Landgericht Lüneburg
Urt. v. 23.03.2007, Az.: 9 O 310/06

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
23.03.2007
Aktenzeichen
9 O 310/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 60806
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2007:0323.9O310.06.0A

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt,

  2. 2.

    an den Kläger 13.472,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2006 Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte und Freistellung von den Pflichten aus der Beteiligung an der Beteiligungsgesellschaft GmbH Co. KG i.H.v. nominell 50.000 Euro - Anteils-Nr.75-3031 -zuzahlen,

  3. 3.

    den Kläger von dessen Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag mit der Sparkasse HB$vom 23.05.2002 - Konto-Nr. XXXXXXX freizustellen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. 4.

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %.

  5. 5.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 53. 000 €. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Falschberatung beim Verkauf des XXX-Fonds.

2

Der Kläger unterzeichnete am 27.12.2001 eine Beitrittserklärung als Kommanditist der IMI Beteiligungsgesellschaft W GmbH Go. KG (im folgenden H Fonds 75) in Höhe von 50.000 Euro zuzüglich 5 % Agio (Anlage K 2, Bl. 35 d.A.). Bei dem MB Fonds handelt es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds, der eine Beteiligung an sechs Gewerbeimmobilien in Deutschland vermittelte.

3

Der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten kannten sich aus einer früheren Tätigkeit des Geschäftsführers in einem Strukturvertrieb, bei dem der Kläger eine Zeitlang nebenberuflich tätig war. Der Kläger hatte die Beklagte mit der Optimierung seiner Versicherungen beauftragt.

4

In den Jahren 2000 bis 2004 arbeitete der Kläger für eine Leasinggesellschaft und erzielte ein jährliches Bruttoeinkommen von ca. 70.000 bis 80.000 Euro. Über nennenswertes Kapitalvermögen verfügte der Kläger nicht, er hatte mit seiner Ehefrau, mit der er damals noch nicht verheiratet war, ein Haus gebaut und tilgte die hierfür aufgenommenen Verbindlichkeiten.

5

Nachdem der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten sich auch über Altersvorsorge und Steuersparmöglichkeiten unterhalten hatten, unterbreitete der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger den Vorschlag, sich an dem neu aufgelegten XXX-Fonds zu beteiligen.

6

Es fanden sodann mehrere Gespräche statt, in denen auch über den XXX-Fonds 75 gesprochen wurde. Der Geschäftsführer der Beklagten fragte die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ab. Er übergab dem Kläger den Verkaufsprospekt für den Fonds (Sonderheft).

7

Am 12.10.2001 fand ein solches Gespräch zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten statt. Ein weiteres Gespräch fand am 26.11.2001 abends bei dem Kläger zu Hause statt, nachfolgend ein weiteres am 21.12.2001 im Büro der Beklagten.

8

Zur Finanzierung des Fondsbeitritts nahm der Kläger in Höhe von 40. 000 € zunächst ein Zwischenfinanzierungsdarlehen bei einem Unternehmen der Falk-Gruppe und im Mai 2002 ein Darlehen bei der Sparkasse XXX auf. Den Restbetrag zahlte der Kläger von seinem Konto ein.

9

Der Kläger behauptet, dass der Geschäftsführer der Beklagten ihn nicht hinreichend über die Risiken der Anlage informiert habe. So habe er das Totalverlustrisiko verschwiegen und angegeben, dass die Immobilien immer als werthaltige Sicherheit vorhanden seien, auf die zurückgegriffen werden könne. Außerdem habe der Geschäftsführer der Beklagten nicht offenbart, dass er keine eigene Plausibilitätsanalyse des Fondskonzeptes vorgenommen habe. Negative Berichterstattung über den Fonds in einem Report der XXX AG habe er ebenfalls verschwiegen. Der Geschäftsführer habe ein teilweises Ausbleiben der Ausschüttung als schlimmsten Fall dargestellt und im Hinblick auf frühere schlechte Erfahrungen des Klägers mit einem anderen geschlossenen Fonds auf den Fondsinitiator XXX und die Unterschiede zwischen den Fonds verwiesen.

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Seinen Schaden berechnet der Kläger wie folgt:

11

Von ihm erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen bis zum 30.06.06: ...............16.800,00 €

12

2001 erfolgte Restfinanzierung inkl. Agio: ..................12.507,67 €

13

Zwischenfinanzierungszinsen: ..................1.333,33 €

14

entgangener Gewinn (5% seit dem 28.12.2001 auf 52.500€) ..................12.016,67€

15

abzüglich erhaltener Ausschüttungen ..................8.750,00 €

16

Außerdem begehrt der Kläger Freihaltung von der Verbindlichkeit aus dem Darlehensvertrag mit der Sparkasse XXX. Per 30.06.2005 belief sich der Darlehensrestbetrag auf 36.045,15 €.

17

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

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1. an den Kläger 33.907,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.11.2005 Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte und Freistellung von den Pflichten aus der Beteiligung an der WK Beteiligungsgesellschaft V GmbH Co. KG i.H.v. nominell 50.000 Euro - Anteils-Nr.75-3031 - zu zahlen,

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2. den Kläger von dessen Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag mit der Sparkasse MMH$ vom 23.05.2002 - Konto-Nr. 507.221.455-BP-2375622 - freizustellen.

