Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.02.2016, Az.: 15 KF 16/15

Abfindung; begünstigtes Agrarland; Flurbereinigungsplan; Gebäudefläche; unbillige Härte; Hoffläche; Kapitalisierungsfaktor; Minderabfindung; Nachsichtgewährung; Nachtrag; Umrechnungsfaktor; Wald; Wertermittlung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.02.2016
Aktenzeichen
15 KF 16/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43233
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein im Ausland wohnhafter Teilnehmer der Flurbereinigung hat selbst grundsätzlich Vorsorge dafür zu treffen, dass er Kenntnis von öffentlichen Bekanntmachungen im Flurbereinigungsverfahren erhält.

2. Einem Teilnehmer ist Nachsicht gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Alt. 1 FlurbG hinsichtlich des verspäteten Widerspruchs gegen seine Abfindung zu gewähren, wenn die Abfindung in einem Nachtrag zum Flurbereinigungsplan ohnehin zugunsten des Teilnehmers nicht unwesentlich geändert werden soll.

3. Zu den Anforderungen an die Wertermittlung von begünstigtem Agrarland und Wald.

4. Abgängige Bauwerke stellen keine i. S. d. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG geschützten Gebäudeflächen dar.

Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2015 verpflichtet, die in dem am 5. Dezember 2014 bekannt gegebenen Flurbereinigungsplan verfügte Abfindung des Klägers, berichtigt am 23. Februar 2015, in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2015  unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts neu festzusetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Abgeltung der dem Gericht entstandenen baren Auslagen wird gegen den Kläger ein Pauschsatz in Höhe von  150,- EUR festgesetzt; daneben wird die Hälfte einer Gerichtsgebühr nach einem Streitwert von 10.000 EUR erhoben.

Der Kläger und der Beklagte tragen die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens je zur Hälfte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der  jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Abfindung im Flurbereinigungsplan und insoweit insbesondere dagegen, dass seine Einlageflurstücke H. und I. der Flur J. dem Beigeladenen zugeteilt worden sind; bei diesen Flurstücken handelt es sich aus Sicht des Klägers um die seit über 300 Jahren im Familienbesitz befindliche Hofstelle (= alte Hofstelle).

Das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren Lammertsfehn-Selverde (Ortsteile der Gemeinde Filsum (Lammertsfehn) bzw. der Gemeinde Uplengen (Selverde) jeweils im Landkreis Leer in Ostfriesland) wurde durch Beschluss vom 16. Oktober 2000 eingeleitet. Es umfasst nach mehreren Änderungen ein Gebiet mit einer Größe von 1357 ha  und 447 Teilnehmer.

Der 1954 geborene, in Texas als Arzt tätige Kläger ist unter der Ordnungsnummer „K.“ Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren. Zusammen mit seiner Ehefrau ist der Kläger zu dem unter der Ordnungsnummer „L.“ Teilnehmerin. Der Kläger ist in Selverde nicht land-, nach seinen Angaben aber weiterhin forstwirtschaftlich tätig.

Die Wertermittlung erfolgte im Dezember 2005 und ist seit dem 31. Januar 2006 bestandskräftig. Nach Ziffer 2.1 des dabei angewandten Wertermittlungsrahmens                   (= WER) werden u.a. bebaute Grundstücksteile als Hofraum bewertet, und zwar mit der Wertzahl 0; solche Flurstücke werden bei einem Wechsel des Eigentümers nach Ziffer 1 WER gesondert bewertet. Waldflächen werden nach Ziffer 2.3  WER mit der Wertzahl 10 bewertet; bei Eintritt von Eigentumsänderungen wird der Holzbestand ebenfalls gesondert bewertet. Gemäß Ziffer 10 WER beträgt der Umrechnungs-/Kapitalisierungsfaktor u.a. für Geldausgleiche 300 EUR/WV; eine Überprüfung zum Bewertungsstichtag blieb vorbehalten. Eine solche Überprüfung erfolgte im Dezember 2009. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft beschloss in diesem Monat eine Anpassung auf 420 EUR/WV. Eine so lautende Regelung wurde in Ziffer 3.12.2 des Flurbereinigungsplans übernommen.

Der Kläger brachte 50,5271 ha die Flurbereinigung ein, die sich in der Gemeinde Uplengen befinden und mit einem Wertverhältnis (= WV) von 1.935,99 bewertet wurden; darunter waren auch knapp 5 ha, die als „Holzung“ eingestuft und jeweils mit einem Wertverhältnis von 10 bewertet wurden. Eine „Gebäude-/Freifl.-Landwirtschaft“ mit einer Größe von 0,3904 ha des o.a. „Hofgrundstücks“ H. wurde dabei entsprechend dem o.a. Wertermittlungsrahmen mit einem Wertverhältnis von „0“, die übrigen Teile der alten Hofstelle wurden entsprechend ihrer Nutzung als „Graben“, „Grünland“ bzw. „Holzung“ bewertet.

Zum März 2011 folgte ergänzend ein Verkehrswertgutachten des örtlichen Gutachterausschusses (gleichwohl) für die gesamte Fläche der alten Hofstelle. Danach (S. 10, Ziffer 2.3.3) sei die Hofstelle im Jahr 1967 abgebrannt. Es befinden sich dort noch - wie auf den Karten erkennbar - ein Betonsilo und der Rest einer alten Scheune/Remise. Diese baulichen Anlagen seien abgängig. Unter Berücksichtigung (Abzug) ihrer Abbruch- und Entsorgungskosten von rd. 3.500 EUR (vgl. S. 21, Ziffer 3.4) ergebe sich für die Grundstücke H. und I. ein Verkehrswert von insgesamt rd. 65.000 EUR, davon für die 4.094 qm große ehemalige Hoffläche, die als - unter Einbeziehung eines Grabens von 190 qm - „begünstigtes Agrarland“ bewertet wurde, ein Wert von 18.423 EUR (4,50 EUR/qm) noch ohne die Abbruchkosten.

Im November 2013 gab der Beklagte zusätzlich ein Gutachten zur Bewertung des Waldes u.a. auf den Flurstücken H. und I. bei der Abteilung Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Auftrag. Dabei wurde für die beiden o.a. Flurstücke ein Gesamtwert von rd. 17.600 EUR ermittelt, wobei zuvor der Holzwert der „aufstockenden Bestände“ und der Bodenwert getrennt bewertet worden waren und danach der überwiegende Anteil auf den Wert des Holzes entfällt; wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.

Im Planwunschtermin vom Dezember 2008 machte der Kläger u.a. geltend, dass die alte Hofstelle unbedingt in alter Lage verbleiben solle.

Die vorläufige Besitzeinweisung erfolgte am 22. Dezember 2009. Dem Kläger wurde dabei die o.a. alte Hofstelle zunächst wieder zugeteilt. Da er jedoch aus anderen Gründen mit der vorläufigen Zuteilung nicht einverstanden war, legte er Widerspruch ein.  Mit der ersten Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 5. November 2010 wurde den Einwänden des Klägers und damit seinem Widerspruch abgeholfen. Nach dem Vorlagebericht des Beklagten wandte sich jedoch nunmehr der Beigeladene mit dem Widerspruch gegen die vorläufige Besitzeinweisung in der Fassung dieser ersten Änderung. Er wollte die Zuteilung der „alte Hofstelle“ des Klägers an sich erreichen, um seine westlich gelegene Hofstelle zu erweitern.

Nach Aufforderung durch den Funktionsvorgänger des Beklagten erteilte der Kläger wegen seines dauerhaften Auslandaufenthaltes (ebenso wie seine Ehefrau) im Februar 2011 seiner in Hannover wohnhaften, dort als Rechtsanwältin tätigen, 1977 geborenen Tochter eine Vollmacht nach § 128 FlurbG; ein im Verfahrensgebiet wohnhafter Empfangsbevollmächtigter i. S. d. § 127 FlurbG wurde nicht bestellt.

Da nach dem Vorlagebericht „davon auszugehen war, dass einer der beiden Beteiligten auf jeden Fall Widerspruch“ gegen die Zuteilung der alten Hofstelle einlegen werde, entschied sich die Flurbereinigungsbehörde dafür, die Zuteilung „auf den aktiv wirtschaftenden Betrieb“ des Beigeladenen „auszurichten, damit dieser Betrieb eine Erweiterungsmöglichkeit erhalte“.

