Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.02.2016, Az.: 15 KF 32/11

Bestandskraft; Beweidung; Eingriff in Betriebsstruktur; Ertrag; Flurbereinigung; Grünland; Maßgeblicher Zeitpunkt; Milchvieh; Nutzungsart; Nutzungsmöglichkeit; Sachverständiger; Wertermittlung; wertgleiche Abfindung; Zurückverweisung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.02.2016
Aktenzeichen
15 KF 32/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43203
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zur fehlenden Wertgleichheit einer Abfindung nach § 44 Abs. 4 FlurbG, weil die Abfindungsflächen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls eine Beibehaltung der zum maßgeblichen Stichtag bestehenden Betriebsstruktur nicht gewährleisten (hier: nicht vergleichbare Nutzungsmöglichkeiten als Grünland für die Beweidung mit Milchvieh).
2. Stehen nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Flurbereinigungsgerichts mehrere Abfindungsvarianten zur Verfügung, um den Kläger wertgleich abzufinden, und wären je nach der Gestaltung der Abfindung unterschiedliche Teilnehmer von einer Änderung ihrer Abfindung betroffen, kann das Gericht von der Befugnis nach § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG Gebrauch machen und die Entscheidung über eine der in Betracht kommenden Abfindungsvarianten der Flurbereinigungsbehörde auferlegen.

Tenor:

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers gegen den am 1. Dezember 2010 bekannt gegebenen Flurbereinigungsplan zu entscheiden und die Abfindung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Abgeltung der dem Gericht entstandenen baren Auslagen wird gegen den Kläger ein Pauschsatz in Höhe von 150,-- EUR festgesetzt; daneben wird die Hälfte einer Gerichtsgebühr nach einem Streitwert von 10.000,-- EUR erhoben.

Der Kläger und der Beklagte tragen die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Abfindung durch den Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren G..

Das Amt für Agrarstruktur Lüneburg ordnete mit Beschluss vom 22. März 2002 das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren G. an. Das in den Gemeinden G. und H. gelegene Flurbereinigungsgebiet umfasst eine Fläche von rd. 1.176 ha außerhalb der Ortslage, unterteilt in drei voneinander getrennte Teilbereiche.

Die Ergebnisse der Wertermittlung wurden durch Beschluss des Amtes für Agrarstruktur Lüneburg vom 12. Dezember 2003 festgestellt und am 19. Januar 2004 bestandskräftig.

Der 1954 geborene Kläger ist unter der Ordnungsnummer I. Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens. Er bewirtschaftet nach eigenen Angaben seit über 30 Jahren einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit dem Schwerpunkt auf Milchviehhaltung und Rinderzucht. Sein Betrieb verfügt über Flächen von ca. 60 ha und einen Milchviehbestand von etwa 30 Tieren sowie weitere Tiere als weibliche Nachzucht. Von seinen Flächen ist etwa die Hälfte Grünland. Die Hofstelle mit einer Hauskoppel von ca. 20 ha Fläche zuzüglich Wald liegt außerhalb des Flurbereinigungsgebiets in J. G. am K.. Der Großteil der Flächen des Klägers befindet sich von der Hofstelle aus in Richtung J. L. bzw. in L., darunter seine im nördlichen Teil des Flurbereinigungsgebiets gelegene Hauptweidefläche auf dem 6,7039 ha großen Einlageflurstück M. der Flur N., Gemarkung G. („O.“), bestehend aus 4,2640 ha Grünland und 2,2779 ha Ackerland. Diese mit einzelnen Schattenbäumen bestandene Fläche grenzt an den K. und wurde vom Kläger, der kaum Stallhaltung betreibt und eine mobile Melkanlage einsetzt, regelmäßig in den Monaten April bis Oktober als Weide benutzt, weil sie nach seiner Einschätzung wegen ihrer Größe, der Bewirtschaftbarkeit, der Futterqualität und der Bodenverhältnisse (Güte und Wasserhaltefähigkeit) am besten als Hauptfutterfläche geeignet ist. Im Flurbereinigungsgebiet (Gemarkung G.) liegen - einschließlich des Einlageflurstücks M. - Einlageflächen des Klägers mit einer Gesamtfläche von 13,9678 ha und einem Wertverhältnis (WV) von 384,96. Dabei handelt es sich u.a. um 8,0083 ha Ackerland (242,21 WV), um 4,6668 ha Grünland (129,14 WV) sowie um 1,08508 ha Holzung (12,81 WV).

Am 6. Dezember 2005 wurde der Kläger zu seinen Planwünschen angehört. Er erklärte dabei u. a., er wünsche eine Zuteilung des Einlageflurstücks M. ungefähr in alter Lage, eine leichte Veränderung der Grenze würde er in Kauf nehmen. Die Zufahrt müsse am K. bleiben.

Eine Teilfläche von 1,58 ha des Einlageflurstücks 13 wurde dem Kläger mit vorläufiger Anordnung vom 3. August 2008 gegen Geldentschädigung für den Gewässerausbau entzogen.

Die Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Lüneburg (GLL Lüneburg) als eine Funktionsvorgängerin des Beklagten ordnete unter dem 1. August 2008 die vorläufige Besitzeinweisung mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 an. Dabei wurde dem Kläger der Besitz des Einlageflurstücks M. entzogen und er in den Besitz von zwei neu zugeschnittenen Flurstücken beidseits der G. eingewiesen, die auf Teilflächen drei Einlageflurstücke des Klägers umfassen. Der vorläufige Besitz des Klägers entsprach im Übrigen fast unverändert seiner Einlage.

In einer Verhandlung über die Besitzeinweisung am 14. August 2008 lehnte der Kläger die Zuteilung des westlich der G. gelegenen (Neu-)Flurstücks P. der Flur Q. ab, erklärte sich aber bereit, diese Fläche bis zur Planvorlage im Jahre 2010 zu bewirtschaften. Die anwesenden Vorstandsmitglieder bestätigten, dass die neu zugeteilte Fläche sehr schwierig zu bewirtschaften sei. Es wurde intensiv über eine Verlegung der Zuteilung diskutiert; verschiedene Lösungsmöglichkeiten wurden erörtert. Der Kläger äußerte den Wunsch, wieder in dem Bereich abgefunden zu werden, in dem sein Einlageflurstück M. liegt. Dem Kläger wurde zugesichert, dass sich die Flurbereinigungsbehörde um gleichwertige Ersatzflächen bemühen werde und er seine Milchkühe noch bis Ende 2008 auf dem Altflurstück M. belassen könne.

Gegen die vorläufige Besitzeinweisung legte der Kläger am 11. September 2008 Widerspruch ein und wandte sich insbesondere dagegen, dass er den Besitz an dem Flurstück M. in Größe von annähernd 7 ha verlieren und stattdessen eine Fläche beidseits der G. (Neuflurstücke P. und R.) erhalten solle. Für seinen Milchviehbetrieb benötige er dringend feuchtes Grünland; dies sei auf dem Flurstück 13 vorhanden. Die im Tausch hierfür vorgesehenen Flächen beiderseits der G. stellten jedoch trockenes, sandiges Land dar, das für den Spargelanbau geeignet sein möge, für seinen Milchviehbetrieb allerdings völlig unbrauchbar sei. Da er in der näheren Umgebung des Flurstücks M. weitere Grünlandflächen als Eigentumsflächen oder Pachtland in Bewirtschaftung habe, stelle es für ihn einen erheblichen Eingriff in seinen Betrieb dar, wenn er das Flurstück M. verlieren sollte.

