Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.02.2016, Az.: 13 ME 187/15

abgelöst; Abrechnung; endgültig; Gebühren; Gebührenfestsetzung; Klarstellung; Kostenfestsetzungsbescheid; rückwirkende Anwendung; rückwirkende Inkraftsetzung; Schlachttier- und Fleischuntersuchung; Schlechterstellungsverbot; unionsrechtliche Mindestgebühr; Vertrauensschutz; Vorausleistungsbescheid; vorläufig; zweiaktig

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.02.2016
Aktenzeichen
13 ME 187/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43400
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 12.11.2015 - AZ: 6 B 147/15

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 6. Kammer - vom 12. November 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 417.229,68 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, ein im Bezirk des Antragsgegners ansässiger Schlachtbetrieb, wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit dem dieser Gebühren für im Jahre 2014 durchgeführte Schlachttier- und Fleischuntersuchungen sowie Rückstandskontrollen an in diesem Zeitraum geschlachteten 974.608 Schweinen festgesetzt hat.

Erstmals zog der Antragsgegner die Antragstellerin zu derartigen Gebühren für diesen Zeitraum mit ab dem 4. April 2014 erlassenen monatlichen „Vorausleistungsbescheiden“ heran, die jeweils (durch Verbindungsbeschluss vom 11. Mai 2015) Gegenstand des Klageverfahrens 6 A 86/15 vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg wurden. Mit seit Januar 2015 rechtskräftigem Urteil vom 20. November 2014 - 13 LB 54/12 - hob der Senat für frühere Zeiträume (Mai 2008 und Juli 2008 bis April 2009) ergangene Gebührenbescheide auf, soweit darin mehr als die unionsrechtliche Mindestgebühr von 1 Euro je Schlachtschwein festgesetzt worden war. Diesem Urteil lag eine Würdigung der rückwirkend geänderten „Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung“ in der Fassung der (15.) Änderungsverordnung vom 23. Januar 2014 (Nds. GVBl. S. 30) - GOVet 2014 - zugrunde.

Mit Schriftsätzen vom 13. Mai 2015 hob der Antragsgegner im Klageverfahren 6 A 86/15 alle Vorausleistungsbescheide für das Jahr 2014 - mit Ausnahme des für September 2014 ergangenen Bescheides vom 15. Oktober 2014 - auf, soweit diese jeweils Gebühren von mehr als 1 Euro je Schwein festgesetzt hatten. Im Umfang der Aufhebung wurden übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben. Mit Urteil vom 21. Mai 2015 - 6 A 86/15 - hob das Verwaltungsgericht den im Streit verbliebenen Vorausleistungsbescheid vom 15. Oktober 2014 auf, soweit darin eine Gebühr von mehr als 78.525 Euro festgesetzt worden war; im Übrigen stellte es das Klageverfahren ein. Gegen den streitigen Teil dieser Entscheidung führte der Antragsgegner seit dem 8. Juni 2015 vor dem Senat zunächst das Berufungszulassungsverfahren 13 LA 92/15.

Am 3. Dezember 2014 war die „Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens“ vom 29. November 2014 (Nds. GVBl. S. 318) - GOVV 2014 - in Kraft getreten, mit welcher (u.a.) die GOVet 2014 (ex nunc) aufgehoben wurde. Sie enthielt zunächst keine Übergangs- oder Rückwirkungsregelungen. Am 7. September 2015 erließ das Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die „(1.) Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens“, durch deren Art. 1 die GOVV in der neuen, geänderten Fassung - GOVV 2015 - einen § 8 „Anwendung auf Altfälle“ sowie in der Anlage einen neugefassten Kostentarif der Nrn. VI.3.1.2 und VI.3.1.3 erhielt. Diese Änderungen traten nach Art. 2 der Änderungsverordnung am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die Änderungsverordnung vom 7. September 2015 wurde im Nds. GVBl. vom 15. September 2015 verkündet (S. 181).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. September 2015 („Endgültige Gebührenfestsetzung“) zog der Antragsgegner die Antragstellerin zu endgültigen Fleischuntersuchungsgebühren für das Jahr 2014 in Höhe von 1.391.837,68 Euro heran und erklärte, alle auf diesen Zeitraum bezogenen Vorausleistungsbescheide würden durch diesen Bescheid abgelöst. Ferner teilte er mit, dass der offene, mit dem Zugang des Bescheides fällige Restbetrag (417.229,68 Euro = 1.391.837,68 ./. 974.608 Euro) innerhalb von 14 Tagen zu zahlen sei, um unter anderem Mahnkosten zu verhindern. Für den Fall, dass die Zahlung nicht bis zum Ablauf eines Monats nach Fälligkeit erfolge, wurde die Erhebung von Säumniszuschlägen avisiert. Fälligkeit sollte ausdrücklich mit Zugang des Bescheides eintreten. Der Bescheid vom 14. September 2015 wurde der Antragstellerin am selben Tage vorab per Fax übersandt und zusätzlich am 16. September 2015 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit weiterem „Nachtragsbescheid zur endgültigen Gebührenfestsetzung vom 14.09.2015“ vom 21. September 2015 stellte der Antragsgegner

„klar, dass der Kostenfestsetzungsbescheid vom 10.09.2015 aufgrund der am 16.09.2015 in Kraft getretenen rückwirkenden Änderung vom 07.09.2015 als Rechtsgrundlage herangezogen wird“.

In der weiteren Begründung stellte er die Gebührenregelung der GOVV 2015 dar.

Am 25. September 2015 beantragte die Antragstellerin, die Vollziehung u.a. der auf das Jahr 2014 bezogenen Bescheide vom 14. und 21. September 2015 auszusetzen. Den Aussetzungsantrag lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 ab.

