Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 02.10.2003, Az.: 71 II 238/03
Beurteilung der Gültigkeit des Beschlusses einer Wohnungseigentümerversammlung; Pflichten von Wohnungseigentümern; Kosten für Allgemeinstrom als Kosten des Gemeinschaftseigentums
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 02.10.2003
- Aktenzeichen
- 71 II 238/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32006
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2003:1002.71II238.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 10 WEG
- § 16 Abs. 2 WEG
Fundstelle
- ZMR 2004, 945-946 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Beschlussanfechtungen
In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Hannover, Abt. f. Wohnungseigentumssachen,
im schriftlichen Verfahren
auf die mündliche Verhandlung vom 30.09.2003
durch
den Richter am Amtsgericht Dr. Löffler
beschlossen:
Tenor:
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist als Eigentümer der Wohnung Nr. 1 des Hause Georg-Büchner-Str. 21 Mitglied der eingangs erwähnten Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese besteht aus 55 Sondereigentumseinheiten, davon sind 35 Wohnungseigentumseinheiten und 20 Teileigentumseinheiten (Garagen). Eine solche Garage steht nicht im Sondereigentum des Antragstellers.
In der Eigentümerversammlung vom 03.06.2003 wurden unter anderem folgende Beschlüsse gefasst (vgl. wegen der Einzelheiten das Versammlungsprotokoll, Bl. 12 ff. d.A.): Zu TOP 3 Genehmigung des Wirtschaftsplans 2003 (Bl. 19 d.A.), zu TOP 5 Ablehnung der Anträge des Antragstellers, insbesondere des Antrages, dass die Kosten für die Beleuchtung von Garagenzufahrt und Hof von den Wohnungseigentümer zu zahlen sind und hierfür schnellstmöglich ein separater Stromzähler anzubringen ist, sowie dass die Kosten für die Flächenversiegelung für die Garagen, den Garagenhof und die Garagenzufahrt von den Garageneigentümern zu zahlen sind.
Der Antragsteller wendet sich hinsichtlich des Wirtschaftsplans 2003 gegen die Positionen "Strom allgemein" und "Zuweisung Rücklage" und meint, insoweit hinsichtlich der auf die Garagen entfallenden Kosten zu Unrecht belastet zu werden, weil der Teilungserklärung der Grundsatz der Kostentrennung zwischen Wohnungs- und Teileigentum zu entnehmen sei. Insbesondere § 16 b Abs. 2 der Teilungserklärung (Bl. 24 d.A.) sei eine solche Trennung zu entnehmen soweit es dort heißt, soweit für Teileigentumsanteile Zwischenzähler und Einrichtungen u.s.w. vorhanden sind, die eine separate Abrechung der Betriebskosten u. s. w. ermöglichen, werden diese Kosten gesondert abgerechnet. Der Antragsteller ist der Auffassung, dies gelte für alle Kostenarten, mithin auch für die Instandhaltungskosten bzw. die Instandhaltungsrücklage. Aufgrund der Regelung der Teilungserklärung könne er auch den Einbau eines Stromzählers beanspruchen, der eine separate Abrechnung der auf die Garagenanlage entfallende Stromkosten ermögliche, wobei es hier allein um die Stromkosten der Garagenzufahrt und des Garagenhofes geht (vgl. zu den Örtlichkeiten die im Verhandlungstermin zur Akte gereichten Planzeichnung). Das Gleiche gelte auch für die Flächenversiegelung.
Nach Vorlage des Versammlungsprotokolls und Konkretisierung beantragt der Antragsteller
- 1.
den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.06.2003 zu TOP 3 für ungültig zu erklären, soweit der Wirtschaftsplan 2003 die Kostenpositionen "406 Strom allgemein" und "451 Zuweisung Rücklage" aufweist,
- 2.
den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.06.2003 zu TOP 5 für erledigt erklären, soweit folgende Beschlussanträge des Antragstellers mehrheitlich abgelehnt wurden: Die Eigentümerversammlung soll beschließen, dass die Kosten für die Beleuchtung von Garagenzufahrt und Hof, von den Garageneigentümern zu zahlen ist, Dafür ist schnellstmöglich ein separater Stromzähler anzubringen.
Die Eigentümerversammlung soll beschließen, dass die Kosten für die Flächenverwiegelung für die Garagen, den Garagenhof und die Garagenzufahrt von den Garageneigentümern zu zahlen ist.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie verweisen darauf, dass ein separater Stromzähler nicht vorhanden sei, so dass die begehrte Abrechnung Strom für den Garagenhof nicht möglich sei. Im Übrigen seien gem. § 10 d. Teilungserklärung Betriebskosten von den Wohnungseigentümern gemeinsam zu tragen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt, das Verhandlungsprotokoll vom 30.09.2003 sowie dessen Anlagen verwiesen.
