Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.02.2016, Az.: 9 KN 277/14

Aufwand; Beitragskalkulation; Beitragssatz; Ermessensausübung; Fremdenverkehrsbeitrag; Fremdenverkehrsförderung; Gemeindeanteil; Gewinnsatz; Kostenübernahme; Messbetrag; Tochtergesellschaft; Verdienstmöglichkeiten; Vorteilssatz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.02.2016
Aktenzeichen
9 KN 277/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43189
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Beitragskalkulation, welche nur eine Aufwandsermittlung enthält, nicht aber den Messbetrag (hier die Verdienstmöglichkeiten durch den Fremdenverkehr) im Einzelnen ermittelt, genügt nicht den rechtlichen Anforderungen.

2. Die Fremdenverkehrsbeitragssatzung muss widerspruchsfrei zum Ausdruck bringen, für welche Tatbestände und mit welchem Deckungsgrad Fremdenverkehrsbeiträge erhoben werden sollen.

3. Die Ermessensentscheidung über den Gemeindeanteil muss die konkreten örtlichen Verhältnisse zugrunde legen und an sachgerechten Kriterien orientiert sein; pauschale Bezugnahmen auf die allgemeine Rechtsprechung reichen nicht aus.

4. Der Senat lässt offen, ob die tatsächlichen Kosten der Aufgabenwahrnehmung durch eine 100%ige Tochtergesellschaft auch dann in die Beitragskalkulation eingestellt werden dürfen, wenn eine ausdrückliche vertragliche Verpflichtung der Gemeinde zur Kostenübernahme fehlt.

Tenor:

Die Satzung über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags in der Gemeinde Spiekeroog vom 14. November 2013 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die zum 1. Januar 2014 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags im Gebiet der Antragsgegnerin (Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS -) vom 14. November 2013.  Die Satzung  enthält folgende Regelungen:

§ 1

Erhebungszweck

(1) Die Gemeinde Spiekeroog (im Folgenden: Gemeinde) ist als Nordseeheilbad    staatlich anerkannt. Zur teilweisen Deckung ihres Aufwandes für die Förderung des Fremdenverkehrs  sowie für Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung, Erneuerung, Betrieb, Unterhaltung und Verwaltung ihrer Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr dienen, erhebt die Gemeinde einen Fremdenverkehrsbeitrag nach Maßgabe dieser Satzung.

(2) Soweit die Gemeinde sich zur Durchführung der Maßnahmen gemäß Abs. 1 eines Dritten bedient, zählen die dafür von der Gemeinde geschuldeten Vergütungen zum Aufwand.

(3) Der Gesamtaufwand nach Abs. 1 soll wie folgt gedeckt werden:

1. Förderung des Fremdenverkehrs:

- zu 42,1 % durch sonstige Entgelte und Erlöse,

- zu 18,3 % durch nicht zweckgebundene Mittel (Gemeindeanteil),

- zu 39,6 % durch Fremdenverkehrsbeiträge;

§ 3

Beitragsmaßstab

(1) Die wirtschaftlichen Vorteile werden bemessen nach der vom Fremdenverkehr gebotenen Verdienstmöglichkeit, ausgedrückt in einem Messbetrag. Dieser wird errechnet aus der Summe der vereinnahmten Leistungsentgelte aus der beitragspflichtigen Tätigkeit (im Folgenden: Umsatz), im Falle der Umsatzsteuerpflicht abzüglich enthaltener Umsatzsteuer, multipliziert mit dem fremdenverkehrsbedingten Anteil (Vorteilssatz, Abs. 3) und dem Gewinnsatz (Abs. 4).

       ….

§ 4

Beitragssatz

Der Beitragssatz beträgt 5,00 v. H. des Messbetrags gemäß § 3 Abs. 1.

Die Antragsgegnerin ist alleinige Gesellschafterin der Nordseebad Spiekeroog GmbH, die Trägerin der Fremdenverkehrseinrichtungen auf Spiekeroog ist und für die Antragsgegnerin Maßnahmen zur Förderung des Fremdenverkehrs durchführt. Dem Rat der Antragsgegnerin hat bei der Beschlussfassung über die Fremdenverkehrsbeitragssatzung eine von einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft erstellte Beitragskalkulation vom 10. April 2013 für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2016 vorgelegen.