Am 15. Oktober 2015 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Lüneburg  einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 14. Oktober 2015 erhobenen Anfechtungsklage 6 A 446/15 gegen den Bescheid vom 14. September 2015, soweit dieser (zusätzliche) 417.229,68 Euro gefordert hatte, eingereicht. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 12. November 2015 entsprochen. In dem durch Beschluss tenorierten Umfang bestünden ernstliche Zweifel gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzung. Eine Gebührenfestsetzung für das Jahr 2014 oberhalb eines Betrages von 974.608 Euro lasse sich angesichts des Senatsurteils vom 20. November 2014 weder auf die GOVet 2014 noch auf die GOVV 2014 stützen. Die GOVV 2015 stehe dem Antragsgegner hierfür ebenso wenig zur Verfügung. § 8 dieser Verordnung sei erst am 16. September 2015 und damit nach Erlass des Bescheides vom 14. September 2015 in Kraft getreten. Der Bescheid vom 21. September 2015 enthalte keine Regelung, sondern versuche lediglich, nachträglich eine Begründung des Bescheides vom 14. September 2015 „nachzuschieben“.  Das bleibe ohne Auswirkung, weil es sich bei der streitgegenständlichen Gebührenfestsetzung um einen gebundenen Verwaltungsakt handele und die geänderte Begründung (Existenz des § 8 Sätze 1 und 2 GOVV 2015) neu sei, d.h. nicht bereits im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 14. September 2015 vorgelegen habe. Der Antragsgegner hätte diesen Bescheid nach Inkrafttreten der neuen Rechtsgrundlage aufheben und durch eine neue Gebührenfestsetzung ersetzen müssen, was jedoch unterblieben sei. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob § 8 Satz 3 GOVV 2015 überhaupt zu einer Heranziehung der Antragstellerin zu höheren Gebühren für vergangene Zeiträume berechtige. Offen sei insoweit eine in Betracht kommende Höhenbegrenzung auf die durch die Vorausleistungsbescheide für das Jahr 2014 festgesetzte unionsrechtliche Mindestgebühr. Der Wortlaut der genannten Vorschrift differenziere jedenfalls nicht danach, ob eine vorläufige oder eine endgültige Festsetzung vorgelegen habe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, die dieser am 18. November 2015 anhängig gemacht und am 15. Dezember 2015 begründet hat.

Er rügt zum einen, der gegen den Bescheid vom 14. September 2015 gerichtete Eilantrag sei bereits unzulässig, weil ihm das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt habe. Denn dieser Bescheid sei vollständig durch den Nachtragsbescheid vom 21. September 2015 „überholt“ worden, welcher mangels Anfechtung Bestandskraft erlangt habe. Dieser sei selbst Verwaltungsakt. Bereits der Titel „Kostenfestsetzungsbescheid - Nachtragsbescheid“, die Zwischenüberschrift „Anordnungen/Entscheidungen“ sowie die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung deuteten darauf hin. Ihm komme auch eigenständiger Regelungsgehalt zu, und zwar in Gestalt einer konkretisierenden aktuellen Festsetzung der Gebührenhöhe unter Aufschlüsselung, Zuordnung und Abrechnung anhand der Tarifstellen der GOVV 2015, wodurch der Ursprungsbescheid vom 14. September 2015 gezielt inhaltlich abgeändert worden sei. Jedenfalls aber sei darin hinsichtlich der neuen Rechtsgrundlage, der aktuellen Fälligkeit und der aktuellen und konkretisierten Höhe eine „regelnde Feststellung“ erfolgt. Auch die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin habe in der Klageschrift vom 14. Oktober 2015 zu erkennen gegeben, dass sie den Bescheid vom 21. September 2015 als anfechtbaren Verwaltungsakt ansehe. Die darin avisierte Erweiterung der Klage 6 A 446/15 um diesen Bescheid sei später jedoch unterblieben. Wenn daraus nicht bereits die Unzulässigkeit des gesamten Eilantrags folge, so sei dieser jedenfalls teilweise (im Umfang eines auf September 2014 entfallenden Betrages in Höhe von 21.987 Euro) unzulässig. Denn in diesem Ausmaß sei selbst der Bescheid vom 14. September 2015 mit der Klage 6 A 446/15 nicht angefochten worden; er habe daher insoweit Bestandskraft erlangt.