Der Mitarbeiter Herr Meyer des Beklagten schrieb am 28. Oktober 2014 eine E-Mail an den Kläger mit dem folgenden Inhalt:

„In Kürze steht die Vorlage des Flurbereinigungsplans … an. Ich möchte vorab mitteilen, dass wir Ihre Zuteilung ändern werden. Die Flurbereinigungsplanvorlage ist für Ende diesen Jahres vorgesehen, Sie erhalten rechtzeitig die entsprechenden Unterlagen.“

Dem Schreiben war eine Karte des sog. neuen Bestandes nach dem Stand des „27.10.2014“ beigefügt, wonach die alte Hofstelle nunmehr nicht mehr dem Kläger oder  seiner Ehefrau zugeteilt werde.

Diese Ankündigung vom Oktober 2014 wurde dahingehend umgesetzt, dass am 12. November 2014 zunächst die 2. Änderung der vorläufigen Besitzweisung mit Wirkung zum 1. Februar 2015 erfolgte und öffentlich bekanntgemacht wurde.

Parallel dazu erfolgte die öffentliche Bekanntmachung der Ladung zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes, und zwar u.a. in der Ostfriesen-Zeitung, Ausgabe Leer, am 15. November 2014 sowie durch Aushang in der Gemeinde Uplengen. Ergänzend wurden mit Einwurfeinschreiben vom 17. November 2014 an die Tochter des Klägers u.a. die Unterlagen nach § 59 Abs. 3 FlurbG zum Flurbereinigungsplan sowie Kopien der öffentlichen Bekanntmachung der 2. Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung und der Überleitungsbestimmungen gesandt.

Der Flurbereinigungsplan sieht für den Kläger eine Abfindung von 1.968,43 WV bei einer Fläche von 50,2820 ha vor. Daraus ergab sich bei dem zunächst errechneten Abfindungsanspruch von 1.984,41 WV eine Minderabfindung von 15,98 WV entsprechend 6.759,80 EUR (bei dem o.a. Kapitalisierungs- bzw. Umrechnungsfaktor von 420 EUR/WV), die als unvermeidbar angesehen wurde. Das Ergebnis des o.a. Verkehrswertgutachtens des Gutachterausschusses vom März 2011 floss in der Weise in die Berechnung ein, dass (vermeintlich) „nach § 50 Abs. 4 FlurbG“ dem danach errechneten Wert der beiden vom Kläger an den Beigeladenen abgegebenen Grundstücke (alte Hofstelle) von 65.000 EUR ein Wert der insoweit vom Kläger eingebrachten Flurstücke (mit den neuen Bezeichnungen M., N. und O. der Flur P.) von 106,56 WV entsprechend 44.755,20 EUR (bei einem WV = 420 EUR) gegenübergestellt und so für den Kläger eine „Gutschrift“ von 20.244,80 EUR entsprechend 48,20 WV ermittelt wurde. Bei der Übertragung wurde aus dieser Gutschrift von 48,20 WV irrtümlich ein Betrag von 48,20 EUR, der zu dem o.a. Betrag von 6.759,80 EUR (6.711,60 EUR Geldausgleich nach § 44 FlurbG „zzgl. 48,20 EUR nach § 50 Abs. 4 FlurbG“) führte. Der Wert des abgegebenen Holzes wurde nicht gesondert berücksichtigt.

Der Flurbereinigungsplan wurde im Anhörungstermin am 5. Dezember 2014 in Lammertsfehn bekannt gegeben. Weder der Kläger persönlich noch ein Vertreter war anwesend. Dementsprechend wurde für ihn auch kein Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan in die Verhandlungsniederschrift aufgenommen.

Am 28. Januar 2015 wandte sich der Kläger nach Aktenlage per E-Mail und ergänzend per Fax an den o.a. Mitarbeiter Herrn Q. des Beklagten. Der Kläger nahm Bezug auf die o.a. E-Mail vom 28. Oktober 2014, und trug vor, seitdem keine weitere Nachricht erhalten zu haben. Weiterhin schrieb er, dass die in der ihm überlassenen Karte enthaltenen Änderungen für ihn überraschend seien. Er habe auf den Bestand der vor einem Jahr getroffenen Festlegungen vertraut, so dass er vorsorglich Widerspruch einlege. Mit E-Mail vom 2. Februar 2015 verwies Herr Q. auf die verstrichenen Fristen. Der Kläger reagierte am 8. Februar 2015 per E-Mail und Fax. Er beantragte Wiedereinsetzung in die verstrichenen Widerspruchsfristen (gegen den Flurbereinigungsplan sowie die 2. Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung) und machte geltend, auf Grund der E-Mail vom 28. Oktober 2014 angenommen zu haben, weitere Unterlagen würden unmittelbar an ihn gesandt. Seine Bevollmächtigte habe angenommen, das Verfahren habe sich wegen Zeitablaufs erledigt. Zudem habe sie bedingt durch die Geburt ihres zweiten Kindes und den damit verbundenen Krankenhausaufenthalt den „Brief in der anfallenden Post erst nach dem Termin Anfang Dezember geöffnet und das auch nur auf“ seine „Nachfrage“. In der Sache wandte er sich gegen die anderweitige Zuweisung der „ursprünglichen Hofstelle mit den Restgebäuden“. Dem Grundstück sei außerdem ein zu geringes Wertverhältnis zugeordnet worden.

Im Februar 2015 bemerkte der Beklagte seinen o.a. Fehler bei der Berechnung der Abfindung und wies den Kläger mit Schreiben vom 23. Februar 2015 darauf hin, dass 48,20 WV versehentlich als EUR gebucht worden seien. Es ergebe sich nunmehr ein Abfindungsanspruch von 2.032,61 WV (1.984,41 + 48,20 „Sonderregelung“). Deshalb erhöhe sich die unvermeidbare Landminderabfindung auf 64,18 WV; dafür erhalte der Kläger 26.955,60 EUR. In dem aktualisierten Vorlagebericht vom 23. Februar 2015 wurde deshalb bereits ein Nachtrag zum Flurbereinigungsplan vorgeschlagen, um die „Minderzuteilung“ zu reduzieren. Ergänzend sei gemäß § 50 Abs. 2 FlurbG ggf. noch eine Entschädigung für den durch das o.a. gesonderte Gutachten der Landwirtschaftskammer ermittelten Wert des Holzes auf dem abgegebenen Waldgrundstück der alten Hofstelle zu gewähren.

Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 7. Mai 2015 zu beiden Widersprüchen an. Er, der Beklagte, verwies dabei auf die Verfristung und bat zur Prüfung der Nachsichtgewährung um Vorlage ärztlicher Unterlagen zum Gesundheitszustand der Bevollmächtigten des Klägers. Der Kläger legte daraufhin am 2. Juni 2015 eine Bescheinigung des seine Tochter behandelnden Neurologen/Psychiaters vom 1. Juni 2015 vor. Danach sei bei ihr bereits Ende 2010 eine chronisch-entzündliche Nervenerkrankung mit einer verminderten Leistungsfähigkeit festgestellt worden. In den Wochen nach der am 28. Oktober 2014 erfolgten Geburt des zweiten Kindes habe eine ausgeprägte Überlastung bestanden, so dass sie Termine und Fristen nicht korrekt habe einhalten können.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Flurbereinigungsplan mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2015 mit der klarstellenden Maßgabe zurück, dass sich die Minderabfindung auf 64,18 WV erhöhe. Der Widerspruch sei als unzulässig zurückzuweisen, da er verspätet eingelegt worden sei und auch Nachsicht nicht gewährt werde. Nachsichtgewährung scheide schon deshalb aus, weil die Säumnis verschuldet sei. Die Tochter des Klägers hätte ausreichende Vorsorge treffen müssen, um an sie als Bevollmächtigte gerichtete Post auch zur Kenntnis zu nehmen. Gleiches gelte für den Kläger persönlich, da ihm der Gesundheitszustand seiner Tochter bekannt gewesen sein müsse. Schon wegen der am 28. Oktober 2014 erfolgten Ankündigung habe nicht angenommen werden können, das Verfahren habe sich bereits erledigt. Unabhängig davon sei nicht dargelegt worden, wann der Kläger Kenntnis von dem versäumten Termin erhalten und danach unverzüglich Widerspruch eingelegt habe. Der Zeitabstand zwischen dem 5. Dezember 2014 und dem Faxeingang vom 28. Januar 2015 spreche gegen ein unverzügliches Handeln.

