Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.02.2016, Az.: 14 PS 6/15

dem Wesen nach geheim; einem Gesetz nach geheim; Geheimhaltung; in-camera-Verfahren; Nachteil für das Wohl des Landes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.02.2016
Aktenzeichen
14 PS 6/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43185
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für eine Geheimhaltung der Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters in einem Verfahren auf Angleichung der Dienstaufgaben eines Professors besteht kein Grund nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Tenor:

Die Sperrerklärung des beigeladenen F. vom 16. November 2015 ist rechtswidrig.

Gründe

I.

In dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg - 6 A 397/14 - begehrt der Kläger von der Beklagten die Angleichung seiner Dienstaufgaben als Professor.

Der Kläger war beamteter Professor an der Fachhochschule H.. Nach Fusion dieser Fachhochschule mit der Universität D. setzte sich das Beamtenverhältnis mit den bestehenden Rechten und Pflichten mit der Stiftung Universität D. fort. Das Gesetz zur Fusion der Universität D. und der Fachhochschule H. und über die Änderung der Stiftung Universität D. ermöglicht aber eine Angleichung der Dienstaufgaben von ehemaligen Fachhochschulprofessoren an die von Universitätsprofessoren auf der Grundlage individueller Evaluationsverfahren und in der Folge die beamtenrechtliche Übertragung der Ämter von Universitätsprofessoren.

Der Kläger beantragte unter dem 16. Dezember 2011 die Angleichung seiner Dienstaufgaben an die Dienstaufgaben einer Universitätsprofessur und durchlief in der Folge die erste Prüfungsphase des in der Satzung der Stiftung Universität D. zur Verwendung übernommener Professorinnen und Professoren bestimmten Angleichungsverfahrens. Nach Anhörung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2014 den Antrag des Klägers ab. Ihr Präsidium habe im Einvernehmen mit dem Stiftungsrat festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Angleichung der Dienstaufgaben nicht vorlägen, also die vom Kläger erbrachten wissenschaftlichen Leistungen in der anwendungsbezogenen Forschung die Angleichung seiner Dienstaufgaben an die Dienstaufgaben von Universitätsprofessoren nicht rechtfertigten. Die Entscheidung beruhe auf einem Votum der Evaluierungskommission, das neben wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen des Klägers auch ein externes Fachgutachten einbezogen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Im Widerspruchsverfahren verweigerte die Beklagte dem Kläger mit Hinweis auf § 2 Abs. 3 Nr. 4 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes die Einsicht in von der Evaluierungskommission einbezogene Gutachten. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück.

Am 24. September 2014 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Lüneburg Klage erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten begehrt, über seinen Antrag auf Angleichung der Dienstaufgaben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat er unter anderem geltend gemacht, die satzungsgemäße Gründung und Besetzung der Evaluierungskommission sowie deren Beschlussfähigkeit und die satzungsgemäße Auswahl der Berichterstatter und des externen Fachgutachters seien nicht nachzuvollziehen und Zweifeln ausgesetzt.

Der Vorsitzende der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte mit Verfügung vom 24. September 2014 aufgefordert, die vollständigen Verwaltungsvorgänge im Original zu übersenden. Die Beklagte legte ihre Verwaltungsvorgänge dem Verwaltungsgericht vor, machte aber den Namen des Fachgutachters und die Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission unkenntlich. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sich die Mitglieder der Evaluierungskommission in ihrer Sitzung am 5. November 2015 dahin positioniert hätten, dass der Schutz der Gutachter zwingend sei und grundsätzlich auch die Mitglieder der Evaluierungskommission, insbesondere im Rahmen ihrer Berichterstatterfunktion, zu schützen seien. Die Übernahme dieser Aufgaben sei unter der Bedingung erfolgt, dass das Verfahren der Begutachtung ein Blindverfahren ist.