Mit ihren beim Senat eingereichten Anträgen auf Normenkontrolle machen die Antragsteller geltend, die Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 14. November 2013 sei aus mehreren Gründen unwirksam:

Die Einnahmen aus der Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen würden in unzulässiger Weise verwendet. Es sei rechtswidrig, dass die Antragsgegnerin die Einnahmen an die Nordseebad Spiekeroog GmbH weiterleite. Denn es fehle an einer Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Nordseebad Spiekeroog GmbH und an einer Verpflichtung der Antragsgegnerin gegenüber der GmbH zur Kostenübernahme. Vom Erhebungszweck der Fremdenverkehrsbeitragssatzung sei es nicht gedeckt, dass die Einnahmen aus der Beitragserhebung nicht zur Deckung der Marketingkosten, sondern mit dem Ziel verwendet würden, die der GmbH von der Antragsgegnerin erteilte Bürgschaft hinsichtlich der Modernisierung des Inselbads abzusichern und eine buchmäßige Überschuldung der GmbH zu verhindern. Die Ratsvorlage zur Sitzung am 14. November 2013 habe eine andere Unterdeckung ausgewiesen als die ursprüngliche Beitragskalkulation.

Bei der Bestimmung der Höhe des Gemeindeanteils habe die Antragsgegnerin das ihr zustehende Ermessen nicht bewusst ausgeübt. Es sei kein individueller Nutzungsanteil hinsichtlich der Allgemeinheit ermittelt, sondern nur auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 17. Oktober 2010 (9 LA 377/05) verwiesen worden.

Die Bemessung der fremdenverkehrsbedingten Vorteile werde gerügt. Die Festlegung der Vorteils- und Gewinnsätze sei nicht nachvollziehbar. Der Ansatz eines 40 %igen Vorteilssatzes und eines 25 %igen  Gewinnsatzes bei Rechtsanwälten sei unangemessen hoch. Die Abweichung der Vorteils- und Gewinnsätze von Hotels/Pensionen und Ferienwohnungen sei nicht nachvollziehbar und benachteilige insbesondere den Antragsteller zu 1.. Da der Umsatz der Antragstellerin zu 7., die ihren Sitz in der Gemeinde L. habe, nicht aufgeschlüsselt werde, sei sie in unzulässiger Weise doppelt mit einer Abgabe belastet.

Es sei entgegen § 9 Abs. 6 NKAG nicht durch Satzung bestimmt, zu welchen Teilen der Gesamtaufwand für den Fremdenverkehr aus den einzelnen Abgabearten gedeckt werden solle.

Die Formalien bei der Einführung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung, z. B. eine ordnungsgemäße Ladung sowie rechtzeitige Ausfertigung des Protokolls der Ratssitzung, seien nicht eingehalten worden. Das Protokoll der Ratssitzung sei erst sieben Monate nach der Sitzung ausgefertigt worden.

Die Antragsteller beantragen,

die Satzung über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags in der Gemeinde Spiekeroog vom 14. November 2013 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält ihre Fremdenverkehrsbeitragssatzung für wirksam und tritt dem Vorbringen der Antragsteller entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig. Die Antragsteller sind antragsbefugt.  Denn es handelt sich bei ihnen um selbstständig tätige Personen bzw. Unternehmen, denen durch den Fremdenverkehr im Gebiet der Antragsgegnerin besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden und die daher zum Adressatenkreis der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 14. November 2013 (Amtsblatt für den Landkreis Wittmund vom 29. 11. 2013, Seite 95) - FVBS - gehören.

Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Die Festlegung eines Beitragssatzes von 5 % des Messbetrags in § 4 FVBS ist unwirksam, weil sie nicht auf einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Beitragskalkulation beruht:

Im Rahmen der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin bezeichnet der Beitragssatz denjenigen Prozentsatz, der vom Messbetrag (hier gemäß § 3 FVBS die durch den Fremdenverkehr gebotenen Verdienstmöglichkeiten) erhoben wird, um die zu deckenden Aufwendungen für den Fremdenverkehr zu refinanzieren. Damit die Einnahmen aus der Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen nicht diese Aufwendungen übersteigen, muss durch eine Beitragskalkulation ermittelt werden, welcher Prozentsatz des Messbetrags, also welcher Beitragssatz, höchstens zur Aufwandsdeckung erhoben werden darf (vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Gebührenrecht das Senatsurteil vom 20.1.2000 - 9 K 2148/99 - NdsVBl 2000, 113 = NVwZ-RR 2001, 124 [OVG Nordrhein-Westfalen 02.02.2000 - 9 A 3915/98]). Auf der ersten Stufe sind für den - hier dreijährigen - Kalkulationszeitraum (§ 9 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG) die ansatzfähigen Aufwendungen für den Fremdenverkehr zu ermitteln. Dabei ist zunächst der für den Fremdenverkehr voraussichtlich entstehende und über Beiträge zu deckende Gesamtaufwand der Antragsgegnerin zu bestimmen. Von diesem Gesamtaufwand ist der Anteil beitragsfähig, der gemäß § 1 Abs. 3 FVBS über Fremdenverkehrsbeiträge und nicht auf sonstige Weise refinanziert werden soll. Von dem danach fremdenverkehrsbeitragsfähigen Aufwand errechnet man den umlagefähigen Aufwand, indem ein angemessener Eigenanteil der Gemeinde angesichts des Umstands abgezogen wird, dass der Fremdenverkehr nicht nur den Fremdenverkehrsbeitragspflichtigen, sondern auch der Allgemeinheit nützt (vgl. Urteil des Senats vom 26. 11. 2012 - 9 LB 158/11 -).

Auf der zweiten Stufe sind die umlagefähigen Aufwendungen nach Maßgabe des in der Fremdenverkehrsbeitragssatzung vorgesehenen Beitragsmaßstabs auf alle unmittelbar oder mittelbar vom Fremdenverkehr bevorteilten selbstständig tätigen Personen und Unternehmen zu verteilen, wobei der voraussichtliche Vorteil vom Fremdenverkehr im Kalkulationszeitraum (Messbetrag) zu schätzen ist (vgl. Senatsurteil vom 27.6.2011 - 9 LB 168/09 - Rn. 21 in juris; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2015, § 6 Rn. 727).

Die erforderliche Kalkulation des Beitragssatzes fällt formell in die Kompetenz des Satzungsgebers, hier des Rates der Antragsgegnerin. Der Rat kann einen Beitragssatz  nur auf der Grundlage einer Kalkulation, die er sich zu Eigen macht, ermessensfehlerfrei durch Satzung festlegen. Aus der dem Rat vorgelegten Beitragskalkulation müssen sich die wesentlichen Gründe für die Festlegung des höchstens zulässigen Beitragssatzes ergeben. Das setzt voraus, dass die Kalkulation die kalkulatorischen Leitentscheidungen widerspiegelt (Senatsurteil vom 22.6.2009 - 9 LC 409/06 - Rn. 27 in juris; Lichtenfeld, a.a.O., § 6 Rn. 730, jeweils m.w.N.). Erforderlich ist ein Rechenwerk, das als Ergebnis den zu beschließenden Beitragssatz ergibt. Dabei müssen zumindest die zentralen Positionen des Rechenwerks sowie die wesentlichen Leitentscheidungen ausgewiesen werden. Nähere Aufschlüsselungen der zentralen Positionen müssen entweder im Rechenwerk ausdrücklich enthalten oder aber zumindest auf Nachfrage ohne weiteres verfügbar sein. Die Stufen der Berechnung müssen für die Mitglieder des Satzungsgebers in sich schlüssig und aus sich heraus verständlich dargestellt sein, wobei sich Einzelheiten auch erst aus Anlagen ergeben dürfen (Senatsurteil vom 24.9.2013 - 9 LB 22/11 - Rn. 41 in juris).

