Landgericht Lüneburg
Urt. v. 16.05.2007, Az.: 6 S 2/07

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
16.05.2007
Aktenzeichen
6 S 2/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 60804
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2007:0516.6S2.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Celle - 01.11.2006 - AZ: 15 C 1093/06

Fundstellen

  • NJW 2007, VIII Heft 41 (Kurzinformation) "Kein konstitutives Schuldanerkenntnis über Dekorationslast ohne Streit hierüber"
  • NJW 2007, 3580 (Volltext mit red. LS) "Kein konstitutives Schuldanerkenntnis über Dekorationslast ohne Streit hierüber"
  • NZM 2007, 770-771 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

...

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 02.05.2007 durch

die ...

die Richterin am Landgericht ... und

die Richterin am Landgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Celle vom 01.11.2006, Geschäftsnummer 15 C 1093/06 wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1

Die Klägerin macht restlichen Mietzins und die Kosten für Schönheitsreparaturen geltend.

2

Die Parteien schlossen am 30.04.1983 einen Mietvertrag über eine Wohnung der Klägerin in .... Der Vertrag enthält in § 2 die Regelung, dass die Kündigungsfrist nach 10 Jahren 12 Monate beträgt § 3 des Mietvertrages enthält die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen innerhalb starrer Fristen, wobei diese Fristen mit Schreibmaschine in den Vertrag eingesetzt worden sind.

3

Die Beklagte zahlte bei Einzug eine Kaution in Höhe von 1 400 DM, das Guthaben beläuft sich zum 19.05.2006 auf 1 060,61 EUR.

4

Am 23.12.2004 ging bei der Klägerin ein Schreiben der Beklagten ein, mit dem diese zum nächst möglichen Termin die Kündigung erklärte.

5

Mit Schreiben vom 17.03.2005 teilte die Beklagte unter anderem mit, dass die Kaution mit den Renovierungskosten verrechnet werden kann.

6

Die Klägerin erteilte der Beklagten für die Jahre 2004 und 2005 Nebenkostenabrechnungen, wobei sich für 2004 ein Guthaben der Beklagten von 307,42 EUR und für 2005 ein Nachzahlungsbetrag von 186,93 EUR ergab.

7

Die Klägerin ließ die Schönheitsreparaturen durchführen, dadurch entstanden Kosten in Höhe von 3 435,77 EUR.

8

Die Wohnung wurde in der Zeit vom 15.06. bis 30.09. weitervermietet, wobei die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 28.08.2005 mitteilte, dass das Mietverhältnis als zum 15.06. beendet angesehen werde, wenn das Bestehen eines Mietverhältnisses mit den Eheleuten ... festgestellt worden sei.

9

Mit der Klage hat die Klägerin die Mieten für den Zeitraum April 2005 bis 15.06.2005 und in Höhe von 475 EUR anteilig für Oktober 2005, die Kosten der Schönheitsreparaturen und den Nachzahlungsbetrag aus der Nebenkostenabrechnung 2005 abzüglich der Kaution und des Guthabens aus der Abrechnung für 2004 geltend gemacht.

10

Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte zum Ersatz der Kosten für die Schönheitsreparaturen verpflichtet sei, weil es sich um individuell vereinbarte Fristen gehandelt habe. Dies ergebe sich daraus, dass sie mit Schreibmaschine eingesetzt worden seien. Zudem sei die Änderung der Rechtsprechung bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar gewesen.

11

Die Beklagte schulde auch die anteilige Miete für Oktober, da durch die Neuvermietung der Vertrag mit der Beklagten nicht aufgehoben worden sei.

12

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Vertrag zum 31.03.2005 beendet worden sei, weil die Kündigungsfristen nicht individuell vereinbart worden seien. Für Oktober 2005 schulde die Beklagte schon deshalb keine Miete, weil sie durch die Weitervermietung konkludent aus dem Vertrag entlassen worden sei.

13

Die Kosten der Schönheitsreparaturen schulde sie nicht, weil die entsprechende Klausel unwirksam sei und mit Schreiben vom 17.03.2005 keine eigenständige Verpflichtung begründet werden solle.

14

Darüber hinaus hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.

15

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 355,57 EUR stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte Miete für den Zeitraum vom 01.04.-15.06.05 schulde. Für Oktober könne die Klägerin keine Miete verlangen, weil der Vertrag mit der Beklagten durch die Neuvermietung beendet worden sei. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Schönheitsreparaturen, weil die Regelung im Mietvertrag aufgrund der starren Fristen unwirksam sei und durch die Erklärung der Beklagten vom 17.03.2005 keine eigenständige Verpflichtung begründet worden sei.

16

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin und verfolgt ihren ursprünglichen Antrag weiter Sie führt dazu aus, dass mit der Beklagten kein Aufhebungsvertrag geschlossen worden sei und verweist in diesem Zusammenhang auf das Schreiben vom 28.08.2005. Sie vertritt weiter die Ansicht, dass die Beklagte die Schönheitsreparaturen geschuldet habe. Die Fristen seien individuell vereinbart worden. Zudem habe die Beklagte ihre Verpflichtung anerkannt. Schließlich würde es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn eine Änderung der Rechtsprechung nach so langer Vertragsdauer den Anspruch der Klägerin entfallen lassen könne.

17

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, EUR 4 573,76 nebst Zinsen, nämlich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auf jeweils EUR 804,61 seit dem 06.04.2005, 06.05.2005 und auf 402,31 EUR sei dem 06.06.2005 sowie auf weitere EUR 3 435,77 seit dem 01.12.2005 und auf EUR 186,93 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

19

Sie wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz.

20

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat das Bestehen weitergehender Ansprüche der Klägerin zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen verneint.

21

1.)

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Renovierungskosten in Höhe von 3 435,77 EUR, weil die Schönheitsreparaturenklausel des § 3 des Mietvertrages unwirksam ist.

22

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht davon auszugehen, dass es sich um eine Individualvereinbarung handelt. Zwar sind die einzelnen Fristen unter § 3 Nr. 4 des Mietvertrages mit einer Schreibmaschine in das Formular eingesetzt worden, daraus folgt jedoch noch nicht, dass es sich um eine zwischen den Parteien ausgehandelte Vereinbarung handelt, die nicht der Inhaltskontrolle des AGBG unterliegt. Dass der im Vertrag enthaltene Fristenplan zwischen den Parteien ausgehandelt worden sei, wird von der Klägerin nicht vorgetragen.

23

Als allgemeine Geschäftsbedingung ist die Schönheitsreparaturenklausel des Vertrages jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund des starren Fristenplanes unwirksam (vgl. BGH, Urteile vom 05.04.2006, Az. VIII ZR 178/05 und VIII ZR 106/05 ). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Übertragung der Schönheitsreparaturen in § 3 Nr. 3 geregelt ist und sich der Fristenplan in § Nr. 4 findet. Es handelt sich um eine zusammengehörende vertragliche Regelung, die nur einheitlich bewertet werden kann. Die Annahme der Unwirksamkeit der Klausel verstößt auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Zwar war bei Abschluss des Mietvertrages für die Parteien nicht absehbar, dass die Klausel über die Schönheitsreparaturen später von der Rechtsprechung als unwirksam erachtet werden würde. Ein Rückwirkungsverbot hinsichtlich veränderter Rechtsprechung besteht jedoch schon deshalb nicht, weil sie sich zwangsläufig auf in der Vergangenheit liegende Sachverhalte bezieht.

24

Eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten folgt auch nicht aus dem Schreiben vom 17.03.2005, in dem die Beklagte mitgeteilt hat, dass die Kaution mit den Renovierungskosten verrechnet werden könne, weil es sich bei der Erklärung nicht um ein konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB handelt. Eine Zahlungsverpflichtung würde aus dem Schreiben der Beklagten aufgrund der Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung nur dann folgen, wenn mit der Erklärung eine heue selbständige Verpflichtung geschaffen werden sollte (vgl. Palandt, 65. Aufl., § 781, Rn, 2). Im Hinblick darauf, dass zum Zeitpunkt des Schreibens zwischen den Parteien kein Streit über die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung der Renovierungsarbeiten bestand, kann ein entsprechender Erklärungswille der Beklagten nicht angenommen werden.

25

2.)

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung der anteiligen Miete für Oktober 2005 gem. § 535 BGB zu.

26

Zwar ist das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis durch die Kündigung der Beklagten gem. § 2 des Mietvertrages in Verbindung mit Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB erst zum 31.12.2005 beendet worden - auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen -. Der Klägerin steht jedoch gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung der anteiligen Oktobermiete zu.

27

Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Weitervermietung zum 16.06.2005 beendet worden ist. Zwar kann der Vermieter, wie die Klägerin zutreffend ausführt, schuldrechtlich zwei wirksame, nebeneinander bestehende Mietverhältnisse über den selben Gegenstand abschließen. Lebensnah kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin tatsächlich sowohl gegenüber der Beklagten, als auch gegenüber dem Ehepaar ... zur Überlassung der Mieträume verpflichten und sich damit gegebenenfalls sogar Schadensersatzansprüchen aussetzen wollte. Der Abschluss des Vertrages mit dem Ehepaar ... stellt eine konkludente Annahme der von der Beklagten angebotenen Aufhebung des Mietvertrages da. Ob die Beklagte vom Abschluss des Vertrages mit .... Kenntnis erlangt hat, ist deshalb unerheblich, weil die konkludente Erklärung der Klägerin gem. § 151 BGB nicht zugangsbedürftig war. Die Aufhebung des Mietvertrages war nämlich ein für die Beklagte lediglich vorteilhaftes Rechtsgeschäft, so dass nach der Verkehrssitte davon auszugehen ist, dass es eines Zuganges nicht bedurfte (vgl. Palandt, 65. Aufl., § 151, Rn. 4).

28

Auch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt/Main rechtfertigt keine andere Entscheidung, da die Fälle nicht vergleichbar sind. Vorliegend geht es nicht um die Frage, ob die Klägerin für die Schadloshaltung der Beklagten einstehen wollte, sondern ob darum, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin zwei Mietverträge nebeneinander bestehen lassen wollte. Davon ist aus den dargelegten Gründen nicht auszugehen.

29

3.)

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

30

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.