Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.05.2020, Az.: 10 LA 104/20

Anspruch auf Familienasyl; Keine Ausschlusswirkung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG für einen Antrag auf Gewährung von Familienasyl; Schutz der Familieneinheit zur Förderung der Integration; Verhältnis von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und § 26 AsylG

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.05.2020
Aktenzeichen
10 LA 104/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 22777
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 16.04.2020

Fundstellen

  • AUAS 2020, 165-167
  • DÖV 2020, 842
  • ZAR 2020, 302

Amtlicher Leitsatz

§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG steht einer Zuerkennung internationalen Schutzes nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 AsylG nicht entgegen.

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichterin der 8. Kammer - vom 16. April 2020 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger, dem bereits am 17. April 2014 in Rumänien der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden war, stellte am 21. Oktober 2014 in der Bundesrepublik Deutschland einen weiteren Asylantrag.

Das Verwaltungsgericht hob den daraufhin am 16. Februar 2015 ergangenen und den Asylantrag ablehnenden Bescheid der Beklagten mit Urteil vom 15. September 2016 hinsichtlich der Abschiebungsandrohung auf. Am 19. April 2017 stellte der Kläger, dessen syrische Ehefrau sich mittlerweile ebenfalls in Deutschland aufhielt, erneut einen Asylantrag. Seine Frau wurde mit zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenem Bescheid vom 28. Juli 2016 als subsidiär schutzberechtigt anerkannt.

Mit Bescheid vom 7. August 2017 lehnte die Beklagte den weiteren Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Zu Begründung führte sie aus, Wiederaufgreifensgründe lägen nicht vor und die Unzulässigkeit des Asylantrags infolge der Gewährung internationalen Schutzes in Rumänien sperre den rein materiell-rechtlich normierten Anspruch auf Familienasyl gemäß § 26 AsylG.

Hiergegen hat der Kläger am 16. August 2017 Klage erhoben, auf die das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 7. August 2017 mit dem angegriffenen Urteil aufgehoben hat. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 VwVfG lägen vor. Der Kläger habe Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens vorgetragen. Denn er habe einen Anspruch auf Familienasyl nach § 26 AsylG. Die Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG werde durch § 26 Abs. 1 und Abs. 5 Sätze 1 und 2 AsylG verdrängt, wenn aufgrund hinreichend konkreter Anhaltspunkte ernsthaft in Betracht komme, dass der Ausländer einen Anspruch auf Gewährung von Familienasyl habe. Dies sei nach der unanfechtbaren Anerkennung der Ehefrau des Klägers als subsidiär schutzberechtigt der Fall.

II.

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuzulassen, hat keinen Erfolg. Denn der von ihr allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.

Eine Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage oder eine ober-gerichtlich bislang noch nicht beantwortete Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich und einer abstrakten Klärung zugänglich ist, im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf, nicht schon geklärt ist und (im Falle einer Rechtsfrage) nicht bereits anhand des Gesetzeswortlauts und der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung sowie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (BVerwG, Beschluss vom 08.08.2018 - 1 B 25.18 -, juris Rn. 5, zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; ferner: GK-AsylG, Stand: Juni 2019, § 78 AsylG Rn. 88 ff. m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2019, § 78 AsylG Rn. 21 ff. m.w.N).

Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG verlangt daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (u. a. Senatsbeschluss vom 13.09.2018 - 10 LA 349/18 -, juris Rn. 2 ff.):

1. dass eine bestimmte Tatsachen- oder Rechtsfrage konkret und eindeutig bezeichnet,

2. ferner erläutert wird, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und

3. schließlich dargetan wird, aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

Die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und Klärungsbedürftigkeit der bezeichneten Frage im Berufungsverfahren (2.) setzt voraus, dass substantiiert dargetan wird, warum sie im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche (neueren) Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahelegen (ständige Rechtsprechung des Senats: u. a. Senatsbeschluss vom 18.02.2019 - 10 LA 27/19 -; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 25.07.2017 - 9 LA 70/17 - m.w.N.).

Die Beklagte hat zur Begründung des Zulassungsgrunds die folgende Frage aufgeworfen:

"Ob von der Ausschlusswirkung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die das Bundesamt von einer eigenen Sachprüfung eines Asylanspruchs entbindet, auch ein Anspruch eines Ausländers auf Familienasyl gemäß § 26 AsylG erfasst ist",

bzw.

"ob nicht vielmehr die Ausschlusswirkung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht nur den eigenen Anspruch eines Ausländers auf Gewährung internationalen Schutzes, sondern auch den abgeleiteten Anspruch eines Ausländers auf Familienasyl gemäß § 26 AsylG erfasst"?