Dem Rat der Antragsgegnerin hat bei der Beschlussfassung über die Fremdenverkehrsbeitragssatzung vom 14. November 2013 die Beitragskalkulation einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft vom 10. April 2013 in der Gestalt vorgelegen, dass die Seiten 9 und 11 durch eine aktualisierte Fassung ersetzt worden waren. Gegenstand dieser Beitragskalkulation ist aber nicht - wie dies erforderlich gewesen wäre - die Ermittlung des höchstens zulässigen Beitragssatzes, sondern die Festlegung des fremdenverkehrsbedingten Aufwands, der über Fremdenverkehrsbeiträge refinanziert werden könnte. Folgerichtig heißt es auf Seite 3 der Kalkulation daher, dass sich der mögliche Beitragssatz (erst) aus der Division des Kalkulationsergebnisses (nämlich die Ermittlung der über Fremdenverkehrsbeiträge refinanzierbaren Aufwendungen) durch die Beitragsfälle ergebe. Zu dem Divisionsvorgang und dem sich dabei ergebenden Beitragssatz äußert sich die dem Rat der Antragsgegnerin vorgelegte Kalkulation ebenso wenig wie zu den „Beitragsfällen“, womit die sich aus dem Fremdenverkehr ergebenden Verdienstmöglichkeiten der selbstständig tätigen Personen und Unternehmen gemeint sind. Ergebnis der Kalkulation ist allein, dass sich die bisher ungedeckten und über Fremdenverkehrsbeiträge refinanzierbaren Aufwendungen der Antragsgegnerin für den Fremdenverkehr insgesamt auf 514.200 Euro (zunächst waren 468.500 Euro angenommen worden) belaufen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus ungedeckten und umlagefähigen Aufwendungen für die Förderung des Fremdenverkehrs (Fremdenverkehrswerbung) in Höhe 188.300 Euro (zunächst 142.600 Euro) und ungedeckten sowie umlagefähigen Aufwendungen für den „Unterhalt der Fremdenverkehrseinrichtungen“ von 325.900 Euro. Gänzlich fehlen Ausführungen dazu, wie hoch die nach § 3 FVBS im Rahmen des Beitragsmaßstabs maßgeblichen Verdienstmöglichkeiten durch den Fremdenverkehr in den einzelnen Berufsgruppen sind und welcher Messbetrag folglich für die Festlegung des Beitragssatzes in § 4 FVBS zugrunde zu legen ist. Aufgrund der vorgelegten Beitragskalkulation kann der Satzungsgeber nicht erkennen, welche Verdienstmöglichkeiten sich aus dem Fremdenverkehr im Erhebungszeitraum voraussichtlich ergeben werden und welchen Prozentsatz des Messbetrags, also welchen Beitragssatz, er festlegen muss, um eine bestimmte Höhe der Einnahmen bzw. einen bestimmten Deckungsgrad hinsichtlich der umlagefähigen Aufwendungen zu erreichen. Aufgabe einer Kalkulation ist es - wie dargelegt - aber gerade, dem Satzungsgeber den höchstzulässigen bzw. den sachgerechten Beitragssatz aufzuzeigen.

Der Rat der Antragsgegnerin  hat die somit notwendigen, in der Beitragskalkulation vom 10. April 2013 aber fehlenden Informationen über Ermittlung und Zusammensetzung des Messbetrags auch nicht auf sonstige Weise erlangt. Durch die Sitzungsvorlage ist er lediglich darüber informiert worden, dass ein umlagefähiger Aufwand von 180.000 Euro bei einem Beitragssatz von 5,243 % gedeckt wird und dass ein Beitragssatz von genau 5 % zu einer Deckung in Höhe von 172.000 Euro führt. Nähere Informationen dazu, wie sich der - nur von der Höhe her rechnerisch ermittelbare - Gesamtbetrag der Verdienstmöglichkeiten durch den Fremdenverkehr im Einzelnen zusammensetzt, fehlen gänzlich.

