Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.12.2009, Az.: 5 LC 388/07
Anerkennung eines diagnostizierten und operierten Barrett-Ösophagus-Karzinoms als Dienstunfall eines in den Ruhestand versetzten Bundeswehrbeamten; Voraussetzungen für die Gleichstellung eines Unfalls mit einem Dienstunfall i.S.d. § 31 Abs. 1 S. 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG); Verfassungsmäßigkeit des abschließenden Charakters des Katalogs für eine Anerkennung von als Dienstunfall in Betracht kommenden Krankheiten
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.12.2009
- Aktenzeichen
- 5 LC 388/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 31659
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:1215.5LC388.07.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG
- § 31 Abs. 3 S. 3 BeamtVG
- Art. 3 Abs. 1 GG
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ein durch Formaldehyd verursachtes Krebsleiden der Speiseröhre (sog. Barrett-Ösophagus-Karzinom) gehört nicht zu den Krankheiten, die auf der Grundlage der nach § 31 Abs. 3 S. 3 BeamtVG erlassenen Rechtsverordnung für eine Anerkennung als Dienstunfall in Betracht kommen.
- 2.
Für die Anerkennung als Dienstunfall nach § 31 Abs. 3 S. 1 BeamtVG kommen ausschließlich Erkrankungen in Betracht, die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung genannt sind. Dies ist (verfassungs-) rechtlich nicht zu beanstanden.
Tatbestand
Der Kläger, ein 19... geborener und 19... wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter Bundeswehrbeamter, begehrt die Anerkennung seines 20... diagnostizierten und operierten Barrett-Ösophagus-Karzinoms als Dienstunfall, und zwar als Dienstunfall in Gestalt einer Krankheit, an der zu erkranken er nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung besonders gefährdet gewesen sei und die er sich nicht außerhalb des Dienstes zugezogen habe (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG).
Während seiner von 19... bis zum 31. Januar 19... (vgl. Bl. 45 der Beiakte - BA - A) andauernden Tätigkeit in der Geophysikalischen Beratungsstelle ... der F. G. war der Kläger u.a. im Beratungsraum (Raum ...) und im Fernmelderaum (Raum ...) .... eingesetzt. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Wetterkarten auszuwerten, die zuvor am Wetterkartenbildschreiber ausgedruckt und ihm vorgelegt worden waren. Im September 1982 wurde der Wetterkartenbildschreiber - Modell BS 1015 y - auf der Dienststelle eingeführt, dessen elektronisches Schreibsystem die empfangenen Wetterkarten auf elektrolytischem (feuchtem) Aufzeichnungspapier erstellte. Dieser Bildschreiber wurde mit einer Unterbrechung in der Zeit vom 27. September 1984 bis zum 2. Januar 1985 (vgl. Bl. 28 BA A) bis zum Ausscheiden des Klägers aus dem aktiven Dienst eingesetzt, und zwar zunächst mit einem stärker (28 mg/m2) formaldehydhaltigen Aufzeichnungspapier der britischen Firma J. und später mit einem geringer (2 mg/m2) formaldehydhaltigen Aufzeichnungspapier der Firma K. (K. SNA). Die Firma J. hatte zu ihrem Produkt eine "Unbedenklichkeitsbescheinigung" (Bl. 3 BA C) übersandt, nach der die Formaldehydbelastung infolge der Ausdünstungen des Papiers während des Aufzeichnungsvorgangs unter 1,5 ppm (3 mg/m³) liege und damit gesundheitlich unbedenklich sei. Im Laufe des Jahres 1982 kam es jedoch in der Bundeswehr zu Beanstandungsmeldungen einiger End[verbrauchs]stellen, die Hautreizungen betrafen (Bl. 14 BA B). Auch der Kläger machte mit Schreiben vom 10. September 1984 gegenüber seiner Dienststelle Beeinträchtigungen durch Formaldehyd geltend (vgl. Bl. 84 BA B). Am 26. Oktober 1984 (Bl. 87 ff. BA B) fand eine Überprüfung der Arbeitsplätze bei der Geophysikalischen Beratungsstelle ... statt, als deren Konsequenz die Wehrbereichsverwaltung in einer dem Kläger zur Kenntnis gegebenen Verfügung vom 12. Dezember 1984, Az.: WBV II - II A 3.04 - Az. 47-03-17/1 (Bl. 86 ff. BA B) umfangreiche Schutzmaßnahmen beim Umgang mit formaldehydhaltigen Aufzeichnungspapieren festlegte. Die Bediensteten der Geophysikalischen Beratungsstelle ..., darunter der Kläger, wurden daraufhin ausdrücklich und schriftlich angewiesen (Bl. 90 BA B), diese Schutzmaßnahmen zu beachten. Laut eines Schreibens (dort unter: Zu Ziffer 4.4, Anmerkung, und Zu Ziffer 4.5) der Leitung der Geophysikalischen Beratungsstelle ... vom 14. Februar 1985 an die Wehrbereichsverwaltung II (Bl. 83 ff. [84] BA B) hielt sich der Kläger jedoch nicht an diese Weisung, indem er bewusst keine Schutzbekleidung trug und gelegentlich bei seinen Tätigkeiten im Beratungsraum Kaffee trank.
