Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.02.2016, Az.: 12 LA 211/14

Fahrbahn; Fahrstreifen; Gefahrenlage; Radwegbenutzungspflicht; Untersuchungsgrundsatz; Zweirichtungsradweg

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.02.2016
Aktenzeichen
12 LA 211/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43180
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 16.10.2014 - AZ: 7 A 4847/13

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 16. Oktober 2014 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Benutzungspflicht für die Radwege an der Bürgermeister-Heidenreich-Straße in Varel. Bei der Bürgermeister-Heidenreich-Straße handelt es sich um das im Gebiet der Beklagten zwischen der Einmündung der Hellmut-Barthel-Straße im Westen und dem Ortsschild „Varel“ auf der Höhe des Wasserzuges „Südender Leeke“ im Osten gelegene, etwa 2,3 - 2,5 km lange Teilstück der B 437. Die B 437 verbindet den Wesertunnel und die Autobahn A 29. Die B 437 ist aus Westen in Fahrtrichtung Varel zunächst und bis ca. 70 - 80 m nach der Einmündung der Hellmut-Barthel-Straße (Beginn der Bürgermeister-Heidenreich-Straße) vierspurig ausgebaut.

Der Verlauf der Bürgermeister-Heidenreich-Straße gestaltet sich aus der Richtung von West nach Ost im Wesentlichen wie folgt: Sie ist - wie erwähnt - zunächst noch vierspurig mit einer Fahrbahnbreite von 13,50 m ausgebaut. Etwa 70 - 80 m nach der Einmündung der Hellmut-Barthel-Straße verengt sich die Bürgermeister-Heidenreich-Straße grundsätzlich - d.h. von Abbiegespuren abgesehen - auf zwei Spuren und ist 7 m breit. Bis zur Einmündung der Waisenhausstraße beträgt die Verkehrsbelastung nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts durchschnittlich täglich 15.500 Fahrzeuge mit einem Schwerlastverkehrsanteil von 11,5 %. Vor und nach der Einmündung der Waisenhausstraße ist die Bürgermeister-Heidenreich-Straße jeweils mit einer Linksabbiegespur für den Kraftfahrverkehr versehen. Nach etwa weiteren 700 m ist die Bürgermeister-Heidenreich-Straße breiter und teilweise mit zwei durch einen Grünstreifen getrennte, jeweils zweispurigen Fahrbahnen (d.h. insgesamt - abermals von Abbiegespuren abgesehen - vierspurig) versehen. Zwischen der Waisenhausstraße und der weiter östlich liegenden Kreuzung mit der Windallee beträgt die Verkehrsbelastung nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts 14.900 Fahrzeuge täglich durchschnittlich mit einem Schwerlastverkehrsanteil von 10,8 %. Die Verkehrsbelastung steigt bis zur - abermals weiter östlich gelegenen - Kreuzung Neue Straße/Oldenburger Straße auf 17.940 Fahrzeuge durchschnittlich täglich mit einem Schwerlastanteil von 11,9 %. Nach der Kreuzung mit der Neuen Straße verläuft die Bürgermeister-Heidenreich-Straße weiter zwei- bis vierspurig, teilweise mit trennendem Grün zwischen zwei Richtungsfahrbahnen, bis zu einem Kreisel an der Einmündung des Tweelhörnwegs. Anschließend wird sie bis zum Ortsschild „Varel“ im Osten mit grundsätzlich zwei Fahrspuren und einer Fahrbahnbreite von 7,0 m bis 7,50 m geführt. In diesem östlichen Teil beträgt die Verkehrsbelastung der Bürgermeister-Heidenreich-Straße nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts 10.650 Fahrzeuge mit einem Schwerlastverkehranteil von 14,8 %. Die Höchstbelastung beträgt in der Spitzenstunde (16.00 bis 17.00 Uhr) auf der B 437 im Gebiet der Beklagten

- östlich der Einmündung der Hellmut-Barthel-Straße 916 Kraftfahrzeuge (Schwerlastverkehranteil 9 %)

- östlich der Einmündung Neue Straße 1.165 und westlich davon 910 Kfz mit einem Anteil des Schwerlastverkehrs von 12 %

- westlich der Einmündung von Jaderberger und Rodenkirchener Straße 976 Kraftfahrzeuge (Schwerlastverkehrsanteil 15 %).

Abermals aus der Richtung von Westen nach Osten betrachtet, gestaltet sich die Radwegsituation an der Bürgermeister-Heidenreich-Straße wie folgt:

An der Nordseite der Bürgermeister-Heidenreich-Straße besteht von der Einmündung der Hellmut-Barthel-Straße bis zur Windallee ein gemeinsamer Geh- und Radweg. Bei dem Radweg handelt es sich um einen sog. zweiseitigen Zweirichtungsradweg. Ab der Windallee Richtung Osten besteht ein getrennter Geh- und Radweg. Bei dem Radweg handelt es sich wiederum um einen zweiseitigen Zweirichtungsradweg. Ab dem Synagogenweg bis zum Ortsschild „Varel“ im Osten fehlt ein Radweg an der Nordseite der Bürgermeister-Heidenreich-Straße.

