Amtsgericht Hannover
Urt. v. 30.05.2003, Az.: 520 C 11847/02

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
30.05.2003
Aktenzeichen
520 C 11847/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 40955
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2003:0530.520C11847.02.0A

Fundstelle

  • RRa 2003, 239 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

...

wegen Reisepreisminderung ...

hat das Amtsgericht Hannover Abt. 520

im schriftlichen Verfahren gem. § 495a ZPO auf die bis zum 11.12.2002 eingegangenen Schriftsätze

durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

2

Die Klage ist unbegründet.

3

Der Kläger kann von der Beklagten wegen Mängeln der für sich und seine Ehefrau für die Zeit vom 24.05. bis 07.06.2001 gebuchten Flugpauschalreise nicht eine Reisepreisminderung in Höhe von 218,63 Euro und auch nicht Schadenersatz wegen entgangenen Urlaubsgenusses in Höhe von ebenfalls 218,63 Euro verlangen.

4

Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Nach dem im vorliegenden Fall anzuwendenden § 651g Abs. 2 BGB a.F. verjähren Ansprüche des Reisenden in sechs Monaten. Die ab dem 08.06.2001 laufende Verjährungsfrist ist durch den am 15.10.2001 beantragten und am 08.11.2001 der Beklagten zugestellten Mahnbescheid des Amtsgericht Hagen rechtzeitig gemäß § 213 BGB a.F. unterbrochen worden, ohne dass es auf die durch Anspruchstellung des Klägers mit Schreiben vom 13.08.2001 bewirkte Hemmung der Verjährungsfrist ankommt.

5

Gemäß §§ 213, 212a Satz 2. 211 Abs. 2 BGB a.F. endet die Unterbrechung mit der letzten Prozesshandlung der Parteien oder des Gerichts, wenn das Verfahren nicht weiter betrieben wird. Nach Beendigung der Unterbrechung beginnt die Verjährung neu und wird dadurch unterbrochen, dass eine der Parteien den Prozess weiter betreibt. Vorliegend ist am 12.11.2001 bei dem Amtsgericht in Hagen der Widerspruch der Beklagten gegen den Mahnbescheid eingegangen. Dieses hat das Amtsgericht Hagen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13.11.2001 mitgeteilt und die Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens angefordert. Am 13.12.2001 ist bei dem Amtsgericht Hagen der Schriftsatz des Klägers vom 10.12.2001 eingegangen, mit welchem per Stempelaufdruck die angeforderten Gerichtskosten eingezahlt und die Abgabe des Verfahrens an das zuständige Amtsgericht Hannover beantragt wurde. Mit Verfügung vom 14.12.2001 forderte das Amtsgericht Hagen restliche Gerichtskosten bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers an. Am selben Tag sperrte der Rechtspfleger das Verfahren.

6

Die Sperre wurde am 09.01.2002 wieder aufgehoben, nachdem klägerseits mit am 31.12.2001 eingegangenen Schriftsatz vom 27.12.2001 die restlichen Gerichtskosten per Stempelaufdruck eingezahlt waren.

7

Es dauerte offensichtlich bis zum 31. Juli 2002, bevor der Schriftsatz des Klägers vom 27.12.2001 zur Akte gelangte. Ausweislich der Verfügung vom 31.07.2002 befand sich der Schriftsatz auf der Zentralgeschäftsstelle und wurde sodann dem Rechtspfleger zwecks Abgabe vorgelegt. Die Mahnakte ist am 08.08.2002 bei dem Amtsgericht Hannover eingegangen. Mit Verfügung vom 14.08.2002, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 23.08.2002, wurde der Kläger zur Anspruchsbegründung aufgefordert. Die Anspruchsbegründung vom 05.09.2002 ist per Fax am 06.09.2002 eingegangen.

8

Dem Kläger kann nicht angelastet werden, dass der am 31.12.2001 eingegangene Schriftsatz vom 27.12.2001 bei dem Amtsgericht Hagen erst am 31.07.2002 zur Akte gelangt ist. Eine mehr als 6-monatige Unterbrechung des Verfahrens infolge Nichtbetreibens durch den Kläger lag nicht vor.

9

Die von dem Kläger vorgetragenen Mängel rechtfertigen jedoch in der Sache nicht eine Reisepreisminderung gemäß § 651d Abs. 1 BGB für die gesamte Urlaubszeit. Schon nach dem Vorbringen des Klägers betrafen Mängel lediglich den Hin- und Rückflug. Im Übrigen beanstandet der Kläger die Leistung der Beklagten nicht, wie sich aus seinem Anspruchsschreiben vom 13.08.2001 ergibt, wo er das gebuchte Hotel ... als empfehlenswertes Haus bezeichnet.

