwischen nimmt das OLG München eine Rügefrist von sieben Werktagen an (OLG München, Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13), das OLG Düsseldorf von 11 Tagen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013 - Verg 7/13).

Die europäische Kommission ist bei ihrer Überprüfung der deutschen Vorschriften zum Ergebnis gelangt, dass die Unbestimmtheit der Vorschrift die Rechtsmittelrichtlinie und die Gebote der Transparenz, Rechtssicherheit und Nichtdiskriminierung verletze. Sie hat daraufhin im Juli 2013 ein informelles Vorverfahren eingeleitet. Die Bundesrepublik hat zugesagt, im Rahmen der Reform des GWB zur Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien auch die Vorschrift des § 107 GWB an die europarechtlichen Vorgaben anzupassen. Bis zur Anpassung der Rügefrist auf 10 bzw. 15 Kalendertage dürfte, obgleich die Umsetzungsfrist der neuen EU-Vergaberichtlinien bis zum 17.04.2016 läuft, die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB wegen der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsschutzgarantie nicht mehr abweichend anzuwenden sein, ohne die Frage vorher dem EuGH oder dem BGH vorzulegen (s. dazu auch Werkstattbeitrag von Eydner, ibr-online, vpr 2014, 2673, eingestellt am 08.04.2014; VK Niedersachsen, Beschluss vom 17.04.2014, VgK-9/2014). Der europäischen Kommission folgend legt die Vergabekammer unter Übernahme der Mindestüberlegungsfristen des Art. 2c Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG eine Rügefrist von 10 bzw. 15 Tagen ab Erkennbarkeit zugrunde.

Das wird bestätigt durch den Kabinettsentwurf des GWB 2016 Stand 14.08.2015, der in der dem bisherigen § 107 GWB entsprechenden Vorschrift des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB-E von einer Rügefrist von 10 Tagen ausgehen will.

Diese Frist hat die Antragstellerin mit ihrer Rüge binnen 4 Tagen gewahrt. Sie war nicht bereits ab dem Submissionstermin zur Rüge verpflichtet. Die Rügepflicht entsteht erst ab Kenntnis vom Fehler der Vergabestelle, nicht des Konkurrenten. Das möglicherweise zu niedrige Angebot des Konkurrenten ist zum Submissionstermin nur als dessen Fehler erkennbar. Der Anbieter darf zunächst darauf vertrauen, dass die Vergabestelle selbständig niedrige Angebote in sachgemäßer Weise prüft.

2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet.

a) Das Angebot der Beigeladenen enthält die geforderten Preise, war daher von der Antragsgegnerin nicht auszuschließen. Gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 c VOB/A sind Angebote, die den Bestimmungen des § 13 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nicht entsprechen, auszuschließen. Die Vergabestelle hat kein eigenes Ermessen, wenn sie den Tatbestand festgestellt hat. Hiervon ausgenommen sind nur Angebote, bei denen u.a. lediglich in einer unwesentlichen Position die Angabe des Preises fehlt. Hier fehlt kein Preis, so dass diese Ausnahmevorschrift nicht greift.

Der Tatbestand, der zu der gebundenen Entscheidung gemäß § 16 EG-VOB/A führt, ist in § 13 EG-VOB/A enthalten. Gemäß § 13 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A müssen die Angebote die geforderten Preise enthalten. Ergänzend enthält Ziffer 3.6 der Bewerbungsbedingungen (Formblatt 212 EU des VHB Bund) die Vorgabe, dass ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A benennt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zur sog. Mischkalkulation (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004, XZB 7/04) benennt ein Bieter nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne des § 13 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A (vormals § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A), wenn er in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für bestimmte Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt. Deshalb sind nach der Rechtsprechung des BGH Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen auf andere Leistungspositionen umlegt, von der Wertung auszuschließen.