Am 25. September 2015 hat der Kläger die Durchführung des Zwischenverfahrens vor dem Fachsenat und die Feststellung beantragt, dass die Verweigerung einer vollständigen Aktenvorlage durch die Beklagte rechtswidrig ist.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg - 6. Kammer - hat am 5. Oktober 2015 beschlossen, über die Zusammensetzung der Evaluierungskommission, die Bestellung des Berichterstatters und die Auswahl des Fachgutachters Beweis durch Vorlage der diese Umstände betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten zu erheben, und die Beklagte aufgefordert, die Verwaltungsvorgänge vollständig vorzulegen oder eine Sperrerklärung der obersten Aufsichtsbehörde beizubringen.

Hierauf hat der Beigeladene mit Schreiben vom 16. November 2015 gegenüber dem Verwaltungsgericht die Vorlage der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verweigert, soweit die Namen des Fachgutachters und die Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission ungeschwärzt sind (Sperrerklärung). Die Namen seien ihrem Wesen nach geheim zu halten; ihre Offenlegung würde der Hochschule die Aufgabenerfüllung erschweren oder unmöglich machen. Zur Ermittlung der besonderen fachlichen Qualifikation und der fachlichen Eignung von Bewerbern sei die Hochschule auf Auskünfte und Einschätzungen von Fachkollegen angewiesen. Der Fachgutachter und die Evaluierungskommissionsmitglieder würden sich bei einer Offenlegung ihrer Namen allerdings nicht mehr, jedenfalls aber nicht mehr so offen äußern. Diese Gefahr bestehe auch dann, wenn ihre Äußerungen objektiv zutreffend seien. Denn manchen der Beurteilten könne es schwerfallen, die Äußerung einzusehen. Aus diesem Grund schränke § 2 Abs. 3 Nr. 4 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes, der hier entsprechend anzuwenden sei, auch das Akteneinsichtsrecht ein. Entgegen dieser Bestimmung sei das Gutachten hier sogar offengelegt und nur der Name des Fachgutachters geschwärzt worden. Das Interesse des Klägers auf Vorlage der vollständigen Unterlagen müsse hinter dem öffentlichen Interesse der Hochschule an der Erfüllung ihrer Aufgaben und dem Interesse des Fachgutachters und der Evaluierungskommissionsmitglieder an der Wahrung ihrer Anonymität zurücktreten.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg - Berichterstatter der 6. Kammer - hat mit Verfügung vom 17. November 2015 das Verfahren gemäß §§ 99 Abs. 2 Satz 4, 189 VwGO zur Durchführung eines Zwischenverfahrens an den zuständigen Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts abgegeben.

Der Fachsenat hat mit Beschluss vom 18. November 2015 das F. als oberste Aufsichtsbehörde der Beklagten gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO beigeladen. Dieses hat dem Fachsenat am 9. Dezember 2015 die Verwaltungsvorgänge der Beklagten ungeschwärzt vorgelegt.

II.

Der Antrag des Klägers, der nach seinem im Zwischenverfahren geäußerten Begehren auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung des Beigeladenen vom 16. November 2015 gerichtet ist, ist zulässig (1.) und begründet (2.). Die Sperrerklärung ist rechtswidrig.

1. Der Antrag auf Durchführung des Zwischenverfahrens ist zulässig.

Der Antrag setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich eine förmliche Verlautbarung des Gerichts der Hauptsache voraus, dass es die von der obersten Aufsichtsbehörde zurückgehaltenen Akten, Unterlagen oder Dokumente für die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts benötigt. Das Gericht der Hauptsache muss dabei durch Angabe des Beweisthemas deutlich machen, dass es die Unterlagen oder Dokumente als erheblich ansieht. Je nach Fallkonstellation darf sich das Hauptsachegericht dabei nicht allein auf die Angabe des Beweisthemas und der als entscheidungserheblich erachteten Aktenteile (Beweismittel) beschränken, sondern muss in den Gründen des Beschlusses zur Entscheidungserheblichkeit im konkreten Fall - sei es mit Blick auf die Zulässigkeit des Rechtsschutzbegehrens, sei es unter Darlegung der materiellrechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs sowie der fachgesetzlichen Ablehnungsgründe - Stellung nehmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.11.2010 - BVerwG 20 F 2.10 -, NVwZ 2011, 233 f. mit weiteren Nachweisen).

