Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.10.2015, Az.: 7 LB 80/14

Ersatzvornahme; Gehwegreinigung; Straßenreinigung; Straßenunterhaltung; Unkraut

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.10.2015
Aktenzeichen
7 LB 80/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45144
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 14.06.2013 - AZ: 2 A 1439/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die in einer Verordnung gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 NStrG vorgesehene Verpflichtung, die Gehwege von Unkraut zu befreien, widerspricht nicht offenkundig dieser gesetzlichen Ermächtigung. Sie gehört jedenfalls nicht ausnahmslos zur Straßenunterhaltung.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - Einzelrichter der 2. Kammer - vom 14. Juni 2013 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2012 wird aufgehoben, soweit gegen den Kläger Kosten von mehr als 308,70 EUR festgesetzt worden sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11/10 des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 11/10 des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in der „F. Straße 63“ in A-Stadt. Die Beklagte forderte ihn mit Bescheid vom 12. Juli 2011 auf, die Reinigung des an den rückwärtigen Bereich seines Grundstücks angrenzenden Gehwegs der dortigen Straße „G.“ zu veranlassen und weiterhin den Rückschnitt der Büsche/Bäume auf seinem Grundstück in dem Gehwegbereich so zu veranlassen, dass diese „von nicht mehr als 20 cm“ in den Straßenraum hineinragen. Dem Kläger wurde für die Befolgung der Anordnung eine Frist bis zum 28. Juli 2011 gesetzt und für den Fall der Nichtbefolgung die kostenpflichtige Ersatzvornahme durch die Kommunalen Betriebe A-Stadt (im Folgenden: KBS) angedroht. Außerdem wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Zur Begründung wurde in dem Bescheid ausgeführt, dass der Gehweg in dem genannten Bereich durch Bewuchs stark verschmutzt sei und außerdem Büsche/Bäume vom Grundstück des Klägers in den Gehweg hineinragten, so dass dieser nicht mehr in vollständiger Breite nutzbar sei. Der Kläger sei nach § 3 Abs. 2 der Straßenreinigungssatzung der Beklagten als Grundstückseigentümer verpflichtet, den anliegenden Gehweg zu reinigen. Die Verpflichtung umfasse auch die Entfernung von Grasbewuchs und Unkraut. Weiterhin sei der Kläger als Grundstückseigentümer gemäß § 2 Abs. 4 der Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Hansestadt Stade (im Folgenden: SOG-VO) verpflichtet, Hecken und Büsche zurückzuschneiden, sobald diese mehr als 20 cm von seinem Grundstück in den Straßenraum hineinragen. Der Kläger sei seinen Pflichten zur Gehwegreinigung und zum Rückschnitt der Büsche/Bäume trotz wiederholter schriftlicher Erinnerungen nicht nachgekommen, so dass ihm die Erfüllung der Pflichten nunmehr auf der Grundlage des § 11 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (im Folgenden: Nds. SOG) aufzugeben sei. Die Anordnung sei erforderlich und angemessen, da in der gegenläufigen Abwägung der Interessen das öffentliche Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie an der Verhinderung von Nachahmungen durch andere Grundstücksinhaber schwerer wiege als ein etwaiges Interesse des Klägers daran, die erforderlichen Verrichtungen zu unterlassen.

Der Kläger erhob gegen den Bescheid Klage beim Verwaltungsgericht (2 A 895/11) und stellte zugleich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (2 B 896/11). Nachdem er den getroffenen Anordnungen innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen war, ließ die Beklagte am 17. August 2011 Rückschnitt- und Gehwegreinigungsarbeiten im Bereich des Grundstücks des Klägers durch Mitarbeiter der KBS durchführen. Daraufhin erklärten die Beteiligten das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (2 B 896/11) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt und das Verwaltungsgericht stellte das Verfahren durch Beschluss der Berichterstatterin vom 19. Oktober 2011 ein. In dem Klageverfahren gegen den Bescheid vom 12. Juli 2011 (2 A 895/11) stellte der Kläger sein Klagebegehren um und machte einen „Folgenentschädigungsanspruch“ wegen rechtswidriger und unter Verletzung seines Eigentums durchgeführter Rückschnittarbeiten geltend. Er beanspruchte von der Beklagten nunmehr die Zahlung eines Betrags von 15.172,50 EUR. Das Verwaltungsgericht verwies den Rechtsstreit daraufhin durch Beschluss des Einzelrichters vom 1. Februar 2013 an das Landgericht A-Stadt, weil der Verwaltungsgerichtsweg nicht mehr gegeben sei. Die Klage hatte auf dem Zivilrechtsweg in zwei Instanzen keinen Erfolg (vgl. Urt. d. LG A-Stadt v. 06.11.2013 - 5 O 77/13 -; Urt. d. OLG Celle v. 05.06.2014 - 16 U 207/13 -).

