Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.02.2016, Az.: 13 LA 79/15

Beauftragung; Berufsfreiheit; Hauptverwaltungsbeamter; Kommune; Kündigung; objektive Berufszulassungsvoraussetzung; privater Dritter; Rettungsdienst; Rettungsdienstträger; Vertretungsmacht; wirtschaftliche Betätigung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.02.2016
Aktenzeichen
13 LA 79/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43184
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 15.04.2015 - AZ: 11 A 2102/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Art. 12 Abs. 1 GG gebietet es nicht, § 5 Abs. 3 Satz 1 NRettDG dahingehend auszulegen, dass die Durchführung des Rettungdienstes durch den Träger selbst subsidiär hinter der Beauftragung bzw. Konzessionierung privater Dritter zurückzutreten hat.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 11. Kammer (Einzelrichter) - vom 15. April 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 12.03.2008 - 2 BvR 378/05 -; BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 21.01.2000 - 2 BvR 2125/97 -, jeweils zit. nach juris). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen.

1. Der vom Kläger in erster Linie geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor. Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des §  124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht.

Die zunächst als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Frage, ob der Schutz des Art. 19 Abs. 4 GG Anfechtungsmöglichkeiten des Betroffenen gegenüber einer einseitigen Willenserklärung eines Hauptverwaltungsbeamten gebiete, wenn dieser ohne einen Beschluss des zuständigen Organs handele, ob in diesen Fällen eine analoge Anwendung des § 45 VwVfG geboten sei und welche Regelungen gälten, wenn der Hauptverwaltungsbeamte die fehlende Zuständigkeit gekannt habe oder habe kennen müssen und welche Partei hierfür die Beweislast trage, bedürfen keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 14. November 2014 in dem vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - 13 ME 187/14 - ausgeführt:

„Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die Frage offen gelassen hat, ob der Kreisausschuss in seiner Sitzung vom 29. November 2012 über die Kündigung entscheiden durfte oder ob nach § 58 NKomVG eine Befassung des Kreistages mit dieser Frage erforderlich war. Während die §§ 58, 76 und 85 NKomVG die Geschäftsführungsbefugnis der Kommunalorgane im Innenverhältnis regeln, betrifft § 86 Abs. 1 Satz 2 NKomVG die Vertretungsmacht des Hauptverwaltungsbeamten - hier des Landrats - für Rechtsgeschäfte jeder Art im Außenverhältnis.

Diese Vertretungsmacht ist umfassend und lediglich für Verpflichtungsgeschäfte durch das Formerfordernis des § 86 Abs. 2 NKomVG beschränkt. Fehlt der willensbildende Beschluss des intern sachlich zuständigen Organs oder ist dieser rechtswidrig, so bleibt die Erklärung des Hauptverwaltungsbeamten dennoch nach außen wirksam, sofern sie nicht selbst nichtig ist. Eine intern rechtswidrige Vertretungshandlung des Hauptverwaltungsbeamten kann lediglich disziplinarrechtlich geahndet werden und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen, die Wirksamkeit im Außenverhältnis berührt dies nicht (vgl. BGH, Urt. v. 20.04.1966 - V ZR 50/65 -, juris, Rdnr. 13; Urt. v. 18.12.2000 - II ZR 384/98 -, juris, Rdnr. 24; OVG LSA, Urt. v. 24.02.2000 - A 2 S 208/98 -, juris, Rdnr. 36; Mielke in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, § 86 NKomVG, Rdnr. 7, 9, Loseblatt, Stand März 2012; Thiele, Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, 2011, § 86, Anm. 1; jew. m.w.N.). Dem steht auch nicht entgegen, dass ein unter Verstoß gegen die interne Kompetenzordnung vom Hauptverwaltungsbeamten erlassener Verwaltungsakt aufgrund dieses Verstoßes als rechtswidrig und anfechtbar angesehen wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 31.01.2013 - 7 LA 160/11 -, juris, Rdnr. 8 ff.; OVG MV, Urt. v. 21.03.2007 - 3 L 159/03 -, juris, Rdnr. 27 ff.; Bay. VGH, Urt. v. 31.03.2003 - 4 B 00.2823 -, juris, Rdnr. 34), da eine Kündigung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, anders als ein Verwaltungsakt, nicht der prozessualen Anfechtbarkeit im Verwaltungsprozess unterliegt und es alleine auf ihre Wirksamkeit ankommt (vgl. dazu auch OVG MV, a.a.O., Rdnr. 32). Die Anknüpfung an die Wirksamkeit einer auf unmittelbare Rechtswirkung gerichteten Erklärung des Hauptverwaltungsbeamten ist ein Gebot der Rechtssicherheit und des angemessenen Schutzes außenstehender Dritter. Aus diesem Grunde schlägt die mögliche Fehlerhaftigkeit der internen Willensbildung nicht auf die Wirksamkeit der einem Außenstehenden gegenüber abgegebenen Willenserklärung durch. Dieser Rechtsgedanke liegt im Übrigen auch der Regelung des § 44 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 VwVfG zugrunde, wonach die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes - anders als dessen Rechtswidrigkeit - nicht dadurch herbeigeführt wird, dass ein zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat bzw. nicht beschlussfähig war oder die vorgeschriebene Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