Eine diesen Anforderungen genügende förmliche Verlautbarung zur rechtlichen Erheblichkeit der verweigerten Aktenteile für die Entscheidung des Rechtsstreits hat das Verwaltungsgericht hier getroffen. Es hat in seinem Beschluss vom 5. Oktober 2015 das Beweisthema und die als entscheidungserheblich erachteten Aktenteile (Beweismittel) bezeichnet. Es hat auch die Entscheidungserheblichkeit der bezeichneten Aktenteile bezogen auf den konkreten Fall eingehend begründet. Es hat ausgeführt, dass der Ausschluss des Akteneinsichtsrechts nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - NVwVfG - vom 3. Dezember 1976 (Nds. GVBl. S. 311), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. September 2009 (Nds. GVBl. S. 361), nicht, auch nicht entsprechend anzuwenden sei. Vom Kläger gerügte Fehler bei der Besetzung der Evaluierungskommission und der Auswahl des Fachgutachters könnten abhängig von ihrer Schwere die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Ablehnungsentscheidung begründen. Das Vorliegen dieser Verfahrensfehler könne nur bei Kenntnis der Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und auch des Fachgutachters überprüft werden.

An diese nachvollziehbare Begründung der rechtlichen Erheblichkeit der zurückgehaltenen Aktenteile für die Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist der Fachsenat gebunden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.7.2009 - BVerwG 20 F 4.09 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 54). Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist oder wenn das Gericht der Hauptsache seiner Verpflichtung nicht genügt, die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts zu erschöpfen, um auf dieser Grundlage über die Erforderlichkeit der Aktenvorlage zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.3.2013 - BVerwG 20 F 8.12 -, juris Rn. 11 mit weiteren Nachweisen).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Insbesondere ist die Auffassung des Hauptsachegerichts nicht zu beanstanden, die erforderliche Überzeugungsbildung sei allein anhand der von der Beklagten beigebrachten Erklärung ihres Präsidenten vom 9. Juni 2015 (Blatt 145 der Gerichtsakte), wonach die Evaluierungskommission ordnungsgemäß eingesetzt worden sei und als ihre Mitglieder keine Mitglieder der Universität bestellt worden seien, nicht hinreichend möglich. Zwar mag anhand einer solchen Erklärung noch eine Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzung nach § 4 Abs. 2 Satz 7 der Verwendungssatzung gebildet werden können. Dies gilt indes nicht für die übrigen in § 4 Abs. 2 der Verwendungssatzung bestimmten Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Besetzung der Evaluierungskommission. Ob deren Vorsitzender die nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der Verwendungssatzung geforderte, in der anwendungsorientierten Forschung hervorragend ausgewiesene Persönlichkeit ist und ob deren Mitglieder über die in § 4 Abs. 2 Satz 2 der Verwendungssatzung geforderten fachlichen Qualifikationen verfügen, kann vom Hauptsachegericht nur festgestellt werden, wenn es die der Evaluierungskommission angehörenden Personen kennt. Gleiches gilt für den externen Fachgutachter nach § 6 Abs. 3 der Verwendungssatzung.

2. Der Antrag ist auch begründet.

Die Sperrerklärung vom 16. November 2015 genügt den sich aus § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ergebenden formellen Anforderungen (vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Beschl. v. 6.11.2008 - BVerwG 20 F 7.08 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 51; Thüringer OVG, Beschl. v. 27.3.2003 - 10 SO 337/01 -, juris Rn. 33; Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 99 Rn. 15 mit weiteren Nachweisen).

Der Beigeladene als oberste Aufsichtsbehörde der Beklagten hat seine Weigerung, die vom Hauptsachegericht angeforderten Akten vollständig vorzulegen, deutlich zum Ausdruck gebracht, das Vorliegen von Geheimhaltungsgründen geltend gemacht und die Betätigung des eröffneten Ermessens dokumentiert. Der Wirksamkeit der Erklärung steht schließlich nicht entgegen, dass sie durch einen Referenten der Aufsichtsbehörde unterzeichnet worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.11.2008, a.a.O.). Es bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Referent die Erklärung nicht für die oberste Aufsichtsbehörde, sondern als Mitglied im Stiftungsrat der Beklagten abgegeben hat.

