Landgericht Göttingen
Urt. v. 15.10.2003, Az.: 6 S 273/98

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
15.10.2003
Aktenzeichen
6 S 273/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39480
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2003:1015.6S273.98.0A

Tenor:

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Juni 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts Osterode am Harz - 2 C 148/98 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Wert des Berufungsverfahrens und die Beschwer der Beklagten betragen 6.174,00 DM (3.156,72 €).

Tatbestand

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Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 a. F. ZPO i. V. m. § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

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Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, dem Kläger die Kosten der

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4 wöchigen Rehabilitationsbehandlung im November 1997 in der Rheumaklinik Bad Bramstedt in Höhe von 6. 174 DM (= 3.156,72 €) gemäß §§ 823 BGB, 7 StVG, 3 PflVersG zu erstatten. Die Beklagte ist Haftpflichtversicherin des von ihrem Versicherungsnehmer im Jahr 1974 verschuldeten Verkehrsunfalls.

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Es kann dahinstehen, ob die durchgeführten Therapiemaßnahmen in der Rheumaklinik Bad Bramstedt überhaupt geeignet gewesen sind, den beim Kläger eingetretenen Körperschaden zu lindern.

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Mit dem Oberlandesgericht Braunschweig geht auch die Kammer davon aus, dass - wie in der Rechtsprechung anerkannt - Wiederherstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen, die der Verletzte in seiner besonderen Lage für geeignet halten durfte, unabhängig von der Frage, ob diese Maßnahmen aus nachträglicher Sicht möglicherweise nicht oder weniger geeignet waren (BGH NZW 1978 S. 2592; OLG Koblenz, Urteil vom 28.03.1994 - Az.: 12 U 1766/92), vom Schädiger zu ersetzen sind (sogenanntes Prognoserisiko; vgl. auch BGH VersR 1978, S. 838).

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Es kommt daher nicht darauf an, ob die Therapie in Bad Bramstedt, deren Kosten der Kläger für die Therapie im Herbst 1997 erstattet verlangt, zu einer anhaltenden Besserung oder wenigstens Stabilisierung seines gesundheitlichen Zustandes beigetragen hat oder nicht.

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Aufgrund der von Prof. Dr. St, Oberarzt in der Klinik für Unfallchirurgie der Universität Göttingen unter dem 05.09.1997 vertretenen Auffassung, in Anbetracht der (unfallbedingten) Verletzungen des Klägers sei, um die jetzige Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten, die intensive krankengymnastische Behandlung im November 1997 in Bad Bramstedt "erforderlich", sowie aufgrund der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin, Dr. med. N. K, vom 12.09.1997, der die Sanatoriumskur in Bad Bramstedt wie schon in den Vorjahr für einen unverzichtbaren Bestandteil der Langzeittherapie und für unbedingt erforderlich gehalten hat, durfte der Kläger darauf vertrauen, die angestrebte stationäre Therapie sei geeignet, seine gesundheitliche Lage erheblich zu verbessern.

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Davon ging im Grundsatz im Übrigen auf die Beklagte aus, die die Eignung der Rehabilitationsmaßnahme zunächst nicht in Zweifel gezogen, sondern lediglich 2 Kurmaßnahmen im Jahr für nicht erforderlich gehalten hatte. Dies musste den Kläger jedoch nicht zweifeln lassen. Die Indikation für die Behandlungsmaßnahme war ihm - wie bereits ausgeführt - (fach-) ärztlich bestätigt worden. Hinzu kommt, dass der Kläger die halbjährlichen stationären Therapien in den letzten Jahren jedenfalls subjektiv als wohltuend empfunden hat, er also auch aufgrund eigener Erfahrung keinen Anlass hatte, die ärztlich Einschätzung in Frage zu stellen.

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Dem Kläger kann hierbei nicht angelastet werden, nicht erkannt zu haben, dass sich die kurmäßigen Anwendungen - wie in dem in dem Parallelverfahren (Landgericht Göttingen/Oberlandesgericht Braunschweig, Az. 8 0 240/98, 6 U 43/00) eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. L-B ausgeführt - nur vorübergehend günstig ausgewirkt haben, letztendlich aber ein Leben in stabilen psychischen und

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körperlichen Verhältnissen verhinderten. Denn von einem medizinischen Laien kann kein besseres Wissen erwartet werden als von Ärzten.

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In Anbetracht dieser im Jahr 1997 zweifellos noch vorliegenden Umstände kann dem Kläger bei der Prüfung der Frage, wer das wirtschaftliche Risiko einer nicht geeigneten Therapiemaßnahme zu tragen hat, nicht der Vorwurf gemacht werden, nicht erkannt zu haben, der von ihm als wohltuend empfundene Kuraufenthalt sei objektiv nicht geeignet, seinen Gesundheitszustand länger als kurzzeitig zu verbessern.

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Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 288 BGB a. F.

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II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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Die Revision ist nicht zuzulassen, den weder ist die Sache von grundsätzlicher Bedeutung, noch ist zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Vielmehr handelt es sich vorliegend um eine Einzelfall bezogene Entscheidung.