Die GLL Lüneburg wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2009 zurück.

Die gegen die vorläufige Besitzeinweisung am 8. Juni 2009 erhobene Klage - 15 KF 21/09 - wies der Senat mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 15. März 2011 zurück, weil aufgrund der Gegenüberstellung des Alt- und Neubesitzes des Klägers sowie der Lage der Flächen im Flurbereinigungsgebiet nicht von einem offensichtlich groben Missverhältnis zwischen Alt- und Neubesitz ausgegangen werden könne. Auch ein offensichtlich unzumutbarer Eingriff in die Struktur des Betriebs des Klägers durch die vorläufige Besitzeinweisung könne nicht festgestellt werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

Der Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren G. wurde im Anhörungstermin vom 1. Dezember 2010 bekannt gegeben. Dem Kläger wurden Abfindungsflächen im Umfang von 13,3128 ha (375,38 WV) zugeteilt, darunter auch die dem Kläger bereits bei der vorläufigen Besitzeinweisung zugewiesenen Flurstücke P. (Grünland) und R. (Ackerland) der Flur Q.. Die Abfindung entsprach damit im Wesentlichen der vorläufigen Besitzeinweisung. Gegenüber der Einlage von 384,96 WV errechnete der Beklagte unter Berücksichtigung eines Landabzuges von 1,5 % (= 5,77 WV) und eines Abzugs für eine „Sonderregelung“ im Umfang von 8,53 WV einen Abfindungsanspruch in Höhe von 370,66 WV. Daraus ergab sich im Verhältnis zur zugeteilten Abfindung eine unvermeidbare Mehrabfindung in Höhe von 4,72 WV (375,38 - 370,66 WV), für deren Ausgleich gegen den Kläger ein Geldbetrag in Höhe von 1.180 EUR festgesetzt wurde.

Der Kläger legte im Anhörungstermin am 1. Dezember 2010 gegen die Abfindung durch den Flurbereinigungsplan Widerspruch ein.

Nachdem im Widerspruchsverfahren eine Entscheidung zunächst nicht erging, um die Einholung eines Sachverständigengutachtens abzuwarten, hat der Kläger am 5. Dezember 2011 gegen seine Abfindung durch den Flurbereinigungsplan (Untätigkeits-)Klage erhoben.

Während des laufenden Klageverfahrens hat der Beklagte ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Nachdem dieser Gutachtenauftrag wegen nicht fristgerechter Erfüllung gekündigt worden und Vergleichsgespräche zwischen den Beteiligten gescheitert waren, gab der Beklagte im Mai 2013 erneut ein Sachverständigengutachten zu den flurbereinigungsbedingten Auswirkungen auf die Milchviehhaltung im Betrieb des Klägers in Auftrag.

Der Senat hat das Verfahren vor der Erstellung des Gutachtens mit Beschluss vom 3. Mai 2013 zur Durchführung eines Mediationsverfahrens zum Ruhen gebracht. Während des laufenden Mediationsverfahrens hat der Beklagte das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. agr. S. T. vom 25. Juli 2013 vorgelegt. In seinem Gutachten gelangt der Gutachter zu der Schlussfolgerung, dass der Zustand der Flächen zum Zeitpunkt der Besitzeinweisung im Jahr 2008 zwar nicht mehr eingeschätzt werden könne; nach den Feststellungen der Bodenschätzung seien die Flächen (Einlageflurstück M. und Abfindungsflurstück P.) aber mit der gleichen Wasserstufe 3 eingestuft worden, so dass von einer vergleichbaren Wasserführung beider Grundstücke ausgegangen werde. Eine ganzjährige Weidehaltung von Milchkühen sei weder auf dem Altflurstück M. noch auf dem Neuflurstück P. darstellbar. Auf der Grundlage der aktuell vorliegenden Bodenschätzung müsse festgehalten werden, dass sich die durchschnittliche Bonität der betrachteten Grünlandflächen gemessen an der Grünlandzahl im Zuge der Flurbereinigung verbessert habe. Die zu den Zeitpunkten der Ortstermine vorgefundene Grasnarbe könne für das Altflurstück M. als etwas besser angesehen werden. Gerade der nördliche Teil des Neuflurstücks P. stelle sich durch eine extensive Nutzung als vergleichsweise ertragsschwach dar, obwohl hier die höchste Grünlandzahl vorhanden sei. Dies müsse jedoch auf eine mangelnde Pflege der Fläche zurückgeführt werden. Aufgrund der begrenzten Zahl der Arbeitskräfte (nur der Kläger als Betriebsleiter) sei der Betrieb zwar langfristig auf die weniger personalintensive Weidehaltung angewiesen, als Grünfuttergrundlage hätte aber auch das Flurstück M. nicht allein ausgereicht. Insgesamt müsse festgehalten werden, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers nicht nur mit dem Altflurstück M. wirtschaftlich betrieben werden könne, sondern auch nach erfolgter Flurbereinigung ein wirtschaftlicher Betrieb darstellbar gewesen sei.

Nach dem Scheitern einer Einigung im Mediationsverfahren ist das Klageverfahren im Oktober 2013 formlos fortgeführt worden.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen vor, er habe bis zum Jahr 2007 etwa 40 Milchkühe unterhalten. Seine landwirtschaftlichen Nutzflächen im Flurbereinigungsgebiet hätten im Wesentlichen aus rund 4,7 ha Grünland und rund 8 ha Ackerland bestanden. Kernstück seines Grünlandes sei das Einlageflurstück M. in einer Größe von 4,264 ha (nur der Grünlandanteil) gewesen. Dabei handele es sich um ganzjährig feuchtes Grünland, welches in geringer Entfernung zu seinem Hof gelegen und unmittelbar über eine öffentliche Straße an diesen angebunden gewesen sei. Dieses feuchte Grünland habe von April bis Oktober beweidet werden können, d.h. auch während längerer sommerlicher Trockenphasen. Im Frühjahr eines jeden Jahres sei auf diesem Flurstück ein erster Grasschnitt vorgenommen worden, um Futter zu gewinnen. Nachfolgend sei das Flurstück eingezäunt und zur Beweidung des Milchviehbestandes genutzt worden. Das ihm im Ausgleich zugeteilte 5,5663 ha große Flurstück P. sei deutlich weiter entfernt von seinem Hofgrundstück beidseits der G. gelegen. Bei diesem Flurstück handele es sich um ein sandiges, sehr trockenes und schwierig zu bewirtschaftendes Land. Dadurch habe sich sein Grünlandbestand erheblich verschlechtert, was sich auch negativ für die Situation seines Betriebes ausgewirkt habe. Das Abfindungsflurstück P. liefere deutlich weniger Grünfutter für das Milchvieh. Schon bei geringer Trockenheit finde sich hier kaum noch brauchbares Gras, welches eine Beweidung sinnvoll erscheinen ließe. Durch die Lage beidseits der G. müsse das Milchvieh über eine Betonbrücke über die G. getrieben werden, was für die Kühe problematisch und gefährlich sei. Mit dem Einlageflurstück M. fehle seinem Betrieb die maßgebliche Weide, die auch in trockenen Sommerphasen ergiebiges Grünfutter geliefert habe und eine durchgehende Beweidung habe sicherstellen können. Obwohl er eine weitere Grünlandfläche im Umfang von 1,5 ha hinzu gepachtet habe, um dort zu beweidendes Ackergras anzubauen, und obwohl er auf seinen beiden besten Ackerlandgrundstücken im Umfang von fast 5 ha Gras angesät habe, um sich ersatzweise zusätzliches Grünland zu verschaffen, habe er in den Jahren 2009 und 2010 kein ausreichendes Grünlandfutter erzeugen und seinen bisherigen Milchviehbestand auf 28 Tiere reduzieren müssen. Teilweise hätten die Tiere im Sommer im Stall gehalten werden müssen, weil brauchbare Weidefläche gefehlt habe. Dadurch sei auch die Milchproduktion gesunken. Derzeit könne er eine Beweidung aller Tiere nicht durchführen, sondern müsse intensiv zufüttern.