Der Eilantrag sei zum anderen unbegründet. Die vom Verwaltungsgericht angenommenen ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der höheren Gebührenfestsetzung für das Jahr 2014 bestünden nicht. Zwar habe hierfür bei Erlass des Bescheides vom 14. September 2015 noch keine Rechtsgrundlage zur Verfügung gestanden, denn die allein in Betracht kommende Tarifstelle der GOVet 2014 sei nach der Senatsrechtsprechung unwirksam gewesen. Die Bescheide vom 14. und 21. September 2015 müssten aber (jedenfalls) als im Wege der „Verkoppelung“ bzw. „Verklammerung“ entstandene Einheit betrachtet werden. Es handele sich jedenfalls um ein zulässiges Nachschieben von Gründen. Maßgeblich seien damit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts die Verhältnisse bei Erlass des (spätesten) Bescheides vom 21. September 2015; zu diesem Zeitpunkt sei die Rechtsänderung in Gestalt des § 8 Sätze 1 und 2 GOVV 2015 bereits in Kraft gewesen. Gleiches ergebe sich, wenn der Bescheid vom 21. September 2015 als eigenständige Neufestsetzung behandelt würde. Selbst wenn man aber auf den Bescheid vom 14. September 2015 abstelle, begegne dieser - ebenso wie in vergleichbaren Konstellationen im Erschließungsbeitragsrecht und im nds. Kommunalabgabenrecht, die nach § 1 Abs. 2 NKAG auf die Gebührenerhebung nach dem NVwKostG zu übertragen seien - keinen Rechtmäßigkeitsbedenken, wenn und weil die erforderliche Rechtsgrundlage hier nachträglich rückwirkend in Kraft gesetzt worden sei. Diese sei inhaltlich nicht zu beanstanden, weil sie - wie vom Senat  im Urteil vom 20. November 2014 gefordert - eine Differenzierung der Gebührenrahmen nach Tierkategorien, Schlachtgewichten und Schlachtzahlen vornehme. Darin liege auch kein Unionsrechtsverstoß, weil sich diese Faktoren nachweislich auf die Kosten der Fleischuntersuchungen auswirkten. Der Senat habe in dem genannten Urteil auch die rückwirkende Schaffung einer Rechtsgrundlage für zulässig und einen Vertrauensschutz der Antragstellerin für nicht einschlägig erachtet. Das Schlechterstellungsverbot aus § 8 Satz 3 GOVV 2015 errichte keine Schranken der Höhe nach. Denn der Bescheid vom 14. September 2015 mit einer die unionsrechtliche Mindestgebührenhöhe übersteigenden endgültigen Festsetzung sei bereits vor Inkrafttreten der GOVV 2015 ergangen. Hierfür müsse maßgeblich auf die einfache Bekanntgabe dieses Bescheides per Telefax am selben Tage abgestellt werden, die im Rahmen der später - am 16. September 2015 - geschehenen förmlichen Zustellung gegen Postzustellungsurkunde bereits erwähnt werde. Dieser endgültige Heranziehungsbescheid habe die bisherigen auf das Jahr 2014 bezogenen Vorausleistungsbescheide kraft Gesetzes vollständig abgelöst und nicht lediglich einen Nachforderungsbetrag festgesetzt. Letztere Bescheide hätten aufgrund ihrer Vorläufigkeit die „Sperrwirkung“ des § 8 Satz 3 GOVV 2015 ohnehin nicht auslösen können, der nur an endgültige Festsetzungen anknüpfe. Mit ihnen habe zunächst nur eine (jedenfalls wirksame) Anforderung angemessener Kostenvorschüsse (Abschlagszahlungen) i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG vorgelegen. Diese sei auch rechtmäßig gewesen, weil die tatsächlichen Kosten der Fleischuntersuchungen wegen der bis zum 31. Dezember 2014 fortlaufend entstehenden Jahreskosten noch nicht bekannt gewesen seien. Diesen Besonderheiten des „zweiaktigen Abrechnungssystems“ müsse bei der Auslegung und Anwendung von § 8 Satz 3 GOVV 2015 Rechnung getragen werden. Aufgrund des § 7 Abs. 2 NVwKostG auf der ersten Stufe angeforderten Kostenvorschüssen sei es wesensimmanent, dass es bei der auf zweiter Stufe später zwingend erforderlichen endgültigen Abrechnung zu Abweichungen der endgültigen Gebührenhöhe nach oben oder unten kommen könne. Im Übrigen habe er - der Antragsgegner - aber auch mit den Vorausleistungsbescheiden jedenfalls ursprünglich vor dem 16. September 2015 höhere Gebühren als die Mindestgebühr geltend gemacht und festgesetzt. Die spätere (Teil-)Aufhebung dieser Bescheide negiere ihre zwischenzeitliche Existenz nicht und schütze die Antragstellerin daher nicht vor künftiger Höherveranlagung. Auch im Falle ihrer Rechtswidrigkeit habe er - der Antragsgegner - damit jedenfalls unmissverständlich seinen Willen zu erkennen gegeben, einen höheren Betrag als die Mindestgebühr zu erheben. Ungeachtet dieser Sachlage liege im Bescheid vom 14. September 2015 jedenfalls eine zulässige Nacherhebung einer Teilschuld in Höhe von 417.229,68 Euro, die eine „Veranlagungslücke“ schließe und auf die er - der Antragsgegner - auch in den vorgängigen Klageverfahren nicht verzichtet habe; im Gegenteil sei diese in den Schriftsätzen vom 13. Mai 2015 für den Fall der rückwirkenden