Ein korrekturbedürftiger Mangel liegt ferner darin, dass die Antragsgegnerin zwar nachdrücklich geltend macht, Fremdenverkehrsbeiträge sollten nach dem Willen ihres Rates nur für die Förderung des Fremdenverkehrs, insbesondere für die Werbung seitens der Nordseebad Spiekeroog GmbH, und nicht auch für Fremdenverkehrseinrichtungen erhoben werden, dass diese Absicht  aber weder in ihrer Fremdenverkehrsbeitragssatzung noch in der Beitragskalkulation vom 10. April 2013 zum Ausdruck kommt. Im Gegenteil sieht § 1 Abs. 1 Satz 2 FVBS vor, dass der Fremdenverkehrsbeitrag zur teilweisen Deckung des Aufwands sowohl für die Förderung des Fremdenverkehrs als auch für Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung, Erneuerung, Betrieb, Unterhaltung und Verwaltung der dem Fremdenverkehr dienenden Einrichtungen erhoben wird. Es sollen also für beide Tatbestandsalternativen des § 9 Abs. 1 Satz 1 NKAG Beiträge erhoben werden. Sollte die Antragsgegnerin - was ihren Bekundungen in der mündlichen Verhandlung und (teilweise) dem Inhalt der Akten zu entnehmen ist - für ihre Fremdenverkehrseinrichtungen Fremdenverkehrsbeiträge nicht erheben wollen, so muss sie dies durch die Streichung der zweiten Tatbestandsalternative in § 1 Abs. 1 Satz 2 FVBS zum Ausdruck bringen. Solange in dieser Vorschrift eine Beitragserhebung zur Refinanzierung von Fremdenverkehrseinrichtungen vorgesehen ist, muss die in § 9 Abs. 6 Satz 2 NKAG geforderte Regelung über die anteilige Deckung des Gesamtaufwands aus  den einzelnen Abgabearten auch in Bezug auf Fremdenverkehrseinrichtungen in § 1 Abs. 3 FVBS getroffen werden. Bei Berücksichtigung all dieser Umstände macht die Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin zurzeit nicht hinreichend widerspruchsfrei deutlich, für welche Tatbestände und mit welchem Deckungsgrad Fremdenverkehrsbeiträge erhoben werden sollen. In der derzeitigen Fassung des § 1 Abs. 3 FVBS sollte zudem der Begriff „Gemeindeanteil“ gestrichen werden, weil er missverständlich ist und im Normenkontrollverfahren von der Antragsgegnerin wohl auch falsch interpretiert wurde, wie die Ausführungen auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 18. August 2015 nahelegen. Die Festlegung eines „Gemeindeanteils“ von 18,3 % würde durchgreifenden Bedenken begegnen, falls damit die Vorteile der Allgemeinheit vom Fremdenverkehr bewertet werden sollen. Es wäre nicht nachvollziehbar, warum diese Vorteile gerade 18,3 % ausmachen. Vielmehr drängt sich - wofür auch die Formulierung „nicht zweckgebundene Mittel“ spricht - die Annahme auf, dass es sich bei dem angeblichen Gemeindeanteil um durch andere Finanzierungsquellen nicht gedeckten Restaufwand handelt. Ein Abstellen auf den Restaufwand beinhaltet aber keine geeignete Ermessensentscheidung zur Höhe des Gemeindeanteils (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17.10.2007 - 9 LA 377/05 -).

Auch die Beitragskalkulation vom 10. April 2013 erweckt teilweise den Eindruck, es sollten Fremdenverkehrsbeiträge für Fremdenverkehrseinrichtungen erhoben werden.  So heißt es im 4. Absatz auf Seite 5 der Beitragskalkulation, dass „der kalkulationsfähige Aufwand ...  ausschließlich Fremdenverkehrseinrichtungen“ betreffe. Im Folgenden wird die Frage erörtert, in welchem Umfang die gemeindlichen Einrichtungen - nämlich die Allgemeine Kurverwaltung, das Inselbad, das Kurmittelhaus und der Strand - von den Einwohnern der Gemeinde benutzt werden. Dies spricht ebenfalls dafür, dass vor allem auch Fremdenverkehrseinrichtungen refinanziert werden sollen.