Mit dem hier streitigen Kostenbescheid vom 26. Januar 2012 zog die Beklagte den Kläger zu Kosten in Höhe von 319,75 EUR heran. Den Betrag spezifizierte sie wie folgt:

1. Verwaltungsgebühren

140,00 EUR

  a. Durchführung 2 Ortstermine zur Kontrolle nach 1. Erinnerung an die Reinigungspflicht; Erlass Bescheid vom 12.07.2011 (lfd. Nr. 108.1.7 Kostentarif)

100,00 EUR

  b. Anordnung einer Ersatzvornahme (lfd. Nr. 108.5.2 Kostentarif)

  40,00 EUR

2. Auslagen für Leistungen der KBS (vgl. Rechnung Anlage)

174,25 EUR

3. Auslagen für Zustellungen                                                                        

    5,50 EUR

Gesamt:

319,75 EUR

Der Kläger hat am 9. Februar 2012 beim Verwaltungsgericht Klage gegen diesen Bescheid erhoben und geltend gemacht, nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffenden Einstellungsbeschluss vom 19. Oktober 2011 sei davon auszugehen, dass für die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 12. Juli 2011 kein besonderes öffentliches Interesse bestanden habe und die ersatzweise durchgeführten Maßnahmen vom 17. August 2011 deshalb rechtswidrig gewesen seien. Dementsprechend seien der Beklagten auch die Kosten des gerichtlichen Eilverfahrens auferlegt worden. Darüber hinaus sei festzustellen, dass die Beklagte die Rückschnittarbeiten innerhalb der nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bestehenden Schutzfrist habe durchführen lassen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2012 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, der Kostenbescheid beruhe auf § 66 Abs. 1 i.V.m. § 64 Abs. 1 Nds. SOG. Der Rechtsgrund für den Kostenbescheid liege in der Durchführung der Ersatzvornahme. Diese setze voraus, dass der Grundverwaltungsakt unanfechtbar sei oder ihm keine aufschiebende Wirkung zukomme. Ob die Anordnung des Sofortvollzugs demgegenüber ausreichend begründet worden sei, sei irrelevant, weil auch eine fehlende oder unzureichende Begründung nicht die Wirksamkeit der Vollziehbarkeit hindere. Auch die weiteren Voraussetzungen einer Ersatzvornahme hätten vorgelegen, insbesondere sei der Kläger als Handlungs- und Zustandsstörer der richtige Adressat des Kostenbescheides.

Das Verwaltungsgericht hat den Kostenbescheid vom 26. Januar 2012 durch Urteil des Einzelrichters vom 14. Juni 2013 aufgehoben, soweit gegen den Kläger Gebühren von mehr als 134,45 EUR festgesetzt worden sind. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Nach § 66 Abs. 1 Nds. SOG habe die Beklagte auf Kosten des Klägers nur diejenigen Handlungen ausführen lassen dürfen, zu denen der Kläger verpflichtet gewesen sei. Dies sei hinsichtlich des Heckenrückschnitts nicht der Fall, denn insoweit habe die KBS keine Handlung durchgeführt, zu der der Kläger verpflichtet gewesen wäre. Der Kläger sei durch Bescheid vom 12. Juli 2011 dazu angehalten worden, entlang seiner rückwärtigen Grundstücksgrenze die Büsche/Bäume so zurückzuschneiden, dass sie nicht mehr als 20 cm in den Straßenraum hineinragten. Der Bewuchs sei tatsächlich aber mindestens „auf Null“ weggeschnitten worden. An den Bäumen zum Gehweg sei so gut wie kein Bewuchs übrig geblieben. Die KBS habe damit nicht nur etwas mehr Bewuchs abgeschnitten, als es dem Kläger aufgegeben worden sei, sondern sie habe etwas anderes ausgeführt und somit den Rahmen einer zulässigen Ersatzvornahme überschritten. Hinsichtlich der Beseitigung von Unkraut auf dem Gehweg fehle es bereits an einer vollziehbaren Handlung, zu der der Kläger verpflichtet gewesen sei. Die Auferlegung der Reinigungspflicht sei als nichtig anzusehen. Dies ergebe sich daraus, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Straßenreinigungssatzung der Beklagten (gemeint: § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Art, Maß und räumliche Ausdehnung der Straßenreinigung in der Stadt A-Stadt vom 16.11.2007, im Folgenden: StR-VO) die Straßenreinigungspflicht auch die Beseitigung von Unkraut einschließe. Arbeiten am Bewuchs wie das Mähen oder Jäten von Gras und Unkraut seien aber nicht als eine durch die gesetzliche Ermächtigung in § 52 Abs. 1 Satz 2 NStrG gedeckte Maßnahme der Straßenreinigung anzusehen, sondern der Straßenunterhaltung zuzurechnen, welche allein dem Träger der Straßenbaulast obliege. Diese Erkenntnis sei offenkundig und der Bescheid vom 12. Juli 2011 sei hinsichtlich der Auferlegung der Unkrautbeseitigung teilnichtig. Damit hätten auch die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung nicht vorgelegen. Der angefochtene Kostenbescheid sei somit aufzuheben, soweit 174,75 EUR Kosten für Arbeiten erhoben worden seien, die die KBS ausgeführt habe. Im Übrigen habe die Beklagte in fehlerhafter Weise Zustellungskosten in Höhe von 5,50 EUR in Ansatz gebracht. Erstattungsfähig seien lediglich 3,45 EUR. Soweit die Beklagte für die Durchführung zweier Ortstermine eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,00 EUR erhoben habe, sei diese Position in Höhe eines Teilbetrags von 9,00 EUR zu beanstanden und in Höhe von 91,00 EUR nicht zu beanstanden. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei die Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 40,00 EUR für die Anordnung der Ersatzvornahme. Statt der in Ansatz gebrachten 319,75 EUR könne die Beklagte gegenüber dem Kläger danach lediglich einen Kostenbetrag in Höhe von 134,45 EUR geltend machen.