Heilung der Verordnungsmängel sogar angekündigt worden. Dass er in denselben Schriftsätzen die Vorausleistungsbescheide für 2014 (außer für September 2014) bezüglich die Mindestgebühr überschreitender Beträge von sich aus aufgehoben habe, sei einer „prozessualen Zwangslage“ geschuldet gewesen, die sich aus der hohen Klagefrequenz der Antragstellerin („Überbeschleunigung“) entgegen prozessualer Vereinbarungen aus 2008/09, aus dem frühen Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht und der Senatsrechtsprechung zur GOVet 2014 ergeben habe. Die Festsetzung im Umfang dieses Sockelbetrages habe gegenüber der Antragstellerin nur einen belastenden Verwaltungsakt dargestellt und kein Vertrauen auf eine „Nicht-Höher-Erhebung“ begründet. Entsprechendes Vertrauen der Antragstellerin auf einen Teilverzicht könne durch bloß vorläufige Vorausleistungsbescheide, denen nur eine „eingeschränkte Aussagekraft bezüglich der Endgültigkeit der Gebührenhöhe“ zukomme, ohnehin nicht entstehen und sei auch nicht schutzwürdig. Mangels ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung seien die Erfolgsaussichten des Eilantrags zumindest offen gewesen, so dass eine Interessenabwägung habe stattfinden müssen. Diese müsse zu seinen - des Antragsgegners - Gunsten ausgehen. Bei den durchgeführten Untersuchungen seien ihm erhebliche finanzielle Aufwendungen entstanden, und der Antragstellerin seien aus diesen Untersuchungen erhebliche Vorteile im Hinblick auf die Vermarktbarkeit des von ihr produzierten Schweinefleisches erwachsen. Aus den insoweit erzielten Einnahmen könne sie die tatsächlichen Kosten der Fleischuntersuchungen ohne Weiteres begleichen; existenzgefährdende Rechtsnachteile seien nicht erkennbar.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den angegriffenen Beschluss. Ihr gegen den Bescheid vom 14. September 2015 gerichteter Eilantrag sei zulässig gewesen. Der „Nachtragsbescheid“ vom 21. September 2015 sei hierfür ohne Bedeutung, weil er keine Regelung enthalten habe, insbesondere keine „regelnde Feststellung“. Einer Klage hiergegen habe es mithin nicht bedurft. Ihrem Eilantrag habe auch nicht die Begründetheit gefehlt. Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass es auf den Zeitpunkt des Bescheides vom 14. September 2015 ankomme, zu dem keine neue wirksame Rechtsgrundlage existiert habe, sei zuzustimmen. Der Versuch des Antragsgegners, mittels der Konstruktion einer „Verkoppelung“ oder „Verklammerung“ mit dem Schreiben vom 21. September 2015 zu einem abweichenden (späteren) maßgeblichen Zeitpunkt zu gelangen, finde keine dogmatische Grundlage. Im Übrigen bestünden gegen die Rechtmäßigkeit von § 8 Satz 2 GOVV 2015 i.V.m. den neuen Tarifstellen aus Nrn. VI.3.1.2 und VI.3.1.3 des Gebührenverzeichnisses erhebliche Bedenken. Zum einen seien die darin vorgesehenen Staffelungstatbestände nicht mit Unionsrecht vereinbar, zum anderen würden die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Rückwirkung nicht gewahrt. Durch das Inkrafttreten der Vorläuferfassung (GOVV 2014) am 3. Dezember 2014, die bewusst keine Übergangs- oder Rückwirkungsregelung enthalten habe, sei hinsichtlich davor liegender Zeiträume - so auch für das Jahr 2014 - schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der bisherigen darauf bezogenen Festsetzungen in Höhe der durch Art. 27 VO (EG) Nr. 882/2004 gedeckten Mindestgebühr entstanden. Der 10. Senat des Nds. OVG habe zu Tierkennzeichnungsgebühren Ähnliches für das vergleichbare Verhältnis zwischen der 8. und 4. Änderungsverordnung zur GOVet entschieden.  Der Höhe nach folge dasselbe Ergebnis hier jedoch auch aus § 8 Satz 3 GOVV 2015, mit dem der ändernde Verordnungsgeber an die bei Inkrafttreten existenten (geringeren) Gebührenhöhen - gleichviel, ob vorläufig oder endgültig festgesetzt - angeknüpft habe. Die hier maßgeblichen geringeren Höhen gingen größtenteils darauf zurück, dass der Antragsgegner von sich aus nahezu alle Vorausleistungsbescheide teilweise aufgehoben habe. Die Bezeichnung als „Vorausleistungsbescheide“ sei im Übrigen irreführend, weil mit diesen Bescheiden nicht i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG Kostenvorschüsse vor Erbringung der Untersuchungsleistung angefordert, sondern jeweils erst nach dem Ende des jeweiligen Veranlagungsmonats Gebühren auf der Basis der dann bekannten Zahl geschlachteter Tiere anhand aktueller Gebührensätze festgesetzt worden seien. Schließlich habe der Senat in seinem Urteil vom 20. November 2014 entgegen der Ansicht des Antragsgegners keine Rückwirkung angeordnet, sondern lediglich bemerkt, das rückwirkende Inkraftsetzen eines geänderten Gebührentatbestandes begegne keinen grundsätzlichen Bedenken.

