Landgericht Göttingen
Beschl. v. 12.12.2003, Az.: 10 T 131/03

Grundsätze für die Berechnung der Vergütung eines Zwangsverwalters; Voraussetzungen für die Erhöhung der Regelvergütung eines Zwangsverwalters

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
12.12.2003
Aktenzeichen
10 T 131/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 33899
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2003:1212.10T131.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Einbeck - 18.08.2003 - AZ: 2 L 13/02

Fundstelle

  • ZInsO 2004, 608-609 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Das im Grundbuch von A. eingetragene Grundstück BV-Nr. 1 B. Gebäude- und Freifläche, C., 833 qm,

In dem Zwangsverwaltungsverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
H. als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde der Schuldner vom 12.09.2003
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Einbeck vom 18.08.2003 - 2 L 13/02 -
am 12.12.2003
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss geändert.

Die Vergütung des Zwangsverwalters I. für die Zeit vom 20.12.2002 bis 02.05.2003 wird auf 842,21 Euro einschließlich Umsatzsteuer festgesetzt. Daneben hat der Verwalter einen Anspruch auf Erstattung von Auslagen und Kosten in Höhe von 398,95 Euro einschließlich Mehrwertsteuer.

Der weitergehende Antrag des Zwangsverwalters wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Schuldner zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.875,00 Euro.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 20.12.2002 hat das Amtsgericht die Zwangsverwaltung für das oben genannte Grundstück angeordnet und den Antragsteller zum Zwangsverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 02.05.2003 ist das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben worden.

2

Der Antragsteller hat am 22. Mai 2003 die Festsetzung seiner Zwangsverwaltervergütung beantragt. Dabei ist er in Bezug auf die in dem Haus befindlichen fünf vermieteten Wohnungen von dem eingezogenen Mietzins ausgegangen und hat nach § 24 Zwangsverwalterverordnung eine Vergütung in Höhe von 568,19 Euro errechnet. Ferner hat der Antragsteller für drei leer stehende Wohnungen jeweils eine Pauschale in Höhe von 30,00 Euro angesetzt sowie für fünf Garageneinheiten insgesamt eine Pauschale von 150,00 Euro berechnet. Die sich sodann ergebende Vergütung hat der Antragsteller mit einem zweifachen Satz berechnet und ist danach zu 1.616,38 Euro gelangt. Zuzüglich Auslagen und Kosten hat der Zwangsverwalter einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.273,95 Euro beantragt.

3

Mit Beschluss vom 18.08.2003 hat das Amtsgericht die Vergütung des Zwangsverwalters auf 1.875,00 Euro einschließlich Mehrwertsteuer zuzüglich 398,95 Euro für Auslagen und Kosten festgesetzt.

4

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Schuldner mit der sofortigen Beschwerde. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz, § 793 ZPO zulässig und teilweise begründet.

5

Gemäß §§ 23, 24 Zwangsverwalterverordnung hat der Zwangsverwalter einen Anspruch auf Festsetzung einer Vergütung für den oben genannten Zeitraum in Höhe von 842,21 Euro zuzüglich Kosten und Auslagen in Höhe von 398,93 Euro. Der Antrag des Zwangsverwalters auf Festsetzung einer darüber hinausgehenden Vergütung ist nicht begründet.

6

Die Vergütung des Verwalters setzt sich wie folgt zusammen:

Mietverhältnis J.94,50 Euro
Mietverhältnis K.135,00 Euro
Mietverhältnis L.94,50 Euro
Mietverhältnis M.122,40 Euro
Mietverhältnis N.189,64 Euro
630,04 Euro.
7

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2003, 212) ist § 24 Zwangsverwalterverordnung in der Weise anzuwenden, dass die Regelvergütung des Zwangsverwalters von dem als Jahresmiete eingezogenen Betrag bis zu 1.500,00 Euro 9% und von den Beträgen über 1.500,00 Euro bis 3.000,00 Euro 8%, über 3.000,00 Euro bis 4.500,00 Euro 7% und über 4.500,00 Euro 6% beträgt. Unter Berücksichtigung dieser vom BGH aufgestellten Grundsätze für die Berechnung der Vergütung des Zwangsverwalters nach § 24 Zwangsverwalterverordnung ergeben sich die oben genannten Beträge. Eine darüber hinausgehende, generelle Vervielfachung der Vergütung ist nicht vorgesehen. Insoweit verweist die Kammer auf ihre ständige Rechtsprechung (vergleiche LG Göttingen ZInsO 2001, 460[LG Göttingen 06.02.2001 - 10 T 103/00]; LG Göttingen Rechtspfleger 1996, 257). Darüber hinaus ergibt sich auch aus der oben genannten Entscheidung des BGH nicht, dass eine generelle Erhöhung der Vergütung - unabhängig von der Schwierigkeit und dem Aufwand der Tätigkeit des Zwangsverwalters - vorzunehmen ist. Vielmehr kommt die Erhöhung der Regelvergütung gemäß § 25 Zwangsverwalterverordnung dann in Betracht, wenn sich im Einzelfall ein Missverhältnis zwischen der Tätigkeit des Verwalters und der regelmäßigen Vergütung ergibt. Diese Abänderungsmöglichkeit knüpft an die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls an, um eine Anpassung der starren, ausschließlich auf den Wert der eingezogenen Mieten ausgerichteten Regelsätze des § 24 Zwangsverwalterverordnung zu ermöglichen. Sie greift jedoch nur ein, wenn individuelle, konkret tätigkeitsbezogene Besonderheiten der einzelnen Geschäftsführung diese als entweder besonders schwierig oder aufwendig bzw. als ungewöhnlich leicht oder geringfügig erscheinen lassen und deshalb ein Missverhältnis zur Regelvergütung entstehen würde (BGH NJW 2003, 212, 214; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen Zwangsverwaltung, § 25 Rdnr. 1). Entscheidend ist deshalb, ob Arbeitsleistung und -aufwand sowie das Maß der Verantwortung im Einzelfall wesentlich von den durchschnittlichen Anforderungen abweichen oder besondere Erschwernisse zu bewältigen waren (Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Auflage § 152 a Anmerkung 4.7). Solche besonderen Umstände, die einen Zuschlag zu der Vergütung des Zwangsverwalters rechtfertigen, hat der Zwangsverwalter hier nicht dargelegt. Soweit er vorgetragen hat, ein Mehraufwand sei dadurch entstanden, dass ein Vandalismus- bzw. Einbruchschaden an Fensterscheiben einiger Wohneinheiten aufgetreten sei, rechtfertigt dies keine Erhöhung der regelmäßigen Vergütung. Wie der Verwalter selbst dargelegt hat, waren aufgrund dieses Schadensfalles zwei Besuche in Einbeck erforderlich, und zwar zur Kontrolle bzw. Schadensaufstellung und ein weiterer mit dem zur Schadensbeseitigung bestellten Handwerker. Die insoweit vom Zwangsverwalter veranlassten Schadensbeseitigungsmaßnahmen und die darauf aufgewendete Zeit bedeuten keine Abweichung vom Normalfall der Zwangsverwaltung. Dass an einem Gebäude gelegentlich Reparaturmaßnahmen im üblichen Umfang bzw. Schadensbeseitigungsmaßnahmen erforderlich werden, entspricht dem Normalfall der Zwangsverwaltung, denn hierbei handelt es sich um Ereignisse, die vielfach im Rahmen einer Hausverwaltung zu regeln sind. Auch der vom Zwangsverwalter für diese Maßnahmen dargelegte Zeitaufwand hält sich in einem Rahmen, der das Übliche nicht übersteigt.