Am 20. August 2015 hat der Kläger Klage gegen die ihm unter der Ordnungsnummer 378 erteilten Abfindung erhoben. Zur Begründung beruft er sich darauf, dass bereits die unter dem 12. November 2014 erfolgte Zustellung der Unterlagen an seine allenfalls nach § 128 FlurbG bevollmächtigte Tochter nicht rechtmäßig gewesen sei. Zudem sei „die Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans“ nicht - wie nach § 6 Abs. 1 der Hauptsatzung der Gemeinde Uplengen erforderlich - im Amtsblatt erfolgt. Hilfsweise sei mangels Verschulden Nachsicht zu gewähren. Die Zustellung habe nach der als Zusicherung zu verstehenden Ankündigung des Beklagten jedenfalls zusätzlich per E-Mail an den Kläger persönlich erfolgen müssen, wie dies auch mit den Unterlagen zu einer vorherigen Fassung der vorläufigen Besitzeinweisung erfolgt sei. Seine Tochter sei krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, Post zur Kenntnis zu nehmen. Er habe erst am 27. Januar 2015 von der Fristversäumnis erfahren, als er bei seiner Tochter  ausdrücklich telefonisch nachgefragt habe, sie mit Hilfe ihres Ehemannes die Post vom November  2014 geöffnet und ihn dann informiert habe; am Folgetag habe er Widerspruch eingelegt. Die Klage sei auch begründet. Die alte Hofstelle sei nach § 45 Abs. 1 FlurbG geschützt und habe schon deshalb nicht dem Beigeladenen zugeteilt werden dürfen; auch im Übrigen sei die Zuteilung an den Beigeladenen nicht von den Zielen des konkreten Verfahrens gedeckt. Dass er, der Kläger, noch forstwirtschaftlich tätig sei, ergebe sich u.a. aus einem insoweit im Jahr 2011 von ihm versteuerten Einnahmen von rd. 13.000 EUR sowie aus seiner fortbestehenden Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Die alte Scheune/Remise werde genutzt, um landwirtschaftliche Maschinen unterzustellen. Im Übrigen werde die Gleichwertigkeit der Abfindung im Ganzen angegriffen, insbesondere die viel zu hohe Minderabfindung in Geld.

Der Kläger hat schriftlich beantragt,

den Flurbereinigungsplan des Flurbereinigungsverfahrens Lammertsfehn-Selverde vom 12. November 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 23. Juli 2015 aufzuheben.

Der Beklagte hat schriftlich sinngemäß beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unzulässig. Die Unterlagen anlässlich der Bekanntmachung des Flurbereinigungsplanes seien der zutreffend (nur) nach § 128 FlurbG bevollmächtigten Tochter des Klägers mit Einwurfeinschreiben vom 17. November 2014 wirksam zugestellt worden. Zwar sei auch in der Vergangenheit mit dem Kläger per E-Mail kommuniziert worden; förmliche Schreiben seien aber an seine Bevollmächtigte gesandt worden. Er habe daher nicht annehmen dürfen, solche Schreiben würden zukünftig an ihn gesandt. Die öffentliche Ladung zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes sei entsprechend § 6 der Hauptsatzung der Gemeinde Uplengen mit dem nach § 59 Abs. 2 FlurbG erforderlichen Hinweis im November 2014 erfolgt. Die Klage sei (hilfsweise) auch unbegründet. Die alte Hofstelle sei als solche nicht mehr genutzt worden, die verbliebene Bebauung vom Gutachterachterausschuss als abgängig bewertet worden. Für den Beigeladenen bestehe nur dort die notwendige betriebliche Erweiterungsmöglichkeit.

Auf gerichtliche Nachfrage ist ergänzend vorgetragen worden, dass dem Kläger entsprechend dem Vorlagebericht vom Februar 2015 in einem 1. Nachtrag zum Flurbereinigungsplan zur Herstellung der wertgleichen Abfindung das im Besitz der Teilnehmergemeinschaft befindliche Flurstück R., Flur S., mit einem Wertverhältnis von 78,61 und einer Größe von 2,3951 ha zugeteilt werden solle.

Der Beigeladene beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage ebenfalls für unzulässig und hilfsweise unbegründet. Der Kläger sei über seine wirksam bevollmächtigte Tochter „ordnungsgemäß zum Anhörungstermin geladen worden“, habe jedoch in dem ihm somit bekannten Termin nicht Widerspruch eingelegt. Die Ankündigung des Beklagten, per E-Mail weitere Unterlagen zu übersenden, sei eine Serviceleistung und keine Zusicherung in dem vom Kläger geltend gemachten Sinn gewesen. Die Voraussetzungen für eine Nachsichtgewährung seien nicht gegeben. Die Säumnis sei verschuldet und Nachsicht nur ausnahmsweise zu gewähren. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass der Tochter des Klägers als Rechtsanwältin über Wochen nicht einmal mit Hilfe ihres Ehemannes am Wochenende eine Durchsicht der Post oder andernfalls zumindest die Bestellung eines anderen Vertreters oder sonstige Vorsorgemaßnahmen möglich gewesen sei(en) und sie erst am 27. Januar 2015 den Brief des Beklagten geöffnet habe. Schon wegen der am 28. Oktober 2014 erfolgten Ankündigung habe weder sie noch der Kläger annehmen dürfen, das Flurbereinigungsverfahren habe sich erledigt; andernfalls sei zumindest eine Rückfrage notwendig gewesen. Der Kläger habe aufgrund des geltend gemachten Gesundheitszustandes seiner Bevollmächtigten eigene Maßnahmen treffen müssen und zudem nicht unverzüglich nach Kenntnis Widerspruch eingelegt. Eine unbillige Härte, die trotz Verschuldens eine Nachsichtgewährung ermögliche, sei nicht gegeben. Die Zuteilung der alten Hofstelle an ihn, den Beigeladenen, sei vielmehr betriebsnotwendig. Die Widerspruchsbehörde dürfe zu Lasten Dritter auf einen unzulässigen Widerspruch nicht sachlich entscheiden.

Die Klage sei hilfsweise auch unbegründet. Das Altflurstück 127/3 werde seit dem Jahr 1965 nicht mehr landwirtschaftlich genutzt und verwildere zunehmend. Allenfalls die ehemalige Scheune könne vom Schutz des § 45 Abs. 1 FlurbG umfasst sein. Sie sei aber kein Wohn- oder (sonstiges) Wirtschaftsgebäude und damit auch nicht Bestandteil einer nach § 45 Abs. 1 FlurbG geschützten Hoffläche. Sie stelle keine geschützte Gebäudefläche dar, da sie abgängig sei, nicht genutzt werde und damit auch eine etwaige Baugenehmigung erloschen sei. Stattdessen habe der Kläger 1965 an anderer Stelle ein Hofgebäude neu errichtet und im Jahr 2005 wieder veräußert. Im Übrigen sei der Kläger auch als Forstwirt nicht mehr tätig. Allenfalls werde „von einem Pächter von zwei ca. 2,5 ha großen Waldstücken des Klägers Fallholz abgeholt“. Eine etwaige Minderabfindung des Klägers führe jedenfalls nicht zu einer Änderung der Abfindung bezogen auf die alte Hofstelle. Denn er, der Beigeladene, sei zur Erweiterung seines ebenfalls bereits 150 Jahre alten Betriebes auf diese Einlageflächen des Klägers angewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige (1.) Klage hat mit dem Ergebnis der Neubescheidung (2.) unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides nach Maßgabe der folgenden Rechtsansicht des Senats teilweise Erfolg und bleibt im Übrigen erfolglos.

Denn der Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren Lammertsfehn-Selverde vom 5. Dezember 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 23. Juli 2015 ist hinsichtlich der Abfindung des Klägers schon wegen Fehlern bei der Wertermittlung nach den §§ 27 ff. FlurbG (2.a) rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1 VwGO.

Da der Kläger mit seinen Rechtsansichten zur Wertgleichheit seiner Abfindung, insbesondere dem Begehren auf Wiederzuteilung der alten Hofstelle, aus den folgenden Gründen (siehe unter 2.b) jedoch teilweise auch nicht durchdringt, ist die Klage im Übrigen abzuweisen (vgl. Senatsurt. v. 18.8.2015 - 15 KF 1/14 -, und v. 25.2.2015 - 15 KF 5/11 -, juris, Rn. 23; BVerwG, Urt. v. 24.9.2009 - 7 C 2/09 -, BVerwGE 135, 34 ff.; juris, Rn. 67; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 155, Rn. 2). 

