Landgericht Göttingen
Beschl. v. 21.06.2003, Az.: 5 T 74/03
Antrag auf Festsetzung von Kosten für die Erstellung eines Privatgutachtens; Erstattungsfähigkeiten der Kosten zur Anfertigung eines Privatgutachtens
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 21.06.2003
- Aktenzeichen
- 5 T 74/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 33748
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2003:0621.5T74.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Duderstadt - 21.02.2003 - AZ: 11 C 417/01
Rechtsgrundlage
- § 91 ZPO
Fundstelle
- zfs 2003, 514 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. vom 11. März 2003
gegen den Kostenfestsetzungs-Beschluss des Amtsgerichts Duderstadt vom 21. Februar 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht F als Einzelrichter
am 21. Juni 2003
beschlossen:
Tenor:
Der Kostenfestsetzungs-Beschluss des Amtsgerichts Duderstadt vom 21. Februar 2003 - 11 C 417/01 - wird teilweise geändert.
Die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits werden neu festgesetzt auf 3.585,07 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2002.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.144,82 EUR.
Gründe
Mit Beschluss vom 21.02.2003, auf den zur näheren Darstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Duderstadt die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits festgesetzt auf 2.440,25 EUR nebst Zinsen. Zugrunde liegt der Kostenfestsetzungs-Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. vom 17.12.2002. Diesem hat das Amtsgericht in dem Kostenfestsetzungs-Beschluss nicht in vollem Umfang entsprochen. Es hat den Kostenfestsetzungs-Antrag insoweit zurückgewiesen, als die Beklagte zu 1. auch die Festsetzung der ihr entstandenen Kosten des Sachverständigen G in Höhe von 1.144,82 EUR beantragt hatte.
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. am 05.03.2003 zugestellten Kostenfestsetzungs-Beschluss hat die Beklagte zu 1. durch Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.03.2003, beim Amtsgericht Duderstadt am selben Tage als Fax eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie wendet sich ausschließlich gegen die Nichtberücksichtigung der ihr für die Einholung des Gutachtens des Sachverständigen H entstandenen Kosten in Höhe von 1.144,82 EUR. Zur Begründung wird auf die bereits in einem früheren Schriftsatz dargestellte Rechtsprechung verwiesen.
Seitens der Klägerin ist eine Stellungnahme nicht eingegangen.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist, da form- und fristgerecht eingelegt, zulässig. Auch der Beschwerdewert von 50,00 EUR ist überschritten.
Das Rechtsmittel der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht die der Beklagten zu 1. für die Einholung des Privatgutachtens I entstandenen Kosten von 1.144,82 EUR bei der Kostenfestsetzung unberücksichtigt gelassen. Im vorliegenden Fall hat es sich auch insoweit um Kosten gehandelt, die zur sachgerechten Rechtsverteidigung der Beklagten erforderlich waren im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Frage, ob auch die Kosten eines von einer Partei eingeholten Privatgutachtens erstattungsfähig sind, kann nicht allgemein beantwortet werden. Im Regelfall wird ein solches Gutachten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht erforderlich sein, da die erforderliche Sachaufklärung gegebenenfalls vom Gericht durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens vorgenommen werden wird. Ausnahmsweise sind die Kosten eines Privatgutachtens jedoch dann erstattungsfähig, wenn die Partei auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen zwingend angewiesen ist, um ihrer Darlegungs- und Beweislast zu genügen, wenn eine Partei letztlich nur aufgrund der Angaben des von ihr beauftragten Gutachters sachgerecht im Rahmen des Prozesses vortragen kann. Dabei spielt es letztlich keine entscheidende Rolle, ob die Partei das Privatgutachten erst während des laufenden Rechtsstreits in Auftrag gibt oder ob die Partei dieses Gutachten bereits vorprozessual zur Abwehr von geltend gemachten Ansprüchen und in der Erwartung eines Rechtsstreits eingeholt hatte. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Privatgutachtens ist aber letztlich davon abhängig, dass die Partei in dem Rechtsstreit sich Darstellung und Ergebnis dieses Gutachtens zu eigen gemacht, die Erkenntnis des Privatsachverständigen vorträgt und damit das Privatgutachten zum Gegenstand des Prozessvortrags macht. Letzteres ist hier der Fall gewesen. Die Beklagte zu 1. hat sich bereits in der Klageerwiderung auf das von ihr bereits vorprozessual in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen J berufen und hat zur Rechtsverteidigung seine Erkenntnisse und Schlussfolgerungen vorgetragen, die darauf hinauslaufen, dass die von der Klägerin vorgetragenen Beschädigungen an ihrem Fahrzeug letztlich durch das behauptete Unfallereignis nicht in vollem Umfang erklärbar seien. Gerade für die vorliegende Konstellation ist die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Privatgutachtens anerkannt. Hat eine in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung den berechtigten Anfangsverdacht, dass der streitgegenständliche Verkehrsunfall manipuliert war, und bedarf es zur Abwehr der Klageforderung der Hinzuziehung eines Sachverständigen, sind die Kosten dieses Privatgutachtens grundsätzlich erstattungsfähig (so OLG Düsseldorf in DAR 2002, 125/126). Die Kammer hat keine Bedenken, sich dieser Rechtsprechung anzuschliessen. Nur durch die Erkenntnisse des eingeholten Privatgutachtens war die Beklagte zu 1. als in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung in der Lage, zu dem aus ihrer Sicht ungerechtfertigten Klageanspruch sachgerecht Stellung zu nehmen und die Klage abzuwehren. Es hat sich insoweit um Feststellungen und Erkenntnisse gehandelt, die nur von einem Kraftfahrzeug-Sachverständigen haben getroffen werden können. Der Notwendigkeit der Einholung eines Privatgutachtens für die Beklagte zu 1. steht nicht entgegen, dass das Amtsgericht während des Rechtsstreits Anlass gesehen hat, ergänzend einen gerichtlichen Sachverständigen mit einer erneuten Begutachtung zu beauftragen. Zu berücksichtigen ist, dass es zu diesem gerichtlichen Gutachten letztlich nur hat kommen können, weil die Beklagte auf der Grundlage des von ihr eingeholten Privatgutachtens ausreichend konkret und substantiiert Einwendungen gegen die Klageforderung hat erheben können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.