Der Fachsenat kann aber nicht feststellen, dass die vom Beigeladenen in der Sperrerklärung vom 16. November 2015 geltend gemachten Geheimhaltungsgründe vorliegen. Ein Bekanntwerden der Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters würde einen Nachteil für das Wohl des Landes Niedersachsen im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO nicht bereiten (a.). Die Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters müssen auch nicht nach einem Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO (b.) oder ihrem Wesen nach im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO (c.) geheim gehalten werden.

a. Nachteile für das Wohl eines Landes entstehen durch Beeinträchtigungen wesentlicher Landesinteressen; es gilt ein strenger Maßstab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.4.2011 - BVerwG 20 F 20.10 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 63 mit weiteren Nachweisen). Hiernach sind wesentliche Landesinteressen etwa bei Gefährdungen des Bestandes oder der Funktionsfähigkeit des Landes sowie Bedrohungen der äußeren oder inneren Sicherheit beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.8.2013 - BVerwG 20 F 13.12 -, juris Rn. 10 mit weiteren Nachweisen).

Eine solche Beeinträchtigung wesentlicher Landesinteressen kann der Fachsenat bei einem Bekanntwerden der Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters nicht feststellen.

Der Beigeladene hat in der Sperrerklärung vom 16. November 2015 lediglich geltend gemacht, dass die Beklagte bei Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben zur Ermittlung der besonderen Qualifikation und der fachlichen Eignung der Bewerber auf Auskünfte und Einschätzungen von Fachkollegen angewiesen sei, diese sich bei Fehlen der Vertraulichkeit ihrer Namen nicht mehr oder zumindest nicht mehr so offen über Bewerber äußern würden und daher die erforderliche klare fachliche Bewertung der Bewerber nicht mehr gewährleistet sei.

Hiermit ist von vorneherein nur eine Beeinträchtigung von Interessen der Beklagten dargetan, nicht aber die nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO erforderliche Beeinträchtigung von Interessen des Landes Niedersachsen. Selbst wenn man, der Argumentation der Beklagten folgend, sie als "Einrichtung des Landes Niedersachsen" (Schriftsatz v. 18.1.2016, dort S. 9) ansehen und die von ihr geschilderten Beeinträchtigungen des Verfahrens zur Angleichung von Dienstaufgaben als Beeinträchtigung von Interessen auch des Landes Niedersachsen ansehen wollte, läge hierin kein die Geheimhaltung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO rechtfertigender Nachteil. Denn es handelte sich nicht um wesentliche Landesinteressen. Es sind weder der Bestand oder die Funktionsfähigkeit des Landes gefährdet, noch dessen äußere oder innere Sicherheit beeinträchtigt.

Soweit der Beigeladene (Sperrerklärung v. 16.11.2015, dort S. 2) und ihm folgend die Beklagte (Schriftsatz v. 18.1.2016, dort S. 6) eine Erschwerung der "Erfüllung obrigkeitlicher Aufgaben" befürchten, läge hierin allein, eine solche tatsächliche Erschwerung unterstellt, noch kein Nachteil für das Wohl des Landes. Denn eine Geheimhaltung zum Schutz der Erfüllung jedweder hoheitlicher oder öffentlicher Aufgaben gestattet § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO nicht. Es muss sich vielmehr um Aufgaben handeln, die darauf gerichtet sind, den Bestand oder die Funktionsfähigkeit des Landes oder dessen innere oder äußere Sicherheit zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.4.2011, a.a.O., mit weiteren Nachweisen), woran es hier ersichtlich fehlt.

b. Die Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters müssen auch nicht nach einem Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO geheim gehalten werden.