Nachdem der Kläger zunächst gerügt hatte, dass das Einlageflurstück M. wesentlich höher hätte bewertet werden müssen als das Abfindungsflurstück P., und darauf die fehlende Wertgleichheit der Abfindung gestützt hatte, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren erklärt, dass die Werte der Bodenschätzung nicht mehr angezweifelt würden. Allerdings müssten bei der wertgleichen Abfindung auch solche Umstände geprüft werden, die die Ertrags- und Nutzungsmöglichkeiten wesentlich beeinflussen. Die Werte der Bodenschätzung würden die Ertrags- und Nutzungsmöglichkeiten der Abfindungsfläche als Weideland nicht wiederspiegeln. Soweit der Beklagte ihm angeboten habe, die Abfindungsfläche Flurstück P. im Wege von Planinstandsetzungsmaßnahmen so herzurichten, dass eine einheitliche Bewirtschaftung möglich sei, werde darauf hingewiesen, dass er diese Fläche auch vor dem Jahr 2008 schon bewirtschaftet habe, da sie zum Großteil von ihm gepachtet worden sei. Durch die Neuzuteilung sei lediglich eine 0,75 ha große Fläche hinzugekommen. Die angebotenen Neueinsaat- und Vorbereitungsmaßnahmen seien in den Vorjahren von ihm selbst  durchgeführt worden, ohne dass dadurch die Bodenart oder der Wasserhaushalt der Fläche hätte beeinflusst werden können. Dies gelte auch für die benachbarten Flächen, die von einen anderen Milchviehbetrieb genutzt worden seien. Die betrieblichen Probleme des Kläger hätten bereits 2007 begonnen, als er das Einlageflurstück M. wegen der Gewässerbaumaßnahmen habe teilweise räumen müssen. Entgegen den Ausführungen des Beklagten habe sich auch die Entfernung zu seiner Hofstelle durch die Neuzuteilung nicht verbessert, sondern verschlechtert. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen Müller in dessen Gutachten würden durch die Schlussfolgerungen des von ihm selbst (dem Kläger) in Auftrag gegebenen Gutachtens von Dr. U. V. widerlegt. Aus dessen Stellungnahme ergebe sich, dass von einer wertgleichen Abfindung nicht ausgegangen werden könne, weil die Ertragskraft des Standortes der Alt- und Neuflächen aufgrund unterschiedlicher Wasserverhältnisse anders sei; dieser Umstand sei gerade auf sandigen Böden - wie hier - wesentlich für die Ertragskraft.

Der Senat hat mit Beschluss vom 6. Januar 2015 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis erhoben, ob die dem Kläger im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren G. zugeteilten Abfindungsgrundstücke - soweit sie nicht mit den vorherigen Einlagegrundstücken identisch sind - unter Berücksichtigung aller Umstände, die auf den Ertrag, die Nutzung, und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben (insbesondere im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten als Grünland für die Beweidung mit Milchvieh), dem Wert der Einlageflurstücke des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt der vorläufigen Besitzeinweisung zum 1. Oktober 2008 entsprachen. Zu den Feststellungen und Schlussfolgerungen des beauftragten Sachverständigen Dr. W. X. im Einzelnen wird auf das vorgelegte Gutachten vom 14. Juli 2015 mit ergänzenden Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Der Kläger macht gestützt auf die Schlussfolgerungen des Sachverständigen weiterhin seine nicht wertgleiche Abfindung geltend. Die Auswirkungen des Wasserhaushalts auf die Bodenqualität seien bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die von dem Beklagten angebotene Änderung der Abfindung durch eine Erweiterung der Abfindungsflächen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Abfindungsflurstück P. sei inakzeptabel. Es handele sich dabei um genau diejenigen Flächen, die der Beklagte bereits in Verhandlungsterminen im Jahr 2013 bzw. im Mediationsverfahren erfolglos vorgeschlagen habe. Diese Flächen seien bereits aufgrund ihres Zuschnitts nur schwer zu bewirtschaften und wiesen im Übrigen die gleiche Bodenproblematik auf wie das Abfindungsflurstück P.. Wegen ihrer schlechten Bodenqualität seien die Flächen auch bisher nicht verteilt worden. Nach seiner Auffassung müsse eine Abfindung mit vergleichbarer Bodenqualität und verkehrlicher Anbindung geschaffen werden, wie es die Einlagefläche aufgewiesen habe. Die Abfindung müsse daher mit Flächen aus dem Umfeld des Gebiets erfolgen, in dem sich die Einlagefläche befunden habe, um wertgleich zu sein. Nur in diesem Gebiet sei eine mit der Altfläche vergleichbare Bodenqualität zu finden. Die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagenen Abfindungsalternativen im Bereich seines Einlageflurstücks M. reichten für eine wertgleiche Abfindung nicht aus.

Der Kläger beantragt,

den am 1. Dezember 2010 bekannt gemachten Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren G. entsprechend seinen Wünschen abzuändern,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, über seinen (des Klägers) Widerspruch zu entscheiden und die Abfindung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die bestandskräftige Feststellung der Wertermittlungsergebnisse ist er zunächst davon ausgegangen, dass sich die Einlage- und Abfindungsgrundstücke in Beschaffenheit und Nutzungswert entsprächen. Da die Altflurstücke Y. bis Z. Teil der Abfindungsflurstücke P. und R. seien, erhalte der Kläger den Grünlandanteil dieser Altflurstücke unverändert zurück. Außerdem erhalte er mit der Zuteilung im Bereich beidseits der G. 5,57 ha Grünland gegenüber dem Altzustand mit 4,26 ha Grünland im Bereich des Altflurstücks M.. Eine Teilfläche von etwa 1 ha des Abfindungsflurstücks P. sei in der amtlichen Bodenschätzung als Wechselstandort bewertet worden, im Wertermittlungsrahmen durch den Sachverständigen der Finanzverwaltung jedoch als Grünland bewertet worden. Auch wenn der Wechselstandort in Abzug gebracht werde, verblieben immer noch 4,57 ha reines Grünland in der Neuzuteilung gegenüber 4,56 ha Grünland im Altbestand. Die Neuzuteilung bestehe auch nicht überwiegend aus trockenen, für einen Milchviehbetrieb nicht brauchbaren sandigen Böden. Im Übrigen seien die Angebote an den Kläger, im Wege von Planinstandsetzungsmaßnahmen die zugewiesenen Grünlandflächen so herzurichten, dass eine einheitliche Bewirtschaftung möglich sei (einschließlich Entfernung von Zäunen, Neueinsaat sonstige Vorbereitungsmaßnahmen sowie die Schaffung eines Weges zur besseren Erreichbarkeit), vom Kläger stets abgelehnt worden. Weder die Veräußerung der Milchquote noch die Reduzierung des Milchviehbestandes von 40 auf 28 Tiere sei durch die Neuzuteilung bedingt, worauf man schon im Verfahren gegen die vorläufige Besitzeinweisung hingewiesen habe. Die Hof-Feld-Entfernung habe sich durch die Neuzuteilung ebenfalls nicht verschlechtert, sondern verbessert. Die Abfindungsflurstücke P. und R. seien nunmehr mit anderen Altflächen des Klägers in einer Lage zusammengefasst und bedeuteten eine hofnahe Arrondierung. Auf dem Einlageflurstück M. seien Gewässerausbaumaßnahmen durchgeführt worden, da dieses Flurstück direkt vom Ausbau des Grabenabschnittes E-Nr. AA. (die Fläche sei auf einer Länge von 75 m quer durchschnitten worden) sowie von der Rekultivierungsmaßnahme E-Nr.  AB. (Grabenverfüllung mit Rekultivierung zu Grünland) betroffen sei. Dem Kläger sei angeboten worden, eine rückwärtige Wegeverbindung zum Abfindungsflurstück über das Hofflurstück zu erstellen, um die Erreichbarkeit der Flächen an der G. zu erleichtern. Hierauf sei der Kläger nicht eingegangen.

Gegen die Schlussfolgerungen in dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten zu den unterschiedlichen Ertrags- und Nutzverhältnissen auf den Einlage- und Abfindungsflächen erhebt der Beklagte keine Einwendungen. In Abänderung der bisherigen Abfindung sei in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Abfindungsflurstücken 10 und 28 eine Erweiterung der Abfindung möglich, um die im Gutachten dargestellten qualitativen Differenzen in der Ertrags- und Nutzungsfähigkeit auszugleichen. Für diese Flächen läge eine Wertermittlung vor, sie seien als Acker eingestuft worden. Sie könnten daher auch als vergleichbare Grünlandnutzung in Frage kommen und so die Wertgleichheit der Abfindung in Gänze wiederherstellen. Im Übrigen könne ein qualitativer Nachteil bei der Zuteilung nicht allein durch einen qualitativen Vorteil gleicher Art beseitigt werden, weil nur der Gesamtwert der Betriebsflächen wertgleich sein müsse. Ein Ausgleich könne grundsätzlich auch über unentgeltliche Zusatzflächen oder kürzere Entfernungen erfolgen. Andere Abfindungsflächen stünden dem Beklagten nicht zur Verfügung und könnten nicht angeboten werden, ohne jeweils in die Rechte anderer Beteiligter einzugreifen. Eine Abfindung in alter Lage, die vom Kläger als allein gleichwertig angesehen werde, sei mit erheblichen Änderungen von Abfindungen Dritter verbunden. Der Beklagte habe jedoch die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander abzuwägen. Insofern müsse berücksichtigt werden, dass in der Lage „O.“ weitere Teilnehmer abzufinden gewesen seien, deren Abfindungen ebenfalls mit möglichst großen Grundstücken in entsprechender Entfernung vom Wirtschaftshofe oder von der Ortslage zu erfolgen habe (Teilnehmer mit den Ordnungsnummern AC., AD., AE., AF. und AG.). Daher sei zwar nunmehr unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen eine Abfindung des Klägers unter gleichzeitiger Abänderung der Abfindung anderer Teilnehmer im Umfeld des Einlageflurstücks M. des Klägers denkbar; da der Kläger jedoch mit keiner der in der mündlichen Verhandlung unterbreiteten Abfindungsalternativen einverstanden gewesen sei, könne über eine Änderung der im Flurbereinigungsplan zugeteilten Abfindung des Klägers abschließend erst nach Anhörung der davon betroffenen Teilnehmer entschieden werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des abgeschlossenen Verfahrens 15 KF 21/09 sowie die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die gegen den Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren   G. gerichtete, als Untätigkeitsklage gemäß § 142 Abs. 2 FlurbG fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage hat mit dem Ergebnis der Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Flurbereinigungsgerichts teilweise Erfolg.

Der Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren G. ist hinsichtlich der Abfindung des Klägers rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten (vgl. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil der Kläger nicht wertgleich abgefunden worden ist (hierzu unter 1.). Der Beklagte hat nach § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG die Abfindung des Klägers unter Beachtung der Rechtauffassung des Gerichts neu festzusetzen (hierzu unter 2.). Da der Kläger jedoch mit seinen konkreten Abfindungswünschen nicht durchdringt, ist die Klage im Übrigen abzuweisen (hierzu unter 3.).

1. Der im Anhörungstermin vom 1. Dezember 2010 bekannt gegebene Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren G. ist betreffend die Abfindung des Klägers rechtswidrig und abzuändern.

Rechtliche Grundlage für den angefochtenen Flurbereinigungsplan ist § 58 FlurbG. Anhaltspunkte für dessen formelle Rechtswidrigkeit bestehen nicht und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht; insbesondere hat die Flurbereinigungsbehörde die nach § 57 FlurbG erforderliche Planwunschanhörung des Klägers am 6. Dezember 2005 durchgeführt.

Der Flurbereinigungsplan im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren Neetze ist jedoch materiell rechtswidrig, soweit es die wertgleiche Abfindung des Klägers gemäß § 44 FlurbG betrifft. Der Kläger ist nach den Erkenntnissen des Gerichts auf der Grundlage des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens sowie der Erläuterungen des Sachverständigen Dr. X. in der mündlichen Verhandlung nicht wertgleich abgefunden worden.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert abzufinden. Maßgebend für die Landabfindung sind zunächst die nach den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten Werte der betroffenen Grundstücke. Denn diese können der Abfindung, nachdem die öffentlich bekannt gemachte, gesondert anfechtbare Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung durch die Flurbereinigungsbehörde unanfechtbar geworden ist, ohne weiteres zugrunde gelegt werden, soweit nicht Wertveränderungen im Wege der Nachsicht (§ 134 FlurbG) nachträglich Rechnung zu tragen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1992 - 11 C 3.92 -, RdL 1993, 98). Die nach den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten Grundstückswerte bilden jedoch nicht den ausschließlichen Maßstab für die wertgleiche Abfindung. Für den im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG maßgeblichen Gesamttauschwert kommen vielmehr neben den im Wertermittlungsverfahren gewonnenen Grundstückswerten nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG noch weitere den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmende Faktoren in Betracht, die bei der Zuteilung in Ansatz zu bringen sind (BVerwG, Urteile vom 23.8.2006 - 10 C 4.05 -, BVerwGE 126, 303, und vom 14.12.1978 - 5 C 16.76 -, BVerwGE 57, 192). Nach § 44 Abs. 2 FlurbG sind bei der Landabfindung alle Umstände zu berücksichtigen, die für den Ertrag, die Benutzung und Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben. § 44 Abs. 3 und 4 FlurbG bestimmt weiter, dass die Landabfindungen in möglichst großen Grundstücken ausgewiesen werden müssen und in der Nutzungsart, Beschaffenheit, Bodengüte und Entfernung vom Wirtschaftshof den alten Grundstücken entsprechen sollen, soweit dies mit einer großzügigen Zusammenlegung des Grundbesitzes nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen vereinbar ist. Eine Abfindung ist deshalb nur dann im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG wertgleich, wenn bei der Landabfindung neben den nach den §§ 27 ff. FlurbG ermittelten Werten auch die o. a. weiteren den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmenden Faktoren in Ansatz gebracht und angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. hierzu die Senatsurteile vom 10.5.2012 - 15 KF 27/09 - und vom 20.6.2007 - 15 KF 3/06 -).