Auf der Südseite der Bürgermeister-Heidenreich-Straße befindet sich aus der Richtung von Westen nach Osten betrachtet zunächst ein gemeinsamer Geh- und Radweg (Radweg abermals zweiseitiger Zweirichtungsradweg). Die letzten 30 m bis zur Kreuzung der Bürgermeister-Heidenreich-Straße mit der Windallee besteht kein Radweg. Hier wird der Radverkehr auf der südlich abknickenden Straße „Am Spülteich“ bis zur Windallee geführt. Nach der Kreuzung Windallee geht es bis zur Kreuzung Osterstraße mit einem getrennten Geh- und Radweg (zweiseitiger Zweirichtungsradweg) weiter. Vor und nach der Einmündung des „Bleichenpfad“ stehen Geh- und Radweg mit Zusatzzeichen „Mofa frei“ zur Verfügung. Ab der Einmündung „Bleichenpfad“ besteht bis zum Ortsausgang ein einseitiger benutzungspflichtiger Zweirichtungsradweg.

Der Kläger beantragte am 6. November 2012 bei der Beklagten eine Neubescheidung der Radwegbenutzungspflichten entlang u.a. der Bürgermeister-Heydenreich-Straße mit dem Ziel einer Aufhebung der Radwegbenutzungspflichten. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 21. März 2013 ab.