Hierfür genügt nicht jede einfachgesetzlich angeordnete Pflicht zur Verschwiegenheit. Der Begriff der Geheimhaltung "nach einem Gesetz" ist vielmehr eng auszulegen. Das gesetzliche Geheimhaltungserfordernis muss auf den Schutz eines verfassungsrechtlich oder grundrechtlich gesicherten Lebensbereiches von hoher Bedeutung gerichtet sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.10.2011 - BVerwG 20 F 24.10 -, juris Rn. 8; v. 23.6.2011 - BVerwG 20 F 21.10 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 64). Dies ist etwa bei dem Post- und Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG, dem Steuergeheimnis nach § 30 AO, dem Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I in Verbindung mit §§ 67 bis 78 SGB X (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.6.2011, a.a.O.) und dem richterlichen Beratungsgeheimnis nach § 43 DRiG, § 193 GVG der Fall (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.2.2007 - BVerwG 20 F 9.06 -, BVerwGE 128, 135, 137 f.).

Hieran gemessen ist die Geheimhaltungsregelung in § 2 Abs. 3 Nr. 4 NVwVfG ("Für die Tätigkeit der Hochschulen, der Stiftungen, die Träger einer Hochschule sind, und des zuständigen Ministeriums bei der Besetzung von Stellen für wissenschaftliches und künstlerisches Personal an Hochschulen einschließlich Berufungsverfahren bezieht sich das Akteneinsichtsrecht (§ 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) nicht auf die Gutachten von Professorinnen und Professoren und anderen Sachverständigen, die über die fachliche Eignung der von der Hochschule vorgeschlagenen oder eingestellten Bewerberinnen und Bewerber abgegeben werden, und nicht auf Aktenteile, in denen der Inhalt solcher Gutachten ganz oder teilweise wiedergegeben wird.") kein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 25.8.1992 - 2 OVG B 34/82 -, Umdruck, S. 8 f.). Die Regelung dient nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dem Schutz eines verfassungsrechtlich oder grundrechtlich gesicherten Lebensbereiches von hoher Bedeutung. Sie ist allein darauf gerichtet, eine zuverlässige und unbeeinflusste Begutachtung von Bewerbern zu gewährleisten (so ausdrücklich Niedersächsisches Landesministerium, Entwurf eines Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes, LT-Drs. 8/1909, S. 7). Dieses Ziel ist weder verfassungsrechtlich noch grundrechtlich geboten. Auch die Beratungen im Gesetzgebungsverfahren belegen, dass die Abgeordneten mit der Regelung in § 2 Abs. 3 Nr. 4 NVwVfG ein Aktenvorlageverweigerungsrecht in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht begründen wollten (vgl. Niederschrift über die 126. Sitzung des Kultusausschusses am 31.3.1978, S. 6 f.).

Ist danach § 2 Abs. 3 Nr. 4 NVwVfG kein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO, kann der Fachsenat hier dahinstehen lassen, ob diese verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung im Verfahren der Angleichung von Dienstaufgaben überhaupt zur Anwendung gelangt.

c. Die Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters müssen schließlich nicht ihrem Wesen nach im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO geheim gehalten werden.

Ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig sein können insbesondere grundrechtlich geschützte personenbezogene Daten Dritter (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.6.2013 - BVerwG 20 F 10.12 -, juris Rn. 8 mit weiteren Nachweisen) oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.4.2013 - BVerwG 20 F 6.12 -, juris Rn. 9). Es gilt auch hier ein strenger Maßstab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.6.2011, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).

Der Beigeladene und ihm folgend die Beklagte halten die Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters zum einen mit Blick auf deren "Interesse ..., anonym zu bleiben" (Sperrerklärung v. 16.11.2015, dort S. 3) bzw. deren "persönliche Interessen" (Schriftsatz v. 18.1.2016, dort S. 5) dem Wesen nach für geheimhaltungsbedürftig.

Der Fachsenat vermag dem nicht zu folgen. Die Geheimhaltung der Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters erfolgt ersichtlich nicht zum Schutz des Grundrechts dieser Personen auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Äußerungen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters im Verfahren auf Angleichung der Dienstaufgaben finden außerhalb der grundrechtlich allein geschützten Privatsphäre statt (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 26.4.1994 - 1 BvR 1689/88 -, BVerfGE 90, 255, 259 f.). Die Geheimhaltung der personenbezogenen Daten der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters gegenüber dem Bewerber ist lediglich ein Reflex des mit der Geheimhaltung verfolgten Ziels, eine zuverlässige und unbeeinflusste Begutachtung des Bewerbers zu gewährleisten. Fehlt es danach an der grundrechtlichen Schutzbedürftigkeit der personenbezogenen Daten, sind diese auch nicht ihrem Wesen nach geheim zu halten.