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Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Sie behauptet, dass der Kläger hinreichend erfahren im Umgang mit Fonds sei. Außerdem sei er ordnungsgemäß und umfassend über die Risiken des Fonds aufgeklärt worden.

22

Im übrigen meint sie, dass bereits die Hinweise im Fondsprospekt ausreichend gewesen seien.

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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird im übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

24

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin XXX. Außerdem sind der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten persönlich angehört worden. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist zu einem Teil begründet.

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1. Kläger und Beklagte haben einen Auskunftsvertrag geschlossen, bei dem die Beklagte die Pflichten eines Anlageberaters trafen.

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Als Anlageberater Wird tätig, wer als unabhängiger individueller Berater dem Kunden gegenübertritt, der ihm ein weitreichendes persönliches Vertrauen entgegenbringt (BGH, Urteil v. 13.05.1993- III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114 - juris Rz. 13). Demgegenüber zeichnet sich ein Anlagevermittler dadurch aus, dass er für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse, des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat. An ihn wendet sich der Anleger in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund steht (BGH, Urteil v. 13.05.1993 - III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114 -Juris Rz. 14).

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Die Beklagte firmiert als Gesellschaft für Finanzdienstleistungen, sie ist nicht in eine Fondsgesellschaft oder ein anderes Unternehmen der Finanzindustrie eingegliedert oder als dauerhafter Vertreter für ein solches Unternehmen tätig. Es handelt sich stattdessen um ein eigenständiges Unternehmen, bei dem nicht erkennbar ist, dass es nur Finanzprodukte eines bestimmten Anbieters vertreibt. Damit ist für den Kunden die Unabhängigkeit und Neutralität der Beklagten im Verhältnis zu einzelnen Produktanbietern gegeben. Dies spricht für die Annahme, dass die Beklagte als Anlageberater auftrat und handelte.

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Gegen die Qualifizierung der Beklagten als Anlageberater spricht nicht, dass der Kläger an die Beklagte kein gesondertes Entgelt zahlen musste, weil die Beklagte ihre Provision vom Fondsinitiator XXX erhielt. Die Vereinbarung eines gesonderten Entgelts spricht zwar dafür, eine Anlageberatung anzunehmen, aber eine solche Vereinbarung ist keine notwendige Voraussetzung, um eine Anlageberatung annehmen zu können.

30

Im vorliegenden Fall war die Beklagte bereits mit der Optimierung der Versicherungen des Klägers befasst. Zudem erfragte die Beklagte den Einkommens- und Vermögensstatus des Klägers.

31

Die Beklagte handelte auch nicht nur als Anlagevermittler, weil der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger, nachdem sie sich eher unverbindlich über Möglichkeiten zum Steuersparen und zum Vermögensaufbau zur Altersvorsorge unterhalten hatten, den XXX Fonds als Investitionsobjekt vorgeschlagen hatte. Es ist nicht erforderlich, dass in einer Beratung ein Vorschlag für die gesamte weitere Vermögensplanung vorgenommen wird. Jedenfalls wenn, wie hier, das Vermögen des Anlegers im wesentlichen aus einem Einfamilienhaus besteht und eine Anlage in einer Größenordnung von 50.000 Euro empfohlen wird, kann nicht von einer einzelnen Vermittlung gesprochen werden.

32

Der Abschluss eines Anlageberatungsvertrags ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Anlageinteressent deutlich macht, dass er auf bestimmte für ihn wesentliche Anlageentscheidungen bezogen die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des anderen in Anspruch nehmen will und der Anlageberater in Kenntnis dieses Kundenwunsches die Beratung beginnt (OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 291791 = VersR 2003, 61 [OLG Celle 15.08.2002 - 11 U 291/01] - Juris Rz. 26).

33

Im vorliegenden Fall vertraute der Kläger auf die Kenntnisse und die Informationsquellen, die der Beklagten zur Verfügung standen und handelte bei dem Beitritt zum Fonds entsprechend dem Rat des Geschäftsführers der Beklagten. Der Geschäftsführer der Beklagten war dem Kläger durch seine frühere Tätigkeit im Vertrieb von Finanzprodukten bekannt. Für den Geschäftsführer war auch erkennbar, dass der Kläger sich auf seine Empfehlung und sein Urteil verließ.

34

Der Anlageberater schuldet eine anläge- wie auch anlegergerechte Beratung.

35

Umfang und Intensität der Beratungspflicht hängen - beim Anlageberater wie beim Anlagevermittler - von den jeweiligen Gesamtumständen und Besonderheiten des Einzelfalles ab (BGH, Urteil v. 13.05.1993 - III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114-juris Rz. 12). Dazu gehört die Gesamtsituation, wie sie sich bei der einzelnen Anlageentscheidung darstellt. Abzustellen ist auch auf die Geschäftserfahrung und den konkreten Kenntnisstand des Anlageinteressenten. Dabei dürfen die Beratungspflichten nicht überspannt werden.

36

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Kläger um eine im Wirtschaftsleben in einigem Umfang erfahrene Person. Als Angestelltem in durchaus herausgehobener Position waren dem Kläger die grundsätzlichen Gepflogenheiten des Wirtschaftslebens vertraut. Außerdem verfügte der Kläger über Grundkenntnisse über den Aufbau von Fonds durch seine zurückliegende nebenberufliche Tätigkeit als Vertreter für fondsgebundene Lebensversicherungen. Weiter hatte der Kläger auf Grund seines früher getätigten Fondsinvestments und seiner damit gemachten schlechten Erfahrungen eine Grundkenntnis über Risiken von geschlossenen Immobilienfonds.

