Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.10.2017, Az.: 5 LB 124/16

Dienstliche Gespräche als "äußere Einwirkungen" im Sinne des Dienstunfallrechts; Wesentliches Abweichen eines dienstliches Gespräches von der normalen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses; Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer mittelschweren reaktiven Depression als Dienstunfallfolge in Folge eines Dienstgespräches

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.10.2017
Aktenzeichen
5 LB 124/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 49489
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2017:1024.5LB124.16.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 11.10.2018 - AZ: 2 B 3/18

Fundstelle

  • DÖV 2018, 120

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Dienstliche Gespräche bzw. Informationen oder Mitteilungen zu dienstlich relevanten Fragestellungen gehören zu den typischen Ereignissen des Beamtenverhältnisses und stellen deshalb grundsätzlich keine "äußeren Einwirkungen" im Sinne des Dienstunfallrechts dar.

  2. 2.

    Etwas anderes kann nur ausnahmsweise gelten, nämlich dann, wenn ein dienstliches Gespräch von der normalen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses wesentlich abweicht und sich damit nicht mehr im Rahmen der sozialen Adäquanz hält.

  3. 3.

    Maßgeblich ist daher, mit welchem konkreten Inhalt und in welcher Weise das Gespräch tatsächlich geführt worden ist, ehe im Anschluss daran aus objektiver Sicht zu bewerten ist, ob diese tatsächlichen Feststellungen den Schluss rechtfertigen, der Rahmen des Sozialadäquaten sei überschritten.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer (Einzelrichter) - vom 25. September 2015 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer mittelschweren reaktiven Depression als Dienstunfallfolge eines am 6. Oktober 2004 stattgefundenen Gesprächs zwischen ihm und zwei Vorgesetzten sowie einem Kollegen des Klägers.

2

Der im Jahr ... geborene Kläger war - im Statusamt eines B. (Besoldungsgruppe A ...) stehend - beim G. tätig und bis zu dem hier streitgegenständlichen Gespräch als Sachbearbeiter im J. eingesetzt; seit dem Jahr 1999 befand sich seine Dienststelle in K., wo er eine Zweitwohnung unterhielt. Die zwischen seinen Dienstschichten liegenden freien Tage verbrachte der Kläger zumeist an seinem Wohnort L., wo er häufig Fahrradtouren unternahm. Diese führten ihn regelmäßig durch den an sein Wohnhaus angrenzenden Wald zu einem auf einer Anhöhe liegenden Jugendwaldheim. Gegenüber von dessen Eingang befindet sich eine große, überdachte Wanderkarte, an der der Kläger häufig Rast einlegte.

3

Im November ... war gegen den Kläger der Verdacht geäußert worden, in jenem Jugendwaldheim gegen 23.15 Uhr in den Waschraum der Mädchen geschaut zu haben. Der Kläger hatte dazu seinerzeit in einer längeren Stellungnahme angegeben, dass er nicht der Täter sei; weitere Ermittlungen hatte es daraufhin nicht gegeben. Der Leiter des Jugendwaldheims hatte dem Kläger im Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Vorwurf ein mündliches Hausverbot erteilt; nachdem der Kläger beantragt hatte, ihm dieses Hausverbot schriftlich mitzuteilen, war eine weitere Reaktion nicht erfolgt.

4

Vom 27. September 2004 (Montag) bis zum 8. Oktober 2004 (Freitag) hielten sich in besagtem Jugendwaldheim ca. 30 Schüler einer 8. Klasse gemeinsam mit einer männlichen und einer weiblichen Lehrkraft auf. Am 1. Oktober 2004 gegen 21.00 Uhr machte der Kläger im Rahmen einer Fahrradtour an der Wanderkarte gegenüber dem Eingang des Jugendheims Rast. Es kam zu einem längeren Gespräch mit der die Schüler begleitenden weiblichen Lehrkraft - diese hatte gefragt, was der Kläger dort mache -, in dessen Verlauf der Kläger sinngemäß u. a. mitteilte, er sei Polizeibeamter, habe Urlaub und mache hier schon seit langem Fahrradtouren; ferner erklärte der Kläger, im Jahr ... zu Unrecht verdächtigt worden zu sein, in einen Raum des Jugendwaldheims geschaut zu haben. Einige der Schüler waren bei diesem Gespräch zwischen dem Kläger und der weiblichen Lehrkraft zugegen und berichteten der männlichen Lehrkraft davon. Am Montag, dem 4. Oktober 2004, unternahm die Schülergruppe mit der männlichen Lehrkraft sowie einem Forstwirt eine Nachtwanderung; dabei begegneten sie dem Kläger erneut. Sowohl der Forstwirt als auch die Lehrkraft sprachen den Kläger an, wiesen darauf hin, dass die Situation für die Kinder, die sich unter Beobachtung wähnten, sehr negativ sei, und forderten den Kläger auf, den Ort zu verlassen.

5

Am Abend des 5. Oktober 2004 führte eine Fahrradtour den Kläger - zusammen mit einem Mitfahrer, dem damals 14-jährigen M. N. - gegen 21.10 Uhr erneut zu der Wanderkarte gegenüber dem Eingang des Jugendwaldheims. Die männliche Lehrkraft informierte daraufhin die Polizei. Kurz darauf erschienen zwei Polizisten des Polizeikommissariats L. mit dem Funkstreifenwagen und stellten die Anwesenheit des - ihnen persönlich bekannten - Klägers fest. Die männliche Lehrkraft erklärte gegenüber den Polizeibeamten, dass der Kläger die Schüler angesprochen, sich als Polizeibeamter ausgegeben und Geschichten aus seinem Dienstleben erzählt habe; dadurch seien einzelne Kinder/Jugendliche derart eingeschüchtert worden, dass sie Angst vor ihm bekommen hätten. Den Polizeibeamten wurde weiter berichtet, dass sich der Kläger auch schon an den vorangegangenen Abenden in der Nähe des Jugendwaldheims aufgehalten habe. Nach kurzem Gespräch erteilten die Polizeibeamten dem Kläger einen Platzverweis sowie ein Aufenthaltsverbot "mindestens bis Freitag" für einen Umkreis von 500 m um das Jugendwaldheim; letztlich wurde der Kläger zur Durchsetzung des Platzverweises in Gewahrsam genommen und auf die örtliche Polizeidienststelle verbracht. Die beim Kläger befindliche Schusswaffe - seine Dienstwaffe - wurde durch die handelnden Polizeibeamten beschlagnahmt. Um 22.30 Uhr wurde der Kläger aus dem Polizeigewahrsam entlassen mit dem Hinweis, dass er seine Waffe noch nicht wiedererhalten könne.

6

Bereits zuvor, um etwa 21.50 Uhr, hatte das Polizeikommissariat L. dem Kriminaldauerdienst des G. ausweislich eines dortigen Telefonvermerks telefonisch mitgeteilt, dass der Kläger gegen 21.30 Uhr "vorläufig festgenommen" worden sei; der Festnahmegrund habe auf "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte", "Verstoß gegen Weisungen" und "Spannerei" gelautet. Der Kriminaldauerdienst des G. hatte zunächst entschieden, dass dem Kläger seine Dienstwaffe nach der Entlassung aus dem Polizeigewahrsam nicht wieder ausgehändigt werden solle; außerdem hatte der Kriminaldauerdienst des G. um 21.55 Uhr die Dienststelle des Klägers in K. informiert.

7

Ebenfalls am Abend des 5. Oktober 2004 - um 22.45 Uhr - übersandte das Polizeikommissariat L. dem Kriminaldauerdienst des G. per Telefax seinen Einsatzbericht, in dem es u. a. heißt,

8

- der Kläger sei "amtsbekannt",

9

- es sei "hier bekannt geworden, dass [der Kläger] sich dort häufig aufhält, wenn im Jugendwaldheim Schulklassen mit Kindern und Jugendlichen aufhältig" seien;

10

- es sei "bereits mehrmals zu Streitigkeiten mit den Betreibern gekommen";

11

- gegenüber dem Kläger sei "nach hiesiger Kenntnis für das Gelände des Jugendwaldheimes ein Hausverbot ausgesprochen" worden;

12

- der Kläger halte "sich seit diesem Zeitpunkt häufig in der näheren Umgebung auf und beobachtet die anwesenden Schüler und Schülerinnen aus dem Wald oder von angrenzenden Waldwegen. Dieses Handeln ruft bei den Schüler[n], Erzieher[n] und Betreibern eine subjektiv bedrohliche Situation hervor. Auch in diesem aktuellen Fall kam es dazu";

13

- "Da es durch das Handeln des [Klägers] zu einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kam, wurde ihm ein Platzverweis erteilt. Diesem Platzverweis kam der [Kläger] trotz mehrfacher Aufforderung nicht nach. Er wurde zur Durchsetzung des Verweises in Gewahrsam genommen. Auf dem Weg zum Streifenwagen musste unmittelbarer Zwang angewandt werden, da der [Kläger] sich weigerte[,] in den Streifenwagen zu steigen respektive zu diesem zu gehen".

14

Diesen Bericht übermittelte der Kriminaldauerdienst des G. um 23.00 Uhr an die Dienststelle des Klägers in K.; außerdem informierte der Kriminaldauerdienst des G. um 23.12 Uhr den Vizepräsidenten des G..

15

Der Kläger nahm - nachdem er zuvor kurz mit dem Präsenzdienst des G. in K. telefoniert und um Rückruf seines Referatsleiters, des damaligen KOR O., gebeten hatte - noch am späteren Abend des 5. Oktober 2004 Rücksprache mit KOR O., der ihm mitteilte, bereits informiert zu sein und dass man am Folgetag in K. "darüber" reden werde. Ferner veranlasste KOR O. gegenüber dem Polizeikommissariat L., dass dem Kläger seine Dienstwaffe wieder ausgehändigt wurde; der Kläger holte sie später im Polizeikommissariat L. ab.

16

Am Morgen des 6. Oktober 2004 begab sich der Kläger mit für eine Dienstreise gepackten Koffern von L. zu seiner Dienststelle in K.. Am Mittag des 6. Oktober 2004 um ca. 13.20 Uhr fand dort ein Gespräch zwischen dem Kläger und seinem seinerzeitigen Gruppenleiter, des damaligen LKD P., statt; weitere Teilnehmer des Gesprächs waren KOR O. sowie des damaligen KOK Q. R., kommissarischer Kommandoführer des sog. S. -Kommandos, in dem der Kläger seinerzeit eingesetzt war. Unstreitig wurde der Kläger im Rahmen dieses Gesprächs darauf hingewiesen, dass der Vorgang des Vorabends hinsichtlich seiner disziplinarrechtlichen Relevanz geprüft werde; außerdem wurde gegenüber dem Kläger unstreitig angeordnet, dass er vorerst nicht mehr im unmittelbaren J. eingesetzt werde und dass er seine Dienstwaffe einschließlich Munition abzugeben habe. Die im Rahmen dieses Gesprächs von den Vorgesetzten des Klägers - insbesondere von LKD P. - getätigten Äußerungen im Einzelnen sowie die Art und Weise der Gesprächsführung sind allerdings zwischen den Beteiligten streitig.

17

Am 25. Oktober 2004 wurde gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

18

Nachdem der Kläger seit dem 7. Oktober 2004 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen war, wurde er auf entsprechende Aufforderung der Beklagten am 28. Januar 2005 polizeiärztlich untersucht. Der Ärztliche Dienst des G. gelangte in seinem Sozialmedizinischen Gutachten vom 10. Februar 2005 - unter Bezugnahme auf die durchgeführte persönliche Befragung des Klägers, das Ergebnis seiner Untersuchung am 28. Januar 2005, die ausführliche schriftliche Stellungnahme des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie T. vom 7. Januar 2005 sowie auf Gespräche des Ärztlichen Dienstes des G. mit T. am 21. Januar 2005 und am 10. Februar 2005 - zu der Einschätzung, dass der Kläger wegen einer Erkrankung aus dem Bereich psychische und Verhaltensstörungen nicht dienstfähig sei. Der Kläger befinde sich in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung. Das Ansprechen der Therapie sei von vielen Faktoren abhängig; auch bei guter Prognose sei mit einer Behandlungsdauer nicht unter drei Jahren zu rechnen, bevor es zu einer gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitation des Klägers kommen könne. Falls es zu einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit komme, werde voraussichtlich eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit des Klägers vorliegen; die konkreten Einschränkungen könnten bei einer Kontrolluntersuchung in ca. drei Jahren festgelegt werden. Die derzeit vorhandenen Leistungseinschränkungen bzw. die vorliegende Gesundheitsstörung ließen weder eine begrenzte Dienstfähigkeit noch eine Dienstfähigkeit für die allgemeine Verwaltung zu. Unter Bezugnahme auf dieses polizeiärztliche Gutachten wurde der Kläger mit Verfügung vom 27. Juni 2005 wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats Juni 2005 in den Ruhestand versetzt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2005 zurück; Rechtsmittel hat der Kläger insoweit nicht eingelegt.

19

Bereits mit Urteil des Amtsgerichts U. vom 18. April 2005 (...) war der Kläger vom Vorwurf, am Abend des 5. Oktober 2004 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet zu haben, freigesprochen worden. Die hiergegen gerichtete Berufung nahm die Staatsanwaltschaft im Juni 2006 zurück.

20

Mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 29. September 2006 beantragte der Kläger die Gewährung von Unfallfürsorge und übermittelte eine Dienstunfallanzeige, in der er als Unfallereignis das am 6. Oktober 2005 in Anwesenheit von LKD P., KOR O. und KOK R. geführte Gespräch benannte und eine Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie T. vom 14. September 2006 beifügte, wonach beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung und eine mittelschwere reaktive Depression sowie zeitweise schwere depressive Episoden mit Suizidalität vorlägen; der Kläger sei seit dem 13. Dezember 2004 bei T. in fachärztlicher Behandlung. Außerdem übersandte der Kläger eine ausführliche Stellungnahme zum Unfallhergang, im Rahmen derer er im Wesentlichen Folgendes geltend machte:

21

Er habe am Abend des 5. Oktober 2004 sowie an einigen Abenden zuvor nichts weiter getan, als im Rahmen seiner alltäglichen, teilweise auch bei Dunkelheit durchgeführten Fahrradtouren in dem Waldstück, das an sein Wohnhaus grenze, seine übliche Pause an der überdachten Wanderkarte an der öffentlichen Wegkreuzung gegenüber dem Jugendwaldheim zu machen. Er habe dort jeweils - für jedermann sichtbar - an sein Fahrrad gelehnt gestanden, Mineralwasser getrunken und Traubenzucker gegessen; das Jugendwaldheim selbst sowie seine Bewohner seien für ihn und seine abendlichen Radtouren völlig irrelevant gewesen. An einem zeitlich vor dem 5. Oktober 2004 liegenden Abend sei eine Betreuerin in Begleitung einiger Jugendlicher vom Gelände der Jugendherberge auf ihn zugekommen und habe längere Zeit mit ihm gesprochen. Im Verlauf dieses sachlichen Gesprächs, bei dem sich die Lehrkraft dafür interessiert habe, was er dort tue, habe er lediglich beiläufig erwähnt, dass er "in K. bei der Polizei" sei; weitere Auskünfte über seine berufliche Tätigkeit habe er nicht gegeben.

22

Gleichwohl seien am Abend des 5. Oktober 2004 gegen 21.30 Uhr plötzlich örtliche Polizeibeamte, die von den Betreuern im Jugendwaldheim gerufen worden seien, dort erschienen und hätten dem Kläger ohne vorherige Ansprache und Anhörung sowie schreiend einen Platzverweis erteilt. Der Kläger sei den örtlichen Polizeibeamten persönlich als Kollege bekannt gewesen, weil er mit einem von ihnen früher Dienst versehen habe. Als sich der Kläger nach den Gründen für diese unerklärliche und überraschende Maßnahme erkundigt habe, sei er mittels unmittelbaren Zwanges und unter Zufügung von Schmerzen und Verletzungen zur örtlichen Polizeidienststelle verbracht und dort fast eine Stunde lang festgehalten worden. Noch vor der Ingewahrsamnahme hätten die örtlichen Polizeibeamten dem Kläger zudem erklärt, dass das, was hier vor sich gehe, "seine Dienststelle sicherlich brennend interessieren" würde.

23

Der Kläger selbst habe darauf hingewiesen, dass er seine Dienstwaffe dabei habe und dass sich sein Dienstausweis in der Fahrradtasche befinde; diese Hinweise seien jedoch von den örtlichen Polizeibeamten ebenso ignoriert worden wie sein mehrfacher Hinweis darauf, dass sein Begleiter und er ohnehin weiterfahren müssten, weil dies mit dessen Eltern so abgesprochen sei. Dem Kläger sei kurz vor der Entlassung aus dem Gewahrsam mitgeteilt worden, dass das Bundeskriminalamt die Waffe nicht freigegeben habe. Er habe daraus geschlossen, dass man sich beim G. erkundigt habe, ob er berechtigt sei, seine Dienstwaffe auch während der Freizeit tragen zu dürfen, und dass das G. dies angesichts der späten Stunde kurzfristig nicht habe prüfen können. Erst später habe der Kläger erfahren, dass die örtlichen Polizeibeamten dem Kriminaldauerdienst des G. unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen wahrheitswidrig erklärt hätten, er habe Kinder belästigt, sie durch Erzählungen von Dienstgeschichten eingeschüchtert, er habe für das Jugendwaldheim ein Hausverbot erhalten und beobachte nunmehr die Kinder aus angrenzenden Waldstücken heraus. Er habe sich lediglich mehrfach an der Wanderkarte aufgehalten, was offenbar zu Besorgnis der damaligen Bewohner des Jugendwaldheims geführt habe. Er sei nach dem Vorfall von der örtlichen Polizei wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angezeigt und schließlich angeklagt worden; in der zweiten Instanz sei der erstinstanzlich ergangene Freispruch bestätigt worden.

24

Am 6. Oktober 2004 habe sich der Kläger - nichts von den Vorwürfen der Belästigung der Bewohner des Jugendwaldheims ahnend - pflichtgemäß zu seiner Dienststelle im Bundeskriminalamt in K. begeben. Im Rahmen des dienstlichen Gesprächs 2004 habe LKD P., teilweise schreiend, Folgendes geäußert:

25

- "Ich habe die Schnauze voll von Ihnen!"

26

- "Erst die Schlägerei da, jetzt ein Kinderschänder! Das ist ja das Allerletzte!"

27

- "So etwas (wie Sie) können wir hier nicht gebrauchen!"

28

- "Sie werden ab sofort keinen Personenschutz mehr verrichten!"

29

- "Sie brauchen gar nichts zu sagen, wir haben hier alles schriftlich!"

30

Man habe ihm dann den nächtlichen Bericht der örtlichen Streifenpolizisten ausgehändigt, den er kurz überflogen habe. Er sei kurz davor gewesen, ohnmächtig zu werden, sei wie gelähmt gewesen und habe nur so etwas wie "Nein, das ist doch alles gar nicht wahr!" sagen können. Daraufhin seien durch LKD P. die folgenden weiteren Äußerungen getätigt worden:

31

- "Sie wollen doch wohl nicht im Ernst behaupten, dass die Polizeibeamten lügen würden!"

32

- "Hören Sie doch auf! Was Sie brauchen ist ein Anwalt! Ich will gar nichts weiter hören - auch zu Ihrem Schutz!"

33

- "Das ist ein Bericht einer deutschen Polizeibehörde, daran gibt es wohl nichts zu zweifeln, das ist die allgemeingültige Wahrheit!"

34

- "Sie werden ab sofort nur noch Innendienst machen!"

35

- "Sie können froh sein, nicht sofort suspendiert worden zu sein. Das steht Ihnen wahrscheinlich auch noch bevor!"

36

- "Sie haben sofort Ihre Waffe abzugeben! Ich halte Sie für ungeeignet, eine Schusswaffe zu führen!"

37

- "Und jetzt raus hier, verschwinden Sie aus meinen Augen! Ich will Sie hier nicht länger sehen!"

38

Man habe ihn dann durch demonstratives Öffnen der Tür "regelrecht aus dem Raum gedrängt" und ihm, trotz mehrfacher Versuche seinerseits, nicht die Möglichkeit gegeben, sich zu den für ihn völlig überraschenden und unzutreffenden Vorwürfen, mit denen er im Rahmen des Gesprächs zum allerersten Mal konfrontiert worden sei, zu äußern. Für ihn sei in dem Moment die Welt zusammengebrochen, er sei quasi im Boden versunken und habe sich in dem Moment gewünscht, tot zu sein. Er sei doch lediglich wie immer Fahrrad gefahren und habe eine Pause gemacht, exakt so wie seit mehr als 25 Jahren. Seither leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie schweren Depressionen und sei deswegen in regelmäßiger ärztlicher Behandlung.

39

Auf die Dienstunfallanzeige des Klägers bat die Beklagte LKD P. um Stellungnahme. Dieser reichte unter dem 19. Februar 2007 einen vom 6. Oktober 2004 datierenden und von KOR O. erstellten Vermerk über das an diesem Tage geführte Gespräch zum Verwaltungsvorgang. Hierin hieß es, der Kläger sei zu den Vorgängen befragt worden, die sich aus dem Bericht des Polizeikommissariats L. vom 5. Oktober 2004 ergeben hätten. Zunächst sei durch KOR O. eine Belehrung erfolgt, die schriftlich fixiert und vom Kläger unterzeichnet worden sei. Auf Befragung von LKD P. zu den Vorwürfen habe sich der Kläger sehr umständlich und ausführlich geäußert, ohne jedoch auf den Punkt zu kommen. Im Ergebnis habe er jedoch die Maßnahme der Polizei aus seiner Sicht als unbegründet dargestellt und deshalb dem durch die Polizeibeamten ausgesprochenen Platzverweis nicht nachkommen wollen. LKD P. habe dem Kläger daraufhin geraten, sich nicht weiter zu äußern und anwaltlich vertreten zu lassen; der Vorgang würde hinsichtlich seiner disziplinarrechtlichen Relevanz geprüft werden. Des Weiteren habe LKD P. angeordnet, dass der Kläger vorerst nicht mehr im unmittelbaren J. eingesetzt werde und er seine Waffe einschließlich Munition abzugeben habe. Bezüglich des Begriffes "amtsbekannt" habe der Kläger angegeben, dass gegen ihn nichts vorliege. Auf Nachfrage des KOR O. beim Polizeikommissariat L. habe sich dessen stellvertretender Leiter dahingehend geäußert, dass der Kläger dort einerseits persönlich bekannt sei und andererseits insoweit "auffällig" in Erscheinung getreten sei, als er häufig Anzeigen gegen Privatpersonen erstatte - nach eigenen Angaben des Klägers habe dieser bisher mehr als 200 Anzeigen in seinem örtlichen Umfeld erstattet - und teilweise mit dem ihm zur Verfügung stehenden Dienstwagen "Streife fahre". In seiner Stellungnahme vom 19. Februar 2007 äußerte sich LKD P. dahingehend, dass sich die wesentlichen Aspekte des Gesprächs aus dem Vermerk des KOR O. vom 6. Oktober 2004 ergäben; das Gespräch auf Gruppenleiterebene sei nach dem nächtlichen Vorfall und dem Bericht des Polizeikommissariats L. aus dienstlichen Gründen geboten gewesen. Die in dem Protokoll erwähnten Äußerungen und von ihm veranlassten Maßnahmen hätten zum einen auf der Fürsorgepflicht des Vorgesetzten beruht und entsprächen zum anderen dem Vorgehen bei Sachverhalten, die zur Überprüfung einer disziplinarrechtlichen Relevanz weitergeleitet werden müssten. An den Wortlaut seiner Äußerungen im Einzelnen könne er sich "heute nicht mehr erinnern".

40

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15. März 2007 lehnte die Beklagte die begehrte Anerkennung der vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsschäden als Dienstunfallfolge ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 31 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) sei ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder in Folge des Dienstes eingetreten sei. Als wesentliche Ursache für die posttraumatische Belastungsstörung werde beklagtenseitig die überzogene Reaktion der örtlichen Streifenpolizisten auf ein der Privatsphäre zuzuordnendes Ereignis gesehen. Dass der Kläger den Bericht während des Dienstes zur Kenntnis bekommen habe, begründe keinen Zusammenhang mit dem Dienst. Die dienstlich getroffenen Maßnahmen (Prüfung der disziplinarrechtlichen Relevanz, vorübergehend anderer Einsatz des Klägers außerhalb des J.) könnten nicht als wesentliche Ursache für die eingetretenen Körperschäden gewertet werden. Sie könnten zwar zusätzlich belastend sein, die weit größere Belastung liege aber in der Beschuldigung an sich begründet.

41

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 14. April 2007 Widerspruch, zu dessen Begründung er nochmals geltend machte, er habe im Rahmen des dienstlichen Gesprächs am 6. Oktober 2004 erstmalig von den "extrem denunzierenden, falschen Anschuldigungen als Kinderschänder erfahren", und das zudem noch in der von ihm in seiner Dienstunfallanzeige beschriebenen äußerst aggressiven und verletzenden Art und Weise. Diese "überfallartige", erstmalige Mitteilung der Anschuldigungen als "Kinderschänder" durch das G. in der von ihm beschriebenen Weise sei auch nach Aussage seines behandelnden Facharztes die wesentliche Ursache für den bei ihm eingetretenen Körperschaden. Die örtlichen Streifenpolizisten hätten - außer bei der unbegründeten Erteilung des Platzverweises selbst - nicht mit ihm gesprochen. Eine Befragung zu den Vorwürfen habe definitiv nicht stattgefunden; ihm sei trotz mehrfacher Versuche seinerseits keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden. Seine Vorgesetzten seien von der Richtigkeit der Informationen aus dem Polizeikommissariat L. überzeugt gewesen.

42

Das gegen den Kläger geführte Disziplinarverfahren wurde im November 2007 eingestellt. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Kläger sich auf dem Gelände des Jugendwaldheims aufhaltende Personen sowie deren Leitung durch seine Anwesenheit vor der Zufahrt beunruhigt bzw. verunsichert habe und ihm dies auch bekannt gewesen sei und dass er dem ihm erteilten Platzverweis nicht habe Folge leisten wollen. Die weiteren, gravierenden Vorwürfe hätten sich als haltlos bzw. nicht nachweisbar herausgestellt; dies gelte insbesondere für den Verdacht der Belästigung von Kindern und Jugendlichen; vom Vorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte sei der Kläger ausdrücklich freigesprochen worden.

43

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2008, dem Kläger zugestellt am 21. Juni 2008, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den - sein Dienstunfallanerkennungsbegehren ablehnenden Bescheid vom 15. März 2007 - zurück. Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 BeamtVG lägen nicht vor. Abgesehen vom Merkmal der "Plötzlichkeit" fehle es hier daran, dass die in Rede stehenden, die posttraumatische Belastungsstörung auslösenden Ereignisse nicht "in Ausübung des Dienstes" eingetreten seien. Der Kläger sei am Abend des 5. Oktober 2004 als Privatperson mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Dementsprechend habe das aufgrund dieser Ereignisse geführte Gespräch nicht in der Dienstausübung des Klägers begründet gelegen. Da es sich bei dem Vorfall vom 5. Oktober 2004 um ein Ereignis handle, das dem privaten Bereich des Klägers zuzuordnen sei, habe auch das Gespräch hierüber keinen dienstlichen Bezug.

44

Mit seiner am 20. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Hannover erhobenen Klage (- 13 A 2580/08- ) hat der Kläger sein Anerkennungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er - unter Wiederholung und Vertiefung seines vorprozessualen Vorbringens - ausgeführt, er habe sich nach seiner Ankunft in K. am 6. Oktober 2004 in das Geschäftszimmer begeben, welches zugleich Vorzimmer des Abteilungsleiters LKD P. gewesen sei. Dort sei ihm sofort aufgefallen, dass sein Magnet-Namensschild auf dem Abteilungsorganigramm gefehlt habe. KOR O. habe ihn vor dem Gespräch am 6. Oktober 2004 gebeten, eine Belehrung durchzulesen und zu unterschreiben, die als Gesprächsthema lediglich die Formulierung "Ingewahrsamnahme nach Nichtbefolgung eines Platzverweises am 5.10.2004" enthalten habe. Im Rahmen des Gesprächs am 6. Oktober 2004 sei der Kläger sodann "aus heiterem Himmel heraus", "vollkommen unvorbereitet und zum allerersten Mal überhaupt", "zudem auch noch lautstark, emotionsgeladen und verletzend" mit den dem G. am Vorabend durch das Polizeikommissariat L. übermittelten, von ihm das Bild eines "Kinderschänders" zeichnenden Anschuldigungen konfrontiert worden. Im Zentrum der Konfrontation hätten nicht der Platzverweis, die Ingewahrsamnahme oder die legal mitgeführte Dienstwaffe gestanden, sondern das "Spannen", die "Belästigung von Kindern", die "vermeintliche Gesinnung des Klägers" sowie die angebliche Vorgeschichte. Ihm sei nach dem regelrechten "Aus-dem-Raum-Drängen" noch mit auf den Weg gegeben worden, dass man gern bereit sei, sich zu entschuldigen, wenn die Vorwürfe nicht stimmten, wovon man aber nicht ausgehe. Für ihn sei in diesem Moment "die Welt zusammengebrochen"; er habe einen Schock erlitten und "von einer Minute auf die nächste grundlos vor einem Scherbenhaufen und dem kompletten Ruin seines Lebens" gestanden. Seit der Unterredung leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer mittelschweren reaktiven Depression. Der Körperschaden sei auch "in Ausübung des Dienstes" - nämlich im Rahmen einer durch seine Vorgesetzten einberufenen - Dienstbesprechung eingetreten. Allein die erstmalige und unvorbereitete Konfrontation des Klägers mit den übermittelten Vorwürfen in der beschriebenen Art und Weise habe zu seinen Körperschäden geführt. Sein Dienstherr habe sich die falschen Informationen des Polizeikommissariats L. zu eigen gemacht und ungeprüft für Sanktionen gegen ihn genutzt. Allein aufgrund der vom Kläger am Vorabend erlebten Ereignisse (bloßer Platzverweis, bloße Ingewahrsamnahme) wäre er nicht erkrankt.

45

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat insoweit zunächst ausgeführt, es verwundere, dass der Kläger allein das Gespräch am 6. Oktober 2004 als ursächlich für die in Rede stehenden psychischen Erkrankungen ansehe, denn in dem von ihm angestrengten Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht V. ( ... ) habe er stets behauptet, die Ereignisse am 5. Oktober 2004 seien ursächlich für seine Erkrankung gewesen.

46

Ungeachtet dessen erscheine fraglich, ob ein einziges Gespräch ursächlich für die beim Kläger aufgetretene gravierende psychische Erkrankung sein könne. Die Tatsache, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten dem Dienstherrn bekannt und der Beamte darauf angesprochen werde, dürfte zwar für jeden Beamten unangenehm, nicht aber zwingend oder auch nur typischerweise krankheitsursächlich sein. Die Stellungnahmen des behandelnden Facharztes des Klägers T. vom 7. Januar 2005 und vom 22. September 2008 sowie der eigene Vortrag des Klägers im Rahmen der verschiedenen, mit den Vorfällen am 5. und 6. Oktober 2004 im Zusammenhang stehenden (Gerichts-)Verfahren ließen vielmehr auf eine ganz besondere Prädisposition des Klägers in dem Sinne schließen, dass er offenbar bereits vor den Ereignissen im Oktober 2004 eine Vielzahl von Kränkungen empfunden habe bzw. dienstliche Konflikte bestanden hätten.

47

Jedenfalls aber werde beklagtenseitig daran festgehalten, dass der Körperschaden nicht "in Ausübung oder infolge des Dienstes" eingetreten sei. Ursache für die psychische Erkrankung sei nach den eigenen Angaben des Klägers die Konfrontation mit den - aus seiner Sicht unbegründeten - Vorwürfen gewesen, so dass primär das Gesprächsthema entscheidend gewesen sei; das Handeln der Polizeibeamten des Polizeikommissariats L. sei der Beklagten jedoch nicht zuzurechnen. Im Übrigen werde bestritten, dass dem Kläger in dem Gespräch am 6. Oktober 2004 nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, sich einzulassen. Zudem werde bestritten, dass der Kläger im Rahmen des Gesprächs von seinen Vorgesetzten angeschrien und beleidigt worden sein solle. Es sei zwar richtig und in Anbetracht des Gegenstandes auch nicht verwunderlich, dass das Gespräch eindringlich geführt worden sei, um dem Kläger die Brisanz der Situation vor Augen zu führen; jedoch sei in diesem Zusammenhang nie die Ebene der Sach- und Fachlichkeit verlassen worden.

48

Auch die beschlossenen Sanktionen seien zweckmäßig und angemessen gewesen. Der Kläger sei als W. auf einem Dienstposten mit unmittelbarem und starkem Öffentlichkeitsbezug eingesetzt gewesen. Insofern sei es folgerichtig gewesen, ihn seinerzeit bis zum Abschluss der Ermittlungen in Bezug auf den Vorfall zunächst nur im Innendienst einsetzen zu wollen. Denn nur auf diese Weise lasse sich ein Imageschaden, ..., mit Sicherheit abwenden.

49

Nach alledem sei für die Beklagte die Frage nach der haftungsausfüllenden Kausalität nicht entscheidungserheblich. Sollte das Verwaltungsgericht dies anders sehen, so werde angeregt, ein entsprechendes fachpsychiatrisches Gutachten einzuholen.

50

Mit Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2009 hat das Verwaltungsgericht Hannover (Einzelrichter) die Klage mit der Begründung abgewiesen, unter Berücksichtigung der (bis dato) vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen lasse sich der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem am 6. Oktober 2004 geführten Gespräch und den geltend gemachten Körperschäden nicht feststellen. Die Veranlagung für die psychische Erkrankung des Klägers müsse schon bestanden haben, wenn ein Ereignis wie das am 5. bzw. 6. Oktober 2004 ausgereicht habe, beim Kläger das "Fass zum Überlaufen" zu bringen, so dass dann die Erkrankung auch tatsächlich ausgebrochen sei.

51

Nachdem der Kläger im Januar 2010 einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hatte, hat er im Februar 2010 zur weiteren Klagebegründung mitgeteilt, der Auffassung des Einzelrichters zum fehlenden ursächlichen Zusammenhang nicht beizutreten und deshalb - weil das Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht betreiben werde - zur Frage der Kausalität ein Parteigutachten erstellen zu lassen; insoweit werde das Ruhen des Verfahrens beantragt. Die Beklagte hat sich mit der Ruhendstellung einverstanden erklärt. Daraufhin hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. März 2010 gemäß § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

52

Im Juli 2013 hat der Kläger ein psychiatrisches Sachverständigengutachten des X., Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Y., vom 21. November 2011 nebst ergänzender Stellungnahmen vom 23. Dezember 2011 sowie vom 10. Mai 2012 zur Gerichtsakte gereicht und die Klage ergänzend wie folgt begründet:

53

Der Gutachter habe festgehalten, dass der Kläger an schweren seelischen Erkrankungen - nämlich an einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10: F 43.1) und einer depressiven Störung, gegenwärtig mit mittelschwerer bis schwerer Episode (ICD-10: F 32.1) - leide. Der Gutachter habe sodann ausgeführt, dass - wenn sich (erstens) die Ereignisse am 6. Oktober 2004 so zugetragen hätten und so erlebt bzw. verarbeitet worden seien, wie dies vom Kläger vorgetragen worden sei, und wenn (zweitens) sein Wertesystem, welches durch eine hohe Anspruchshaltung und Korrektheit geprägt sei, sowie seine Primärpersönlichkeit zeitlich vor dem 5. Oktober 2004 dem Wertesystem bzw. der Primärpersönlichkeit zum Zeitpunkt der Begutachtung vergleichbar seien - mit als hoch eingeschätzter Wahrscheinlichkeit gefolgert werden könne, dass die Ereignisse vom 6. Oktober 2004 als traumatischer erlebt worden seien als die Ereignisse vom 5. Oktober 2004. Weiter habe X. ausgeführt, dass sich der Kläger - ausgehend von dessen Angaben und den zum Zeitpunkt der Begutachtung vorliegenden Befunden - zeitlich vor dem 5. Oktober 2004 noch nie in ambulanter oder stationärer psychiatrischer Behandlung befunden habe.

54

Zu den gutachterlichen Ausführungen des X. habe der den Kläger seit dem 12. Dezember 2004 behandelnde Facharzt T. unter dem 9. Juli 2012 Stellung genommen und sich diesen angeschlossen. T. habe keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Ereignisse vom 6. Oktober 2004 traumatisierend erlebt worden seien, nicht jedoch die Ereignisse vom 5. Oktober 2004. Die Vorgeschichte des Klägers lasse keinen Raum für die Annahme einer krankhaften Veranlagung. Es habe sich bei den Ereignissen am 6. Oktober 2004 um ein nicht alltägliches, außergewöhnliches und spezifisches Ereignis mit katastrophenartigem Schädigungspotential gehandelt, welches - unabhängig von jedweder Prädisposition - bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorgerufen hätte.

55

Unter Zugrundelegung dieser fachärztlichen Stellungnahmen stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zu. Das entscheidende Moment habe gerade im Erfahren der Vorwürfe und der damit einhergehenden dienstlichen Konsequenzen bestanden, aus denen sich für den Kläger sofort erkennbare, auf jegliche Lebensbereiche auswirkende weitere Konsequenzen, insbesondere sozialer und finanzieller Art, ergeben hätten. Dem Kläger sei sogleich bewusst gewesen, dass mit den Vorwürfen ein erheblicher Ehr- und Rufschaden einhergehen würde. Durch den Verlust der Tätigkeit im unmittelbaren J. sei ihm ebenso sofort bewusst gewesen, dass er nicht mehr wie bisher zum Blockdienst (eine Woche frei/eine Woche Dienst und dabei meist auf Dienstreise) tätig sein könne und daher seinen Lebensmittelpunkt nach K. verlegen müsse. Ihm sei weiter bewusst gewesen, dass dies mit dem Verlust seiner sozialen Kontakte am Heimatwohnort sowie dem "Zurücklassen" des dort von ihm und seiner Mutter bewohnten, von den Eltern gegen Übernahme erheblicher Schulden übernommenen Einfamilienhauses verbunden sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger gerade wegen besonderer persönlicher Umstände im J. eingesetzt worden sei, so dass die Tätigkeit auch vor diesem Hintergrund für ihn von besonderer Bedeutung gewesen sei. Dem Kläger sei auch klar gewesen, dass mit dem - infolge der erhobenen Vorwürfe einhergehenden - Verlust seiner bisherigen Tätigkeit erhebliche finanzielle Konsequenzen wie Gehaltseinbußen verbunden wären. Er habe das Gespräch mit seinen Vorgesetzten so wahrgenommen, als sei er "innerlich ermordet" worden.

56

Zur vollständigen Entlastung des Klägers sei zudem zwingend zu berücksichtigen, dass die Vorwürfe ohne sein Zutun und ohne Berechtigung entstanden seien, wie die Disziplinarermittlungen des G. sowie die gerichtlichen Feststellungen zum Platzverweis und dem Aufenthaltsverbot ergeben hätten. Es mache einen großen Unterschied, ob ein Beamter tatsächlich Kinder belästigt habe und ihm dies dann von seinem Dienstherrn vorgeworfen werde, oder ob er tatsächlich keine Kinder belästigt habe, ihm eine solche Belästigung aber gleichwohl von seinem Dienstherrn mit den entsprechenden Konsequenzen vorgeworfen werde. Der Kläger habe gewusst, dass die vom G. gegen ihn erhobenen Vorwürfe unberechtigt gewesen seien, Ihm sei während des Gesprächs jedoch nicht geglaubt bzw. nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. An dem Gefühl der Ohnmacht und dem Wissen um die Nichtverantwortlichkeit habe der Kläger stark gelitten. Nach alledem seien die Ereignisse am 5. Oktober 2004 allenfalls als Mitursache zu werten, die nicht annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt der Erkrankung gehabt habe wie die Geschehnisse am 6. Oktober 2004. Keinesfalls seien die Ereignisse vom 6. Oktober 2004 als Gelegenheitsursache zu werten, welche mit Blick auf eine bereits vorhandene Erkrankung "das Fass zum Überlaufen gebracht" hätten.

57

Nach Wiederaufnahme des erstinstanzlichen Verfahrens - nunmehr unter dem im Rubrum genannten Aktenzeichen (- 13 A 5795/13 -) - hat die Beklagte zur ergänzenden Klagebegründung wie folgt Stellung genommen:

58

Das gutachterliche Fazit des X. im Sinne von "Wenn-Dann-Folgerungen" und nur unter der Bedingung, dass sich die Ereignisse am 6. Oktober 2004 tatsächlich so zugetragen hätten wie vom Kläger geschildert, genüge nicht dem im Dienstunfallrecht zu erbringenden Vollbeweis. Was die Ausführungen des T. in dessen Stellungnahme vom 9. Juli 2012 betreffe, so stünden diese in Widerspruch zu vorherigen Stellungnahmen des T. in dem vom Kläger vor den ordentlichen Gerichten angestrengten Amtshaftungsverfahren. Der Umstand, dass der Kläger nach eigenen Aussagen sowie den vorliegenden Befunden zeitlich vor den Ereignissen im Oktober 2004 nicht in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, besage im Übrigen nicht, dass keine Erkrankung oder Veranlagung hierzu bestanden habe. Wahrscheinlicher sei mit Blick auf die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen vielmehr, dass der Kläger eine sich abzeichnende psychische Erkrankung nicht habe diagnostizieren und behandeln lassen, weil er dies mit seiner Persönlichkeitsstruktur nicht habe vereinbaren können.

59

Darüber hinaus treffe es nicht zu, dass der Kläger nach dem Gespräch am 6. Oktober 2004 aus dem Raum gewiesen und dann "stehengelassen" worden sei. Vielmehr habe KOR O. im direkten Anschluss an dieses Gespräch mit dem Kläger gesprochen und im Rahmen dieses Gesprächs - wie auch schon im vorangegangenen Gespräch - sei die vom Vizepräsidenten des G. angeregte Möglichkeit einer Beratung/Unterstützung erörtert worden, allerdings ohne Resonanz seitens des Klägers. Bestritten werde auch die Behauptung des Klägers, er sei wegen besonderer persönlicher Umstände im Bereich des J. verwendet worden.

60

Im weiteren Klageverfahren hat der Kläger zur Stützung seiner Auffassung, dass die Geschehnisse am 6. Oktober 2004 wesentlich ursächlich für die bei ihm eingetretenen Körperschäden seien, eine E-Mail von Z. - Leiter der Station Psychotraumatologie an der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik im Zentrum für Psychosoziale Medizin des Universitätsklinikums AA. - vom 16. Januar 2014 vorgelegt. Ferner hat der Kläger auf eine Stellungnahme des AB. - dieser war im Zeitraum 2003 bis 2008 mit T. in Gemeinschaftspraxis tätig gewesen - vom 22. Januar 2014 Bezug genommen, in der die Einschätzung vertreten werde, dass allein die Ereignisse am 6. Oktober 2004 zu der schwerwiegenden psychischen Traumatisierung geführt hätten. Hierzu habe AB. insbesondere herausgearbeitet, dass das Traumatisierungspotential des Vorwurfs, ein "Kinderschänder" zu sein, extrem hoch sei; das Stigma "Kinderschänder" werde ein Betroffener erfahrungsgemäß nie wieder los. Auf einen gerichtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts - in dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des X. habe der Gutachter zwar von einer hohen Wahrscheinlichkeit der Ursächlichkeit des am 6. Oktober 2004 geführten Gesprächs für die geltend gemachten Körperschäden gesprochen, letztlich aber eingeräumt, dass sich ein entsprechender Nachweis nicht führen lasse, so dass sich die Frage stelle, warum AB. nunmehr meine, die seelischen Erkrankungen des Klägers ließen sich auf den Vorfall am 6. Oktober 2004 zurückführen - hat der Kläger ausgeführt, AB. favorisiere eine andere Herangehensweise als X.. Während X. für die Beweisführung auf - hier fehlende - individuelle psychomentale Vergleichsdaten abgehoben habe, habe AC., ebenso wie T. und wohl auch Z., auf die ICD-10-Definition abgehoben, wonach eine posttraumatische Belastungsstörung eine verzögerte oder protahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß sei, die bei fast jeder Person eine tiefe Verzweiflung hervorrufen könnte. Da die Opfer solcher Ereignisse in den seltensten Fällen vorher schon einmal Opfer eines derartigen Ereignisses geworden sein dürften, dürfte ein Heranziehen von individuellen psychomentalen Vergleichsdaten in den seltensten Fällen überhaupt möglich sein.

61

Auf die Aufforderung des Verwaltungsgerichts, zur ärztlichen Stellungnahme des AB. - ggf. unter Beteiligung eines Polizeiarztes - Stellung zu nehmen, hat die Beklagte eine (in Amtshilfe erstellte) Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes AD. des ... vom 27. Mai 2014 zur Gerichtsakte gereicht. Diese enthält die Einschätzung, dass aus polizeiärztlicher Sicht die im Schreiben des AB. geforderte Anerkennung des Gesprächs am 6. Oktober 2004 als alleiniges, die posttraumatische Belastungsstörung auslösendes Ereignis nicht schlüssig nachvollzogen werden könne. Insbesondere sei bislang nicht die Fülle der vom Kläger in seinem privaten Umfeld gefertigten Anzeigen berücksichtigt worden, die als sehr ungewöhnlich zu deuten sei. Auch habe der Kläger keine Anzeichen einer Introspektion und einer dialektischen Beleuchtung seines eigenen Tuns am 5. Oktober 2004 gezeigt. Schließlich lege AB. seinen Ausführungen die Vorwürfe zugrunde, der Kläger sei ein "Kinderschänder". Diese Formulierung sei jedoch nur den Ausführungen des Klägers zu entnehmen; ob sie tatsächlich gefallen seien, lasse sich nicht nachvollziehen.

62

Im Folgenden haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte weitere Ausführungen zur Stellungnahme des AB. sowie zur polizeiärztlichen Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes AD. gemacht.

63

Das Verwaltungsgericht hat am 7. Oktober 2014 beschlossen, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Z. Beweis zu der Frage zu erheben,

64

"ob die dauerhafte Dienstunfähigkeit des Klägers Folge einer Traumatisierung durch einen Vorfall am [6. Oktober] 2004 - das dienstliche Gespräch des Klägers mit seinem Vorgesetzten LKD P. - [sei], d. h., ob dieses Gespräch am [6. Oktober] 2004 zu der Traumatisierung des Klägers geführt [habe] und, falls ja, ob beim Kläger ggf. eine Veranlagung (Prädisposition) [vorgelegen habe] und dem Ereignis am [6. Oktober] 2004 im Verhältnis zu anderen Bedingungen eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge [zukomme], dass die anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen [seien]".

65

Nach Übermittlung des psychotraumatologischen Gutachtens des Z. vom 22. Februar 2015 - der Kläger war am 7. Januar 2015 im Universitätsklinikum AA. klinisch untersucht worden - haben der Kläger und die Beklagte hierzu umfassend Stellung genommen. Der Kläger hat sich durch die Ausführungen des Gutachters in seiner Position bestärkt gesehen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei diesem Gutachten nicht um ein gerichtsverwertbares Sachverständigengutachten handle, weil der Gutachter von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sei, indem er den von der Beklagten ausdrücklich bestrittenen Sachvortrag des Klägers vorbehaltlos und ohne diesen auch nur ansatzweise zu hinterfragen als wahr unterstellt habe; außerdem weise die gutachterliche Argumentation inhaltliche Widersprüche auf und es gebe Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen, der bereits zeitlich vor der Begutachtung mit dem Kläger eine E-Mail Korrespondenz geführt habe.

66

Der Kläger hat beantragt,

67

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. März 2007 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2008 zu verpflichten, das Schadensereignis (Gespräch mit dem Vorgesetzten) vom 6. Oktober 2004 als Dienstunfall und die gesundheitlichen Schäden, die bei dem Kläger eingetreten sind, als Folge dieses Dienstunfalls anzuerkennen.

68

Die Beklagte hat beantragt,

69

die Klage abzuweisen.

70

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil des Einzelrichters vom 25. September 2015 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 15. März 2007 und vom 19. Juni 2008 verpflichtet, den Vorfall am 6. Oktober 2004 (dienstliches Gespräch zwischen dem Kläger und LKD P.) als Dienstunfall anzuerkennen. Zur Begründung ist im Wesentlichen Folgendes ausgeführt worden:

71

Der Kläger habe einen Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG erlitten. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe das Gespräch am 6. Oktober 2004 zum dienstlichen Bereich des Klägers gehört. Es sei in diesem Gespräch, das während der Dienstzeit und im Dienstgebäude stattgefunden habe, um Fragen des weiteren Einsatzes des Klägers gegangen. Auch wenn diese Fragen durch außerdienstliche Ereignisse aufgeworfen sein möchten, so zähle das Gespräch mit den Vorgesetzten gleichwohl zur Ausübung des Dienstes.

72

Aufgrund des psychotraumatologischen Gutachtens des Z. sei das Verwaltungsgericht auch davon überzeugt, dass das Gespräch am 6. Oktober 2004 - so wie es der Kläger empfunden habe - zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt habe. Das Gutachten sei folgerichtig und eindeutig; die insoweit von der Beklagten geäußerten Zweifel könne das Verwaltungsgericht nicht teilen. Auch unter Berücksichtigung des rechtlichen Ansatzes, dass sog. Gelegenheitsursachen keine Ursachen im Sinne des Dienstunfallrechts darstellten, sei hier die Kausalität zwischen dem Dienstgespräch und den beim Kläger bestehenden Körperschäden gegeben. Denn nach dem psychotraumatologischen Sachverständigengutachten des Z. sei eine schon bestehende Veranlagung für die psychische Erkrankung des Klägers, die bei ihm letztlich erst die posttraumatische Belastungsstörung ausgelöst habe, auszuschließen. Der Einwand der Beklagten, das Gespräch am 6. Oktober 2004 sei so verlaufen, dass dadurch eine Schädigung nicht habe eintreten können, greife ebenfalls nicht durch. Bei der Erkrankung des Klägers komme es nicht nur auf den objektiven Inhalt des Gesprächs zwischen ihm und den Vorgesetzten an, sondern auch darauf, wie der Kläger dieses Gespräch empfunden habe. Denn diese subjektiven Eindrücke hätten ja letztendlich die Erkrankung des Klägers ausgelöst. Rückschlüsse, wie das Gespräch beim Kläger "angekommen" sei, ließen sich aber nur aus den Erklärungen des Klägers selbst ableiten. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger unglaubwürdig sei und der gerichtlich bestellte Sachverständige diese Angaben deshalb nicht auch zur Grundlage seines Gutachtens hätte machen dürfen, seien nicht ersichtlich.

73

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 10. August 2016 (- 5 LA 201/15 -) die Berufung gegen dieses Urteil wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen, weil das Verwaltungsgericht den Ablauf des Gesprächs am 6. Oktober 2004 nicht aufgeklärt, sondern - obwohl der Gesprächsverlauf zwischen den Beteiligten streitig sei - seiner Entscheidung allein die Schilderung des Klägers zugrunde gelegt habe; auch der Sachverständige Z., auf dessen Gutachten vom 22. Februar 2015 das Verwaltungsgericht seine Entscheidung maßgeblich gestützt habe, habe lediglich auf den vom Kläger dargestellten Gesprächsverlauf abgestellt.

74

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter. Zur Begründung macht sie - unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen - ergänzend Folgendes geltend:

75

Dienstliche Gespräche - auch solche mit unangenehmem Inhalt - gehörten zu den typischen Ereignissen eines Beamtenlebens und stellten deshalb grundsätzlich keine äußere Einwirkung im Sinne des Dienstunfallrechts dar; nur in Ausnahmefällen, d. h. bei einer gänzlich unangemessenen Behandlung durch den Dienstherrn, könne etwas anderes gelten, weil ansonsten eine normale Personalarbeit nicht mehr möglich wäre. Im Streitfall komme es somit darauf an, ob der Gesprächsverlauf bzw. das Verhalten der Vorgesetzten des Klägers bei objektiver Betrachtung grob beleidigend oder ansonsten völlig unangemessen gewesen sei. Hierfür gebe es jedoch keinerlei Anhaltspunkte; die entsprechenden Schilderungen des Klägers würden weiterhin bestritten. Dem gesamten Akteninhalt lasse sich nicht entnehmen, dass der vorgebliche - von der Beklagten bestrittene - Vorwurf der "Kinderschänderei" erhoben worden wäre. Es werde auch bestritten, dass der Kläger im Rahmen des Gesprächs am 6. Oktober 2004 angeschrien oder beleidigt worden sei. Die Abgabe der Dienstwaffe sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass ein Tragen der Dienstwaffe im Innendienst unüblich sei.

76

Hinzu komme, dass das Verwaltungsgericht ungeprüft vom Vorliegen eines "plötzlichen" Ereignisses im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG ausgegangen sei. Der Vortrag des Klägers, das Personalgespräch am 6. Oktober 2004 bzw. dessen Inhalt habe ihn nichtsahnend und unvorbereitet getroffen, sei unglaubhaft. Insbesondere sei es völlig lebensfremd anzunehmen, die örtliche Polizei würde nur die Tatsache des Platzverweises und der Widerstandshandlung als solche mitteilen, nicht aber den Hintergrund bzw. die Motivation der polizeilichen Maßnahme, die am 5. Oktober 2004 keineswegs "aus heiterem Himmel" gekommen sei, sondern eine entsprechende Vorgeschichte gehabt habe, in der die abendliche Anwesenheit des Klägers am Jugendwaldheim sowohl von den Aufsichtspersonen als auch von den Kindern als beunruhigend wahrgenommen worden sei. Diese Verunsicherung sei vor dem Hintergrund der zu diesem Zeitpunkt in Norddeutschland aufgetretenen Fälle von Kindesmissbrauch in Schullandheimen verständlich. Ferner habe es noch in der Nacht des 5. Oktober 2004 gegen 23.00 Uhr telefonischen Kontakt des Klägers mit dem G. gegeben.

77

Insgesamt gebe es erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers, der zu verschiedenen Zeitpunkten und je nach Prozesssituation völlig unterschiedliche Angaben zur angeblich kausalen Ursache seiner Erkrankung gemacht habe, bestätigt durch seine behandelnden Ärzte T. und AB.. Hierbei solle dem Kläger kein Vorsatz unterstellt werden; die Beklagte halte aber die Einschätzung des (Privat-)Gutachters X. für nachvollziehbar, der herausgestellt habe, dass es bei dem Krankheitsbild des Klägers in höchstem Maße fraglich sei, ob eine mehrere Jahre nach dem angeblich kausalen Ereignis durchgeführte Untersuchung und Begutachtung überhaupt Aufschluss hinsichtlich der Krankheit erbringen könne und zu dem Schluss gekommen sei, dass hier aufgrund des beim Kläger ausgebildeten Krankheitsbewältigungsmechanismus retrospektiv keine Aussage über die Kausalität getroffen werden könne, die den Beweisanforderungen im Sinne des Dienstunfallrechts genüge.

78

Diese Kritikpunkte schlügen auch auf das Sachverständigengutachten des Z. durch, der ebenfalls einzig den - streitigen - Vortrag des Klägers bzw. allein dessen subjektive Eindrücke zugrunde gelegt habe. Eine solche Vorgehensweise könne vielleicht aus therapeutischer Sicht sinnvoll sein, sei aber für ein forensisches Gutachten ungeeignet, zumal das alleinige Abstellen auf das subjektive Empfinden auch dem ICD-Kriterienkatalog widerspreche.

79

Die Beklagte beantragt,

80

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

81

Der Kläger beantragt,

82

die Berufung zurückzuweisen.

83

Er hält das erstinstanzliche Urteil für rechtlich nicht zu beanstanden. Weder das dienstliche Gespräch am 6. Oktober 2004 in seiner konkreten Ausprägung noch die Umstände des Gesprächs hätten sich im üblichen Rahmen gehalten. Dabei komme es nicht zwangsläufig darauf an, ob im Einzelnen das Wort "Kinderschänder" oder die Worte, wie sie der Kläger in seiner Dienstunfallanzeige angegeben habe, wirklich gefallen seien, ob das Gespräch lautstark geführt und ob dem Kläger verwehrt worden sei, Dasjenige vorzutragen, was er habe sagen wollen. Denn selbst wenn man zu Lasten des Klägers davon ausgehen wollte, das Gespräch wäre nicht so, wie vom Kläger dargestellt, abgelaufen - der Kläger bleibe indes bei seiner Schilderung -, würde sich an der Schlussfolgerung nichts ändern, dass dieses dienstliche Gespräch nicht mehr zu den typischen Ereignissen eines Beamtenlebens gehöre. Zwar seien Vorermittlungen mit Blick auf ein Disziplinarverfahren grundsätzlich zulässig. Diese Ermittlungen müssten jedoch rechtsstaatlichen Anforderungen genügen; insbesondere müsse der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewahrt bleiben, und auch auf ein Aussageverweigerungsrecht müsse hingewiesen werden. Hier sei dem Kläger jedoch nicht mitgeteilt worden, dass ein Bericht des Polizeikommissariats L. sowie ein Telefonvermerk über den Ablauf der Ereignisse am Abend des 5. Oktober 2004 vorgelegen hätten sowie dass es ihm freistehe, sich zu diesem Sachverhalt zu äußern und einen Beistand hinzuzuziehen. Ein Verfahren, das sich als Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien darstelle, könne nicht sozialadäquat sein. Es sei auch nicht üblich, Beamte unter Ankündigung eines "anderen, eher harmlos klingenden Themas" zu dienstlichen Gesprächen zu laden und sie dort mit gravierenden Vorwürfen, die zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens führten, "zu überraschen". Der Kläger habe sich daher zu Beginn des Gesprächs sicher fühlen können, dass es lediglich um den Platzverweis und die Ingewahrsamnahme selbst gehen werde; er habe hingegen keine Veranlassung gehabt, davon auszugehen, sich gegen Vorwürfe der "Spannerei", der Kontaktanbahnung zu Kindern, deren Beobachtung, Belästigung und Einschüchterung, den (versteckten) Vorwurf, ein Wiederholungstäter zu sein sowie den Vorwurf, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet zu haben, verteidigen zu müssen und "in die Ecke eines Kinderschänders gestellt" zu werden.

84

Zudem habe die Beklagte, indem sie das Namensschild des Klägers aus dem Abteilungsorganigramm entfernt und schon vor dem Gespräch eine Überprüfung seiner Persönlichkeit angeordnet habe, gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Auch sei nochmals erwähnt, dass sich die Vorwürfe, wie sie im Bericht des Polizeikommissariats L. beschrieben seien, später in den zahlreichen Untersuchungen und Verfahren nicht bestätigt hätten. Vor diesem Hintergrund stehe auch ohne weitere Sachverhaltsaufklärung fest, dass sich das Gespräch nicht mehr im Rahmen des sozial Üblichen gehalten habe. Allein aufgrund des erkennbar hohen Schädigungspotentials sowie unter Berücksichtigung der ob der Quelle nur vermeintlich sicheren, tatsächlich jedoch unsicheren Erkenntnislage hätten diese hochbrisanten Vorwürfe einen besonders vorsichtigen Umgang mit ihnen erfordert, sowohl was deren Ankündigung und die Konfrontation des Klägers mit ihnen betreffe, als auch, was den Tonfall und die Diktion anbelange. Diese Erfordernisse seien jedoch vom G. nicht in der gebotenen Form beachtet worden; stattdessen sei eine sofortige Vorverurteilung des Klägers erfolgt.

85

Eine krankheitsbegünstigende Disposition des Klägers hätten weder die Gutachter gesehen noch habe die Beklagte eine solche schlüssig vorgetragen. Wäre der Kläger psychisch so instabil gewesen, wie die Beklagte unterstelle, hätte sie ihn wohl kaum als W. ... eingesetzt.

86

Ungeachtet dessen treffe zwar zu, dass der Kläger die materielle Beweislast trage. Die Beklagte habe jedoch gegen ihre Pflicht aus § 45 Abs. 3 BeamtVG verstoßen, alles zu veranlassen, was zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen könne, indem sie es nach Eingang der Dienstunfallanzeige des Klägers unterlassen habe, den Verlauf des dienstlichen Gesprächs am 6. Oktober 2004 durch Befragung der weiteren Gesprächsteilnehmer und zudem das gemeldete Unfallereignis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufzuklären. Dieser Verstoß führe zu einer Beweiserleichterung.

87

Der Senat hat in Bezug auf die Frage des Verlaufs des Dienstgesprächs mit dem Kläger am 6. Oktober 2004 Beweis erhoben durch die Vernehmung der seinerzeitigen Gesprächsteilnehmer - des LKD a.D. P., des (seinerzeitigen KOR und jetzigen) KD O. und des (seinerzeitigen KOK und jetzigen) KHK Q. R. - als Zeugen. Außerdem hat es auf das entsprechende Begehren des Klägers hin Herrn M. N. über den Inhalt eines zwischen diesem und dem Kläger im Anschluss an das am 6. Oktober 2004 stattgefundene Gespräch geführten Telefonats als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts der jeweiligen Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Oktober 2017 Bezug genommen. Was die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts betrifft, so wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten (001 bis 003) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

88

Der Kläger hatte gegen die Polizeibeamten des Polizeikommissariats L., die am Abend des 5. Oktober 2004 gehandelt hatten, Strafanzeige wegen Körperverletzung im Amt, falscher Verdächtigung sowie weiterer Delikte gestellt. Die betreffenden Ermittlungsverfahren sind eingestellt worden; Dienstaufsichtsbeschwerden des Klägers gegen jene Polizisten sind ebenfalls eingestellt worden.

89

Der Kläger hatte ferner vor dem Landgericht V. Amtshaftungsklage gegen das Land Niedersachsen, das G. und die beiden, am Abend des 5. Oktober 2004 handelnden Polizeibeamten des Polizeikommissariats L. erhoben .... Das Landgericht V. hat die Klage mit Urteil vom 16. Juli 2008 abgewiesen; die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht AE. mit Urteil vom 19. Februar 2009 (...) zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 26. November 2009 ( ) die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

90

Die vom Kläger am 10. August 2005 beim Verwaltungsgericht Hannover erhobene Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass die am Abend des 5. Oktober 2004 erfolgten polizeilichen Maßnahmen (Platzverweis und Aufenthaltsverbot) rechtswidrig gewesen seien, hat teilweise Erfolg gehabt. Letztlich hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im Berufungsverfahren mit Urteil vom 16. Oktober 2007 (- 11 LB 231/07 -) entschieden, dass der nur für den 5. Oktober 2004 ausgesprochene Platzverweis rechtmäßig gewesen sei. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit habe zwar nicht vorgelegen, weil der Kläger in der Vergangenheit weder die sich im Jugendwaldheim befindlichen Kinder angesprochen noch das Grundstück betreten habe; der Platzverweis sei jedoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt gewesen, weil die Kinder verängstigt gewesen seien und der Kläger durch seine Schilderungen in Bezug auf die Geschehnisse im Jahr ... hierzu mit beigetragen habe. Die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot bis zum 8. Oktober 2004 hätten indes nicht vorgelegen. Die vom Kläger gegen dieses Urteil eingelegte Beschwerde mit dem Ziel, die Revision zuzulassen, hat keinen Erfolg gehabt (BVerwG, Beschluss vom 17. 7. 2008 - BVerwG 6 B 5.08 -, juris).

Entscheidungsgründe

91

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

92

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Körperschäden als Dienstunfallfolge des am 6. Oktober 2004 stattgefundenen Gesprächs zwischen ihm und den Zeugen P., O. und R.. Der das entsprechende Begehren des Klägers ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15. März 2007 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2008 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Infolgedessen war das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

93

I. Für die Unfallfürsorge ist grundsätzlich das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.11.2013 - BVerwG 2 C 9.12 -, juris Rn. 6; Urteil vom 17.11.2016 - BVerwG 2 C 17.16 -, juris Rn. 12). Im Streitfall ist mangels Rückwirkungsregelung die Vorschrift des § 31 BeamtVG in der am 6. Oktober 2004 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2004, mit (Rück-)Wirkung in Kraft gesetzt zum 1. Dezember 2002 (BGBl. I S. 3592), einschlägig, deren hier anwendbare Regelung - § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. - sich allerdings von § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der derzeit geltenden Fassung vom 5. Januar 2017 (BGBl. I S. 17) inhaltlich nicht unterscheidet; die mit dem Gesetz zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes sowie weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 5. Januar 2017 einhergegangene Streichung des Wortes "infolge (des Dienstes)" war dem Umstand geschuldet, dass sich die vorherige Unterscheidung zwischen "in Ausübung" und "infolge" des Dienstes in der Praxis als bedeutungslos erwiesen hatte (BT-Drs. 18/9532 S. 40; zur Inhaltsgleichheit der Vorgänger- mit der jetzigen Regelung auch: Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: August 2017, Bd. 2, § 31 BeamtVG Rn. 48b).

94

Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Dabei sind unter "Ursache" in diesem Sinne nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne zu verstehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - BVerwG 2 C 17.81 -, juris Rn. 16; Urteil vom 30.6.1988 - BVerwG 2 C 77.86 -, juris Rn. 17; Urteil vom 15.9.1994 - BVerwG 2 C 24.92 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Beschluss vom 20.2.2009 - 5 LA 155/07 -, juris Rn. 8; Beschluss vom 27.3.2015 - 5 LA 78/14 -, juris Rn. 37). Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überwiegend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolges hatte; alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus (BVerwG, Urteil vom 30.6.1988, a. a. O., Rn. 17).

95

II. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG (a. F.) im Streitfall nicht vor. Die Beklagte kann sich zwar weder mit Erfolg darauf berufen, dass das Gespräch vom 6. Oktober 2004 kein Ereignis darstelle, welches "in Ausübung oder infolge des Dienstes" eingetreten sei (dazu unter 1.), noch kann sie erfolgreich geltend machen, dass dem Dienstgespräch als Ereignis die "Plötzlichkeit" abzusprechen sei (dazu unter 2.). Das Anerkennungsbegehren des Klägers scheitert jedoch daran, dass der Senat das Tatbestandsmerkmal eines auf "äußerer Einwirkung beruhenden" Ereignisses nicht mit dem für die Entscheidungsfindung erforderlichen Maß an Überzeugungsgewissheit hat feststellen können (dazu unter 3.).

96

1. Die Beklagte hat ihre ablehnenden Bescheide vornehmlich darauf gestützt, dass das am 6. Oktober 2004 stattgefundene Gespräch nicht "in Ausübung" des Dienstes erfolgt sei, weil Gegenstand dieses Gesprächs die Vorfälle am Abend des 5. Oktober 2004 gewesen seien, die indes dem privaten Bereich des Klägers zugeordnet werden müssten. Diese Argumentation hält der berufungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

97

Das gesetzliche Merkmal "in Ausübung oder infolge" (des Dienstes) verlangt eine besonders enge ursächliche Verknüpfung des in Rede stehenden Ereignisses mit dem Dienst (BVerwG, Urteil vom 29.8.2013 - BVerwG 2 C 1.12 -, juris Rn. 10 m. w. Nw.; vgl. auch Urteil vom 17.11.2016, a. a. O., Rn. 14). Maßgebend ist hierfür der Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Dienstunfallfürsorge. Dieser liegt in einem über die allgemeine Fürsorge hinausgehenden besonderen Schutz des Beamten bei Unfällen, die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend aufgrund der Anforderungen des Dienstes tätig wird (BVerwG, Urteil vom 29.8.2013, a. a. O., Rn. 10; Urteil vom 17.11.2016, a. a. O., Rn. 14). Ausgehend vom Zweck der gesetzlichen Regelung und dem Kriterium der Beherrschbarkeit des Risikos der Geschehnisse durch den Dienstherrn kommt dem konkreten Dienstort des Beamten eine herausgehobene Rolle zu. Der Beamte steht bei Unfällen, die sich innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereichs ereignen, unter dem besonderen Schutz der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge. Zu diesem Bereich zählt der Dienstort, an dem der Beamte seine Dienstleistung erbringen muss, wenn dieser Ort zum räumlichen Machtbereich des Dienstherrn gehört. Risiken, die sich hier während der Dienstzeit verwirklichen, sind dem Dienstherrn zuzurechnen, unabhängig davon, ob die Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, dienstlich geprägt ist; eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass diese Tätigkeit vom Dienstherrn verboten ist oder dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderläuft (BVerwG, Urteil vom 29.8.2013, a. a. O., Rn. 11 m. w. N.; Urteil vom 17.11.2016, a. a. O., Rn. 14).

98

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Teilnahme des Klägers am streitgegenständlichen Gespräch "in Ausübung" des Dienstes erfolgt.

99

Das Gespräch hat im räumlichen Machtbereich des Dienstherrn des Klägers - hier: in den Räumlichkeiten seiner Dienststelle beim G. in K. - stattgefunden, und zwar während seines Dienstes, den er am Vormittag des 6. Oktober 2004 angetreten hatte. Ungeachtet dessen ist das Gespräch am 6. Oktober 2004 eindeutig dienstlich geprägt gewesen. Denn es ist zum einen auf Anordnung der Vorgesetzten des Klägers erfolgt und hat zum anderen - unstreitig - die Geschehnisse am Abend des 5. Oktober 2004 (Verhalten des Klägers bzw. Bericht des Polizeikommissariats L. über das vorgebliche Verhalten des Klägers) und die hieraus resultierenden dienstlichen Konsequenzen für den Kläger zum Gegenstand gehabt. Gerade angesichts dieser Konsequenzen - zwischen den Beteiligten ist, wenn auch nicht hinsichtlich der Wortwahl und der Gesprächsatmosphäre, so doch aber in der Sache unstreitig, dass der Zeuge P. gegenüber dem Kläger angeordnet hat, dass dieser vorerst nicht mehr im J. eingesetzt werde und dass er seine Waffe einschließlich Munition abzugeben habe (vgl. den Vermerk des Zeugen O. vom 6. Oktober 2004, Bl. 41/Beiakte 001) - ist die von der Beklagten sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren vertretene Ansicht, dem Gespräch fehle der dienstliche Bezug, weil es darin um Vorgänge aus dem privaten Bereich des Klägers gegangen sei, nicht überzeugend. Denn diese Konsequenzen sind offenkundig mit Blick auf die Absicht des G. erfolgt, zur Prüfung der Frage des Vorliegens eines Dienstvergehens ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten (vgl. den Vermerk über die "...-Besprechung" am 6. Oktober 2004", Bl. 42/Beiakte 001), und ein Dienstvergehen kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn das in Rede stehende Verhalten "außerdienstlich" erfolgt ist (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbeamtengesetz - BBG -).

100

2. Das am 6. Oktober 2004 stattgefundene (Dienst-)Gespräch ist auch als ein "plötzliches" Ereignis im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. zu qualifizieren.

101

Dieses Begriffsmerkmal dient dazu, ein Einzelgeschehen gegenüber dauernden Einwirkungen abzugrenzen (BVerwG, Urteil vom 4.2.1966 - BVerwG 2 C 65.63 -, juris Rn. 40; Beschluss vom 19.1.2006 - BVerwG 2 B 46.05 -, juris Rn. 6). Dementsprechend kann die "Plötzlichkeit" nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, das in Rede stehende Ereignis sei für den Betroffenen vorhersehbar gewesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.2.1966, a. a. O., Rn. 40). Der Umstand also, ob für den betroffenen Beamten ein als Unfallereignis in Rede stehendes Dienstgespräch in seiner konkreten Form vorhersehbar gewesen ist, ist im Hinblick auf die Frage der "Plötzlichkeit" (des Ereignisses) nicht entscheidungserheblich (in diesem Sinne auch VG Stuttgart, Urteil vom 9.4.2014, a. a. O., Rn. 22). Dass es sich bei dem Gespräch vom 6. Oktober 2004 um ein - zudem zeitlich und örtlich bestimmbares - Einzelgeschehen handelt, liegt auf der Hand.

102

3. Das streitgegenständliche Gespräch vom 6. Oktober 2004 stellt jedoch kein "auf äußerer Einwirkung beruhendes" Ereignis im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. dar, so dass eine Anerkennung als Dienstunfall aus diesem Grunde nicht in Betracht kommt.

103

a) "Äußere Einwirkungen" im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG (a. F./n. F.) sind mechanische, chemische, thermische oder ähnliche Einwirkungen (Groepper/Tegethoff, a. a. O., § 31 BeamtVG Rn. 40). Hierauf ist der Begriff der "äußeren Einwirkungen" jedoch nicht beschränkt. Dieses Merkmal hat den Zweck, äußere - d. h. in der Außenwelt auftretende - Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Inneren des menschlichen Körpers abzugrenzen (BVerwG, Urteil vom 24.10.1963 - BVerwG 2 C 10.62 -, juris Rn. 20; Urteil vom 9.4.1970 - BVerwG 2 C 49.68 -, juris Rn. 12f.; Nds. OVG, Urteil vom 8.12.1993 - 2 L 87/90 -, juris Rn. 5; Groepper/Tegethoff, a. a. O., § 31 BeamtVG Rn. 40). Vor diesem Hintergrund kann grundsätzlich auch ein äußerer Umstand, der zunächst eine psychische Reaktion ("Schrecken", "seelischer Schock") bewirkt, die ihrerseits zu schädlichen Vorgängen im Körper des betroffenen Beamten führt, das Tatbestandsmerkmal der "äußeren Einwirkung" erfüllen (BVerwG, Urteil vom 9.4.1970, a. a. O., Rn. 13 bis 15; Nds. OVG, Urteil vom 8.12.1993, a. a. O., Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 6.5.1999 - 12 A 2983/96 -, juris Rn. 48). In Anwendung dieses Grundsatzes hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. April 1970 (a. a. O., Rn. 15) herausgestellt, dass auch herabsetzende Reden, Beleidigungen oder Beschimpfungen als "äußere Einwirkungen" im Sinne des Dienstunfallrechts qualifiziert werden können, weil sie "von außen her" die seelische Verfassung des Betroffenen beeinflussen können und die gestörte seelische Verfassung wiederum zu körperlichen Schäden führen kann.

104

Während der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch eine Fallgestaltung zugrunde lag, in welcher der betreffende Beamte - ein Bahnpolizeibeamter - bei dem Versuch, die Ordnung in einer Bahnhofsgaststätte wiederherzustellen, von angetrunkenen Gästen beschimpft worden war (a. a. O., Rn. 1), beruft sich der Kläger darauf, dass seine seelische Verfassung durch ein dienstliches Gespräch - also nicht durch das Verhalten Dritter, sondern durch das Verhalten von Personen, die für den Dienstherrn tätig geworden sind - nachhaltig beeinträchtigt worden sei. Insoweit ist nach der gefestigten obergerichtlichen und erstinstanzlichen Rechtsprechung zu berücksichtigen, dass dienstliche Gespräche bzw. Informationen oder Mitteilungen zu dienstlich relevanten Fragestellungen zu den typischen Ereignissen des Beamtenverhältnisses gehören und deshalb grundsätzlich keine "äußeren Einwirkungen" im Sinne des Dienstunfallrechts darstellen (Schl.-H. OVG, Urteil vom 26.11.1993 - 3 L 99/93 -, juris Rn. 34; in diesem Sinne auch OVG NRW, Beschluss vom 10.8.2011 - 1 A 1455/09 -, juris Rn. 10; Nds. OVG, Beschluss vom 10.8.2016 - 5 LA 201/15 -; Beschluss vom 27.3.2017 - 5 LA 58/16 -; VG Frankfurt, Urteil vom 31.8.2009 - 9 K 354/09.F -, juris Rn. 20; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2010 - 12 K 5451/09 -, juris Rn. 26; VG Stuttgart, Urteil vom 9.4.2014 - 12 K 998/13 -, juris Rn. 24; VG Ansbach, Urteil vom 27.5.2014 - AN 1 K 13.01956 -, juris Rn. 42; VG Aachen, Urteil vom 20.11.2014 - 1 K 2249/11 -, juris Rn. 65; Urteil vom 11.12.2014 - 1 K 1161/13 -, juris Rn. 26f.; VG Bayreuth, Urteil vom 28.4.2015 - B 5 K 13.896 -, juris Rn. 20f; VG Kassel, Urteil vom 24.5.2016 - 1 K 1730/14.KS -, juris Rn. 24f.).

105

Etwas anderes kann nur ausnahmsweise gelten, nämlich dann, wenn ein dienstliches Gespräch von der normalen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses wesentlich abweicht und sich damit nicht mehr im Rahmen der sozialen Adäquanz hält (Schl.-H. OVG, Urteil vom 26.11.1993, a. a. O., Rn. 36; Nds. OVG, Beschluss vom 10.8.2016 - 5 LA 201/15 -; Beschluss vom 27.3.2017 - 5 LA 58/16 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2010, a. a. O., Rn. 26f.; VG Stuttgart, Urteil vom 9.4.2014, a. a. O., Rn. 25; VG Bayreuth, Urteil vom 28.4.2015 , a. a. O., Rn. 20; VG Kassel, Urteil vom 24.5.2016, a. a. O., Rn. 26).

106

Maßgeblich ist daher, mit welchem konkreten Inhalt und in welcher Weise das Gespräch tatsächlich geführt worden ist, ehe im Anschluss daran aus objektiver Sicht (vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 24.3.2009 - 2 B 353/07 -, juris Rn. 11; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2010, a. a. O., Rn. 30; VG Berlin, Urteil vom 17.11.2015 - 26 K 123.14 -, juris Rn. 28; in diesem Sinne auch Günther, Dienstunfallrechtliche Folgen bei "schwierigen" Personalgesprächen und Mobbing, ZBR 2015, 404, 405, 409) zu bewerten ist, ob diese tatsächlichen Feststellungen den Schluss rechtfertigen, der Rahmen des Sozialadäquaten sei überschritten. Darauf, wie der Kläger "das Gespräch empfunden hat" - also auf seine subjektive Sicht - kommt es demnach entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts an dieser Stelle nicht an. Das dienstliche Gespräch muss hinsichtlich seines Verlaufs und/oder seiner Atmosphäre somit in tatsächlicher Hinsicht erkennbare Besonderheiten aufgewiesen haben, welche vom üblichen dienstlichen Umgang abgewichen sind, und zwar in einer Weise, die den Betroffenen nachvollziehbar erheblich belastet hat (OVG NRW, Beschluss vom 10.8.2011, a. a. O., Rn. 11), um - ausnahmsweise - eine "äußere Einwirkung" im Sinne des Dienstunfallrechts darstellen zu können. Als solche besonderen - d. h. außerhalb des Sozialadäquaten liegende - Umstände kommen etwa beleidigende, seelisch verletzende Äußerungen oder Beschimpfungen in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.4.1970, a. a. O., Rn. 15; Bay. VGH, Urteil vom 29.7.1987 - 3 B 85 A.2752 -, juris [Leitsatz]; Schl.-H. OVG, Urteil vom 26.11.1993, a. a. O., Rn. 36; Nds. OVG, Beschluss vom 10.8.2016 - 5 LA 201/15 -; Beschluss vom 27.3.2017 - 5 LA 58/16 -; VG Stuttgart, Urteil vom 9.4.2014, a. a. O., Rn. 24; VG Bayreuth, Urteil vom 28.4.2015, a. a. O., Rn. 20), ebenso das Herabwürdigen der Person des Beamten (vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 28.4.2015, a. a. O., Rn. 27), das Führen des Dienstgesprächs unter "Geschrei" (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 9.4.2015, a. a. O., Rn. 25) oder etwa eine bedrohliche Mimik, Gestik oder Körperhaltung der Gesprächsteilnehmer (vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 28.4.2015, a. a. O., Rn. 27). Unter Umständen kann schon ein sonstiges deutliches Vergreifen im Ton bzw. eine im Ganzen unsachliche, etwa den Betroffenen völlig verängstigende bzw. unangemessen unter Druck setzende Gesprächsatmosphäre ein Dienstunfallereignis begründen, zumal dann, wenn es sich um ein für die Erhaltung des Status oder die weitere berufliche Entwicklung außerordentlich wichtiges Gespräch handelt und der Beamte darauf in zeitlichem Zusammenhang mit Krankheitssymptomen reagiert (OVG NRW, Beschluss vom 10.8.2011, a. a. O., Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 10.8.2016 - 5 LA 201/15 -; Beschluss vom 27.3.2017 - 5 LA 58/16 -; VG Bayreuth, Urteil vom 28.4.2015, a. a. O., Rn. 20).

107

Diese Rechtsprechung ist Ausfluss der dem Dienstunfallrecht zugrundeliegenden Risikoverteilung. Der Gesetzgeber wollte mit den Dienstunfallvorschriften dem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn nicht unbeschränkt das wirtschaftliche Risiko für alle von den Beamten "in Ausübung oder infolge des Dienstes" erlittenen Schäden auferlegen (Schl.-H. OVG, Urteil vom 26.11.1993, a. a. O., Rn. 35). Er ist vielmehr von dem allgemeinen Grundsatz ausgegangen, dass die Folge schicksalsmäßiger, d. h. von niemandem verschuldeter schädlicher Einwirkungen von dem Geschädigten selbst zu tragen sind (Schl.-H. OVG, Urteil vom 26.11.1993, a. a. O., Rn. 35). Wenn die Rechtsprechung Ereignisse, mit denen während der Durchführung eines Dienstverhältnisses typischerweise gerechnet werden muss - z. B. Veränderungen des Aufgabenumfangs, Umsetzungen, Probleme in der Zusammenarbeit mit anderen Beschäftigten (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 31.8.2008, a. a. O., Rn. 20), Eröffnung dienstlicher Beurteilungen (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 27.5.2014, a. a. O.), aber auch Dienst- bzw. Personalgespräche - nicht als "äußere Einwirkungen" im Sinne des Dienstunfallrechts ansieht, liegt dieser Auffassung erkennbar die Einschätzung zugrunde, dass derartige sozialadäquate bzw. "dienstverhältnistypische" Vorgänge von einem "durchschnittlichen" Beamten verarbeitet werden können, denn anderenfalls wäre ein geordneter Dienstbetrieb nicht möglich. Oder anders ausgedrückt: Wenn ein Beamter im zeitlichen Nachgang zu einem typischen, sich im sozialadäquaten Rahmen haltenden Dienstgespräch gleichwohl einen Schock sowie weitere Körperschäden erleidet, kann insoweit nur die mangelnde persönliche Verarbeitungsfähigkeit des Beamten ursächlich gewesen sein, die nicht der Risikosphäre des Dienstherrn zuzurechnen ist (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 31.8.2009, a. a. O., Rn. 20; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2010, a. a. O., Rn. 28; VG Kassel, Urteil vom 24.5.2016 - 1 I 1730/14.KS -, juris). Denn das Merkmal der "äußeren Einwirkung", das - wie dargestellt - den Zweck hat, äußere Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Inneren des menschlichen Körpers abzugrenzen (BVerwG, Urteil vom 9.4.1970, a. a. O., Rn. 12f.), ist nicht erfüllt, wenn eine psychische Reaktion auf äußere Vorgänge ihre wesentliche Ursache in einer besonderen Veranlagung des Betroffenen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1963, a. a. O., Rn. 20; Urteil vom 9.4.1970, a. a. O., Rn. 12; Groepper/Tegethoff, a. a. O., § 31 BeamtVG Rn. 41). Dementsprechend liegt im Fall des sozialadäquaten Verhaltens der im Dienstunfallrecht notwendige wesentliche Ursachenzusammenhang schon aus wertenden/normativen Gründen - also unabhängig von einer medizinischen Beurteilung - nicht vor (vgl. VG Aachen, Urteil vom 20.11.2014, a. a. O., Rn. 64; VG Kassel, Urteil vom 24.5.2016, a. a. O., Rn. 25; in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 6.5.1999, a. a. O., Rn. 51ff.; Sächs. OVG, Beschluss vom 24.3.2009, a. a. O., Rn. 11).

108

Zu berücksichtigen ist ferner, dass im Dienstunfallrecht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats die allgemeinen Beweisgrundsätze gelten (so etwa BVerwG, Urteil vom 22.10.1981, a. a. O., Rn. 18 m. w. Nw.; Urteil vom 28.4.2011 - BVerwG 2 C 55.09 -, juris Rn. 12; Nds. OVG, Beschluss vom 27.3.2015, a. a. O., Rn. 36). Für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen, d. h. diese Tatsachen müssen zur vollen Überzeugungsgewissheit des Gerichts ("mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit") feststehen; wenn sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht klären lassen, trägt der Beamte die materielle Beweislast (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981, a. a. O., Rn. 18; Urteil vom 28.4.2011, a. a. O., Rn. 12; Nds. OVG, Beschluss vom 27.3.2015, a. a. O., Rn. 36).

109

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Senat nicht die volle Überzeugungsgewissheit erlangen können, das es sich bei dem in Rede stehenden Dienstgespräch um ein Ereignis handelt, dass - ausnahmsweise - als "äußere Einwirkung" im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. angesehen werden kann. Nach Auswertung des Akteninhalts, des Vorbringens der Beteiligten sowie nach Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme lässt sich nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass das am 6. Oktober 2004 geführte Gespräch hinsichtlich seines Inhalts, seines Verlaufs oder seiner Atmosphäre erkennbar Besonderheiten aufgewiesen hätte, die vom üblichen/typischen dienstlichen Umgang abgewichen wären, so dass eine diesbezügliche erhebliche Belastung des Klägers objektiv nicht nachvollziehbar ist.

110

aa) Was den Inhalt des Gesprächs betrifft, so hat der erkennende Senat nicht mit dem für die Überzeugungsbildung maßgeblichen Grad an Sicherheit feststellen können, dass gegenüber dem Kläger die Worte gefallen sind "[...] jetzt ein Kinderschänder". Die entsprechende Behauptung des Klägers hat sich nach Würdigung der Verwaltungsvorgänge sowie der in der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2017 durchgeführten Beweisaufnahme - in dieser hat der Senat die seinerzeitigen weiteren Teilnehmer des Gesprächs zu dessen Inhalt und Atmosphäre als Zeugen vernommen; außerdem hat der Senat einen Freund des Klägers, den dieser im Anschluss an das Gespräch angerufen hat, über den Inhalt dieses Telefonats als weiteren Zeugen vernommen - nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt.

111

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es sich bei den befragten Gesprächsbeteiligten nicht um die klassischen "neutralen" Zeugen handelt, weil die Zeugen O. und R. weiterhin als Bundesbeamte beim G. eingesetzt sind und weil der Zeuge P. - höchster der seinerzeit anwesenden Vorgesetzten des Klägers und seinerzeit auch Vorgesetzter der Zeugen O. und R. - schon aufgrund seiner Position maßgeblich für den Gesprächsverlauf verantwortlich war. Gleichwohl ergeben sich für das Gericht aus der Vernehmung der Zeugen P., O. und R. in Verbindung mit den - zeitlich deutlich früher getätigten - Stellungnahmen der Zeugen O. und P. im Verwaltungsverfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass deren Schilderungen nicht dem entsprochen haben, was ihnen in Bezug auf die mehr als 13 Jahre zurückliegenden Geschehnisse am 6. Oktober 2004 tatsächlich noch in Erinnerung gewesen ist. Da die Auswertung der Verwaltungsvorgänge die klägerische Darstellung ebenfalls nicht stützt, kann er sein Klagebegehren auch nicht mit Erfolg auf die Aussage des Zeugen (vom Hörensagen) N. stützen.

112

(1) Der Zeuge P., der zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Gesprächs am 6. Oktober 2004 Gruppenleiter der AF. beim G. war und als höchster der anwesenden Vorgesetzten des Klägers seinerzeit die Gesprächsleitung innehatte, hat erklärt (Sitzungsniederschrift vom 24.10.2017, S. 3), sich definitiv nicht mehr an das Gespräch erinnern zu können; er sei völlig überrascht gewesen, als er die Ladung zur Zeugenvernehmung erhalten habe; das Gesicht des Klägers habe er überhaupt nicht mehr vor Augen gehabt; erst nach dem Durchlesen der Unterlagen, die ihm das G. zur Verfügung gestellt habe, habe er sich wieder an den Sachverhalt erinnern können. Auf die Frage des Senats, ob der Zeuge P. gegenüber dem Kläger die Formulierung geäußert habe, "Erst die Schlägerei da, jetzt ein Kinderschänder. Das ist ja das Allerletzte!", ob also das Wort "Kinderschänder" gefallen sei, hat der Zeuge P. geäußert (Sitzungsniederschrift, S. 3), dass er sich hieran nicht erinnern könne; er halte eine solche Äußerung nicht für möglich; das sei nicht sein Sprachgebrauch. Diese Darstellung entspricht im Wesentlichen der schriftlichen Aussage des Zeugen P. vom 19. Februar 2007 (Bl. 44/Beiakte 001), in der er erklärt hat, die wesentlichen Aspekte des Gesprächs ergäben sich aus dem Vermerk des Zeugen O. vom 6. Oktober 2004; an den Wortlaut seiner Äußerungen im Einzelfall könne er sich nicht erinnern.

113

Der Zeuge R., der im Jahr 2004 kommissarischer Kommandoführer des S. -Kommandos beim G. gewesen ist und sich in dieser Funktion aus seiner Sicht mit dem Kläger "auf Augenhöhe befunden" hat (Sitzungsniederschrift, S. 14), hat gegenüber dem Senat ebenfalls erklärt (Sitzungsniederschrift, S. 14), an das streitgegenständliche Gespräch heute keine Erinnerung mehr zu haben; an den Ablauf des Gesprächs könne er sich nicht erinnern; vor dem Erhalt der Ladung zur Zeugenvernehmung sei ihm das Gespräch überhaupt nicht mehr präsent gewesen; das Gespräch habe bei ihm keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Auf Nachfrage des Senats, ob seitens des Zeugen P. das Wort "Kinderschänder" gefallen sei, hat der Zeuge R. erklärt (Sitzungsniederschrift, S. 15), er könne dies weder bestätigen noch verneinen; er habe insoweit keine Erinnerung.

114

Der Zeuge O., seinerzeit unmittelbarer Dienstvorgesetzter des Klägers, hat erklärt (Sitzungsniederschrift, S. 8f.), der Kläger sei vor dem eigentlichen Gespräch von ihm - dem Zeugen O. - zunächst belehrt worden. Anschließend habe der Zeuge P. die Gesprächsleitung übernommen. Der Zeuge P. habe dem Kläger gesagt, dass er für das ihm vorgeworfene Verhalten kein Verständnis habe. Der Zeuge P. habe sodann sehr schnell gesagt, dass er dem Kläger rate, sich nicht weiter zu äußern, sondern sich einen Rechtsbeistand zu nehmen. Der Zeuge O. habe dem Kläger erklärt, dass er es für falsch halte, dass der Kläger dem Platzverweis nicht nachgekommen sei und die Situation habe eskalieren lassen, auch wenn der Kläger den Platzverweis und die Maßnahmen für rechtswidrig gehalten habe, zumal der Kläger eine Dienstwaffe bei sich geführt habe. Das Ereignis habe ja schließlich zu einer "WE-Meldung" (= wichtiges Ereignis) geführt. Daran, dass der Zeuge P. das Wort "Kinderschänder" verwendet haben solle, könne sich der Zeuge O. nicht erinnern; das sei nicht die Wortwahl des Zeugen P..

115

Aufgrund dieser Aussagen ist für den Senat letztlich nicht mit dem für die Entscheidungsfindung erforderlichen Maß an Gewissheit feststellbar, dass die Behauptung des Klägers, der Zeuge P. habe ihn im Rahmen des streitgegenständlichen Gesprächs als "Kinderschänder" tituliert, zutrifft; der Senat vermag auch keine Indizien zu erkennen, die am (subjektiven) Wahrheitsgehalt der Aussagen der Zeugen zweifeln ließen. Insbesondere erscheint es nachvollziehbar, dass sich der Zeuge P. nicht mehr an das Gespräch erinnern konnte, der Zeuge O. hingegen schon. Denn der Zeuge P. - der im Übrigen von sich aus freimütig erklärt hat, dass ihm das G. mit Blick auf seine Zeugenvernehmung Unterlagen "zum Sachverhalt" zur Verfügung gestellt habe (Sitzungsniederschrift, S. 3) - war in seiner Eigenschaft als Gruppenleiter der AF. beim G. von einzelnen Personalfragestellungen, und damit auch von der Personalie des Klägers, naturgemäß deutlich "weiter entfernt" als der unmittelbare Dienstvorgesetzte des Klägers, der Zeuge O., welcher zudem noch am Abend des 5. Oktober 2004 mit dem Kläger telefoniert sowie im Anschluss an das am 6. Oktober 2004 stattgefundene Gespräch einen Gesprächsvermerk gefertigt hatte. In diesem - zeitnah im Anschluss an das streitgegenständliche Gespräch erstellten - Vermerk des Zeugen O. (Bl. 41/Beiakte 001) ist niedergelegt worden, dass der Kläger "zu den Vorgängen befragt [worden sei], die sich aus dem Bericht des Polizeikommissariates B L. vom 05.10.2004 ergeben" hätten, und auch in diesem Bericht ist das Wort "Kinderschänder" nicht enthalten (vgl. Bl. 37f./Beiakte 001). Der Zeuge O. hat - für den erkennenden Senat aufgrund seines eigenen persönlichen Eindrucks vom Zeugen P. - gut nachvollziehbar erklärt (Sitzungsniederschrift, S. 9), der Zeuge P. sei in seinem Amt eine Koryphäe gewesen und kulturell sehr interessiert; der Begriff "Kinderschänder" sei nicht dessen Wortwahl gewesen. Der Zeuge P. wiederum hat für den Senat glaubhaft bekundet (Sitzungsniederschrift, S. 4), dass der Fall des Klägers der einzige Fall in der 25-jährigen Zeit seiner - des Zeugen P. - Führungsverantwortung sei, in dem derartige Vorwürfe gegen ihn erhoben worden seien.

116

(2) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen,

117

es komme letztlich nicht darauf an, ob das Wort "Kinderschänder" in dem streitgegenständlichen Gespräch tatsächlich gefallen bzw. ob er in diesem Gespräch tatsächlich mit dem Wort "Kinderschänder" tituliert worden sei, (so etwa Klagebegründung vom 12.9.2014, S. 7 [Bl. 434/GA]; Zulassungserwiderung vom 26.2.2016, S. 10 [Bl. 672a)/GA]; Berufungserwiderung vom 14.11.2016, S. 2 [Bl. 800/GA]),

118

weil der (Einsatz-)Bericht des Polizeikommissariats L., der ihm im Rahmen des Gesprächs am 6. Oktober 2004 erstmals zur Einsichtnahme übergeben worden sei, Vorwürfe enthalte,

119

die ihn "unzweifelhaft als Kinderschänder stigmatisiert", "gebrandmarkt", "in das Licht eines Kinderschänders gerückt", "in die Ecke eines Kinderschänders gestellt" bzw. "auf eine Stufe mit einem Kinderschänder gestellt" hätten; "die Vorwürfe [...] in ihrer Gesamtheit [hätten] den Kläger unzweifelhaft mit dem Stigma Kinderschänder belegt" (Klagebegründung vom 12.9.2014, S. 7, 9, 19 [Bl. 434, 436, 446/GA]; Klagebegründung vom 10.7.2015, S. 5 [Bl. 592/GA]; Zulassungserwiderung vom 26.2.2016, S. [Bl. 672, 672a)/GA]; Berufungserwiderung vom 14.11.2016, S. 9 [Bl. 807/GA]).

120

Denn aus objektiver Sicht lässt sich dem Einsatzbericht des Polizeikommissariats L. vom 5. Oktober 2004 weder ausdrücklich noch der Sache nach entnehmen, dass man den Kläger dort als im Verdacht eines "Kinderschänders" stehend angesehen hat. In jenem Bericht (Bl. 32/Beiakte 001) heißt es,

121

die Einsatzleitstelle habe mitgeteilt, dass sich eine männliche Person beim Jugendwaldheim aufhalten und "die dort anwesenden Kinder und Jugendlichen belästigen" würde. Am Einsatzort hätten die Polizeibeamten den "hier amtsbekannten" Kläger festgestellt. Die auf dem Gelände des Jugendwaldheims befindliche (männliche) Lehrkraft habe den Polizeibeamten erklärt, dass sich der Kläger "hier am heutigen Abend aufhielt und die Schüler und Schülerinnen ansprach, sich als Polizeibeamter ausgab und Geschichten aus seinem Dienstleben erzählte"; dadurch habe er einzelne Kinder und Jugendliche "derart eingeschüchtert, dass sie Angst vor ihm bekommen hätten"; "auch an den vorangegangenen Abenden" solle sich der Kläger "dort aufgehalten" haben. Es sei [im Polizeikommissariat L.] "bekannt geworden, dass [der Kläger] sich dort häufig aufhält, wenn im Jugendwaldheim Schulklassen mit Kindern und Jugendlichen aufhältig" seien; es sei bereits mehrmals zu Streitigkeiten mit den Betreibern gekommen; dem Kläger sei "nach hiesiger Kenntnis" für das Gelände des Jugendwaldheims ein Hausverbot ausgesprochen worden. Er halte sich "seit diesem Zeitpunkt häufig in der näheren Umgebung auf und beobachtet die anwesenden Schüler und Schülerinnen aus dem Wald oder von angrenzenden Waldwegen". Dieses Handeln rufe "bei den Schülern, Erziehern und Betreibern eine subjektiv bedrohliche Situation hervor"; auch in diesem aktuellen Fall sei es dazu gekommen.

122

Es ist somit von einem - auch in der Vergangenheit erfolgten - "Aufhalten" des Klägers am Jugendwaldheim und "Beobachten" von dort aufhältigen Schülern die Rede, ferner von einem singulären "Ansprechen" von Kindern durch den Kläger am Abend des 5. Oktober 2004 sowie von einem durch das - in der Vergangenheit sowie auch am 6. Oktober 2004 gezeigte - Verhalten des Klägers verursachten "Einschüchterungs-" bzw. "Bedrohungsempfinden" der im Jugendwaldheim aufhältigen Personen; in diesem Sinne ist der Begriff "Belästigen" bei objektiver Betrachtung zu verstehen. Hierbei handelt es sich zwar durchaus um gravierende Vorwürfe, die jedoch von ihrer Intensität her deutlich hinter dem Vorwurf, ein "Kinderschänder" zu sein, zurücktreten. Der Einsatzbericht ist zwar aufgrund seiner sprachlichen Abfassung insoweit ungenau, als er nicht immer klar zwischen eigenen Erkenntnissen des Polizeikommissariats L. und der Wiedergabe der Schilderungen Dritter differenziert. Ein impliziter Vorwurf, der Kläger stehe im Verdacht, ein "Kinderschänder" zu sein, ergibt sich hieraus jedoch aus objektiver Sicht nicht.

123

Nichts anderes gilt, wenn man den Vermerk des Kriminaldauerdienstes des G. vom Abend des 5. Oktober 2004 (Bl. 36/Beiakte 001) mit berücksichtigt. In diesem Vermerk, der aufgrund eines Telefonates des Kriminaldauerdienstes des G. mit einem der handelnden Polizeibeamten des Polizeikommissariats L. angefertigt worden ist, hat der zuständige Beamte des Kriminaldauerdienstes notiert,

124

das Polizeikommissariat L. habe mitgeteilt, dass der Kläger am Abend des 5. Oktober 2004 gegen 21.30 Uhr "vorläufig festgenommen" worden sei, dass der Festnahmegrund neben "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" und "Verstoß gegen Weisungen" auf "Spannerei" gelautet habe und dass der Kläger "schon des öfteren in ähnlicher Weise polizeilich aufgefallen" sei und dass "auch schon Strafverfahren anhängig gewesen sein sollen"; ferner ist in diesem Vermerk dokumentiert, dass der zuständige Beamte des Kriminaldauerdienstes des G. die Dienststelle des Klägers in Berlin telefonisch verständigt habe.

125

Auch aus dieser Notiz geht somit der - zwar gravierende - Verdacht des Beobachtens von Kindern ("Spannerei") hervor, nicht jedoch der Verdacht, dass der Kläger ein "Kinderschänder" sei. Dementsprechend vermag auch diese Notiz über die mündlichen Auskünfte des Polizeikommissariats L. als Ergänzung zu dessen schriftlichem Einsatzbericht die Auffassung des Klägers, durch die in diesem Einsatzbericht enthaltenen Vorwürfe werde er "unzweifelhaft mit dem Stigma des Kinderschänders belegt", aus objektiver Sicht nicht zu tragen.

126

(3) Der Senat hat schließlich auch nicht aufgrund der Aussage des Zeugen M. N. die Überzeugung zu gewinnen vermocht, dass der Kläger im Rahmen des streitgegenständlichen Gesprächs als "Kinderschänder" bezeichnet worden ist.

127

Der Zeuge N. hat bekundet (Sitzungsniederschrift, S. 19), sich daran erinnern zu können, dass ihn der Kläger am 6. Oktober 2004 im Anschluss an ein Gespräch, das er mit seinen Vorgesetzten geführt hatte, angerufen habe. Der Kläger habe dem Zeugen N. während des Telefonats mitgeteilt, dass er ein Dienstgespräch gehabt habe; er habe gesagt, dass er fast angeschrien worden sei, dass er als "Kinderschänder" bezeichnet und dass ihm gesagt worden sei, dass jemand, der Kinder belästige, ihm nicht mehr unter die Augen treten solle. Diese Angaben des Klägers hätten den Zeugen N. sehr schockiert. Beide seien damals sehr befreundet gewesen, sie hätten täglichen Kontakt gehabt. Die Vorwürfe seien aus heiterem Himmel gegriffen gewesen. Der Zeuge N. habe dem Kläger daraufhin am Telefon gesagt, dass er erst einmal zu ihm - dem Zeugen - kommen solle und der Zeuge N. den Kläger in den Arm nehmen werde. An die Länge des Telefonats könne der Zeuge N. sich nicht mehr erinnern, er gehe davon aus, dass es nicht länger als 5 Minuten gedauert habe, es seien sicherlich nicht 15 Minuten gewesen; an die Formulierung, die er genannt habe, könne er sich sehr gut erinnern, so etwas höre man nicht alle Tage.

128

Der Senat hegt zwar keine Zweifel daran, dass die Schilderung des Zeugen N. dem entspricht, was er in Bezug auf das seinerzeitige Telefonat noch erinnert. Der Zeuge N. hat insbesondere für den Senat gut nachvollziehbar erklärt, warum das Telefonat erst zu einem so späten Zeitpunkt - nämlich mit der Berufungserwiderung des Klägers vom 14. September 2017 - in das Gerichtsverfahren eingeführt worden ist. Insoweit hat der Zeuge N. glaubhaft geschildert (Sitzungsniederschrift, S. 20), er habe den Kläger vor einigen Wochen gefragt, wie denn der Stand in seinem Rechtsstreit sei, und in diesem Zusammenhang gesagt, dass er sich an das Telefonat erinnern könne, das er damals mit dem Kläger geführt habe; der Kläger selbst habe sich an das Telefonat gar nicht mehr erinnern können, was den Zeugen N. sehr überrascht habe, weil der Kläger "sehr akribisch arbeite", so dass der Zeuge N. es niemals für möglich gehalten hätte, dass der Kläger sich an das mit dem Zeugen N. geführte Telefonat nicht mehr erinnere. Darüber hinaus erscheint es nachvollziehbar, dass der Kläger im Anschluss an das Gespräch den - wenn auch seinerzeit deutlich jüngeren - Zeugen N. angerufen hat, der am Abend des 5. Oktober 2004 anlässlich der gemeinsamen Fahrradtour mit dem Kläger Zeuge der seinerzeitigen Geschehnisse geworden war. Gleichwohl vermag die glaubhafte Schilderung des Zeugen N. über den Inhalt des zwischen ihm und dem Kläger geführten Telefonats den Senat nicht davon zu überzeugen, dass das, was der Kläger dem Zeugen N. im Rahmen dieses Telefonats mitgeteilt hat ("Kinderschänder"), auch dem entspricht, was im Rahmen des streitgegenständlichen Dienstgesprächs tatsächlich durch den Zeugen P. erklärt worden ist. Denn in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen regelmäßig nur dann einer Entscheidung zugrunde gelegt werden kann, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - BVerwG 10 B 20.09 -, juris Rn. 4; Bay. VGH, Beschluss vom 11.1.2012 - 10 ZB 12.2068 -, juris Rn. 8), was hier jedoch - wie dargelegt - nicht der Fall ist.

129

(4) Der Kläger vermag auch nicht mit seiner Argumentation durchzudringen,

130

er sei in dem Gespräch "plötzlich, nichts ahnend, aus heiterem Himmel heraus, vollkommen unvorbereitet und zum allerersten Mal überhaupt" (Klageschrift vom 20.7.2008, S. 7 [Bl. 7/GA) mit den Anschuldigungen des Polizeikommissariats L. aus dessen Einsatzbericht und dessen mündlichen Bericht gegenüber dem Kriminaldauerdienst des G., beides noch am Abend weitergeleitet an seine Dienststelle, konfrontiert worden (Klageschrift vom 10.7.2008, S. 7 [Bl. 7/GA]; Klagebegründung vom 22.7.2013, S. 4 [Bl. 170/GA]);

131

die schweren Vorwürfe aus dem Bericht hätten ihn "unvorbereitet und nichtsahnend getroffen" (Berufungserwiderung vom 14.11.2016, s. 6 [Bl. 804/GA]);

132

die ihm in dem streitgegenständlichen Gespräch "tatsächlich gemachten Vorwürfe, die ihn auf eine Stufe mit einem Kinderschänder stellen", hätten ihn "überfallartig getroffen, wobei die von der Beklagten geschürte Erwartung eines anderen Gesprächsinhaltes die verletzende und sozialvernichtende Wirkung dieser Vorwürfe noch einmal zusätzlich verstärkt" habe;

133

man habe ihn - da man ihm zuvor als Gesprächsthema im Rahmen der Belehrung lediglich "Ingewahrsamnahme nach Nichtbeachtung eines Platzverweises am 5. Oktober 2004" angekündigt hatte - "gewissermaßen unter irreführenden Voraussetzungen in das Gespräch gelockt";

134

die Beklagte hätte keineswegs davon ausgehen dürfen, dass dem Kläger die ihr bekannt gewordenen Vorwürfe auch bekannt geworden seien;

135

die Beklagte habe den Kläger "unter Ankündigung eines anderen, eher harmlos klingenden Themas [...] [im streitgegenständlichen Gespräch] "mit gravierenden Vorwürfen [...] überrascht" (Zulassungserwiderung vom 26.2.2010, S. 9, 12 [Bl. 672, 674/GA]; Berufungserwiderung vom 14.11.2016, S. 5 [Bl. 803/GA]).

136

Was den klägerischen Einwand betrifft, er sei "überraschend bzw. überfallartig" mit dem Vorwurf konfrontiert worden, im Verdacht eines "Kinderschänders" zu stehen, so ist dieser schon deshalb nicht geeignet, (ausnahmsweise) die Annahme einer "äußeren Einwirkung" im Sinne des Dienstunfallrechts zu begründen, weil - erstens - aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen ist, dass in dem Gespräch am 6. Oktober 2004 tatsächlich die Formulierung "Kinderschänder" gefallen ist, und weil sich - zweitens - sowohl dem Einsatzbericht des Polizeikommissariats L. vom 5. Oktober 2004 als auch dem Telefonvermerk des Kriminaldauerdienstes des G. vom 5. Oktober 2004 bei objektiver Sicht nicht entnehmen lässt, dass von dort der Verdacht geäußert worden ist, der Kläger sei ein "Kinderschänder" (s. o.).

137

In Bezug auf den im Bericht des Polizeikommissariats L. tatsächlich gemachten Vorhalt, der Kläger habe sich beim Jugendwaldheim aufgehalten, die Kinder seien deshalb verängstigt gewesen bzw. hätten sich bedroht gefühlt und es habe in der Vergangenheit ein Hausverbot gegeben, ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger hiervon "überrascht" gewesen sein will. Denn er hat in seiner Klageschrift sowie in der weiteren Klagebegründung selbst vorgetragen, er habe sich am 1. Oktober 2004 und am 4. Oktober 2004 mit dem Fahrrad in der Nähe des Jugendwaldheims aufgehalten und mit den begleitenden Lehrkräften Gespräche über seine dortige Anwesenheit geführt (Klageschrift vom 20.7.2008, S. 2f. [Bl. 2f./GA]); am 4. Oktober 2004 sei "überraschend" seine Entfernung gefordert worden (Klageschrift vom 20.7.2008, S. 3 [Bl. 3/GA]). Ferner hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, am Abend des 5. Oktober 2004 habe ihm einer der beiden Polizeibeamten im Zuge der (kurzen) Diskussion um die Rechtmäßigkeit des Platzverweises "in einem Nebensatz mitgeteilt, dass die Bewohner des Jugendwaldheims sich bedroht fühlen würden und man ihn in Gewahrsam nehmen würde, wenn er dem Platzverweis nicht sofort nachkäme" (Klageschrift vom 20.7.2008, S. 4 [Bl. 4/GA]), und auch gegenüber dem (Partei-)Gutachter X. hat der Kläger erklärt, dass ihm einer der Polizeibeamten am Abend des 5. Oktober 2004 mitgeteilt habe, "die Jugendlichen im Waldheim fühlen sich durch Ihre Anwesenheit bedroht; wenn Sie jetzt nicht sofort ´runterfahren, nehmen wir Sie in Gewahrsam (Gutachten vom 23. Dezember 2011, S. 22 [Bl. 240/GA]). Dem Kläger ist also nach seinem eigenen Vortrag bekannt gewesen, dass sich die Kinder durch seine Anwesenheit bedroht gefühlt hatten und dass auch schon vor dem Abend des 5. Oktober 2004 von ihm gefordert worden war, den Bereich in unmittelbarer Nähe des Jugendwaldheims zu verlassen. Eine diesbezügliche Ahnungslosigkeit des Klägers ist mithin bei objektiver Betrachtung nicht nachzuvollziehen. Dies gilt auch im Hinblick auf den Vorwurf des Beobachtens von Kindern als tatsächliche Grundlage der von den Kindern wahrgenommenen Bedrohung. Denn dass sich kindliche/jugendliche Bewohner des Jugendwaldheims bei einer mehrfachen abendlichen Anwesenheit einer männlichen Person, die zudem noch erklärt hatte, in den Verdacht des Voyeurismus in Bezug auf Bewohner eben dieses Jugendwaldheims geraten zu sein, beobachtet fühlen und dementsprechend verängstigt sein können, liegt bei objektiver Betrachtung auf der Hand. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob dem Kläger anlässlich seiner - kurzen - Telefonate mit dem Präsenzdienst des G. in K. sowie mit dem Zeugen O. am Abend des 5. Oktober 2004 mitgeteilt worden ist, dass das Polizeikommissariat L. in seinem Einsatzbericht davon gesprochen hat, dass der Verdacht des Beobachtens bzw. Verängstigens von Kindern bestehe. Denn selbst wenn man die Behauptung des Klägers, dies sei nicht Gegenstand der Telefonate gewesen, als wahr unterstellte, änderte dies nichts an dem Umstand, dass seine vorgebliche "Überraschung" in Bezug auf das Entfernungsbegehren bzw. den Verängstigungsvorwurf angesichts der ihm bekannten Vorgeschichte am 1. und 4. Oktober 2004 sowie seines eigenen Vorbringens nicht glaubhaft ist.

138

Soweit im Bericht des Polizeikommissariats L. sowie in der Notiz des Kriminaldauerdienstes des G. davon die Rede ist, dass in der Vergangenheit gegen den Kläger "schon Strafverfahren anhängig gewesen" sein sollen sowie dass der Betreiber des Jugendwaldheims gegen ihn ein "Hausverbot" verhängt habe, ist auch insoweit eine "Überraschung" des Klägers nicht nachvollziehbar. Denn ihm musste bewusst sein, dass gegen ihn ihm Jahr ... der Verdacht geäußert worden war, am Abend im Jugendwaldheim in den Waschraum der Mädchen geschaut zu haben, und dass dieser Vorwurf seinerzeit jedenfalls zu einem mündlich ausgesprochenen Hausverbot geführt hatte. Dass es keine weiteren strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger gegeben hatte und dass das Hausverbot auf seinen Antrag hin nicht schriftlich bestätigt worden war, ändert nichts an dem Umstand, dass ihm diese Vorgänge bekannt waren und eine diesbezügliche "Überraschung" somit nicht glaubhaft ist. Soweit in der Notiz des Kriminaldauerdienstes des G. als Festnahmegrund "Spannerei" aufgeführt ist, ist auch insoweit angesichts der dem Kläger bekannten Umstände - die Bewohner des Jugendwaldheims hatten sich aktuell durch seine Anwesenheit bedroht gefühlt, er war in der Vergangenheit in den Verdacht geraten, im Jugendwaldheim in den Waschraum der Mädchen geschaut zu haben und hatte dies selbst der weiblichen Lehrkraft im Beisein von Schülern berichtet - eine "Überraschung" des Klägers aus objektiver Sicht nicht nachvollziehbar.

139

Vor diesem Hintergrund überzeugt auch die weitere Argumentation des Klägers nicht, man habe ihm durch den Text der Belehrung (Bl. 38/GA) - "Ingewahrsamnahme nach Nichtbeachtung eines Platzverweises am 05.10.2004" - ein "eher harmlos klingendes" Gesprächsthema angekündigt und ihn dann mit "gravierenden Vorwürfen überrascht". Abgesehen davon, dass der Vorwurf einer Ingewahrsamnahme nach Nichtbeachtung eines Platzverweises, begangen durch einen Beamten der ..., schon als solcher bei objektiver Betrachtung keineswegs - wie offenbar der Kläger meint - als Bagatelle anzusehen ist, erscheint es aus objektiver Sicht lebensfremd, dass bei einem Gespräch über eine Ingewahrsamnahme nach Nichtbefolgung eines Platzverweises nicht auch der Grund des Platzverweises angesprochen wird. Insoweit war dem Kläger - wie ausgeführt - auch durchaus bekannt, dass sich die Kinder durch seine abendliche Anwesenheit in unmittelbarer Nähe des Jugendwaldheims bedroht gefühlt haben und dass er selbst es gewesen war, der die Vorfälle aus dem Jahr ... gegenüber der die Kinder begleitenden weiblichen Lehrkraft zur Sprache gebracht hatte. Aus demselben Gründen greift auch der Vorhalt des Klägers, es sei in Bezug auf das beabsichtigte Gesprächsthema keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt und ihm sei insoweit nicht die Möglichkeit aufgezeigt worden, einen Beistand hinzuzuziehen, nicht durch. Im Übrigen hat der Zeuge O. für den Senat glaubhaft bekundet (Sitzungsniederschrift, S. 8), der Zeuge P. habe dem Kläger nach kurzer Zeit geraten, sich nicht weiter zu äußern, sondern sich einen Rechtsbeistand zu nehmen. Dies korrespondiert auch mit den Ausführungen des Zeugen O. in dessen schriftlichem Vermerk vom 6. Oktober 2004 (Bl. 41/Beiakte 001).

140

Was den Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte betrifft, war dieser aus objektiver Sicht für den Kläger ebenfalls nicht überraschend. Der Kläger selbst hat in seiner Dienstunfallanzeige vorgetragen, "gewaltsam und unter Zufügung von Schmerzen und Verletzungen" zur Polizeidienststelle gebracht worden zu sein (vgl. Bl. 8f./Beiakte 001). Im Klageverfahren hat er vorgebracht, sich nach dem ersten Telefonat mit dem Präsenzdienst des G. in K. in das Krankenhaus L. begeben zu haben, um dort seine Verletzungen dokumentieren zu lassen (Klageschrift vom 20,7.2008, S. 5 [Bl. 5/GA]). Dass bei einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Polizisten und Bürger der Vorwurf seitens der Polizei, der Bürger habe Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet, erhoben werden kann, ist bei objektiver Sicht nicht fernliegend und müsste im Übrigen gerade dem Kläger als ... bekannt gewesen sein.

141

(5) Soweit dem Kläger in dem dienstlichen Gespräch angekündigt worden ist, dass der Vorgang disziplinarrechtlich geprüft werde und angeordnet worden ist, dass er vorläufig nicht mehr im J., sondern im Innendienst eingesetzt werde und seine Dienstwaffe abzugeben habe, ist dieser Gesprächsinhalt bei objektiver Betrachtung ebenfalls nicht geeignet, die Annahme einer Überschreitung des sozialadäquaten Rahmens des Gesprächs zu begründen. Denn zum Zeitpunkt dieses Gesprächs - nämlich nur einen Tag nach den Vorfällen am Abend des 5. Oktober 2004 - standen gravierende Vorwürfe gegen den Kläger im Raum (Voyeurismus, Belästigung von Kindern und Jugendlichen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Platzverweis und dessen Nichtbefolgung), deren inhaltliche Berechtigung nicht absehbar war, so dass der Dienstherr des Klägers gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Bundesdisziplinargesetzes (BDG) zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens verpflichtet gewesen ist. Dass der Dienstherr in Fällen, in denen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht des Vorliegens eines Dienstvergehens bestehen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten hat, ist jedem Beamten bekannt; ebenso, dass zur Aufklärung des Sachverhalts die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen sind und dass dabei die belastenden, aber auch die entlastenden Umstände, die für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme bedeutsam sind, zu ermitteln sind (vgl. § 21 Abs. 1 BDG). Vor diesem Hintergrund kann - was ebenfalls allgemein bekannt ist - jeder Beamter auch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst beantragen, um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten (§ 18 Abs. 1 BDG).

142

Wenn der Kläger geltend macht (Klageschrift vom 20.7.2008, S. 15, 16f. [Bl. 15, 16f./GA]),

143

das Polizeikommissariat L. habe "falsche und ungesicherte Erkenntnisse übermittelt" und sein Dienstherr habe sich diese "falschen Informationen zu eigen gemacht und ungeprüft für Sanktionen gegen ihn genutzt",

144

so wird aus diesem Vorbringen zum einen die - enttäuschte - Erwartung deutlich, die Zeugen hätten den Bericht des Polizeikommissariats L. hinterfragen müssen, weil dieser "falsch" sei; in diesem Sinne wird auch im psychotraumatologischen Gutachten des Z. vom 22. Februar 2015, durch dessen Inhalt sich der Kläger in seinem Anerkennungsbegehren gestützt sieht, hervorgehoben, dass der Kläger

145

von seinem Dienstherrn "Schutz erwartet" und stattdessen "Schutzlosigkeit erlebt" habe (Gutachten S. 6 [Bl. 509/GA]).

146

Zutreffend ist zwar, dass der Freispruch des Klägers in Bezug auf die Anzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im Juni 2006 rechtskräftig geworden ist und dass das gegen den Kläger geführte Disziplinarverfahren im Dezember 2007 mit dem Ergebnis eingestellt worden ist, die gravierendsten Vorwürfe - insbesondere der Verdacht der Belästigung von Kindern und Jugendlichen und der Verdacht, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet zu haben -, hätten sich nicht bestätigt. Diese - spätere - Entwicklung ist jedoch nicht geeignet, dem Dienstgespräch die Sozialadäquanz zu nehmen. Denn für deren Beurteilung kommt es auf den Zeitpunkt des Dienstgesprächs an, so dass es keine Rolle spielt, ob sich eine zum Zeitpunkt des Gesprächs vorhandene Einschätzung - ggf. sehr viel später - als zutreffend oder als nicht zutreffend erweist (so auch VG Berlin, Urteil vom 17.11.2015 - 26 K 123.14 -, juris Rn. 27; Günther, a. a. O., 406f.). Jeder gesunde Mensch muss in der Lage sein, selbst gewisse Ungerechtigkeiten zu ertragen und zu verarbeiten (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 31.8.2009, a. a. O., Rn. 21; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.11.2010, a. a. O., Rn. 33), zumal gegen belastende Maßnahmen - was ebenfalls allgemein bekannt ist - gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann. Dass der Dienstherr aufgrund der zum Zeitpunkt des Dienstgesprächs vorliegenden Erkenntnisse - insbesondere aufgrund des Berichts des Polizeikommissariats L. - nicht ohne weiteres davon ausgehen konnte, die hierin enthaltenen Vorwürfe seien "falsch", sondern die Frage der Berechtigung dieser Vorwürfe der disziplinarrechtlichen Klärung zuführen wollte und dies dem Kläger auch mitteilte, ist bei objektiver Betrachtung offenkundig und musste daher dem Kläger - bei aller Empörung über das ihm aus seiner Sicht zugefügte "Unrecht" - auch bewusst sein. Er kann sich dementsprechend nicht mit Erfolg darauf berufen, das Gespräch habe den Rahmen des sozial Üblichen verlassen, weil er selbst

147

"wusste, dass die [...] Vorwürfe unberechtigt waren", "ihm jedoch während des Gespräches [...] nicht geglaubt" worden sei (Klagebegründung vom 22.7.2013, S. 12 [Bl. 178/GA]).

148

Seine Erwartung, man werde ihm allein auf seine Aussage hin, die polizeilichen Maßnahmen am Vortage seien "falsch" gewesen und die im Bericht enthaltenen Vorwürfe träfen nicht zu, Glauben schenken, ist aus objektiver Sicht als überzogen anzusehen.

149

Der Senat vermag nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht festzustellen, dass sich die Zeugen - wie der Kläger meint - die im Bericht des Polizeikommissariats L. enthaltenen Vorwürfe in dem Sinne "zu eigen gemacht" hätten, dass sie den Kläger "vorverurteilt" und deshalb bereits "Sanktionen verhängt" hätten. Die Ankündigung, ein Disziplinarverfahren einleiten zu wollen, steht bei objektiver Betrachtung keineswegs einer "Vorverurteilung" gleich, ist das Disziplinarverfahren doch gerade darauf ausgelegt, alle be-, aber auch alle entlastenden Umstände zu ermitteln. Dass dem Kläger in jenem Gespräch ein solches angekündigt worden ist, ergibt sich aus dem Vermerk des Zeugen O. vom 6. Oktober 2004 und der entsprechenden Bekundung des Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat (Sitzungsniederschrift, S. 10); dieser Umstand als solcher ist vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt worden (vgl. Zulassungserwiderung vom 26.2.2016, S. 8 [Bl. 671/GA]). Dass sich die Zeugen P., O. und R. indes im Rahmen des Gesprächs bereits dahingehend festgelegt hätten, für sie stehe der Ausgang des Disziplinarverfahrens in dem Sinne fest, dass sie glaubten, die Vorwürfe träfen zu, dass sie also - wie der Kläger meint - eine "Vorverurteilung" vorgenommen bzw. die Vorwürfe "ungeprüft (als wahr) übernommen" hätten (so Klagebegründung vom 27.1.2014, S. 11 [Bl. 331/GA]; Berufungserwiderung vom 14.11.2016, S. 22 [Bl. 820/GA]), hat der Senat im Rahmen der Beweisaufnahme nicht mit der für die Entscheidungsbildung maßgeblichen Gewissheit festzustellen vermocht. Keiner der Zeugen konnte sich daran erinnern, dass Sätze wie

150

ein Bericht einer deutschen Polizeibehörde sei "die allgemeingültige Wahrheit",

151

"So etwas wie Sie können wir hier nicht gebrauchen!"

152

gefallen sind, ebenso wenig, dass man dem Kläger

153

"noch mit auf den Weg gegeben habe, dass man gerne bereit sei, sich bei ihm zu entschuldigen, wenn die Vorwürfe nicht stimmten, wovon man aber nicht ausgehe"

154

(vgl. Sitzungsniederschrift, S. 4, 9, 10, 15, 16).

155

Dass bei Bekanntwerden von Vorwürfen, wie sie aus dem Bericht des Polizeikommissariats L. hervorgehen, ein vorläufiger Abzug des Klägers aus dem - medienintensiven - Bereich des J. erfolgt ist, ist als solcher aus objektiver Sicht ebenfalls nicht zu beanstanden. Dementsprechend stellt auch die Dokumentation dieser Entscheidung durch Entfernen des Namens des Klägers aus dem Magnettafel-Organigramm im Vorzimmer des Abteilungsleiters - auch wenn es sensibler gewesen wäre, hiermit bis nach der Information des Klägers über die mit Blick auf das Disziplinarverfahren durchzuführenden organisatorischen Änderungen abzuwarten - aus objektiver Sicht kein Indiz für eine "Vorverurteilung" dar.

156

Die Anweisung an den Kläger, seine Dienstwaffe abzugeben, stellt aus objektiver Sicht ebenfalls keine Überschreitung des in einem solchen Fall Sozialadäquaten dar. Die Zeugen P., O. und R. konnten sich an die vorläufige Einziehung der Dienstwaffe des Klägers zwar nicht mehr konkret erinnern; sie haben jedoch übereinstimmend und für den Senat gut nachvollziehbar ausgeführt (Sitzungsniederschrift, S. 5, 7, 11, 16), dass die Dienstwaffen "in derartigen Situationen" - also in Situationen, in denen ein Beamter im Verdacht steht, ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen zu haben und sich dementsprechend in einer belastenden psychischen Situation befindet - regelmäßig aus Selbstschutzgründen vorläufig eingezogen würden, .... Die Zeugen P., O. und R. haben auch für den Senat schlüssig erläutert (Sitzungsniederschrift, S. 5, 7, 11, 13, 17, 18), dass diejenigen Beamten, die im Innendienst eingesetzt seien, ihre Dienstwaffe üblicherweise nicht "am Mann" trügen, sondern sie in individuellen Wertfächern deponierten, auf die jeweils nur sie selbst Zugriff hätten; eine Ausnahme bestehe bei den Beamten des J., die, auch wenn sie sich zwischenzeitlich im Dienstgebäude aufhielten, überwiegend eine Dienstwaffe trügen, weil sie "stets auf dem Sprung zu einem AG. seien"; es gebe auch Mitarbeiter, die dauerhaft im Innendienst tätig seien; jene trügen während des Dienstes keine Waffe. Hieraus folgt, dass nicht jeder im Innendienst eingesetzte Beamte stets seine Dienstwaffe "am Mann" trägt, so dass einer - nach außen hin erkennbaren - "Dienstwaffenlosigkeit" aus objektiver Sicht keineswegs die Eignung innewohnt, den Betreffenden als ungeeignet zum Tragen von Schusswaffen zu kennzeichnen. Die Behauptung des Klägers, der Zeuge P. habe im Rahmen des streitgegenständlichen Gesprächs ihm gegenüber erklärt, "Ich halte Sie für ungeeignet, eine Schusswaffe zu tragen!", hat sich nach der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des erkennenden Senats bestätigt (Sitzungsniederschrift, S. 4, 9, 15). Diejenigen Beamten, die - wie der Kläger - vom unmittelbaren J. abgezogen und deren Dienstwaffen vorläufig eingezogen wurden, unterscheiden sich zwar von anderen Beamten im Innendienst dadurch, dass sie auf ihre in eine Waffenkammer verbrachten Dienstwaffen keinen Zugriff haben (Sitzungsniederschrift, S. 7, 18). Dieser Umstand ist jedoch weder nach außen hin erkennbar noch ist mit einer vorläufigen Einziehung der Dienstwaffe aus objektiver Sicht ein abschließendes Urteil über die Eignung des Klägers zum Führen von Schusswaffen verbunden.

157

Soweit der Kläger aufgrund des angekündigten Abzugs vom unmittelbaren J. - verbunden mit dem damit einhergehenden Wegfall von Zulagen - und dem Einsatz im Innendienst - verbunden mit dem damit einhergehenden Wegfall des Schichtdienstes, der Möglichkeit, seine dienstfreien Tage in L. zu verbringen und dem Erfordernis, nunmehr seinen Dienst durchgehend in K. zu verrichten -

158

"von einer Minute auf die nächste grundlos vor einem Scherbenhaufen und dem kompletten Ruin seines Lebens" (Klageschrift vom 20.7.2008, S. 8 [Bl. 8/GA]; Klagebegründung vom 27.1.2014, S. 13f. [Bl. 334f./GA])

159

gestanden haben will, ist dies aus objektiver Sicht ebenfalls nicht nachvollziehbar. Zwar dürfte die Einleitung eines Disziplinarverfahrens mit den beschriebenen vorläufigen Folgen für jeden Beamten als persönlich belastend empfunden werden. Angesichts des - allgemein bekannten - Grundsatzes jedoch, dass zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art 33 Abs. 5 GG ohnehin kein Recht des Beamten auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkreten Amtes im funktionellen Sinne gehört, sondern der Beamte vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.5.1980 - BVerwG 2 C 30.78 -, juris Rn. 23), und dass die hier in Rede stehenden Maßnahmen zudem ersichtlich mit Blick auf die im Disziplinarverfahren zu klärenden Vorwürfe und damit der Sache nach vorübergehend waren, ist das vom Kläger hier geschilderte "Stehen vor einem Scherbenhaufen" objektiv nicht nachzuvollziehen.

160

(6) Soweit der Kläger der Beklagten vorhält, sie habe es unterlassen, den Sachverhalt im Hinblick auf das streitgegenständliche Dienstgespräch zeitnah aufzuklären, weshalb ihm insoweit eine Beweiserleichterung zugutekommen müsse, greift diese Argumentation nicht durch, weil schon ihr tatsächlicher Ausgangspunkt nicht zutrifft.

161

Die Beklagte hat - nachdem der Kläger unter dem 29. Juni 2006 eine Dienstunfallanzeige übersandt und in dieser das am 6. Oktober 2004 geführte Gespräch als Dienstunfallereignis bezeichnet hatte -, unter dem 23. Oktober 2006 den Zeugen P. darum gebeten, zu den Ausführungen des Klägers Stellung zu nehmen (Bl. 14/Beiakte 001) und damit eine zeitnahe Sachverhaltsaufklärung betrieben. Da der Kläger in seiner Dienstunfallanzeige die dort wörtlich niedergelegten Vorwürfe allein dem Zeugen P. zugeschrieben hatte, begegnet es insbesondere keinen rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte die Sachverhaltsermittlung zunächst auf den Zeugen P. beschränkt hat. Nachdem der Zeuge P. unter dem 19. Februar 2007 (Bl. 44/Beiakte 001) Stellung genommen hatte, dieser Stellungnahme der Vermerk des weiteren Vorgesetzten des Klägers, des Zeugen O., vom 6. Oktober 2004 (Bl. 41/Beiakte 001) beigefügt gewesen war, und nachdem beide Stellungnahmen den klägerischen Vortrag im Hinblick auf Gesprächsverlauf und Gesprächsatmosphäre nicht bestätigt hatten, war die Beklagte jedenfalls nicht zwingend gehalten, ergänzend den Zeugen R. als den vierten, nicht auf Vorgesetztenebene befindlichen Gesprächsteilnehmer um Stellungnahme zu bitten. Auf eine zeitnahe Beauftragung medizinischer Sachverständiger im Hinblick auf die Frage der Kausalität zwischen Dienstgespräch und den vom Kläger geltend gemachten Körperschäden kommt es angesichts des Umstandes, dass das streitgegenständliche Dienstgespräch sowohl von seinem Inhalt her (s. o.) als auch in Bezug auf seine Atmosphäre (s. hierzu sogleich) den Rahmen des sozial Üblichen nicht überschreitet, nicht entscheidungserheblich an. Dementsprechend stellt die fehlende Einholung eines Sachverständigengutachtens durch die Beklagte aus objektiver Sicht kein pflichtwidriges Versäumnis dar.

162

bb) Die Beweisaufnahme hat auch nicht ergeben, dass die Gesprächsatmosphäre wesentlich vom sozialadäquaten Maß abgewichen wäre.

163

Nach Einvernahme der Zeugen P., O., R. und N. zu diesem Punkt vermag der Senat insbesondere nicht mit der für die Überzeugungsbildung erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass der Kläger beleidigt oder beschimpft worden wäre. Dass seitens des Zeugen P. der Begriff "Kinderschänder" verwendet wurde, lässt sich nicht feststellen (s. o.). Ebenso wenig vermochte der erkennende Senat die Überzeugung zu gewinnen, dass der Zeuge P. dem Kläger gegenüber den Satz geäußert hat: "Ich habe die Schnauze voll von Ihnen". Die Zeugen P. und R. haben übereinstimmend erklärt, sich an das streitgegenständliche Gespräch - und auf Nachfrage des Gerichts an die Äußerung des Satzes "Ich habe die Schnauze voll von Ihnen" - nicht (mehr) erinnern zu können (Sitzungsniederschrift, S. 3, 14, 15); der Zeuge O., der sich an das streitgegenständliche Gespräch erinnern konnte, hat erklärt, sich an das Fallen des genannten Satzes nicht erinnern zu können. Auch aus der Schilderung des Zeugen N. über das zwischen ihm und dem Kläger am 6. Oktober 2004 geführte Telefonat ergibt sich nicht, dass dem Zeugen der Satz "Ich habe die Schnauze voll von Ihnen" erinnerlich war (Sitzungsniederschrift, S. 19). Soweit der Zeuge N. sich daran erinnert hat, dass der Kläger ihm seinerzeit mitgeteilt hatte, der Vorgesetzte des Klägers habe geäußert, der Kläger solle ihm "nicht mehr unter die Augen treten" (Sitzungsniederschrift, S. 19), korrespondiert dies zwar im Wesentlichen mit dem Vortrag des Klägers, der Zeuge P. habe die Formulierung verwendet "Und jetzt raus hier, verschwinden Sie aus meinen Augen! Ich will Sie hier nicht länger sehen!". Der Senat vermag indes aufgrund der Vernehmung der unmittelbar an diesem Gespräch beteiligten Zeugen P., O. und R. nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Satz "Und jetzt raus hier, verschwinden Sie aus meinen Augen! Ich will Sie hier nicht länger sehen!" tatsächlich gefallen ist, denn die Zeugen P. und R. hatten an das Gespräch als solches und auch an diesen Satz keine Erinnerung (Sitzungsniederschrift, S. 3, 4, 14, 15), während der Zeuge O. sich zwar an den Inhalt des Gesprächs, aber nicht an das Fallen dieses Satzes erinnert hat (Sitzungsniederschrift, S. 10). Vor diesem Hintergrund gilt auch hier, dass die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen regelmäßig nur dann einer Entscheidung zugrunde gelegt werden kann, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (s. o.), was hier jedoch nicht der Fall ist.

164

Auch der Vorhalt des Klägers, das Gespräch sei in Teilen seitens des Zeugen P. "schreiend" und "äußerst aggressiv" geführt worden, hat sich nach der Beweisaufnahme nicht im Sinne der erforderlichen Überzeugungsgewissheit bestätigt. Der Zeuge O. hat zur Gesprächsatmosphäre geschildert, dass es auf jeden Fall eine sehr ernste Situation und dass es auch für den Zeugen O. kein angenehmes Gespräch gewesen sei (Sitzungsniederschrift, S. 9). Der Zeuge O. hat weiter ausgeführt, dass der Zeuge P. nicht geschrien habe; es sei ein unangenehmer Vorfall und ein unangenehmes Gespräch gewesen (Sitzungsniederschrift, S. 11); dass das Gespräch "emotional aufgeladen" gewesen sei, würde er nicht sagen; das Gespräch sei "angespannt" gewesen, es sei aber stringent und rechtmäßig abgelaufen (Sitzungsniederschrift, S. 13). Der Zeuge N. hat bekundet, der Kläger habe ihm gesagt, er sei "fast angeschrien" worden (Sitzungsniederschrift, S. 19). Nach Würdigung dieser Aussagen ist der Senat davon überzeugt, dass der Zeuge P. zwar laut gesprochen hat, ein "Anschreien" - und damit ein sozialinadäquates Verhalten - des Zeugen P. ist hingegen nicht feststellbar, ebenso wenig wie eine "äußerst aggressive" Gesprächsführung des Zeugen P.. Denn angesichts des unstreitigen Gesprächsgegenstandes (Vorfall vom 5. Oktober 2004 auf der Grundlage der dem G. bis dato vorliegenden schriftlichen Berichte/Vermerke, Ankündigung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens, Bekanntgabe vorläufiger dienstrechtlicher Maßnahmen) sowie angesichts des persönlichen Eindrucks, den der erkennende Senat vom Zeugen O. gewonnen hat, ist zwar davon auszugehen, dass die Gesprächsatmosphäre angespannt gewesen ist und den Kläger dementsprechend belastet hat. Eine angespannte Gesprächsatmosphäre ist indes bei Dienstgesprächen über Vorfälle mit disziplinarrechtlicher Relevanz, bei denen der Verdacht eines schwerwiegenden Dienstvergehens im Raum steht - auch wenn solche Gespräche nicht zum "Tagesgeschäft" von Dienstvorgesetzten gehören -, nicht unüblich und rechtfertigt daher als solche - d. h. ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, die hier nicht feststellbar sind - nicht den Schluss, der dienstliche Umgang mit dem Kläger sei sozialinadäquat gewesen.

165

Auch die weitere Behauptung des Klägers, ihm sei nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden (Klagebegründung vom 22.7.2013, S. 12 [Bl. 178/GA]; Berufungserwiderung vom 14.11.2016, S. 2 [Bl. 800/GA]), lässt sich nach der Beweisaufnahme nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen. Bereits in dem Vermerk des Zeugen O. vom 6. Oktober 2004 (Bl. 41/Beiakte 001) heißt es, dass sich der Kläger zu den Vorwürfen sehr umständlich und ausführlich geäußert habe, ohne jedoch auf den Punkt zu kommen; im Ergebnis habe er indes die Maßnahme der Polizei aus seiner Sicht als unbegründet dargestellt und erklärt, er habe deshalb dem durch die Polizeibeamten ausgesprochenen Platzverweis nicht nachkommen wollen. Ferner wird in diesem Vermerk auch die Aussage des Klägers zu dem im Bericht enthaltenen Vorhalt, er sei "amtsbekannt", wiedergegeben, nämlich dahingehend, dass der Kläger mitgeteilt habe, dass gegen ihn nichts vorliege. Dies verdeutlicht, dass sich der Kläger durchaus hat äußern können. Der Zeuge O. hat zwar in seiner Vernehmung auch bekundet, dass der Kläger letztlich wenig gesagt habe (Sitzungsniederschrift, S. 11f.); er hat in diesem Zusammenhang jedoch erneut darauf hingewiesen, dass der Zeuge P. dem Kläger kurz nach dem Beginn des Gesprächs den Rat gegeben habe, sich nicht weiter zu äußern, sondern einen Rechtsbeistand zu nehmen (Sitzungsniederschrift, S. 12 in Verbindung mit S. 8f.). Nach diesen - für den Senat glaubhaften - Ausführungen des Zeugen P. ist der Senat nicht davon überzeugt, dass eine sozialinadäquate Gesprächsatmosphäre in dem Sinne vorgelegen hat, dass dem Kläger etwa ohne nähere Erläuterungen "das Wort abgeschnitten worden" wäre.

166

Der Senat hat schließlich auch nicht feststellen können, dass der Kläger "durch demonstratives Öffnen der Tür regelrecht aus dem Raum gedrängt worden" wäre. Der Zeuge O. hat ein solches "Aus-dem-Raum-Drängen" verneint (Sitzungsniederschrift, S. 12), die Zeugen P. und R. haben - wie im Hinblick auf das Gespräch insgesamt - so auch im Hinblick auf dieses Detail bekundet, keine Erinnerung mehr zu haben (Sitzungsniederschrift, S. 6, 17), und den Ausführungen des Zeugen N. lässt sich insoweit nichts entnehmen (Sitzungsniederschrift, S. 12).

167

cc) Ist nach alledem das Tatbestandsmerkmal der "äußeren Einwirkung" im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. nicht mit dem für die Entscheidungsbildung erforderlichen Maß an Wahrscheinlichkeit feststellbar und liegt daher der im Dienstunfallrecht notwendige Ursachenzusammenhang schon aus wertenden/normativen Gründen nicht vor, ist eine medizinische Beurteilung der Kausalität zwischen dem dienstlichen Gespräch und den vom Kläger geltend gemachten Körperschäden nicht erforderlich.

168

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

169

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

170

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. Abs. 2 VwGO, § 63 Abs. 3 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG), § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRGG) liegen nicht vor.