Ausweislich einer ärztlichen Bescheinigung seines Hausarztes Dr. med.A. L. vom 22. Dezember 2003 (Bl. 99 BA A) traten bei dem Kläger ab Mai 19... bis ca. Ende 19... regelmäßig jährlich Atemwegsinfekte auf. Zudem litt der Kläger ab Mai 19... an einem ausgeprägten psychovegetativen Erschöpfungszustand, der sich in einer bedrückten Stimmung, Schlafstörungen und Kreislaufbeschwerden äußerte. Die im Rahmen der hausärztlichen Überwachung jeweils geführten Untersuchungen ergaben zu keiner Zeit einen pathologischen Befund. Im Februar 20... wurde bei dem Kläger die Erkrankung an einem Barrett-Ösophagus-Karzinom diagnostiziert. Er wurde noch im selben Monat operiert. Es wurden Teile der Speiseröhre und des Magens entfernt. Die Auswirkungen der damit verbundenen Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft bewertete das Versorgungsamt Bielefeld durch Bescheid vom 25. Juli 2001 (Bl. 48 f. BA A) mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 (achtzig), wobei allerdings mit Blick auf eine abzuwartende Heilungsbewährung eine Nachprüfung dieser Bewertung für den 1. Februar 2006 vorgesehen war.
Am 14. Januar 2002 (Bl. 1 BA A) setzte der Kläger die Wehrbereichsverwaltung von seiner Erkrankung in Kenntnis und machte geltend, dass die Erkrankung auf seine dienstliche Tätigkeit, nämlich den Umgang mit den mit Formaldehyd belasteten Wetterkarten, zurückzuführen sei.
Es wurde daraufhin von der Wehrbereichverwaltung eine Arbeitsplatzanalyse durchgeführt, die vom 23. Juli 2002 datiert (Bl. 22 ff. BA A) und im Wesentlichen folgende Ergebnisse hatte: Formaldehyd sei nicht als krebserzeugend im Sinne der Gefahrstoffverordnung eingestuft, gehöre aber zu den Stoffen, die wegen möglicher krebserregender Wirkung beim Menschen Anlass zur Besorgnis gäben. Der MAK-Wert (Luftgrenzwert für maximale Arbeitsplatzkonzentration) für Formaldehyd habe 1982 bei 1,2 mg/m³ (= 1 ppm) gelegen und liege heute bei 0,62 mg/m³ (= 0,5 ppm). Nach Einführung des Wetterkartenbildschreibers BS 1015 y seien 1982 durch das Wissenschaftliche Institut für Materialuntersuchungen (WIM) Prüfungen zur Bestimmung von freiem Formaldehyd im Papier und in der Luft beim Beschreiben des Papiers durchgeführt worden. In deren Bewertung (vgl.Untersuchungsbericht vom 29. Dezember 1982, Bl. 46 ff. BA B) sei das WIM zu der Aussage gekommen, dass das Papier J. Formaldehyd in solchem Umfang an die Raumluft abgebe, dass unter sehr ungünstigen Bedingungen (kleiner, geschlossener Raum, mit u.U. mehreren Schreibern im Einsatz) der MAK-Wert [1.2 mg/m³] überschritten werden könne [vgl. hierzu auch die beispielhafte Berechnungen und Aussagen über Räume von 12 bis 20 m2 in einem Schreiben des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) vom 12. Januar 1983 an das Materialamt der Luftwaffe, Bl. 44 f. BA B]. Beim Betrieb des Gerätes mit dem Papier der Firma K. (K. SNA) im Zuge einer späteren Prüfung des WIM [vom 10. Januar 1985, Bl. 62 ff. BA B] sei dagegen [nicht einmal] der damals für "Wohnräume" gültige (Luft-) Grenzwert von 0,12 mg/m³ [0,1 ppm] erreicht worden. Auch die Kurzzeit-Messungen im (5 m x 5 m großen) Wetterkartenbildschreiberraum der Geophysikalischen Beratungsstelle ... am 26. Oktober 1984 (Bl. 87 ff. BA B) hätten ergeben, dass beim Betrieb des Gerätes mit dem Papier "K. SNA" die Formaldyd-Konzentration in der Luft unter dem damals gültigen MAK-Wert gelegen habe. Beim Entnehmen des u.U. noch feuchten Aufzeichnungspapiers aus dem Wetterkartenbildschreiber und [im Falle des Klägers] beim Bearbeiten von nahezu oder ganz trockenen Karten sei es zu einem unmittelbaren Hautkontakt mit formaldehydhaltigen Aufzeichnungspapieren gekommen. Nach der heutigen Vorschriftenlage und den heutigen Erkenntnissen sei festzustellen, dass damit trotz der Einhaltung des damalig geltenden Luftgrenzwertes für Formaldehyd von 1,2 mg/m³ die Auslöserschwelle überschritten worden sei. Es sei abschließend durch einen Arbeitsmediziner zu klären, inwieweit die Expositionszeiten (vgl. Bl. 28 BA A) in Bezug auf den unmittelbaren Hautkontakt mit Formaldehyd in einem möglichen kausalen Zusammenhang mit der Erkrankung des Klägers stünden.
