Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 23.04.2007, Az.: 4 T 131/06
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 23.04.2007
- Aktenzeichen
- 4 T 131/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 60807
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2007:0423.4T131.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Lüneburg - 24.10.2006 - AZ: 51 K 29/05
Fundstelle
- Rpfleger 2007, 419-421 (Volltext mit amtl. LS)
Tenor:
- I.
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 25.10.2006 wird der Beschluss des Amtsgerichts Lüneburg vom 24.10.2006 (Zuschlagserteilung) aufgehoben.
In dem Versteigerungstermin am 19.09.2006 ist die G- und B-AG, vertreten durch den Vorstand ..., ..., ..., Meistbietende geblieben.
Daher wird ihr der vorbezeichnete Grundbesitz für den durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von
99 000,00 € (in Worten: neunundneunzigtausend Euro)
zugeschlagen unter folgenden Bedingungen:
- 1.
Das Bargebot in Höhe von 81 000,00 € ist von heute ab mit 4 % zu verzinsen und mit den Zinsen von der Ersteherin im Verteilungstermin zu zahlen.
- 2.
Die Ersteherin trägt die Kosten dieses Beschlusses.
- 3.
Als Teil des geringsten Gebotes bleiben folgende Rechte bestehen: Abt. III Nr. 7 und 8.
- II.
Gesonderte Gerichtskosten für die Beschwerdeinstanz fallen nicht an, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
- III.
Der Beschwerdewert beträgt 18 000,00 €.
- IV.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin rügt die Fehlerhaftigkeit des Zuschlagsbeschlusses des Amtsgerichts Lüneburg vom 24.10.2006 (Bl. 140 d.A.).
Die Beschwerdeführerin ist bei dem Zwangsversteigerungstermin hinsichtlich des im Grundbuch von in Blatt eingetragenen Grundstücks Nr. Bieterin gewesen. Sie hat ein Gebot in Höhe von 99 000,00 € abgegeben sowie Sicherheit über 18 000,00 € geleistet. Das Gebot wurde auf Antrag der Gläubigerin zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin Widerspruch eingelegt und zur Begründung ihre Jahresabschlussbilanz 2005 eingereicht. Es wird insoweit Bezug genommen auf das Protokoll über den Zwangsversteigerungstermin vom 19.09.2006 (Bl. 118 ff. d.A.) und die lose bei den Akten befindliche Bilanz. Es haben sodann die Beteiligten, die Eheleute Kröpke, ein Bargebot von 98 400,00 € abgegeben. Mit dem angefochtenen Zuschlagsbeschluss vom 24.10.2006 hat das Amtsgericht den Zuschlag den Beteiligten für den Betrag von 98 400,00 € erteilt. Insoweit wird Bezug genommen auf den Beschluss nebst Gründen vom 24.10.2006 (Bl. 140 f. d.A.), in dem das Amtsgericht insbesondere ausführt, der Gläubigervertreter habe überzeugend vorgetragen, dass die Beschwerdeführerin im Falle des Meistgebots dieses nicht leisten wolle oder könne. Dem Gericht sei auch bekannt, dass die Beschwerdeführerin bereits in mehreren anderen Verfahren das Meistgebot nicht belegt habe, daher sei das Gebot zurückzuweisen. Der Zuschlagsbeschluss ist der Beschwerdeführerin am 30.10.2006 zugestellt worden (Bl. 146 d.A.).
Mit der bereits am 26.10.2006 beim Amtsgericht Lüneburg eingegangenen Beschwerde vom 25.10.2006 rügt die Beschwerdeführerin, dass ihr ordnungsgemäßes Gebot nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen. Zugleich behauptet die Beschwerdeführerin, ihr Gebot sei von der Rechtspflegerin nicht zurückgewiesen worden. Wegen des genauen Inhalts der Beschwerdebegründung wird auf die Beschwerdeschrift vom 25.10.2006 (Bl. 149 d.A.) Bezug genommen. Mit Beschluss vom 02.11.2006 hat das Amtsgericht Lüneburg der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Auf den Beschluss nebst Gründen vom 02.11.2006 wird Bezug genommen (Bl. 150 d.A.). Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin einen regelmäßig aktualisierten Nachweis über einen Festgeldbetrag in Höhe von 81 000,00 € vorgelegt (vgl. Bl. 160, 205, 217, 220 d.A.). Die Gläubigerin und die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. Da die Schuldnerin durch die Entscheidung der Kammer und den neugefassten Zuschlag nicht beschwert wird, wurde auf ihre Anhörung verzichtet.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführerin ist gem. § 97 Abs. 1 ZVG beschwerdeberechtigt. Die Beschwerde stützt sich nach Maßgabe von § 100 Abs. 1 ZVG auch zulässigerweise auf einen Verstoß gegen § 81 Abs. 1 ZVG. Sie wurde zuletzt auch fristgerecht eingelegt. Dass die Beschwerdeschrift noch vor Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an die Beschwerdeführerin am 30.10.2006, nämlich bereits am 26.10.2006, beim Amtsgericht eingegangen ist, steht der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs nicht im Wege, zumal der angefochtene Zuschlagsbeschluss vom 24.10.2006 zu diesem Zeitpunkt bereits erlassen war.
Die sofortige Beschwerde ist in der Sache auch begründet.
Der Zuschlagsbeschluss vom 24.10.2006 war wegen Verstoßes gegen § 81 Abs. 1 ZVG aufzuheben und der Zuschlag statt dessen gem. §§ 101 Abs. 1, 81 Abs. 1 ZVG der Beschwerdeführerin als mit einem wirksamen Gebot von 99 000,00 € Meistbietender zu erteilen.
Zwar ist die Beschwerdebegründung widersprüchlich, soweit die Beschwerdeführerin einerseits die (zutreffende) Ansicht vertritt, das Amtsgericht hätte das Gebot nicht zurückweisen dürfen, sowie andererseits behauptet, das Gebot sei nicht zurückgewiesen worden. Ausweislich des Terminsprotokolls vom 19.09.2006 ist das Gebot der Beschwerdeführerin nämlich durchaus zurückgewiesen worden (Bl. 123 d.A.). Dies muss der Beschwerdeführerin auch bewusst sein, da sie gegen diese Zurückweisung laut Protokoll Widerspruch eingelegt hat.
Die Beschwerdeführerin kann sich jedenfalls mit Erfolg darauf berufen, ihr Gebot sei ordnungsgemäß gewesen und hätte nicht zurückgewiesen werden dürfen. Denn gemäß § 81 Abs. 1 ZVG ist der Zuschlag dem Meistbietenden zu erteilen, wobei dies hier mit 99 000,00 € die Beschwerdeführerin war. Die Beteiligten lagen mit ihrem Gebot von 98 400,00 € um 600,00 € darunter.
Dieses höchste Gebot der Beschwerdeführerin hat das Amtsgericht Lüneburg im Versteigerungstermin am 19.09.2006 bzw. im angefochtenen Zuschlagsbeschluss vom 24.10.2006 zu Unrecht als unwirksam zurückgewiesen.
Zwar verkennt die Kammer nicht, dass ein Gebot analog § 138 Abs. 1 BGB als rechtsmissbräuchlich, nämlich sittenwidrig und damit unwirksam zurückzuweisen ist, das in dem Wissen bzw. in der Absicht abgegeben wird, als Meistbietender hierauf keine Zahlung leisten zu können bzw. zu wollen (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl. 2006, § 71 Rdn. 2.10; LG Essen und OLG Hamm, Rpfleger 1995, 34 ff.; AG Dortmund, Rpfleger 1994, 119 f. sowie OLG Nürnberg, Rpfleger 1999, 87 f.). Eine Zurückweisung aus diesem Grunde muss jedoch zum Schütze des Meistbietenden und zur Vermeidung von Unwägbarkeiten im streng formalisierten Zwangsversteigerungsverfahren auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben und der Rechtsmissbrauch daher durch offenkundige, nachprüfbare Tatsachen eindeutig belegt sein. Eine Zurückweisung ohne eine solche tatsächliche Grundlage, die lediglich auf Vermutungen und vage Verdachtsmomente gestützt wird oder sogar "ins Blaue hinein" erfolgt, verbietet sich hingegen (vgl. Stöber, a.a.O. sowie OLG Nürnberg, a.a.O.). In formeller Hinsicht darf eine Zurückweisung wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gem. Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör) zudem nur erfolgen, wenn der betroffene Bieter zuvor angehört worden ist und Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (vgl. Stöber, a.a.O. sowie OLG Nürnberg, a.a.O.). Diese Anhörung hat im Interesse des Bieters sowie zur Vermeidung einer vorschnellen Festlegung des Rechtspflegers nach dem Gebot eines effektiven Grundsrechtsschutzes noch vor der Entscheidung über den Zurückweisungsantrag im Termin zu erfolgen und nicht erst zwischen dem Widerspruch i.S.d. § 72 Abs. 2 ZVG und der Zuschlagsentscheidung.
Diesen einschränkenden Maßgaben wird die Zurückweisung bzw. der angefochtene Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Lüneburg nicht gerecht.
Zum einen ist aus dem Protokoll des Versteigerungstermins vom 19.09.2006 (Bl. 118 ff. d.A.) bereits nicht ersichtlich, ob die Beschwerdeführerin als zurückgewiesene Bieterin vor der Entscheidung der Rechtspflegerin angehört worden ist. Vielmehr folgt im Protokoll auf den Zurückweisungsantrag der Gläubigerin sogleich die Zurückweisung des Gebotes (Bl. 123 d.A. unten). Aufgrund der Beweiskraft des Protokolls gem. § 80 ZVG gilt die erforderliche, vorherige Anhörung daher als nicht erfolgt. Dieser verfahrensrechtliche Mangel allein könnte jedoch eine Aufhebung und Neufassung des Zuschlags nicht rechtfertigen, zumal die Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin spätestens durch ihre umfangreiche Beteiligung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geheilt sein dürfte.
Zum anderen fehlt es jedoch auch an den erforderlichen offenkundigen und nachprüfbaren Tatsachen, die die angebliche Rechtsmissbräuchlichkeit des Gebotes belegen. Dieser materielle Mangel macht den Zuschlagsbeschluss vom 24.10.2006 unheilbar fehlerhaft.
Im Protokoll des Versteigerungstermins vom 19.09.2006 findet sich keine konkrete, verifizierbare Begründung für die erfolgte Zurückweisung. Hier heißt es auf Bl. 123 d.A. lediglich: "(...) Der Gläubigervertr. beantragt das Gebot zurückzuweisen. Das Gebot wird zurückgewiesen. (...)". Die vom Gläubigervertreter vorgebrachten Erwägungen für seinen Antrag sind ebenso wenig festgehalten, wie die Gründe, die zu der Entscheidung der Rechtspflegerin geführt haben. Zwar gilt der Grundsatz, dass auch im Protokoll eines Versteigerungstermins nur die wesentlichen, also für die Zuschlagsentscheidung oder für das Recht eines Beteiligten erheblichen Vorgänge festgehalten werden müssen (vgl. Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl. 2007, S. 485). Wie oben dargelegt, ist eine Zurückweisung wegen Rechtsmissbrauchs jedoch nur zulässig, wenn die Sittenwidrigkeit des Gebotes durch objektive, nachprüfbare Tatsachen belegt ist. Diese Aspekte sind daher für die Wirksamkeit des zurückgewiesenen Gebotes und somit für das Recht des betroffenen Bieters und die Zuschlagsentscheidung durchaus bedeutsam, so dass insoweit nach Ansicht der Kammer zumindest die wesentlichen Gründe der Zurückweisung hätten protokolliert werden müssen.
Nur auf diese Weise lässt sich auch der unbestrittene Grundsatz verwirklichen, dass alle Vorgänge, die für die Zuschlagsentscheidung bedeutsam sein können, in das Protokoll aufzunehmen sind (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl. 2006, § 80 Rdn. 2.1.) Somit führt das "Schweigen des Protokolls" in diesem Punkte dazu, dass die erforderlichen offenkundigen und nachprüfbaren tatsächlichen Gründe für die Zurückweisung des Gebotes zumindest in diesem Verfahrensstadium nicht nachvollzogen werden können. Die fehlende Protokollierung der wesentlichen Gründe für die Zurückweisung eines Gebotes wegen Rechtsmissbräuchlichkeit im Versteigerungstermin wäre zwar grundsätzlich heilbar, etwa durch Nachholung der Begründung in einer dienstlichen Stellungnahme (vgl. zu einer solchen Konstellation etwa OLG Nürnberg, a.a.O.). Dies ist hier jedoch ebenfalls nicht geschehen.
Auch im weiteren Verlaufe des Verfahrens beim Amtsgericht Lüneburg haben sich keine ausreichend konkreten, offenkundigen und nachprüfbaren Tatsachen ergeben, die eine Rechtsmissbräuchlichkeit zu Lasten der Beschwerdeführerin belegen. Insbesondere gibt die Entscheidung der Rechtspflegerin über die Wirksamkeit des nach § 72 Abs. 2 ZVG nicht erloschenen Gebotes im Zuschlagsbeschluss vom 24.10.2006 (Bl. 140 f. d.A.) insoweit nichts her. Hier ist lediglich pauschal davon die Rede, der Gläubigervertreter habe "überzeugend vorgetragen", dass die Beschwerdeführerin das Meistgebot "nicht leisten kann und will". Der Vortrag des Gläubigervertreters im einzelnen wird eben so wenig angegeben, wie die Kriterien für seine angebliche Überzeugungskraft. Weiter heißt es in dem Beschluss, dem Vollstreckungsgericht sei bekannt, dass die Beschwerdeführerin "bereits in mehreren anderen Verfahren das Meistgebot nicht belegt" habe. Diese Verfahren werden wiederum weder näher beschrieben (Gericht, Aktenzeichen etc.), noch werden die dort gewonnenen Erkenntnisse über die Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft der Beschwerdeführerin näher genannt. Eine derart pauschale Begründung ohne Angaben von Quelle und Inhalt wird den oben skizzierten Voraussetzungen einer Zurückweisung nach § 138 Abs. 1 BGB analog nicht im Ansatz gerecht (vgl. zur Heranziehung der Erfahrungen vergangener Zwangsversteigerungsverfahren in diesen Fällen etwa LG Essen und OLG Hamm, Rpfleger 1995, 34 ff.).
Weiterhin vermag auch der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Lüneburg vom 02.11.2006 (Bl. 150 d.A.) die Zulässigkeit der Zurückweisung nicht zu begründen. Auch hier wird ohne nähere Erläuterung darauf verwiesen, der Gläubigervertreter habe zur Begründung seines Zurückweisungsantrages vorgetragen, dass die Beschwerdeführerin bereits in mehreren anderen Verfahren "das Meistgebot nicht belegt" habe. Im übrigen wird auf den, wie ausgeführt, insoweit ebenfalls unzureichend begründeten Zuschlagsbeschluss vom 24.10.2006 Bezug genommen. Dass dies die Zurückweisung wegen Rechtsmissbräuchlichkeit nicht tragen kann, liegt vor dem Hintergrund der oben dargelegten, strengen Anforderungen, die an eine solche Maßnahme zu stellen sind, auf der Hand.
Ferner haben sich auch im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens sowie unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Gläubigerin und der Beteiligten keine offenkundigen und nachprüfbaren Anhaltspunkte für eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Gebotes erkennen lassen.
So irrt die Gläubigerin etwa, wenn sie meint, allein die Fälligstellung ihrer beiden im Rahmen des geringsten Gebotes bestehen bleibenden Grundschulden könne die Zahlungsunfähigkeit der Beschwerdeführerin begründen oder beschleunigen. Vielmehr ist bei der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit allein darauf abzustellen, ob offenkundig ist, dass der betroffene Bieter sein Gebot nicht aufbringen kann oder will. Jede andere Betrachtungsweise verkennt, dass die Zurückweisung in diesen Fällen eine Ausnahme bleiben muss, und die Anforderungen an den Bieter, sein Gebot zu belegen, über die ggf. nach §§ 66 ff. ZVG zu leistende Sicherheit hinaus nicht überspannt werden dürfen.
Hingegen ist der Gläubigerin insoweit zuzustimmen, als dass der vorgelegten Jahresabschlussbilanz der Beschwerdeführerin des Jahres 2005 aufgrund ihres Stichtagbezuges für den Zeitpunkt des Zuschlags und erst recht für den heutigen Tag keine übermäßige Aussagekraft im Hinblick auf ihre Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft beigemessen werden kann. Einen geeigneten Beleg für ihre Fähigkeit, über die erbrachte Sicherheit in Höhe von 18 000,00 € hinaus auch das Bargebot von weiteren 81 000,00 € leisten zu können, hat die Beschwerdeführerin hingegen durch die vorgelegten und laufend aktualisierten Nachweise über den Festgeldbetrag von 81 000,00 € bei der ...bank (Bl. 160, 205, 217, 220 d.A.) erbracht. Da somit feststeht, dass der Beschwerdeführerin eine solche Summe zur Verfügung steht, und keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, warum diese "Rücklage" entfallen sollte, hat die Beschwerdeführerin alles getan, um ihre Redlichkeit bei der Abgabe des Gebotes zu untermauern.
Wenn die Gläubigerin und die Beteiligten hiergegen einwenden, der Festgeldbetrag sei jeweils nur für den Ausstellungstag der Nachweise belegt und reiche daher nicht aus, so überspannen sie hiermit erneut die Anforderungen an die Nachweispflichten des Bieters. Sie verkennen auch, dass vielmehr im Gegensatz dazu der sich auf die Rechtsmissbräuchlichkeit berufende Beteiligte bzw. das Vollstreckungsgericht gehalten sind, den grundsätzlich vorhandenen "ersten Anschein" der Redlichkeit des Bieters durch offenkundige, nachprüfbare Tatsachen zu erschüttern und zu widerlegen. Hierfür genügen auch nicht die Hinweise der Gläubigerin, die Beschwerdeführerin sei in Gestalt ihres Geschäftsführers verwandtschaftlich mit der Schuldnerin "verflochten", habe bereits in der Vergangenheit Zahlungsankündigungen und -versprechen nicht eingehalten und es überdies wissentlich zu Wiederversteigerungen kommen lassen. All dies mag zwar zutreffen, ändert jedoch nichts daran, dass die Beschwerdeführerin hier "harte Nachweise" über die restlichen 81 000,00 € erbracht hat, wohingegen sich die Positionen der Gläubigerin, der Beteiligten und, ihnen folgend, des Amtsgerichts Lüneburg auf Mußmaßungen und nicht näher bzw. nicht ausreichend begründete Zweifel an der Zahlungsmoral der Beschwerdeführerin beschränken.
Nach alledem zeigt sich, dass im vorliegenden Fall die strengen Voraussetzungen der Zurückweisung eines Gebotes als rechtsmissbräuchlich nicht vorliegen. Verbleibende Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft der Beschwerdeführerin, die ggf. bestehen mögen, sind hingegen als immanentes Risiko eines jeden Zwangsversteigerungsverfahrens hinzunehmen. In der Folge war der Beschwerdeführerin auf ihr wirksames Gebot über 99 000,00 € gem. §§ 101 Abs. 1, 81 Abs. 1 ZVG der Zuschlag zu erteilen. Hieran war das Beschwerdegericht auch nicht mit Blick auf den von der Beschwerdeführerin in Ablichtung vorgelegten Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 21.09.2006 (Az. V ZB 76/06) gehindert. Insoweit wird auf die in diesem Punkt vollumfänglich zutreffenden Ausführungen im Schreiben der Gläubigerin vom 18.01.2007 (Bl. 212 f. d.A) verwiesen, wonach die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen im Hinblick auf das bestrangige Recht aus Abteilung III, lfd. Nr. 10, hier ohne weiteres vorliegen und eine ggf. zustellungsbedürftige Vollmacht nicht ersichtlich ist.
III.
Da der Rechtsbehelf Erfolg hat, fallen für das Beschwerdeverfahren keine gesonderten Gerichtsgebühren nach Nr. 2400 KostVerz an. Ihre außergerichtlichen Kosten hat die Beschwerdeführerin mangels gesetzlicher Grundlage für eine Erstattungsfähigkeit hingegen selbst zu tragen.
Der Beschwerdewert wurde gemäß § 3 ZPO auf 1/10 des Verkehrswertes (180 000,00 €) bemessen.
IV.
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung, i.S.d. § 574 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat. Die hier klärungsbedürftige Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gebot analog § 138 Abs. 1 BGB als rechtsmissbräuchlich und daher sittenwidrig zurückzuweisen ist, kann in einer unbestimmten Vielzahl von Zwangsversteigerungsverfahren auftreten. Auch hat diese Frage im Rechtsverkehr, insbesondere für Schuldner, Gläubiger und Bieter eines Zwangsversteigerungsverfahrens, ein hohes tatsächliches, wirtschaftliches und rechtliches Gewicht (vgl. zu diesen Kriterien BGHZ 151, 221 sowie BGH NJW 2003, 1943 [BGH 27.03.2003 - V ZR 291/02].).