37

Auf dieser Grundlage durfte die Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger sich des bei allen Geldanlagen grundsätzlich bestehenden Investitionsrisikos bewusst sein musste. Gleichwohl entbindet diese Kenntnis und Erfahrung des Klägers die Beklagte nicht von einer ordnungsgemäßen Beratung. Diese durfte auch nicht zu knapp ausfallen, denn der Kläger war im Bereich der Geldanlage in geschlossenen Immobilienfonds unstreitig nicht sehr erfahren. Dass der Kläger durch sonstige Schulungen vertieftes Wissen über geschlossene Immobilienfonds und deren Risiken erworben habe, hat die Beklagte trotz Bestreitens des Klägers nur pauschal behauptet und nicht näher dargelegt. Insoweit vermag das Gericht nicht festzustellen, dass der Kläger überhaupt nicht oder jedenfalls nur in eingeschränktem Umfang beratungsbedürftig war.

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Auch dem Kläger schuldete die Beklagte dementsprechend eine ordnungsgemäße Beratung über die konkrete Anlage und die konkreten Risiken, denn sie durfte - mangels spezifischer Kenntnisse des Klägers - nicht davon ausgehen, dass diese dem Kläger bekannt oder für ihn ohne Beratung erkennbar waren. Bei der Darstellung der Risiken war erforderlich, dass diese nicht nur pauschal aufgezählt, sondern auch quantifiziert wurden. Jedenfalls auf konkrete Nachfragen hinsichtlich des Umfangs der Risiken mussten inhaltlich richtige Antworten gegeben werden. Die Beklagte durfte die vorhandenen und erkennbaren Risiken auch nicht abschwächen (vgl. OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 341/01 = OLGR Gelle 2002, 265 -Juris Rz. 68 für die Risikodarstellung im Prospekt). Auch herangezogene Berechnungsbeispiele mussten inhaltlich zutreffend sein.

39

2. Nach der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte diese Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Das Gericht hat nach der Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten und der Beweisaufnahme die persönliche Überzeugung (§ 286 ZPO) gewonnen, dass der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger über das dem Investment innewohnende Risiko unzutreffend und unzureichend aufgeklärt und beraten hat.

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a) Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger und seiner Frau anhand von Beispielen deren maximal denkbare Belastung vorgerechnet hat. Das Gericht geht dabei davon aus, dass der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger über die Möglichkeit, dass Ausschüttungen des Fonds teilweise ausbleiben können, informiert hat. Freilich hat er dabei anhand von Beispielen dem Kläger vorgerechnet, was für ihn das maximale Risiko sein könne. Der genaue Betrag war der Zeugin von Blumenthal insoweit nicht mehr erinnerlich. Sie hatte aber die Größenordnung von etwa 1. 000 € noch in Erinnerung. Dabei handelte es sich um einen Betrag, der auch bei einem deutlich geringerem Einkommen, als es der Kläger damals erzielte, ohne weiteres neben den sonstigen Belastungen zu tragen gewesen wäre. Insoweit hat der Geschäftsführer der Beklagten Angaben gemacht, auf die der Kläger vertraute. Diese Angaben waren unrichtig, da die jährliche Belastung durch Zins- und Tilgungszahlungen 4. 200 € beträgt, wenn die Ausschüttung vollständig ausbleibt. In diesem Fall kann auch nicht angenommen werden, dass das eingesetzte Kapital später zurückgezahlt wird, so dass die Tilgungsleistungen nicht zu einer Vermögensbildung führen. Das Risiko, das die Ausschüttungen vollständig ausbleiben können, hat der Geschäftsführer der Beklagten dadurch, dass er als schlimmsten Fall eine relativ geringe und zu niedrige Belastung ausrechnete, verharmlost.

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Das Gericht hält die Angaben der Zeugin von Blumenthal auch für glaubhaft. Die Gespräche und deren ihr erinnerlicher Inhalt hat sie nachvollziehbar in ihren eigenen Worten geschildert, wobei kein Unterschied oder Bruch zu den Schilderungen sonstiger Vorgänge, über die die Zeugin berichtete, zu erkennen war. Soweit der Zeugin genaue Einzelheiten nicht mehr erinnerlich waren, spricht das Fehlen einer übertriebenen Genauigkeit dafür, dass sie aus ihrer eigenen Erinnerung geschöpft hat.

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Auch soweit die Zeugin angegeben hat, dass sie sich nicht mehr sicher sei, ob sie während des Gespräches bei sich zu Hause die ganze Zeit anwesend gewesen sei, spricht dies für eine wahrheitsgemäße Aussage. Zum einen zeigt die Zeugin damit eine kritische Distanz zu ihrer eigenen Erinnerung, zum anderen spricht auch die Erwähnung dieser an sich für den Kläger nicht hilfreichen Tatsache (da die Zeugin das Gespräch möglicherweise nicht durchgehend bezeugen kann) für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage. Dieses Aussageverhalten widerlegt nach Ansicht des Gerichts auch hinreichend die Vermutung, dass die Aussage der Zeugin wegen ihrer Nähe zum Kläger zu dessen Gunsten gefärbt war.