8

Dasselbe gilbt auch, soweit der Zwangsverwalter dargelegt hat, es habe Verwaltungsaufwand gegeben, weil er mit dem Bevollmächtigten der Eigentümer Kontakt gehabt habe. Insoweit hat der Zwangsverwalter dargelegt, es hätten drei Telefonate stattgefunden und es seien vier Telefaxschreiben erfolgt wegen der Gewährleistung bzw. Sicherstellung der Wohngebäude- und Haftpflichtversicherung für das Objekt. Auch hierbei handelt es sich um keinen außergewöhnlichen Aufwand. Vielmehr gehört die Korrespondenz in Bezug auf die Versicherungen des Gebäudes zur gewöhnlichen Tätigkeit des Zwangsverwalters. Auch der Umfang der Korrespondenz (vier Telefaxschreiben und drei Telefonate) hält sich in einem absolut üblichen Rahmen.

9

Dem Zwangsverwalter steht des Weiteren eine Mindestvergütung nach § 24 Abs. 2 Zwangsverwalterverordnung in Höhe von 90,00 Euro zu. Auch dies entspricht der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2003 212). Diese Vergütung des § 24 Abs. 3 Zwangsverwalterverordnung erhält der Zwangsverwalter ohne Rücksicht auf die eingenommenen Beträge als Grundvergütung, falls er - wie hier - das Objekt in Besitz genommen hat.

10

Soweit der Zwangsverwalter darüber hinaus Pauschalen in Höhe von jeweils 30,00 Euro für die Eigentümerwohnung bzw. eine nicht vermietete Wohnung im Hinterhaus und eine leer stehende Ladeneinheit angesetzt hat, sind diese Beträge nicht begründet. Ist das Grundstück - wie hier - teilweise vermietet, zu einem weiteren Teil jedoch nicht durch Vermietung/Verpachtung genutzt, kann zur Bemessung der Regelvergütung für den vom Schuldner selbst genutzten Wohnraum oder leer stehende Räume nicht eine fiktive Vergütung oder eine Pauschale in Ansatz gebracht werden (vergleiche Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Auflage § 152 a Anmerkung 4.10; LG Lüneburg Rechtspfleger 1999, 34). Vielmehr ist die Vergütung für die nicht vermieteten Teile des Grundstücks nach dem Umfang der Verwaltertätigkeit gemäß § 26 Zwangsverwalterverordnung zu bemessen. Trotz des Hinweises der Kammer hat der Zwangsverwalter nicht dargelegt, welchen Zeitaufwand er konkret für die Verwaltung der nicht vermieteten Teile des Grundstücks hatte. Sein Hinweis, dass der Zeitaufwand in Bezug auf die nicht vermieteten Teile schwer darzulegen sei, entbindet ihn nicht, zwecks Festsetzung seiner Vergütung insoweit Stunden aufzuzeigen. Die Kammer ist nicht in der Lage, den Zeitaufwand des Verwalters einzuschätzen und dementsprechend eine Vergütung hierfür festzusetzen. Wegen der Anzahl der Besuche des Verwalters bei dem verwalteten Objekt reicht es auch nicht aus, auf die dem Amtsgericht eingereichten Unterlagen Bezug zu nehmen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus den Unterlagen die einzelnen Besuche des Zwangsverwalters zusammenzustellen, zumal sich auch daraus nicht der Zeitaufwand des Verwalters ergibt. Die Kammer war deshalb nicht in der Lage, eine Vergütung für die nicht vermieteten Teile des Grundstücks nach § 26 Zwangsverwalterverordnung festzusetzen.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

12

Die Festsetzung des Beschwerdewerts richtet sich nach dem Interesse der Schuldner an der Herabsetzung der Vergütung. Da die Schuldner die sofortige Beschwerde nicht weiter begründet haben, musste die Kammer davon ausgehen, dass sie sich gegen die festgesetzte Vergütung insgesamt wenden.