Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.04.2019, Az.: 7 ME 8/19
Betreiber; Deponie; Grundwasser; Stilllegung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.04.2019
- Aktenzeichen
- 7 ME 8/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 70098
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 12.02.2019 - AZ: 3 B 64/18
Rechtsgrundlagen
- § 2 Nr 12 DepV
- § 40 Abs 2 S 1 KrWG
- § 40 Abs 2 S 2 KrWG
- § 40 Abs 3 KrWG
- § 80 Abs 5 S 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Das Bundesbodenschutzgesetz ist nach der Regelung in § 40 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 KrWG erst dann anwendbar, wenn die zuständige Behörde den Abschluss der Stilllegung (endgültige Stilllegung) festgestellt hat. Das Stilllegungsverfahren unterfällt dem abfallrechtlichen Regime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.
2. Betreiber der Deponie im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 KrWG ist diejenige natürliche oder juristische Person, die die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über eine Deponie innehat. Die Frage, wer im Einzelfall Betreiber ist, ist unter Berücksichtigung der rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Einzelfallumstände zu beurteilen.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 12. Februar 2019 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 04. September 2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. August 2018 wird hinsichtlich der Anordnungen unter Ziffer I. 1. - 8. und 10. wiederhergestellt und hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes unter Ziffer II. angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 825.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 12. Februar 2019 hat auch in der Sache Erfolg.
Mit dem genannten Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 04. September 2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. August 2018 abgelehnt. Mit diesem Bescheid hat der Antragsgegner der Antragstellerin unter Ziffer I. 1. - 10. eine Vielzahl von Maßnahmen zur Sicherung und Rekultivierung der Deponie E. aufgegeben. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin verpflichtet, ein Oberflächenabdichtungssystem der Deponieklasse I aufzubringen, einen landschaftspflegerischen Begleitplan zu erstellen, die Deponie zu überwachen und die Ergebnisse unverzüglich zu melden, eine ausreichende Qualifikation des verantwortlichen Personals sicherzustellen, ein Betriebshandbuch zu erstellen, ein Betriebstagebuch zu führen sowie daraus jeweils eine Jahresübersicht zu erstellen, einen Nachsorgeplan zu erstellen sowie eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500.000,00 € zu erbringen. Dazu drohte der Antragsgegner der Antragstellerin unter Ziffer II. des Bescheids ein Zwangsgeld an. Zudem wurde unter Ziffer III. die sofortige Vollziehung der Anordnungen unter Ziffer I. 1. - 8. und 10. angeordnet.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zulasten der Antragstellerin ausgehe. Der Antragsgegner habe in formeller Hinsicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 20. August 2018 ausreichend nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Auch in der Sache bestünden an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bei der im Verfahren des gerichtlichen Eilrechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung keine Zweifel. Rechtsgrundlage der Verfügung seien die §§ 40 Abs. 2 Satz 1, 43 Abs. 1 KrWG in Verbindung mit den Vorschriften der Deponieverordnung. Auf die Deponie finde entgegen der Ansicht der Antragstellerin das Abfall- und nicht das Bodenschutzrecht Anwendung. Das Bodenschutzrecht finde nach § 40 Abs. 2 Satz 2 KrWG erst dann Anwendung, wenn die zuständige Behörde gemäß § 40 Abs. 3 KrWG den Abschluss der Stilllegung (endgültige Stilllegung) festgestellt habe. Die Antragstellerin sei auch Betreiberin der Deponie im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Deponiebetreiber sei diejenige Person, die die rechtliche oder tatsächliche Verfügungsgewalt über die Deponie innehabe. Zuzugestehen sei der Antragstellerin zwar, dass die Verträge aus den Jahren 1979 und 1996 dem Beigeladenen Einwirkungsbefugnisse vermittelten und er unter anderem die Höhe der vereinnahmten Gebühren und damit den Gewinn der Antragstellerin und auch die Öffnungszeiten der Deponie sowie weitere Einzelheiten bestimmte. Insbesondere