Der Beigeladene (Sperrerklärung v. 16.11.2015, dort S. 2 f.) und ihm folgend die Beklagte (Schriftsatz v. 18.1.2016, dort S. 6 f.) halten die Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters zum anderen auch mit Blick auf eine Gefährdung des Ziels, eine zuverlässige und unbeeinflusste Begutachtung des Bewerbers zu gewährleisten, dem Wesen nach für geheimhaltungsbedürftig.

Der Fachsenat vermag auch dem nicht zu folgen.

Es ist bereits zweifelhaft, ob eine bloße Gefährdung der Erfüllung jedweder hoheitlicher oder auch nur öffentlicher Aufgaben eine wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit zu begründen vermag (vgl. dies wohl bejahend BVerwG, Urt. v. 29.5.1957 - BVerwG I C 212.54 -, BVerwGE 5, 95, 98 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 6.5.1976 - 2 B 7/76 -, BeckRS 9998, 59752; OVG Berlin, Beschl. v. 3.3.1971 - I L 14.70 -, NJW 1971, 1378 [BayObLG 10.03.1971 - RReg. 1 St 513/71 OWi]). Dies würde nicht nur die restriktive Auslegung des Geheimhaltungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO (siehe oben 2.a.) entwerten, sondern stünde auch im Widerspruch zu dem gebildeten strengen Maßstab für das Vorliegen aller Geheimhaltungsgründe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Weiter vermag der Senat die befürchtete Gefährdung des Ziels, eine zuverlässige und unbeeinflusste Begutachtung des Bewerbers zu gewährleisten, nicht zu erkennen. Die Anonymität von Mitgliedern einer Prüfungskommission ist weder Wesensmerkmal einer funktionierenden Prüfung, noch Grundvoraussetzung für eine objektive, unbefangene und umfassende Äußerung eines Prüfers über die persönliche und fachliche Leistung des Prüflings. Gründe, die für den hier relevanten Bereich der Angleichung von Dienstaufgaben eines Professors eine abweichende Bewertung rechtfertigen würden, hat der Beigeladene nicht aufgezeigt.

Selbst wenn man diese Zweifel außer Acht lässt, schließen jedenfalls kollidierende Informations- und Rechtsschutzinteressen (vgl. zum Erfordernis einer solchen Abwägung: BVerwG, Beschl. v. 28.11.2013 - BVerwG 20 F 11.12 -, juris Rn. 15) eine wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit der Namen der Mitglieder der Evaluierungskommission und des Fachgutachters aus. Hierbei ist es ohne Belang, ob den Mitgliedern der Evaluierungskommission und dem Fachgutachter Vertraulichkeit zugesichert worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.7.2010 - BVerwG 20 F 11.10 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 60). Von Bedeutung ist vielmehr allein der Bezug der am Hauptsacheverfahren Beteiligten zu dem streitigen Aktenbestand. Handelt es sich, wie hier, um Akten eines Verwaltungsverfahrens, in dem es um die Rechte und Interessen eines Beteiligten geht, und wird hierüber im gerichtlichen Verfahren gestritten, so besteht ein besonders gewichtiges Interesse, dass die Akten im Verwaltungsprozess vollständig und ohne Schwärzung von Namen vorgelegt werden. Ausnahmen bedürfen dann immer einer besonderen Rechtfertigung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.6.2013, a.a.O., Rn. 12). Eine solche Rechtfertigung ist hier weder von dem Beigeladenen aufgezeigt worden noch sonst für den Fachsenat ersichtlich.

Einer eigenständigen Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht. Denn es handelt sich im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren um einen unselbstständigen Zwischenstreit, für den das Gerichtskostengesetz einen Ansatz von Gerichtsgebühren nicht vorsieht und besondere anwaltliche Vergütungsansprüche nicht entstehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2010 - BVerwG 20 F 15.10 -, NVwZ-RR 2011, 261). Auch ein Streitwert ist daher nicht festzusetzen.