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 2. Oktober 2014 (7 LA 72/13) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit dieses den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2012 in Höhe eines Teilbetrags von 174,25 EUR aufgehoben hat. Der Senat hat den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO für gegeben erachtet, soweit das Verwaltungsgericht die in dem Kostenbescheid zur Erstattung geltend gemachten Auslagen für Leistungen der KBS in Höhe dieses Teilbetrags beanstandet hat. Im Übrigen hat der Senat den Zulassungsantrag des Klägers und den weitergehenden Zulassungsantrag der Beklagten abgelehnt.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor: Die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts sei in Bezug auf die streitigen Rückschnittarbeiten an Bäumen und Hecken des Klägers in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht fehlerhaft. Entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts sei es keinesfalls unstreitig, dass die Rückschnittarbeiten bis zur Grenze des Grundstücks des Klägers, also „auf Null“, vorgenommen worden seien. Das Gericht habe eine Gesamtbetrachtung der vorgenommenen Arbeiten unterlassen und sich auf vom Kläger eingereichte Fotografien gestützt, die die Örtlichkeiten unzureichend wiedergegeben hätten und bei denen im Übrigen unklar geblieben sei, wann sie gefertigt worden seien. Die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts sei ebenfalls unzutreffend. Bewuchs sei zurückzuschneiden, sobald er mehr als 20 cm in den Straßenraum hineinrage. In § 2 Abs. 4 SOG-VO werde insoweit ein Toleranzbereich definiert, in dem eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs nicht ohne weiteres angenommen werden könne. Ein Recht der Anlieger, Anpflanzungen uneingeschränkt bis zu 20 cm in den Straßenraum hineinwachsen zu lassen, bestehe demgegenüber nicht. Fehlerhaft seien auch die erstinstanzlichen Feststellungen zur Gehwegreinigung. Diese sei dem Kläger in zulässiger Weise aufgegeben worden. Das Grundstück des Klägers befinde sich an der Straße „G.“. In dieser Nebenstraße, die ein bloß geringes Verkehrsaufkommen verzeichne, sei weder ein Straßenbegleitgrün noch eine sonstige Grasfläche vorhanden. Entsprechend sei dem Kläger auch nicht das Mähen und Jäten einer Grasfläche auferlegt worden. Vielmehr sei die Reinigungspflicht des Klägers ausdrücklich auf den Gehweg beschränkt worden. Der Kläger sei lediglich dazu verpflichtet worden, das zwischen den Gehwegplatten wachsende Unkraut zu entfernen. Hierbei handele es sich um eine Verpflichtung, die binnen kürzester Zeit und mit einfachsten Hilfsmitteln durchgeführt werden könne. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Träger der Straßenbaulast im Rahmen der Straßenunterhaltung für jedweden Bewuchs auf der Straße zuständig sei, könne nicht gefolgt werden. Insoweit sei zwischen einem planmäßig angelegten Bewuchs und einem Wildwuchs zu unterscheiden. Ein planmäßiger Bewuchs diene regelmäßig dem Straßenkörper. So könne einem Grünstreifen die bautechnische Funktion zukommen, den Straßenkörper einschließlich Gehweg seitlich abzufangen und zugleich das Oberflächenwasser abzuleiten. In dieser Funktion stelle er auch in einem ungemähten Zustand weder ein verkehrsgefährdendes noch ein verkehrserschwerendes Hindernis dar. Anders verhalte es sich aber bei wild wachsendem Unkraut auf öffentlichen Gehwegen. Derartiger Wildwuchs sei dazu geeignet, die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen. Das Verwaltungsgericht habe die gebotene Unterscheidung zwischen der verkehrsmäßigen und der ordnungsmäßigen (früher: polizeimäßigen) Reinigung nicht vorgenommen. Die Heranziehung der Straßenanlieger zur ordnungsmäßigen Reinigung sei nicht zu beanstanden und vorliegend für den Kläger zumutbar gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage in Höhe eines weiteren Teilbetrages von 174,25 EUR abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beruft sich auf sein bisheriges Vorbringen. Die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme hätten in Bezug auf die durchgeführten Rückschnittarbeiten an Bäumen und Hecken auf seinem Grundstück sowie hinsichtlich der Gehwegreinigung im Zeitpunkt der Durchführung dieser Arbeiten nicht vorgelegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, die beigezogene Gerichtsakte 2 A 895/11 des Verwaltungsgerichts (5 O 77/13 des Landgerichts A-Stadt) sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern und die Klage über den vom Verwaltungsgericht nicht beanstandeten Kostenbetrag von 134,45 EUR hinaus in Höhe eines weiteren Teilbetrags von 174,25 EUR für Auslagen im Zusammenhang mit Leistungen der KBS abzuweisen. Die Anforderung der nach dem Beschluss des Senats vom 2. Oktober 2014 (7 LA 72/13) noch rechtshängigen Kosten der Ersatzvornahme in Höhe dieses Teilbetrags ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch der Beklagten ist § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG. Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch eine andere Person möglich ist (vertretbare Handlung) nicht erfüllt, so kann die Verwaltungsbehörde oder die Polizei nach dieser Vorschrift auf Kosten der betroffenen Person die Handlung selbst ausführen oder eine andere Person mit der Ausführung beauftragen. Nach Satz 2 werden für die zusätzlich zur Ausführung der Handlung erforderlichen Amtshandlungen Gebühren und Auslagen nach den Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes erhoben.