hinsichtlich der Öffnungszeiten seien die Regelungen jedoch stets in Absprache mit der Antragstellerin getroffen worden. Die Verträge hätten dem Beigeladenen neben Kontroll- und Überwachungsbefugnissen auch nicht die Möglichkeit gegeben, selbst Zugriff auf den Deponiebetrieb zu nehmen. Für den ordnungsgemäßen Betrieb der Deponie sei die Antragstellerin verantwortlich gewesen. Auch wenn die Antragstellerin in dem Vertrag aus dem Jahre 1996 ausdrücklich als „Verwaltungshelferin“ bezeichnet werde, ändere dies nichts an ihrer Betreibereigenschaft. An selber Stelle heiße es nämlich, dass sie als „Dritte“ im Sinne des § 3 Abs. 2 AbfG in die Abfallentsorgung des Beigeladenen eingebunden werde. Angesichts der im tatsächlichen Betrieb weitreichenden Befugnisse der Antragstellerin, die nur durch die gesetzlichen Überwachungspflichten beschränkt worden seien, könne nicht geschlossen werden, dass statt der Antragstellerin der Beigeladene im eigenen Namen, für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortung tätig gewesen sei und die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über die Deponie innegehabt habe. Eine uneingeschränkte Weisungsgebundenheit sei den vertraglichen Regelungen nicht zu entnehmen. Insbesondere die tatsächliche Verfügungsgewalt habe eindeutig bei der Antragstellerin gelegen, die die Deponie auch stets mit eigenem Personal betrieben und den Beigeladenen in den Verträgen sogar ausdrücklich von Haftungsansprüchen Dritter freigestellt habe. Die namens und im Auftrag des Beigeladenen erhobenen Gebühren führten zu keiner anderen Einschätzung, da die Antragstellerin eine Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten und somit selbstverständlich Gewinne erzielt habe. Schließlich sei bei der Bewertung der Betreibereigenschaft zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin stets als Betreiberin der Deponie aufgetreten sei. Die Einordnung der Deponie in die Deponieklasse I begegne nach summarischer Prüfung ebenfalls keinen Bedenken. Die in die Deponie eingebrachten Abfälle verböten eine Einordnung in die Deponieklasse 0. Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig. Der Antragsgegner habe zudem ein besonderes Vollzugsinteresse. Es bestehe eine konkrete Gefahr für die Umwelt. Wegen der sich aus den Gutachten ergebenden Gefahr für Boden und Grundwasser könne mit der Vollstreckung nicht bis zum Eintreten der Bestandskraft des Bescheids zugewartet werden. Die Gefahr für die Umwelt und insbesondere für das Grundwasser sei schnellstmöglich und effektiv abzuwenden, wohingegen die finanziellen Interessen der Antragstellerin zurückzutreten hätten. Die Androhung des Zwangsgeldes begegne schließlich keinen Bedenken.
Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gebietet eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Es besteht aus materiell-rechtlichen Gründen Veranlassung, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 04. September 2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. August 2018 hinsichtlich der Anordnungen unter Ziffer I. 1. - 8. und 10. wiederherzustellen und - infolgedessen - hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes unter Ziffer II. anzuordnen.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Das Gericht hat im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, deren Grundlage eine umfassende Interessenabwägung ist. Dabei ist zu prüfen, ob das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Aussetzung der Vollziehung des belastenden Verwaltungsaktes das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung überwiegt. Das Gewicht dieser gegenläufigen Interessen wird entweder durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache oder - insbesondere wenn die Erfolgsaussichten als offen erscheinen - durch eine Folgenabwägung bestimmt. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung; ist er offensichtlich rechtmäßig, hat regelmäßig das öffentliche Interesse an der Vollziehung Vorrang. Im Rahmen der Folgenabwägung sind die voraussichtlichen Folgen der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits zu gewichten. Maßgebend sind insoweit nicht nur die Dringlichkeit des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung sowie Natur und Schwere der mit dem Eingriff für den Antragsteller verbundenen Belastung, sondern auch die Möglichkeit, die jeweiligen Folgen der Maßnahme rückgängig zu machen.