Die BGH-Rechtsprechung schränkt aufgrund des Transparenzgebotes die Kalkulationsfreiheit der Bieter ein, um zu gewährleisten, dass die Angebote der Bieter auch bei den im Rahmen der Auftragsabwicklung immer wieder erforderlichen Mengen- oder Einheitsänderungen vergleichbar bleiben. Die Vergleichbarkeit setzt voraus, dass alle Kosten unter Wahrung der in der Leistungsbeschreibung eingeräumten Spielräume auch dort kalkuliert werden, wo sie tatsächlich anfallen (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 17.10.2005, 11 Verg 8/05). Der Endpreis eines Angebotes ist die Summe der Produkte aus Einheitspreis und abgeforderter Stückzahl. Wollte man den Anbietern eine unbegrenzte Kalkulationsfreiheit einräumen, wäre es möglich, im Rahmen der Angebotskalkulation erkannte oder vermutete Mängel der Leistungsbeschreibung durch Veränderung der Stückzahlen für Preisspekulationen zu nutzen. Bei nachträglichen und in vielen Fällen unvermeidlichen Mengenänderungen wären erhebliche Veränderungen im Preisgefüge die Folge. Fehlerhafte Mengenermittlungen können daher bei spekulativer Preisgestaltung dazu führen, dass die in der Submission festgestellte Bieterreihenfolge deutlich von der Bieterreihenfolge abweicht, die bei Zugrundelegung der tatsächlichen Abrechnungsmengen und Leistungsänderung entstanden wäre. Die Angebotsendsumme geriete zu einer letztendlich zufälligen hypothetischen Summe ohne direkten Bezug zu den tatsächlich zu zahlenden Kosten. Letztlich erhielte nicht das günstigste oder wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag, sondern das Angebot mit der cleversten Preisgestaltung (Bode, Zur Behandlung von Spekulationspreisen in der Wertungs- und Vergabephase, ibr-online, 27.11.2009, Rz. 2). Es ist daher Ausdruck sowohl der Transparenz, als auch der wechselseitigen Treuepflicht zwischen Bieter und öffentlichem Auftraggeber aus § 311 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB, dass der jeweilige Anbieter die Preise so zu kalkulieren hat, dass die den Preisen zugrunde liegenden Kosten ordnungsgemäß, also den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses folgend, in den jeweiligen Preispositionen abgebildet werden. Als typisches Beispiel verbotener Mischkalkulation gilt u.a. die Aufpreisung von Positionen mit erwarteten Mengenerhöhungen, ausgeglichen durch Abpreisung von Positionen mit erwarteten Mengenminderungen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004, XZB 7/04).

Damit verbessert der Bieter sein Kosten-Leistungsverhältnis und erzielt höhere Preise, als nach der Auswertung des Angebotes durch den insoweit gutgläubigen öffentlichen Auftraggeber zu erwarten gewesen wäre. Daher ist der öffentliche Auftraggeber wegen dieser hohen abstrakten Gefahr stets gehalten, durch eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung jede formal legitime, weil nicht gegen den Wortlaut der Leistungsbeschreibung verstoßende Möglichkeit der Mischkalkulation zu unterbinden und die ernsthaft für den Zuschlag in Betracht kommende Kalkulation kritisch daraufhin zu überprüfen, ob sie die spekulativen Elemente der Mischkalkulation enthält.

Die Vergabekammer hat nach intensiver Prüfung sowie eingehender Erörterung im Laufe der mündlichen Verhandlung keinen begründeten Anhaltspunkt dafür, dass die Antragstellerin nicht die geforderten Preise abgegeben habe. Die Antragstellerin hat mit Abgabe des Angebotes einen abschließenden Angebotspreis abgegeben, der sich aus der Addition der Preise zu den Einzelpositionen abzüglich des klar gekennzeichneten Nachlasses von 3,5 % ergibt. Sie hat im Rahmen der Aufklärung unter Verwendung des missverständlichen Begriffes "Subventionspauschale" ihre niedrigen Angebotspreise in den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses erläutert. Sie hat unter Benennung von 29 einzelnen Leistungspositionen dargestellt, dass sie die kostendeckenden Einheitspreise um dort genau bezifferte Abschläge, die sie auf die zu Einheitspreise heruntergebrochen hat, gesenkt hat.