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Dabei ist das Gericht allerdings der Auffassung, dass diese von der Zeugin gemachte Einschränkung hinsichtlich ihrer durchgehenden Anwesenheit sich im konkreten Fall nicht dahingehend auswirkt, dass ihrer Aussage nur ein eingeschränkter Wert beizumessen wäre. Das Gericht glaubt die Aussage der Zeugin, dass der Geschäftsführer der Beklagten eine konkrete Berechnung der maximal drohenden Belastung vorgenommen hat. Wegen der Bedeutung, die der Kläger und die Zeugin diesen Berechnungen beigemessen haben, hält es das Gericht für ausgeschlossen, dass im Falle einer zeitweisen Abwesenheit der Zeugin, sollte sie sich um ihr Kind gekümmert haben, der Geschäftsführer in dieser Zeit dem Kläger ein anderes - von seinem früheren Beispielerheblich abweichendes - Berechnungsbeispiel vorrechnete, und dass diese abweichenden Darlegungen sodann der Zeugin nach ihrer Rückkehr nicht mitgeteilt wurden. Daher ist das Gericht davon überzeugt dass der Geschäftsführer der Beklagten - nur - das von der Zeugin geschilderte Berechnungsbeispiel mit der maximal denkbaren Belastung vorgestellt hat.

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b) Den Geschäftsführer der Beklagten trifft auch insoweit eine Pflichtverletzung, als er dem Kläger die Absicherung des Anlagevermögens übertrieben dargestellt und damit die Risiken von Vermögenseinbußen unzulässig abgeschwächt hat, als er dem Kläger erklärte, dass als Sicherheit immer noch die vom Fonds erworbenen Immobilien zur Verfügung stünden.

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Insoweit ist richtig, dass durch die Aufteilung auf sechs Gewerbeimmobilien eine gewisse Risikodiversifikation wegen der unterschiedlichen Standorte der Immobilien erfolgt ist. Auf der anderen Seite ist auffällig, dass es sich - mit Ausnahme des Standorts Augsburg - um Immobilien in städtischen Randlagen oder außerhalb von Ballungszentren handelt. Derartige Immobilien sind weit stärker austauschbar und für Mietrückgänge weit anfälliger als Immobilien in Innenstadtlagen. Der Wiederverkaufswert, der den Erhalt des Anlagekapitals sicherstellen soll, hängt entscheidend von der späteren Vermietungssituation (Vermietungsstand und Miethöhe) ab. Angesichts dieser Tatsachen und Zusammenhänge durfte der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger nicht erklären, dass das eingesetzte Kapital immer noch durch die damit erworbenen Immobilien gesichert sei, auf die im schlimmsten Fall immer zurückgegriffen werden könne. Ein solcher Rückgriff ist auch im Fall eines wirtschaftlichen Misserfolgs des Fonds zwar möglich, führt aber gerade in dieser Situation (Mietausfälle) nicht zu einer Realisierung von Werten in Höhe des Anlagekapitals.

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c) Im übrigen konnte der Geschäftsführer der Beklagten in seiner persönlichen Anhörung auch nicht hinreichend erklären, ob ihm das Verhältnis von angestrebten Ausschüttungen und erwarteten Mieteinnahmen des Fonds (Seite 36/37 des Fondsprospekts) bewusst war und er den Kläger hierüber aufgeklärt

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hat. Insoweit wäre eine Aufklärung durchaus erforderlich gewesen, da der Ausschüttungsplan des Fonds gleichzeitig von einer Vollvermietung und steigenden Mieteinnahmen ausging. Angesichts dieser optimistischen Prognosen wäre eine Aufklärung über die geplante Herkunft eines Teils der Ausschüttung aus der Liquiditätsreserve und der damit einhergehenden Verringerung des Risikopuffers für eine sachgerechte Beurteilung des Risikos dieses Fonds erforderlich gewesen.

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d) Das Gericht ist auf Grund der persönlichen Anhörung des Geschäftsführers der Beklagten nicht davon überzeugt, dass dieser eine zutreffende Informations- und Beratungsleistung erbracht hat.

49

Bei seiner persönlichen Anhörung antwortete der Geschäftsführer der Beklagten auf die normalen Fragen nach der von ihm geleisteten Aufklärung über die Risiken des Fonds ohne Zögern jeweils flüssig und überzeugt. Zweifel an der eigenen Erinnerungsfähigkeit ließ er nicht erkennen. Legt man die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten zugrunde, so hat er danach keine Pflichtverletzung begangen. Das Gericht hat auf Grund der persönlichen Anhörung die Überzeugung gewonnen, dass der Geschäftsführer der Beklagten auf erwartete Standardfragen flüssig zu antworten wusste und dementsprechend eine anlegergerechte Beratung darlegte.

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Hingegen beantwortete er die später gestellten Fragen des Klägervertreters, in denen er nach eher abseitigen Punkten gefragt wurde, teilweise zunächst mit Gegenfragen, ohne gleich eine Antwort zu geben, und zeigte hierdurch nach der Überzeugung des Gerichts, dass er sich insoweit nicht sicher war, was die "richtige" Antwort sein würde, und dass er insoweit keine konkrete Erinnerung mehr hatte.