Die Wehrbereichsverwaltung befasste daraufhin einen Arbeitsmediziner des Sanitätskommandos I mit dem Fall des Klägers. Der Oberfeldarzt gelangte in seiner Stellungnahme vom 14. April 2004 (Bl. 60 ff. BA A) zu dem Ergebnis, dass sich trotz der nachgewiesenen Exposition gegenüber dem Schadstoff Formaldehyd mit seiner fraglichen krebserregenden Potenz einerseits und einer Krebserkrankung des Klägers andererseits keine ausreichende Wahrscheinlichkeit für eine berufsbedingte Kausalität finde: Erstens gehe die herrschende medizinische Meinung - wie sich auch aus der Einstufung nach den verschiedenen öffentlichen Beurteilungssystemen ergebe - dahin, dass ein generelles Krebsrisiko für Formaldehyd bisher nur vermutet werde. Zweitens bestehe für ein Karzinom des Magen-Darm-Traktes keine greifbare Verursachungswahrscheinlichkeit durch Formaldehyd, nachdem bereits in den frühen 80er Jahren ein entsprechender Zusammenhang untersucht worden sei, nicht habe bestätigt werden können und heute nicht diskutiert werde. Und - drittens - sei die konkurrierende Ursache eines Barett-Ösophagus (Veränderung der Schleimhaut der Speiseröhre kurz vor dem Magenausgang, die als Präkanzerose mit hohem Krebsrisiko gelte) in der Allgemeinbevölkerung häufig und habe hier vorgelegen.
Mit Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 3. Juni 2004 (Bl. 65 ff. BA A) lehnte es die Beklagte daraufhin ab, die Erkrankung des Klägers an einem Barett-Ösophagus-Karzinom, deren Beruhen auf einer Exposition mit Formaldehyd geltend gemacht wurde, als Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG anzuerkennen. Denn die erforderliche Kausalität zwischen der als nachgewiesen zu betrachtenden Exposition mit dem Schadstoff in der Raumluft und der Krebserkrankung sei nicht gegeben.
Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem er unter anderem geltend machte (Bl. 72 ff. [75] BA A), er und andere Mitarbeiter hätten während ihrer Tätigkeit in den Arbeitsräumen der Beratungsstelle ein "ständiges Kribbeln und Jucken auf der Haut" verspürt, er habe damals unter Hustenreiz gelitten und z.T. auch unter Unwohlsein und Übelkeit bis hin zu Kreislaufstörungen, wies die Beklagte mit einem am 19. Januar 2005 zugegangenen Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 17. Januar 2005 (Bl. 88 ff. BA A) als unbegründet zurück. Zwar sei davon auszugehen, dass der Kläger sowohl durch Hautkontakt als auch durch Einatmen von Raumlauft mit Formaldehyd kontaminiert worden sei. Für ein Karzinom des Magen-Darm-Traktes aufgrund dieser Kontamination bestehe aber keine greifbare Verursachungswahrscheinlichkeit. Vielmehr sei der vorliegende Barett-Ösophagus als Ursache für die bei ihm diagnostizierte Krebserkrankung anzusehen.
Der Kläger hat am Montag, dem 21. Februar 2005, Klage erhoben.
Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass sehr wohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der Formaldehydbelastung und seiner Krebserkrankung bestehe. Insoweit müsse im Zuge der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, dass sich die Beklagte zu seinen Lasten einer Beweisvereitelung schuldig gemacht habe. An seinem Arbeitsplatz habe er im Zusammenhang mit dem Ausdruck und der Bearbeitung der Wetterkarten in erheblichen Mengen Formaldehyd eingeatmet. Das Einatmen von Formaldehyd reiche aus, um Krebs in der Speisröhre zu verursachen. Durch den Einatmungsvorgang, insbesondere bei der Einnahme von Speisen und Getränken, werde auch die Speiseröhre tangiert und die Tumorbildung begünstigt. In der medizinischen Wissenschaft gelte es als Erfahrung, dass sich eine Krebserkrankung nicht spontan, sondern nach einer Vorlaufzeit von 3 - 4 Jahren zeige. Im seinem Fall habe die ursächliche Kontamination bis Ende Februar 1987 angedauert. Die Erkrankung an Krebs sei dann im Februar 2001 diagnostiziert worden. Zwar werde Formaldehyd nicht in der Anlage der maßgeblichen Verordnung zur Durchführung des § 31 BeamtVG, Berufskrankheiten-Verordnung, genannt. Die Regelung eines abschließenden Kataloges sei aber verfassungswidrig. Mittlerweile sei wissenschaftlich anerkannt, dass Formaldehyd krebserregend sei. Wegen des Fortschreitens der medizinischen Erkenntnisse sei eine entsprechende Ausdehnung des Kataloges geboten.