Ein zur Unwirksamkeit des Beitragssatzes in § 4 FVBS führender Mangel liegt ferner darin, dass der Gemeindeanteil, also der von der Allgemeinheit über Steuern zu tragende Anteil am beitragsfähigen Aufwand, weder in der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin noch in der Beitragskalkulation vom 10. April 2013 ordnungsgemäß bestimmt worden ist. Das Erfordernis, einen Gemeindeanteil vorzusehen, trägt dem Umstand Rechnung, dass nicht nur die Beitragspflichtigen, sondern auch alle anderen Einwohner der Gemeinde einen Vorteil vom Fremdenverkehr und seiner Förderung haben, weil der Fremdenverkehr die Finanz- und Wirtschaftskraft der Gemeinde insgesamt hebt und die Fremdenverkehrseinrichtungen auch den Einheimischen zugänglich sind (vgl. Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, Kommentar zum NKAG, Stand Januar 2016, § 9 Rn. 32). Zur Festlegung des Gemeindeanteils ist eine Ermessensentscheidung des Rates erforderlich, die auf der Grundlage der Verhältnisse in der Gemeinde berücksichtigt, wie hoch sich der Vorteil der Allgemeinheit vom Fremdenverkehr darstellt gegenüber dem Vorteil der Beitragspflichtigen vom Fremdenverkehr. Die Festlegung muss das Ergebnis einer an sachgerechten Kriterien und an den örtlichen Verhältnissen orientierten Ermessensausübung sein, wobei dem Ortsgesetzgeber hinsichtlich der Bewertung des Allgemeininteresses eine weitgehende Einschätzungsfreiheit verbleibt (vgl. Beschluss des Senats vom 17. 10. 2007 - 9 LA 377/05 -, ebenso Lichtenfeld; a.a.O., § 11 Rn. 75, siehe ferner zum Gemeindeanteil im Straßenreinigungsgebührenrecht BVerwG, Urteil vom 7. 4. 1989 - 8 C 90.87 - KStZ 1989, 192 -).

Diesen Anforderungen wird das Vorgehen der Antragsgegnerin nicht gerecht. Ihrem Rat wird auf Seite 5 der ihm vorgelegten Beitragskalkulation vom 10. April 2013 aufgezeigt, dass sich die „Anteile für die Eigennutzung durch Einwohner der Gemeinde“ - nach den vorgelegten Schätzungen über die Nutzung der Fremdenverkehrseinrichtungen durch Kurgäste/Touristen und nach den Angaben des Personals der Nordseebad Spiekeroog GmbH - bei der Allgemeinen Kurverwaltung, dem Inselbad, dem Kurmittelhaus und dem Strand auf jeweils 5% belaufen. Diese Erwägung führt vorliegend indessen nicht weiter, weil nach dem Willen des Rates angeblich nur Ausgaben für die Förderung des Fremdenverkehrs, nicht aber auch Ausgaben für Fremdenverkehrseinrichtungen über Fremdenverkehrsbeiträge refinanziert werden sollen. Auf Seite 5 letzter Absatz der Beitragskalkulation heißt es dann weiter, dass der öffentliche Anteil „nach der allgemeinen Rechtsprechung“ mindestens bei 25% des durch Fremdenverkehrsbeiträge zu deckenden Aufwands liegen dürfte. Im Rahmen des eigentlichen Zahlenwerks der Kalkulation wird sodann durchweg ein Gemeindeanteil von 25% berücksichtigt. Die Antragsgegnerin hat sich somit an einer von ihr behaupteten Rechtsprechung zu bestimmten Prozentsätzen orientiert (vgl. z. B. Urteil des erkennenden Senats vom 13. 11. 1990 - 9 K 4/89 -, wonach ein gemeindlicher Eigenanteil von 20 % zu gering sei, ein Anteil von 25 % aber ausreichen dürfte). Auch in diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass es vorliegend nicht um die Nutzung von Fremdenverkehrseinrichtungen, sondern um den allgemeineren Tatbestand der Förderung des Fremdenverkehrs geht. Bei der Fremdenverkehrsförderung wird gemeindlicher Aufwand in nicht zu vernachlässigendem Umfang typischerweise nicht ausschließlich im Interesse der Beitragspflichtigen, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit getätigt und darf er daher, soweit er der Befriedigung des Allgemeininteresses dient, nicht den Beitragspflichtigen aufgebürdet werden (so zu Recht Lichtenfeld, a.a.O., § 11 Rn. 75 unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Straßenreinigungsgebührenrecht vom 7. 4. 1989 - 8 C 90.87 - KStZ 1989, 192) Welchen Vorteil die Allgemeinheit von der Förderung des Fremdenverkehrs hat, kann nicht mit allgemeiner Gültigkeit festgestellt werden, sondern ist anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu ermitteln. Denn der Vorteil der Allgemeinheit und damit der öffentliche Anteil können von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich hoch sein  und sind daher individuell zu beurteilen (vgl. Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, a.a.O., § 9 Rn. 32). Dies erhellt, dass die in der Beitragskalkulation vom 10. April 2013 vorgenommene pauschale Bezugnahme auf vorhandene Rechtsprechung, nach der mindestens ein 25%- iger Gemeindeanteil angenommen werden müsse, als Begründung für die Festlegung des Gemeindeanteils nicht ausreicht. Der Antragsgegnerin gereicht es zum Nachteil, dass sie keinerlei Erwägungen zur Situation in ihrem Gemeindegebiet angestellt hat. Sie hätte - da es um die Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen zwecks Refinanzierung der Aufwendungen für die Förderung des Fremdenverkehrs geht - Überlegungen dazu anstellen müssen, in welchem Umfang die Allgemeinheit gerade auf Spiekeroog Nutzen zieht aus der Förderung des Fremdenverkehrs insbesondere durch Werbung, welche Vorteile sie also von dieser Förderung hat.