1. Dem Kläger wurde durch Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2011 aufgegeben, den Rückschnitt der Büsche/Bäume auf seinem Grundstück entlang der Straße „G.“ so zu veranlassen, dass diese „von“ (gemeint: um) nicht mehr als 20 cm in den Straßenraum hineinragen. Gestützt wurde diese Maßnahme auf § 11 Nds. SOG, wonach die Verwaltungsbehörde und die Polizei die notwendigen Maßnahmen treffen können, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht die Vorschriften des dritten Teils die Befugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei besonders regeln. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit war gegeben, weil der Kläger entgegen § 2 Abs. 4 SOG-VO den gebotenen Rückschnitt von im rückwärtigen Bereich seines Grundstücks „F. Straße 63“ wachsenden Büschen, Bäumen und sonstigen Pflanzen entgegen vorheriger Aufforderung nicht zurückgeschnitten hatte. Nach § 2 Abs. 4 SOG-VO dürfen Hecken, Sträucher und sonstige Pflanzen, die sich an öffentlichen Straßen oder Grünanlagen befinden, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigen. Sie sind zurückzuschneiden, sobald sie mehr als 20 cm in den Straßenraum bzw. in die Grünanlagen hineinragen. Da der Kläger die Rückschnittarbeiten nicht innerhalb der ihm durch Bescheid vom 12. Juli 2011 gesetzten Frist, d.h. bis zum 28. Juli 2011, durchgeführt hatte, lagen die Voraussetzungen für ihre zwangsweise Durchsetzung nach § 64 Abs. 1 Nds. SOG vor. Denn die Beklagte hatte gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet und das Verwaltungsgericht hatte in dem dagegen geführten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (2 B 896/11) die aufschiebende Wirkung der Klage (2 A 895/11) nicht wiederhergestellt. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegensetzen, das Verwaltungsgericht habe in dem gerichtlichen Eilverfahren in dem Einstellungsbeschluss nebst Kostenentscheidung der Berichterstatterin vom 19. Oktober 2011 festgestellt, dass für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verpflichtung zu den Rückschnittarbeiten kein besonderes öffentlichen Interesse bestanden habe. Durch diese Einschätzung wird nicht in Frage gestellt, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Ersatzvornahme, welche am 17. August 2011 erfolgt ist, vorgelegen haben.

Ob der Grundverwaltungsakt vom 12. Juli 2011 in jeder Hinsicht rechtmäßig gewesen ist, bedarf im vorliegenden Kostenerstattungsverfahren keiner weiteren Vertiefung. Unabdingbare Grundlage einer rechtmäßigen Verwaltungsvollstreckung ist allein die Wirksamkeit, nicht aber die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung (BVerwG, Urt. v. 13.04.1984 - 4 C 31.81 -, Buchholz 345 § 10 VwVG Nr. 4; Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5.08 -, juris). Insoweit ist der Kläger darauf zu verweisen, dass er hinreichend Gelegenheit hatte, den mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 12. Juli 2011 vor dem Verwaltungsgericht anzufechten. Von dieser Rechtsschutzmöglichkeit hat er auch Gebrauch gemacht, indem er gegen den Bescheid am 18. Juli 2011 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben hat zu dem dortigen Aktenzeichen 2 A 895/11. Die Rechtmäßigkeit der gegen ihn ergangenen Anordnung zu prüfen, ist Gegenstand dieses Klageverfahrens gewesen und gehört in dem vorliegenden Anfechtungsverfahren gegen den Kostenbescheid nicht erneut - im Rahmen einer Inzidentkontrolle - zum Prüfprogramm. Der Umstand, dass die Grundverfügung am 17. August 2011 im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt wurde, ändert daran nichts. Der Vollzug eines Handlungspflichten auferlegenden Verwaltungsakts führt nicht zu dessen Erledigung, wenn von ihm - wie hier mit Blick auf den streitigen Kostenbescheid - weiterhin rechtliche Wirkungen für das Vollstreckungsverfahren ausgehen (BVerwG, Urt. v. 25.09.2008, a.a.O.). Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht in dem Klageverfahren 2 A 895/11 durch Verfügung der damaligen Berichterstatterin vom 30. August 2011 den Beteiligten auch den Hinweis erteilt, dass sich durch die Ersatzvornahme am 17. August 2011 wohl das Eilrechtsschutzverfahren (2 B 896/11), nicht aber die Klage erledigt habe, so dass es nicht erforderlich sei, die Anfechtungsklage auf eine (Fortsetzungs-)Feststellungsklage umzustellen. Der Kläger war auch nach durchgeführter Ersatzvornahme verfahrensrechtlich nicht daran gehindert, in dem Klageverfahren 2 A 895/11 die Aufforderung zu den Rückschnittarbeiten - Gleiches gilt für die Aufforderung zur Gehwegreinigung - zum Gegenstand seines Anfechtungsbegehrens zu machen bzw. beizubehalten.