Diese Senkung eines Einheitspreises einer bestimmten Position im Leistungsverzeichnis ist von der Kalkulationsfreiheit gedeckt. Sie ist deutlich zu unterscheiden von einem Abschlag auf das Gesamtangebot. Während der Abschlag auf das Gesamtangebot bei Mengenänderungen dazu führt, dass die angebotenen Einheitspreise verlangt werden dürfen, führt eine Absenkung der Preise in den Einzelpositionen auch bei Mengenänderungen nur zu einer Steigerung um die abgesenkten Kosten. Die Absenkung des Preises einer einzelnen Leistungsposition ist daher vergaberechtlich weniger problematisch, als ein Abschlag auf die Gesamtsumme in Form einer in der absoluten Höhe begrenzten "Subventionspauschale".

Es besteht daher keine Veranlassung für den Bieter, auf eine solche niedrig kalkulierte Leistungsposition schon vor Beginn der Aufklärung hinzuweisen. Der Anbieter ist insbesondere nicht verpflichtet, im Formblatt 221 im freien Textfeld "eventuelle Erläuterungen des Bieters" bereits zu erläutern, dass er bestimmte Position des Leistungsverzeichnisses in nicht kostendeckender Weise kalkuliert habe. Eine Mischkalkulation kann der Auftraggeber erst dann annehmen, wenn er dem Anbieter nachweist, dass dieser nicht nur einzelne Positionen gesenkt hat, sondern gemäß dem obigen Vorgehen andere Positionen im Preis erhöht hat. Dieser Nachweis obliegt dem Auftraggeber. Die Antragsgegnerin hat sich hier diese Möglichkeit etwas erschwert, weil sie sich die Urkalkulation nicht bereits mit dem Angebot vorlegen ließ, sondern erst auf Verlangen (Formblatt 212 EU Nr. 4). Diese Vorgehensweise ist jedoch weder unüblich, noch rechtswidrig. Entscheidend für die Plausibilität der Kalkulation ist, dass die mit dem Angebot abgegebene Darstellung im Formblatt 222 mit der nachträglichen Urkalkulation und mit der nachträglich vorgenommenen Aufklärung vollständig übereinstimmt.

Die Antragsgegnerin, die ein eigenes Interesse daran hat, im Rahmen der Auftragsabwicklung nicht übervorteilt zu werden, hat auch in der Auswertung der Urkalkulation keine Positionen im Leistungsverzeichnis gefunden, die auf einen überhöhten Preis und damit eine Mischkalkulation hindeuten. Der erhebliche Abstand des Angebots der Beigeladenen zum Angebot der Antragstellerin als zweitplatzierter Anbieterin ließ auch nicht erwarten, dass die Beigeladene in anderen Position des Leistungsverzeichnisses besonders hohe Preise berechnet hätte.

b) Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, das Angebot der Beigeladenen wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 16 EG Abs. 6 VOB/A auszuschließen. Zunächst musste die Antragsgegnerin aufgrund des Preisabstandes der Beigeladenen zum nächst höheren Angebot von mehr als 10 % aufgrund von § 7 NTVergG deren Kalkulation überprüfen und das gemäß § 20 EG VOB/A dokumentieren.

