Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.11.2002, Az.: 7 KS 1793/01
Abwägung; Alternative; bauliche Erweiterung; betriebliche Besonderheiten; Ermittlungspflicht; Kosten; künftige Nutzungsabsicht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.11.2002
- Aktenzeichen
- 7 KS 1793/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 42086
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 17 FStrG
- § 24 VwVfg
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 29. März 2001 für den Umbau der Anschlussstelle {G.}-Mitte im Zuge der Bundesstraße 6/215 (Ortsumgehung {G.}).
Ziel der Maßnahme ist es, die Ortsumgehung {G.} besser an das innerstädtische Verkehrsnetz anzubinden und damit die Innenstadt {J.} vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Durch den Innenstadtbereich verlaufen die Bundesstraßen {K.} und {L.}. Die B {K.} bildet im überregionalen Verkehrsnetz die Ost-West-Verbindung ({M.}), die B 215 die Nord-Süd-Verbindung (Verden-{N.}). Die die östliche Ortsumgehung bildende {O.} verbindet die Großräume {P.} und {Q.}. Bisher besitzt die B {K.} keinen direkten Anschluss an die Ortsumgehung der {O.}. Der Plan sieht den Umbau der Anschlussstelle {G.}-Mitte an der Ortsumgehung {G.} ({R.}) und die Herstellung einer neuen Verbindungsstraße von der B {K.} ({S.} Straße) bis zur B {L.} ({T.}) an die Anschlussstelle {G.}-Mitte vor. Diese Verbindungsstraße hat eine Länge von rund 1.360 m und soll in Parallellage an der Nordseite der Ortsumgehung verlaufen.
Die Kläger sind (in Gestalt einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für Betriebsvermögen) Eigentümer der Flurstücke 3/8 und 7/8 der Flur 29, Gemarkung {G.}, östlich der Ortsumgehung in einer Größe von 1.744 m² und 7.344 m². Das Grundstück ist an die Firma {F.} GmbH, einen Speditionsbetrieb, vermietet. Auf dem Grundstück befindet sich eine Umschlaghalle nebst Büro mit einer Fläche von ca. 1.850 m² sowie eine Wartungshalle (300 m²). Für die geplante Straßenbaumaßnahme ist der Erwerb eines etwa 10 m breiten Streifens an der Westseite des Grundstücks und damit einer Fläche von insgesamt etwa 720 m² aus dem Grundbesitz der Kläger erforderlich (Flurstück 3/8: 140 m²; Flurstück 7/8: 580 m²).
Die Planunterlagen lagen nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in der Zeit vom 1. bis zum 31. März 2000 aus.
Mit Schreiben vom 22. März 2000 erhob der Kläger zu 1) unter dem Briefkopf „{F.} GbR“ Einwendungen und machte insbesondere geltend: Der Speditionsbetrieb der {F.} GmbH unterhalte zurzeit 12 Fernlastzüge, 2 kleine LKW sowie 2 zusätzliche Anhänger als Reserve. Besonders zum Wochenende, wenn alle LKW auf dem Betriebshof seien, sei die Bewegungsfreiheit durch Wendemanöver zum Teil eingeschränkt. Der mit der Planung verbundene Grundstücksverlust bedeute eine einschneidende Behinderung der gegenwärtigen betrieblichen Funktion, so dass ein Stillstand bzw. ein Rückgang des Betriebes zu befürchten sei. Zwar werde die Dringlichkeit einer Anbindung der {R.} an die {S.} Straße erkannt, doch sei die ursprüngliche erste Variante, der Bau „Holländischer Rampen“, vorzuziehen.
In dem Erörterungstermin am 13. Dezember 2000 hielt die Firma {F.} GbR ihre Einwendungen aufrecht.