1.
Vorliegend erscheinen die Erfolgsaussichten des von der Antragstellerin eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. August 2018 bei einer im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein anzustellenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offen.
Zwar bestehen entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Zweifel an der Anwendbarkeit des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, insbesondere des § 40 Abs. 2 Satz 1 KrWG, wonach die zuständige Behörde den Deponiebetreiber zur Erfüllung seiner Pflichten in der Stilllegungs- und Nachsorgephase anhalten kann. Das Bundesbodenschutzgesetz ist nach der Regelung in § 40 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 KrWG erst dann anwendbar, wenn die zuständige Behörde den Abschluss der Stilllegung (endgültige Stilllegung) festgestellt hat, was hier nicht der Fall ist. Das Stilllegungsverfahren mit allen Stilllegungsmaßnahmen unterfällt dem strengeren abfallrechtlichen Vorsorgeprinzip (vgl. Schomerus in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG Kommentar, 4. Auflage 2019, § 40 Rn. 19, 22).
Allerdings hat der Senat nach einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage Zweifel, ob die Antragstellerin die richtige Adressatin der Verfügung des Antragsgegners vom 20. August 2018 ist. Adressat der Pflichten aus § 40 Abs. 2 Satz 1 KrWG ist der Betreiber der Deponie. § 2 Nr. 12 DepV definiert den Deponiebetreiber als natürliche oder juristische Person, die die rechtliche oder tatsächliche Verfügungsgewalt über eine Deponie innehat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG a. F. ist derjenige als Deponieinhaber anzusehen, der für die Deponie rechtlich und tatsächlich verantwortlich ist. An ihn richten sich die zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Betriebs bestimmten gesetzlichen Pflichten. Verantwortlich für die Deponie ist deren Betreiber, weil nur er tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, den Betrieb der Deponie entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zu führen. Er ist Inhaber der Verfügungsgewalt über die Abfallentsorgungsanlage, nimmt die Betriebsführung wahr und trägt damit die Verantwortung dafür, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht gefährdet wird. Unter „Betriebsführung“ ist - auch im abfallrechtlichen Kontext - regelmäßig ein Tätigwerden im eigenen Namen, für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortung zu verstehen. Ungeachtet dessen ist die Frage, wer im Einzelfall Betreiber ist, nicht allein nach formalen rechtlichen Gesichtspunkten, sondern unter Berücksichtigung der rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Einzelfallumstände zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.2018 - 7 C 18.18 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 22.07.2010 - 7 B 12.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 31.08.2006 - 7 C 3.06 -, juris; OVG Thüringen, Urteil vom 10.07.2015 - 3 KO 702/11 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 07.10.2010 - 20 B 10.396 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 02.02.2001 - 20 ZB 00.3551 -, juris; Attendorn in: Jarass/Petersen, KrWG Kommentar, 1. Auflage 2014, § 40 Rn. 68, 75 f.). Die Betreibereigenschaft ist somit insbesondere dann zu bejahen, wenn die betreffende Person den maßgeblichen wirtschaftlichen Einfluss auf den Betrieb der Anlage hat und ihr die Verantwortung über die Anlage sowie die Weisungsbefugnis obliegt (vgl. Klett in: Fluck/Frenz/Fischer/ Franßen, KrWR, AbfR und BodSchR, 141. Aktualisierung, Februar 2019, § 1 DepV Rn. 71, m. w. N.).