Auf die Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2013 aufgehoben, „soweit er die Pflicht zur Benutzung der Radwege an der Bürgermeister-Heidenreich-Straße 1. zwischen Bleichenpfad und dem östlichen Ortsschild ‚Varel‘ 2. für die Radfahrer im Gegenverkehr auf den westlich anschließenden zweiseitigen Zweirichtungsradwegen bis zur Hellmut-Barthel-Straße anordnet“ und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und überwiegend begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2013 sei in dem durch den Tenor bezeichneten Umfang rechtswidrig und verletze insoweit auch den Kläger in seinen Rechten. Im Übrigen sei der Bescheid rechtmäßig. Die streitige Pflicht zur Benutzung der Radwege sei an § 45 Abs. 9 Satz 2 und Abs. 1 Satz 1 StVO zu messen. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht seien für die Nebenanlage an der östlichen Teilstrecke südlich der Bürgermeister-Heidenreich-Straße ab Bleichenpfad nicht erfüllt. Ob eine „qualifizierte Gefahrenlage“ vorliege, sei aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse abhängig von einer Vielzahl von Faktoren wie der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Straße und ihrer Nebenanlagen, witterungsbedingte Einflüsse, Verkehrsbelastungen und Unfallzahlen zu beurteilen. Dies werde auch durch VwV-StVO zu § 2 Rz. 9 bestätigt. Daneben könnten für die Beurteilung der örtlichen Verhältnisse und die danach gebotene Führung des Radverkehrs auch die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (ERA) herangezogen werden. Nach gefestigter Rechtsprechung könnten die ERA zumindest als Entscheidungshilfe mit herangezogen werden. Die Nutzungspflicht für einen nicht den Mindestanforderungen entsprechenden Radweg dürfe angeordnet werden, wenn die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer in Bezug zu der auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruhenden „qualifizierten Gefahrenlage“ im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO zur nochmals deutlich gesteigerten Gefährdung der Radfahrer selbst führen würde, ein Radweg vorhanden sei, dessen Benutzung zumutbar sei und ein Ausbau des vorhandenen Radwegs aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht ohne weiteres möglich sei. Bei der Radwegbenutzungspflicht gemäß Zeichen 240 zu Anlage 2 StVO müsse der gemeinsame Fuß- und Radweg innerorts mindestens 2,50 m breit sein und bei Zeichen 241 zu Anlage 2 StVO müsse der Radweg auf einem getrennten Fuß- und Radweg mindestens 1,50 m breit sein (VwV-StVO § 2 Rz. 20 und 21). Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung sei insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und solle gemäß VwV-StVO § 2 Rz. 33 grundsätzlich nicht angeordnet werden. Nach Rz. 34 VwV-StVO § 2 könne lediglich nach sorgfältiger Prüfung auf baulich angelegten Radwegen die Benutzungspflicht auch für den Radverkehr in Gegenrichtung mit Zeichen 237, 240 oder 241 zu Anlage 2 StVO angeordnet werden. Das Gericht habe zunächst zu prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen einer „qualifizierten Gefährdungslage“ erfüllt seien. Auf einer zweiten Stufe sei die Ermessensausübung der Straßenverkehrsbehörde zu überprüfen. Entscheidend sei, ob die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer Gefährdungssituation führen würde, die auch mit Blick auf den Ausbauzustand des Radweges nicht hinnehmbar sei. Gefordert werde dabei nicht eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, sondern eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit, d.h. eine konkrete Gefahr aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei die Radwegbenutzungspflicht für den gemeinsamen Rad- und Gehweg (einseitiger Zweirichtungsradweg) südlich der Bürgermeister-Heidenreich-Straße ab der Einmündung der Neue Straße (Bleichenpfad) bis zum Ortsschild „Varel“ im Osten rechtswidrig. Ein gemeinsamer Geh- und Zweirichtungsradweg sei nur in besonderen Ausnahmefällen unter gleichzeitiger Anordnung der Radwegbenutzungspflicht zulässig. Nochmals gesteigerte Anforderungen an die Voraussetzung für die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht auf einer solchen Anlage seien dann zu stellen, wenn dieser gemeinsame einseitige Zweirichtungsrad- und Gehweg den Vorgaben von VwV-StVO und ERA nicht genüge und zudem auch noch für Mofa freigegeben sei. Unter Zugrundelegung der Tabelle 8 in den ERA (S. 18) spreche die ebene und gerade Führung der Bürgermeister-Heidenreich-Straße in diesem Bereich gegen eine solche gesteigerte „qualifizierte“ Gefahrenlage. Bei der Fahrbahnbreite der Straße von 7,00 m und mehr könne ein Kfz im Begegnungsfall den Radfahrer auf der Fahrbahn mit ausreichendem Sicherheitsabstand überholen (s. ERA S. 22). Zudem sei der vorhandene Radweg südlich der Bürgermeister-Heidenreich-Straße ab der Einmündung Bleichenpfad östlich nicht zumutbar zu benutzen. Die Anordnung als benutzungspflichtiger einseitiger Zweirichtungsradweg gemeinsam mit dem Gehweg und „freigegeben für Mofa“ schaffe dort für Radfahrer eine erhebliche Gefahrenlage. Die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht für die Nebenanlagen der Bürgermeister-Heidenreich-Straße ab der Einmündung Hellmut-Barthel-Straße bis zur Einmündung Neustraße/Synagogenweg/Bleichenpfad sei im übrigen „dem Grunde nach“ rechtmäßig. Rechtswidrig sei aber die Anordnung für den Radverkehr im Gegen- bzw. Linksverkehr. Die Radwegbenutzungspflicht für den gemeinsamen Rad- und Gehweg nördlich der Bürgermeister-Heidenreich-Straße ab der Einmündung Waisenhausstraße bis zum Beginn der vierstreifigen Führung der Straße sei rechtmäßig. Da der gemeinsame Geh- und Radweg dort die Mindestbreite von 2,50 m (ERA S. 28/Rz. 3.6 - VwV-StVO § 2 Rz. 20/II 2a) bb)) unterschreite, müsse dort ebenfalls eine nochmals gesteigerte „qualifizierte Gefahrenlage“ für Radfahrer bei Nutzung der Fahrbahn bestehen. Der gemeinsame Geh- und Radweg sei dort lediglich 1,80 m breit und habe zudem das Zusatzzeichen „Mofa frei“. Hier betrage der Kraftfahrzeugverkehr in der „Spitzenstunde“ knapp unter 1.000 Fahrzeugen (mit einem Anteil des Schwerlastverkehrs von 9 %). Auch hier sei die Bürgermeister-Heidenreich-Straße geradeaus, ohne Steigung und übersichtlich geführt, so dass sie eher dem Belastungsbereich II gemäß Tabelle 8 der ERA zugeordnet werden könne. Hinzu komme, dass die Streckenführung an der Nordseite der B 437 mit einer langen Linksabbiegespur übersichtlich sei. Gegen die Aufhebung der Pflicht zur Benutzung des Radweges auf diesem Teilstück spreche indes, dass diese nur einen kleinen Teil der Strecke bis zur nächsten Straßeneinmündung „Am Nordende“ beträfe und die Radfahrer den vierstreifigen Teil der Fahrbahn der B 437 auch in diesem Teilbereich gemäß VwV-StVO § 2 Rz. 6/III nicht nutzen sollten. Bei der gegenwärtigen