Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.11.2002, Az.: 8 LA 135/02

Beschränkung; Friedhofsträger; Grab; Grabnutzungsrecht; Wahlgrabstätte

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.11.2002
Aktenzeichen
8 LA 135/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 41882
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 20.08.2002 - AZ: 1 A 1238/00

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Beschränkung eines Grabnutzungsrechts ist mit höherrangigem Recht, insbesondere Art. 14 Abs. 1 GG, vereinbar.

2. Es unterliegt der uneingeschränkten Dispositionsbefugnis des Friedhofsträgers, Art und Umfang der Nutzungsberechtigung an Wahlgrabstätten in seiner Friedhofssatzung festzulegen.

Gründe

1

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil der Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), den der Kläger geltend gemacht hat, nicht vorliegt.

2

Die vom Kläger als klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob vertragliche Vereinbarungen durch eine Satzungsänderung zugunsten der Beklagten geändert werden können, verleiht seiner Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie in diesem Verfahren nicht entscheidungserheblich ist.

3

Bei dem Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte, das die Beklagte der inzwischen verstorbenen Ehefrau des Klägers mit Urkunde vom 14. November 1968 für eine 40-jährige Nutzungszeit verliehen hat, handelt es sich um ein subjektiv-öffentliches Sondernutzungsrecht (vgl. Senatsbeschl. v. 16.7.1999 – 8 L 4260/98 –). Da für den Inhalt eines derartigen Rechts die jeweils geltende Friedhofssatzung maßgeblich ist (Senatsbeschl. v. 16.7.1999, a.a.O.), richtete sich der Inhalt des der verstorbenen Ehefrau des Klägers verliehenen Grabnutzungsrechts zunächst nach den Bestimmungen der Friedhofssatzung der Beklagten vom 2. Dezember 1966. § 15 Abs. 6 dieser Satzung sah vor, dass eine Beisetzung nur stattfinden darf, wenn die Ruhezeit die Nutzungszeit der Wahlgrabstätte nicht übersteigt oder das Nutzungsrecht bis zum Ablauf der Ruhezeit verlängert worden ist. Daher war auch die verstorbene Ehefrau des Klägers nur unter diesen Voraussetzungen berechtigt, Verstorbene in ihrer Wahlgrabstätte zu bestatten. Dieses Grabnutzungsrecht ist durch die später erlassenen Friedhofssatzungen vom 21. November 1975 und 4. März 1991 nicht eingeschränkt worden. § 16 Abs. 8 dieser Satzungen stimmt mit § 15 Abs. 6 der Friedhofssatzung vom 2. Dezember 1966 überein. Die Friedhofssatzungen vom 21. November 1975 und 4. März 1991 sehen auch keine längeren Ruhezeiten vor. Daher ist die Annahme des Klägers unzutreffend, dass das seiner verstorbenen Ehefrau 1968 verliehene Grabnutzungsrecht durch die danach erlassenen Friedhofssatzungen eingeschränkt worden sei.

4

Dem steht nicht entgegen, dass nach § 16 Abs. 3 Satz 4 der Friedhofssatzung vom 4. März 1991 eine Verlängerung des Nutzungsrechts auf dem Stadtfriedhof der Beklagten nur noch für die Beisetzung des überlebenden Ehegatten für die Dauer der vorgeschriebenen Ruhezeit beantragt werden kann. Denn diese Bestimmung schränkt das der verstorbenen Ehefrau des Klägers verliehene Grabnutzungsrecht nicht ein. Vielmehr schließt sie lediglich die Möglichkeit aus, das Nutzungsrecht, auf dessen Erteilung und Verlängerung die frühere Ehefrau des Klägers keinen Anspruch hatte, über die vorgeschriebene Ruhezeit hinaus zu verlängern, d. h. neu zu verleihen.

5

Selbst wenn dies anders zu beurteilen wäre, wäre § 16 Abs. 3 Satz 4 der Friedhofssatzung vom 4. März 1991 rechtlich nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung des Senats ist nämlich geklärt, dass es der uneingeschränkten Dispositionsbefugnis des Friedhofsträgers unterliegt, Art und Umfang der Nutzungsberechtigung an Wahlgrabstätten in seiner Friedhofssatzung festzulegen. Außerdem hat der Senat wiederholt entschieden, dass Beschränkungen eines Grabnutzungsrechts mit höherrangigem Recht, insbesondere Art. 14 Abs. 1 GG, vereinbar sind (vgl. Senatsbeschl. v. 16.7.1999, a.a.O.; Senatsbeschl. v. 7.3.2000  – 8 L 923/99 –; Senatsurt. v. 24.3.1995 – 8 L 5487/93 –).

6

Die vom Kläger weiterhin aufgeworfene Frage, ob der in § 16 Abs. 3 der Friedhofssatzung der Beklagten vom 4. März 1991 verwendete Begriff “Ehegatte“ nur vertikal oder auch “horizontal“ zu verstehen sei, verleiht seiner Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Nach § 16 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Buchst. b) der Friedhofssatzung der Beklagten vom 4. März 1991 haben nur die Nutzungsrechtsinhaber, deren Ehegatten bereits verstorben und auf der Wahlgrabstätte beigesetzt worden sind, einen Anspruch auf eine Verlängerung des Nutzungsrechts. Daher kann der Inhaber eines Grabnutzungsrechts dessen Verlängerung nicht mit der Begründung verlangen, dass seine Kinder oder seine Eltern in der Wahlgrabstätte beigesetzt worden seien. Dass Kinder und Eltern nicht als Ehegatten im Sinne der o. g. Bestimmungen angesehen werden können, versteht sich von selbst. Daher bedarf es keines Berufungsverfahrens, um die vom Kläger aufgeworfene Frage zu beantworten.