Dies zugrunde gelegt bestehen nach einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage Zweifel, ob die Antragstellerin Betreiberin der Deponie E. ist. Eine Würdigung der Einzelfallumstände, insbesondere eine Berücksichtigung der zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen geschlossenen Verträge über die Errichtung und den Betrieb einer Bauschuttdeponie im D. aus den Jahren 1979 und 1996, spricht nicht hinreichend eindeutig für die Betreibereigenschaft der Antragstellerin, so dass sich der auf § 40 Abs. 2 Satz 1 KrWG gestützte Bescheid des Antragsgegners vom 20. August 2018 jedenfalls nicht als offensichtlich rechtmäßig darstellt. Zwar benennen sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Antragsgegner eine Vielzahl von Indizien, die auf die Betreibereigenschaft der Antragstellerin hindeuten. Jedoch gibt es auch beachtliche Anhaltspunkte, die gegen eine solche Betreiberstellung der Antragstellerin sprechen und vielmehr indizieren, dass der beigeladene D. Betreiber der Deponie E. ist. Exemplarisch sollen hier nur einige Beispiele genannt werden, die jedoch verdeutlichen, dass im Hauptsacheverfahren, d. h. im Widerspruchsverfahren, eine dezidierte Auseinandersetzung mit den Bestimmungen der Verträge aus den Jahren 1979 und 1996 erforderlich sein wird.
- In § 2 Abs. 2 des Vertrages aus dem Jahr 1979 heißt es, dass der Landkreis berechtigt sei, durch seine Beauftragten ständig die dem Unternehmer übertragenen Arbeiten und insbesondere die Einhaltung aller behördlichen Regelungen zu überwachen und im Falle erfolgloser schriftlicher Mahnung nach Ablauf der gesetzten Frist alle zur Herrichtung der Anlage bzw. zur Aufrechterhaltung eines geordneten Betriebs erforderlichen Maßnahmen auf Kosten des Betreibers anzuordnen und von einem Dritten ausführen zu lassen.
- Nach § 4 Abs. 2 des Vertrages aus dem Jahr 1979 ist eine Erhöhung der festgesetzten Entgelte nur mit Zustimmung des Landkreises möglich und kann nur zum 01. Januar eines jeden Jahres erfolgen.
- Nach § 5 Abs. 2 des Vertrages aus dem Jahr 1979 stellt der Unternehmer den Landkreis von sämtlichen Haftpflichtansprüchen Dritter frei, die sich im Zusammenhang mit der Erfüllung der vertraglichen Aufgaben ergeben.
- Nach § 2 des Vertrages aus dem Jahr 1996 wirkt die Unternehmerin auf der Grundlage dieses Vertrages als Verwaltungshelferin bei der Erfüllung der dem Landkreis obliegenden Pflichten zur Deponierung des Bodens und Bauschutts mit.
- Nach § 5 Abs. 1 des Vertrags aus dem Jahr 1996 hat der Landkreis gegenüber der Unternehmerin umfassende Informations- und Kontrollrechte bezüglich der Erfüllung der Pflichten der Unternehmerin aus diesem Vertrag.
- Nach § 7 des Vertrages aus dem Jahr 1996 setzt die Unternehmerin für den Landkreis die Gebühren fest, die aufgrund der Satzung des Landkreises D-Stadt über die Erhebung der Abfallbeseitigung im D. in der jeweils geltenden Fassung zu erheben sind. Der Unternehmerin wird insoweit die Durchführung von Kassengeschäften gemäß § 99 Abs. 1 NGO durch den Landkreis übertragen. § 8 des Vertrages aus dem Jahr 1996 regelt das Verfahren bei Barzahlung. Danach erhält der Einzahler eine Quittung aus den der Unternehmerin vom Landkreis zur Verfügung gestellten Quittungsblöcken.
- Nach § 9 Abs. 1 des Vertrages aus dem Jahr 1996 verpflichtet sich die Unternehmerin, beim bargeldlosen Geschäft Rechnungen im Auftrage des Landkreises zu erstellen und abzurechnen. Die Unternehmerin macht auf den Rechnungen kenntlich, dass sie im Auftrage des Landkreises tätig wird.
- Nach § 13 des Vertrages aus dem Jahr 1996 werden der Unternehmerin Quittungsblöcke, Anlieferungsbelege, Tagesanschreiblisten und Überweisungsträger durch den Landkreis kostenlos zur Verfügung gestellt.