51

Auf Grund der persönlichen Anhörung hat das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Geschäftsführer der Beklagten bei seinen Angaben aus einer noch vorhandenen eigenen Erinnerung schöpfte. Der Geschäftsführer vermochte sich beispielsweise über die Daten der Gespräche - nicht verwunderlich - nur anhand seiner Gesprächsnotizen zu erinnern. Aus diesen ergibt sich, dass der Kläger über Chancen und Risiken des Fonds aufgeklärt wurde. Das Gericht vermag aber nicht mit der nötigen Überzeugung zu sagen, dass diese Notizen tatsächlich die damals noch vorhandene konkrete Erinnerung des Geschäftsführers der Beklagten wiedergeben. Insbesondere hegt das Gericht Zweifel an der Unversehrtheit im Hinblick auf spätere Änderungen des Protokolls über das Gespräch vom 21.12.2001. Über dieses Gespräch finden sich sowohl ein Protokoll mit (Bl. 63 d.A.) als auch ein Protokoll ohne (Bl. 62 d.A.) nach schriftlichen Zusatz um eine vom Kunden am 27.12. geäußerte Bitte/Hier vermag das Gericht nicht festzustellen, dass eine spätere Abänderung der Vermerke nicht möglich war und auch nicht praktiziert wurde. Insoweit ist bemerkenswert, dass als Datum dort der 27.12.2005 vermerkt ist (Bl, 63 d,A,), Es handelt sich bei den Zahlen 1 und 5 nicht um nebeneinander auf der Tastatur liegende Tasten, so dass ein Tippfehler mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Ende des Jahres 2005 wurde die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 22.11.2005 (Anlage K 6, Bl. 38 d.A.) wegen fehlerhafter Beratung in Anspruch genommen. Das Gericht vermag angesichts dessen - trotz der vom Geschäftsführer der Beklagten hierfür angebotenen Erklärungen, die er auch insoweit ohne Zögern abgab - nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass nach Geltendmachung der Ansprüche des Klägers die diese Fondsvertrieb betreffenden Gesprächsnotizen kritisch durchgesehen und ergänzt und abgeändert wurden. Dieser Verdacht betrifft dementsprechend nicht nur das Protokoll vom 21.12.2001, sondern in gleicher Weise auch die übrigen.

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Des Weiteren vermochte der Geschäftsführer der Beklagten - nicht vorwerfbar angesichts des mittlerweile verstrichenen Zeitraums - sich nicht mehr näher an Kontakte zwischen ihm und der Sparkasse XXX zu erinnern. Auch dies spricht dafür, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten lediglich an das erinnern konnte, was Inhalt der von ihm vorgelegten Gesprächsnotizen war. In Anbetracht des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung, dass der Geschäftsführer der Beklagten nicht aus der eigenen Erinnerung schöpfte, sowie der nicht ausräumbaren Zweifel, ob die Gesprächsnotizen tatsächlich die Inhalte der damals geführten Gespräche akkurat wiedergeben, hegt das Gericht nicht ausräumbare Zweifel daran, dass eine ordnungsgemäße Beratung durch den Geschäftsführer der Beklagten erfolgt ist. Dementsprechend konnte die persönliche Anhörung des Geschäftsführers der Beklagten auch nicht die Angaben der Zeugin XXX erschüttern.

53

e) Wegen einer pflichtgemäßen Beratung und Information kann der Kläger auch nicht auf die Lektüre des Fondsprospekts verwiesen werden, der ihm rechtzeitig vorgelegen hat. Es mag zwar zutreffend sein, dass in dem Fondsprospekt alle wesentlichen Risiken benannt werden. Eine Verweisung auf den über 100 Seiten starken Prospekt würde aber die Tatsache des Tätigwerdens der Beklagten unberücksichtigt lassen. Würde man den Fondsanleger grundsätzlich auf die Risikohinweise im Fondsprospekt verweisen und die Aussagen des Beraters im Anlagegespräch hierdurch als unbeachtlich ansehen, würde dieses bedeuten, dass eine Pflichtverletzung des Anlageberaters auf Grund eigener Angaben nicht vorliegen könnte. Macht der Anlageberater jedoch vom Prospekt abweichende Angaben, so vermag dies - unbeschadet eines etwaigen Mitverschuldens des Anlegers - seine Haftung zu begründen. Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, richtet sich danach, ob die Beklagte den Kläger zutreffend informiert hat, nicht danach, ob dem Kläger geläufig sein musste, dass mit dem Investment auch Risiken verbunden waren (vgl. BGH, Urteil v. 19.10.2006 - III ZR 122/05 = VersR 2007,63 -Juris Rz. 12).

54

f) Der Annahme einer Pflichtverletzung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger in früherer Zeit mit einer Beteiligung an einem anderen geschlossenen Immobilienfonds schlechte Erfahrungen gemacht hatte und wegen dieser Erfahrungen neuen Angeboten kritischer hätte gegenüberstehen müssen. Die beiden Immobilienfonds sind nicht deckungsgleich und der Geschäftsführer der Beklagten hat es nach der Überzeugung des Gerichts verstanden, die Unterschiede so herauszustellen, dass der Kläger im Ergebnis davon überzeugt war, dass er die schlechten Erfahrungen mit dem ersten Fonds mit dem nunmehr erworbenen Fonds nicht werde machen können. Insoweit hält das Gericht die Angaben des Klägers für glaubhaft.