Der Kläger hat beantragt, wie folgt zu erkennen:
- 1.
der Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2005 werden aufgehoben.
- 2.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Erkrankung des Klägers an einem Barrett-Ösophagus-Karzinom aufgrund der Exposition mit Formaldehyd als Dienstunfall anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat dem Kläger weiterhin entgegnet, es könne zwar davon ausgegangen werden, dass er im Dienst einer übermäßigen Formaldehydbelastung ausgesetzt gewesen sei. Zwischen diesem Kontakt mit Formaldehyd und seiner Erkrankung an dem Barrett-Ösophagus-Karzinom sei aber ein Zusammenhang nicht herzustellen. Dies werde durch das Gutachten des Sanitätskommandos I vom 14. April 2004 belegt.
Die Vorinstanz hat vergeblich versucht, eine Vervollständigung der vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten herbeizuführen (Bl. 112 und 118 der Gerichtsakte - GA -). Einem Hilfsbeweisantrag des Klägers, ein Gutachten des Deutschen Krebsforschungszentrums der Universität in Heidelberg zum Beweise der Tatsache einzuholen, dass die jahrelange Formaldehydbelastung im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit im geophysikalischen Beratungsdienst zu seiner Erkrankung an dem Barrett-Ösophagus-Karzinom geführt habe, ist sie nicht gefolgt.
Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Klage mit seinem auf die mündliche Verhandlung vom 5. September 2007 ergangenen Urteil abgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen.
Zur Begründung dieser Entscheidung hat die Vorinstanz im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Anerkennung seiner Erkrankung an einem Barrett-Ösophagus-Karzinom als Dienstunfall, weil die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Regelung des § 31 Abs. 3 BeamtVG nicht vorlägen. Nach § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG würden die in Betracht kommenden Krankheiten durch Rechtsverordnung bestimmt. Hiervon ausgehend dürfte eine Anerkennung der Erkrankung des Klägers als Dienstunfall schon deshalb ausscheiden, weil es sich bei ihr nicht um eine Krankheit handele, die in der - hier - maßgeblichen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - vom 31. Oktober 1997 aufgeführt sei. Etwas anderes käme nur in Betracht, wenn die Verordnung keinen abschließenden Charakter hätte. Dies könne aber letztlich offen bleiben, weil die weiteren rechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung der Erkrankung als Dienstunfall nicht vorlägen. Es lasse sich nämlich nicht feststellen, dass der Kläger im Sinne der Regelung des § 31 BeamtVG nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an dieser Krankheit besonders ausgesetzt gewesen sei. Dazu müsste die konkrete dienstliche Tätigkeit ihrer Art nach erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung in sich bergen. Die besondere Gefahr der Erkrankung müsste für die dienstliche Verrichtung des Beamten typisch und in erheblich höherem Maße bestehen als bei der übrigen Bevölkerung. Eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Tätigkeit zu einer Erkrankung führe, bestehe regelmäßig dann, wenn sich das Erkrankungsrisiko gesundheitsstatistisch verdoppele. Grundsätzlich setze die Feststellung der erhöhten Wahrscheinlichkeit den epidemiologischen Nachweis einer Vielzahl von Referenzfällen entsprechender Erkrankungen bei der jeweiligen beruflichen Tätigkeit voraus. Diese Vorraussetzungen lägen hier nicht vor. Es lasse sich bereits nicht feststellen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Belastung des Klägers mit Formaldehyd und der Entstehung des Barett-Ösophagus-Karzinoms bestehe. Dass ein solcher Zusammenhang nicht bestehe, ergebe sich vielmehr schon aus dem Gutachten des Sanitätskommandos I vom 14. April 2004. Darin werde nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass deshalb von keinem kausalen Zusammenhang auszugehen sei, weil erstens für ein Karzinom des Magen-Darm-Traktes keine greifbare Verursachungswahrscheinlichkeit durch Formaldehyd bestehe und zweitens die konkurrierende Ursache Barrett-Syndrom in der Allgemeinbevölkerung häufig sei und im gegebenen Fall vorgelegen habe. Das Gericht vermöge der Auffassung des Klägers nicht zu folgen, dass das Ergebnis dieses Gutachtens der Entscheidung nicht mehr zugrunde gelegt werden könne, weil es mit neueren Erkenntnissen nicht mehr übereinstimme. Zwar ergebe sich aus der von Seiten des Gerichts in das Verfahren eingeführten Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung, Berlin, vom 29. Mai 2006 dass die krebserregende Wirkung von eingeatmetem Formaldehyd mittlerweile hinreichend belegt sei. Es gebe jedoch weiterhin keine Anhaltspunkte dafür, dass das Einatmen von Formaldehyd mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu derjenigen Krebserkrankung führe, die bei dem Kläger aufgetreten sei. Soweit dieser vortrage, der kausale Zusammenhang folge daraus, dass die formaldehydbelastete Luft während des Atmungsvorgangs bei der Nahrungsaufnahme, d.h. während des Ess- und Trinkvorgangs in die Speiseröhre gelange, sei ihm nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu folgen. Auch angesichts des zeitlichen Abstands zwischen der Beendigung der Formaldehydbelastung im Februar 1987 und dem Ausbruch der Erkrankung, mehr als 10 Jahre später, sei ein Zusammenhang unwahrscheinlich. Die von dem Kläger geltend gemachte Beweislastumkehr sei nicht gegeben. Zwar liege ein Versäumnis der Beklagten darin, dass diese einen in dem Bericht vom 10. Januar 1985 [Bl. Bl. 62 ff. BA B] erwähnten "WIM Prüfbericht Nr. 82/040/065 vom 10. 03. 1983" nicht vorgelegt habe. Jedoch stehe dieser Umstand der Aufklärbarkeit einer Kausalität zwischen der beruflichen Tätigkeit und Erkrankung des Klägers nicht entgegen.
Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 24. September 2007 hat der Kläger am 15. Oktober 2007 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel am Montag, dem 26. November 2007, im Wesentlichen wie folgt begründet:
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei seine Erkrankung an einem Barett-Ösophagus-Karzinom als Dienstunfall anzuerkennen. Rechtsfehlerhaft gehe die Vorinstanz davon aus, dass Krankheiten aufgrund einer Formaldehyd-Kontamination nicht in der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt seien. Die vorliegende Krebserkrankung sei nämlich unter Ziffer 1302 der Berufskrankheiten-Verordnung zu subsumieren. Sie sei durch Halogenkohlenwasserstoffe verursacht worden, da Formaldehyd zu der Gruppe der Halogenkohlenwasserstoffe zähle. Darüber hinaus könne die vorliegende Krebserkrankung auch unter Ziffer 1303 der Berufskrankheiten-Verordnung fallen. Hierbei handele es sich um Erkrankungen, die durch Benzol verursacht seien. Durch Veränderung der Benzol-Molekularstruktur sei es unproblematisch, Formaldehyd zu gewinnen. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht des Weiteren die Kausalität zwischen seiner, des Klägers, Belastung mit Formaldehyd und der Entstehung des Barett-Ösophagus-Karzinoms verneint. Insoweit komme es auf den Verursachungszusammenhang im konkreten Einzelfall an. Die Frage nach dem Vorliegen dieses Zusammenhangs sei medizinischer Natur und hier schwierig, sodass sie nur durch Sachverständige beantwortet werden könne. Das Verwaltungsgericht habe das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verletzt, indem es gleichwohl keinen entsprechenden Sachverständigenbeweis erhoben habe, sondern sich nur auf die als "Parteigutachten" zu wertende Stellungnahme des Sanitätskommandos I vom 14. April 2004 stütze und sich zudem unter Berufung auf "die allgemeine Lebenserfahrung" zu Unrecht eine eigene Sachkunde in der Beurteilung der Kausalitätsfrage zutraue. Der Stellungnahme des Sanitätskommandos sei im Übrigen inhaltlich schon deshalb nicht zu folgen, weil die Zeitnähe zwischen seiner, des Klägers, Formaldehydkontamination und seinen "Vorläufer-Erkrankungen" (häufige Atemwegsinfekte, ausgeprägte psycho-vegetative Erschöpfungszustände mit Schlafstörungen, Kreislaufbeschwerden etc.) einen Ursachenzusammenhang mit der - typischerweise - erst später auftretenden Krebserkrankung nahe legten. Auch habe das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen, dass die Aktenführung der Beklagten nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Diese habe nämlich den in dem Bericht vom 10. Januar 1985 [Bl. 62 ff. BA B] erwähnten "WIM Prüfbericht Nr. 82/040/065 vom 10. 03. 1983" nicht vorlegen können. Auf diesen Bericht, der offensichtlich die Ergebnisse über die Untersuchung des Papiers auf weitere gefährliche Arbeitsstoffe enthalte und eindeutig den umstrittenen Kausalzusammenhang belegen würde, habe nicht verzichtet werden können. Es wäre daher im Zuge der Beweiswürdigung zu berücksichtigen gewesen, dass die Nichtvorlage des fehlenden Berichts ein klassischer Fall der Beweisvereitelung sei. Schließlich müsse vor dem Hintergrund der in das Verfahren eingeführten wissenschaftlichen Darstellung "Wie funktioniert das?" [Bl. 214 ff. GA] davon ausgegangen werden, dass gerade die Kombination zwischen der Formaldehydbelastung und den Schadstoffimmissionen, denen er, der Kläger, ........ ausgesetzt gewesen sei, seine Erkrankung erkläre.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend verweist sie auf eine Stellungnahme ihres Personal- und Vertrauensärztlichen Dienstes vom 14. Januar 2008 (Bl. 279 ff. GA), in der festgestellt werde, dass das bei dem Kläger [ehedem] bestehende Barett-Ösophagus-Karzinom nicht als Berufskrankheit unter Ziffer 1302 oder Ziffer 1303 der Berufskrankheiten Verordnung zu subsumieren sei, da weder Formaldehyd noch ein anderer in der Anlage zurBerufskrankheiten-Verordnung aufgeführter chemischer Stoff zu der Erkrankung des Klägers geführt hätten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne das aufgetretene Barett-Ösophagus-Karzinom vielmehr schon alleinig von der Lokalisation als Magen-Darm-Tumor her nicht einer Formaldehydbelastung als Tumorauslöser zugeordnet werden. Es sei dagegen medizinisch bekannt, dass auch eine Refluxösophagitis, welche eine Grundursache für die Entstehung eines Barett-Syndroms darstelle, Beschwerden im Wege einer Atemwegsanfälligkeit verursachen könne.