baulichen Anlage des gemeinsamen Rad- und Gehweges hier spreche einiges dagegen, die Anlage erst ab Beginn der vierstreifigen Führung der B 437 für Radfahrer benutzungspflichtig zu machen. Sie müssten dann auf der Fahrbahn absteigen und ihr Fahrrad auf den gemeinsamen Geh- und Radweg hinüberheben. Eine „Rampe“ zum gefahrlosen Auffahren auf die Nebenanlage zum Beginn der vierstreifigen Führung der B 437 sei nicht vorhanden. Hinzu komme, dass der Übergang der Verkehrsführung von zwei auf einen Fahrstreifen höchstwahrscheinlich auch eine besondere Gefahrensituation für Radfahrer auf der Fahrbahn bedeute, die es ihrerseits wiederum rechtfertige, für die gesamte Strecke der Nordseite der B 437 zwischen „Am Nordende“ und der Waisenhausstraße die Radwegbenutzungspflicht anzuordnen. Hinzu komme, dass die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht auf dem folgenden Teilstück der B 437 bis zum Ortsausgang nicht zu beanstanden sei. Eine Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht an der hier in Rede stehenden Teilstrecke ab dem Ende der vierstreifigen Führung der B 437 bis zur Waisenhausstraße wäre mit Blick auf die rechtmäßige Pflicht zur Radwegbenutzung davor und danach eher verwirrend als günstig für die Verkehrssicherheit. Auch für die übrigen Abschnitte der Radwege an der Bürgermeister-Heidenreich-Straße sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Benutzung im Rechtsverkehr angeordnet habe. Für die Teilstrecke der Bürgermeister-Heidenreich-Straße zwischen Waisenhausstraße und Neue Straße sei die Radwegbenutzungspflicht schon deshalb gerechtfertigt, weil dort die B 437 innerörtlich in Varel mit vier Fahrbahnen - zwei Fahrbahnen für jede Richtung - geführt werde. Auch auf den weiteren Teilstrecken der Bürgermeister-Heidenreich-Straße zwischen der Hellmuth-Barthel-Straße und der Waisenhausstraße würde die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer Gefährdungssituation im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO führen, die auch mit Blick auf den Ausbauzustand des Radwegs nicht hinnehmbar sei. Dabei habe die Straßenverkehrsbehörde eine Einschätzungsprärogative. Es sei auch mit Blick auf diese Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden, dass die Beklagte annehme, zwischen der Hellmuth-Barthel-Straße und der Waisenhausstraße bestehe für die Radfahrer bei Nutzung der Fahrbahn der Bürgermeister-Heidenreich-Straße eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteige. Dies liege hier an dem hohen Anteil des Schwerlastverkehrs. Er betrage bei einer Belastung der Strecke in der Spitzenstunde etwa 82 Fahrzeuge, was mithin fast 1,5 Fahrzeuge des Schwerverkehrs pro Minute in beiden Fahrtrichtungen ausmache. Dies führe dazu, dass auch Pkw, die einem Fahrzeug des Schwerverkehrs entgegenkämen, Radfahrer kaum überholen könnten, wenn sie den gebotenen Sicherheitsabstand einhielten. Dies liege an der Breite der jeweiligen Spur von 3,50 m. Demgemäß (schließe) das Bild 7 der ERA (S. 19) „Vorauswahl von geeigneten Führungsformen“ für den Radverkehr bei zweistreifigen Straßen einen Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen auf der Fahrbahn unter dem Ausschluss benutzungspflichtiger Radwege bei Geschwindigkeiten von mehr als 20 km/h und 900 Kraftfahrzeugen in der Spitze aus. Bei der hier geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h wäre nach dem eben erwähnten Bild 7 der ERA ein benutzungspflichtiger Radweg jedenfalls bei dem hier zu bejahenden starken Schwerverkehr eine geeignete Führungsform. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihr Ermessen gemäß § 45 Abs. 9 StVO in diesem Bereich zugunsten einer Benutzungspflicht des Radwegs ausübe. Bei der Bürgermeister-Heidenreich-Straße handele es sich auch in diesem Bereich um eine Vorfahrtstraße mit starkem Kraftfahrzeugverkehr. Es sei für Verkehrsablauf und -sicherheit dort förderlich, wenn der langsamere Fahrradverkehr auf die Nebenanlage verwiesen werde. Dies entspreche zudem den Anforderungen von VwV-StVO § 2 Rz. 20/II 2a) bb)). Das gleiche gelte - sogar in stärkerem Maße - für das kurze zweistreifige Teilstück der Bürgermeister-Heidenreich-Straße zwischen Neue Straße und Synagogenweg. Dort liege die Verkehrsbelastung mit 1.165 Fahrzeugen in der Spitzenstunde und einem Anteil des Schwerlastverkehrs von 12 % deutlich höher als in dem eben behandelten Abschnitt. Zudem sei die bauliche Führung des Radverkehrs dort noch deutlich günstiger. Rad- und Gehweg seien getrennt mit einer Breite von jeweils 1,50 m. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Pflicht zur Benutzung der Radwege südlich und nördlich der Bürgermeister-Heidenreich-Straße an den übrigen Teilstrecken der B 437 zwischen der Hellmut-Barthel-Straße und der Neue Straße angeordnet habe. Demgegenüber sei es rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, dass auch die Radfahrer im Gegenverkehr verpflichtet seien, die Radwege zwischen Hellmuth-Barthel-Straße und Bleichenpfad/Synagogenweg (als Zweirichtungsradweg) zu benutzen. Der Bescheid vom 21. März 2013 genüge insoweit nicht den Anforderungen von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO. Weder kläre er die besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht im Gegenverkehr auf einem gemeinsamen Geh- und Zweirichtungsradweg noch seien diesbezüglich Ermessenserwägungen für die gebotenen Maßnahmen zum Schutz dieses spezifischen Radverkehrs ersichtlich. Das Gericht habe erwogen, ob die Annahme des Klägers zutreffe, dass für einzelne Teilstücke die Radwegbenutzungspflicht zwischen Hellmuth-Barthel-Straße und Bleichenpfad im Rechtsverkehr rechtswidrig sei, weil die maßgeblichen Verkehrszeichen diese nicht hinreichend deutlich anordneten. Dieser Erwägung sei das Gericht im Ergebnis nicht näher getreten, da in allen Fällen bei den Verkehrszeichen die Linienführung der Radwegbenutzungspflicht für den Rechtsverkehr im streitgegenständlichen Bereich ohne weiteres erkennbar sei. Der sog. Sichtbarkeitsgrundsatz besage, dass der Regelungsgehalt von Verkehrszeichen sofort erkennbar sein müsse. Verkehrszeichen seien deshalb so aufzustellen oder anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen könne. Ein Verstoß gegen das Sichtbarkeitsprinzip könne zur Rechtswidrigkeit der durch das Verkehrszeichen bekannt gegebenen Regelung und in Einzelfällen sogar zu deren Nichtigkeit führen. Die Verkehrszeichen zur Radwegbenutzungspflicht im Rechtsverkehr südlich und nördlich der Bürgermeister-Heidenreich-Straße zwischen Hellmuth-Barthel-Straße und Synagogenweg/Bleichenpfad gewährleisteten, dass ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer bei der gebotenen Sorgfalt mit einem raschen beiläufigen Blick erkennen könne, dass er den Radweg zu benutzen habe (Zeichen 240 bzw. 241).

II.

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, hat keinen Erfolg.

Der Kläger stützt sich zur Begründung seines Zulassungsantrags auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und des Vorliegens eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO und führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage vollumfänglich stattgeben müssen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2013 sei insgesamt rechtswidrig. Rz. 6/III der VwV zu § 2 StVO sei bezüglich der B 437 nicht anwendbar. Es gebe keine vier Fahrbahnen. Die an der B 437 bestehende Radwegbenutzungspflicht sei nichtig. Eine wie hier beidseitige Radwegbenutzungspflicht sei für jeden Fahrradfahrer objektiv unerfüllbar. Das Verwaltungsgericht habe gegen den Untersuchungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Dem Verwaltungsgericht habe sich eine Beweisaufnahme aufgedrängt. Es hätte ein Sachverständigengutachten zur Bestimmung der Verhältnisse nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO erstellt werden müssen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei auch in der praktischen Konsequenz nicht sinnvoll. Nunmehr werde eine unverändert hohe Zahl von Radfahrern ihm illegal auf den zu engen Strecken entgegenkommen und ihn gefährden. Die Verkehrszeichen für Radfahrer seien nicht klar erkennbar und unmissverständlich. Das Urteil sei teilweise widersprüchlich. Die Platzverhältnisse für den Rad- und Fußgängerweg seien insgesamt nicht ausreichend. Es bestehe die Befürchtung, dass bei einem oder mehreren Richtern des Verwaltungsgerichts eine Befangenheit vorgelegen habe.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dazu unter 1.) und des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, dazu unter 2.) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargetan.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird und sich ernstliche Zweifel am Ergebnis der Entscheidung ergeben. Um ernstliche Zweifel darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen, geltend machen, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung sei im Ergebnis unrichtig und die Sachgründe hierzu bezeichnen und erläutern. Das Vorbringen des Klägers gibt keinen Anlass, die Berufung mit Blick auf diesen Zulassungsgrund zuzulassen.

Es entspricht der Rechtsprechung anzunehmen, dass  die Frage, ob eine - eine Radwegbenutzungspflicht rechtfertigende - Gefahrenlage im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO vorliegt, aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse abhängig von einer Vielzahl von Faktoren wie der Streckenführung, des Ausbauzustands der Straße und ihrer Nebenanlagen, witterungsbedingter Einflüsse, Verkehrsbelastungen und Unfallzahlen zu beurteilen ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 3 C 42.09 -, BVerwGE 138, 159, juris Rdn. 25 f.). Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. Es hat die Verkehrsbelastung der Straße - auch durch Schwerlastverkehr -, die Streckenführung, den Ausbau der Strecke (u.a. teilweise zwei- und teilweise vierstreifig), die Fahrbahnbreite, die Möglichkeit, Überholvorgänge auf der Strecke durchzuführen, und den Umstand berücksichtigt, dass es sich um eine Vorfahrtstraße mit starkem Kraftfahrzeugverkehr handelt. Des Weiteren hat es auf die Erwägungen des  angefochtenen Bescheids der Beklagten vom 21. März 2013 verwiesen, in dem als Gesichtspunkte außerdem die Bedeutung der Straße als Verbindungsstraße zwischen Wesertunnel und BAB 29 und der daraus folgenden Zusammenfassung von Durchgangs- sowie Ziel- und Quellverkehr sowie die auf der Strecke befindlichen zahlreichen Knotenpunkte und die daraus resultierenden Abbiegespuren mit der sich daraus ergebenden Unübersichtlichkeit des Verkehrs bei häufigem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit angeführt werden.

Soweit der Kläger einwendet, die B 437 habe lediglich vier Fahrstreifen und nicht - wie das Verwaltungsgericht angenommen habe - vier Fahrbahnen, Rz. 6/III der VwV zu § 2 StVO sei nicht einschlägig, führt dies nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Zwar spricht einiges dafür, dass der Einwand des Klägers zutrifft. Nach Nr. I der VwV zu § 2 Abs. 1 StVO sind zwei Fahrbahnen nur vorhanden, wenn die Fahrstreifen für beide Fahrtrichtungen durch Mittelstreifen, Trenninseln, abgegrenzte Gleiskörper, Schutzplanken oder andere bauliche Einrichtungen getrennt sind. Eine entsprechende Trennung der Fahrstreifen durch bauliche Einrichtungen findet sich hier in Teilabschnitten der in Rede stehenden Strecke, die für diese Bereiche die Annahme rechtfertigt, es liegen zwei Fahrbahnen vor. Soweit nach Lage der Akten erkennbar, finden sich aber an keiner Stelle weitere trennende bauliche Einrichtungen zwischen den Fahrstreifen, die eine vierbahnige Führung begründen. Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil indessen nicht nur auf diese Erwägung, sondern - wie ausgeführt - zutreffend kumulativ auf eine Vielzahl von Gesichtspunkten gestützt. Soweit es seine Entscheidung mit  „Rz. 6/III“ der VwV zu § 2 StVO begründet hat, hat es selbst ausgeführt, es handele sich insoweit „nur um ein ‚Mosaiksteinchen‘ in der Begründung der streitigen Radwegbenutzungspflicht“ (S. 26 UU). Dass die weiteren vom Verwaltungsgericht für eine Rechtfertigung der Radwegbenutzungspflicht angeführten bzw. in Bezug genommenen Gründe ohne dieses „Mosaiksteinchen“ nicht tragfähig wären, hat der Kläger nicht dargelegt und ist dem Senat auch sonst nicht ersichtlich.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich auch nicht, soweit der Kläger geltend macht, an der B 437 bestehe eine beidseitige, in beide Fahrtrichtungen geltende Radwegbenutzungspflicht, die nichtig sei, weil sie objektiv nicht erfüllbar sei. Verlaufen auf beiden Seiten der Straße Radwege und ist auch der für einen Radfahrer in seiner Fahrtrichtung gesehen linke Radweg freigegeben, darf der Radfahrer seinen Weg wählen (BGH, Urt. v. 29.10.1996 - VI ZR 310/95 -, NJW 1997, 395, juris Rdn. 12; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 2 StVO Rdn. 67a).

2. Der Kläger dringt auch mit seiner Rüge eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht durch. Gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Das diesbezügliche Zulassungsvorbringen genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Erstgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 17.2.2015 - 1 B 3.15 -, juris Rn. 10). Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht. Er legt nicht dar, welche Feststellungen bei der Einholung eines Sachverständigengutachtens voraussichtlich getroffen worden wären. Er führt auch nicht hinreichend aus, aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens - wie hier - ohne ein Hinwirken auf die Vornahme dieser Maßnahme von sich aus hätte aufdrängen müssen.

Ein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegt auch in der Sache nicht vor. Die Untersuchungspflicht greift, soweit es nach der Rechtsauffassung des Gerichts auf die in Frage stehenden Tatsachen ankommt. Soweit dem Gericht selbst die zur Feststellung und/oder Beurteilung von Sachfragen erforderliche Sachkunde fehlt, muss es geeignete Sachverständige zuziehen (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 86 Rdn. 4 ff., 9). Der Kläger macht geltend, es habe ein Sachverständigengutachten zur Bestimmung der Verhältnisse nach § 49 Abs. 9 Satz 2 StVO erstellt werden müssen, das Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise nur die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA), Ausgabe 2010, der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen herangezogen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass für die Wertung, ob eine besondere Gefahrenlage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO vorliegt, neben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) die in der ERA, Ausgabe 2010, enthaltenen technischen Regelwerke zumindest Anhaltspunkte liefern (s. etwa BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 3 C 42.09 -, BVerwGE 138, 159, juris Rdn. 27; Beschl. v. 16.04.2012 - 3 B 62.11 -, Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 48, juris Rdn. 15; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.2.2011 - 5 S 2285/09 -, VBlBW 2011, 275, juris Rdn. 44; Bay. VGH, Urt. v. 6.4.2011 - 11 B 08.1892 -, BayVBl. 2011, 504, juris Rdn. 36). Von diesen Maßgaben ist auch das Verwaltungsgericht (S. 19 UU) ausgegangen. Dass es ausgehend von der - wie dargelegt - maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts eines Sachverständigengutachtens bedurft hätte, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Hinreichende Anhaltspunkte, die Anlass geben, an den Empfehlungen der ERA grundsätzlich zu zweifeln, sind weder fundiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger auf die Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen (bast), Verkehrssichere Anlage und Gestaltung von Radwegen, Heft V9, verweist. Aus der Vorbemerkung der Berichte der bast (S. 7) geht hervor:

„Auf der Basis umfangreicher Unfallanalysen und Verkehrsbeobachtungen versucht die vorliegende Arbeit Aufschluss zu geben über die sich stellende Problematik. Es wird deutlich, dass es eine generell auf Hauptverkehrsstraßen zu bevorzugende Führungsform des Radverkehrs nicht gibt, sondern dass (es) in jedem planerischen Einzelfall unter Einbeziehung einer Vielzahl von Kriterien abgewogen werden muss, wie der Radverkehr sicher, attraktiv und mit den übrigen Nutzungen verträglich zu führen ist.“

Zu dem vom Kläger angestrebten Mischverkehr auf der Fahrbahn finden sich im Kapitel 3 „Derzeitiger Kenntnis- und Diskussionsstand“ u.a. folgende Ausführungen (S. 15 f.):

„Die Separierung des Radverkehrs gilt als der anzustrebende Regelfall auf allen vom Kfz-Verkehr stärker frequentierten Straßen. Der hohe Nutzungsdruck vor allem in den Innenbereichen unserer Städte läßt es auf diesen Straßen vielfach nicht zu, anspruchsgerecht ausgeformte Radwege oder Radfahrstreifen zu realisieren. Verstärkt wird daher im Rahmen von neueren Straßengestaltungsmaßnahmen auch unter der Erkenntnis, dass ‚ein schlechter Radweg schlechter ist als gar kein Radweg‘, dazu übergegangen, den Radverkehr im Mischverkehr auf der Fahrbahn zu führen.
Es ist zur Zeit noch weitgehend ungeklärt, ob und unter welchen Rahmenbedingungen eine solche Führung auch bei höheren Kfz-Verkehrsbelastungen aus Sicherheitsgründen empfehlenswert sein kann. Vorrangig stellt sich hierbei die Frage nach den jeweils notwendigen Fahrbahnbreitengebungen, nach den zulässigen Geschwindigkeiten sowie den Belastungsobergrenzen des Kfz-Verkehrs.

Das Zusammenwirken von Radfahrern und Kraftfahrzeugen im Mischverkehr auf der Fahrbahn ist in einem bisher noch nicht hinreichenden Maße erforscht. Es fehlen so zur Zeit noch wesentliche Grundlagen zur Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Rahmenbedingungen eine Führung des Radverkehrs im Mischverkehr auf der Fahrbahn auch bei höheren Kfz-Verkehrsbelastungen vertreten werden kann. …
Die vorliegenden Untersuchungen machen deutlich, dass es im Rahmen der durchzuführenden Arbeit vor allem darum gehen muss, die vielschichtigen Wirkungszusammenhänge zwischen dem Sicherheitsgeschehen und den jeweiligen baulichen, verkehrlichen, betrieblichen und umfeldbezogenen Gegebenheiten weiter zu erhellen. Hierzu bedarf es zur Sicherstellung einer aussagekräftigen Interpretationsfähigkeit der erzielten Ergebnisse neben der situationsbezogenen Aufschlüsselung des Radfahrerunfallgeschehens einer detaillierten Beobachtung und Analyse der sich bei den einzelnen einbezogenen Fallbeispielen einstellenden Verkehrs- und Interaktionsvorgänge.

Im Kapitel 8 „Planungsempfehlungen“ (S. 78 f.) heißt es dann u.a.:

„Die Ergebnisse der durchgeführten Unfallanalysen und Verkehrsverhaltensbeobachtungen machen deutlich, dass es für den Bereich der intensiv und vielfältig genutzten innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen eine eindeutig zu bevorzugende Führungsvariante des Radverkehrs nicht gibt. …

Bestimmend für die Auswahl einer geeigneten Führungsvariante des Radverkehrs sind vor allem die folgenden Kriterien:

- Gefährdung des Radverkehrs durch den Kfz-Verkehr
- Art und Dichte der Knotenpunkte und stärker befahrener Grundstückszufahrten
- Art, Intensität und Verkehrswirksamkeit der Umfeldnutzungen
- Flächenverfügbarkeit in den Straßenräumen

Weitere Bestimmungsgrößen sind:

- Stärke und Zusammensetzung des Radverkehrs
- ortsspezifische Charakteristiken des Radverkehrs
- Problem- und Engstellen
- Führungs-/Nutzungsbesonderheiten

Ob und welche Maßnahmen zur Trennung des Radverkehrs vom Kfz-Verkehr erforderlich sind, hängt in einem wesentlichen Maße ab von den auf der Fahrbahn vorliegenden Gefährdungsverhältnissen. Diese werden vor allem bestimmt durch
- die Geschwindigkeiten,
- die Stärke und
- die Zusammensetzung des Kfz-Verkehrs.

