Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.04.2019, Az.: 13 ME 86/19

Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums; Beschwerde; REST-Richtlinie; Studiengang; Studium; vorläufiger Rechtsschutz; Wechsel

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.04.2019
Aktenzeichen
13 ME 86/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 70095
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 26.02.2019 - AZ: 11 B 208/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Art. 21 der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (REST-Richtlinie) steht einer Auslegung der nationalen Bestimmungen in § 16 Abs. 2 Satz 4 AufenthG dahin, dass die Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken nur verlängert wird, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann, und in § 16 Abs. 4 Satz 3 AufenthG dahin, dass die für einen Wechsel des Studiengangs erforderliche neue Aufenthaltserlaubnis in der Regel nur erteilt werden soll, sofern hierauf ein gesetzlicher Anspruch besteht, nicht entgegen.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 11. Kammer - vom 26. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 26. Februar 2019 bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

I. Dem im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von der Abschiebung des Antragstellers bis zu einer Entscheidung über seine Klage (11 A 207/19) abzusehen, hilfsweise ihn zu dulden, bleibt der Erfolg versagt.

1. Soweit der Antragsteller die Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu Studienzwecken (§ 16 Abs. 2 AufenthG) begehrt, vermittelt ihm dies kein im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu regelndes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet.

a) Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt wird. Eine rechtliche Unmöglichkeit im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn sich etwa aus unmittelbar anwendbarem Unionsrecht, innerstaatlichem Verfassungsrecht oder einfachem Gesetzesrecht sowie in innerstaatliches Recht inkorporiertem Völker- und Völkervertragsrecht ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ergibt (vgl. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 19.3.2012 - 8 LB 5/11 -, juris Rn. 41; GK-AufenthG, § 60a Rn. 126 f. (Stand: März 2015) mit weiteren Nachweisen). Allein daraus, dass der Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geltend macht und diesen im Bundesgebiet durchsetzen will, folgt hiernach grundsätzlich kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, dem durch Aussetzung der Abschiebung für die Dauer des Aufenthaltserlaubniserteilungsverfahrens Rechnung zu tragen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.1.2016 - 17 B 890/15 -, juris Rn. 6; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24.2.2010 - 2 M 2/10 -, juris Rn. 7; OVG Bremen, Beschl. v. 27.10.2009 - 1 B 224/09 -, juris Rn. 16; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 1241). Ein verfahrensbezogenes Bleiberecht in Form einer Erlaubnis-, Duldungs- oder Fortgeltungsfiktion hat der Bundesgesetzgeber vielmehr nur für die in § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG genannten Fälle bestimmt. Dem in diesen Regelungen zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Anliegen und auch der Gesetzessystematik widerspräche es, wenn ein Ausländer für die Dauer eines jeden (anderen) Aufenthaltserlaubniserteilungsverfahrens die Aussetzung der Abschiebung beanspruchen könnte. Eine Ausnahme kann zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG aber etwa dann geboten sein, wenn eine Aussetzung der Abschiebung notwendig ist, um die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlichen und tatsächlich gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Dauer des Aufenthaltserlaubniserteilungsverfahrens aufrecht zu erhalten und so sicherzustellen, dass eine aufenthaltsrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zu Gute kommen kann (vgl. Senatsbeschl. v. 22.8.2017 - 13 ME 213/17 -, juris Rn. 3; dies bejahend etwa für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG: Senatsbeschl. v. 21.8.2018 - 13 ME 56/18 -, juris Rn. 4; für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG: OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.10.2009 - 2 M 142/09 -, juris Rn. 8; Senatsbeschl. v. 11.8.2008 - 13 ME 128/08 -, juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.2.2008 - 18 B 230/08 -, juris Rn. 3; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.4.2008 - 11 S 100/08 -, juris Rn. 2 und weitergehend für alle Aufenthaltserlaubnisse, die vom Inland eingeholt werden können: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 2.8.2018 - 8 ME 42/18 -, juris Rn. 28).