10

Der Umstand, dass der Kläger während des 3-stündigen Fluges von Köln nach Milas-Bodrum in beengten Verhältnissen auf einem mittleren Sitzplatz zwischen seiner Ehefrau und einem anderen Fluggast gesessen hat, ist allenfalls eine Unannehmlichkeit, die nicht zur Reisepreisminderung berechtigt.

11

Die Bestuhlung der Chartermaschinen, die bei einer gebuchten Pauschalreise eingesetzt werden, ist grundsätzlich enger als im Linienflugverkehr. Dadurch, dass mehr Reisende transportiert werden, ist der Pauschalurlaub kostengünstiger als bei einer Anreise mit einer Linienmaschine. Dies ist allgemein bekannt, ohne dass darauf gesondert hingewiesen werden müsste. Der Kläger konnte bei der gebuchten Reise für den Hin- und Rückflug Verhältnisse wie im Linienflugverkehr nicht erwarten.

12

Die für den Flug eingesetzte Boing 737 wird nach Kenntnis des Gerichts durchaus bei Flügen zu mitteleuropäischen Urlaubsgebieten eingesetzt. Auch die Bestuhlung mit 148 Sitzplätzen lässt einen Reisemangel nicht erkennen. Die Maschine war in dieser Weise beim Bundesluftfahrtamt in Braunschweig zugelassen.

13

Die Probleme des Klägers, der mit einer Körpergröße von 1.85 Meter und einem Gewicht von 85 Kilogramm nicht von der Norm abweicht, ergaben sich auf dem Hinflug vor allem dadurch, dass sein Sitznachbar noch 10 cm größer war als er und der Kläger auf dem Rückflug eine korpulente Dame als Sitznachbarin hatte. Mit solchen Unannehmlichkeiten müsste der Kläger, welcher eine Sitzplatzreservierung vorgenommen hatte und sich somit den Sitzplatz selber aussuchen konnte, rechnen, wenn er für sich einen Mittelplatz in einer Reihe mit drei Sitzen wählt. Der Kläger hätte sich bei Buchung einen Sitzplatz am Mittelgang wählen können. Dann hätte er zumindest zum Gang hin etwas mehr Bewegungsfreiheit gehabt.

14

Die Beklagte hat die ihr obliegende Transportleistung mangelfrei erbracht. Die gebuchte Leistung beinhaltet nicht, dass seitens der Beklagten alkoholische Getränke auf Hin- und Rückflug kostenfrei zu stellen sind. Kostenfrei werden im Charterbereich auf den Flügen nur nichtalkoholische Getränke gereicht. Es ist gerichtsbekannt, dass alkoholische Getränke von den Reisenden stets selbst bezahlt werden müssen.

15

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, Bildschirme an Bord des Flugzeugs zu haben, dem Kläger Zeitungen oder Illustrierte zu stellen und während des Fluges Informationen über Reisestand und Flugdauer aus dem Cockpit zu liefern. Der Buchungsbestätigung der Beklagten lässt sich eine solche Verpflichtung nicht entnehmen. Auch in den Katalogen der Beklagten werden solche Leistungen nicht versprochen, was gerichtsbekannt ist.

16

Wenn auf manchen Flügen Filme gezeigt werden, Zeitungen und Illustrierte für die Reisenden zur Verfügung stehen und der Flugkapitän sich über Lautsprecher an die Reisenden wendet, verpflichtet dies die Beklagte nicht, solche Leistungen auf jedem Flug ohne entsprechende Vereinbarung zur Vertagung zu stellen.

17

Der Kläger kann von der Beklagten auch nicht die Zahlung von Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit gemäß § 651f Abs. 2 BGB verlangen. Ein solcher Anspruch setzt das Bestehen eines erheblichen Reisemangels voraus. Nach den vorstehenden Ausführungen war ein solcher Reisemangel nicht gegeben.

18

Auch der Umstand, dass auf dem Rückflug der Koffer des Klägers beschädigt wurde, er diesen zur Reparatur versenden und wieder abholen musste und dass er sich zudem als Ersatz für den beschädigten Pullover einen neuen kaufen musste sowie der Zeitaufwand von einer Stunde für die Aufnahme des Schadensfalles berechtigt den Kläger nicht zur Geltendmachung von Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit.

19

Der materielle Schaden des Klägers durch die Beschädigung des Koffers und des Pullovers auf dem Rückflug ist nach Angaben des Klägers reguliert. Die von dem Kläger zur Schadensregulierung aufgewendete Zeit stellt keinen ersatzfähigen Schaden dar. Der Urlaubsgenuss wurde im Übrigen auch nicht durch den bei Rückkehr eingetretenen Schadensfall beeinträchtigt.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

21

Die vorläufige Vollstreckbarkeit regelt sich nach § 713 ZPO.

22

Die Berufung wird nicht zugelassen.