Das Flurbereinigungsgericht ist zwar im Interesse der Verfahrensbeschleunigung gehalten, nach § 144 Satz 1 Alt. 1 FlurbG möglichst selbst in der Sache abschließend zu entscheiden; wenn dies - wie hier aus den folgenden Gründen - jedoch nicht möglich ist, ist gemäß § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG allein der Widerspruchsbescheid aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Widerspruch unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts an die zuständige Flurbereinigungsbehörde zurückzuweisen.

1. Die Klage gegen den Flurbereinigungsplan ist zulässig. Er ist hinsichtlich der Abfindung des Klägers nicht bestandskräftig.

Zwar ist er wirksam bekanntgegeben worden (a) und sind die nach § 59 FlurbG erforderlichen Ladungen und Hinweise erfolgt (b), so dass nach § 59 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 FlurbG ein Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan „zur Vermeidung des Ausschlusses“, d.h. der Präklusion, im Anhörungstermin vom 5. Dezember 2014 vorzubringen war. Dass dies hier unterblieben ist, ist aber unerheblich, da dem Kläger zwar nicht nach § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG (c), aber nach Satz 1 dieser Norm (d) Nachsicht in die versäumte Widerspruchsfrist zu gewähren ist; ob der Beklagte sich unabhängig von den Voraussetzungen des § 134 FlurbG auch nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG nicht auf eine Verfristung des Widerspruchs berufen kann (e), muss deshalb nicht geklärt werden.

a) Der Flurbereinigungsplan ist den Beteiligten in dem am 5. Dezember 2014 durchgeführten Anhörungs- und Bekanntgabetermin i. S. d. § 59 Abs. 1 Satz 1 FlurbG bekannt gegeben worden.

b) Die Präklusionswirkung des § 59 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ist hier eingetreten.

Dazu muss nach der letztgenannten Norm (Halbsatz 2) in der Ladung selbst und nochmals im Termin auf die Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Widerspruchs hingewiesen worden sein; außerdem muss zum Anhörungstermin ordnungsgemäß geladen worden sein (§ 59 Abs. 2 Satz 2 FlurbG). Die Ladung kann wiederum nach § 59 Abs. 3 Satz 2 FlurbG individuell gegenüber allen Teilnehmern oder nach § 59 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 FlurbG durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Im letztgenannten Fall ist jedem Teilnehmer spätesten zwei Wochen vor der Anhörung zusätzlich ein Auszug aus dem Flurbereinigungsplan zu übersenden. Die Übersendung dieses Auszuges ist demnach nicht Teil des Ladungsvorganges, sondern dient - zwecks Beschleunigung des Verfahrens - der zusätzlichen Vorabinformation der Teilnehmer; die Präklusionswirkung setzt damit nicht die wirksame Zustellung der Auszugsübersendung oder gar über die öffentliche Bekanntmachung der Ladung hinaus zusätzlich noch eine individuelle Ladung voraus (vgl. zuletzt OVG Meckl.-Vorp., Urt. v. 22.2.2011 - 9 K 15/08 -, RzF 23 zu § 59 Abs. 2 FlurbG unter Bezug auf BayVGH, Bescheid v. 26.11.1970 - 19 VII 70 -, RzF 3 zu § 59 Abs. 3 FlurbG sowie BVerwG, Beschl. v. 26.11.1962 - 1 B 142/62 -, RzF 1 zu § 59 Abs. 3 FlurbG und ergänzend Beschl. v. 17.2.1975 - 5 B 67/73 -, RzF 4 zu § 59 Abs. 3 FlurbG).

Die demnach notwendigen Voraussetzungen für den Eintritt der Präklusionswirkung sind hier gegeben.

Nach §§ 111 Abs. 1, 110 Satz 1 FlurbG erfolgt die öffentliche Bekanntmachung in den Flurbereinigungsgemeinden nach den für die öffentliche Bekanntmachung von Verfügungen der Gemeinden bestehenden Rechtsvorschriften. Hat ein Teilnehmer - wie der Kläger - weder im Flurbereinigungsgebiet noch in einer angrenzenden Gemeinde seinen Wohnsitz, ist die Lage seiner Grundstücke entscheidend (vgl. Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl., § 110, Rn. 7, m. w. N.). Die Form der öffentlichen Bekanntmachung richtet sich vorliegend also nach der Hauptsatzung der Gemeinde Uplengen, weil sich die Einlageflurstücke des Klägers in deren Gebiet befinden. § 6 Abs. 2 Satz 1 ihrer Hauptsatzung sieht für sonstige Bekanntmachungen, d.h. solche, die - wie die Bekanntmachung einer Ladung - nicht Satzungen oder Verordnungen betreffen, eine Veröffentlichung in der Ostfriesen-Zeitung - Ausgabe Leer - vor. Dort ist am 15. November 2014 die Ladung zum Bekanntgabe- und Anhörungstermin am 5. Dezember 2014 veröffentlicht worden, wie sich aus den nachgesandten Aktenteilen des Beklagten entsprechend § 111 Abs. 2 FlurbG ergibt. Damit war die Ladungsfrist des § 59 Abs. 3 Satz 3 FlurbG von zwei Wochen gewahrt. Schließlich war der Hinweis auf die Notwendigkeit, dass ein etwaiger Widerspruch nur im Anhörungstermin eingelegt werden kann, in der Ladung enthalten und wurde im Termin selbst noch einmal wiederholt.

Ob der Kläger selbst bzw. seine Tochter als Bevollmächtigte die Auszüge aus den Unterlagen zum Flurbereinigungsplan sowie zusätzlich den Hinweis auf die öffentliche Ladung rechtzeitig wirksam erhalten hat, ist damit für den Eintritt der Präklusionswirkung - wie dargelegt - unerheblich. Vorliegend ist allerdings der wesentliche Zweck der zusätzlichen Übersendung von Auszügen, nämlich die vorherige Information über den wesentlichen Inhalt insbesondere der individuellen Abfindung, ohnehin schon durch die Übersendung der E-Mail vom 28. Oktober 2014 an den Kläger erfüllt worden. Denn der E-Mail war als Anhang eine Karte beigefügt, aus der der Kläger sehen konnte, dass ihm die alte Hofstelle nicht mehr zugeteilt werden sollte. Diese Teilregelung steht aber im Mittelpunkt seines Interesses.

Da der Kläger im Anhörungstermin vom 5. Dezember 2014 keinen Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan eingelegt hat, ist er somit grundsätzlich mit Einwendungen gegen diesen Plan und seine darin enthaltene Abfindung ausgeschlossen, soweit ihm nicht Nachsicht zu gewähren ist.

Dies ist zwar nicht nach § 134 Abs. 3 und Abs. 2 Satz 2 FlurbG (c), aber nach Abs. 2 Satz 1 dieser Norm (d) der Fall.

c) Nach § 134 Abs. 3  und 2 Satz 2 FlurbG muss die Flurbereinigungsbehörde verspätete Widersprüche zulassen, wenn bei unverschuldeter Versäumung Erklärungen unverzüglich nach Behebung des Hindernisses nachgeholt werden. Der Kläger hat seine Säumnis im Bekanntgabetermin aber verschuldet; er hätte eigenständig Vorsorgemaßnahmen treffen müssen.

Für einen Beteiligten, der - wie der Kläger - nicht im Flurbereinigungsgebiet oder angrenzenden Gemeinden, sondern sogar im Ausland wohnt, stellt sich das Problem, wie er rechtzeitig wesentliche Informationen über den Ablauf des sich regelmäßig über Jahre erstreckenden Flurbereinigungsverfahrens erhält, die - wie dargelegt - nach dem Gesetz teilweise nur örtlich öffentlich bekannt gemacht werden. § 128 FlurbG berechtigt und verpflichtet die Behörde insoweit nur, den Beteiligten aufzufordern, einen im Bundesgebiet wohnenden Bevollmächtigten zu bestellen - wie hier mit der Tochter des Klägers erfolgt. Damit ist allerdings nur sichergestellt, dass die Behörde im öffentlichen Interesse einen Beteiligten zumindest über einen solchen Vertreter postalisch erreichen kann. Dass ein Beteiligter im eigenen Interesse auch von öffentlichen Bekanntmachungen Kenntnis erlangt, ist hingegen durch § 128 FlurbG nicht sichergestellt, aber auch nicht Regelungsziel dieser Norm. Dies wird vielmehr nur durch die (zusätzliche) Bestellung eines im Flurbereinigungsgebiet oder angrenzenden Gemeinden wohnhaften Bevollmächtigten erreicht. Zu einer solchen Bestellung kann ein Teilnehmer nach § 127 FlurbG verpflichtet werden, muss dies aber nicht. Daraus folgt, dass der betroffene auswärtige Teilnehmer ohne Bevollmächtigten vor Ort grundsätzlich selbst dafür sorgen muss, dass er von öffentlichen, ortsüblich nur regional begrenzt erfolgenden Bekanntmachungen Kenntnis erlangt. Unterbleibt dies, so handelt er schuldhaft (vgl. Senatsurt. v. 4.3.1982 - F OVG A 17/81 - RzF 31 zu § 134 Abs. 2 FlurbG).