Ein offensichtlicher Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Landrat kann den Darlegungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht entnommen werden. Mit der unter dem 4. Dezember 2012 ausgesprochenen Kündigung ist der Landrat dem Beschluss des Kreisausschusses vom 29. November 2012 nachgekommen. Anhaltspunkte dafür, dass der Landrat eine Entscheidung des Kreistags - dessen Zuständigkeit unterstellt - in Kenntnis dieser Zuständigkeit bewusst nicht herbeigeführt hat, sind nicht einmal ansatzweise vorgetragen und glaubhaft gemacht worden. Der Verweis auf § 180 BGB führt in diesem Zusammenhang nicht weiter, da der Landrat nach dem oben Ausgeführten beim Ausspruch der Kündigungserklärung im Rahmen der ihm durch § 86 Abs. 1 Satz 2 NKomVG verliehenen Vertretungsmacht gehandelt hat.“

Durch diese Ausführungen sind die aufgeworfenen Fragen bereits in hinreichender Weise beantwortet. Es ist aus Gründen der Rechtssicherheit und des Schutzes außenstehender Dritter gerade erforderlich, Fehler der internen Willensbildung nicht auf die Wirksamkeit einer einseitigen Willenserklärung durchschlagen zu lassen. Derartige Fehler betreffen nicht den geschützten Rechtskreis des Empfängers der Willenserklärung, er wird durch sie nicht in seinen Rechten verletzt. § 45 VwVfG findet auf Verwaltungsakte, nicht auf einseitige Willenserklärungen Anwendung und ist Ausfluss der nur Verwaltungsakten eigenen Unterscheidung zwischen Rechtswidrigkeit und Wirksamkeit. Anhaltspunkte für einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch des Hauptverwaltungsbeamten sind auch im Zulassungsverfahren nicht dargelegt worden. Unabhängig von der Frage der Beweislast wäre dafür zumindest ein substantiiertes Vorbringen des Klägers erforderlich gewesen. Ob - wie vom Kläger ausgeführt - bayerische Gerichte entgegen der ständigen Rechtsprechung des BGH Mängel der internen Willensbildung nach bayerischem Kommunalverfassungsrecht auf die Vertretungsmacht des Hauptverwaltungsbeamten durchschlagen lassen, begründet keine grundsätzliche Bedeutung für nach niedersächsischem Landesrecht zu entscheidende Fälle.

Die weiter aufgeworfene Frage, „ob § 5 Abs. 1 NRettDG unter Beachtung des Art. 12 Abs. 1 GG verfassungskonform so auszulegen ist, dass die Durchführung des Rettungsdienstes durch den Rettungsdienstträger subsidiär hinter der Beauftragung Dritter bzw. Konzessionierung Dritter zurückzutreten hat“, bedarf ebenfalls nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Ihre Beantwortung ergibt sich ohne weiteres aus allgemeinen Erwägungen unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung, insbesondere der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011/07 -.

§ 5 Abs. 3 Satz 1 NRettDG, demzufolge Leistungen des Rettungsdienstes geschäftsmäßig nur von Trägern des Rettungsdienstes und Beauftragten erbracht werden dürfen, stellt eine objektive Berufszugangsvoraussetzung dar, die an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen ist. Beschränkungen der Berufsfreiheit durch objektive Berufszugangsvoraussetzungen sind im Allgemeinen nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt. Allerdings kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosespielraum nicht nur im Hinblick auf die Auswirkungen eines Gesetzes zu, sondern auch bei der Beurteilung einer Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird. Auch bei objektiven Berufszugangsvoraussetzungen hat daher die vom Gesetzgeber getroffene Einschätzung der Gefahrenlage und des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Prüfung besonderes Gewicht. Von den Vorstellungen über die Möglichkeit eines gefahrbringenden Verlaufs des Geschehens, die der Gesetzgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums entwickelt hat, kann jedoch dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn sie in einem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widersprechen, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfG, Urt. v. 08.06.2010 - 1 BvR 2011/07, 1 BvR 2959/07 -, Juris, Rdnr. 96 m.w.N.). Das ist hier nicht erkennbar. Vielmehr steht außer Frage, dass ein ausreichender Schutz der Bevölkerung nicht gewährleistet ist, wenn Notfallpatienten nicht schnell lebensrettende Hilfe erhalten, oder wenn Kranke, Verletzte und andere Hilfsbedürftige nicht zügig unter fachgerechter Betreuung transportiert werden. Notwendig ist daher ein funktionierendes System des Rettungsdienstes. Im Rahmen der Gesetzesberatungen wurden die Risiken der Durchführung des Rettungsdienstes durch private Unternehmer ausführlich erörtert (vgl. LT-Drs. 12/3016, S. 7). Es wurde auf die negativen Auswirkungen des Kostendrucks und des erwerbsorientierten Konkurrenzverhaltens sowie auf die Notwendigkeit einer übergeordneten öffentlichen Organisation zur Sicherstellung geordneter Organisationsabläufe und gleichmäßiger Qualitätsstandards hingewiesen. Vor dem Hintergrund der geschilderten Erfahrungen durfte der Gesetzgeber ohne diese Vorkehrungen nicht nur von einer schweren Gefahr für Leben und Gesundheit der Bevölkerung ausgehen, sondern sie auch als höchstwahrscheinlich einschätzen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass § 5 NRettDG die Beauftragung privater Dritter mit der Durchführung des Rettungsdienstes gleichrangig neben die Durchführung durch den Träger selbst stellt (zur Rechtswidrigkeit der Bevorzugung der Hilfsorganisationen: Bay. VerfGH, Urt. v. 24.05.2012 - Vf. 1-VII-10 -, juris) und privaten Dritten die Betätigung auf dem Gebiet des qualifizierten Krankentransports nach § 22 NRettDG unter den Voraussetzungen der Funktionsschutzklausel grundsätzlich zugänglich ist, gebietet Art. 12 Abs. 1 GG auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine weitergehende Öffnung des Rettungsdienstes (so auch Ufer/Schwind, Niedersächsisches Rettungsdienstgesetz, Loseblatt, Stand Mai 2015, § 5, Anm 5; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 03.11.1994 - 3 C 17/92 - Juris, Rdnr. 29 ff. zur Rechtslage in Berlin). Insbesondere ist Privaten der Zugang zu einer Tätigkeit im Rettungsdienst nicht schlechthin verwehrt (vgl. dazu BVerfG, a.a.O., Rdnr. 122). Das belegt auch das Beispiel des Klägers, der bis zur Kündigung seines Vertrages als Beauftragter im Rettungsdienst tätig war. Der Gesetzgeber hat mit Gesetz vom 22. Februar 2012 mit Wirkung vom 7. März 2012 § 5 Abs. 2 NRettDG dahingehend geändert, dass den Trägern des Rettungsdienstes zusätzlich zum bislang bereits geltenden Submissionsmodell auch das Konzessionsmodell zur Auswahl gestellt wurde. Die Träger haben damit seit diesem Zeitpunkt die Wahlmöglichkeit, Dritte direkt mit den Leistungen zu beauftragen oder ihnen Konzessionen zu erteilen, damit sie selbst mit den Kostenträgern die Entgelte vereinbaren. Wie der Kläger zutreffend festgestellt hat, ermöglicht das niedersächsische Rettungsdienstrecht damit weitergehende Möglichkeiten, rettungsdienstliche Leistungen auf Dritte zu übertragen. Ein Vorrang der privaten Durchführung des Rettungsdienstes kann darin indes nicht erkannt werden und entspricht auch erkennbar nicht dem Willen des Gesetzgebers (vgl. LT-Drs. 16/3826, S. 8), der den Trägern lediglich eine größere Wahlmöglichkeit eröffnen wollte.