Die Abfindung des Klägers ist, stellt man auf die Ergebnisse der Wertermittlung ab, wertgleich: seiner Einlage mit einer Gesamtgröße von 13,9678 ha mit einem Wertverhältnis (WV) von 384,96  stehen Abfindungsflächen zur Gesamtgröße von 13,3128 ha mit 375,38 WV gegenüber. Diese Abfindung entspricht unter Berücksichtigung des in Ansatz gebrachten allgemeinen Landabzugs nach § 47 FlurbG für Flächen im Landabzugsgebiet im Umfang von 1,5 % (entsprechend 5,77 WV) und des Ausgleichs für eine Sonderregelung (- 8,53 WV) und einem Abfindungsanspruch des Klägers von 370,66 WV einer daraus resultierenden, vom Kläger durch Zahlung von 1.180 EUR auszugleichenden unvermeidbaren Mehrabfindung in Höhe von 4,72 WV.

Die Ergebnisse der mit Beschluss vom 12. Dezember 2003 festgestellten Wertermittlung sind auch grundsätzlich maßgebend. Denn die gesondert anfechtbare Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung durch die Flurbereinigungsbehörde ist unanfechtbar geworden. Der Kläger hatte gegen die Wertermittlung keinen Widerspruch erhoben. Bezogen auf die Einlage- und Abfindungsgrundstücke des Klägers sind auch keine Wertveränderungen festzustellen, denen im Wege der Nachsichtgewährung wegen unverschuldeter Fristversäumung (§ 134 Abs. 2 Satz 1 und 3 FlurbG) nachträglich Rechnung zu tragen wäre. Die von dem Kläger als nicht wertgleich angesehenen Abfindungsflurstücke P. und R. befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft bzw. sind teilweise identisch mit seinen Einlageflächen an der G. (Einlageflurstücke Y., AH. und Z. der Flur AI.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird einem Teilnehmer zugemutet, sich bereits im Wertermittlungsverfahren über die Bewertung der seinem Altbesitz benachbarten Grundstücke zu vergewissern und Einwendungen hiergegen rechtzeitig vorzubringen. Unterlässt er dies, kommt eine nachträgliche Zulassung von Einwendungen gegen die Wertermittlung im Wege der Nachsichtgewährung gemäß § 134 Abs. 2 FlurbG regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.1974 - V C 56.73 -, BVerwGE 47, 96; Beschluss vom 4.2.1987 - 5 B 4.87 -, Buchholz 424.01 § 32 FlurbG Nr. 5;  Urteil vom 17.1.2007 - 10 C 2.06 -, Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 85; ergänzend die Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 18.8.2015 - 15 KF 3/12 - S. 14, 15 UA).

Die Festsetzung der Wertermittlungsergebnisse in Anpassung an die Werte der Bodenschätzung und nach Maßgabe des zugrunde gelegten Wertermittlungsrahmens wird vom Kläger inzwischen im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr angegriffen. Der Senat kann offen lassen, ob dem Kläger trotz schuldhafter Fristversäumnis von dem Beklagten bei sachgerechter Ermessensausübung Nachsicht gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 FlurbG zu gewähren wäre, weil sich nach dem Ergebnis des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens deutliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Einlageflurstück M. des Klägers unter Berücksichtigung aller in die Wertermittlung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke nach § 28 FlurbG einfließenden Umstände zu niedrig bzw. die Abfindungsflurstücke 10 und 28 an der G. zu hoch bewertet worden sind. Eine Nachsichtgewährung käme hier angesichts des Umstandes in Betracht, dass der Beklagte bereits im Widerspruchsverfahren von Amts wegen einen Sachverständigen mit der Überprüfung der wertgleichen Abfindung des Klägers beauftragt hatte und somit schon im Vorverfahren die Bereitschaft gezeigt hatte, die Abfindung bei einem für den Kläger günstigen Ausgang der Begutachtung zu ändern. Gleiches muss gelten, wenn - wie vorliegend - das nachfolgend gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten zu Schlussfolgerungen gelangt, die eine Wertgleichheit der Abfindung in Frage stellen.

Auf eine Nachsichtgewährung kommt es jedoch für die Entscheidung des Gerichts nicht an. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der wertgleichen Abfindung im Hinblick auf die Abfindung des Klägers liegt jedenfalls deshalb vor, weil die Abfindung des Klägers unabhängig von den bestandskräftig festgestellten Grundstückswerten nicht den anderen, den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmenden Anforderungen des § 44 Abs. 4 FlurbG entspricht:

Bei der Wertermittlung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 27 ff. FlurbG werden die Werte für das gesamte Verfahrensgebiet einheitlich festgelegt. Dabei  müssen „die im Boden selbst liegenden Ertragsbedingungen und damit die generellen Faktoren der Fruchtbarkeit des Bodens berücksichtigt werden, d. h. diejenigen, die sich für jeden Besitzer ergeben, nicht aber auch diejenigen, die sich aus der individuellen Bewirtschaftung des Bodens ergeben können“ (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Auflage 2013, § 28 Rn. 3). In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt deutlich gemacht, dass trotz richtiger (oder bestandskräftiger) Einschätzung der einzelnen Flächen für jeden Besitzer durch die Gestaltung der Abfindung, das Zusammentreffen von Böden unterschiedlicher Qualität oder andere Umstände die Wertgleichheit von Einlage und Abfindung in Frage gestellt sein kann (so bereits BVerwG, Beschluss vom 27.11.1961 - I B 127/61 - RdL 1962 243).