Die Beklagte hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die knappen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der von der Beklagten als klärungsbedürftig erachteten Rechtsfrage hinreichend dargelegt und insbesondere - auch unter Verweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Dezember 2018 (23 K 323.18 A) - ausgeführt, weshalb die Frage in einem Berufungsverfahren nach ihrer Ansicht anders als vom Verwaltungsgericht zu beantworten ist. Sie ist der Auffassung, dass § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zwingendes Recht sei und jeden Asylantrag eines in einem anderen Mitgliedsstaat als international schutzberechtigt anerkannten Ausländers erfasse, auch einen Antrag auf Familienasyl nach § 26 AsylG. Dies werde dadurch bestätigt, dass allein für den Unzulässigkeitstatbestand des § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG mit § 31 Abs. 4 AsylG eine ausdrückliche Kollisionsnorm für § 26a AsylG vorgeschrieben sei.

Der Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt aber nicht vor. Denn die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich ohne Weiteres bereits anhand der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung sowie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantworten: Wie vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommen ist ein Antrag auf Gewährung von Familienasyl gemäß § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 AsylG von der Ausschlusswirkung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht erfasst (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.10.2019 - 11 A 2229/19.A -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris; Günther in BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.03.2020, AsylG § 29 Rn. 76; kritisch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2020, AsylG § 26 Rn. 24; a.A. VG Berlin, Urteil vom 03.12.2018 - 23 K 323.18 A -, juris Rn. 20 m.w.N.).

Dies folgt bereits aus der Überlegung, dass die von der Beklagten angenommene Ausschlusswirkung (theoretisch) eine Trennung der Familie zur Folge hätte, was der Zielsetzung des § 26 AsylG, der neben der Verwaltungsvereinfachung auch der Integration der Familienangehörigen und dem Schutz der Familieneinheit dient (Günter in BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 01.03.2020, AsylG § 26 Rn. 1 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 28; zum Integrationsziel vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1992 - 9 C 63.91 -, NVwZ 1992, 577, 578 zu § 7a Abs. 3 AsylVfG a.F.) und der seine Rechtfertigung insoweit auch zum Teil in Art. 6 Abs. 1 GG findet (BVerwG, Urteil vom 21.01.1992 - 9 C 66.91 -, NVwZ 1992, 987, 988 zu § 7a Abs. 3 AsylVfG a.F.; vgl. zum Verhältnis von Familienasyl und Art. 6 GG auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 517/99 -, juris Rn. 3 zu § 26 AsylVfG), zuwiderliefe. Zwar würde die Einheit der engeren Familie grundsätzlich auch aufgrund eines gegebenenfalls bestehenden inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses gewahrt werden und der Angehörige würde hierdurch einen gewissen Schutz vor einer Trennung von seiner Familie erfahren. Die durch § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 AsylG vorgesehene Rechtsfolge der Zuerkennung der Eigenschaft des in Deutschland bereits als international schutzberechtigt anerkannten Familienmitglieds und die damit verbundenen Rechte würden ihm jedoch nicht zuteil (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 30; vgl. zu diesem Gedanken auch EuGH, Urteil vom 13.11.2019 - C-540/17 -, juris Rn. 40, 42, und BVerwG, Urteil vom 21.01.1992 - 9 C 63.91 -, NVwZ 1992, 577, 578 zu § 7a Abs. 3 AsylVfG a.F.). Die Gleichstellung hinsichtlich der Rechte dient aber gerade auch dem § 26 AsylG immanenten Ziel der Förderung der Integration (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 26 Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 09.05.2006 - 1 C 8.05 -, juris Rn. 20 zu § 26 AsylVfG a.F.; vgl. zu dieser Zielsetzung OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 28 m.w.N.).

§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG soll demgegenüber das Bundesamt davon entbinden, den Anspruch eines ausländischen Schutzsuchenden auf Gewährung internationalen Schutzes in der Sache prüfen zu müssen, wenn diesem bereits in einem anderen Mitgliedsstaat ein solcher Schutz gewährt wurde (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 27). Der mit einer Doppelprüfung des Asylantrags verbundene Aufwand fällt bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Familienasyl nach § 26 AsylG aber gerade nicht an, da sich in diesem Fall eine gegebenenfalls umfangreiche und / oder schwierige Prüfung eigener Verfolgungsgründe des Antragstellers erübrigt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 28; zu dieser Zielsetzung bereits des § 7a Abs. 3 AsylVfG a.F. BVerwG, Urteil vom 21.01.1992 - 9 C 66.91 -, NVwZ 1992, 987, 988).

Demnach ist es in der Sache gerechtfertigt, § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG hinter § 26 AsylG, dem eine gewichtigere Zielsetzung zukommt, zurücktreten zu lassen. Die Gefahr einer unerwünschten Sekundärmigration ist in diesen Fällen im Vergleich zu dem Fall eines in Deutschland nachgeborenen Kindes (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 26.02.2019 - 10 LA 218/18 -, juris Rn. 8) gering und ist im Übrigen zur Wahrung der Familieneinheit und zur Förderung der Integration hinzunehmen (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.10.2019 - 11 A 2229/19.A -, juris Rn. 51 bis 54). Mit der Vorschrift des § 26 AsylG hat der Gesetzgeber einen verfassungsrechtlich nicht erforderlichen zusätzlichen einfachgesetzlichen Schutz von nahen, selbst nichtverfolgten Angehörigen geschaffen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 517/99 -, juris Rn. 3 zu § 26 AsylVfG a.F.; vgl. auch Günther in BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.03.2020, AsylG § 26 Rn. 2; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, AsylG § 26 Rn. 3), der so auch nach der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) nicht geboten ist (EuGH, Urteil vom 04.10.2018 - C-652/16 (Ahmedbekova u. Ahmedbekov) -, NVwZ 2019, 541, 543 Rn. 68; BVerwG, EuGH-Vorlage vom 18.12.2019 - 1 C 2.19 -, juris Rn. 19). Auch dies spricht dafür, dass der Anspruch auf Familienasyl nach § 26 AsylG nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich eine weitgehende Geltung beanspruchen und nicht durch § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eingeschränkt werden soll. Entsprechend der Zielsetzung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist daher davon auszugehen, dass diese Vorschrift nicht für Asylanträge gilt, die lediglich eine Prüfung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Familienasyl und nicht die Prüfung eigener Verfolgungsgründe des Antragstellers zum Gegenstand haben (in diesem Sinne auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 29). In diesen Fällen kommt es dann aufgrund des unterschiedlichen Prüfprogramms entgegen der Auffassung der Beklagten auch weder zu einer Doppelprüfung noch zu der Gefahr in der Sache divergierender Entscheidungen.

Der von der Beklagten für ihre Auffassung herangezogene § 31 Abs. 4 AsylG (vgl. dazu auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2020, AsylG § 26 Rn. 24) steht dieser, auch die Förderung der Ziele des § 26 AsylG gewährleistenden Auslegung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht entgegen, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift - wie von ihr zutreffend geltend gemacht - ihrer Auffassung nicht entgegensteht (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 21). § 31 Abs. 4 AsylG sieht vor, dass bei einer Ablehnung des Asylantrags als unzulässig aufgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), der Anspruch auf Familienasyl nach § 26 Abs. 5 AsylG in den Fällen des § 26 Abs. 1 bis 4 AsylG unberührt bleibt. Aus dieser Vorschrift, die sich alleine auf §§ 26a und 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG bezieht, ist - auch im Hinblick auf die Begründung ihrer Änderung durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 24) - nicht zwingend der Umkehrschluss zu ziehen, dass § 26 AsylG nicht auch gegenüber § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG Vorrang zukommt (im diesem Sinne auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.10.2019 - 11 A 2229/19.A -, juris Rn. 29). Insbesondere ist insoweit auch eine lediglich klarstellende Funktion (der Aufrechterhaltung) des früheren Satzes 2 des § 31 Abs. 4 AsylG a.F. in Betracht zu ziehen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Beschluss vom 12.04.2017 - 22 L 1361/17.A -, juris Rn. 30; Heusch in BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 01.03.2020, AsylG § 31 Rn. 27).

Außerdem stünde bei der von der Beklagten für richtig gehaltenen Auslegung ein Ausländer, der aufgrund eigener Verfolgung in seinem Herkunftsstaat in einem anderen Mitgliedsstaat internationalen Schutz erhalten hat, hinsichtlich der durch § 26 AsylG beabsichtigten Integration möglicherweise schlechter als ein selbst nicht verfolgter Ausländer, dessen Antrag in einem anderen Mitgliedsstaat abgelehnt worden ist (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2019 - 4 L 201/17 -, juris Rn. 29; VG Lüneburg, Urteil vom 15.03.2017 - 8 A 201/16 -, juris Rn. 23; a.A. VG Berlin, Urteil vom 03.12.2018 - 23 K 323.18 A -, juris Rn. 23) was dem Sinn und Zweck des § 26 AsylG ersichtlich zuwiderliefe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).