Was den weiteren Verlauf des Klageverfahrens 2 A 895/11 beim Verwaltungsgericht anbelangt, so ist festzustellen, dass der Kläger im Anschluss an die zwangsweise Durchsetzung der streitigen Anordnung einen Folgenentschädigungsanspruch, d.h. einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 15.172,50 EUR nebst Zinsen wegen rechtswidriger Ausführung der Rückschnittarbeiten an seinen Bäumen und Büschen geltend gemacht hat. Soweit er sein ursprüngliches Anfechtungsbegehren nicht weiter verfolgt hat, führt das nicht dazu, dass die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung in dem vorliegenden Kostenstreitverfahren erneut (vollumfänglich) zu überprüfen wäre. Nachdem das Verwaltungsgericht den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei der Umstellung der Klage um eine nach § 91 VwGO unzulässige Klageänderung oder Klageerweiterung handeln könnte (vgl. Hinweisverfügung v. 25.05.2012), hat es den Rechtsstreit mit Beschluss des inzwischen eingesetzten Einzelrichters vom 1. Februar 2013 an das Landgericht A-Stadt verwiesen. In dem Beschluss wurde ausgeführt, dass der Kläger von der Anfechtungsklage zum Folgenentschädigungsanspruch übergegangen und dies als eine Klageänderung anzusehen sei. Dabei verstehe der Einzelrichter das nicht als Klageerweiterung, sondern als Auswechseln des Klageantrags. Da für den Folgenentschädigungsanspruch der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO nicht gegeben sei, sei der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht zu verweisen. Auf der Grundlage dieses Beschlusses, den der Kläger nicht mit der Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 146 Abs. 1 VwGO angefochten hat, ist davon auszugehen, dass er sein ursprüngliches Anfechtungsbegehren gegen die Grundverfügung nicht mehr aufrechterhalten hat. Daran ist auch im vorliegenden Verfahren festzuhalten. Das Prozessverhalten des Klägers in jenem Verfahren (2 A 895/11) führt nicht dazu, dass die in dem Bescheid vom 12. Juli 2011 verfügten Grundverwaltungsakte nunmehr im Kostenrechtsstreit einer Rechtmäßigkeitskontrolle unterzogen werden könnten.

Die Beklagte hat die Rückschnittarbeiten an dem Baum- und Heckenbewuchs entlang der rückwärtigen Grundstücksgrenze des Klägers nicht unter Verstoß gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen durchführen lassen. Der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, Kosten für die Rückschnittarbeiten könnten nicht erhoben werden, weil die Arbeiten in rechtswidriger Weise innerhalb der Schutzfrist des § 38 Abs. 5 Nr. 3 (gemeint wohl: § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2) BNatSchG durchgeführt worden seien. Der Einwand ist unbegründet. Nach § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG (v. 29.07.2009, BGBl. I S. 2542) ist es verboten, Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen. Unter das Schneideverbot fallen Maßnahmen, bei denen die genannten Pflanzen bis zum Ansatzpunkt entfernt werden (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.12.2014 - 4 Ss 569/14 -, juris). Um derartige Eingriffe geht es hier nicht. Die durchgeführten Rückschnittarbeiten entsprechen vielmehr schonenden Form- und Pflegeschnitten zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen - hier des in das Straßengrundstück hineinragenden Überwuchses -, welche nach dem zweiten Halbsatz der genannten Vorschrift ausdrücklich zulässig sind. Davon abgesehen gilt das Verbot nach § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG nach dessen Satz 2 Nr. 1 nicht für behördlich angeordnete Maßnahmen. Unter die Ausnahmevorschrift fallen insbesondere Maßnahmen, welche - wie hier - der Gefahrenabwehr dienen (vgl. BT-Drucks. 16/12274, S. 67).

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts scheitert die Kostenauferlegung hinsichtlich der Rückschnittarbeiten nicht daran, dass die Beklagte am 17. August 2011 anstelle der dem Kläger auferlegten Verpflichtung davon abweichende Maßnahmen im Sinne eines aliud hat durchführen lassen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Kläger sei lediglich dazu verpflichtet gewesen, entlang der Straße „G.“ die Büsche/Bäume auf seinem Grundstück so zurückzuschneiden, dass sie nicht mehr als 20 cm in den Straßenraum hineinragen. Weggeschnitten sei aber unstreitig mindestens „auf Null“, denn an den Bäumen sei zum Gehweg hin so gut wie kein Bewuchs übrig geblieben. Die von der Beklagten beauftragte KBS habe damit nicht etwas mehr oder etwas weniger weggeschnitten, als es dem Kläger aufgegeben worden sei, sondern habe etwas anderes ausgeführt. Dem Verwaltungsgericht kann in dieser Beurteilung nicht gefolgt werden. Dabei bedarf es keiner Vertiefung, dass ein Rückschnitt des Bewuchses „auf Null“ in dem hier relevanten Bereich nicht „unstreitig“, d.h. als feststehender Sachverhalt, zugrunde gelegt werden kann. Dass die vom Kläger (in dem Verfahren 2 A 895/11 des Verwaltungsgerichts) übersandten Fotos den unmittelbar nach Durchführung der Rückschnittarbeiten am 17. August 2011 eingetretenen Zustand der Bäume, Büsche und Hecken auf dem Grundstück des Klägers wiedergeben, ist von der Beklagten jedenfalls in Zweifel gezogen worden. Die Fotos vermitteln auch nur einen Eindruck von Teilbereichen des in Rede stehenden Grenzbewuchses. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 2. Oktober 2014 (7 LA 72/13) ausgeführt hat, befindet sich auf dem Grundstück des Klägers im rückwärtigen Bereich nicht nur eine Reihe von (Nadel-)Bäumen, sondern auch eine Hecke. Ob auch diese mindestens „auf Null“ zurückgeschnitten worden sein soll oder diese Annahme jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung der Rückschnittarbeiten gerechtfertigt sein könnte, erscheint auf der Grundlage der zu den Akten gelangten Bilddokumente nicht eindeutig im Sinne einer unstreitigen Tatsache. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Beklagte einen derartigen Rückschnitt bis an die Grenze des Grundstücks des Klägers hat vornehmen lassen, bedeutet das nicht, dass die Rückschnittarbeiten nicht mehr als Ersatzvornahme der Anordnung vom 12. Juli 2011, sondern als eine davon abweichende Maßnahme anderer rechtlicher Qualität angesehen werden müssten. Hierzu hat der Senat in seinem Beschluss vom 2. Oktober 2014 (7 LA 72/13) wie folgt ausgeführt:

„Die Anordnung kann schon ihrem Wortlaut nach nicht dahin verstanden werden, der Kläger solle den Rückschnitt (exakt) bis auf die bezeichneten 20 cm vornehmen, so dass sich dann ein davon abweichender Rückschnitt als ein aliud darstellen könnte. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass ein cm-genauer Rückschnitt auch tatsächlich kaum durchführbar wäre. Er wäre auch sinnlos, weil sich dann aufgrund des natürlichen Wachstums der betroffenen Anpflanzungen binnen kürzester Zeit wieder ein verfügungswidriger Zustand einstellen würde. Die Verwendung des Ausdrucks „von nicht mehr als“ (richtig wohl: um nicht mehr als) deutet vielmehr darauf hin, dass dem Kläger als Adressaten der Verfügung hier ein Toleranzstreifen von 20 cm auf dem Straßengrundstück zur Verfügung gestellt werden sollte, über den die Büsche und Bäume nach dem Rückschnitt nicht weiter auf das Straßengrundstück hineinragen durften. Dies entspricht auch § 2 Abs. 4 der Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Hansestadt Stade vom 28. Februar 2011 (SOG-VO) auf den sich die Beklagte zur Begründung der Verfügung vom 12. Juli 2011 ausdrücklich gestützt hat. Danach dürfen Hecken, Sträucher und sonstige Pflanzen, die sich an öffentlichen Straßen oder Grünanlagen befinden, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigen. Sie sind zurückzuschneiden, sobald sie mehr als 20 cm in den Straßenraum bzw. in die Grünanlagen hineinragen. Durch die Konjunktion sobald wird aufgezeigt, wann nach der Verordnung ein Handlungsbedarf für einen Rückschnitt von Anpflanzungen gesehen wird, um dadurch Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu vermeiden. Der Bestimmung kann nicht entnommen werden, dass den Anliegern der öffentlichen Straßen und Grünanlagen ein abwehrfähiges Recht eingeräumt werden soll, Anpflanzungen uneingeschränkt bis 20 cm in den Straßenbaum bzw. in die Grünanlagen hineinwachsen zu lassen (vgl. auch LG A-Stadt, Urt. v. 6.11.2013 - 5 O 77/13 -).“

Der Senat hält an dieser Beurteilung, zu der sich der Kläger im Berufungsverfahren nicht weiter geäußert hat, nach nochmaliger Überprüfung fest.

Dass bei der Durchführung der Rückschnittarbeiten Eigentum des Klägers rechtswidrig beeinträchtigt worden sein könnte, ist nach dem Ausgang der geänderten, auf Zahlung einer Folgenentschädigung gerichteten Klage des Klägers auszuschließen. Das Landgericht A-Stadt hat die Leistungsklage mit Urteil vom 6. November 2013 (5 O 77/13) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe durch den Rückschnitt der Bäume am 17. August 2011 keine Amtspflicht verletzt. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten zwar vorsätzlich die im Eigentum des Klägers stehenden Fichten zurückgeschnitten und somit sein Eigentum beeinträchtigt. Allerdings hätten die Mitarbeiter der Beklagten nicht rechtswidrig gehandelt, weil der vorhandene Überwuchs einen gesetzwidrigen Zustand dargestellt habe, den die Beklagte auch selbst habe beseitigen dürfen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht Celle durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 5. Juni 2014 (16 U 207/13) zurückgewiesen.

Bedenken gegen die Höhe der Kostenforderung, die durch eine dem Kostenbescheid beigefügte Rechnung der KBS vom 6. September 2011 belegt worden ist, sind nicht ersichtlich und werden von dem Kläger nicht geltend gemacht.

2. Der Kostenbescheid vom 26. Januar 2012 ist weiterhin nicht zu beanstanden, soweit in den veranschlagten Auslagen für Leistungen der KBS Aufwand für die am 17. August 2011 erledigte Gehwegreinigung enthalten ist. Die Voraussetzungen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG für eine Ersatzvornahme der dem Kläger auferlegten Gehwegreinigung lagen vor. Die Beklagte hatte die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 12. Juli 2011 auch in Bezug auf diese Verpflichtung angeordnet und der Kläger war ihr innerhalb der gesetzten Frist, d.h. bis zum 28. Juli 2011, nicht nachgekommen.