Die Darlegungspflicht für jeden Angebotsausschluss, also auch wegen eines unangemessen niedrigen Angebots obliegt dem öffentlichen Auftraggeber. Dabei hat er den Anbieter vor einem Ausschluss des Angebots anzuhören (EUGH, Urt. Vom 27.11.2001-C 285/99, VergabeR 2002, 131). In Niedersachsen normiert § 7 NTVergG diese Anhörungspflicht und überträgt zugleich dem Anbieter die Darlegungspflicht für die "ordnungsgemäße Kalkulation". Kommt ein Unternehmen dieser Pflicht nicht fristgerecht nach, ist der Auftraggeber gemäß § 7 NTVergG berechtigt, das Unternehmen vom weiteren Verfahren auszuschließen. Die inhaltlichen Anforderungen der Rechtsprechung an den Ausschluss eines Unterkostenangebots sind streng, weil der Ausschluss des Unterkostenangebots den Wettbewerb beschränkt. Entsprechen einzelne Ansätze nicht den üblichen Ansätzen, darf der öffentliche Auftraggeber auch nach erfolgloser Anhörung nicht sofort auf eine nicht vertragsgerechte Leistung schließen. Nicht kostendeckende Einzelpreise als Beispiel für solche nicht üblichen Ansätze sind alleine noch kein ausreichender Anhaltspunkt für einen Angebotsausschluss (Stolz in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Auflage 2014, 7.Los, § 16 VOB/A-EG, Rdnr. 136). Zunächst ist die Frage, ob der Preis unangemessen niedrig ist, auf das gesamte Angebot zu beziehen. Hier war der von der Beigeladenen angebotene Preis so niedrig, dass eine Aufklärung geboten war. Die Antragsgegnerin hat nach Hinweis der Vergabekammer eine solche Aufklärung vorgenommen und festgestellt, dass die Beigeladene zwar Möglichkeiten genutzt hat, besonders wirtschaftlich zu kalkulieren, gleichwohl nicht in der Lage war, den von ihr angebotenen Preis als auskömmlich darzustellen. Es handelt sich um ein Unterkostenangebot.

Das führt aber nicht zwingend zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen. Es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen einem nicht auskömmlichem Angebot und einem unangemessen niedrigen Preis gemäß § 16 EG Abs. 6 VOB/A. Die fehlende Auskömmlichkeit ist nur ein Teil der Prüfung, die in der Wertung um mindestens einen der weiteren Tatbestände, nämlich die Marktverdrängungsabsicht oder die Gefährdung der Vertragserfüllung (meist durch Insolvenz) im Ausführungszeitraum zu ergänzen ist.

Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 09.05.2011 (VII Verg 45/11) zu dem mit § 16 EG Abs. 6 VOB/A weitgehend inhaltsgleichen § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A ausgeführt, einen Bieterschutz im Rechtssinn entfalte die Bestimmung nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete selbstverständliche Gebot, wettbewerbswidrige Praktiken im Vergabeverfahren zu verhindern (vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 1 VOL/A-EG: Vergabe "im Wettbewerb"), den Ausschluss des insbesondere als unangemessen niedrig gerügten Angebots gebiete. Dem unterfallen Angebote mit unangemessen niedrigem Preis, die in der zielgerichteten Absicht der Marktverdrängung abgegeben worden sind oder die zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden. Genauso gehörten dazu Angebote, bei denen die (niedrige) Preisgestaltung den Auftragnehmer voraussichtlich in so erhebliche Schwierigkeiten bringen werde, dass er den Auftrag nicht zu Ende ausführen könne, sondern die Ausführung abbrechen müsse. Die wettbewerbsbeschränkende Wirkung liege in diesen Fällen darin, dass die am Vergabeverfahren beteiligten Wettbewerber, die die ausgeschriebene Leistung zu angemessenen Preisen angeboten haben, nicht mehr in die Ausführung des Auftrags eintreten können, weil eine Übernahme wegen der Entwicklung ihrer geschäftlichen Verhältnisse, namentlich wegen einer anderweiten Bindung ihrer Leistungskapazitäten, ausgeschlossen sei.

Ebenso hat das OLG München (OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 - Verg 2/10) entschieden. Der Auftraggeber dürfe einen Zuschlag auch auf ein Angebot erteilen, das für den Bieter keinen Gewinn erwarten lasse, solange die Prognose gerechtfertigt sei, dass der Anbieter auch zu diesem Preis zuverlässig und vertragsgerecht werde leisten können. Demzufolge obliegt dem Auftraggeber der Nachweis, dass das Unterkostenangebot in Marktverdrängungsabsicht abgegeben worden sei, oder die Gefahr bestünde, dass der Auftragnehmer in der Vertragsphase in Insolvenz fiele. Die VK Niedersachsen folgte dem bereits in den Beschlüssen vom 11.07.2013, VgK-21/2013, und 29.10.2014 VgK-39/2014. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung.