Aus den vorgenannten Gründen ist die Unwirksamkeit der Festlegung des Beitragssatzes in § 4 FVBS  und damit - da die Satzung ohne einen wirksamen Beitragssatz keinen Bestand haben kann - der gesamten Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 14. November 2013 festzustellen. Aus dem Vorbringen der Antragsteller lassen sich nicht weitere Gründe für eine Unwirksamkeit der Satzung herleiten:

Dies gilt zunächst für die Rüge,  dass die Einnahmen aus der Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen in unzulässiger Weise an die Nordseebad Spiekeroog GmbH weitergeleitet würden. Da es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um die Verwendung von Einnahmen, sondern um die Wirksamkeit der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin, insbesondere des Beitragssatzes, geht, legt der Senat dieses Vorbringen dahingehend aus, dass die Antragsteller geltend machen wollen, bei der Nordseebad Spiekeroog GmbH entstehende Kosten dürften nicht auf der Aufwandsseite in die Beitragskalkulation eingestellt werden. Ob dieser - letztlich nicht mehr entscheidungserheblichen - Auffassung  gefolgt werden kann, lässt der Senat unter Zugrundelegung folgender Erwägungen offen:

Der Gesellschaftsvertrag der Nordseebad Spiekeroog GmbH sieht in der Änderungsfassung vom 12. Juli 2010 vor, dass Gegenstand des Unternehmens die Aufrechterhaltung, Förderung und Entwicklung des Tourismus auf der Insel Spiekeroog, die Beförderung von Personen  und Gütern von und nach Spiekeroog sowie der Abschluss aller Geschäfte, welche unmittelbar oder mittelbar hiermit zusammenhängen, ist (§ 2). Die Antragsgegnerin ist alleinige Gesellschafterin der GmbH (§ 6 Abs. 1). Die Gesellschafterversammlung ist an Weisungsbeschlüsse des Rats der Antragsgegnerin gebunden (§ 6 Abs. 3). Wenn eine GmbH mit solchen gesellschaftsvertraglichen Regelungen die in § 9 Abs. 1 Satz 1 NKAG bestimmten Aufgaben für die zur Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen berechtigte Gemeinde durchführt, so dürfen nicht nur Verluste der GmbH, sondern die tatsächlichen Kosten der Aufgabenwahrnehmung durch die GmbH in die Beitragskalkulation eingestellt werden. Denn die Förderung des Fremdenverkehrs und der Betrieb der öffentlichen Fremdenverkehrseinrichtungen sind auch dann eine -  von ihr zu finanzierende - Aufgabe der Gemeinde, wenn diese sich eines Dritten, etwa einer 100 %igen Tochtergesellschaft, bedient. Fraglich erscheint dem Senat angesichts des Wortlauts des § 9 Abs. 1 Satz 2 NKAG jedoch, ob dies auch gilt, wenn eine ausdrückliche vertragliche Verpflichtung der Gemeinde zur Kostenübernahme fehlt (siehe dazu Nds. OVG, Urteile vom 13.12.2006 - 9 KN 180/04 - Rn. 42 in juris, vom 27.1.2003 - 9 LB 281/02 und 9 LB 287/02 - Rn. 8 in juris, vom 26.2.2002 - 9 K 2694/99 - Rn. 3 in juris); ferner OVG Lüneburg, Urteil vom 13.11.1990 - 9 L 156/89 - Rn. 24 in juris). Die Vorschrift geht von einem beitragsfähigen Aufwand nämlich nur insoweit aus, als die Kosten dem Dritten, hier der Nordseebad Spiekeroog GmbH, von der Gemeinde geschuldet werden.