- Nach § 18 des Vertrages aus dem Jahr 1996 stellt die Unternehmerin den Landkreis von allen Ersatzansprüchen frei, die von Dritten gegenüber dem Landkreis aus dem Betrieb der Bauschuttdeponie oder aus dem Verstoß gegen anderweitige Verpflichtungen aus dem Vertrag seitens der Unternehmerin erhoben werden.
Vor dem Hintergrund dieser Regelungen ist jedenfalls fraglich, ob die Antragstellerin den maßgeblichen wirtschaftlichen Einfluss auf den Betrieb der Anlage hat und ob ihr die Verantwortung über die Anlage sowie die Weisungsbefugnis obliegt mit der Folge, dass sie als Betreiberin der Deponie im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 KrWG angesehen werden kann. Zweifel an der Betreibereigenschaft der Antragstellerin hat der Antragsgegner in seinem Vermerk über eine „Besprechung Hz und Ja am 18.07.2018“ (Blatt 193 ff. der Beiakte 002) selbst eingeräumt. Er wird sich in dem Widerspruchsverfahren erneut mit dieser Frage auseinanderzusetzen haben.
2.
Erweisen sich die Erfolgsaussichten des von der Antragstellerin eingelegten Widerspruchs danach als offen, so ist eine Folgenabwägung anzustellen.
Folge der sofortigen Vollziehung des Bescheids des Antragsgegners vom 20. August 2018 wäre, dass die Antragstellerin den umfangreichen Anordnungen des Antragsgegners, insbesondere zur Aufbringung eines Oberflächenabdichtungssystems, zur Vorlage eines landschaftspflegerischen Begleitplans, zur Überwachung und Kontrolle der Deponie sowie zur Leistung einer Sicherheit in Höhe von 1.500.000,00 €, sofort nachzukommen hätte. Dies wäre nicht nur mit hohen finanziellen, sondern auch mit erheblichen personellen Aufwendungen für die Antragstellerin verbunden. Sollte sich sodann im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass die Antragstellerin nicht als Betreiberin der Deponie im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 KrWG anzusehen ist, könnten ihr zwar die von ihr finanziell getätigten Investitionen erstattet werden. Es verbliebe jedoch ein nicht mehr rückgängig zu machender Arbeits- und Personalaufwand auf Seiten der Antragstellerin. Es ist zudem nicht auszuschließen, dass von ihr bereits getätigte Arbeiten in den landschaftspflegerischen Begleitplan und in die Planunterlagen für die Herstellung des Oberflächenabdichtungssystems von dem sodann nach § 40 Abs. 2 Satz 1 KrWG Verpflichteten verworfen werden und sich die geleistete Arbeit als wertlos erweist.
Folge der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin wäre auf der anderen Seite, dass zunächst - bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens - der status quo weiterbesteht. Dies könnte zur Folge haben, dass es möglicherweise in der Zwischenzeit zu einer Verunreinigung des Grundwassers kommt, die dann nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Zu berücksichtigten ist insoweit jedoch, dass dem Antragsgegner bereits im Juli 2015 das Gutachten des Büros F. „Deponie E.: Grundwasseruntersuchungen - Herbst 2014 / Frühling 2015“ vorlag, das - aus Sicht des Antragsgegners - Handlungsbedarf im Hinblick auf eine Verunreinigung des Grundwassers aufgezeigt hat. Der Antragsgegner hat trotz dieses Gutachtens über mehrere Jahre keinen Anlass für ein Einschreiten gesehen. Dies räumt der Antragsgegner in seinem Vermerk über eine „Besprechung Hz und Ja am 18.07.2018“ (Blatt 193 ff. der Beiakte 002) selbst ein. Dieser Umstand spricht dafür, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin keine schwerwiegenden Folgen hätte. Dies gilt umso mehr, als es in der Folgezeit zu keiner nachweisbaren Verschlechterung des Grundwasserzustands gekommen ist. Vielmehr heißt es in dem Gutachten des Büros G. „Deponie E.: Grundwasseruntersuchungen - Januar 2018“ in der aktuellen Fassung vom November 2018, dass die aktuellen Befunde deutlich unter den in 2014 und 2015 festgestellten Werten lägen. Die erhöhten Untersuchungsergebnisse in 2014/2015 für die Parameter Arsen, Blei und PAK hätten sich in den abstromigen GW-Messstellen GWM2, GWM3a und GWM3b in 2018 nicht bestätigt, so dass kein akuter Handlungsbedarf bestehe. Diese gutachterliche Einschätzung in Verbindung mit den dargestellten zeitlichen Abläufen und der bisherigen Untätigkeit des Antragsgegners seit dem Jahr 2015 ist bei der Folgenabwägung dahingehend zu berücksichtigen, dass bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin voraussichtlich keine schwerwiegenden Folgen für das Schutzgut „Grundwasser“ zu erwarten sind.
Zwar sieht der Antragsgegner durch das Gutachten des Büros G. „Deponie E.: Grundwasseruntersuchungen - Januar 2018“ eine konkrete Gefahr für Boden und Grundwasser nicht widerlegt. Auch eine „nur oberflächliche Verunreinigung“ oder eine „nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit“ sei für die Annahme einer Gefahr für Boden und Grundwasser ausreichend. Allerdings räumt der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 07. November 2018 an das Verwaltungsgericht Osnabrück und in seinem Vermerk über eine „Besprechung Hz und Ja am 18.07.2018“ (Blatt 193 ff. der Beiakte 002) ein, dass das genaue Ausmaß der nachteiligen Gewässerveränderungen nicht abschließend eingeschätzt werden könne, weil die erforderliche umfassende Datengrundlage von der Antragstellerin trotz jahrelanger Aufforderung bisher nicht zur Verfügung gestellt worden sei. Daher müsse konservativ von einer anhaltend akuten Gefahr ausgegangen werden. Der Antragsgegner zeigt damit selbst eine mangelhafte Datengrundlage zur Feststellung einer Verunreinigung des Grundwassers auf. Eine Verunreinigung des Grundwassers bzw. das konkrete Ausmaß einer solchen Verunreinigung, die als Folge der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin eintreten könnte, ist damit nicht hinreichend belegt. Nichts anderes ergibt sich letztlich aus der Stellungnahme des H., Zentrale Unterstützungsstelle Abfall, Gentechnik und Gerätesicherheit (ZUS AGG), vom 24. Oktober 2018. Darin wird in Bezug auf die Gutachten des Büros G. ausgeführt, dass die Messwerte der Schadstoffe gewissen Schwankungen unterlägen. Der Gutachter leite aufgrund von lediglich drei Messkampagnen mit variierenden Probenahmetechniken und zu verschiedenen Jahreszeiten rückläufige Konzentrationen der Schadstoffparameter ab. Aufgrund dieser sehr geringen Anzahl an Messwerten könne kein Trend abgeleitet werden. Weiterhin gehe der Gutachter auf starke Schwankungen der Grundwasserstände nicht ein. Schließlich sei anzumerken, dass die erstellten Messstellen aufgrund ihrer Lage zum Deponiekörper nicht die gesamte Abstrombreite erfassen könnten. Es sollte ein Überwachungsprogramm implementiert werden. Auch diese Stellungnahme zeigt, dass Unsicherheiten über die konkreten Gefahren für das Grundwasser bei einem vorübergehenden Weiterbestehen des status quo, d. h. bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin bestehen.