Dies gilt auch für den im Ausland lebenden Kläger. Die Bestellung seiner Tochter als Bevollmächtigte nach § 128 FlurbG war insoweit nicht ausreichend. Beispielhaft zeigt sich dies an der vorläufigen Besitzweisung, die nach § 65 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 FlurbG öffentlich bekanntzumachen ist; eine zusätzliche individuelle Information der Teilnehmer sieht das Gesetz nicht vor.

Die Obliegenheit des Klägers, sich selbstständig über öffentliche Bekanntmachungen im Flurbereinigungsverfahren zu informieren, entfiel auch nicht auf Grund der Ankündigung in der E-Mail des Beklagten vom 28. Oktober 2014, er, der Kläger, werde zu dem Flurbereinigungsplan, dessen Erlass für „Ende diesen Jahres“ angekündigt wurde, „rechtzeitig die entsprechenden Unterlagen“ erhalten. Zwar kann diese Mitteilung dem Wortlaut nach isoliert so verstanden werden, dass der Kläger persönlich von Amts wegen alle notwendigen Informationen erhalte. Dass die Mitteilung so nicht gemeint war, ergab sich aber auch für den Kläger erkennbar aus dem Zusammenhang und dem bisherigen Verfahrensablauf. Danach waren Bekanntmachungen, die Fristen auslösten, nicht per E-Mail an den Kläger gesandt, sondern an seine als Bevollmächtigte bestellte Tochter zugestellt worden. Ihre Vollmacht bestand ebenso wie das Flurbereinigungsverfahren fort. Zudem musste auch dem Kläger klar sein, dass eine Übersendung per einfache E-Mail ins Ausland den Formvorschriften des deutschen Verfahrensrechts nicht entsprechen kann.

Hiernach war die vom Kläger geltend gemachte Unkenntnis, dass am 5. Dezember 2014 der Flurbereinigungsplan bekannt gemacht worden ist, schon deshalb verschuldet, weil er keine hinreichende Vorsorge getroffen hatte, damit er von entsprechenden öffentlichen Bekanntmachungen Kenntnis erhielt.

Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgt und annimmt, er habe aufgrund der E-Mail des Beklagten vom 28. Oktober 2014 zunächst auf weitere Informationen warten dürfen, so gilt dies jedenfalls nicht mehr für den Zeitraum ab dem Jahresbeginn 2015. Denn der angekündigte Flurbereinigungsplan sollte „in Kürze“ bzw. (spätestens) bis zum Ende des Jahres 2014 erfolgen und der Kläger rechtzeitig vorab informiert werden. Nach dem Ablauf dieser Frist hätte der Kläger daher allen Anlass gehabt, sich beim Beklagten oder seiner Tochter nach dem aktuellen Verfahrensstand zu informieren. Dass er dies nach seinen Angaben erst am 27. Januar 2015 getan hat, war zu spät und damit verschuldet.

Ob und inwieweit der Kläger auch bei der Bestellung seiner nach seinem Vorbringen bereits im Zeitpunkt der Ausstellung der Vollmacht im Jahr 2011 erkrankten Tochter als Bevollmächtigte oder bei deren nachfolgender „Überwachung“ schuldhaft handelte oder sich nach § 134 Abs. 4 FlurbG deren schuldhafte Säumnis zurechnen lassen muss, kann deshalb offen bleiben.

d) Der Beklagte hat es aber zu Unrecht abgelehnt, den Widerspruch des Klägers trotz Fristversäumnis zuzulassen.

Eine - bei schuldhafter Fristversäumnis - im Ermessen stehende Nachsichtgewährung (vgl. zum Folgenden Senatsurt. v. 6.3.2013 - 15 KF 8/11 -, juris, Rn. 13, m. w. N.) hinsichtlich der Einlegung des Widerspruchs gemäß § 134 Abs. 3 und Abs. 2 Satz 1 FlurbG setzt eine Interessenabwägung zwischen dem Erfordernis der Beschleunigung des Verfahrens und der Rechtssicherheit, die eine zeitliche Begrenzung der Erhebung von Rechtsbehelfen einerseits erfordern, und dem sachlich-rechtlichen Anspruch des Teilnehmers auf eine dem Gesetz entsprechende Entscheidung andererseits voraus. Nur wenn dieser Anspruch derart berührt wird, dass für den Teilnehmer offenkundig eine unbillige Härte eintritt, ist die Nachsichtgewährung gerechtfertigt. Unbedeutende Beeinträchtigungen bleiben außer Betracht. Die für den Teilnehmer eintretende Härte muss offenbar sein, d.h. sie muss ohne besondere Untersuchungen erkennbar zu Tage treten. Es ist nicht Sinn dieser Regelung, die sachlichen Einwendungen auf das Genaueste so zu untersuchen, als wären sie fristgerecht in das Verfahren eingeführt worden. Bei der erforderlichen Abwägung ist außerdem der Zeitablauf zwischen dem Eintritt der Säumnis und der Erhebung des verspäteten Rechtsmittels zu berücksichtigen; aus dem Beschleunigungsgrundsatz ergeben sich zeitliche Grenzen für die im Ermessen der Behörde stehende Nachsichtgewährung.

Rechte Dritter stehen einer solchen Nachsichtgewährung nicht entgegen. Wie sich schon aus § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG ergibt, muss vielmehr jeder Beteiligte am Flurbereinigungsverfahren damit rechnen, dass bis zum Erlass der vorzeitigen Ausführungsanordnung (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 60, Rn. 7, m. w. N.) auch unabhängig von begründeten Widersprüchen in seine Abfindung eingegriffen wird (Wingerter/Mayr, a.a.O., § 60, Rn. 4).

Hieran gemessen war des Ermessen des Beklagten vorliegend derart reduziert, dass dem Kläger Nachsicht zu gewähren war. Dem steht zunächst nicht der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit entgegen. Denn der Beklagte hat nach der am 27. Januar 2015 verspätet erfolgten Einlegung des Widerspruchs durch den Kläger im Februar 2015 selbst den o.a. Änderungsbedarf am Flurbereinigungsplan erkannt und plant, diesen Mangel durch einen Nachtrag bezogen auf die Abfindung des Klägers zu heilen. Wenn die Abfindung des Klägers aber ohnehin geändert werden soll, kann der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit der inhaltlichen Nachprüfung und Änderung in einem Widerspruchsverfahren nicht entgegenstehen. Denn die Abfindung unterliegt dann grundsätzlich in ihrem gesamten Umfang und nicht lediglich hinsichtlich einzelner Grundstücke oder Einwendungen der erneuten inhaltlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.6.1961 - I C 231/58 -, RzF 12 zu § 44 I FlurbG). Zugleich ergibt sich aus dem ohnehin erforderlichen Nachtrag die weiter erforderliche unbillige, erkennbar zu Trage tretende Härte. Nach dem gegenwärtigen Inhalt des Flurbereinigungsplans soll sich für den Kläger eine Minderabfindung von 64,18 WV entsprechend 26.955,60 EUR ergeben, die nach § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG unvermeidbar und deshalb in Geld auszugleichen sei. Dass eine solche Minderabfindung „unvermeidlich“ sei, trifft aber ersichtlich nicht zu und wird vom Beklagten auch selbst nicht mehr geltend gemacht. Denn ein für die ergänzende Zuteilung an den Kläger in Betracht kommendes Flurstück ist noch im Besitz der Teilnehmergemeinschaft und soll ihm im Nachtrag zugeteilt werden.

Wie nachfolgend im Einzelnen unter 2. a) dargelegt wird, ist zudem die der Feststellung einer Minderabfindung von 64,18 WV zugrunde liegende Bewertung der Einlageflurstücke des Klägers ersichtlich fehlerhaft, so dass auch insoweit Korrekturbedarf besteht.

Ein Ermessen, gleichwohl die Nachsichtgewährung abzulehnen, besteht demnach nicht mehr.

e) Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob sich der Beklagte unabhängig von den Voraussetzungen des § 134 FlurbG auch nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG nicht auf eine Verfristung des Widerspruchs berufen kann.