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A bis C) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, weil es die Beklagte mit dem Bescheid vom 3. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2005 im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat, die seines Erachtens aufgrund der Kontamination mit Formaldehyd eingetretene Erkrankung an einem Barett-Ösophagus-Karzinom als Dienstunfall anzuerkennen. Denn ein durch Formaldehyd verursachtes Krebsleiden der Speiseröhre gehört nicht zu den Krankheiten, die auf der Grundlage der nach § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG erlassenen Rechtsverordnung für eine Anerkennung als Dienstunfall in Betracht kommen. Davon abgesehen bestehen die von dem Kläger behaupteten Ursachenzusammenhänge nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit.
Die von dem Kläger erstrebte Anerkennung als Dienstunfall setzt nicht nur gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG voraus, dass der Kläger als Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr einer Erkrankung besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit erkrankt und sich diese Krankheit nicht außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Vielmehr ordnet § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG - dies ergänzend und einschränkend - an, dass die Bundesregierung die in Betracht kommenden Krankheiten durch Rechtsverordnung bestimmt (vormals mit Zustimmung des Bundesrates). Das ist mit der Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes vom 20. Juni 1977 (BGBl. I, S. 1004) geschehen: Durch § 1 dieser Verordnung werden als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I, S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben bestimmt. Entgegen einer in der angefochtenen Entscheidung anklingenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich bereits aus dem Wortlaut ("die in Betracht kommenden Krankheiten") und der Gesetzessystematik, in die § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG eingebunden ist, dass für die Gleichstellung ("gilt als Dienstunfall") mit einem Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG und damit für die Anerkennung als Dienstunfall nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG a u s s c h l i e ß l i c h Erkrankungen in Betracht kommen, die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung genannt sind (Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BBG mit BeamtVG, Stand: Aug./Sep./Okt. 2009, BeamtVG § 31 Rn. 185). Diese Auslegung des Gesetzes, die auch der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Vorschrift Rechnung trägt, entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Beschl. v. 12. 9. 1995 - BVerwG 2 B 61.95 -, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 5, und Beschl. v. 13. 1. 1978 - BVerwG VI B 57.77 -, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 59, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 3 bis 8, unter Hinweis auf BVerwG Urt. v. 9. 11. 1960 - BVerwG VI C 144.58 -, BVerwGE 11, 229 [232]), von der abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht.
Insbesondere wäre ein solches Abweichen nicht mit den Zweifeln zu rechtfertigen, die der Kläger - weitgehend unsubstantiiert - gegenüber der Verfassungsmäßigkeit des abschließenden Charakters erhoben hat, den der Katalog der für eine Anerkennung als Dienstunfall in Betracht kommenden Krankheiten nach einfachem Recht besitzt. Die Frage dieser Verfassungsmäßigkeit ist nämlich ebenfalls bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt und zutreffend bejaht worden (BVerwG, Beschl. v. 12. 9. 1995 - BVerwG 2 B 61.95, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 5, und Beschl. v. 13. 1. 1978 - BVerwG VI B 57.77, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 59, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 9): Die Beschränkung auf die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung genannten Krankheiten ist mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und es besteht kein dahingehender hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG), dass die Beamten dienstunfallrechtlich in jeder Beziehung den Arbeitnehmern gleichgestellt werden müssen (so auch: Groepper/Tegethoff, a.a.O., BeamtVG § 31 Rn. 182).