Mit Blick auf die vollständige Ablösung auch des Vorausleistungsbescheides für September 2014 vom 15. Oktober 2014 durch die „endgültige Gebührenfestsetzung“ vom 14. September 2015 sind im Verfahren 13 LA 92/15 übereinstimmende Hauptsacheerledigungserklärungen abgegeben worden. Durch Beschluss vom 26. Januar 2016 ist das gesamte auf den Bescheid vom 15. Oktober 2014 bezogene Verfahren eingestellt und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Mai 2015 - 6 A 86/15 - hinsichtlich seines streitig entscheidenden Teils für unwirksam erklärt worden.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene und begründete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 12. November 2015 hat mangels Begründetheit keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. September 2015 erhobenen Klage 6 A 446/15 angeordnet, soweit dieser Bescheid zur Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 417.229,68 Euro verpflichtet. Die vom Antragsgegner mit der Beschwerde erhobenen Rügen, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Entscheidung.

1. Zunächst verfängt die Rüge des Antragsgegners, der gegen den Bescheid vom 14. September 2015 gerichtete Eilantrag der Antragstellerin sei unzulässig gewesen, nicht. Diesem Antrag hat weder ganz noch teilweise das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt.

a) Soweit der Antragsgegner geltend macht, der Bescheid vom 14. September 2015 sei durch den Bescheid vom 21. September 2015 „überholt“ worden, welcher von der Antragstellerin nicht mit der Klage angegriffen worden sei und daher Bestandskraft erlangt habe, trifft dies nicht zu. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält das Schreiben vom 21. September 2015 keine der Bestandskraft fähige eigenständige Regelung (keinen Verwaltungsakt im materiellen Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG), sondern versucht lediglich, dem aufrechterhaltenen Bescheid vom 14. September 2015 eine neue Begründung zu geben. Das ist der Gehalt, den ein durchschnittlicher Empfänger des Schreibens diesem bei objektiver Betrachtung entnehmen kann. Ob demgegenüber - worauf der Antragsgegner verweist - die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in der Klageschrift vom 14. Oktober 2015 (subjektiv) - ggf. aus Gründen anwaltlicher Vorsicht - davon abweichend dem Schreiben vom 21. September 2015 regelnde Wirkung beigemessen hat, ist unerheblich.

aa) Dem Inhalt nach kann das Schreiben vom 21. September 2015 weder als Änderung oder Ersetzung des Bescheides vom 14. September 2015 noch als davon unabhängige Neufestsetzung verstanden werden. Auch eine sonstige Regelungswirkung scheidet aus.

Entgegen der Behauptung des Antragsgegners wird dadurch der Inhalt des Bescheides vom 14. September 2015 nicht „gezielt abgeändert“. Einen Verfügungssatz im klassischen Sinne enthält das Schreiben selbst unter der Zwischenüberschrift „Anordnungen/Entscheidungen“ nicht. Darin findet sich lediglich die Formulierung, es werde etwas „klargestellt“ - und nicht etwa „geregelt“, „verfügt“ oder „festgesetzt“ -. Der Inhalt dieser sprachlich verunglückten „Klarstellung“ („dass der Kostenfestsetzungsbescheid vom 10.09.2015 aufgrund der am 16.09.2015 in Kraft getretenen rückwirkenden Änderung vom 07.09.2015 als Rechtsgrundlage herangezogen wird“), die überdies fehlerhaft auf einen Bescheid vom 10. und nicht vom 14. September 2015 bezogen ist, erschöpft sich in einer Erwähnung der neuen, seit dem 16. September 2015 geltenden Rechtsgrundlage (GOVV 2015) und der Zuordnung zu deren Gebührentatbeständen, die nunmehr den Bescheid vom 14. September 2015 decken sollen. Die durch den Tenor jenes Bescheides festgesetzte endgültige Gebührenhöhe (1.391.837,68 Euro) sowie ihre Zusammensetzung bleiben unangetastet. Im Übrigen lassen der Eingangssatz („Mit Bescheid vom 14.09.2015 wurden die Kosten für die Fleischuntersuchung … festgesetzt.“) sowie der Ausgang der Begründung („Im Übrigen bleibt die Begründung aus dem Bescheid vom 14.09.2015 bestehen, soweit sie nicht durch die vorstehenden Ausführungen geändert worden ist.“) keinen Zweifel daran, dass an dem Bescheid vom 14. September 2015 - soweit er eine echte Festsetzung enthalten hat - festgehalten werden soll. Nach alledem verfängt auch der Einwand des Antragsgegners nicht, das Schreiben vom 21. September 2015 habe jedenfalls die Fälligkeit aktualisiert geregelt. Eine abweichende Bestimmung hierzu i.S.d. § 7 Abs. 1, 2. HS. NVwKostG findet sich darin nicht, so dass es - mangels neuer Festsetzung - bei der sich aus § 7 Abs. 1, 1. HS. NVwKostG ergebenden Fälligkeit mit Bekanntgabe des Bescheides vom 14. September 2015 verbleibt.

Auch für die vom Antragsgegner unter Verweis auf das Urteil des BVerwG vom 15. November 1985 - 8 C 43.83 -, BVerwGE 72, 226 (232) behauptete verbindlich „regelnde Feststellung“ einer Erhebungsvoraussetzung (hier: dass sich die Rechtsgrundlage in der GOVV 2015 finde) im Schreiben vom 21. September 2015 ist hier kein Raum. Die Frage, ob sich eine Gebührenfestsetzung - hier diejenige vom 14. September 2015 - auf eine gesetzliche Grundlage stützen kann, ist eine Rechtsfrage. Dem Senat ist nicht ersichtlich, dass das materielle Recht - wie vom BVerwG in der zitierten Entscheidung gefordert - den Antragsgegner ausnahmsweise zu einer selbständig regelnden Feststellung zu diesem Begründungselement  ermächtigte. Damit hätte es die Behörde in der Hand, die jeweils anwendbare Rechtsgrundlage ihres Tuns bestandskraftfähig zu bestimmen - ein offenbar sinnwidriges Ergebnis. Dem Schreiben vom 21. September 2015 kann auch kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass der Antragsgegner hier dennoch in einer derartigen, klar materiell rechtswidrigen Weise vorgehen wollte.

bb) Aus den vom Antragsgegner betonten Formalia des Schreibens vom 21. September 2015 (Titel „Nachtragsbescheid“, Zwischenüberschrift „Anordnungen/Entscheidungen“ und Rechtsbehelfsbelehrung) folgt nichts anderes. Sie wären allenfalls dazu geeignet, dem Schreiben den Charakter eines bloß „formellen Verwaltungsakts“ oder „Formal-VA“ zu geben, wodurch lediglich Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage sowie Klagebefugnis im Interesse der Beseitigung eines unerlaubt gesetzten Rechtsscheins eröffnet würden (vgl. für das Sozialrecht BSG, Urt. v. 20. Dezember 2001 - B 4 RA 50/01 R -, juris Rdnrn. 14, 16); eine bestandskraftfähige Regelung der Sache nach wäre damit nicht verbunden.