Der Beklagte geht davon aus, dass es sich bei der Verwechselung der 48,20 „WV“ mit „EUR“ nur um eine offensichtliche Unrichtigkeit i. S. d. § 132 FlurbG handele, woran schon Zweifel bestehen, weil sich das Gewollte nicht eindeutig ergibt. Jedenfalls verbleibt als Folge der „Berichtigung der offensichtlichen Unrichtigkeit“ aber der o.a., nur durch einen Nachtrag nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG behebbare erhebliche Fehler in der Abfindung, weil die daraus folgende erhebliche „Minderabfindung“ nicht in Geld, sondern in Land auszugleichen ist. Auch wenn § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG als solcher die Planungshoheit der Behörde schützt und nicht dem subjektiven Schutz Dritter dient (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.1989 - 5 C 3/87 -, juris, Rn. 13), erschiene es widersinnig, einen gegen die Abfindung gerichteten Widerspruch als verspätet zurückzuweisen, um nachfolgend dieselbe Abfindung in einem Nachtrag zu ändern und insoweit ohnehin den Rechtsweg wieder neu zu eröffnen (vgl. zur Befugnis der Widerspruchsbehörde, eine planändernde Widerspruchsentscheidung nicht durch einen Widerspruchsbescheid, sondern in der Form eines Nachtrags zum Flurbereinigungsplan vorzunehmen: BVerwG, Beschl. v. 29.3.2007 - 10 B 51/06 -, juris, Rn. 3).

2. Ist der Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan demnach im Wege der Nachsichtgewährung als noch fristgerecht eingelegt anzusehen und die Klage auch im Übrigen zulässig, so ist sie im Sinne der Neubescheidungspflicht des Beklagten auch begründet.

a) Die Rechtswidrigkeit des Flurbereinigungsplans, soweit er die Abfindung des Klägers betrifft, ergibt sich hier schon daraus, dass die Einlageflurstücke 127/3 und 148/5 des Klägers, d.h. seine „alte Hofstelle“, nicht den Anforderungen der §§ 27 ff. FlurbG entsprechend bewertet worden sind und die fehlerhafte Bewertung der Einlage in die zuletzt angenommene Minderabfindung von 64,18 WV eingeflossen ist.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke das Wertverhältnis i. S. d. § 27 FlurbG in der Regel nach dem Nutzen bei gemeinüblicher Bewirtschaftung zu ermitteln, und zwar für die Abfindung bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die vorläufige Besitzeinweisung wirksam wird (§ 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG). Diese Wertermittlung erfolgt anhand eines Wertermittlungsrahmens, in dem die im Flurbereinigungsgebiet vorgefundenen landwirtschaftlich nutzbaren Böden und sonstige Grundstücke in Klassen zusammengefasst werden, um - wie nach § 27 Satz 2 FlurbG vorgesehen - den Wert der Grundstücke eines Teilnehmers im Verhältnis zu dem Wert aller Grundstücke des Flurbereinigungsgebiets zu setzen. § 29 FlurbG enthält gesonderte Bestimmungen für die Bewertung von Bauland und § 85 FlurbG abweichende Regelungen über die Bewertung (Nr. 4) und Abfindung (Nr. 8) von Waldflächen.

aa) Hieran gemessen ist zunächst die Bewertung der „Gebäude-/Freifl.-Landwirtschaft“ mit einer Größe von 0,3904 ha auf dem o.a. „Hofgrundstück“ 127/3 zu beanstanden.

Die hierauf bezogene Wertermittlung ist nicht bestandskräftig, weil sie mit „0“ bewusst von der allgemeinen Wertermittlung ausgenommen und einem nachfolgenden gesonderten Gutachten vorbehalten worden ist (vgl. Senatsurt. v. 8.7.2015 - 15 KF 6/13 -, juris, Rn. 48 ff.).

Nach diesem Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Aurich vom 30. März 2011 kommt dieser, um einen Grabenteil erweiterten Teilfläche nachvollziehbar die Eigenschaft eines „begünstigten Agrarlandes“ (vgl. dazu Senatsurt. v. 17.12.2013 - 15 KF 10/12 -, juris, Rn. 27, m. w. N.) zu, das zum Wertermittlungsstichtag am 30. März 2011 - noch ohne Berücksichtigung der Abbruchkosten - mit 18.423 EUR (4,50 EUR/qm) bewertet worden ist. Damit weicht zunächst dieser Stichtag um fast vier Jahre von dem nach § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG für die Ermittlung der Wertgleichheit der Abfindung maßgebenden Zeitpunkt des 1. Februars 2015 ab, an dem der Besitz an diesem Grundstück vom Kläger auf den Beigeladenen übergegangen ist. Angesichts der zwischenzeitlich allgemein erheblich gestiegenen Preise von Immobilien wäre zumindest eine erneute sachverständige Überprüfung der Angemessenheit dieses Preises geboten gewesen, zumal sich auch der - nachfolgend angeführte - Umrechnungsfaktor auf einen anderen, aktualisierten Zeitpunkt bezieht. Eine solche „Aktualisierung“ des Verkehrswertes bezogen auf den 1. Februar 2015 ist hier zu Unrecht unterblieben.

Zusätzlich ist aus den folgenden Gründen die Art und Weise der Umrechnung des angenommenen Preises von anteilig 18.423 EUR auf das maßgebende Wertverhältnis durch Anwendung eines Umrechnungs- bzw. Kapitalisierungsfaktors von 420 EU pro WV zu beanstanden:

Zwar kann zur Umrechnung (vgl. auch zum Folgenden Wingerter/Mayr, a.a.O., § 29, Rn. 33 f.) des regelmäßig in EUR/qm (anders OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.11.2009 - 9 C 10541/09 - RzF 38 zu § 44 Abs. 4 FlurbG: WE/Ar auch für Bauland) ausgedrückten Flächen(verkehrs)werts in WV/ha der allgemeine Umrechnungsfaktor angewandt werden, der auch (und vorrangig) für die Bemessung des Geldausgleichs im Falle geringfügiger Mehr- und Minderabfindung genutzt wird (einfacher vormals etwa OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., und Urt. v. 15.5.1973 - 3 C 100/72 -, RzF 42 zu § 44 Abs. 2 FlurbG: pauschale Tauschverhältnisse von 1:2 bzw. 1:3 zwischen Bau(erwartungs-)land und Ackerland). Dazu muss dieser Faktor aber am durchschnittlichen Verkehrswert aller Flächen einschließlich der Bauflächen ausgerichtet sein.

Nach Ziffer 10 des hier angewandten Wertermittlungsrahmens ist der Kapitalisierungsfaktor stattdessen „in Anlehnung an den Verkehrswert für landwirtschaftlich genutzte Flächen auf 300 EUR/WV festgesetzt“ worden; eine Überprüfung zum Bewertungsstichtag blieb vorbehalten. Nach den vom Beklagten nachgereichten Unterlagen ist der Wert im Dezember 2009 durch einen einstimmigen Beschluss des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft auf 420 EUR/WV heraufgesetzt worden ist. Damit bleibt weiter unklar, auf welcher Grundlage genau diese Heraufsetzung erfolgt und ob dabei auch der aktuelle Wert anderer Flächen als der von landwirtschaftlich genutzten einbezogen worden ist.

Zusätzlich ist die fehlende zeitliche Übereinstimmung zu rügen. Der Umrechnungsfaktor kann die ihm zugewiesene Aufgabe, anzugeben, wie viele Wertverhältnisse (WV) dem im Verkehrswertgutachten in EUR ermittelten Wert des begünstigten Agrarlandes entsprechen (oder anders ausgedrückt, wieviel Acker- oder Grünland ein Teilnehmer dafür ersatzweise erwerben kann) nur erfüllen, wenn er sich auf den (annährend) gleichen Zeitpunkt wie die Ermittlung des Verkehrswerts bezieht. Bei einer Abweichung von mehr als fünf Jahren - wie hier zwischen dem Beschlussdatum Dezember 2009 für den Umrechnungsfaktor und der vorläufigen Besitzeinweisung vom Kläger an den Beigeladenen im Februar 2015 - ist diese Voraussetzung nicht mehr gewahrt.

bb) Hinsichtlich der übrigen Teilflächen der beiden Flurstücke der alten Hofstelle des Klägers, d.h. des Grabens, Grünlands und Waldes, ist es bei der Berechnung des Abfindungsanspruchs zu einer unzulässigen Doppelbewertung gekommen.

