Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.12.2002, Az.: 2 ME 211/02

Auswahl; Beamter; Beförderungsbewerber; Dienstherr; Ermessen; Leistungsgrundsatz; Stellenbesetzung; Versetzungsbewerber

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.12.2002
Aktenzeichen
2 ME 211/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43777
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 04.10.2002 - AZ: 2 B 3969/02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Frage, ob der Dienstherr verpflichtet ist, die Auswahl zwischen einem Versetzungs- und einem Beförderungsbewerber nach Maßgabe des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 7 BRRG und § 8 Abs. 1 NBG ergebenden Leistungsgrundsatzes vorzunehmen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, dem Beigeladenen den am 30. Mai 2002 ausgeschriebenen und nach der Besoldungsgruppe A 15 besetzten Dienstposten „Dezernentin/Dezernent KVV“ im Dezernat 302 der Bezirksregierung Lüneburg zu übertragen.

2

Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung vorliegen (§ 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Es fehlt an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Antragsteller hat als Versetzungsbewerber, der schon ein der streitigen Stelle entsprechendes Amt der Besoldungsgruppe A 15 inne hat, bei der hier gegebenen Fallkonstellation keinen Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie, am Leistungsgrundsatz ausgerichtete Auswahlentscheidung (Bewerbungsverfahrensanspruch).

3

Bewirbt sich – wie hier – neben einem Beförderungsbewerber ein Versetzungsbewerber um einen Dienstposten, so hat der Dienstherr auf Grund seiner personalpolitischen und organisatorischen Gestaltungsfreiheit die Entscheidungsbefugnis, ob er den Dienstposten mit dem Versetzungsbewerber oder dem Beförderungsbewerber besetzt oder ob er einen Wettbewerb unter Einschluss des Versetzungs- und des Beförderungsbewerbers stattfinden lässt. Für welche Handlungsform sich der Dienstherr entscheidet, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dieses Wahlermessen unterliegt nicht dem sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 7 BRRG und § 8 Abs. 1 NBG ergebenden Leistungsgrundsatz (vgl. Beschl. d. Sen. v. 01.08.2002 - 2 ME 118/02 -; Beschl. d. Sen. v. 16.05.2001 - 2 MA 817/01 -, IÖD 2001, 223 = Nds. Rpfl. 2001, 418; OVG Münster, Beschl. v. 28.01.2002 - 6 B 1275/01 -; OVG Münster, Beschl. v. 03.07.2001 - 1 B 670/01 -, NVwZ-RR 2002, 362; OVG Koblenz, Beschl. v. 28.11.2001 - 10 B 11.641/01 -, NVwZ-RR 2002, 364).

4

Der Antragsgegner hat sich nach diesem Maßstab im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens dafür entschieden, den Antragsteller als Versetzungsbewerber bei der Entscheidung über den zu besetzenden Dienstposten nicht zu berücksichtigen. Hierzu hat der Antragsgegner in seinem Vermerk vom 19. Juli 2002 und dem an den Antragsteller gerichteten Bescheid vom 27. August 2002 ausgeführt, die Bewerbung des Antragstellers sei aus personalplanerischen Gründen nicht berücksichtigt worden. Der Antragsteller sei als Kriminaloberrat am 15. Oktober 2000 mit dem Ziel der Versetzung zum Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz (NLfV) abgeordnet worden. Am 1. Februar 2001 sei er zum NLfV versetzt und dort am 1. März 2002 zum Kriminaldirektor befördert worden. Bei einem Wechsel in das NLfV auf einen höherwertigen Dienstposten werde den Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, nach ca. fünf Jahren wieder in die Landespolizei zurückzukehren, um nicht auf Dauer in einem sehr speziellen Aufgabenbereich verwendet zu werden. Dementsprechend würden die personalwirtschaftlichen Planungen ausgerichtet. Eine vorzeitige Rückversetzung komme nur bei dienstlichem Interesse und bei Vorhandensein einer entsprechenden Planstelle im Kapitel 0320 in Betracht. Der Antragsteller sei erst seit ca. 17 Monaten in seiner Funktion. Ein dienstliches Interesse an einer Übernahme des Antragstellers zum jetzigen Zeitpunkt bestehe nicht. Es fehle auch eine Planstelle nach A 15 im Kapitel 0320. Die nächste freiwerdende Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 sei für die Beförderung eines Leiters einer Polizeiinspektion vorgesehen, der seinen Dienstposten über 18 Monate wahrgenommen habe. Aus diesen Gründen werde im weiteren Auswahlverfahren nur der Beigeladene als Beförderungsbewerber der Landespolizei berücksichtigt.

5

Mit den vorstehend wiedergegebenen personalwirtschaftlichen und organisatorischen Erwägungen hat der Antragsgegner seine Entscheidung, den Antragsteller nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen, in sachgerechter und rechtlich nicht zu beanstandender Weise begründet.

6

Der Umstand, dass der Antragsgegner den von dem Antragsteller begehrten Dienstposten unbeschränkt, das heißt ohne Beschränkung auf Beförderungsbewerber, ausgeschrieben hat, hinderte ihn nicht, den Antragsteller nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Denn der Dienstherr ist berechtigt, ein durch eine unbeschränkte Stellenausschreibung eingeleitetes Bewerbungsverfahren aus sachlichen Gründen auf Beförderungsbewerber zu beschränken (vgl. in diesem Sinne auch Beschl. d. Sen. v. 01.08.2002, a.a.O., m.w.N.; OVG Münster, Beschl. v. 03.07.2001, a.a.O.). Die Ausschreibung ist nur ein Hilfsmittel zur Gewinnung geeigneter Bewerber, das als formelles Institut als solches die materielle Stellung von Versetzungs- und Beförderungsbewerbern weder negativ noch positiv ändern kann. Sie bindet den Dienstherrn nicht in seiner Organisationsfreiheit, aus sachlichen Gründen für die Vergabe einer Stelle bestimmte personelle Maßnahmen - unbeschadet des Ausschreibungstextes - gegebenenfalls auch nachträglich vorgeben bzw. ausschließen zu können, wie dies hier geschehen ist (vgl. Beschl. d. Sen. v. 01.08.2002, a.a.O.; OVG Münster, Beschl. v. 03.07.2001, a.a.O.).

7

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

8

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Nach den genannten Bestimmungen ist der Streitwert auf 4.000,-- € festzusetzen, wenn der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache ergibt. So ist es im vorliegenden Fall, in dem der Antragsteller sich gegen die Übertragung eines nach der Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens wendet.

9

Die Vorschrift des § 13 Abs. 4 Satz 2 GKG, die das Verwaltungsgericht seiner Streitwertfestsetzung zu Grunde gelegt hat, ist nur dann anzuwenden, wenn das Verfahren die Verleihung eines anderen Amtes oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand betrifft. Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben. Dabei ist von maßgeblicher Bedeutung, dass eine Planstelle nach der Besoldungsgruppe A 15 für den hier streitigen Dienstposten noch nicht vorhanden ist. Die Streitwertfestsetzung richtet sich deshalb nach den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG (vgl. in diesem Sinne auch Beschl. d. Sen. v. 01.08.2002, a.a.O.; Beschl. v. 05.06.2001 - 2 OA 1574/01 -; Beschl. v. 05.05.2000  - 2 O 1135/00 -).

10

Die Befugnis des Senats zur Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung folgt aus § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG.

11

Dieser Beschluss ist gemäß §§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.