Dazu gehört die hier von dem Antragsteller begehrte Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken nach § 16 Abs. 2 AufenthG, deren erstmalige Erteilung grundsätzlich vom Ausland aus zu beantragen ist, indes nicht. Der rechtzeitig gestellte Antrag auf Verlängerung eines derartigen Titels löst grundsätzlich die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG aus. Im vorliegenden Fall wurde der bis zum 12. November 2018 verlängerte Titel jedoch bereits durch Bescheid des Antragsgegners vom 4. Januar 2018 wegen Wechsel des Studiengangs widerrufen. Damit ist dieser Titel nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG erloschen. Auch wenn der Antragsteller diesen Widerrufsbescheid mit einer noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage (11 A 384/18) angefochten hat, so bleibt seine Wirksamkeit nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenhtG doch unberührt und hindert mangels Möglichkeit einer „Verlängerung“ der widerrufenen Aufenthaltserlaubnis den Eintritt der Fiktionswirkung des erst am 12. November 2018 gestellten Verlängerungsantrags nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Die dagegen vom Antragsteller (unter Anlehnung an Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 84 AufenthG Rn. 36 ff.) vorgebrachten Gesichtspunkte richten sich nicht in erster Linie gegen die „Vollziehbarkeitstheorie“, sondern gegen die gesetzliche Regelung des § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und überzeugen daher nicht. Vielmehr belegt § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, demzufolge der Aufenthaltstitel nur zum Zwecke der Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit als fortbestehend gilt, den Nichteintritt der Fiktionswirkung im Übrigen.

b) Unabhängig davon liegen aber auch die Voraussetzungen für eine Verlängerung des zu Studienzwecken erteilten Aufenthaltstitels nicht vor.

aa) Nach § 16 Abs. 2 Satz 4 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Dem Antragsteller ist erstmalig am 24. April 2009 durch die Ausländerbehörde Berlin eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Studienvorbereitung erteilt und seitdem fortlaufend bis zum 12. November 2018 zum Zwecke des Medizinstudiums an der Universität C. verlängert worden. Dieses Studium hat der Antragsteller zwischenzeitlich unstreitig zugunsten eines Studiums der Medizintechnik an der Hochschule in A-Stadt aufgegeben. Ein erfolgreicher Abschluss des ursprünglichen Studiums innerhalb eines angemessenen Zeitraums steht mithin nicht mehr zu erwarten.

Ein Wechsel des Studiengangs ist mit einem Wechsel des Aufenthaltszwecks verbunden, so dass dem Antragsteller gemäß § 16 Abs. 4 Satz 3 AufenthG in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt oder verlängert werden könnte, sofern hierauf ein gesetzlicher Anspruch besteht. Aufenthaltszweck im Sinne der genannten Bestimmung ist nicht die Durchführung (irgend)eines Studiums. Maßgeblich ist vielmehr das Studium in einem oder mehreren konkreten Studiengängen oder Studienfächern, für das der Ausländer die Aufenthaltserlaubnis beantragt hat und für das ihm die Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG erteilt worden ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 12.5.2015 - 7 B 10364/15.OVG -, juris Rn. 4 (zu § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG); Hessischer VGH, Beschl. v. 23.7.2012 - 3 B 874/12 -, juris Rn. 5; Bayerischer VGH, Beschl. v. 7.9.2011 - 19 CS 11.1062 -, juris Rn. 4; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl., 2016, § 16 Rn. 12; GK-AufenthG, § 16 Rn. 18 (Stand: November 2006); Nr. 16.2.4 AVwV AufenthG; a.A. OVG Bremen, Beschl. v. 8.2.2011 - 1 B 322/10 -, juris Rn. 20 (zu § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG)). Dass dem Antragsteller ein gebundener gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des nunmehrigen Bachelorstudiums der Medizintechnik zusteht oder ein atypischer Ausnahmefall gegeben ist, der ein Absehen von diesem Regelerfordernis gebietet, ist für den Senat nicht ersichtlich. Der Wechsel des Studiengangs erfolgte unstreitig erst nach dem 11. Semester. Ein Abschluss des nunmehrigen Studiengangs wäre dem bereits am 28. Februar 2009 eingereisten Antragsteller im Hinblick auf die weitere Regelstudienzeit von 8 Semestern auch bei ordnungsgemäßem Ablauf erst nach deutlich über 10-jähriger Gesamtaufenthaltsdauer möglich. Es handelt sich zudem nicht um eine bloße Schwerpunktverlagerung des Studiums, sondern um einen völlig anders gelagerten Studiengang, der mit einem Bachelor of Engineering abgeschlossen wird. Diese Gesichtspunkte, die zudem auf eine mutwillige Verlängerung des Studienaufenthalts hindeuten, stehen einer Verlängerung wegen atypischer Umstände entgegen.