Denn sie sind zunächst bereits bei der Wertermittlung des Jahres 2005 bestandskräftig bewertet worden und insoweit ist ihre Bewertung hinsichtlich des Flurstücks 127/3 mit 0,09 WV (Graben), 10,60 WV (Grünland) und 3,46 WV (Wald als „Holzung-Gehölz“) in die Ermittlung des Abfindungsanspruchs von 1.984,41 WV des Flurbereinigungsplanes in der Fassung vom 5. Dezember 2014 eingeflossen.

Ungeachtet dessen sind diese Teilflächen im Jahr 2011 in dem o.a. Gutachten vom 30. März 2011 nochmals, und zwar teilweise abweichend, bewertet worden und ist diese Bewertung anteilig in die 48,20 WV eingeflossen, die dem Kläger durch die Berichtigung vom 23. Februar 2015 und nachfolgend im Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2015 jedenfalls in dieser Höhe zu Unrecht teilweise zusätzlich gutgeschrieben worden sind. Denn die Flächen dürfen natürlich nur einmal als Einlage gezählt werden.

Weder hinsichtlich des Grünlandanteils noch hinsichtlich des Grabens, der im Gutachten des Gutachterausschusses als Teil des begünstigten Agrarlandes angesehen worden ist (vgl. dort S. 18), ist im Übrigen ein Grund ersichtlich, sie überhaupt zusätzlich (und abweichend) von der allgemeinen Wertermittlung nochmals zu bewerten.

cc) Schließlich entspricht auch die Bewertung des Waldanteils sowohl allein in der Wertermittlung 2005 als auch in dem o.a. Gutachten des Gutachterausschusses vom 30. März 2011 nicht der Vorgabe des § 85 Nr. 4 FlurbG, die noch in Ziffer 2.3 des  Wertermittlungsrahmens zutreffend zusammengefasst war. Danach ist ein Waldgrundstück als solches (hinsichtlich) seines Bodenwertes mit der Wertzahl 10 und bei Eintritt von Eigentumsänderungen zusätzlich gesondert der Holzbestand zu bewerten. Denn nach § 85 Nr. 4 FlurbG ist der Holzbestand, jedenfalls soweit dafür nicht eine Abfindung in Holzwerten erfolgt, vom Boden rechnerisch getrennt zu bewerten, weil er nur einen Anspruch auf Holzwerte oder Geld (§ 85 Nrn. 8 und 10, § 50 Abs. 2 FlurbG) gibt (vgl. Wingerter/Mayr, a. a. O, § 85, Rn. 7 auch zum Folgenden). Der Waldboden ist somit grundsätzlich nach seinem modifizierten Ertragswert und nicht nach dem Verkehrswert zu bewerten.

Letzteres ist hier jedoch sinngemäß in dem Gutachten des Gutachterausschusses vom 30. März 2011 erfolgt. Denn darin sind als Vergleichsmaßstab ausdrücklich Flächen „mit eher jungem Bestand, deren Bewuchs ohne wesentlichen Wert“ sei, herangezogen worden (vgl. Bl. 19); es ist also gerade nicht zwischen dem Boden- und dem Holzwert differenziert worden.

Richtig ist stattdessen für die Abfindung von dem reinen Waldbodenwert auszugehen, wie er nach dem Wertermittlungsrahmen (mit dem Wert 10) bei der Wertermittlung 2005 festgesetzt und ursprünglich auch in die Abfindungsberechnung einbezogen worden ist (vgl. Bl. 27 f. BA: Werte für „Holzung-Gehölz“ von 3,46 WV  und 10,27 WV).

Gesondert ist der Holzwert im Zeitpunkt des Besitzübergangs im Februar 2015 hinzurechnen, wobei hier die Werte aus dem forstwirtschaftlichen Gutachten vom November 2013 zu Grunde gelegt bzw. - soweit sie nicht mehr hinreichend aktuell sind  -  hochgerechnet werden können.

Hingegen kann dieser Holzwert nicht auf den im forstwirtschaftlichen Gutachten nochmals ermittelten Bodenwert hinzugerechnet werden, da der Bodenwert bereits in dem Abfindungsanspruch enthalten ist und nicht doppelt einfließen kann.

dd) Das Flurbereinigungsgericht ist nach dem in § 144 Satz 1 Alt. 1 FlurbG enthaltenen Gebot der Verfahrensbeschleunigung zwar grundsätzlich gehalten, selbst den Flurbereinigungsplan zu ändern und hat dazu den Abfindungsanspruch eigenständig zu ermitteln, darf davon aber nach § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG absehen, wenn es wegen der Schwierigkeit der Änderung den Mangel in Anbetracht seiner Arbeitsmöglichkeiten nicht beheben kann (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 10.5.2007 - 10 B 71/06 -, RdL 2007, 274 f.; NL-BzAR 2007, 417; juris, Rn. 4; Beschl. v. 19.2.1998 – 11 B 10/98 -, Rn. 4, m. w. N.; Senatsurt. v. 25.2.2015 - 15 KF 5/11 -, a. a. O., juris, Rn. 49 f.). Der Senat verfügt nicht über die nach den vorherigen Ausführungen für eine ordnungsgemäße Wertermittlung erforderliche besondere Sachkunde für die Bewertung von begünstigtem Agrarland sowie für die Ermittlung des angemessenen Umrechnungsfaktors und der Aktualität von Holzwerten. Daher macht er von der genannten Befugnis nach § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG Gebrauch.

b) Bei der demnach nachzuholenden Wertermittlung und der darauf aufbauenden Ermittlung der Abfindung des Klägers hat der Beklagte die folgenden Rechtsansichten des Flurbereinigungsgerichts zu beachten:

Die Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren haben zwar einen Anspruch auf wertgleiche Abfindung, sie können aber nicht eine Abfindung mit bestimmten Grundstücken oder mit Grundstücken in bestimmter Lage, auch nicht in Lage ihres Altbesitzes verlangen (zum Folgenden: Senatsurt. v. 17.12.2013 - 15 KF 10/12 -, juris, Rn. 33 f., m. w. N.).

Allerdings erschöpft sich die gerichtliche Überprüfung der im Flurbereinigungsplan enthaltenen Regelung über die Landabfindung nicht in der Prüfung, ob der Anspruch des Teilnehmers auf wertgleiche Abfindung erfüllt ist. Vielmehr besteht daneben ein - allerdings nur schmaler - Anwendungsbereich für eine ergänzende Abwägungskontrolle. Sie bezieht sich auf solche Belange, die nicht die Wertsicherung des Bestandes betreffen und deren ordnungsgemäße Berücksichtigung deshalb durch eine wertgleiche Abfindung noch nicht gewährleistet ist. Abwägungserheblich sind die in einem Planwunsch des Teilnehmers zum Ausdruck kommenden Entwicklungsmöglichkeiten, wenn sie bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit aber eine Mitwirkungspflicht, nach der sie gehalten sind, im Planwunschtermin (§ 57 FlurbG) auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen und hierzu konkrete Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten. Nur derart qualifizierte Planwünsche gehören zum Abwägungsmaterial.

Besonderen Schutz genießen allerdings nach Maßgabe des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG „Hof- und Gebäudeflächen“ sowie nach Maßgabe des § 85 FlurbG Waldflächen.