b) Soweit der Antragsgegner moniert, die Antragstellerin habe den Gebührenfestsetzungsbescheid vom 14. September 2015 hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 21.987 Euro nicht mit der Klage 6 A 446/15 angegriffen, folgt daraus entgegen seiner Auffassung nicht, dass dem Eilantrag in diesem Umfang (teilweise) das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt hat. Denn anders als der Antragsgegner auf Seite 3 der Beschwerdebegründungsschrift (Bl. 113 bzw. 142 der GA) unter auszugsweisem Zitat aus der Klageschrift behauptet, hat die Antragstellerin den Bescheid vom 14. September 2015 hinsichtlich der sie belastenden Gebührenfestsetzung vollumfänglich angefochten. Nur die „unter Ziffer 3.) verfügte […] Aufhebung des nicht bestandskräftigen Teils (in Höhe von € 21.987,00) des Bescheides vom 15.10.2014“ (Hervorhebung durch den Senat) ist von der Anfechtung ausgenommen worden; hierbei handelt es sich - soweit dieser Teil überhaupt verfügenden (aufhebenden, d.h. gestaltenden) Charakter hat - allenfalls um eine die Antragstellerin begünstigende Regelung des Bescheides vom 14. September 2015, die isoliert ohnehin nicht zulässigerweise angefochten werden könnte (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) und auf welche die spätere unstreitige Erledigung der Verfahren 6 A 86/15 und 13 LA 92/15 zurückgeht.

2. Auch mit seinem Beschwerdevorbringen in der Sache dringt der Antragsgegner nicht durch.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ernstliche Zweifel i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3, 1. Alt. VwGO an der Rechtmäßigkeit der im Bescheid vom 14. September 2015 enthaltenen Gebührenfestsetzung für das Jahr 2014 bejaht, soweit sie einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 417.229,68 Euro betrifft.

a) Entgegen der Beschwerde ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Gebührenfestsetzung nach dem hier anwendbaren materiellen Recht maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 14. September 2015 als den der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen. Der „Bescheid“ vom 21. September 2015 enthält hingegen keine solche regelnde Entscheidung des Antragsgegners und kommt daher als Bezugspunkt nicht stattdessen in Betracht (s.o. unter 1. a)). Das Vorbringen des Antragsgegners zu einer „Verklammerung“ oder „Verkoppelung“ der beiden behördlichen Schriftstücke ändert hieran nichts.

„Erlassen“ und rechtlich existent ist ein Verwaltungsakt mit seiner Bekanntgabe (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 41 Rdnr. 15). An diese knüpfen sich - mangels abweichender Bestimmung - die Fälligkeit der konkret-individuellen Gebührenforderung (§ 7 Abs. 1 NVwKostG), die eine Voraussetzung der Vollstreckung (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 NVwVG) sowie weiterer Rechtsfolgen, wie etwa der Verwirkung von Säumniszuschlägen (§ 7a NVwKostG), darstellt. Schon in diesem Zeitpunkt musste nach der damaligen Sach- und Rechtslage der mit der Festsetzung geltend gemachte Gebührenanspruch der Verwaltung entstanden sein. Das alles hat das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt. Wie der Antragsgegner eingeräumt hat, ist die Bekanntgabe des Bescheides vom 14. September 2015 hier bereits in einfacher Form (§ 41 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) per Fax ebenfalls am 14. September 2015 (vgl. Bl. 129 der Beiakte 001) erfolgt, was angesichts der fehlenden gesetzlichen Zustellungsbedürftigkeit dieses Bescheides ausgereicht hat. Unerheblich ist es daher, dass der Bescheid ausweislich Bl. 130 R der Beiakte 001 später - am 16. September 2015 - darüber hinaus förmlich durch Postzustellungsurkunde (§§ 3 Abs. 1 VwZG, 1 Abs. 1 NVwZG, 41 Abs. 5 VwVfG, 1 Abs. 1 NVwVfG) zugestellt wurde.

b) Am 14. September 2015 unterlag jedenfalls die endgültige Festsetzung eines die unionsrechtliche Mindestgebühr von 974.608 Euro übersteigenden Gebührenbetrages - und damit eines zusätzlichen Betrages in Höhe von 417.229,68 Euro - entgegen der Ansicht des Antragsgegners erheblichen Zweifeln hinsichtlich ihrer materiellen Rechtmäßigkeit.

Dabei kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage offenbleiben, ob die durch die „endgültige Gebührenfestsetzung“ vom 14. September 2015 abgelösten, auf das Jahr 2014 bezogenen „Vorausleistungsbescheide“ jeweils Kostenvorschüsse i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG angefordert und bereits deshalb vorläufigen Charakter getragen haben. Hieran bestehen mit der Antragstellerin angesichts des Ergehens dieser Bescheide erst nach Ablauf des jeweiligen Untersuchungsmonats und damit nach Beendigung der Amtshandlungen in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum erhebliche Zweifel. Dahinstehen kann auch, ob es sich bei den „Vorausleistungsbescheiden“ um sonstige vorläufige Festsetzungen (Anforderungen von Abschlagszahlungen, die noch einer endgültigen Abrechnung bedurft haben) gehandelt hat oder ob sie ungeachtet ihrer Bezeichnung lediglich endgültige Festsetzungen auf der Basis einer Vorauskalkulation (vgl. hierzu die den Beteiligten bekannten Ausführungen im Senatsurteil vom 20. November 2014, a.a.O., Rdnr. 90) dargestellt haben. Diese Fragen müssen im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beantwortet werden. Denn selbst wenn man mit dem Antragsgegner vom anfänglichen Vorliegen irgendeiner Art vorläufiger Festsetzungen ausgeht, so ist jedenfalls zu konstatieren, dass auch eine später erforderliche endgültige Festsetzung bzw. Abrechnung - wie durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 14. September 2015 geschehen - nicht von dem Erfordernis einer wirksamen Rechtsgrundlage entbindet. Im maßgeblichen Erlasszeitpunkt dieses Bescheides hat es hieran gefehlt. Das übersieht der Antragsgegner bei seiner Argumentation.