Ob die Kalkulation "ordnungsgemäß" im Sinne des § 7 NTVergG ist, bewertet die Vergabekammer im gleichen Sinne wie die Rechtsprechung zu § 16 EG Abs. 6 VOB/A. Schon aus der Überschrift zu § 7 NTVergG "unangemessen niedrige Angebote" ergibt sich, dass der Landesgesetzgeber in Niedersachsen keine weitergehende Regelung treffen wollte, als sie in § 16 EG Abs. 6 VOB/A enthalten ist. Auch eine Kalkulation, die mit einem Verlust des Unternehmers abschließt, oder in einzelnen Ansätzen unübliche Ansätze wählt, ist somit grundsätzlich "ordnungsgemäß" im Sinne des § 7 NTVergG, solange sie im Wesentlichen in sich schlüssig ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn zusätzlich die soeben dargestellten von der Rechtsprechung entwickelten ergänzenden Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Eine über den einzelnen Auftrag hinausgehenden Marktverdrängungsabsicht hat die Vergabekammer nicht erkennen können. Die von der Antragsgegnerin eingeholten Liquiditätsbescheinigungen lassen nicht erwarten, dass die Beigeladene in Folge und im Rahmen der Abwicklung dieses Auftrages insolvent werden könnte. Die Beigeladene hat die niedrigen Preise nachvollziehbar und plausibel mit rationellen Fertigungsweisen, vorgefertigten Schalungsmodulen und der Eigenanfertigung im eigenen Werk erklärt. Der Einwand der Antragstellerin, auch sie verfüge über solche Techniken, habe daher eine gleiche Wettbewerbssituation, und biete ebenfalls wirtschaftlich an, führt nicht zu einer Verpflichtung, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen. Die Antragstellerin lag mit ihrem Angebot zwar an 2. Stelle, jedoch oberhalb der Kostenschätzung. Es obliegt nicht der Kammer, zu entscheiden, ob die Antragstellerin im Rahmen der Kalkulation ihres Angebotes alle Möglichkeiten, zulasten des Gewinns diesen Auftrag zu erhalten, eingesetzt hat. Allerdings gibt es keinen für die Vergabekammer erkennbaren Anlass, zu Gunsten der Antragstellerin in die laufende Vergabe einzugreifen.

c) Die Antragsgegnerin hat ausschließlich aufgrund des zuvor bekannt gemachten Kriteriums "Preis" gewertet. Bei der Erwähnung des "wirtschaftlichsten Angebots" handelt es sich um ein missverständlich angekreuztes Formblatt.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 26.06.2013 geltenden Fassung.

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Angebot der Antragstellerin xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten zu tragen.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Auftraggeberin als Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten. Hier gilt das unter 3. Ausgeführte. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerin notwendig. Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Das gilt aber vor allem für Gebietskörperschaften, die regelmäßig umfangreichere Vergaben zu bearbeiten haben, nicht jedoch für die Antragsgegnerin als gGmbH in kommunaler Hand. Ihr ist es als trotz derzeit reger Bautätigkeit kleiner Auftraggeberin nicht zuzumuten, eigenes vergaberechtlich geschultes Personal vorzuhalten.

Etwaige Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei auferlegt. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010 - Verg W 10/09, zitiert nach Tz. 46; OLG Celle Beschluss vom 29.06.2010, 13 Verg 4710 zit. nach ibr-online). Hier hat die Beigeladene sich zwar schriftsätzlich geäußert, war auch im Termin anwesend, hat aber keinen eigenen Antrag gestellt. Es gibt daher keinen Grund, sie in die Kostenentscheidung mit einzubeziehen.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gaus

Peter

Magill