bb) Auch die umfangreichen Ausführungen des Antragstellers zur Richtlinie (EU) 2016/801 führen zu keinem anderen Ergebnis. Seiner Pflicht zur Umsetzung dieser Richtlinie ist der deutsche Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigration vom 12. Mai 2017 (BGBl. I, S. 1106) nachgekommen. Nach Art. 21 Abs. 2 lit. f) der Richtlinie können die Mitgliedstaaten einen Aufenthaltstitel entziehen oder seine Verlängerung u.a. verweigern, wenn der Student keine ausreichenden nationalen Studienfortschritte nach Maßgabe des nationalen Rechts oder der nationalen Verwaltungspraxis macht. Vor dem Hintergrund liegen die die Maßgeblichkeit der nationalen Rechtsordnung bestreitenden Ausführungen des Antragstellers neben der Sache.

Der Antragsteller irrt auch insoweit, als er davon ausgeht, Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie gebiete eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde. Dabei verkennt er, dass sich Art. 21 Abs. 2 wie die gesamte Richtlinie an den nationalen Normgeber wendet, der zur Umsetzung der Richtlinie verpflichtet ist. Soweit in Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie im Gegensatz etwa zu Abs. 1 von „können“ die Rede ist, so zeigt dies lediglich auf, dass die jeweiligen nationalen Gesetzgeber zur Schaffung entsprechender Regelungen berechtigt, nicht jedoch verpflichtet sind. Auf die Frage, ob die nationale Regelung über die Entziehung oder Verweigerung der Verlängerung eines Aufenthaltstitels als gebundene oder Ermessensentscheidung zu ergehen hat, ist diese Formulierung folglich ohne Einfluss. Der nationale Gesetzgeber ist in der Gestaltung des Widerrufs- bzw. Versagungsverfahrens im Rahmen der durch Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie vorgegebenen materiellen Grenzen frei. Der europarechtliche Grundsatz der Subsidiarität (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) gebietet ebenfalls einen weiten Spielraum des nationalen Gesetzgebers.

Die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang angeführten Urteile des EuGH vom 10. September 2014 (C-491/13, juris) und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Januar 2015 (14 K 284.14 V, juris) stützen seine Argumentation nicht. Der EuGH befasst sich auf der Grundlage des Art. 12 Abs. 1 der inzwischen außer Kraft getretenen Vorgängerrichtlinie 2004/114/EG mit der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels zu Studienzwecken. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte über die Versagung eines Visums zum Zwecke der Durchführung eines studienvorbereitenden Deutschsprachkurses mit anschließendem Studium der Mathematik bei missbräuchlicher Antragstellung ebenfalls auf Grundlage dieser Vorgängerrichtlinie zu entscheiden. Beide Entscheidungen hatten mithin die erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels, nicht dessen Verlängerung zum Gegenstand. Auch weichen Normtext und -struktur des für die Frage der Verlängerung bzw. der Entziehung ursprünglich einschlägigen Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/114/EG in erheblicher Weise von dem nunmehr geltenden Art. 21 der Richtlinie (EU) 2016/801 ab, der eine deutlich detailliertere Regelung enthält, sodass sich eine Übertragung der zur Vorgängervorschrift ergangenen Rechtsprechung auf die heutige Rechtslage verbietet.

Auch soweit der Antragsteller aus Art. 21 Abs. 6 der Richtlinie (EU) 2016/801 einen europarechtlich vorgegebenen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke eines Zweitstudiums herleitet, vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Art. 21 Abs. 6 der Richtlinie sieht in den Fällen des Art. 21 Abs. 2 lit. a), c), d) und e) der Richtlinie vor, dass der betroffene Student einen Antrag auf Aufnahme durch eine andere Hochschuleinrichtung einreichen kann, um dort in einem gleichwertigen Studiengang sein Studium abschließen zu können. Alle dort genannten Tatbestände betreffen Fälle, in denen der Student sein Studium unverschuldet wegen eines Verhaltens Dritter beenden muss. Aus einer derartigen Ausnahmevorschrift kann nicht auf einen Anspruch auf Aufenthalt im Falle eines freiwillig erfolgten Wechsels des Studiengangs geschlossen werden. Vielmehr spricht die ausdrückliche Regelung dieser besonderen Fälle gerade gegen einen derartigen allgemeinen Anspruch. Auch die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang herangezogenen Erwägungsgründe, insbesondere Erwägungsgrund 33, belegen lediglich den Spielraum, den die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber lässt. Die allgemeine Begrüßung der Mobilität von Studenten in verschiedenen Erwägungsgründen hat für den vorliegenden Fall angesichts der Eindeutigkeit des Richtlinientextes keine ausschlaggebende Bedeutung.

c) Soweit der Antragsteller aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes die inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs fordert, ist diese aus den gleichen Gründen zu bejahen, die nach dem Vorstehenden für die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 2 Satz 4 AufenthG sprechen.

2. Auch im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25b AufenthG, dessen vorläufige Regelung der Antragsteller grundsätzlich im Rahmen einer einstweiligen Anordnung erstreiten kann, bleibt seine Beschwerde ohne Erfolg.

a) Ein derartiger Anspruch war offensichtlich nicht Gegenstand des Verlängerungsantrags vom 12. November 2018, der sich ausschließlich auf die zu Studienzwecken erteilte Aufenthaltserlaubnis bezog. Dementsprechend ist noch kein behördliches Verwaltungsverfahren durchgeführt worden, das dem Antragsgegner Gelegenheit gegeben hätte, die Voraussetzungen eines derartigen Anspruchs ausführlich zu prüfen. Dementsprechend bezieht sich der Ablehnungsbescheid vom 13. Dezember 2018, der Gegenstand der Klage des Hauptsacheverfahrens 11 A 207/19 ist, lediglich auf einen Aufenthaltstitel zu Studienzwecken. Von einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG ist dort naturgemäß nicht die Rede. Ohne einen entsprechenden Antrag gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde fehlt es aber bereits an einem Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

b) Insoweit ist aber auch ein Regelungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht gegeben. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach
§ 25b AufenthG ist nicht glaubhaft gemacht worden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Aufenthaltstitel zu einem anderen Zweck nur unter den strengen Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 AufenthG erteilt oder verlängert werden darf. Es ist nicht erkennbar, dass die dortigen Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind. Insbesondere begründet § 25b AufenthG keinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da ein derartiger Titel bei Vorliegen regelmäßig zu erfüllender Voraussetzungen nur erteilt werden „soll“. Darüber hinaus hält sich der Antragsteller nicht seit mindestens acht Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet auf (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG), nachdem seine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken am 4. Januar 2018 widerrufen worden ist und aus diesem Grunde sein Verlängerungsantrag vom 12. November 2018 nach dem oben Gesagten keine Fiktionswirkung entfaltet hat. Die vom Antragsteller kreierte Kategorie eines „faktischen, nicht gänzlich illegalen Aufenthalts“ kennt das AufenthG nicht und § 25b AufenthG knüpft nicht daran an.

3. Weitere Duldungsgründe im Sinne einer tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) sind im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht worden.

II. Der im Beschwerdeverfahren äußerst hilfsweise sinngemäß gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage (11 A 207/19) des Antragstellers gegen den Ablehnungsbescheid des Antragsgegners vom 13. Dezember 2018 anzuordnen, bleibt - unabhängig von der Frage seiner Zulässigkeit - in der Sache ebenfalls ohne Erfolg. Dieser Ablehnungsbescheid ist nach Maßgabe des im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Prüfungsmaßstabs offensichtlich rechtmäßig. Ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht ersichtlich.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 8.1 sowie Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).