aa) Auf § 8 Satz 2 GOVV 2015 (für den Zeitraum 1. Januar bis 2. Dezember 2014) und § 8 Satz 1 GOVV 2015 (für den Zeitraum 3. bis 31. Dezember 2014), jeweils i.V.m. §§ 1, 3 Abs. 3 und Abs. 5 Satz 2, 4 bis 7 NVwKostG, kann sich die Festsetzung - unabhängig davon, ob diese Vorschriften sowie die danach rückwirkend anzuwendenden Tarifstellen wirksam sind und wie sich das in § 8 Satz 3 GOVV 2015 enthaltene „Schlechterstellungsverbot“ nach den Verhältnissen und Abläufen des vorliegenden Falls auswirkt - nicht stützen. Diese Normen traten nach Art. 2 der (1.) Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens vom 7. September 2015 (a.a.O.) erst nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich am 16. September 2015 um 0.00 Uhr, in Kraft. Soweit der Antragsgegner auch im Beschwerdeverfahren betont, der Bescheid vom 21. September 2015 habe die neue Rechtsgrundlage nunmehr genannt, führt dies nicht zum Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, diese „nachgeschobene“ Begründung habe bei Erlass des Bescheides vom 14. September 2015 noch nicht existiert und könne daher den vor dem Inkrafttreten der neuen Verordnung ergangenen Bescheid nicht heilen.

bb) Diesem Befund kann der Antragsgegner nicht entgegenhalten, § 8 GOVV 2015 sei nachträglich rückwirkend (d.h. auch mit Wirkung auf den vor seiner Verkündung liegenden Erlasszeitpunkt 14. September 2015) in Kraft gesetzt worden, was zur Heilung des zunächst rechtswidrigen Bescheides vom selben Tage geführt habe. Es kann offenbleiben, ob dem vom Antragsgegner in diesem Zusammenhang zitierten Urteil des 9. Senats des Nds. OVG vom 8. Dezember 1992 - 9 L 543/92 -, juris Rdnr. 3, welches in einem kommunalabgabenrechtlichen Kontext ergangen ist, ein dahin gehender, nach § 1 Abs. 2 NKAG auch auf das Gebührenrecht übertragbarer abgabenrechtlicher Grundsatz entnommen werden kann.

Denn eine vom Antragsgegner behauptete „rückwirkende Inkraftsetzung“ (erster Fall) ist bei Lichte besehen hier nicht erfolgt. Der die GOVV 2014 ändernde Verordnungsgeber hat nicht etwa - wie dies z.B. durch Art. 2 Abs. 1 Satz 2 der (15.) Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung vom 23. Januar 2014  (a.a.O.) geschehen war - die neuen Tatbestände des Gebührenverzeichnisses, die sich auf Schlachttier- und Fleischuntersuchungen beziehen (Nrn. VI.3.1.2, VI.3.1.3 der Anlage zur GOVV 2015), rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt, sondern aufgrund des erst am 16. September 2015 in Kraft getretenen § 8 GOVV 2015 lediglich eine „rückwirkende Anwendung“ (zweiter Fall) auf in Zeiträumen ab dem 1. Januar 2008 durchgeführte Untersuchungen vorgesehen. Dieser Unterschied in der Regelungstechnik zeitigt erhebliche Auswirkungen. Im ersten Fall käme es darauf an, dass die Norm rückwirkend in Kraft gewesen ist (gegolten hat), als die gebührenpflichtige Amtshandlung beendet wurde (vgl. § 6 Abs. 1 NVwKostG); selbst ein späteres Außerkrafttreten ex nunc wäre unerheblich und würde für sich allein eine (nachträgliche) Festsetzung nicht hindern. Im zweiten Fall setzt eine Umsetzung der Verordnung durch Festsetzungsbescheid hingegen zwingend voraus, dass die Norm, die eine rückwirkende Anwendung ermöglicht, im Zeitpunkt des Erlasses des Festsetzungsbescheides - schon und noch - gilt. Da hier der zweite Fall einschlägig ist und letztgenannte Voraussetzung am 14. September 2015 nicht erfüllt war - wie der Antragsgegner an anderer Stelle der Beschwerdebegründung sogar eingeräumt hat -, muss es bei den bisherigen Ausführungen verbleiben.

cc) Soweit der Antragsgegner schließlich darauf verwiesen hat, das BVerwG lasse es für eine Heilung ausreichen, dass die erforderliche Rechtsgrundlage nachträglich (nach Erlass des Beitragsbescheides) ex nunc geschaffen werde (vgl. Urt. v. 25. November 1981 - 8 C 14.81 -, BVerwGE 64, 218 [221, 222 f.], juris Rdnrn. 17 ff., und v. 27. Januar 1982 - 8 C 12.81 -, BVerwGE 64, 356 [357], juris Rdnr. 12), ist nicht ersichtlich, dass diese speziell das Erschließungsbeitragsrecht betreffende Rechtsprechung als abgabenrechtlicher Grundsatz verstanden und auch auf das Gebührenrecht nach dem NVwKostG übertragen werden muss. Ein solches Ergebnis lässt sich auch nicht der vom Antragsgegner zitierten Rdnr. 12 der letztgenannten Entscheidung des BVerwG entnehmen. Nur der Eingang des dortigen Absatzes bezieht sich allgemein auf „Abgabenbescheide“; die spätere Aussage, dass nachträglich eintretende Rechtsänderungen bei gerichtlicher Entscheidung zu berücksichtigen seien, wird ausdrücklich auf das „Erschließungsbeitragsrecht“ und das nachträgliche Inkrafttreten einer Erschließungsbeitragssatzung bezogen.