In einem Normenkontrollverfahren unerheblich ist der weitere Einwand der Antragsteller, dass der Gesamtumsatz auswärtig ansässiger Unternehmen in unzulässiger Weise doppelt belastet sei, weil er nicht näher aufgeschlüsselt werde. Dieses Vorbringen bezieht sich nicht auf die im Normenkontrollverfahren allein zu überprüfende Wirksamkeit von Satzungsrecht, sondern betrifft dessen Anwendung im Einzelfall, die nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist. Insbesondere ist es eine Frage des Einzelfalls, ob der Antragsteller zu 7. im Erhebungsgebiet eine Betriebsstätte im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 b NKAG in Verbindung mit § 12 Nr. 8 AO unterhält und seine dortigen Verdienstmöglichkeiten durch den Fremdenverkehr ordnungsgemäß berechnet werden.

Die von den Antragstellern geäußerten Bedenken an den von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Vorteils- und Gewinnsätzen sind nicht stichhaltig (vgl. zu diesen Sätzen Beschlüsse des Senats vom 1. 4. 2015 - 9 LA 165/12 und 9 LA 166/12 - und vom 27. 5. 2015 - 9 LA 268/13 -). Ihr Vorbringen ist insoweit unsubstantiiert. Sie meinen, bei Rechtsanwälten seien ein 40%iger Vorteilssatz und ein 25%iger Gewinnsatz unangemessen hoch, liefern für diese Ansicht jedoch keinerlei Begründung. Letzteres gilt auch für ihre Kritik an den Vorteils- und Gewinnsätzen für Hotels/Pensionen und Ferienwohnungen. Die Antragsgegnerin hat hingegen für die gewählten Sätze ausführliche und leicht nachvollziehbare Begründungen geliefert. Danach belaufen sich die Vorteilssätze bei Ferienwohnungen auf 100%, bei Hotels und Pensionen aber nur auf 95%, weil typischerweise lediglich in Letzteren auch Geschäftsreisende und Bauhandwerker übernachten. Die unterschiedlichen Gewinnsätze für Ferienwohnungen einerseits und Betriebe der Hotellerie andererseits ergeben sich aus den (von der Antragsgegnerin vorgelegten) drei Datev-BWA-Vergleichen, die insbesondere auf unterschiedliche Kostenstrukturen verweisen. Der Vorteilssatz bei den Rechtsanwälten sei - so trägt die Antragsgegnerin vor - anhand einer vom erkennenden Senat im Beschluss vom 27. Mai 2015 ( - 9 LA 268/13 - Rn. 12 in juris) als zulässig angesehenen Methodik entwickelt worden; bei der Ermittlung des tourismusbedingten Umsatzanteils seien vor allem die örtlichen Verhältnisse im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin berücksichtigt worden (800 Einwohner bei 600.000 Fremdübernachtungen). Der Gewinnsatz von 25% bei Rechtsanwälten wurde errechnet aus dem Durchschnitt der Datev-BWA-Vergleiche der letzten 5 Jahre.

Unzutreffend ist die Behauptung der Antragsteller, das Protokoll der Ratssitzung vom 14. November 2013 sei erst am 21. August 2014 und damit 7 Monate nach der Sitzung ausgefertigt worden. Am 21. August 2014 wurde ein Auszug zu Tagesordnungspunkt 14 aus dem Sitzungsprotokoll erstellt. Das eigentliche Sitzungsprotokoll umfasst 26 Tagesordnungspunkte und wurde am 29. November 2013 ausgefertigt sowie in der folgenden Ratssitzung am 12. Dezember 2013 genehmigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.