Es ist nicht von Verfassungs wegen geboten, dass im Rahmen der Unfallfürsorge eine - etwa dem § 9 Abs. 2 SGB VII (vgl. zu den Motiven für die Einfügung einer entsprechenden Vorschrift in die vormalige Reichsversicherungsordnung: Entwurf [der Fraktion der CDU/CSU] eines Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes, Begründung, BT-Drucks. IV/120, S. 55, Zu § 552) nachgebildete - Möglichkeit besteht, eine Krankheit, die nicht in der Anlage 1 zu der Berufskrankheiten-Verordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bezeichneten Voraussetzungen nicht vorliegen, als Dienstunfall anzuerkennen. Im Interesse der Rechtsklarheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. 10. 1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369 [375]) und in Anbetracht der Beihilfe- und ggf. auch der Versorgungsleistungen, die unabhängig von der Anerkennung einer Erkrankung als Dienstunfall gewährt werden, hat und durfte es der Versorgungsgesetzgeber vielmehr bei den ihm durchaus bewussten (vgl. etwa: Bericht und Antrag des Innenausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Beamtenversorgungsgesetzes, BT-Drucks. 7/5165, S. 9, Zu § 31) Härten belassen, die mit dem abschließenden Katalog der durch die Rechtsverordnung nach § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG bestimmten Krankheiten verbunden sind. Er musste erst recht keine Kombination des "Listensystems" mit einem System der Gewährung von Unfallfürsorge im Einzelfall schaffen, das über die die gesetzliche Unfallversicherung noch hinausgeht und praktisch eine lückenlose Gefährdungshaftung des Dienstherrn für alle Erkrankungen seiner Beamten schafft, die durch dienstliche Verrichtungen verursacht sind.
Die von dem Kläger geltende gemachte "Erkrankung an einem Barrett-Ösophagus-Karzinom aufgrund der Exposition mit Formaldehyd" gehört nicht zu den für eine Anerkennung als Dienstunfall in Betracht kommenden Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG, die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung in deren hier maßgeblichen Fassung vom 31. Dezember 1997 (BGBl. I, 1997, S. 2625 f.) mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben genannt sind.
Die Frage, ob eine Krankheit als Dienstunfall gilt, ist nach dem Recht zu beurteilen, das in dem Zeitpunkt gegolten hat, in dem sich der Beamte die Krankheit zugezogen hat. Die Zuziehung einer Krankheit wird folglich nur dann gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG als Dienstunfall fingiert, wenn die Krankheit in der zum Zeitpunkt der Erkrankung geltenden Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt ist (BVerwG, Beschl. v. 23. 2. 1999 - BVerwG 2 B 88.99 -, NVwZ-RR 1999, 518). Maßgeblich ist der "Ausbruch" der Krankheit, also das erstmalige Auftreten von Krankheitssymptomen. Dies deckt sich mit dem Beginn der Behandlungsbedürftigkeit (Groepper/Tegethoff, a.a.O., BeamtVG § 31 Rn. 184). Da das Karzinom des Klägers im Februar 20... diagnostiziert und behandelt wurde, ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die Krebserkrankung in der Zeit der Gültigkeit der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (1. 12. 1997 bis 30. 9. 2002) zum Ausbruch gekommen ist. Bei Zugrundelegung der Vorfassungen der Anlage 1 bis hin zum Zeitraum der Kontamination des Klägers mit Formaldehyd (vgl. insoweit die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV - vom 8. Dezember 1976 [BGBl. I, S. 3330 ff.], sowie Art. 1 der VO zur Änd. der BKV v. 22. 3. 1988 [BGBl. I, S. 400] und Art. 1 der Zweiten VO zur Änd. der BKV v. 18. 12. 1992 [BGBl. I, S. 2343]) ergibt sich allerdings kein Ergebnis, das von demjenigen abweicht, welches im Folgenden unter Heranziehung der Anlage 1 i.d.F. von 1997 begründet wird.
Ein hier etwa durch Formaldehyd verursachtes Krebsleiden der Speiseröhre (Barett-Ösophagus-Karzinom) gehört nicht zu den Krankheiten, die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV -, in deren Fassung vom 31. Dezember 1997 (BGBl. I, 1997, S. 2625 f.) genannt sind.
Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich insbesondere nicht um eine Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe im Sinne der Nr. 1302 der Anlage 1 zu der BKV. Halogenkohlenwasserstoffe sind nämlich Verbindungen, die sich von Kohlenwasserstoffen ableiten, indem Wasserstoffe durch Halogenatome ersetzt werden (Der Große Brockhaus, Kompaktausgabe, 18. Aufl. 1983, Bd. 9, S. 149, "Halogenkohlenwasserstoffe"; Wikipedia, "Halogenkohlenwasserstoffe"). Halogene (Salzbildner) sind die Gruppe der reaktionsfähigen, nichtmetallischen Elemente Fluor, Chlor, Brom, Jod und das instabile Astatin in der 7. Gruppe des Periodensystems (Der Große Brockhaus, Kompaktausgabe, 18. Aufl. 1983, Bd. 9, S. 149, "Halogene"). Halogenkohlenwasserstoffe enthalten folglich eines oder mehrere Atome der Halogene, namentlich Fluor, Chlor, Brom oder Jod (Wikipedia, "Halogenkohlenwasserstoffe"). Formaldehyd mit der Summenformel CH2O (Brockhaus, Kompaktausgabe, 18. Aufl. 1983, Bd. 7, S. 165, "Formaldehyd"; Wikipedia "Formaldehyd") setzt sich jedoch lediglich aus Atomen der Elemente Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) zusammen, und damit nicht aus Salzbildnern. Es ist schon deshalb kein Halogenkohlenwasserstoff, sodass eine durch es verursachte Erkrankung nicht der Nr. 1302 der Anlage 1 zu der BKV unterfällt.
Die vorliegende Krebserkrankung lässt sich auch nicht unter Nr. 1303 der Anlage 1 zu der BKV subsumieren, da diese Ziffer lediglich Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol erfasst. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass Formaldehyd mit der Summenformel CH2O weder Benzol mit der Summenformel C6H6 (Der Große Brockhaus, Kompaktausgabe, 18. Aufl. 1983, Bd. 3, S. 22 f., "Benzol"; Wikipedia, "Benzol") noch Styrol mit der Summenformel C8H8 (Der Große Brockhaus, Kompaktausgabe, 18. Aufl. 1983, Bd. 21, S. 181, "Styrol") ist. Formaldehyd mit der Summenformel CH2O ist auch erkennbar keines der Homologe, also der strukturell sehr eng verwandten Stoffe (Der Große Brockhaus, Kompaktausgabe, 18. Aufl. 1983, Bd. 10, S. 47, "Homologe"), des Benzol, die durch die Formel CnH2n-6 definiert sind (vgl. Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 19. September 2003 über die Europäische Liste der Berufskrankheiten, Anhang I, Nr. 126.01 - siehe auch Nr. 124). Die Behauptung des Klägers, dass es unproblematisch sei, durch Veränderung der Benzol-Molekularstruktur Formaldehyd zu gewinnen, ist unerheblich.
Weil nach alledem die seitens des Klägers geltend gemachte "Erkrankung an einem Barrett-Ösophagus-Karzinom aufgrund der Exposition mit Formaldehyd" nicht zu den für eine Anerkennung als Dienstunfall in Betracht kommenden Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG gehört, ist der Streit der Beteiligten um die Frage der Verursachung dieser Erkrankung durch die Formaldehydkontamination des Klägers für die Entscheidung des Rechtsstreits im Grunde nicht maßgeblich.
Der Senat hat allerdings auf der Grundlage der verwertbaren, nachvollziehbaren und ausreichenden Stellungnahmen des Sanitätskommanos I vom 14. April 2004 und des Personal- und Vertrauensärztlichen Dienstes des Wehrbereichskommandos Nord vom 14. Januar 2008, denen er insoweit folgt, keine Zweifel daran, dass die von dem Kläger behaupteten Ursachenzusammenhänge nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit bestehen. Sie können auch nicht im Hinblick auf eine Beweisvereitelung als gegeben betrachtet werden. Der Senat verzichtet indessen auf nähere Ausführungen hierzu in dem Berufungsurteil, da die Klage - wie zuvor dargetan - bereits aus anderen Gründen keinen Erfolg haben kann.
Dem von dem Kläger im Berufungsverfahren wiederholten Hilfsbeweisantrag ist nicht zu entsprechen gewesen. Die begehrte Beweiserhebung kommt zum einen nicht in Betracht, weil das Beweisthema, "dass die jahrelange Formaldehydbelastung im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit des Klägers im geophysikalischen Beratungsdienst zu seiner Erkrankung an dem Barrett-Ösophagus-Karzinom geführt habe", unerheblich ist, soweit der Senat seine Entscheidung darauf stützt, dass diese Krankheit nicht - wie erforderlich - in der zum Zeitpunkt der Erkrankung geltenden Anlage 1 zu der BKV genannt ist. Soweit die Berufung mit der weiteren, selbständig tragenden Begründung zurückgewiesen wird, dass die von dem Kläger behaupteten Ursachenzusammenhänge nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit bestehen, übt der Senat das ihm in entsprechender Anwendung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2. 3. 1995 - BVerwG 5 B 26.95 -, Bucholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 267, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 7) der §§ 404 und 412 ZPO (i.V.m. § 98 VwGO) zustehende Ermessen dahin aus, dass er von der hilfsweise beantragten Beweiserhebung absieht. Denn die vorliegenden, verwertbaren, nachvollziehbaren und ausreichenden Stellungnahmen des Sanitätskommanos I vom 14. April 2004 sowie des Personal- und Vertrauensärztlichen Dienstes des Wehrbereichskommandos Nord vom 14. Januar 2008 vermitteln ihm in Bezug auf die Beweisfrage bereits eine hinreichende Sachkunde.