dd) Konnte der Antragsgegner sich mithin im maßgeblichen Zeitpunkt (noch) nicht auf eine bereits eingetretene Rechtsänderung berufen, so standen ihm - wie er selbst einräumt - im Hinblick auf die Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühren bezogen auf den Zeitraum 1. Januar bis 2. Dezember 2014 (weiterhin) nur die Kostentatbestände aus Nr. IX. C 2.3.2 der Anlage zur GOVet 2014 (1 bis 30 Euro je Schlachtschwein) zur Verfügung, die durch Art. 2 Abs. 1 Satz 2 der 15. Änderungsverordnung zur GOVet (a.a.O.) mit Rückwirkung ab dem 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt worden waren. Wie bereits der Senat in seinem Urteil vom 20. November 2014 (a.a.O., Rdnr. 77 ff.) für frühere Erhebungszeiträume entschieden hat, stellen diese Tatbestände jedoch keine wirksame Rechtsgrundlage für eine höhere Gebührenfestsetzung dar; sie sind vielmehr wegen materieller Rechtswidrigkeit infolge mangelnder Bestimmtheit nicht anzuwenden. Der Höhe nach musste es danach bei der unionsrechtlich (vgl. Art. 27 VO [EG] Nr. 882/2004) vorgesehenen Mindestgebühr in Höhe von 1 Euro je Schlachtschwein verbleiben, durch die auch die Durchführung der Rückstandsuntersuchungen abgegolten wurde (juris Rdnr. 86). Gleiches ergibt sich für den Zeitraum 3. bis 31. Dezember 2014. Denn für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, die in diesem Zeitraum durchgeführt wurden, sah Nr. VI.3.1.2.3.2 der Anlage zur GOVV 2014 einen identischen Gebührenrahmen (1 bis 30 Euro je Schlachtschwein) vor, der denselben rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist.

Vor diesem Hintergrund bleibt es bei dem vom Verwaltungsgericht zutreffend formulierten Befund, dass der Antragsgegner nach Inkrafttreten des § 8 GOVV 2015 den „verfrühten“ Bescheid vom 14. September 2015 hätte aufheben und ersetzen müssen, wenn er denn auf der neu geschaffenen Rechtsgrundlage hätte handeln wollen.

ee) Im vorliegenden Verfahren muss der Senat nach alledem mangels Erheblichkeit nicht über das weitere Beschwerdevorbringen des Antragsgegners, das sich auf die GOVV 2015 bezieht, entscheiden. Dahinstehen kann insbesondere, ob (a) die Tatbestände der Nrn. VI.3.1.2 und VI.3.1.3 der Anlage zur GOVV 2015 inhaltlich nunmehr hinreichend bestimmt gefasst sind und (b) die dortige Staffelung mit Unionsrecht vereinbar ist, ob (c) aus § 8 Satz 3 GOVV 2015  kraft Willens des Verordnungsgebers der Höhe nach eine Begrenzung der rückwirkenden Anwendung dieser Tatbestände (und ggf. der §§ 1 bis 6 GOVV 2015) auf den Zeitraum 2014 zu beachten ist, insbesondere ob und wie sich vor dem 16. September 2015 erlassene, aber teilaufgehobene Bescheide des Antragsgegners mit ursprünglich höheren Gebührenbeträgen auswirken, ob es dabei auf den Charakter der früheren Festsetzung (vorläufig oder endgültig) ankommt und welche rechtliche Qualität den „Vorausleistungsbescheiden“ für 2014 insoweit zukam. Offenbleiben kann auch die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob (d) verfassungsrechtliche Bedenken gegen die durch § 8 Satz 2 GOVV 2015 angeordnete rückwirkende Anwendung bestehen, insbesondere ob - zumindest für den Zeitraum 1. Januar bis 2. Dezember 2014 - ein etwaiger Vertrauensschutz aus der am 3. Dezember 2014 in Kraft getretenen Vorläuferfassung der GOVV 2015 (GOVV 2014) folgt, die zunächst weder Regelungen über ein rückwirkendes Inkraftsetzen noch über eine rückwirkende Anwendung von Gebührentatbeständen enthalten hatte. Schließlich bedarf keiner Entscheidung, ob (e) auf Gebührenforderungen für zurückliegende Zeiträume wirksam verzichtet worden ist. Alle diese Fragen würden sich (erst) bei einem erneuten - nach Ansicht des Senats mit erheblichen rechtlichen Risiken behafteten - Versuch des Antragsgegners stellen, für das Jahr 2014 eine höhere Untersuchungsgebühr als die bisherige festzusetzen.

Angesichts der mit dem Verwaltungsgericht und entgegen der Ansicht des Antragsgegners zu bejahenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung bezüglich eines weiteren Betrages von 417.229,68 Euro ist für die vom Antragsgegner mit seiner Beschwerde ebenfalls postulierte reine Interessenabwägung kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht in Anlehnung an Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 eine Reduzierung des Streitwerts für das Hauptsacheverfahren vorzunehmen. Nach Auffassung des Senats ist dem Umstand, dass es sich nicht um eine Hauptsacheentscheidung handelt, bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Gebührensätze des Gerichtskostengesetzes geringer sind als in Hauptsacheverfahren. Einer zusätzlichen Herabsetzung des Streitwertes bedarf es nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).