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 29. März 2001 stellte die Beklagte den Plan fest und wies die Einwendung der Firma {F.} GbR zurück. Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt: Im Jahre 1994 sei eine Vorentwurfsplanung zur Anbindung der {S.} Straße an die Ortsumgehung durchgeführt worden. Drei Varianten seien untersucht worden. Die Variante A habe die Anlage von „Holländischen Rampen“ vorgesehen, welche parallel und beidseitig der B 6 verlaufen sollten. Die Variante B habe den Bau einer parallel und nordöstlich der B 6 verlaufenden Straße zwischen der B 214 und der vorhandenen Abfahrt „{G.}-Zentrum“ zum Gegenstand gehabt. Als dritte Variante sei der Verzicht auf den Bau der geplanten Anschlussstelle geprüft worden. Die letztgenannte Variante sei aufgrund einer Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahr 1994 verworfen worden, da der Verzicht auf die Maßnahme für die Anwohner der nordöstlichen Stadtbereiche Nienburgs auf Dauer unzumutbare Verkehrsbelastungen mit sich gebracht hätte. Ein Vergleich der Varianten A und B habe bei Variante A geringere Eingriffe in das Landschaftsbild, aber auch nur geringere Entlastungseffekte für den innerstädtischen Verkehr ergeben. Für die Variante B seien Kosten in Höhe von 3,7 Mio DM ermittelt worden, die Variante A hätte zu Baukosten in Höhe von 7,8 Mio DM geführt, weil sie wegen der vorhandenen Bebauung mit Stützwandkonstruktionen und Lärmschutzmaßnahmen hätte versehen werden müssen. Aufgrund des höheren Entlastungseffekts und der deutlich geringeren Kosten sei die Variante B favorisiert worden. Bei dem benötigten Grundstücksstreifen von 10 m Breite handele es sich um eine nicht überbaubare Fläche. Ein Rangieren und Abstellen der LKW sei auch nach dem Verlust der Fläche noch möglich. Um dennoch einen Ausgleich zu schaffen, sei als Ersatzfläche ein Grundstücksstreifen von ca. 1.300 m² entlang der nordöstlichen Grundstücksgrenze angeboten worden. Diese Fläche könne ebenfalls zum Abstellen und Rangieren der LKW benutzt werden. Außerdem sei der größte Teil dieser Fläche überbaubar. Aus diesen Gründen sei eine einschneidende Einschränkung und damit eine Existenzgefährdung des Betriebes nicht nachvollziehbar.
Der Planfeststellungsbeschluss wurde der Firma {F.} GbR am 19. April 2001 zugestellt.
Die Kläger haben unter dem Zusatz „Neumann GbR für Betriebsvermögen“ am 17. Mai 2001 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vortragen: Das Planvorhaben führe zu schwerwiegenden Eingriffen in das Grundstück und die Grundstücksnutzung, die mit dem Abwägungsgebot und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren seien und sie in ihrem Recht auf Eigentum verletzten. Die von ihnen favorisierte Planungsvariante der „Holländischen Rampen“ sei wirtschaftlicher und auch sonst vorzugswürdig. Die Angaben der Beklagten zu den entstehenden Kosten könnten nicht nachvollzogen werden. Eine weitere Variante, nämlich die Verlängerung der Straße „Am {U.}“ über die Parkplätze des Sportplatzes, sei nicht untersucht worden. Die Nachteile für ihr Grundstück und die gewerbliche Grundstücksnutzung habe die Beklagte nicht ordnungsgemäß abgewogen. Es bestehe für das Grundstück die planungsrechtliche Möglichkeit, die vorhandene Halle für Lagerung und Umschlag durch einen Anbau bis zur Bauverbotszone in einer Tiefe von etwa 13 m zu erweitern. Wenn der Grundstücksstreifen für das Vorhaben abgegeben werden müsse, könnten die LKW nicht mehr in die Halle fahren. Die erforderlichen Wendekreise und Abstellflächen stünden nicht mehr zur Verfügung. Insgesamt führe das Vorhaben dazu, dass jegliche Erweiterungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für die gewerbliche Nutzung auf dem Grundstück ausgeschlossen seien. Es könne daher als existenzbedrohende Maßnahme angesehen werden. Die Beklagte sei sich der Schwere und Tragweite des Eingriffs nicht bewusst gewesen.
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 29. März 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert: Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsstudie sei 1994 ein Vergleich der Varianten „Holländische Rampen“ und der planfestgestellten Variante „Parallelstraße“ unter verschiedenen Bewertungskriterien erfolgt. Der Baukostenunterschied (für die Variante „Holländische Rampen“ Kosten in Höhe von 7,8 Mio DM, für die Variante „Parallelstraße“ Kosten in Höhe 3,7 Mio DM) begründe sich in erster Linie durch aufwändige Gründungs- und Schallschutzmaßnahmen. Die Möglichkeit einer Trassenführung unter Einbeziehung der Straße „Am {U.}“ sei in den Jahren 1983/84 im Rahmen eines Planungsauftrages als eine denkbare Alternative angesehen worden. Sie sei jedoch unter anderem wegen städtebaulicher Bedenken, lärmtechnischer Probleme hinsichtlich des angrenzenden Wohngebiets sowie der negativ beurteilten verkehrlichen Akzeptanz nicht weiter verfolgt worden. Die mit dem planfestgestellten Vorhaben verbundene und auf ein Minimum reduzierte Flächeninanspruchnahme des Grundstücks der Kläger verursache keine betrieblichen Einschränkungen. Für etwaige Erweiterungsmöglichkeiten des Betriebes auf den betroffenen Flurstücken sei der Inhalt des Bebauungsplans Nr. 23 „Die Mußriede“ der Stadt Nienburg vom 6. Februar 1980 maßgebend. Dieser Bebauungsplan begrenze die mögliche Bebauung auf den nördlich der Ortsumgehung {G.} befindlichen Anliegergrundstücken in einem Abstand von 40 m zum Rand der befestigten Fahrbahn der Ortsumgehung. Die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze werden auch nach dem Umbau unverändert beibehalten, so dass sich daraus zukünftig ein Abstand von 18 m zum Rand der befestigten Parallelfahrbahn ergeben werde. Durch die geplanten Maßnahmen würden Investitionen nicht beeinträchtigt, weil es sich bei der in Anspruch genommenen Fläche um eine nicht überbaubare Fläche handele, die allenfalls als Hoffläche genutzt werden könne. Ein Abstellen und Rangieren der LKW sei auch nach dem Verlust der Flächen möglich. Die von dem Beigeladenen durchgeführte Fahrsimulation eines LKW mit Anhänger habe bestätigt, dass die Einfahrt in die Lagerhalle unter Vorgabe der geplanten Grundstücksinanspruchnahme unverändert gewährleistet sei. Hiervon abgesehen hätten die Kläger das Angebot, durch eine Ersatzfläche einen Ausgleich für den Flächenverlust zu schaffen, nicht angenommen.
Der Beigeladene, der keinen Antrag stellt, schließt sich der Erwiderung der Beklagten an.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Planunterlagen und Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 29. März 2001 leidet nicht an Rechtsfehlern, die die Kläger in ihren Rechten verletzen und zur Aufhebung führen könnten.
I.
Das streitige Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die Planung den Zielsetzungen des Fachplanungsgesetzes dient und die mit dem konkreten Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, etwa entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden, das Vorhaben also in diesem Sinne „vernünftigerweise geboten“ ist (BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166, 168). Dies ist der Fall, denn die Herstellung eines Anschlusses der B 214 an die B 6 soll innerhalb eines zusammenhängenden Verkehrsnetzes für den Fernverkehr einem weiträumigen Verkehr dienen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 iVm § 1 Abs. 2 Nr. 2 FStrG). Damit soll eine dem Verkehrsbedürfnis genügende Verkehrsverbindung geschaffen werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG), welche das innerstädtische Verkehrsnetz von {G.} entlasten soll. Die damit vorliegende planerische Erforderlichkeit wird dem Grunde nach auch von den Klägern nicht bestritten.
II.
Ein die Ausgewogenheit der Planung infrage stellender und daher die Planaufhebung rechtfertigender fachplanerischer Abwägungsfehler ist nicht festzustellen.
Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 - 4 C 21.74 -, BVerwGE 48, 56) verlangt das Abwägungsgebot, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, dass weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt, noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
Die Beklagte hat hier weder öffentliche Belange noch private Belange der Kläger verkannt oder in angreifbarer Weise fehlgewichtet.
1. Der Beklagten sind bei der Prüfung von Alternativlösungen keine Fehler unterlaufen, die zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Ein Verstoß gegen das Abwägungsverbot kann insoweit darin liegen, dass die Planungsbehörde eine sich von der Sache her aufdrängende oder zumindest naheliegende Alternative verworfen hat, durch die die mit der Planung angestrebten Ziele unter geringeren Opfern an entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen hätten verwirklicht werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166, 171 f.; Beschluss v. 20.12.1988 - 4 B 211.88 -, UPR 1989, 273).
a) Ein derartiger Mangel besteht nicht darin, dass die ursprüngliche Variante C (Ausbau der Straße „Am {U.}“) bereits in einem frühen Planungsstadium ausgeschieden worden ist, weil sie sich nach Lage der konkreten Verhältnisse weder aufdrängte noch als naheliegend bezeichnet werden kann. Darauf hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung mit nachvollziehbaren Gründen hingewiesen, denen die Kläger auch nicht widersprochen haben.
b) Ein Planungsfehler liegt auch nicht darin, dass sich die Beklagte gegen den Bau der von den Klägern für vorzugswürdig gehaltenen Variante der sogenannten „Holländischen Rampen“ entschieden hat.
Die Beklagte hat die sich hier ernsthaft anbietenden Alternativen („Holländische Rampen“ und Parallelfahrbahn) einer näheren Prüfung und Abwägung unterzogen. Sie hat sich dabei auf die im Jahre 1994 erstellte Umweltverträglichkeitsstudie des Ingenieurbüros Wolff gestützt, die unter anderem einen Variantenvergleich im Hinblick auf die potentiell betroffenen Schutzgüter (Biotope, Boden, Wasser, Klima, Erholung, Siedlung, Verkehr, Kultur- und sonstige Sachgüter) vorgenommen hat. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für beide Varianten gewichtige Gründe sprechen. Während die Variante A („Holländische Rampen“) den Naturraum und das Landschaftsbild weniger stark beeinträchtigt, verursacht sie eine geringfügig stärkere Belastung der eingriffsnahen Siedlungsbereiche und bringt großräumig etwas geringere Entlastungseffekte hinsichtlich der innerstädtischen Verkehrsbelastung im Vergleich zur Variante B (Paralleltrasse) mit sich. Das verbleibende ökologische Restrisiko und der Umfang notwendiger Kompensationsmaßnahmen für Beeinträchtigungen von Naturhaushalt und Landschaftsbild wird bei Variante B als erheblich größer bezeichnet. Demgegenüber sind die zusätzlichen Belastungen des Siedlungs-, Verkehrs- und Erholungspotentials im Untersuchungsraum durch die Variante A im Vergleich zur Variante B (geringfügig) größer. Die (verkehrs-)entlastenden Auswirkungen auf das Stadtgebiet Nienburgs sind bei der Variante A im Vergleich zur Variante B nur geringfügig kleiner, wenn man die Gesamtentlastung beider Varianten im Vergleich zur Nullvariante betrachtet. Abschließend kommt die Umweltverträglichkeitsstudie zu der Feststellung, die endgültige Abwägung zwischen den beiden Varianten sei abhängig von der Gewichtung der betrachteten Schutzgüter/Landschaftspotentiale, welche im Rahmen der Gesamtabwägung einem administrativen Entscheidungsvorgang obliege.
Eine vergleichende Kostenberechnung ist ebenfalls im Jahre 1994 durch das Ingenieurbüro Linz durchgeführt worden. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Variante A („Holländische Rampen“ mit Winkelstützmauern) Gesamtkosten in Höhe von 7,831 Mio DM und die Variante B (Parallellage einer Auf- und Abfahrtrampe nördlich der B 6) Gesamtkosten in Höhe von 3,795 Mio DM verursachen würde.
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf dieser Grundlage betroffene Belange verkannt oder nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt hätte, sind nicht ersichtlich. Der Senat hat insbesondere keinen Anlass, an der Richtigkeit der Kostenermittlungen zu zweifeln. Die Kläger haben diese zwar zunächst pauschal bestritten, gegen die von dem Beklagten vorgelegten detaillierten Kostenberechnungen Einwendungen aber nicht mehr erhoben. Wenn die Beklagte - wie auch der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zu entnehmen ist - aufgrund des (geringfügig) besseren Entlastungseffekts und der deutlich geringeren Kosten letztlich der Variante B (Parallelfahrbahn) den Vorzug gegeben hat, so hat sie sich im Hinblick auf die Bewertung der Alternativen im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit bewegt und eine Entscheidung getroffen, die gerichtlich nicht zu beanstanden ist.
2. Hinsichtlich der privaten Belange der Kläger weist die Planungsentscheidung ebenfalls keine Abwägungsmängel auf. Zu den abwägungserheblichen Belangen, die die Kläger geltend machen können, gehören insbesondere ihre Belange als Grundstückseigentümer, wobei die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG die Grundstücke nur in ihrer Substanz, d.h. den konkreten Bestand an Rechten und Gütern, nicht hingegen bloße (Gewinn-)Chancen und tatsächliche Gegebenheiten schützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.10.1984 - 1 BvR 35, 356, 794/82 -, BVerfGE 68, 193, 222 f. [BVerfG 31.10.1984 - 1 BvR 35/82]).
Die nach dem Gegenstand, der Reichweite und den Auswirkungen der konkreten Planung zu bestimmende Abwägungserheblichkeit von Belangen ist zu unterscheiden von der Frage, welche Ermittlungspflichten die Planungsbehörde infolge des Untersuchungsgrundsatzes (§ 24 VwVfG) treffen. Die Behörde muss nur solche Umstände aufklären und sodann abwägend berücksichtigen, die für sie als entscheidungserheblich erkennbar sind. Dies ist der Fall, wenn sich die Abwägungsbeachtlichkeit entweder aufdrängt oder wenn ein Planbetroffener Umstände, die nicht ohne weiteres als abwägungserheblich erkennbar sind, im Zuge der Bürgerbeteiligung oder auf andere zulässige Weise rechtzeitig in das Planungsverfahren einbringt. Diese Grundsätze gelten auch, wenn das Grundeigentum eines Planbetroffenen in Anspruch genommen werden soll (BVerwG, Beschl. v. 7.12.1988 - 7 B 98.88 -, DVBl. 1989, 510, 511; Urt. v. 13.9.1985 - 4 C 64.80 -, NVwZ 1986, 740, 741).
Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Beklagte die von ihr zu berücksichtigenden Umstände in ihre Abwägung mit dem gebotenem Gewicht eingestellt. Sie hat zutreffend gesehen, dass bei Realisierung der von ihr als vorzugswürdig angesehenen Alternative von dem Grundstück der Kläger ein Streifen von rund 10 m Breite benötigt wird und die erforderliche Fläche als solche nicht überbaubar ist. Sie hat ferner darauf verwiesen, dass eine einschneidende Einschränkung und damit eine Existenzgefährdung des Speditionsbetriebes nicht erkennbar sei, weil ein Rangieren und Abstellen der LKW auch nach dem Verlust der Flächen möglich sei. Zudem sei als Ersatzfläche ein Grundstücksstreifen von ca. 1.300 m² entlang der nordöstlichen Grundstücksgrenze angeboten worden, um gleichwohl einen Ausgleich des Flächenverlustes zu schaffen; diese Fläche könne ebenfalls zum Abstellen und Rangieren genutzt werden und sei überdies zum größten Teil überbaubar.
Die Beklagte hat ferner nachvollziehbar dargelegt, dass die bauliche Dimensionierung des Vorhabens unter Beachtung der berührten Belange so schonend wie möglich gewählt worden ist und damit auch das Grundeigentum der Kläger nicht mehr als bei der planfestgestellten Lösung unvermeidbar in Anspruch genommen wird. Eine Verringerung der erforderlich werdenden Grundstücksinanspruchnahme um einen Streifen von etwa 3 m Breite wäre nur im Falle der Entscheidung für die Variante „Holländische Rampen“ und nur um den Preis noch deutlich höherer Gesamtkosten möglich gewesen, wenn auch an der Nordseite der B 6 eine Stützmauer vorgesehen würde. Selbst diese Lösung würde indes dem Anliegen der Kläger, dass die Nutzungsmöglichkeiten auf ihrem Grundstück auch im Zuge baulicher Erweiterungsmaßnahmen ungeschmälert erhalten bleiben, nicht gerecht werden können. In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die Kläger überhaupt befugt sind, die speziellen Interessen des Speditionsbetriebes vorzubringen, oder ob es der - rechtlich selbständigen- Neumann GmbH oblegen hätte, die betrieblichen Belange geltend zu machen. Die Rügebefugnis der Kläger unterstellt gilt in der Sache Folgendes:
Was das Rangieren und damit auch das Einfahren der LKW in die vorhandene Umschlaghalle betrifft, konnte sich die Beklagte bei ihrer Lagebeurteilung auf Fahrsimulationen und zeichnerische Darstellungen des Beigeladenen stützen, die ihr im Zeitpunkt der Planfeststellung vorlagen. Sie hat dazu im gerichtlichen Verfahren in Erwiderung auf die Klagebegründung nochmals Unterlagen vorgelegt, die eine Bestätigung der zugrunde gelegten Annahmen enthalten. Soweit die Kläger ansatzweise mit ihrer Klagebegründung und ergänzend erstmals mit ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung auf betriebliche Besonderheiten, insbesondere auf die baulich-räumlichen Verhältnisse in der Umschlaghalle und die nach ihrer Auffassung nicht mehr bestehende Möglichkeit, die Klappen der LKW und Anhänger vor Einfahrt in die Halle zu öffnen, verwiesen haben, handelt es sich um Gesichtspunkte, die für die Beklagte nicht ohne weiteres als abwägungserheblich erkennbar waren und die im Anhörungsverfahren und nicht erst im Prozess hätten geltend gemacht werden müssen. Diese Bedenken mussten sich der Beklagten im Zeitpunkt der Planfeststellung ohne konkrete Geltendmachung seitens der Betroffenen nicht aufdrängen. Zu diesen speziellen betrieblichen Besonderheiten äußert sich die von dem Kläger zu 1) für die {F.} GbR verfasste Einwendung aber nicht. Diese war insoweit vielmehr derart allgemein gehalten, dass die Beklagte auch keine Veranlassung hatte, in dieser Hinsicht nähere Ermittlungen anzustellen.
Soweit die Kläger rügen, dass infolge des Planvorhabens jegliche Erweiterungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für die gewerbliche Nutzung auf dem Grundstück ausgeschlossen würden, ist dieses Vorbringen ebenfalls nicht geeignet, einen Abwägungsfehler zu begründen. Zwar erlaubt der Umstand, dass eine bestimmte Grundstücksnutzung tatsächlich im Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht oder nicht in einer bestimmten Form ausgeübt wird, der Planfeststellungsbehörde nicht schlechthin, aus diesem Grunde einen Eingriff des Vorhabens in das Grundeigentum unberücksichtigt zu lassen. Sie hat aber nur dann Anlass, eine noch nicht ausgeübte Grundstücksnutzung in ihre planerische Abwägung einzubeziehen, wenn diese sich nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks bei vernünftiger und wirtschaftlicher Betrachtungsweise objektiv anbietet und nach dem Willen des Grundstückseigentümers in absehbarer Zeit verwirklicht werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.3.1979 - 4 C 41.75 -, NJW 1980, 413 zu § 17 Abs. 4 FStrG a.F.). So verhielt es sich hier nicht. Dem Vorbringen der Kläger ist nicht zu entnehmen, dass konkrete Absichten einer baulichen Veränderung bestehen. In dem „Einspruchsschreiben“ vom 22. März 2000 wird insoweit lediglich allgemein ausgeführt: „Je nach Bedarf würde ich nach Akquisition von neuen Kunden mein Lagerhaus erweitern. Je nach konjunktureller Entwicklung kann sich der Betrieb um 1 bis 4 LKW vergrößern.“ Hiernach fehlte es im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung an einer konkreten Absicht, die vorhandene Halle baulich zu erweitern. Eine derartige Absicht besteht - wie in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden ist - nicht einmal aktuell.
Hiervon abgesehen hat der Senat nicht die Überzeugung gewonnen, dass eine bauliche Erweiterung der Halle im Rahmen des planungsrechtlich Zulässigen unmöglich wäre, weil es dann an einem ausreichenden Raum für die Lastzüge fehlte, um in die Halle einzufahren. Die Grundstückssituation wird in baulicher Hinsicht bestimmt durch den geltenden Bebauungsplan Nr. 23 „Die {V.}“, der eine Bauverbotszone von 40 m zum Rand der befestigten Fahrbahn der Ortsumgehung (B 6/B 215) festlegt. Die durch den Bebauungsplan bestimmte Baugrenze wird durch das Planvorhaben nicht verändert (vgl. § 9 Abs. 7 FStrG); daraus ergibt sich nunmehr ein Abstand von 18 m zum Rand der befestigten Parallelfahrbahn. Der von der Beklagten vorgelegten zeichnerischen Darstellung der Fahrsimulation ist zu entnehmen, dass auch bei einer Verlängerung der Halle bis zur Bauverbotszone eine Einfahrt der LKW möglich wäre; das gilt zumindest dann, wenn die Breite des Hallentores entsprechend angepasst würde. Es mag zwar sein, dass eine bloße Verlängerung der Halle in der bisherigen Gestalt bis zur Baugrenze mit Beeinträchtigungen ihrer Nutzbarkeit verbunden wäre. Derartigen Schwierigkeiten könnte indes mit einer auf die Örtlichkeit abgestimmten Vergrößerung der Umschlaghalle, gegebenenfalls in Verbindung mit notwendig werdenden Umbaumaßnahmen, begegnet werden. Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass eine Fachplanung allein deswegen unterbleibt, weil sie im Fall einer - im Zeitpunkt der Planfeststellung zudem noch gar nicht absehbaren - Betriebserweiterung zusätzliche Anstrengungen im Hinblick auf betriebliche oder bauliche Anpassungsmaßnahmen erfordern würde.
Überdies ist in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden, dass dem Anliegen der Kläger tatsächlich nur durch einen Verzicht auf das Vorhaben entsprochen werden könnte. Der Kläger zu 1) hat zum Ausdruck gebracht, dass nach seiner Auffassung allenfalls ein Grundstücksstreifen von etwa 2 m Breite verzichtbar sei, wenn das bauliche Entwicklungspotenzial des Grundstücks durch eine Hallenerweiterung bis zur Baugrenze ausgeschöpft werden solle. Auf einem derartig begrenzten Raum ließe sich indes selbst die von den Klägern grundsätzlich befürwortete Variante der „Holländischen Rampen“ nicht realisieren.
Nach allem ist nicht erkennbar, dass die Beklagte erhebliche Belange der Kläger übersehen oder nicht angemessen in ihre Abwägung eingestellt hat. Insbesondere fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass das Planvorhaben geeignet wäre, die Nutzbarkeit des Grundstückseigentums der Kläger derart einzuschränken, dass der dort ansässige Speditionsbetrieb in seiner Existenz gefährdet würde.
Nur ergänzend wird im Übrigen bemerkt, dass gemäß § 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belage nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. „Offensichtlich“ ist ein Mangel bei der Abwägung im Sinne dieser Vorschrift, wenn er die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials sowie die Gewichtung der Belange betrifft und sich ohne weiteres aus der Planbegründung und den zugrunde liegenden Unterlagen ergibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.5.1996 - 11 VR 3.96 -, DVBl. 1996, 925 zu der gleichlautenden Vorschrift des § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG). Selbst wenn man vorliegend einen Abwägungsmangel als gegeben annehmen wollte, könnte dieser jedenfalls nicht als offensichtlich im Sinne dieser Vorschrift bezeichnet werden, denn weder aus dem Akteninhalt noch sonst erkennbaren oder naheliegenden Umständen ließe sich ein derartiger - unterstellter - Mangel entnehmen.