Es bleibt festzuhalten, dass die Folgen der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin das Schutzgut „Grundwasser“ tangieren, über den Eintritt und das Ausmaß einer Grundwasserverunreinigung jedoch Unsicherheiten bestehen, die jedenfalls in der Vergangenheit seit dem Jahr 2015 von dem Antragsgegner hingenommen wurden. Auf der anderen Seite der Folgenabwägung stehen die ohne Zweifel eintretenden erheblichen finanziellen und personellen Aufwendungen der Antragstellerin bei einer sofortigen Vollziehung des Bescheids des Antragsgegners vom 20. August 2018. Der Senat geht in diesem Fall von einer Interessengleichheit des Aussetzungs- und des Vollziehungsinteresses aus. Diese Interessengleichheit hat zur Folge, dass die gesetzgeberischen Wertungen zu betrachten sind. In den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - dies betrifft die Anordnungen unter Ziffer I. 1. - 8. und 10. des streitgegenständlichen Bescheids - spricht die gesetzgeberische Entscheidung für die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO dafür, bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens und Interessengleichheit im Übrigen die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen (vgl. Külpmann in: Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 991 f.; Beschluss des Senats vom 24.01.2018 - 7 ME 110/17 -, juris). Ist danach die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Anordnungen unter Ziffer I. 1. - 8. und 10. des Bescheids des Antragsgegners vom 20. August 2018 wiederherzustellen, bleibt auch für eine sofortige Vollziehung der Zwangsgeldandrohung unter Ziffer II. des Bescheids kein Raum, so dass die aufschiebende Wirkung insoweit anzuordnen ist.
3.
Selbst wenn man vorliegend zu der Auffassung neigen sollte, dass sich der Widerspruch der Antragstellerin vom 04. September 2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. August 2018 nach summarischer Prüfung als erfolglos erweisen wird, wäre vorliegend die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Anordnungen unter Ziffer I. 1. - 8. und 10. des Bescheids des Antragsgegners wiederherzustellen und - infolgedessen - hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes unter Ziffer II. des Bescheids anzuordnen.
Es bedarf in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch bei einer voraussichtlichen Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs in der Hauptsache einer weiteren Kontrollüberlegung. Die Vorschrift fordert für die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, das über das Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts hinausgeht (vgl. Külpmann in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a. a. O., Rn. 975). Das besondere öffentliche Vollzugsinteresse ist grundsätzlich nicht mit dem öffentlichen Interesse am Erlass eines Verwaltungsakts identisch (vgl. Külpmann in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a. a. O., Rn. 759). Daher vermag selbst die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts allein die sofortige Vollziehung regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. Beschluss des Senats vom 15.04.2014 - 7 ME 121/13 -, juris). Das Gericht kann die behördliche Anordnung daher nur bestehen lassen, wenn nach seiner Beurteilung ein öffentliches Interesse daran besteht, den offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt vor Eintritt seiner Bestandskraft zu vollziehen (vgl. Külpmann in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a. a. O., Rn. 975; Beschluss des Senats vom 24.01.2018, a. a. O.).
Ein solches besonderes öffentliches Interesse, welches über das Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts hinausgeht, hat der Antragsgegner nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt. Es kann insoweit im Wesentlichen auf die Ausführungen unter 2. zu den Folgen der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin verwiesen werden. Ein besonderes Vollzugsinteresse ist zu verneinen, da nach dem Gutachten des Büros G. „Deponie E.: Grundwasseruntersuchungen - Januar 2018“ kein akuter Handlungsbedarf besteht. Einen akuten Handlungsbedarf hat auch der Antragsgegner nicht darzulegen vermocht. Zwar sieht er - entgegen der gutachterlichen Einschätzung - eine konkrete Gefahr für Boden und Grundwasser als gegeben. Allerdings hat er trotz der Vorlage des Gutachtens des Büros F. „Deponie E.: Grundwasseruntersuchungen - Herbst 2014 / Frühling 2015“ im Sommer 2015 über mehrere Jahre keinen Anlass für ein Einschreiten gesehen, obwohl aus seiner Sicht bereits zum damaligen Zeitpunkt ein Handlungsbedarf im Hinblick auf eine Verunreinigung des Grundwassers gegeben war. Vor diesem Hintergrund ist ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil er keinen eigenen Antrag gestellt und sich daher keinem Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffern 1.5 und 2.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
(NordÖR 2014, 11). Sie folgt der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht, die von den Beteiligten nicht angegriffen worden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).