55

Dies gilt zunächst im Hinblick auf den Unterschied zwischen Ferienimmobilien und Gewerbeimmobilien. Weiter betrifft dies den Unterschied zwischen einer einzigen Immobilie und einem Fonds mit sechs Immobilien an unterschiedlichen Standorten.

56

Letztlich gilt dies auch für den Unterschied zwischen einer Beteiligung als Kommanditist und einer Beteiligung als Gesellschafter einer GbR. Zwar liegt es nahe, dass es bei der Herausstellung dieses Unterschieds um die möglichen Risiken der Fondsbeteiligung ging und eine Nachschusspflicht nur dann zum Tragen kommt, wenn nicht nur die Ausschüttungen ausbleiben, sondern der Fonds auch darüber hinaus Verluste erwirtschaftet. Aber das Gericht ist der Ansicht, dass aus der Erläuterung dieses Unterschieds in der Fondskonstruktion nicht darauf geschlossen werden kann, dass eine sachgerechte Aufklärung über die Risiken stattgefunden hat. Denn es kann nicht gefolgert werden, dass hierbei auch die Risiken explizit herausgestellt und nicht nur die Vorteile einer Absicherung "für alle Fälle" (ohne im einzelnen darauf einzugehen, worin diese Fälle bestehen könnten) betont wurden. Insoweit ist das Gericht auch davon überzeugt, dass dieser Unterschied als Vorteil des XXX-Fonds zwar erwähnt wurde, um die Bedenken des Klägers auszuräumen, aber der Schwerpunkt des Vergleichs zwischen den Fonds auf den anderen Unterschieden sowie auf dem Ruf der (MP-Gruppe als Fondsinitiator lag, so dass der Kläger das Gefühl gewann, dass es derartige negative Entwicklungen bei diesem Fonds nicht geben könne.

57

g) Auf die Frage, ob in dem Unterlassen des Hinweises auf die zunächst negative Bewertung im Brancheninformationsdienst der XXX AG eine Pflichtverletzung zu sehen ist, kommt es damit nicht an.

58

3. Der Kläger handelte auch auf den Rat des Geschäftsführers der Beklagten hin und erwarb den Anteil am XXX-Fonds. Im Rahmen von Anlageberatungsverträgen gilt die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 341 /01 = OLGR Gelle 2002, 265 - Juris Rz. 98). Diese Vermutung zugunsten des Klägers ist nicht widerlegt worden. Dabei ist im übrigen unerheblich, ob sich gerade das Risiko im Wertverlust der Anlage verwirklicht hat, über das falsch beraten oder aufgeklärt worden ist (OLG Gelle, a.a.O., Juris Rz. 99).

59

4. Durch diese Pflichtverletzung ist dem Kläger auch ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 13.472,22 € (ohne Freihaltungsanspruch) entstanden.

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a) Der Schaden liegt zunächst darin, was der Kläger an Zahlungen aus dem Eigenkapital und auf das zur Finanzierung des Fondsbeitritts aufgenommene Darlehen gezahlt hat (vgl. OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002-11 U 341/01 = OLGR Gelle 2002, 265 - Juris Rz. 113). Abzuziehen sind die erhaltenen Ausschüttungen (OLG Gelle, a.a.O., Juris Rz. 114).

61

Dementsprechend stellen die Schadenspositionen Zins- und Tilgung in Höhe von 16. 800 €, die Restfinanzierung in Höhe von 12. 500 € (statt 12.507,67 €) und die Zwischenfinanzierungszinsen in Höhe von 1.333,33 € einen ersatzfähigen Schaden dar. Abzuziehen sind dabei die vom Kläger erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 8.750,00 €. Das pauschale Bestreiten der Beklagten war insoweit unzulässig, im übrigen hat der Kläger die Zahlungsverpflichtungen durch Vorlage des Darlehensvertrags mit der Sparkasse XXX (SH Bl. 1) und der Anlagen K3: und K4 (81:36, 37 d.A.) hinreichend nachgewiesen. Dass der Kläger 12. 500 € Eigenkapital von seinem Konto gezahlt hat, ist zudem unstreitig. Insoweit ist lediglich ein Betrag von 7,67 € nicht nachgewiesen.

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b) Auch die Belastung mit dem zur Finanzierung des Fondsanteils aufgenommenen Darlehen stellt einen adäquat-kausalen Schaden dar, der dem Kläger zu ersetzen ist. Es handelt sich hierbei nicht um die Frage, ob zwischen dem Erwerb des Fondsanteils und der Kreditaufnahme die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts vorliegen. Die Belastung mit der Verbindlichkeit stellt vielmehr einen Schaden dar, der der Pflichtverletzung der Beklagten ebenfalls zuzurechnen ist. Der Kläger war zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Lage, den Erwerb des Fondsanteils aus vorhandenen Mitteln vorzunehmen. Dies wusste auch die Beklagte. Insofern kommt es nicht darauf an, ob der Geschäftsführer der Beklagten nach seiner Darlegung von einer Kreditfinanzierung abriet, da eine Finanzierung aus vorhandenem Kapitalvermögen nicht möglich war.

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Die Zurechenbarkeit des durch die Darlehensaufnahme entstandenen Schadens entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger möglicherweise das Darlehen aus seinem relativ hohen verfügbaren Einkommen hätte rasch zurückführen können. Dem Kläger kann es nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er sein Einkommen für andere Zwecke, etwa für die Tilgung des zur Finanzierung des Hauses aufgenommenen Darlehens verwendete.

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Dementsprechend hat der Kläger den als Antrag Ziffer 2. gestellten Anspruch auf Freihaltung von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag mit der SparkasseXXX.

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c) Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns kann der Kläger zusätzlich nur zu einem geringen Teil verlangen. Hinsichtlich eines Betrages von 40. 000 € entfällt ein Anspruch wegen entgangenen Gewinns bereits deshalb, weil der Kläger wegen dieses Teilbetrags Ansprüche wegen von ihm aufgewendeter Zins- und Tilgungsleistungen (für die Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Sparkasse XXX geltend macht. Insofern verlangt der Kläger einen "doppelten" Ersatz seines Schadens.

66

Hinsichtlich des weiteren Betrags von 12. 500 € hat der Kläger prinzipiell einen Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen anderweitigen Gewinns. Insoweit trägt der Kläger trotz Bestreitens seitens der Beklagten nicht vor, welche sichere Anlageform er gewählt haben würde und in welcher Höhe er Verzinsung für eine solche Anlage hätte erhalten können. Dies wäre aber notwendig gewesen (vgl. OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 291/01 = VersR2003, 61 - juris Rz. 104). Mangels anderer Angaben ist daher ein Zinssatz von 4 % zugrunde zulegen (vgl. OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 341/01 = OLGR Gelle 2002, 265 - juris Rz. 129). Dementsprechend hat der Kläger insoweit einen Anspruch in Höhe von 2.288,89 € (entsprechend dem Anteil von 12. 500 € an 52. 500 € und 4 von 5%).

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d) Zusätzlich sind bei der Schadensberechnung die vom Kläger erzielten Steuerersparnisse in Abzug zu bringen. Vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, sind im Rahmen der Schadensberechnung zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet (BGH, Urteil v.14.01.2002 -II ZR 40/00 = NJW 2002, 1711, 1712-juris Rz. 26, 27, wo im konkreten Fall die Steuervorteile nicht berücksichtigt wurden).

68

Dementsprechend sind jedenfalls bei geschlossenen Immobilienfonds die Steuervorteile anzurechnen (OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002-r-11 U 291/01 =. VersR 2003, 61 [OLG Celle 15.08.2002 - 11 U 291/01] - juris Rz. 91 ff.; Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 341/01 = OLGR Gelle 2002, 265 - juris Rz. 117 ff.).

69

Das Gericht hält es im vorliegenden Fall auch aus anderen Gründen für geboten, die Steuervorteile anzurechnen. Es dürfte sich bereits bei der hier ausgeurteilten Schadensersatzzahlung nur in geringem Umfang um eine Entschädigung handeln, die als Ersatz für entgangene (steuerpflichtige) Einnahmen nach § 24 Nr. 1 lit. a EStG zu versteuern ist. Der weit überwiegende Anteil des Schadensersatzes betrifft den Kapitalstamm, dessen Hingabe selbst nicht der Besteuerung unterliegt, so dass auch hierfür geleistete Schadensersatzzahlungen nicht zum steuerpflichtigen Einkommen zählen.

70

Außerdem führt die schadensersatzrechtliche Abwicklung des Kaufvertrags zivilrechtlich nur zu einer Änderung ex nunc. Damit handelt es sich nicht um einrückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, das zu einer Änderung bereits bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide berechtigen würde (vgl. dazu Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. Aufl., § 22 Rn. 437 ff.)- Eine Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide wäre auch nicht nach § 173 AO möglich, da es sich bei dem Schadensersatz zusprechenden Urteil nicht um eine nachträglich bekannt gewordene, sondern nachträglich entstandene Tatsache handelt, die allein nach § 175 AO berücksichtigt werden kann.

71

Jedenfalls hinsichtlich des Steuerjahres 2001, in dem der Kläger die Anlaufverluste geltend gemacht hat, ist - sofern der Kläger entsprechend der ihn treffenden Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe der Einkommensteuererklärung seine Steuererklärung im Kalenderjahr 2002 abgegeben hat - mittlerweile Festsetzungsverjährung gemäß §§ 169, 170 AO eingetreten, so dass die dem Kläger für dieses Jahr zugeflossenen Steuervorteile endgültig verbleiben werden.

72

Die anzurechnenden Steuervorteile des Klägers können - in Ermangelung konkreter Angaben, zu denen der Kläger nicht verpflichtet ist - gemäß § 287 ZPO geschätzt werden (OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 341/01 = OLGR Gelle 2002, 265-juris Rz. 120 ff.).

73

Für das Steuerjahr 2001 schätzt das Gericht die Steuervorteile auf rund 40 % des nominellen Fondsanteils. Hierbei stützt sich das Gericht auf die Angaben auf Seite 73 des Fondsprospekts (Sonderheft), die das Gericht für zutreffend hält. Bei Annahme eines Jahreseinkommens von 168. 346 DM auf der Basis des Einkommens des Klägers, der damals noch nicht verheiratet war, ergibt sich bei Anwendung der für das Steuerjahr 2001 gültigen Fassung des § 32a EStG bei einem Nominalbetrag von 50. 000 € und dem für das Klägereinkommen maßgebenden Grenzsteuersatz von 48,5 % eine Steuerersparnis von 9. 700 € (50. 000 € x 0,40 x 0,485) auf Grund der steuerlichen Verlustzuweisungen.