Nach § 44 Abs. 4 FlurbG soll die Landabfindung in der Nutzungsart, Beschaffenheit, Bodengüte und Entfernung vom Wirtschaftshofe oder der Ortslage den alten Grundstücken entsprechen. Dabei handelt es sich um einen Grundsatz, der das Ermessen der Behörde einschränkt. Die Vorschrift dient dem Ziel, solche Einwirkungen auf den Betrieb auszuschließen, die konkret zu einer Beeinträchtigung der Produktionskraft des Betriebs führen können (so bereits BVerwG, Urteil vom 5.6.1961 - BVerwG I C 231/58 - RdL 1961, 240 = RzF 12 zu § 44 Abs. 1 FlurbG; hierzu auch das Senatsurteil vom 20.10.2015 - 15 KF 21/14 - S. 11 UA; Mayr in Wingerter/Mayr, a. a. O., § 44 Rn. 70). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich der Zuteilungsempfänger zwar auf die Ergebnisse der Flurbereinigung einstellen, er kann jedoch ebensowenig wie zu einer völligen Änderung der Betriebsstruktur (§ 44 Abs. 5 FlurbG) zu einer betriebswirtschaftlich unzumutbaren Anpassung an durch die Abfindung geschaffene erschwerte Verhältnisse verpflichtet werden; vielmehr muss die Abfindung es ihm ermöglichen, die Bewirtschaftung zumindest in dem bisherigen Umfang und auf zumutbare Weise fortzuführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.6.1988 - 5 C 69.84 - RdL 1989, 180 = RzF 48 zu § 37 Abs. 1 FlurbG unter Hinweis auf die Grundsätze im Urteil vom 5.6.1961, a. a. O.).

Insofern kommt es nicht nur darauf an, ob die dem Kläger zugeteilten Abfindungsflächen insgesamt in ihrer Nutzungsart (z. B. als Grünland oder Ackerland) der Gesamteinlage entsprechen, insbesondere im Hinblick auf die vom Kläger für seinen auf Milchviehhaltung und Rinderzucht ausgerichteten Betrieb benötigten Grünlandflächen. Denn grundsätzlich wäre dem Kläger sogar zuzumuten, ggfs. einen Teil der ihm zugewiesenen Ackerflächen in nutzbares Grünland umzuwandeln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.2.1975 - V B 33.72 - RdL 1975, 268 = RzF 23 zu § 44 Abs. 4 FlurbG). Dies gilt aber nur, wenn der Verlust dadurch zumutbar ausgeglichen werden kann. So kann etwa eine in Hofnähe liegende, durch ihren Untergrund und die Bewässerungsverhältnisse besonders günstige Frühschnittwiese unter Umständen für einen kleinbäuerlichen Betrieb von besonderer Bedeutung sein und ihr Verlust, sofern er nicht im Rahmen der Abfindung an anderer Stelle ausgeglichen werden kann, zu einer Schädigung der Produktionskraft führen. Ob der Ausfall einer solchen Wiese, die ständig frisches Grünfutter zu liefern in der Lage ist, durch andere Maßnahmen ausgeglichen werden kann, darf nicht nach abstrakten Möglichkeiten, sondern nur nach den besonderen Verhältnissen des konkreten Betriebes beurteilt werden (hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 5.6.1961, a. a. O.).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertgleichheit von Einlage und Abfindung ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG in Fällen der vorläufigen Besitzeinweisung der Zeitpunkt, in dem diese wirksam wird (hierzu das Senatsurteil vom 25.2.2015 - 15 KF 38/09 - S. 12 UA; Mayr in Wingerter/Mayr, a. a. O., § 44, Rn. 20 ff. und  § 27, Rn. 10 ff., 17 f.). Dieser Zeitpunkt gilt nicht nur für die im Rahmen der Wertermittlung allgemein ermittelten Werte, sondern auch für die sonstigen, den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbeeinflussenden Faktoren in § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG. Betreffend die dem Kläger zugeteilten Abfindungsflurstücke P. und R. beidseits der G. ist die vorläufige Besitzeinweisung zum 1. Oktober 2008 erfolgt. Dieser Zeitpunkt ist daher auch für die Beurteilung etwaiger unzumutbarer Einwirkungen auf die Struktur des auf Milchviehwirtschaft und Rinderhaltung ausgerichteten Betriebs des Klägers wesentlich.

Der Senat geht nach den insoweit vom Beklagten nicht (mehr) bezweifelten Angaben des Klägers und übereinstimmend mit den Darstellungen der von den Beteiligten beauftragten Gutachter T. und V. davon aus, dass der Betrieb des Klägers bis zum 1. Oktober 2008 auf eine Weidehaltung des Milchviehs jedenfalls von April bis Oktober ausgerichtet war, es sich bei dem Einlageflurstück M. um die Hauptweide und wesentliche Futtergrundlage handelte sowie davon, dass dem Kläger (insbesondere in den trockenen Sommermonaten) ähnlich geeignete und ergiebige Grünlandflächen nicht zur Verfügung standen. Dementsprechend kommt es für die Wertgleichheit der konkreten Gesamtabfindung darauf an, ob mit den Abfindungsflächen einschließlich der Flurstücke P. und R. eine Beibehaltung der zum 1. Oktober 2008 bestehenden Betriebsstruktur gewährleistet werden kann, weil sie in ihrer Nutzung und dem Ertrag (insbesondere im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten als Grünland für die Beweidung mit Milchvieh) vergleichbar sind. Davon kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ausgegangen werden (unabhängig davon, ob man auf den Gesamtbetrieb einschließlich der außerhalb des Flurbereinigungsgebiets liegenden Flächen abstellt oder nur auf die im Flurbereinigungsgebiet gelegenen, vgl. hierzu das Senatsurteil vom 20.10.2015 - 15 KF 21/14 - S. 12 UA):

Nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. X. in seinem schriftlich erstellten Gutachten beruhen die bei der Wertermittlung festgestellten Bodenwerte auf der Grundlage des Bodenschätzgesetzes und der danach üblichen Erfassung und Bewertung der Verhältnisse im Bereich von einem Meter unterhalb der Bodenoberfläche, während bei seinen Untersuchungen weitergehend die obersten 2 m von der Bodenoberfläche bis zur Grundwasseroberfläche erfasst wurden. Während dadurch bei der Wertermittlung die wesentliche Wertgleichheit der Flächen aufgrund der vorgefundenen Sandauflage der Alt- und Neuflächen und der dafür vergebenen Wertzahlen angenommen wurde, wurden die tatsächliche Tiefenlage der Grundwasseroberfläche und damit die erhebliche Wassernachlieferung an den Pflanzenbestand nach Auffassung des Sachverständigen nur unzureichend berücksichtigt (S. 46 ff.). Die bodenkundlichen Standortbedingungen wurden im Gutachten nach Bodenart, Humusgehalt und -qualität, Bodendichte und Grundwasserstand untersucht (jeweils nach der amtlichen Bodenschätzung, der amtlichen Bodenkarte und eigenen Bodenuntersuchungen des Sachverständigen aufgrund von Probebohrungen). Dabei stellten sich deutliche Unterschiede heraus: Während die Alt- und Neuflächen keine wesentlichen Unterschiede in der Bodenart aufweisen (ca. 100 cm dicker Feinsand, S. 36), ist schon der Humusgehalt der Altflächen günstiger als bei den Neuflächen (S. 37, 44), die Bodendichte (wichtig für die Trittfestigkeit) sogar deutlich günstiger (S. 39, 44). Die Altfläche gehört überwiegend zum besseren Bodentyp Gley und gewährleistet aufgrund höherer Grundwasserstände auch eine ganzjährige Wasserversorgung des Pflanzenbestandes, während die Neuflächen überwiegend zum schlechteren Bodentyp „Gley mit Erdniedermoorauflage“ gehören und einen grundwasserferneren Wasserhaushalt aufweisen (S. 22, 42). Der Sachverständige gelangt in seinem Gutachten zu dem Fazit:

„Aufgrund der zuvor beschriebenen Bewertung der relevanten Standortparameter sind die dem Kläger im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren G. entzogenen Grundstücke (Altflächen) als deutlich günstiger im Hinblick auf ihren Ertrag sowohl bei Acker- als auch bei Grünlandnutzung sowie auch zur Beweidung mit Milchvieh anzusehen, als die dem Kläger neu zugeteilten Flächen (Neuflächen). Dies gilt zum heutigen Zeitpunkt ebenso, wie zum Zeitpunkt der vorläufigen Besitzeinweisung am 1. Oktober 2008, denn die auf den Altflächen durchgeführten Meliorationsmaßnahmen am Grabensystem haben nicht einen so starken Einfluss auf die Gesamtflächen, als das sich hierdurch die Bewertung ändern würde. Auf die Eignung der Flächen als Grünland für die Beweidung von Milchvieh sind die festgestellten Standortunterschiede von besonderer Bedeutung, denn auf Grund der höheren Grundwasserstände besteht auf den Altflächen eine optimale Wassernachlieferung aus dem Grundwasser, die auf den Neuflächen nur eingeschränkt vorhanden ist. Hierdurch ist auf den Altflächen ein deutlich höheres Ertragsniveau zu erzielen und es besteht hier in Zeiträumen mit ausbleibenden Niederschlägen und Trockenphasen durch die Wassernachlieferung eine gesicherte Ertragsstabilität. Zudem sind die Altflächen im Hinblick auf die Trittsicherheit bei Beweidung als günstiger zu beurteilen, da auf den Neuflächen der flächenhaft dominante Erdniedermoorboden mit geringer Bodendichte die Beweidung erschwert.“

Diese Schlussfolgerungen hat der Sachverständige durch seine Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung überzeugend vertieft und insbesondere anhand der im Gutachten beigefügten Bodenübersichtskarte veranschaulicht. Danach befindet sich das dem Kläger als Grünland zugeteilte Abfindungsflurstück 10 ebenso wie das benachbarte Abfindungsflurstück R. im Bereich der Bodenart Gley mit Erdniedermoorauflage. Der dortige Boden ist für die Beweidung besonders ungünstig, weil die Trittfestigkeit schlechter ist. Wegen der schlechteren Wasserversorgung dieser Flächen wäre eine durchgängige Beweidung von April bis Oktober, gerade in trockenen Sommermonaten, selbst im Falle einer Vergrößerung der Abfindungsfläche schwieriger. Ein guter Wasseranschluss für die Pflanzen ist weder auf den Abfindungsflächen noch auf den vom Beklagten vorgeschlagenen Erweiterungsflächen gegeben; auch die Futterqualität ist auf diesen Flächen erheblich schlechter. Demgegenüber handelt es sich bei der im Bereich des Einlageflurstücks M. festgestellten Bodenart Gley (in der Bodenübersichtskarte dunkelblau dargestellt) um die besten, grundwasserbeeinflussten Böden, durch die eine Beweisung mit Milchvieh gerade in trockenen Sommermonaten erheblich besser gewährleistet ist. Der Senat gelangt in Übereinstimmung mit der fundierten Einschätzung des Sachverständigen zu der Überzeugung, dass die dem Kläger durch den Flurbereinigungsplan zugeteilte Gesamtabfindung einschließlich der Abfindungsflurstücke P. und R. im Hinblick auf ihren Ertrag und ihre konkrete Nutzbarkeit zur Weidehaltung von Milchvieh nicht wertgleich mit der Einlage des Klägers ist. Die Abfindung des Klägers ist daher zu ändern, um die gebotene Wertgleichheit herzustellen.

2. Allerdings vermag der Senat die Abfindung trotz der ihm gemäß § 144 Satz 1 Alt. 1 FlurbG zukommenden Befugnis zur Änderung des Flurbereinigungsplans nicht im Rahmen seiner Möglichkeiten zu ändern, nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zwar weitere grundsätzlich geeignet erscheinende Modelle für eine alternative Abfindung des Klägers vorgestellt hat, aber noch keinen konkreten Abfindungsvorschlag für den Kläger und andere betroffene Teilnehmer unterbreiten konnte, durch den der bisherige Abfindungsmangel hätte behoben und eine wertgleiche Abfindung des Klägers hätte hergestellt werden können. Da eine Änderung der Abfindung des Klägers nicht möglich ist, ohne die Abfindung anderer, im Verfahren bislang nicht beigeladener Teilnehmer zu ändern und sich die verschiedenen Abfindungsvarianten unterschiedlich auf die Abfindung der jeweils betroffenen Teilnehmer und die jeweiligen Wertverhältnisse auswirken, macht der Senat von der Befugnis nach § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG Gebrauch.

Zwar ist das Flurbereinigungsgericht nach §§ 142 Abs. 3, 146 Nr. 1 FlurbG nicht an den Anfechtungsantrag des Klägers gebunden, sondern vielmehr im Interesse der Verfahrensbeschleunigung gehalten, nach § 144 Satz 1 Alt. 1 FlurbG möglichst selbst den Flurbereinigungsplan zu ändern und in der Sache abschließend zu entscheiden. Bei nachweisbar nicht erreichter Wertgleichheit der Abfindung steht dem Flurbereinigungsgericht eine Verwerfungskompetenz verbunden mit einer Gestaltungsbefugnis zur Gewährleistung einer wertgleichen Abfindung zu (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a. a. O.,    § 146, Rn. 5). Das Gericht darf hiervon aber nach § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG absehen, wenn es wegen der Schwierigkeit der Änderung den Mangel in Anbetracht seiner Arbeitsmöglichkeiten nicht beheben kann (vgl. nur das Senatsurteil vom 25.2.2015 - 15 KF 5/11 - m. w. N.) oder es hierzu eingehender und komplizierter Planungserwägungen bedarf (vgl. BayVGH, Urteil vom 14.7.2015 - 13 A 14.2106 u.a. - RdL 2016, 14 = juris, Rn. 25). In diesem Fall ist die Sache zur erneuten Entscheidung über den Widerspruch unter Beachtung der Rechtauffassung des Gerichts an die zuständige Flurbereinigungsbehörde zurückzuweisen (vgl. das Senatsurteil vom 18. August 2015 - 15 KF 1/14 -). Die Zurückverweisung zur Neubescheidung ist auch dann zulässig, wenn - wie hier - im Falle der Untätigkeitsklage nach § 142 Abs. 2 FlurbG ein Widerspruchsbescheid nicht ergangen ist.

Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG sind vorliegend gegeben, weil das Gericht zwar grundsätzlich bei einer gebotenen Änderung der Abfindung des Klägers auch in die Abfindung anderer Teilnehmer eingreifen darf, die bis zur vorzeitigen Ausführungsanordnung mit einer Änderung ihrer Abfindung rechnen müssen (vgl. hierzu Mayr in Wingerter/Mayr, a. a. O., § 144 Rn. 7 und 8). Steht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedoch nicht fest, welche von mehreren möglichen Abfindungsvarianten geboten ist, um den Kläger wertgleich abzufinden, sodass je nach der Gestaltung der Abfindung auch unterschiedliche Teilnehmer von einer Änderung ihrer Abfindung betroffen wären, kann das Gericht die Entscheidung über eine der in Betracht kommenden Abfindungsvarianten dem Beklagten auferlegen, der eine Änderung der Abfindungen des Klägers sowie der weiteren betroffenen Teilnehmer in einem Nachtrag zum Flurbereinigungsplan umzusetzen hat.