Nach den durchgeführten Verkehrsbeobachtungen erweist sich die Führung des Radverkehrs im Mischverkehr mit dem Kfz-Verkehr auf der Fahrbahn bis hin zu Kfz-Verkehrsbelastungen von etwa 10 000 Kfz/Tag als relativ unproblematisch …
Auch bei höheren Kfz-Verkehrsbelastungen bis hin zu etwa 15 000 Kfz/Tag … kann die Führung des Radverkehrs im Mischverkehr auf der Fahrbahn … eine verträgliche und den anderen Führungsvarianten adäquate Lösung sein. Zur Gewährleistung eines möglichst gefährdungsarmen Verkehrsablaufs sollte die 85-%-Geschwindigkeit der im unbehinderten Verkehrsfluss fahrenden Kraftfahrzeuge dann einen Wert von 45 km/h nicht überschreiten.

Niedrigere Belastungswerte sind in Ansatz zu bringen auf Straßen mit einer starken Frequentierung durch den Schwerlastverkehr (etwa mehr als 1000 Kfz/Tag)    und auf Straßen, die bei einer dominierenden Verbindungsfunktion in starkem Maße ortsfremde Durchgangsverkehre aufweisen. …“

Diese Ausführungen sind angesichts der hier anzutreffenden, eingangs beschriebenen örtlichen Verhältnisse nicht geeignet, die allgemein gehaltene Rüge des Klägers zu stützen. Soweit der Kläger in seinem mit der Zulassungsbegründung in Bezug genommenen Schriftsatz vom 26. März 2014 etwa die Zusammenhänge zwischen einer Gefahrenlage im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO einerseits und einer höheren Verkehrsbelastung mit einem hohen Schwerlastverkehranteil andererseits bestreitet, hat er nicht substantiiert dargelegt, dass sich dies anhand des von ihm nur allgemein in Bezug genommenen Berichts der Bundesanstalt für Straßenwesen (bast), Verkehrssichere Anlage und Gestaltung von Radwegen, Heft V9, begründen lässt. Aus Sicht des Senats ergibt sich ein fehlender Zusammenhang auch nicht aus den oben angeführten Erwägungen der Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Soweit es etwa in den Empfehlungen der ERA heißt, die Eignung bestimmter Radverkehrsführungsformen hänge im Wesentlichen von der Stärke und Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugverkehrs ab, steht dies nicht im Gegensatz zu dem vorgenannten Bericht und ergeben sich daraus keine hinreichenden Anhaltspunkte, die Anlass geben, an den Empfehlungen der ERA grundsätzlich zu zweifeln. Dass sich das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen und mit Hilfe der Empfehlungen der ERA nicht die zur Feststellung und/oder Beurteilung der maßgeblichen Fragen erforderliche Sachkunde erarbeiten konnte und es einen Sachverständigen hätte zuziehen müssen, ist vor diesem Hintergrund nicht hinreichend dargelegt. Nicht hinreichend dargelegt ist ebenfalls, dass in der unterbliebenen „Befragung eines Mitautors der ERA 2010, Herrn Dr. Kettler, Kiel, zur Aussagekraft der ERA 2010“ ein Verfahrensmangel liegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe Untersuchungsergebnisse über tatsächlich auftretende Radfahrunfälle bei Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn nicht gewürdigt, macht er nicht einen Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend, sondern eine unzutreffende Beurteilung der Gefährdungssituation und damit eine fehlerhafte Anwendung des sachlichen Rechts. Der Senat merkt hierzu lediglich ergänzend an, dass - anders als der Kläger in seinem in Bezug genommenen Schriftsatz vom 26. März 2014 meint - es nicht allein auf Unfallraten ankommt (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 23.9.2010 - 3 C 32.09 -, DAR 2011, 39, juris Rdn. 22, 27).

3. Soweit in der Zulassungsbegründung vom 20. Dezember 2014 unter III. „Vortrag der Naturalpartei“ referiert wird, ohne dass erkennbar wird, dass der Prozessbevollmächtigte diesen gesichtet, rechtlich durchdrungen und sich würdigend zu eigen gemacht hat, wird nicht den Darlegungsanforderungen Genüge getan. Parteivortrag darf dem Gericht nicht in der Weise angedient werden, dass dieses prüfen und herausfiltern möge, unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten die Ausführungen einen Zulassungsgrund begründen könnten; dies ist vielmehr Sache des - anwaltlich vertretenen - Rechtsmittelführers (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 124a Rdn. 49).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig  (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).