74

Weitere Steuervorteile aus der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ergeben sich für die Steuerjahre 2002 bis 2004 nicht in nennenswertem Umfang, wenn man davon ausgeht, dass die Ausschüttungen über insgesamt 8. 750 € in diesen Jahren erfolgt sind. Zu berücksichtigen sind dabei neben den Zwischenfinanzierungszinsen die Zinszahlungen auf das Darlehen (ohne die steuerlich irrelevanten Tilgungsleistungen). Für die Steuerjahre 2002 bis 2004 ergibt sich aus der Aufstellung des Klägers eine Zinsbelastung von 8.599,74 €, so dass hier kein nennenswerter Differenzbetrag resultiert.

75

Hinsichtlich der Steuerjahre 2005 und 2006 schätzt das Gericht wegen des offenbar geringeren Einkommens des Klägers und wegen der Anwendbarkeit des Splittingtarifs den Steuervorteil auf jeweils  500 € (§ 287 ZPO).

76

Insgesamt ergibt sich ein anrechenbarer Steuervorteil von 10. 700 €.

77

Damit ergibt sich - ohne Freihaltungsanspruch - ein ersatzfähiger Schaden des Klägers in Höhe von 13.472,22 €.

78

e) Der Kläger ist - entsprechend seinem Antrag - gemäß § 255 BGB im Gegenzug zur Abtretung seines Fondsanteils Zug-um-Zug gegen Zahlung des Schadensersatzes verpflichtet.

79

f) Der Anspruch des Klägers ist nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen.

80

Zwar ist § 254 BGB ohne weiteres anwendbar. Aber es ist zu berücksichtigen, dass derjenige, der einen Sachkundigen hinzuzieht, damit grundsätzlich zu erkennen gibt, dass er auf dem betreffenden Fachgebiet nicht die erforderlichen Kenntnis hat und auf fremde Hilfe angewiesen ist, so dass sein Vertrauen besonderen Schutz verdient (BGH, Urteil v. 13.05.1993 - III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114-juris Rz. 24). Eine Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens gemäß § 254 BGB ist dabei [dennoch] unter besonderen Umständen möglich (BGH, a.a.O., Rz. 24).

81

Im vorliegenden Fall liegen solche besonderen Umstände nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht vor.

82

Sachkundigen Rat oder Hilfe von dritter Seite (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 24) standen dem Kläger, der sich auf die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten verließ, nicht zur Verfügung.

83

Eine Anspruchskürzung kann nicht auf Grund der vom Fondsinitiator in Aussicht gestellten Rendite erfolgen. Bei einer Rendite von 7 oder 7,5 % p.a. muss sich der Anleger noch nicht wegen eines übersteigerten Renditeversprechens von sich aus fragen, ob das Angebot solide ist (OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002 - 11 U 291/01, VersR 2003, 61 -Juris Rz. 80; Urteil v. 15.08.2002 - 11U 341/01 = OLGR Gelle 2002, 265 - Juris Rz. 106).

84

Dass der Geschäftsführer der Beklagten erkennbar für die andere Seite handelte, weil er vom Kläger kein Entgelt erhielt, sondern die Provision vom Fondsinitiator einnahm, mag grundsätzlich eine Anspruchskürzung rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil v. 13.05.1993 III ZR 25/92 = NJW-RR 1993, 1114 -Juris Rz. 26). Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht des Gerichts jedoch keine Anspruchskürzung vorzunehmen, da der Geschäftsführer der Beklagten auf Grund der engeren persönlichen Bekanntschaft mit dem Kläger diesem das Gefühl eines besonderen Vertrauensverhältnisses vermittelte, so dass hier das generell zu erwartende Misstrauen des Anlegers nicht vorhanden war.

85

Im übrigen ist es der Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt, dem Kläger entgegenzuhalten, dass er- im Hinblick auf die im Fondsprospekt enthaltenen Hinweise - nach dem Rat ihres Geschäftsführers, der die Bedenken des Klägers hatte ausräumen können, nicht habe handeln dürfen (vgl. OLG Gelle, Urteil v. 15.08.2002-11 U 341/01 = OLGR Gelle 2002, 265-Juris Rz. 107).

86

5. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Dabei befand sich die Beklagte erst ab dem 30.01.2006 in Verzug, da erst mit Schreiben dieses Datums (Anlage K 10, Bl. 42 d.A.) die Erfüllung abgelehnt wurde und der Kläger zuvor der Beklagten jedenfalls stillschweigend Fristverlängerung gewährt hatte.

87

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des Antrags Ziffer 1 hat der Kläger bei einer Forderung von 33.907,67 € in Höhe von

88

13.472,22 € Erfolg.

89

Der Antrag Ziffer 2, mit dem der Kläger in vollem Umfang erfolgreich ist, hat einen Wert von 34.520,47 €. Hier ist zu berücksichtigen, dass für die Berechnung der Belastung per 30.06.2006 seit dem 30.06.2005 (36.045,15 €) zwei weitere Tilgungsraten in Höhe von 748,41 € und 776,37 € in Abzug zu bringen sind, was der Kläger bei der Angabe des Streitwertes auch berücksichtigt hat. Dementsprechend ergibt sich ein Unterliegensanteil der Beklagten von 47.992,69 € (13.472,22 + 34.520,47) von einem Gesamtstreitwert von 68.428,14 €.

90

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO und §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.