Auf die weiteren als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen, ob § 136 Abs. 3 NKomVG unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 1 GG verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass die Beauftragung Dritter bzw. deren Konzessionierung mit Leistungen des Rettungsdienstes bzw. der Unterhaltung der Einrichtungen des Rettungsdienstes jedenfalls dann Vorrang vor einem kommunalen Betrieb haben müsse, wenn anderenfalls die Betätigung des Dritten faktisch ausgeschlossen werde, und ob § 136 Abs. 3 NKomVG gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoße, kommt es im vorliegenden Fall nicht an. § 5 NRettDG regelt die Zulassung von privaten Dritten zum Rettungsdienst abschließend. Diese Bestimmung geht der allgemeinen Vorschrift des § 136 NKomVG über die wirtschaftliche Tätigung der Kommunen als speziellere Regelung vor. Ist nach den Vorschriften des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes die Durchführung des Rettungsdienstes durch den Träger selbst zulässig, wie gerade festgestellt, kommt es auf eine entsprechende Auslegung des § 136 NKomVG nicht mehr an.

2. Auch der von der Beklagten geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz liegt nicht vor bzw. wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Eine Abweichung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist gegeben, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung eines Divergenzgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht bzw. sich dazu in Widerspruch setzt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 18.07.2001 - 9 B 23.01 -, juris Rdnr. 15, m.w.N.; Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll: VwGO, 6. Aufl. 2014, § 124 Rdnr. 50; Kopp/Schenke: VwGO, 20. Aufl. 2014, § 124, Rdnr. 11). Die Darlegung der schlichten Nichtbeachtung bzw. fehlerhaften Anwendung unbestrittener Rechtssätze reicht für eine Zulassung der Berufung wegen Divergenz hingegen nicht aus, da in diesen Fällen die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht gefährdet ist.

Der Kläger zeigt nicht auf, von welchem konkreten Rechtssatz des angeführten Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011/07 - die angefochtene Entscheidung abweicht. Er rügt lediglich das nach seiner Auffassung abweichende Ergebnis. Das genügt den Darlegungserfordernissen einer Divergenzrüge nicht.

3. Der weiterhin gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nur dann bestehen, wenn gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458; BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4/03 -, juris). Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll: VwGO, 5. Aufl. § 124a Rdnr. 82).

Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht. Mit seinen Ausführungen zur verfassungskonformen Auslegung des § 5 Abs. 1 NRettDG hat der Kläger seine eigene Rechtsauffassung wiedergegeben, ohne diese hinreichend belegen zu können. Weder die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011/07 - zur Rechtslage in Sachsen noch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24. Mai 2012 - Vf. 1-VII-10 - legen eine derartige Auslegung nahe. Wie die obigen Ausführungen belegen, lässt sich die geltende Rechtslage mit diesen Entscheidungen ohne weiteres vereinbaren.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die angefochtene Entscheidung. Art. 14 Abs. 1 GG führt nicht zur Unentziehbarkeit einer einmal eingenommenen Stellung als Beauftragter im Bereich des Rettungsdienstes. Der langjährigen Durchführung des Rettungsdienstes durch den Kläger hat der Beklagte durch die frühzeitige Kündigung des Beauftragungsverhältnisses Rechnung getragen und so für eine zweijährige Übergangszeit gesorgt. Darauf hat der Senat bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hingewiesen.

4. Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) in Gestalt eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 AsylVfG genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor. Der verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) erfordert, dass die Äußerungen der Beteiligten ernsthaft zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden (BVerfG, Beschl. v. 26. Januar 1983 - 1 BvR 614/80 -, BVerfGE 63, 80, 85; Beschl. v. 17. Juli 1996 - 1 BvR 55/96 -, Juris). Das Prozessgrundrecht soll sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensmängeln ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und mangelnder Berücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (BVerfG, Beschl. v. 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, Juris, Rdnr. 9; Beschl. v. 19. Juni 1985 - 1 BvR 933/84 -, BVerfGE 70, 215, 218). Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht seiner diesbezüglichen Verpflichtung nachkommt, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles deutlich machen, dass dies wider Erwarten nicht geschehen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, Juris, Rdnr. 11; Beschl. v. 01. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 -, BVerfGE 47, 182, 187f [BVerfG 01.02.1978 - 1 BvR 411/75]).

Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht sei nicht auf die von ihm gerügte Grundrechtsverletzung eingegangen. Dies trifft indes nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil auf seinen Beschluss vom 25. September 2014 im vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - 11 B 2643/14 - verwiesen (S. 4 des Urteilsabdrucks. Auf S. 3 dieses Beschlusses hat das Verwaltungsgericht eine Verletzung von Art. 12 GG oder Art. 14 GG durch die Kündigung verneint und auch keinen Grund für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 3 GG gesehen. Das lässt erkennen, dass das Verwaltungsgericht die entsprechenden Ausführungen des Klägers zur Kenntnis genommen und seiner Entscheidungsfindung zugrunde gelegt hat. Eine erschöpfende Abarbeitung der Argumente der Beteiligten erfordert der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht.

5. Die Zulassung der Berufung kommt schließlich auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht.

Besondere rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn sie mit einem Schwierigkeitsgrad verbunden ist, der signifikant über dem Durchschnitt vergleichbarer verwaltungsgerichtlicher Fälle liegt. Zur Darlegung der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache sind die entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, konkret zu benennen, und es ist anzugeben, aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Zwar dürfen insoweit die Darlegungserfordernisse nicht überspannt werden, weil sich ein nicht auf das jeweilige Rechtsgebiet spezialisierter Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand Erkenntnisse über das in vergleichbaren Streitverfahren übliche Maß an Komplexität nicht beschaffen kann, während sie dem angerufenen Gericht ohne weiteres zugänglich sind (BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, juris Rn. 17). Andererseits reicht aber eine nochmalige Darstellung der Argumente nicht aus, die bereits zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils vorgebracht worden sind, eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO indes gerade nicht zur Folge haben.

Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen des Klägers nicht. Die Kündigung eines öffentlichen Beauftragungsverhältnisses durch den Hauptverwaltungsbeamten ist keine Rechtssache, deren Schwierigkeitsgrad signifikant über dem Durchschnitt vergleichbarer Fälle liegt. Vielmehr zeigt die angeführte Rechtsprechung und Literatur, dass die Divergenz zwischen interner Zuständigkeit des Hauptverwaltungsbeamten und seiner nach außen hin bestehenden Vertretungsmacht ein Standardproblem des Kommunalverfassungsrechts ist. Eine andere Entscheidung erfordert auch die seitens des Klägers geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 NRettDG nicht. Die schlichte Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer Norm rechtfertigt als solche nicht die Annahme besonderer rechtlicher Schwierigkeiten einer Rechtssache.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 16.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).