Hieran gemessen bleibt der Kläger mit seinem Kernbegehren erfolglos, seine alte Hofstelle (zwingend) wieder als Abfindung zugeteilt zu bekommen. Ein hierauf gerichteter Anspruch besteht weder unter dem Gesichtspunkt eines qualifizierten Planwunsches (aa) noch nach § 45 Abs. 1 FlurbG (bb) und cc)); eine Wiederzuteilung ist allerdings auch nicht ausgeschlossen. Schließlich ist ein Anspruch auf Wiederzuteilung des Waldanteils dieser Fläche nach § 85 FlurbG nicht gegeben (dd).

aa) Einen qualifizierten Planwunsch im zuvor bezeichneten Sinn macht der Kläger nicht geltend. Zwar hat er im Planwunschtermin auf die angestrebte Wiederzuteilung der alten Hofstelle  hingewiesen. Diesen Wunsch hat er jedoch nicht - wie geboten - mit konkreten Entwicklungsmöglichkeiten begründet. Dies ist im Übrigen auch im gerichtlichen Verfahren unterblieben. Die Option, dort irgendwann wieder eine Hofstelle zu errichten („wieder anzuspannen“), reicht dazu ebenso wenig aus wie der Verweis auf die über 300 Jahre alte Nutzungstradition durch die Familie in der Vergangenheit.

bb) Auf der alten Hofstelle befinden sich keine besonders geschützten Hof- und Gebäudeflächen. Gebäudeflächen i. S. d. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG sind bebaute Flächen außerhalb des Hofes. Die Gebäude müssen am Stichtag erlaubt sein (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 45, Rn. 4, m. w. N.) und tatsächlich zweckentsprechend genutzt werden, wobei die Nutzung nicht gerade durch den Inhaber eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs erfolgen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.9.1992 - 11 C 1/92 - RzF 21 zu § 1 FlurbG). Abgängige Bauwerke unterfallen nach dem Sinn und Zweck der Norm ebenfalls nicht dem besonderen Schutz (offen gelassen vom BayVGH, Urt. v. 19.7.1974 - 43 XII 73 - RzF 15 zu § 45 Abs. 1 FlurbG). Denn durch § 45 FlurbG wird der o.a. Grundsatz, dass der Neuordnungsauftrag nach den §§ 1, 37 (86) FlurbG umfassend ist und grundsätzlich kein Anspruch auf Zuteilung bestimmter
(Einlage-)Flächen besteht, eingeschränkt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 24.6.2014 - 13 AS 14/717 - RzF 47 zu § 45 Abs. 1 FlurbG). Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass andernfalls ein besonders schwerwiegender, mit der Eigentumsgarantie nicht zu rechtfertigender Eingriff in das Eigentum eintritt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.9.1980 - 9 C 46/79 -, RzF 29 zu § 45 Abs. 1 FlurBG). Eine solche Eingriffswirkung ist jedoch nicht gegeben, wenn ein Gebäude ohnehin abgängig ist, d.h. auch bei einem Verbleib durch seinen bisherigen Eigentümer in absehbarer Zeit abgerissen werden muss oder - wie hier hinsichtlich der Scheune - in sich zusammenfallen wird, und deshalb wirtschaftlich keinen Gewinn, sondern bedingt durch die Abbruchkosten sogar eine Belastung darstellt. In einem solchen Fall wird der bisherige Eigentümer letztlich nicht durch die Neuzuteilung, sondern hiervon unabhängig durch den „maroden“ Zustand seines eingebrachten Gebäudes und damit flurbereinigungsunabhängig gezwungen, eine schon baubedingt zukünftig nicht mehr mögliche Nutzung aufzugeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.3.1978 - 5 CB 34/75 -, RzF 12 zu § 40 FlurbG).

aaa) Hieran gemessen befinden sich (auch) auf der „Gebäude-/Freifl.-Landwirtschaft“ mit einer Größe von 0,3904 ha keine geschützten Gebäudeflächen. Das dort befindliche Betonsilo wird nicht genutzt. Eine zweckentsprechende Nutzung der Scheune/Remise erscheint angesichts ihres Zustandes selbst zum - zwischen den Beteiligten tatsächlich umstrittenen - Unterstellen von land- oder fortwirtschaftlichem Gerät fraglich. Jedenfalls ist dieses Gebäude aber nach den Ausführungen im Gutachten des Gutachterausschusses vom März 2011 abgängig; dies wird durch die Fotos belegt und vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Damit entfällt zumindest aus diesem Grund auch insoweit ein Schutz als „Gebäudefläche“.

bbb) Soweit die alte Hofstelle im Übrigen aus Grünland und Wald besteht, scheidet ein Schutz nach § 45 Abs. 1 FlurbG ohnehin schon wegen dieser Nutzung aus; allenfalls könnte insoweit noch ein notwendiger Grenzabstand (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.2.1987 - 5 B 39/85 -, RzF 34 zu § 45 Abs. 1 FlurbG) zu einem benachbarten, geschützten Gebäude einzubeziehen sein, an dem es hier - wie dargelegt - aber mangelt.

cc) Hofflächen i. S. d. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG sind bebaute oder unbebaute Grundstücke oder Grundstücksteile, die im räumlichen Zusammenhang mit den Wohn- und Wirtschaftsgebäude stehen und dauernd der Betriebsführung des Anwesens dienen sollen (vgl. Wingerter/Mayr, a. a. O., § 45, Rn. 8, m. w. N.), wobei es auf die tatsächliche Nutzung und nicht auf die Bezeichnung im Grundbuch oder bei der Wertermittlung ankommt.

Danach scheidet ein Schutz der die alten Hofstelle bildenden Flurstücke als „Hofflächen“ schon deshalb aus, weil sich dort nach den vorherigen Ausführungen weder (mindestens) ein zweckentsprechend genutztes, nicht abgängiges und damit geschütztes Wirtschaftsgebäude noch gar ein Wohngebäude befindet. Im Übrigen hat der Kläger bzw. sein Rechtsvorgänger nach dem Untergang der auf der alten Hofstelle befindlichen Gebäude in den 60-iger Jahren des vorherigen Jahrhunderts selbst auf einem anderen Grundstück eine neue Hofstelle errichtet und zwischenzeitlich wieder veräußert.

Wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden ist, wird zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass damit nur ein Anspruch des Klägers auf Wiederzuteilung ausgeschlossen ist. Es bleibt dem Beklagten allerdings unbenommen, im Rahmen seines Ermessens als Abfindung des Klägers gleichwohl Teilflächen der alten Hofstelle festzusetzen - etwa in dem Umfang, wie er in dem vom Kläger widerrufenen Vergleich bezeichnet ist.  Denn auch anderen Beteiligten einschließlich des Beigeladenen steht nach den vorherigen Ausführungen kein Anspruch auf eine - zumal vollständige - Zuteilung gerade dieser Flurstücke zu. Soweit eine Zuteilung „neu wie alt“ erfolgt, erübrigt sich auch eine neue Wertermittlung nach den Vorgaben unter 2. a); sie ist nur bei einer abweichenden Zuteilung erforderlich.

dd) Der Waldanteil der alten Hofstelle muss dem Kläger nach Aktenlage ebenfalls nicht zwingend wiederzugeteilt werden.

Waldflächen werden zwar nach § 85 FlurbG besonders geschützt. Wie sich im Umkehrschluss aus Nr. 7 dieser Norm ergibt, ist aber die Abgabe einer geschlossenen Waldeinlage von weniger als drei Hektar - wie hier bezogen auf die alte Hofstelle des Klägers - grundsätzlich auch ohne Zustimmung des Eigentümers zulässig.

Allerdings ist ihm bei einer solchen Zuteilung an einen anderen nach § 85 Nr. 8 FlurbG für das aufstehende Holz, soweit möglich, Abfindung in Holzwerten zu geben. Diese Vorgabe ist bei der etwaigen Neubemessung der Abfindung des Klägers zu beachten.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Hauptbeteiligten (Kläger und Beklagten) beruht auf  §§ 147 Abs. 1, 2 FlurbG, 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Kläger unterliegt teilweise, soweit die der Verurteilung des Beklagten zugrunde liegende Rechtsansicht des Senats zu seinen Lasten von seinem Klagebegehren abweicht; insbesondere dringt er nicht mit seinem Kerneinwand durch, seine „alte Hofstelle“ müsse ihm als Abfindung wieder zugeteilt werden. Andererseits ist bei der gebotenen neuen Bemessung der Abfindung eine solche (teilweise) Wiederzuteilung auch nicht ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung des wechselseitigen gesamten Vorbringens unterliegen damit beide Hauptbeteiligte insgesamt je zur Hälfte. Daher ist es sachgerecht, dass der Kläger neben der Hälfte der durch das Verfahren entstandenen baren Auslagen auch die Hälfte der Gerichtsgebühr trägt, die nach § 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 5112 der Anlage 1 zu § 3 GKG mit zwei Gebührensätzen anzusetzen ist. Dem Beklagten können nach § 147 FlurbG keine Gerichtskosten, sondern gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur anteilig die außergerichtlichen Kosten auferlegt werden.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beigeladenen beruht auf § 147 Abs. 2 FlurbG und § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Hinsichtlich der Gerichtskosten sieht der gegenüber dem GKG vorrangige § 147 FlurbG bei einer teilweise abweisenden Entscheidung keine Kostenpflicht eines Beigeladenen vor. Da der Beigeladene somit selbst bei Antragstellung nur einem begrenzten Kostenrisiko unterliegt und im Übrigen mit seinem auf die Abweisung der Klage gerichteten Vorbringen auch nicht vollständig durchdringt, entspricht es billigem Ermessen i. S. d. § 162 Abs. 3 VwGO, seine außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären.