Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.11.2002, Az.: 2 L 7632/94
Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Ausbürgerung; Ausländer; politische Verfolgung; Repressionsmaßnahme; Türke; Türkei; Verfolgung; Wehrdienstentziehung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 26.11.2002
- Aktenzeichen
- 2 L 7632/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43965
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 04.04.2003 - AZ: BVerwG 1 B 70.03
Rechtsgrundlagen
- § 51 Abs 1 AuslG
- § 53 Abs 1 AuslG
- Art 16a Abs 1 GG
- § 1 GK
- § 31 StlÜbk
- § 11 TStAG
- § 25c TStAG
- § 8 TStAG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zu der Frage, welche Bedeutung der Ausbürgerung eines türkischen Staatsangehörigen wegen Wehrdienstentziehung in einem Verfahren auf Gewährung von Asyl gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG und Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG bzw. § 53 AuslG zukommt.
Tatbestand:
Der am 20. April 1972 als türkischer Staatsangehöriger in E. geborene Kläger ist nach eigenen Angaben kurdischer Volkszugehöriger. Er reiste seinen Angaben zufolge am 19. März 1993 aus der Türkei aus, gelangte am 23. oder 24. März 1993 in die Bundesrepublik Deutschland und beantragte am 19. April 1993 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) trug der Kläger am 28. April 1993 vor, er habe 10 bis 15 Jahre lang bis November oder Dezember 1992 in E. gewohnt. Danach habe er sich bis zu seiner Ausreise in F., G. und in H., dem Heimatort seiner Eltern, aufgehalten.
Er sei in der Türkei nicht Mitglied einer politischen Partei oder Organisation gewesen. Er habe allerdings seit Mai 1988 einem Verein angehört, den sie in E. gegründet hätten. Es habe sich um einen Kultur- und Forschungsverein gehandelt, der sich für Menschenrechte, gegen Unterdrückung und gegen Preiserhöhungen eingesetzt habe. Er und die anderen Mitglieder des Vereins hätten Demonstrationen und Veranstaltungen durchgeführt sowie Plakate verteilt. Dies sei alles legal gewesen, da der Verein zunächst zugelassen gewesen sei. Im Dezember 1990 sei der Verein sodann von der Polizei überfallen worden. Sie seien festgenommen und auf die Polizeidirektion gebracht worden. Dort seien sie eine Woche lang geschlagen, misshandelt und gefoltert worden. Danach seien sie wegen des Vorwurfs, Mitglied in einer verbotenen linken Organisation zu sein, vor das Staatssicherheitsgericht in E. gestellt worden. Das Gericht habe den Verein zwar verboten, ihn und die anderen Angeklagten jedoch freigesprochen.
Nachdem der Verein verboten worden sei, habe er – der Kläger – keine Tätigkeiten mehr für den Verein ausgeübt. Er sei allerdings drei bis vier Mal von der Polizei abgeholt und zur Wache gebracht worden. Dort sei er nach seinem Cousin I., der Vorsitzender des Vereins gewesen sei, und nach seiner Verlobten, J., befragt worden. Die Polizei habe deren Aufenthaltsort wissen wollen. I. sei im Juni 1990 aus der Türkei ausgereist, seine Verlobte im April 1992. Die ersten drei Inhaftierungen hätten einen Tag angedauert, die letzte Inhaftierung, die im Juli 1992 gewesen sein müsse, zwei Tage. Da sein Leben in Gefahr gewesen sei, habe er E. verlassen und sei nach F., G. und K. gegangen. Von dort aus sei er aus der Türkei ausgereist.
Der Kläger gab weiter an, dass er nach dem Abschluss der Schule eine Aufforderung zum Antritt seines Militärdienstes erhalten habe. Er habe den Militärdienst im Mai 1993 in L. im Osten der Türkei antreten sollen. Er habe als Kurde gegen Kurden kämpfen sollen. Das habe er nicht gewollt.
Mit Bescheid vom 25. Mai 1993 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und forderte den Kläger unter gleichzeitiger Androhung der Abschiebung zur Ausreise auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatstaates aufhalte oder dass ihm bei der Rückkehr eine politische Verfolgung drohe. Sein Vorbringen, er sei im Jahre 1992 mehrmals von der Polizei festgenommen worden, könne trotz erheblicher Zweifel als wahr unterstellt werden. Denn es begründe den geltend gemachten Asylanspruch nicht, weil das angebliche Verhalten der türkischen Behörden die asylrechtlich relevante Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten habe. Auch die Einberufung des Klägers zum Militärdienst sei asylrechtlich nicht relevant. Eine dem Kläger eventuell drohende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung sei nicht als eine politische Verfolgungsmaßnahme zu werten, sondern als Ahndung kriminellen Unrechts. Das Asylbegehren könne auch nicht auf die geltend gemachte kurdische Volkszugehörigkeit gestützt werden, weil die Kurden in der Türkei nicht als Gruppe verfolgt würden. Der Kläger müsse bei der Rückkehr in die Türkei auch nicht wegen der Stellung des Asylantrages mit politischer Verfolgung rechnen.
Mit seiner am 7. Juni 1993 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG,
hilfsweise,
des § 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben über die Frage, mit welcher Bestrafung der Kläger im Falle der Rückkehr in die Türkei wegen seiner Verweigerung des Antritts zum Wehrdienst zu rechnen hat und ob ihm darüber hinaus, sei es wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit sei es wegen einer vermuteten Gegnerschaft zum Kurdenkonflikt oder aus anderen Gründen menschenrechtswidrige Behandlung droht, durch Einholung eines Gutachtens von M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 16. März 1994 verwiesen.
Mit Urteil vom 28. Juni 1994 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG. Er sei Kurde. Seine Eltern stammten aus dem Dorf H. in der Provinz K.. Sowohl nach dem Nüfus als auch nach dem Wehrpass sei bezüglich des Klägers das „erste Meldeamt“ in H.. Der Kläger habe zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass er im Mai 1993 seinen Militärdienst im Osten der Türkei habe antreten sollen und dass er in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sei, um nicht gegen die PKK, zu der er stehe, weil sie die Rechte der Kurden verteidige, kämpfen zu müssen. Das Gericht sei insbesondere auf Grund des Gutachtens von M. vom 16. März 1994 zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr in die Türkei außer einer Strafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren und des Militärdienstes in voller Länge wegen seiner kurdischen Herkunft und der aus der Wehrdienstentziehung geschlossenen Gegnerschaft zum Staate eine „besondere Behandlung“ drohe, die die körperliche Unversehrtheit ernsthaft bedrohe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom 11. Senat des erkennenden Gerichts zugelassene Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten.
Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. März 1998 die Kopie eines Auszuges aus dem Türkischen Staatsanzeiger vom 11. Juni 1997 vorgelegt. Der Auszug umfasst eine Liste von 116 Personen. Der Kläger ist unter Nr. 39 der Liste aufgeführt. Nach der von dem Kläger eingereichten Übersetzung heißt es in dem Auszug aus dem Staatsanzeiger, dass in der Liste Wehrpflichtige aufgeführt seien, die im Inland keine Anmeldung hätten und sich, wie festgestellt worden sei, im Ausland aufhielten. Wenn diese Personen innerhalb von drei Monaten nach dieser Veröffentlichung nicht in die Türkei kämen und sich gemäß dem § 25 Abs. CC und d des Bürgerschaftsgesetzes Nr. 403 den zuständigen Behörden wegen ihres Wehrdienstes zur Verfügung stellten, würden gegen sie entsprechend den Bestimmungen des genannten Gesetzes Verfahren zum Verlust ihrer Staatsbürgerschaft eingeleitet werden. Dies werde hiermit bekannt gegeben.
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2002 hat der Kläger einen Auszug aus dem Türkischen Staatsanzeiger vom 16. Juli 2001 vorgelegt. Nach der von dem Kläger eingereichten Übersetzung heißt es in dem Dokument, der Ministerrat habe am 18. Juni 2001 gemäß Art. 25 Abs. a, c und d des Türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (Gesetz-Nr. 403) entschieden, dass 901 Personen, deren Personalien in den beigefügten Listen niedergeschrieben seien, die türkische Staatsangehörigkeit verloren hätten. Gemäß Art. 45 des Türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes und dem Gesetz über die Zustellung (Gesetz-Nr. 7201) gelte die Zustellung bei Personen, deren letzte Anschrift nicht bekannt sei, mit Ablauf eines Jahres nach der Veröffentlichung als erfolgt. Im Anschluss an diesen Text ist unter der Überschrift „Art. 25 Abs. C“ eine mit der laufenden Nr. 649 beginnende Liste abgedruckt, in der der Kläger unter der Nr. 661 aufgeführt ist.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt zur Begründung seiner Berufung vor, die von dem Kläger geltend gemachte Ausbürgerung nach Art. 25 c des Türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes wegen Nichtableistung des Wehrdienstes sei keine politische Verfolgung. Derlei stelle eine generell übliche Sanktion für die Verletzung einer alle türkischen Staatsbürger gleichermaßen treffende Pflicht zum Militärdienst dar. Es seien keine Anhaltspunkte dargelegt oder erkennbar, dass die Maßnahme an asylerhebliche Merkmale anknüpfe. Ob die Mehrzahl der Personen, die in dem von dem Kläger vorgelegten Türkischen Staatsanzeiger aufgeführt seien, kurdischer Herkunft seien oder nicht, könne dahinstehen. Denn wenn die Mehrzahl der in Deutschland befindlichen türkischen Asylbewerber bzw. Staatsbürger, die in der Türkei nicht mehr gemeldet und auch nicht zur Rückkehr bereit seien, kurdischer Herkunft sei, seien es zwangsläufig auch die Personen, die auf dieser Liste aufgeführt seien. Eine asylrechtlich relevante Tendenz des türkischen Staates, nur kurdische Wehrpflichtige auf diese Weise anzusprechen, könne infolgedessen nicht festgestellt werden.
Für die Frage der politischen Verfolgung eines Staatenlosen komme es grundsätzlich auf die Verhältnisse im Land des gewöhnlichen Aufenthaltes an. Da die Türkei den Kläger ausgebürgert habe, sei sie nicht mehr das Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes. Es sei deshalb unerheblich, ob der Kläger in der Türkei von politischer Verfolgung bedroht sei. Dass die unterstellte Weigerung des türkischen Staates, den Kläger zurückkehren zu lassen, wegen asylerheblicher Merkmale erfolge, sei nicht erkennbar. Dessen ungeachtet fehlten auch in der Sache zureichende Gründe für die Annahme bestehender politischer Verfolgungsgefahren oder gemäß § 53 AuslG relevanter Rückkehrgefahren. Der Kläger habe bei einer eventuellen Rückkehr in die Türkei nicht wegen Wehrdienstentziehung bzw. Nichtableistung des Wehrdienstes mit politischer Verfolgung zu rechnen. Es sei auch nicht dargetan oder ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr in die Türkei unter dem Gesichtspunkt der Sippenhaft gefährdet wäre. Ihm drohe auch nicht wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten für die kurdische Sache politische Verfolgung.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen Bezug und trägt ergänzend vor: Die ordnungsrechtliche Maßnahme der Entziehung der Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit der Verweigerung der Wehrpflicht knüpfe offenbar an seine kurdische Volkszugehörigkeit an. Die neben ihm im Türkischen Staatsanzeiger vom 11. Juni 1997 aufgeführten Personen seien allem Anschein nach ebenfalls kurdische Volkszugehörige. Seine Ausbürgerung stelle daher eine politische Verfolgung dar.
Der Kläger trägt weiter vor, dass er sich in Deutschland umfangreich exilpolitisch betätigt habe. Es bestehe die Gefahr, dass er bei seinen exilpolitischen Aktivitäten identifiziert worden sei und deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei politischer Verfolgung ausgesetzt sein werde. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass er am 19. Mai 1997 Mitglied des Vereins „DIDF-Interkulturelles Forum e.V.“ mit Sitz in N. geworden sei. Er nehme regelmäßig an den Veranstaltungen des Vereins teil.
Der Kläger macht ferner geltend, ihm sei auch auf Grund seiner kurdischen Volkszugehörigkeit Asyl zu gewähren. Ihm stehe innerhalb der Türkei keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.
Der Kläger trägt schließlich vor, dass sein Vater O. und seine Mutter P. als Asylberechtigte anerkannt worden und im Besitz eines vom Landkreis Q. ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge sowie einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis seien. Auch seine Brüder R., S. und T. seien als Asylberechtigte anerkannt. Sie hätten zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Im Falle seiner Abschiebung in die Türkei drohe die Gefahr, dass er in die Verfolgung seiner Familienangehörigen einbezogen werde.
Die Beklagte stellt keinen Antrag.
Sie trägt vor, die Ausbürgerung des Klägers sei nicht als politische Verfolgung zu werten, weil den türkischen Ausbürgerungsvorschriften wegen Wehrdienstverweigerung keine asylerhebliche Verfolgungstendenz inne liege. Es sei nicht erkennbar, dass kurdische Wehrpflichtige von einer Ausbürgerung vermehrt und in Anknüpfung gerade an ihre Volkszugehörigkeit betroffen seien. Kurdische Wehrpflichtige würden wegen ihrer Volkszugehörigkeit nicht anders behandelt als türkische Wehrpflichtige. Asylrechtlich relevante Übergriffe auf Kurden seien nicht bekannt geworden. Soweit bisweilen von unangemessener Behandlung von Kurden in der türkischen Armee berichtet werde, könne aus der geringen Anzahl von Referenzfällen noch keineswegs auf eine systematische, gegen die Ethnien der Betreffenden gerichtete Verfolgung geschlossen werden. Auch wenn in der von dem Kläger vorgelegten Liste überwiegend oder ausschließlich Kurden erfasst seien, könne dem bereits im Hinblick auf den hohen Anteil kurdischer Volkszugehöriger unter den Asylbewerbern aus der Türkei, für die generell die Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes bzw. zur Rückkehr bestehe, eine selektive, lediglich gegen kurdische Wehrpflichtige gerichtete Maßnahme des türkischen Staates nicht entnommen werden.
Die Beklagte trägt weiter vor, dass es sich bei den exilpolitischen Aktivitäten des Klägers nicht um solche exponierter Art handele, denen eine eventuelle Asylrelevanz zukommen könne.
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, die den Kläger, seine Eltern und seine Brüder U. und S. betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die den Kläger bzw. seinen Bruder R. betreffenden Ausländerakten des Landkreises Q. bzw. der Stadt N. Bezug genommen.
Die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel ergeben sich aus den Anlagen zu der Verfügung des Gerichts vom 6. November 2002.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten ist begründet. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Ebensowenig liegen in seinem Fall die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 AuslG vor.
1. Die Beklagte ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht verpflichtet, den Kläger gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
a) Bei dieser rechtlichen Bewertung ist davon auszugehen, dass der Kläger im Verlaufe des Berufungsverfahrens staatenlos geworden ist.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. Juli 2002 vorgetragen und durch Vorlage eines Auszuges aus dem Türkischen Staatsanzeiger (Resmi Gazete) vom 16. Juli 2001 glaubhaft gemacht, dass ihm durch Beschluss des Ministerrates vom 16. Juli 2001 gemäß Art. 25 c des Türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 403 vom 11. Februar 1964 (TStAG, abgedruckt in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 6. Aufl., Stand: Oktober 2002, Abschnitt Türkei, S. 3 ff.) die türkische Staatsangehörigkeit aberkannt worden ist.
Es besteht keine Veranlassung, dieses Vorbringen des Klägers in Zweifel zu ziehen, zumal er bereits mit Schriftsatz vom 9. März 1998 einen Auszug aus dem Türkischen Staatsanzeiger vom 11. Juni 1997 vorgelegt hatte, in dem die Einleitung eines Verfahrens zum Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 25 TStAG unter anderem gegen ihn angekündigt worden war.
Bedenken gegen die Echtheit der von dem Kläger vorgelegten Dokumente bestehen nicht. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes werden Ausbürgerungen insbesondere nach wie vor in der auch im Falle des Klägers vollzogenen Weise im türkischen Gesetzblatt/Amtsblatt (Resmi Gazete) veröffentlicht (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft v. 11.06.2002 an das VG Hannover und Lagebericht Türkei v. 09.10.2002, S. 32).
b) Da dem Kläger die türkische Staatsangehörigkeit aberkannt worden ist und er auch nicht eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat, ist er staatenlos geworden.
Der Anspruch auf Asyl gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG und Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG kann – wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zutreffend unter Hinweis auf verschiedene Erkenntnisquellen (Heidelmann, Sachverhaltsaufklärung und Ermittlungstiefe im Asylverfahren, abgedruckt in: Loccumer Protokolle 75/99, S. 17, 20; UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, September 1979, S. 27, Anm. 101; UNHCR, Auslegung von Art. 1 des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, April 2001) vorgetragen hat – grundsätzlich auch Staatenlosen zustehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 12.02.1985 - 9 C 45.84 -, DVBl. 1985, 579; Nds. OVG, Urt. v. 29.09.1994 - 11 OVG A 27/85 -). Das entspricht auch dem Flüchtlingsbegriff in Art. 1 A Nr. 2 2. Halbsatz des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (- GK -, BGBl. 1953 II, S. 559 und BGBl 1954 II, S. 619), der sich im Wesentlichen mit dem Begriff des politisch Verfolgten in Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG deckt (vgl. zu Art. 16 a Abs. 2 Satz 2 GG a.F. BVerwG, Urt. v. 12.02.1985, a.a.O., m.w.N.). Nach dieser Bestimmung ist Flüchtling auch eine Person, die „sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse“ (gemeint sind die Tatbestände politischer Verfolgung) „außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will“.
Insoweit sind im Falle des Klägers allerdings nur dann die Verhältnisse in der Türkei maßgeblich, wenn er noch die Möglichkeit hat, wieder in die Türkei zurückzukehren. Denn ein Staat, der einem Staatenlosen die Wiedereinreise verweigert, löst damit die Beziehungen zu diesem Staatenlosen und hört auf, für ihn das Land des gewöhnlichen Aufenthaltes zu sein. Er steht dem Staatenlosen in einem solchen Fall in gleicher Weise gegenüber wie jeder andere Staat. Dann aber ist es unerheblich, ob ein Staatenloser in dem Land, das früher das Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes war, politischer Verfolgung ausgesetzt war oder von politischer Verfolgung bedroht ist. Sein Status richtet sich vielmehr nach dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954 (- StlÜbk -, BGBl 1976 II, S. 473; 1977 II, S. 235) und nicht nach Art. 16 a Abs. 1 GG sowie § 51 Abs. 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1995 - 9 C 3.95 -, DVBl 1996, 205, 207).
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers demgegenüber in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Auffassung vertreten hat, der Kläger könne nicht auf das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen verwiesen werden, weil sehr zweifelhaft sei, ob er die ihm daraus zustehenden Rechte bei den zuständigen Verwaltungsbehörden durchsetzen könne, muss er sich entgegenhalten lassen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das erkennende Gericht angeschlossen hat, ein Ausländer aus dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen grundsätzlich unmittelbar Ansprüche herleiten kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.1992 - 1 C 49.88 -, NVwZ 1992, 1211, 1212; Nds. OVG, Urt. v. 29.09.1994, a.a.O.). In diesem Zusammenhang ist etwa auf Art. 31 StlÜbk hinzuweisen, der einen besonderen Ausweisungs- und Abschiebungsschutz gewährleistet (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1995, a.a.O.; Nds. OVG, Urt. v. 29.09.1994, a.a.O.).
Es kann entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers in diesem asylrechtlichen Verfahren nicht von vornherein unterstellt werden, dass es dem Kläger nicht gelingt, die ihm aus dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen zustehenden Rechte bei den zuständigen Verwaltungsbehörden durchzusetzen. Der Kläger hat im Übrigen gegebenenfalls die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit etwaiger ablehnender verwaltungsbehördlicher Entscheidungen verwaltungsgerichtlich überprüfen zu lassen.
Die Türkei stellt nach den genannten Maßstäben nicht mehr das Land des gewöhnlichen Aufenthaltes des Klägers dar. Dem Kläger, der bereits seit März 1993 in Deutschland lebt, ist am 16. Juli 2001 die türkische Staatsangehörigkeit aberkannt worden. Da der Kläger auf Grund seiner Ausbürgerung von den türkischen Behörden als Ausländer betrachtet wird, kann er nicht in rechtlich zulässiger Weise auf Dauer in die Türkei zurückkehren (vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urt. v. 24.10.1995, a.a.O.; Nds. OVG, Urt. v. 29.09.1994, a.a.O., OVG Koblenz, Urt. v. 01.10.1991 – 13 A 10021/87 -, NVwZ-RR 1992, 326). Der Kläger kann sich zwar durch einen bei dem zuständigen türkischen Konsulat zu stellenden Antrag um seine Wiedereinbürgerung bewerben (vgl. Art. 11 TStAG). Eine Wiedereinbürgerung, über die der türkische Ministerrat zu entscheiden hat (vgl. Art. 8 TStAG), setzt jedoch voraus, dass der Kläger verbindlich erklärt, den Militärdienst ableisten zu wollen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Türkei v. 09.10.2002, S. 32; Nds. OVG, Urt. v. 29.09.1994, a.a.O., m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 01.10.1991, a.a.O., m.w.N.). Ein solches Vorgehen des Klägers kann ausgeschlossen werden, nachdem er im Jahre 1993 gerade deshalb aus der Türkei ausgereist ist, um dort den Militärdienst nicht antreten zu müssen.
c) Die Ausbürgerung des Klägers als solche stellt keine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG und des § 51 Abs. 1 AuslG dar.
aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 24.10.1995, aaO, m.w.N.) ist geklärt, dass „Aussperrungen“ und „Ausgrenzungen“ in Gestalt von Rückkehrverweigerungen politische Verfolgung darstellen können, wenn sie wegen asylerheblicher Merkmale des Betroffenen erfolgen. Dasselbe gilt im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG, der insoweit mit Art. 16 a Abs. 1 GG deckungsgleich ist. Die Verweigerung der Wiedereinreise muss also auf die Rasse, die Religion, die Nationalität, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder auf die politische Überzeugung des Asylbewerbers zielen. Das wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn die Aussperrung Staatsangehörige betrifft. Bei Staatenlosen kann eine solche Maßnahme auch auf anderen als auf asylrelevanten Gründen beruhen, wenn beispielsweise der Staat ein Interesse daran hat, die durch den Aufenthalt von Staatenlosen in seinem Staatsgebiet entstandene wirtschaftliche Belastung zu mindern oder Gefahren für die Staatssicherheit durch potentielle Unruhestifter vorzubeugen, oder weil er keine Veranlassung sieht, Staatenlose, die freiwillig das Land verlassen haben, weiterhin aufzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1995, aaO).
Diese Grundsätze finden auch auf die hier zu beurteilende Ausbürgerung des Klägers Anwendung.
bb) Es ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht ersichtlich, dass seine Ausbürgerung gerade wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit erfolgt ist. Der Ausbürgerung des Klägers liegt vielmehr, wie sich aus den von ihm vorgelegten Auszügen aus dem Türkischen Staatsanzeiger vom 16. Juli 2001 und 11. Juni 1997 ergibt, die Vorschrift des Art. 25 c TStAG zu Grunde. Danach kann der Ministerrat denjenigen Personen die türkische Staatsangehörigkeit aberkennen, die sich im Ausland befinden und ohne triftigen Grund drei Monate lang der amtlichen Einberufung der zuständigen Behörden zur Ableistung des Militärdienstes keine Folge leisten. Die vorgenannte Vorschrift hebt weder auf die Ethnie noch auf die Religionszugehörigkeit oder gar auf politische Überzeugungen der Wehrpflichtigen ab. Sie knüpft allein an den Umstand an, dass der Betreffende sich weigert, zwecks Ableistung des Militärdienstes in die Türkei zurückzukehren. Sie stellt eine ordnungsrechtliche Sanktion für die Verletzung der alle türkischen Wehrpflichtigen gleichermaßen treffende Pflicht zur Ableistung des Militärdienstes dar. Der Art. 25 c TStAG knüpft demnach seiner objektiven Gerichtetheit nach nicht an asylerhebliche Persönlichkeitsmerkmale an (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1995, aaO; Nds. OVG, Urt. v. 30.09.1998 - 2 L 2548/95 -; Nds. OVG, Urt. v. 29.09.1994, aaO; OVG Koblenz, Urt. v. 01.10.1991, aaO).
Ob, wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 9. März 1998 gemutmaßt hat, die Personen, die außer ihm im Türkischen Staatsanzeiger vom 11. Juni 1997 aufgeführt sind, ebenfalls kurdische Volkszugehörige sind, kann dahinstehen. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten und die Beklagte haben dazu in ihren Schriftsätzen vom 24. März 1998 und 14. April 1998 zu Recht darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf den hohen Anteil kurdischer Volkszugehöriger unter den Asylbewerbern aus der Türkei eine asylrechtlich relevante Gerichtetheit der Maßnahme des türkischen Staates, kurdische Wehrpflichtige in Anknüpfung gerade an ihre Volkszugehörigkeit gemäß Art. 25 c TStAG auszubürgern, nicht festzustellen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass kurdische Wehrpflichtige auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit in der Türkei auch nicht mit einer höheren Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung oder Wehrdienstverweigerung zu rechnen haben als andere türkische Staatsangehörige. Es fehlen auch ausreichende Hinweise darauf, dass bereits die Einberufung zum Militärdienst an asylrelevante Merkmale anknüpft, etwa um einen Wehrpflichtigen (auch) wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit oder wegen seiner wirklichen oder vermuteten politischen Überzeugung zu treffen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.01.1999 - 2 L 2252/94 -).
cc) In der Ausbürgerung des Klägers liegt auch nicht eine verdeckte Repressionsmaßnahme, um ihn in einem seiner asylrechtlich geschützten persönlichen Merkmale zu treffen. Denn der Kläger ist weder in der Türkei noch in Deutschland als exponierter Gegner des türkischen Regimes hervorgetreten.
Soweit sich der Kläger auf die Maßnahmen berufen hat, die der türkische Staat im Dezember 1990 wegen seiner Aktivitäten für den sodann verbotenen Verein gegen ihn ergriffen haben soll, muss er sich entgegenhalten lassen, dass er selbst vorgetragen hat, das Staatssicherheitsgericht habe ihn von dem Vorwurf, Mitglied in einer verbotenen linken Organisation zu sein, freigesprochen.
Die vier Verhaftungen, die nach dem Vorbringen des Klägers im Jahre 1992 gegen ihn ergriffen worden sein und drei Mal einen Tag sowie ein Mal zwei Tage lang angedauert haben sollen, haben die Schwelle asylerheblicher Relevanz nicht erreicht. Im Übrigen hat der türkische Staat nach der letzten Freilassung des Klägers, die im Juli 1992 erfolgt sein soll, keine asylrechtlich bedeutsamen Maßnahmen und auch keine wirksamen Vorkehrungen getroffen, um sich die Möglichkeit des Zugriffs auf ihn zu sichern. Der Kläger hat vielmehr, ohne dass es zu weiteren Vorfällen gekommen ist, bis November bzw. Dezember 1992 in E. gewohnt, die Stadt sodann ungehindert verlassen und danach in F., G. und V., dem Heimatort seiner Eltern, gelebt. Im März 1993 hat er die Türkei mit Hilfe eines auf ihn ausgestellten Reisepasses verlassen, wobei er eine Grenzkontrolle hat passieren können. Dieser Geschehensablauf zeigt nach der Überzeugung des Senats, dass der türkische Staat den Kläger vor seiner Ausreise nicht staatsfeindlicher politischer Tätigkeiten beschuldigt oder auch nur verdächtigt hatte.
Der Kläger ist auch nicht in Deutschland in einer Weise politisch hervorgetreten, die die Annahme rechtfertigt, dass der türkische Staat deshalb zur Maßnahme der Ausbürgerung gegriffen hat.
Exilpolitische Aktivitäten in Deutschland begründen ein beachtlich wahrscheinliches Verfolgungsrisiko für türkische Staatsangehörige im Allgemeinen nur, wenn sich der Betreffende politisch exponiert hat, wenn sich also seine Betätigung deutlich von derjenigen der breiten Masse abhebt. Wer politische Ideen und Strategien entwickelt oder zu deren Umsetzung mit Worten oder Taten von Deutschland aus maßgeblichen Einfluss auf die türkische Innenpolitik und insbesondere auf seine in Deutschland lebenden Landsleute zu nehmen versucht, ist aus der Sicht des türkischen Staates ein ernst zu nehmender politischer Gegner, den es zu bekämpfen gilt. Das ist zum Beispiel anzunehmen bei Leitern von größeren und öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen und Protestaktionen sowie Rednern auf solchen Veranstaltungen, ferner bei Mitgliedern und Delegierten des kurdischen Exilparlaments, unter Umständen auch bei Vorstandsmitgliedern bestimmter oppositioneller Exilvereine.
Nicht beachtlich wahrscheinlich zu politischer Verfolgung führen demgegenüber exilpolitische Aktivitäten niedrigen Profils. Dazu gehören alle Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass der Beitrag des Einzelnen entweder - wie bei Großveranstaltungen - kaum sichtbar oder zwar noch individualisierbar ist, aber hinter den zahllosen deckungsgleichen Beiträgen anderer Personen zurücktritt. Derartige Aktivitäten sind ein Massenphänomen, bei denen die Beteiligten ganz überwiegend nur die Kulisse abgeben für die eigentlich agierenden Wortführer. Das ist etwa der Fall bei schlichter Vereinsmitgliedschaft, der damit verbundenen regelmäßigen Zahlung von Mitgliedsbeiträgen sowie von Spenden, schlichter Teilnahme an Demonstrationen, Hungerstreiks, Autobahnblockaden, Informationsveranstaltungen oder Schulungsseminaren, der Verteilung von Flugblättern und dem Verkauf von Zeitschriften oder der Platzierung von namentlich gekennzeichneten Artikeln und Leserbriefen in türkischsprachigen Zeitschriften (vgl. hierzu im Einzelnen OVG NW, Urt. v. 25.01.2000 - 8 A 2221/96.A - und - 8 A 1292/96.A -; Nds. OVG, Urt. v. 18.01.2000 - 11 L 3404/99 -; Urt. v. 12.07.2000 - 2 L 5446/97 -).
Nach diesem Maßstab sind die von dem Kläger angegebenen exilpolitischen Aktivitäten (Teilnahme an Demonstrationen und politischen Kundgebungen, Verteilen von Handzetteln, Tragen von Plakaten, Rufen von Slogans, Teilnahme an Hungerstreiks) nicht so bedeutsam, dass sie die Gefahr einer politischen Verfolgung begründen. Das gilt insbesondere auch für die von dem Kläger geschilderte Teilnahme an einer Demonstration vor dem türkischen Konsulat in W. am 1. Mai 1993, die Teilnahme an einer Demonstration am 1. Mai 1994 in X. sowie für die während dieser Veranstaltungen gezeigten Aktivitäten (01.05.1993: Verteilen von Handzetteln; 01.05.1994: Tragen von Plakaten, Verteilen von Handzetteln, Halten einer kurzen Rede mit einem Megaphon). Der Kläger hat sich mit den vorgenannten Handlungen nicht in einer Weise öffentlichkeitswirksam und an herausragender Stelle exilpolitisch betätigt, die ein Interesse des türkischen Staates an seiner politischen Verfolgung geweckt haben könnte.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich insoweit von dem Fall, der dem von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochenen Urteil des Senats vom 10. Februar 1999 (2 L 4219/94) zugrunde gelegen hat. Der Kläger des vorgenannten Verfahrens ist zwar – ebenso wie der Kläger dieses Verfahrens – bei seinen exilpolitischen Aktivitäten nicht öffentlichkeitswirksam hervorgetreten. Er hat sich jedoch – wie der Senat im Urteil vom 10. Februar 1999 (a.a.O.) festgestellt hat, durch seine politische Überzeugungsarbeit, mit der er Einfluss auf seine in Deutschland lebenden Landsleute zu nehmen versucht hat, durch seine Stellung als Vertrauensperson und Informant und durch seine zahlreichen Beziehungen zu verschiedenen türkischen und kurdischen Organisationen und zu amnesty international als jemand erwiesen, der zu dem Personenkreis gehört, auf den sich die Überwachung exilpolitischer Aktivitäten türkischer Staatsangehöriger in Deutschland durch die türkischen Sicherheitskräfte richtet. In dem Urteil vom 10. Februar 1999 (a.a.O.) ist weiter ausgeführt, dass der Kläger jenes Verfahrens durch seine zahlreichen Kontakte, seine werbende Tätigkeit für politische Ideen bei seinen Landsleuten in Deutschland und durch das Beschaffen und die Weitergabe von politischem Material einen Bekanntheitsgrad erlangt hat, der ihn aus der großen Masse hervorhebt, und aus der maßgeblichen Sicht des türkischen Staates als Gegner erscheinen lässt, den es zu bekämpfen gilt. Aus den vorgenannten Gründen ist der Senat im Urteil vom 10. Februar 1999 (a.a.O.) zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger jenes Verfahrens bei einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit mit politischer Verfolgung rechnen muss.
Eine solche Gefahr ist nach der Überzeugung des Senats im Falle des Klägers des vorliegenden Verfahrens nicht gegeben. Der Kläger hat zwar in Deutschland zahlreiche exilpolitische Aktivitäten entfaltet; er hat – anders als der Kläger des Verfahrens 2 L 4219/94 – durch seine nicht öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten jedoch nicht einen Bekanntheitsgrad erlangt, der ihn aus der breiten Masse hervorhebt und aus der maßgeblichen Sicht des türkischen Staates als ernst zu nehmenden politischen Gegner erscheinen lässt, den es zu bekämpfen gilt.
Eine gegenteilige Beurteilung ist auch nicht angesichts der Mitgliedschaft des Klägers in der Organisation „DIDF-Interkulturelles Forum e.V.“ und seiner Aktivitäten für diese Organisation geboten. Der Kläger hat zwar geltend gemacht, dass er am Vereinsleben und an den Veranstaltungen des Vereins teilnehme. Er hat jedoch nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass er sich öffentlichkeitswirksam und an herausragender Stelle für den Verein betätigt habe.
d) Da dem Kläger – wie ausgeführt wurde – nicht aus Gründen, die im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG und des § 51 Abs. 1 AuslG relevant sind, die türkische Staatsangehörigkeit aberkannt worden ist, kann dahinstehen, ob ihm bei einer Rückkehr in die Türkei wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit und wegen Wehrdienstverweigerung politische Verfolgung im Sinne der genannten Vorschriften drohen würde. Auch kann offenbleiben, ob ihm – wie er mit Schriftsatz vom 24. Juli 2002 vorgetragen hat – bei einer Rückkehr in die Türkei die Gefahr drohen würde, in die politische Verfolgung seiner Eltern und seiner Brüder einbezogen zu werden. Da die Türkei – wie schon dargelegt wurde – nicht mehr das Land des gewöhnlichen Aufenthaltes des Klägers ist, ist die Frage, ob ihm in der Türkei politische Verfolgung droht, unter asylrechtlichen Gesichtspunkten ebenso wie im Hinblick auf § 51 Abs. 1 AuslG gegenstandslos geworden.
2. Der Kläger kann sich als staatenloser Kurde auch nicht auf ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 AuslG berufen. Diese Vorschrift erfasst allein Gefahren, die dem Kläger im Zielland der Abschiebung, hier also der Türkei, drohen. Derartigen Gefahren ist der Kläger jedoch nicht ausgesetzt, da er – wie ausgeführt wurde – nicht in die Türkei zurückkehren kann.
3. Die Abschiebungsandrohung (Nr. 4 des angefochtenen Bescheides) beruht auf § 34 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 4 AuslG. Danach erlässt das Bundesamt die Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird und keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt. Die weitere Frage, ob die angedrohte Abschiebung vollzogen wird oder vollzogen werden kann, berührt die Voraussetzungen für den Erlass der Abschiebungsandrohung nicht.
Die Ausreisefrist ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylVfG.