Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 04.10.2007, Az.: 4 T 125/07
Streit um die Erteilung eines Zuschlagsbeschlusses im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung eines Grundstücks; Erforderlichkeit der Aufhebung des Termins bei einer Änderung der Verkehrswertfestsetzung; Erst nach Erteilung des Zuschlags geltend gemachte Rechtsmängel
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 04.10.2007
- Aktenzeichen
- 4 T 125/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 54612
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2007:1004.4T125.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Winsen (Luhe) - 29.06.2007 - AZ: 10 K 105/04
- AG Winsen - 29.06.2007 - AZ: 10 K 105/04
- nachfolgend
- BGH - 19.06.2008 - AZ: V ZB 129/07
Rechtsgrundlagen
- § 38 Abs. 1 ZVG
- § 43 Abs. 1 ZVG
- § 83 Nr. 7 ZVG
- § 100 ZVG
In der Beschwerdesache
...
hat die 4. Zivilkammer
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...
den Richter am Landgericht ... und
den Richter ...
am 04.10.2007
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Winsen/Luhe vom 29.06.2007 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Antrag auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts Winsen/Luhe vom 29.06.2007 wird abgelehnt.
Der Beschwerdewert wird auf 46.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Winsen/Luhe.
Mit Beschluss vom 14.10.2004 (Bl. 5 d.A.) ordnete das Amtsgericht Winsen/Luhe die Zwangsversteigerung des Grundstücks der Beschwerdeführerin an.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens beantragte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 09.02.2007 (Bl. 249 ff. d.A.), das Verfahren gemäß §765 a ZPO im Hinblick auf den schlechten Gesundheitszustand ihres Vaters, dem ein Altenteil am Objekt bestellt worden war, vorläufig einzustellen. Auf die Zustimmung zur Einstellung eines Gläubigers hin beschloss das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 05.03.2007 die Einstellung des Verfahrens bis zum 05.11.2007 gemäß §765 a ZPO isoliert nur für diesen Gläubiger (Bl. 268 d.A.). Im Übrigen wies es den Antrag mit Beschluss vom 12.04.2007 zurück (Bl. 346 f. d.A.). Dagegen legte die Beschwerdeführerin sofortige Beschwerde ein (Bl. 349 d.A.).
Mit Beschluss vom 12.04.2007 (Bl. 336 d.A.) setzte das Vollstreckungsgericht ferner den bereits mit der Terminsbestimmung öffentlich bekannt gemachten Verkehrswert von 438.000 EUR auf 460.000 EUR herauf. Daraufhin legte die Beschwerdeführerin (Bl. 350 ff. d.A.) gegen die Anberaumung des Versteigerungstermins auf den 20.04.2007 Erinnerung ein. Ferner erhob sie sofortige Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss. Die Erinnerung wies das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 17.04.2007 zurück (Bl. 368 d.A.).
Am 20.04.2007 wurde der Versteigerungstermin durchgeführt (Bl. 374 ff. d.A.). Der Zuschlag wurde nicht erteilt. Im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung über die Beschwerden betreffend die Einstellung des Verfahrens und die Wertfestsetzung wurde ein gesonderter Versteigerungstermin anberaumt.
Mit Beschluss vom 02.05.2007 half das Vollstreckungsgericht den Beschwerden sowohl gegen die Ablehnung der einstweiligen Einstellung als auch gegen die Wertfestsetzung nicht ab und legte die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vor (Bl. 398 d.A.). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 09.05.2007 wies die 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg beide Beschwerden zurück (Bl. 400 ff. d.A.).
Mit Beschluss vom 29.06.2007 schlug das Amtsgericht Winsen/Luhe dem Beteiligten ... als Meistbietenden in dem für diesen Tag anberaumten Verkündungstermin die im Grundbuch von ... Blatt eingetragenen Grundstücke zu (Bl. 412 f. d.A.). An dem Termin nahm lediglich der Ersteher des Grundstücks teil.
Gegen den Beschluss vom 29.06.2007, der der Beschwerdeführerin am 04.07.2007 zugestellt wurde (Bl. 417 R, Bl. 424 R d.A.), hat diese nunmehr am 13.07.2007 Beschwerde eingelegt (Bl. 433 d.A.). Zur Begründung (Bl. 446 ff. d.A.) beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, dass nur das Gebot für den Gesamtgrundbesitz dreimal verkündet worden sei, nicht aber das für das Einzelgrundstück. Im Übrigen hätte nach Ansicht der Beschwerdeführerin der Versteigerungstermin am 20.04.2007 nicht durchgeführt werden dürfen, da nur wenige Tage vor diesem Termin der Verkehrswert noch einmal abgeändert worden und der vor der Abänderung öffentlich bekannt gemachte Verkehrswert somit fehlerhaft gewesen sei. Hauptsächlich beruft sie sich aber erneut darauf, dass sich der Gesundheitszustand ihres Vaters, dessen Altenteil durch den Zuschlag erloschen ist, weiter verschlechtert habe. Sie beantragt daher die Aufhebung des Beschlusses gemäß §765 a ZPO.
Zugleich beantragt die Beschwerdeführerin,
durch einstweilige Anordnung die Vollziehung des Zuschlagsbeschlusses auszusetzen.
II.
Die fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß §100 Abs. 1 ZVG kann die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass eine der Vorschriften der §§81, 83 bis 85 a ZVG verletzt oder dass der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist. Die Erteilung des Zuschlags zu abweichenden Bedingungen wurde weder gerügt, noch ist sie ersichtlich. Eine Verletzung der erwähnten Normen liegt nicht vor.
1.
Es liegt kein Verstoß gegen §83 Nr. 7 ZVG i.V.m. §73 Abs. 1 ZVG vor. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, es seien nicht alle letzten Gebote dreimal verkündet worden, entspricht dies ausweislich Blatt 11 des Protokolls (Bl. 384 d.A.) nicht den Tatsachen und würde überdies nur einen Verstoß gegen §73 Abs. 2 Satz 2 ZVG bedeuten, der in §83 Nr. 7 ZVG nicht als Versagungsgrund erwähnt ist.
2.
Es liegt auch kein Verstoß gegen §43 Abs. 1 ZVG vor, der gemäß §83 Nr. 7 ZVG zur Versagung des Zuschlages führen müsste.
Die Änderung der Verkehrswertfestsetzung durch Beschluss vom 12.04.2007, also nach öffentlicher Bekanntmachung des ursprünglichen Verkehrswerts, erforderte nicht die Aufhebung des Termins gemäß §43 Abs. 1 Satz 1 ZVG. Die Bekanntmachung der Terminsbestimmung am 12.02.2007 (Bl. 258 d.A.) war ordnungsgemäß. Zu jenem Zeitpunkt entsprach der bekannt gemachte Wert der damals geltenden Festsetzung. Aus diesem Grund scheidet eine Aufhebung in direkter Anwendung des §43 Abs. 1 ZVG selbst dann aus, wenn man sich der in der Literatur vertretenen Auffassung anschließt, der Soll-Inhalt dürfe zwar fehlen, nicht aber fehlerhaft sein (Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Auflage, S. 426; Stöber, ZVG, 17. Auflage, §38, Anm. 1.3).
Auch die entsprechende Anwendung des §43 Abs. 1 ZVG gebietet aber nicht die Aufhebung. Die Kammer leitet dieses Ergebnis aus §38 Abs. 1 ZVG her. Der Verkehrswert ist danach nur Soll-Inhalt der Bekanntmachung. Dem Vollstreckungsgericht ist demnach freigestellt, auf die Angabe des Verkehrswerts gänzlich zu verzichten. Der Gesetzgeber hat es daher nicht als zwingend erforderlich angesehen, dass potenzielle Bieter vom maßgeblichen Verkehrswert vor dem Termin in Kenntnis gesetzt werden. Damit hat er auch zum Ausdruck gebracht, dass es grundsätzlich Sache des Bieters ist, sich über den konkreten Wert zum Versteigerungstermin zu informieren.
Die Kammer verkennt nicht, dass durch die Veröffentlichung ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen wird. Andererseits liegt es schon in der Natur der Sache, dass die Bieter, denen anders als den Beteiligten ein abändernder Beschluss nicht bekannt gegeben wird, mit Änderungen etwa aufgrund von Beschädigungen aufgrund von Feuer, Hagel, etc. bis zum Versteigerungstermin ohnehin rechnen müssen.
Der bekannt gemachte Verkehrswert ist im Übrigen bekanntermaßen nur ein Anhaltspunkt für potenzielle Bieter und gibt nur in groben Zügen Auskunft darüber, zu welchem Preis der Zuschlag zu erlangen sein wird und welchen Wert das Objekt tatsächlich hat. Beträgt wie im vorliegenden Fall der Umfang der Änderung (Erhöhung um 22.000 EUR bei einem ursprünglichen Wert von 438.000 EUR) nur etwa 5 % des anfänglichen Werts, kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass potenzielle Bieter, die sich auf den bekannt gemachten Verkehrswert verlassen haben, ihre Entscheidung über die Teilnahme dann anders getroffen haben würden, hätten sie den korrekten Verkehrswert sofort erfahren.
Die Rechtskraft des Änderungsbeschlusses war bei Erteilung des Zuschlags gegeben, so dass aus diesem Grunde keine Aufhebung geboten ist. Soweit ersichtlich wird nicht mehr vertreten, dass die Rechtskraft des Wertfestsetzungsbeschlusses und damit auch eines möglichen Änderungsbeschlusses vor dem Versteigerungstermin eingetreten sein muss. Die von Stöber, 17. Auflage, §74 a ZVG, Anm. 7.11 dafür zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf, RPfleger 1981, 69, verlangt nur die - hier gegebene - Rechtskraft vor der Entscheidung vor dem Zuschlag. Auch die Entscheidung des OLG Hamm, RPfleger 2000, 120, verlangt lediglich die Rechtskraft vor Entscheidung über den Zuschlag, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, von dem Rechtsmittel gemäß §74 a Abs. 5 Satz 3 ZVG Gebrauch machen zu können. Diese Möglichkeit wurde im vorliegenden Fall eröffnet und genutzt. Zumindest dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Beschwerde nicht zu einer Änderung der Wertfestsetzung geführt hat, ist nicht ersichtlich, warum der Versteigerungstermin wiederholt werden sollte.
3.
Es liegt auch kein Verstoß gemäß §83 Nr. 6 ZVG i.V.m. §765 a ZPO vor.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin steht der Beschluss vom 05.03.2007 der Erteilung des Zuschlags nicht entgegen. Es kann dabei dahin stehen, ob das Gericht befugt war, das Verfahren gemäß §765 a ZPO nur hinsichtlich eines Gläubigers einzustellen, weil dieser einer Einstellung zugestimmt hatte. Ebenso kann offen bleiben, ob das Vollstreckungsgericht die Zustimmung des Gläubigers zumindest als Einwilligung einer einstweiligen Einstellung im Sinne des §30 ZVG auffassen durfte. Jedenfalls hat das Vollstreckungsgericht weder für sich selbst noch für das Beschwerdegericht mit bindender Wirkung festgestellt, dass die Voraussetzungen des §765 a ZPO vorliegen. Auch im Hinblick auf Beschlüsse gilt, dass nur der Tenor, also die Anordnung der Einstellung an sich, in Rechtskraft erwachsen kann, nicht aber die rechtliche Begründung.
Auch ansonsten gebietet die Vorschrift des §765 a ZPO nicht die Versagung des Zuschlags. Dem Antrag muss, soweit die Beschwerdeführerin ihn auf den verschlechterten Gesundheitszustand ihres Vater stützt, schon deshalb der Erfolg versagt werden, weil der Vortrag erst nach Erteilung des Zuschlags erfolgte. Dass dies verspätet ist, entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (BGH, BGHZ 44, 138 ff.; OLG Köln, MDR 1988, 152; Stöber, a.a.O., Einl. 59.10. m.w.N.; Storz, a.a.O., S. 147). Die Kammer schließt sich dieser Ansicht nach eigener Prüfung auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin angeführten Rechtsprechung des BGH, Urt. v. 24.11.2005, V ZB 99/05, an.
Insbesondere daraus, dass gemäß §100 ZVG nur bestimmte, vor der Erteilung des Zuschlags liegende Rechtsmängel die Aufhebung des Zuschlags begründen können, lässt sich herleiten, dass die Zuschlagsbeschwerde nicht auf Rechtsmängel gestützt werden kann, die zeitlich später liegen oder erst später dem Versteigerungsgericht bekannt geworden sind.
In der neueren Entscheidung vom 24.11.2005 hat der BGH demgegenüber betont, dass die Vollstreckungsgerichte in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen haben, um Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst auszuschließen. Unter Beachtung dieses aus Art. 19 Abs. 4 GG resultierenden Gebots effektiven Rechtsschutzes hält die Kammer aber daran fest, dass die Versagung des Zuschlags gemäß §765 a ZPO zumindest dann nicht mehr begehrt werden kann, wenn ein solcher Antrag nicht spätestens im Verkündungstermin der Entscheidung über den Zuschlag gestellt wird. So liegen die Dinge aber hier. Zwar hatte die Beschwerdeführerin schon vor dem Versteigerungstermin einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens gemäß §765 a ZPO gestellt. Über diesen war aber mit der Entscheidung der auch hier erkennenden Kammer vom 09.05.2007 rechtskräftig befunden worden. Der neue Antrag muss daher ebenso behandelt werden, als sei der ursprüngliche Antrag vom 12.02.2007 nicht gestellt worden.
Im Ergebnis führt der Ausschluss des neuen Antrags gemäß §765 a ZPO dazu, dass die Beschwerdeführerin mit den zur Begründung vorgebrachten Tatsachen präkludiert ist. Dies begegnet aber keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beschwerdeführerin möglicherweise die richterliche Entscheidung über einen Eingriff in ihre Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG bzw. in das Grundrecht ihres Vaters gemäß Art. 2 Abs. 2 GG verwehrt wird. Solche materiell-rechtlichen Präklusionsvorschriften sind dem geltenden Recht keineswegs fremd. Sie sind insbesondere in öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren bekannt. So sieht etwa §73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG einen umfassenden Ausschluss jeglicher Einwendungen gegen einen Planfeststellungsbeschluss vor, die nicht innerhalb einer bestimmten Frist vorgebracht worden sind. Vergleichbare Regelungen finden sich auch in weiteren Fachplanungsgesetzen.
Derartige Ausgestaltungen des gerichtlichen Rechtsschutzes sind mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dann vereinbar, wenn sie im Hinblick auf die Wahrung anderer Verfassungsgrundsätze gerechtfertigt sind. Denn die Verfassung ist ein Sinngefüge, bei dem einzelne Gewährleistungen, und mithin auch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, so auszulegen sind, dass auch anderen Verfassungsnormen und -grundsätzen nicht Abbruch getan wird (BVerfG, 20.04.1982, 2 BvL 26/81, Rn. 52 zitiert nach [...]).
Hier ist auch auf der Seite der Gläubiger Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Der effektive Schutz dessen Rechtsposition erfordert, ihm die Möglichkeit zu verschaffen, in vertretbarer Zeit seine Forderungen gegen den Schuldner zu realisieren. Der Schuldner hat auf der anderen Seite im Verfahren der Zwangsversteigerung hinreichend Möglichkeit, seine grundrechtlich geschützten Positionen vorzutragen und darüber eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen wird daher nicht unzumutbar erschwert oder aus sachfremden Erwägungen unmöglich gemacht (vgl. dazu auch BVerfG, 02.03.1993, 1 BvR 249/92, Rn. 21 f. zitiert nach [...]).
Die Kammer vermag sich auch nicht der Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 24.11.2005, V ZB 99/05, anschließen, soweit der BGH fordert, das Beschwerdegericht dürfe nicht sehenden Auges unter Berufung auf die formale Verfahrensgestaltung eine Entscheidung bestehen lassen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit Ursache für den Tod des Schuldners (bzw. hier eines nahen Angehörigen) sein kann. Die Entscheidung, ob und wann das Beschwerdegericht einem Beschwerdevortrag noch nachgehen muss, obliegt nicht dem Gericht, sondern dem Gesetzgeber, der diese Entscheidung hier - in verfassungskonformer Weise - auch getroffen hat. Bei Versäumen der Beschwerdefrist müsste das Beschwerdegericht die Beschwerde gemäß §572 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Übrigen ohne weitere Prüfung - unter Berufung allein auf diese formale Verfahrensgestaltung - verwerfen, selbst wenn schwerste Grundrechtsverletzungen dargelegt worden wären.
Die Kammer erachtet die damit verbundene Härte im Übrigen auch nicht für unbillig. Der Beschwerdeführerin steht die Möglichkeit offen, die vorläufige Einstellung der Räumungsvollstreckung wiederum mit einem Antrag gemäß §765 a ZPO zu erstreben.
Die Kammer hat deshalb davon abgesehen, von Amts wegen zu ermitteln, ob der erneut mit Schriftsatz vom 17.09.2007 beschriebene Gesundheitszustand des Vaters der Beschwerdeführerin schon der Erteilung des Zuschlags entgegen steht. Offen bleiben konnte zudem, ob der bisherige Vortrag der Beschwerdeführerin ohnehin nur darlegt, dass dem Vater der Beschwerdeführerin Gefahren von einer Räumung und nicht allein durch die Zuschlagserteilung drohen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 24.11.2005, V ZB 99/05, Rn. 23 zitiert nach [...]), und ob der Vortrag nicht insgesamt unsubstantiiert ist.
4.
Mit dem Antrag, gemäß §570 Abs. 3 Halbsatz 2 ZPO die Vollziehung des Zuschlagsbeschlusses auszusetzen, kann die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht durchdringen. Maßgeblich leitender Gesichtspunkt für die Entscheidung der Kammer ist die - nach Auffassung der Kammer - fehlende Erfolgsaussicht der Beschwerde. Auch hier ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin gegen eine eventuelle Räumungsvollstreckung gemäß §93 Abs. 1 Satz 1 ZVG wiederum Vollstreckungsschutz gemäß §765 a ZPO beantragen kann.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf §97 ZPO. Dabei hat die Kammer gemäß §3 ZPO den Wert der Zuschlagsversagung für die Beschwerdeführerin zugrunde gelegt und diesen gemäß der ständigen Rechtsprechung der Kammer auf 1/10 des Verkehrswerts von 460.000 EUR festgesetzt.
6.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §574 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. §573 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen.
Die Rechtssache hat nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung sowohl im Hinblick auf die Frage, ob eine Änderung des Verkehrswerts nach Beginn der Sechs-Wochen-Frist des §43 Abs. 1 ZVG die Aufhebung des Versteigerungstermins gebietet, als auch im Hinblick darauf, ob der Schuldner mit einem Antrags nach §765 a ZPO ausgeschlossen ist, wenn er diesen Antrag erstmals im Rahmen der Zulassungsbeschwerde stellt.
Im Hinblick auf die letzte Frage sieht die Kammer auch die Notwendigkeit einer Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Der Kammer erscheint fraglich, inwiefern der Bundesgerichtshof an der Rechtsprechung festhalten will, dass eine Zuschlagsbeschwerde nicht auf neue Tatsachen gestützt werden kann. Zwar hat der Bundesgerichtshof an dieser Rechtsprechung auch im Urteil vom 24.11.2005, V ZB 99/05, im Grundsatz festgehalten (Rn. 18, zitiert nach [...]). Jedoch hat das Gericht bewusst offen gelassen, ob an der Rechtsprechung auch dann noch festzuhalten ist, wenn Grundrechtsbeeinträchtigungen vorgetragen werden. Die Forderung des Bundesgerichtshofs, den Grundrechten bei der Auslegung und Anwendung der Verfahrensvorschriften Rechnung zu tragen, kann unter Umständen auch eine generelle Abkehr von der aus §100 ZVG gewonnen Auslegung entnommen werden. Soweit der Bundesgerichtshof argumentiert, die Vollstreckungsgerichte dürften nicht sehenden Auges eine Entscheidung bestehen lassen, die den Tod des Schuldners (oder eines nahen Angehörigen) zur Folge haben kann, ist eine Klarstellung erforderlich, ob ein solches Verständnis umfassenden gerichtlichen Rechtsschutzes der aus §100 ZVG gewonnenen Präklusion - an der die Kammer festhält - entgegen steht.