Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
v. 10.12.2009, Az.: 5 OA 201/09

Teilweise Einstellung des Verfahrens nach Rücknahme der Beschwerde; Bestehen eines Verschlechterungsverbotes bei Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.12.2009
Aktenzeichen
5 OA 201/09
Entscheidungsform
Entscheidung
Referenz
WKRS 2009, 29465
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2009:1210.5OA201.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 09.07.2009 - AZ: 4 A 41/09

Gründe

1

Die teilweise Einstellung des Verfahrens nach Rücknahme der Beschwerde des Klägers beruht auf einer entsprechenden Anwendung des§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO und wird durch den Spruchkörper in der Besetzung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nds. AG VwGO ausgesprochen, weil sie zusammen mit der Sachentscheidung über die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgt (vgl. Schmid, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 87a Rn. 3).

2

Über die nach den §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 RVG zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers entscheidet der Senat als Kollegium, weil die angefochtene Streitwertfestsetzung nicht "von einem[/r] Einzelrichter[in]" im Sinne der §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG und 6 VwGO, sondern gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO nur von einer einzelnen Richterin, nämlich der Berichterstatterin, vorgenommen worden ist und in Ermangelung einer Regelungslücke kein Raum für eine Analogie zu § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG (i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG) bleibt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23. 3. 2007 - 5 OA 317/06 - m.w.N.).

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

Der Beschluss der Vorinstanz ist gleichwohl gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG zu ändern und der Streitwert in der zutreffenden Höhe festzusetzen. Denn die angefochtene Wertfestsetzung ist nicht wie geltend gemacht zu niedrig, sondern zu hoch und im Rahmen von Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes besteht kein Verschlechterungsverbot - sogenanntes Verbot der reformatio in peius - (Nds. OVG, Beschl. v. 4. 2. 2008 - 5 OA 185/07 -, NVwZ-RR 2008, 431, m.w.N.).

5

Der Streitwert ist hier gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu seiner Bemessung in Fällen beamtenrechtlicher Streitigkeiten wegen eines sogenannten Teilstatus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13. 9. 1999 - BVerwG 2 B 53.99 -, NVwZ-RR 2000, S. 188 f.) nach den §§ 40, 43 Abs. 1 und 52 Abs. 1 GKG festzusetzen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 29. 11. 2007 - 5 LA 273/07 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...], sowie Beschluss vom 24. 7. 2009 - 5 LA 160/07 -, insoweit unveröffentlicht). Dem steht nicht entgegen, dass sich das Verwaltungsgericht zur Bezifferung von N e t t o beträgen der zugesprochenen Leistungen in der Lage gesehen hat. Denn damit hat es lediglich die mit der Ermittlung dieser Beträge verbundenen Rechtsfragen geklärt, nicht aber abschließend die als umstritten zu betrachtenden, konkreten (Brutto-) Zahlungsbeträge ermittelt. Die damit einhergehende, eingeschränkte Rechtskraft seiner Entscheidung ist für Streitigkeiten über einen Teilstatus typisch und rechtfertigt die Wertbemessung nach einem Zweijahresbetrag. Im Übrigen hätte es den Prozessbevollmächtigten des Klägers freigestanden, von vornherein auf Bruttobeträge lautende, bezifferte Anträge zu stellen und diese ggf. kurz vor einer sich abzeichnenden erstinstanzlichen Sachentscheidung gemäß den §§ 173 Satz 1 VwGO, 264 Nr. 2 ZPO nochmals zu aktualisieren, um so zumindest eine Streitwertfestsetzung nach den §§ (71 Abs. 1 Satz 1 GKG,) 40, 42 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 GKG a.F. zu rechtfertigen. Sie haben sich solchen Mühen jedoch nicht unterzogen.

6

Da der Kläger die Berechnungen des Verwaltungsgerichts zur Höhe des begehrten Jahresnettobetrages (135,24 EUR) seiner Unteralimentierung im Jahr der Klageerhebung am 19. Mai 2008 nicht beanstandet hat (vgl. etwa den ersten Absatz des Textkörpers des klägerischen Schriftsatzes vom 4. August 2007 im Verfahren 5 LA 193/09, Bl. 65 der Gerichtsakte - GA -), kann gemäߧ 40 GKG dieser Betrag zur Grundlage der Bemessung genommen werden. Der von dem Verwaltungsgericht gebildete Durchschnittswert, ist nach der Rechtsprechung des Senats (Nds. OVG, Beschl. v. 26. 2. 2009 - 5 LA 35/09 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...]) nämlich nur dann heranzuziehen, wenn - etwa infolge einer außerhalb des streitigen Zeitraumes liegenden Klageerhebung - die vorrangige Anknüpfung an die Verhältnisse zum Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung ausscheidet. Vor dem Hintergrund der fehlenden Möglichkeiten des Beklagten, Nachzahlungen steuerfrei zu gewähren, ist ferner zu berücksichtigen, dass zwischen den Beteiligten letztlich ein zu diesem Jahresnettobetrag (135,24 EUR) führender Aufschlag auf die Bruttobesoldung streitig gewesen ist. Dieser Einsicht ist hier dadurch Rechnung zu tragen, dass der Jahresnettobetrag der geltend gemachten Unteralimentierung im Jahr der Klageerhebung pauschalierend in demselben prozentualen Verhältnis (auf 117,351%) erhöht wird, in dem - nach den von dem Verwaltungsgericht gebilligten (vgl. Seite 7, letzter Absatz, des Urteilsabdrucks) Berechnungen des Beklagten für das Jahr 2008 (Bl. 16 ff. [18] GA) - das Jahresbruttoeinkommen eines Beamten der Besoldungsgruppe des Klägers mit drei Kindern (48.192,60 EUR) zu dessen Jahresnettoeinkommen (41.074,20 EUR) stand. Das Zweifache des so bestimmten Jahresbruttobetrages ist als Streitwert des ersten Rechtszuges festzusetzen (135,24 EUR x 117,331% x 2 = 317,36 EUR). Eine pauschalierende Erhöhung des zweifachen Jahresnettobetrages der Unteralimentierung um 20% wäre nach der Rechtsprechung des Senats (Nds. OVG, Beschl. v. 26. 2. 2009, a.a.O.) nur dann in Betracht gekommen, wenn eine Anknüpfung an die Verhältnisse im Jahr der Klageerhebung nicht möglich oder mit zusätzlichem Ermittlungsaufwand (vgl. etwa Nds. OVG, Beschl. v. 7. 12. 2009 - 5 LC 294/09 -) verbunden gewesen wäre.

7

Vor der Herabsetzung des Streitwertes war den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht noch einmal rechtliches Gehör zu gewähren, weil die Herabsetzung im vorliegenden Falle einen Gebührensprung nicht zu Folge hat und die Prozessbevollmächtigten im Übrigen aufgrund der in einer Vielzahl ähnlicher Fälle (5 OA 102/09, 5 OA 103/09, 5 OA 104/09, 5 OA 106/09, 5 OA 107/09, 5 OA 108/09, 5 OA 109/09, 5 OA 110/09, 5 OA 111/09 und 5 OA 112/09) bereits erteilten Hinweise auf die einschlägige Rechtsprechung des Senats und namentlich den Beschluss vom 4. Februar 2008 - 5 OA 185/07 - (NVwZ-RR 2008, 431) mit einer solchen Herabsetzung rechnen mussten.