Bei der ihm aufgegebenen Entscheidung über eine Änderung des Flurbereinigungsplans betreffend die Abfindung des Klägers hat der Beklagte die folgende Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten:

Der Beklagte ist bei der Änderung der Abfindung des Klägers gehalten, dem Kläger Abfindungsflächen zuzuteilen, die eine Beibehaltung der zum 1. Oktober 2008 bestehenden Betriebsstruktur gewährleisten, weil sie in ihrer Nutzung und dem Ertrag (insbesondere im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten als Grünland für die Beweidung mit Milchvieh) mit der Einlage vergleichbar sind. Nach den Schlussfolgerungen des Sachverständigen, denen der Beklagte nicht entgegengetreten ist und die von dem Gericht nach den voranstehenden Ausführungen geteilt werden, ist dies bei Flächen gewährleistet, die eine dem Einlageflurstück M. vergleichbare Bodengüte aufweisen. Es handelt sich dabei um die in der Bodenübersichtskarte dunkelblau gekennzeichneten Flächen (Gley). Einer entsprechenden Abfindung des Klägers kann der Beklagte nicht entgegenhalten, dass die in Betracht kommenden Flächen schon anderen Teilnehmern zugeteilt worden seien. Darauf kommt es nicht entscheidend an, denn die bisherige Abfindung anderer Teilnehmer genießt keinen Bestandsschutz, solange ihre Abfindung jeweils wertgleich zu ihrer Einlage bleibt. Der Beklagte kann daher bis zum Erlass der vorläufigen Ausführungsanordnung die bisherige Abfindung der Teilnehmer gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG durch einen Nachtrag zum Flurbereinigungsplan ändern, um eine wertgleiche Abfindung für den Kläger zu erreichen (vgl. zur Abänderungsbefugnis Wingerter/Mayr, a.a.O., § 60 Rn. 4 und 7).

Der Beklagte kann die Wertgleichheit der Abfindung des Klägers nicht in der Weise herstellen, dass dem Kläger zusätzlich zu den seinen betrieblichen Anforderungen nicht genügenden Abfindungsflurstücken P. und R. weitere Flächen im Umfeld dieser (unzureichenden) Flurstücke zugeteilt werden. Zwar kann der Nachteil einer nicht wertgleichen Abfindung grundsätzlich durch Vergrößerung der Landabfindung oder durch andere Vorteile, wie etwa durch Zuteilung eines höherwertigen Grundstücks, Entfernungsverbesserung etc. ausgeglichen werden. Die im Ermessen der Flurbereinigungsbehörde stehende Maßnahme muss aber geeignet sein, die vom Gesetz geforderte Wertgleichheit herzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.11.1961 - I B 127/61 - RdL 1962, 243). Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist jedoch nicht zu erwarten, dass eine Vergrößerung der Flächen an der G., angrenzend an die Abfindungsflurstücke P. und R., eine ausreichende Grünfutterversorgung gerade in trockenen Sommermonaten gewährleisten kann. Denn die angrenzenden Flächen weisen nach der Bodenübersichtskarte die gleichen Bodenverhältnisse (Gley mit Erdniedermoorauflage) mit schlechter Wasserversorgung der Pflanzen auf wie die Flurstücke P. und R.. Der Umstand, dass der Kläger die ihm nunmehr zugeteilten Flächen bereits zuvor gepachtet hatte, kann ihm dabei nicht entgegengehalten werden. Denn nach seinem wiederholten Vortrag hatte er diese Flächen zusätzlich zum Einlageflurstück M. bewirtschaftet und konnte die Versorgung seiner Rinder wegen dieser Hauptweide ausreichend gewährleisten.

3. Der Beklagte ist jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht verpflichtet, ihm Abfindungsflächen zuzuteilen, die mit dem Einlageflurstück M. identisch sind oder die in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Einlageflurstück gelegen sind (entsprechend der vom Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2015 vorgelegten Karte, Bl. 161 der Gerichtsakte). Da der Kläger insoweit mit seinen konkreten Abfindungswünschen nicht durchdringt, ist die Klage im Übrigen abzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 25.2.2015 - 15 KF 5/11 -, juris, Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 24.9.2009 - 7 C 2.09 -, BVerwGE 135, 34 ff. =  juris, Rn. 67; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 155, Rn. 2).

Die Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren haben einen Anspruch auf wertgleiche Abfindung, wobei stets die gesamte Einlage der gesamten Abfindung gegenüber zu stellen ist. Wertgleich ist die Abfindung, wenn der Wert des gesamten neuen Besitzes im erzielbaren Ertrag und in den Benutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten dem Wert des gesamten Altbesitzes entspricht. Die Teilnehmer können regelmäßig aber nicht eine Abfindung mit bestimmten Grundstücken oder mit Grundstücken in bestimmter Lage, auch nicht in Lage ihres Altbesitzes verlangen (vgl. das Senatsurteil vom 18.2.2014 - 15 KF 33/11 -; BVerwG, Urteil vom 22.2.1995 - 11 C 20.94 - RdL 1995, 158; Wingerter/Mayr, a. a. O., § 44 Rn. 8 und 40). Der Kläger kann daher auch mit Flächen abgefunden werden, die sich nicht vollständig mit der von ihm als Hauptweide und -futtergrundlage genutzten Einlagefläche Flurstück M. decken oder in deren unmittelbarer Nachbarschaft liegen, die aber ähnliche Bodenverhältnisse mit vergleichbaren Grundwasserständen aufweisen und daher in gleicher Weise zur Beweidung seines Rinderbestandes geeignet sind. Hierfür kommen über die bislang vom Beklagten vorgeschlagenen Varianten hinaus auch andere Flächen in dem Bereich in Betracht, der in der Bodenübersichtskarte dunkelblau gekennzeichnet ist, und deren Erschließung gesichert ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 147 Abs. 1, 2 FlurbG, 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Kläger unterliegt teilweise, soweit die der Verurteilung zugrunde liegende Rechtsauffassung des Senats zu seinen Lasten von seinem Klagebegehren abweicht; insbesondere hat er keinen Anspruch auf eine Abfindung in gewünschter Lage. Unter Berücksichtigung des wechselseitigen gesamten Vorbringens unterliegen damit beide Beteiligte insgesamt je zur Hälfte. Daher ist es sachgerecht, dass der Kläger neben der Hälfte der durch das Verfahren entstandenen baren Auslagen auch die Hälfte der Gerichtsgebühr trägt, die nach § 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 5112 der Anlage 1 zu § 3 GKG mit zwei Gebührensätzen anzusetzen ist. Dem Beklagten können nach § 147 FlurbG keine Gerichtskosten, sondern gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur anteilig die außergerichtlichen Kosten auferlegt werden. Der zugrunde gelegte Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.