Einer vollumfänglichen Inzidentprüfung des Grundverwaltungsakts über die Verpflichtung zur Veranlassung der Gehwegreinigung bedarf es nicht. Wie dargelegt, setzt die Ersatzvornahme des Verwaltungsakts nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG dessen Wirksamkeit und Vollziehbarkeit im Sinne des § 64 Abs. 1 Nds. SOG voraus. Insoweit ist hier allerdings zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht zu der Beurteilung gelangt ist, die Verpflichtung des Klägers zur Gehwegreinigung sei gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 44 Abs. 1 VwVfG als nichtig anzusehen. Begründet hat es seine Auffassung damit, dass es für die Anordnung offensichtlich an einer Rechtsgrundlage fehle. Die Beklagte habe sich wegen der Gehwegreinigung auf § 1 Abs. 1 Satz 1 ihrer Straßenreinigungssatzung (gemeint: der StR-VO) gestützt. Diese Rechtsnorm sei aber wegen Überschreitens der gesetzlichen Ermächtigung in § 52 Abs. 1 Satz 2 NStrG unwirksam und deshalb sei auch der Bescheid vom 12. Juli 2011 nach § 44 Abs. 1 VwVfG teilnichtig. Dem Verwaltungsgericht kann in dieser Argumentation, derzufolge es an einem wirksamen Verwaltungsakt fehlt, indes schon im Ansatz nicht gefolgt werden. Ein Verwaltungsakt ist nach § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Besonders schwerwiegend ist ein Mangel eines Verwaltungsakts, wenn er diesen schlechterdings unerträglich erscheinen lässt, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen unter keinen Umständen vereinbar ist (BVerwG, Beschl. v. 11.05.2000 - 11 B 26.00 -, NVwZ 2000, 1040). Die Offensichtlichkeit eines Fehlers ist gegeben, wenn sie für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist (BVerwG, Beschl. v. 13.10.1986 - 6 P 14/84 -, BVerwGE 75, 62). Ein belastender Verwaltungsakt leidet nicht schon deshalb an einem besonders schwerwiegenden Fehler, weil er auf eine unwirksame Norm gestützt wird. Er ist dann zwar rechtswidrig und unterliegt der Aufhebung, sofern er noch nicht unanfechtbar ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.07.1978 - 7 N 1.78 -, BVerwGE 56, 172; OVG NRW, Urt. v. 04.06.2008 - 1 A 4629/06 -, juris, Rdnr. 56; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl., § 44 Rdnr. 10). Er ist deshalb aber nicht eo ipso unwirksam (nichtig). Auch sonst sind Gründe, die Heranziehung des Klägers zu der Gehwegreinigung hier als schlechterdings unerträglich anzusehen - und dies ohne Weiteres erkennbar -, nicht gegeben.

Zu der Begründung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, auf dem Gehweg im Bereich seines Grundstücks Bewuchs und Unkraut zu beseitigen, ist danach lediglich ergänzend anzumerken:

Nach § 52 Abs. 4 Satz 1 NStrG können die Gemeinden durch Satzung die ihnen obliegenden Straßenreinigungspflichten ganz oder zum Teil den Eigentümern der anliegenden Grundstücke auferlegen. Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 NStrG sind Art, Maß und räumliche Ausdehnung der ordnungsgemäßen Straßenreinigung von der Gemeinde durch Verordnung nach dem Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (jetzt: Nds. SOG) zu regeln. Die Beklagte hat von diesen Ermächtigungen Gebrauch gemacht und die ihr nach § 52 Abs. 2 NStrG obliegende Straßenreinigungspflicht nach Maßgabe der §§ 3, 4 ihrer Satzung über die Reinigung der öffentlichen Wege und Plätze in der Stadt A-Stadt (Straßenreinigungssatzung v. 16.11.2007 i. d. F. der Änderungssatzung v. 13.12.2010) ganz oder teilweise auf die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke und ihnen gleichgestellte Personen übertragen. Art, Maß und räumliche Ausdehnung der Straßenreinigung hat sie in der StR-VO geregelt.

Der Kläger wurde hier auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 StR-VO in Anspruch genommen. Danach umfasst die Straßenreinigungspflicht insbesondere die Beseitigung von Schmutz, Laub, Papier, sonstigem Abfall und Unkraut sowie die Beseitigung von Schnee und Eis, ferner bei Glätte das Bestreuen der Rad- und Gehwege, Fußgängerüberwege und gefährlichen Fahrbahnstellen mit nicht unbedeutendem Verkehr. Straßenbegleitgrün ist nur von Abfall zu reinigen.

Der Begriff des Unkrauts in § 1 Abs. 1 Satz 1 StR-VO ist entgegen dahin geäußerter Zweifel der Vorinstanz nicht zu unbestimmt. Unter der Bezeichnung wird im allgemeinen Sprachgebrauch die Gesamtheit von Pflanzen verstanden, die zwischen angebauten Pflanzen wild wachsen (www.duden.de/suchen/dudenonline/unkraut). In Bezug auf Straßen und Straßenkörper sind als Unkraut zu bezeichnen demgemäß Anpflanzungen, die ohne Willen des Straßenbaulastträgers und auch sonst unbeabsichtigt durch Pollenanflug oder unkontrollierten Austrieb („wild“) auf oder in dem Straßenkörper wachsen.

Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 StR-VO vorgesehene Verpflichtung, die Gehwege von Unkraut zu befreien, widerspricht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht offenkundig der Ermächtigung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 NStrG. Sie gehört jedenfalls nicht ausnahmslos zur Straßenunterhaltung. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 NStrG umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straßen zusammenhängenden Aufgaben. Nach Satz 2 haben die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Straße so zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen. Die Unterhaltung als Teil der Straßenbaulast zielt auf die Beseitigung von Verschleißerscheinungen der Straße einschließlich des Zubehörs ab (Wendrich, NStrG, 4. Aufl., § 9 Rdnr. 2) und beschränkt sich auf die Sicherung des vorhandenen Bestandes im Sinne einer Instandhaltung oder Instandsetzung (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl., § 28 Rdnr. 967; Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl., Kapitel 13 Rdnr. 12.3). Um derartige Aufgaben, die nach dem Niedersächsischen Straßengesetz nicht auf die Straßenanlieger übertragen werden können, mag es im Zusammenhang mit der Beseitigung von Bewuchs zwar dann gehen, wenn mit ihr Arbeiten verbunden sind, die sich auf den Bestand des Straßenkörpers auswirken. Dies bedarf hier keiner weiteren Vertiefung. Denn jedenfalls dann, wenn es bei einer Verpflichtung zur Beseitigung von Unkraut an einer Auswirkung auf die Beschaffenheit oder den baulichen Zustand der Straße fehlt, spricht nichts dagegen, diese Verpflichtung wie die Beseitigung von Laub oder vergleichbaren Maßnahmen dem Bereich zuzuordnen, der herkömmlich als polizeimäßige (ordnungsmäßige) Reinigung bezeichnet wird (vgl. dazu Kodal, a.a.O., Kapitel 43 Rdnrn. 4 ff).

Die vom Verwaltungsgericht zitierten obergerichtlichen Entscheidungen geben nichts Anderes her. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 4. April 2007 (- 8 B 05.3195 -, juris, Rdnr. 79) zum bayerischen Landesrecht ausgeführt, als Reinigung im Sinne des Art. 51 Abs. 4 BayStrWG seien in erster Linie das Kehren („besenrein“ säubern) und das Aufsammeln und Entsorgen von körperlichem Unrat zu verstehen. Als Beseitigung von Verunreinigungen und somit vom Begriff der Reinigung gedeckt werde man aber auch noch das Entfernen von vereinzeltem Anflug aus Gras und Unkraut ansehen können, der aus Ritzen und Rissen im Straßenkörper wuchere. Eine solche Beseitigungspflicht erscheine für den Anlieger auch nicht ersichtlich unzumutbar. Die Grenze dieser Reinigungspflicht liege indes dort, wo es um die Beseitigung von flächenhaft in den befestigten Straßenkörper hineinwucherndem Gras und Unkraut gehe. Dies sei nicht mehr Reinigung, sondern Unterhaltung der Straße. Soweit in der in jenem Verfahren streitigen Straßenreinigungsverordnung die Verpflichtung geregelt war, die Geh- und Radwege und die innerhalb der Reinigungsflächen befindlichen Fahrbahnen einschließlich der Parkstreifen insbesondere (auch) von Gras und Unkraut zu befreien, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Regelung unter Anwendung seiner Maßstäbe nicht als unwirksam (nichtig) angesehen, sondern einer ermächtigungskonformen Auslegung unterzogen. Das Verwaltungsgericht hat dies verkannt. Die Regelung in § 1 Abs. 1 StR-VO sieht eine Verpflichtung zur Beseitigung flächenmäßigen Bewuchses auf den Gehwegen nicht explizit vor und steht jedenfalls einer Auslegung dahin, dass mit ihr keine Arbeiten auf die Straßenanlieger abgewälzt werden sollen, die ihrer Art nach der Straßenunterhaltung unterfallen (Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten), nicht entgegen.

Auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmend hat das vom Verwaltungsgericht zitierte Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt (Beschl. v. 26.05.2009 - 3 L 806/08 -, juris, Rdnr. 9) festgestellt, dass das Mähen des auf einem Straßenrandstreifen wachsenden Grases keine Beseitigung einer Verunreinigung darstelle. Die Zuordnung derartiger Mäharbeiten zur Straßenreinigung laufe im Ergebnis auf eine allgemeine Verpflichtung des Straßenanliegers zur Herstellung und Erhaltung eines bestimmten ästhetischen Ansprüchen genügenden Straßen- und Straßenrandbildes dar, die in dem im einschlägigen Landesrecht verwendeten Gesetzesbegriff der Straßenreinigung keine ausreichende Grundlage finde. Um auf einem Grün- oder Straßenrandstreifen zu verrichtende Mäharbeiten geht es in § 1 Abs. 1 StR-VO ersichtlich nicht. Dies ergibt sich auch aus § 1 Abs. 1 Satz 2 StR-VO, welcher sich zur Reinigung des Straßenbegleitgrüns verhält und bestimmt, dass dieses nur von Abfall zu reinigen sei (vgl. auch § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Straßenreinigungssatzung der Beklagten).

Ob bei der konkreten Heranziehung des Klägers zur Gehwegreinigung durch den Bescheid vom 12. Juli 2011 die Grenzen des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 1 Satz 1 StR-VO überschritten worden sein könnten, bedarf - wie dargelegt - im Streit über die Kosten nach durchgeführter Ersatzvornahme keiner abschließenden Beurteilung mehr. Die Beurteilung würde eine nähere Betrachtung der örtlichen Situation erfordern, die anhand der zu den Akten gereichten Fotodokumentationen nicht eindeutig nachvollzogen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Der Wert des Streitgegenstands für das Berufungsverfahren wird auf 174,25 EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).