II.
Die gem. §§ 43 Abs. 1 Ziff. 4 WEG zulässigen Anträge sind unbegründet.
Weder war der Genehmigungsbeschluss des Wirtschaftsplans 2003 für ungültig zu erklären, noch die angefochtenen ablehnenden Beschlüsse, da sich aus der Teilungserklärung nicht der Grundsatz herleiten lässt, dass in der hier betreffenden Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten für das Wohnungs- und Teileigentum getrennt zu berechnen sind. Vielmehr gilt der Grundsatz des §16 Abs. 2 WEG.
Gem. § 16 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Da es sich insoweit um eine dispositive Vorschrift handelt, kann von dieser Vorschrift abgewichen werden, was in § 10 b der Teilungserklärung auch insoweit geschehen ist, dass teilweise die Kosten nicht anteilsmäßig, sondern gem. Fläche zu verteilen sind. Eine darüber hinausgehende Trennung der gemeinschaftlichen Kosten für Wohnungs- und Teileigentum ergibt sich jedoch aus der Teilungserklärung nicht.
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei den angefochtenen Kostenpositionen, insbesondere den Kosten für den Allgemeinstrom, um Kosten handelt, die das Gemeinschaftseigentum betreffen. Auch ist im § 10 b Abs. 2 der Teilungserklärung vom reinen Wortlaut her ausdrücklich geregelt, dass eine separate Abrechnung nur in Betracht kommt, soweit Zwischenzähler vorhanden sind. Dies ist jedoch unstreitig nicht der Fall. Darüber hinaus kann der Regelung der Teilungserklärung auch durch Auslegung nicht der Grundsatz einer Kostentrennung entnommen werden.
Spätestens seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.09.2000 (vgl. NJW 2000, S. 3500 ff.) ist (erneut) klargestellt, dass im Hinblick auf § 10 WEG vornehmlich das Vertragsprinzip gilt. Dies wird insbesondere damit begründet, dass die Wohnungseigentümer nach Erwerb des Sonder- bzw. Teileigentums auch zukünftig darauf vertrauen können müssen, dass die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen weiterhin Bestand haben. Wie bereits erwähnt, sieht § 10 b der Teilungserklärung, abgesehen von dem Fall, dass bereits Zwischenzähler und Einrichtungen u. s. w. vorhanden sind, keine Kostentrennung vor, so dass die (übrigen) Eigentümer darauf vertrauen können, dass die gesetzliche Regelung gilt, d. h. also keine Kostentrennung stattfindet. Dieser Vertrauensgrundsatz hat auch nach Auffassung der genannten Rechtsprechung Vorrang vor als ungerecht empfundenen Kostenverteilungen, die insbesondere darauf basieren - wie hier -, dass Kosten für nicht nutzbare bzw. nicht genutzte Flächen mitbezahlt werden. Dies war allen Eigentümern bei Erwerb der Wohnung bekannt bzw. hätte ihm im Hinblick auf die Teilungserklärung klar sein müssen. Ausnahmsweise ergibt sich ein Anspruch auf Änderung der Kostenverteilung, allerdings nur im Falle einer groben Unbilligkeit (vgl. hierzu Bärmann/Pick/Merle WEG, 8. Aufl. § 42 ff.). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch ersichtlich nicht vor angesichts der verhältnismäßig geringen Mehrbelastung des Antragstellers.
Das Gleiche gilt auch hinsichtlich der Instandhaltungsrücklage. Da auch insoweit sich keine Kostentrennung aus der Teilungserklärung entnehmen lässt, gilt der Grundsatz des § 16 Abs. 2 WEG. Insoweit ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch im Sondereigentum stehende Garagen unabhängig von dem Nutzungsrecht einzelner Eigentümer mit Ausnahme des seinem Rauminhaltes im Wesentlichen dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen sind, jedenfalls was ihre Wände, Böden und Decken betrifft.
In Konsequenz aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Antragsteller auch keinen Anspruch darauf hat, dass im Hinblick auf TOP 5 die Kosten für Garagenzufahrt und Hof lediglich von den Garageneigentümern zu tragen sind. Insoweit ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass letztendlich vom Antragsteller die Änderung der Kostenverteilung begehrt wird. Wie bereits dargestellt, bedarf es hierbei einer groben Unbilligkeit, die nicht vorliegt. Jedenfalls ist das Prinzip der Kostentrennung zwischen Wohnungs- und Teileigentum der Teilungserklärung nicht zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG.
Danach hat gemäß der Billigkeit der unterlegene Antragsteller die Gerichtskosten zu tragen. Im Übrigen bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt gem. § 48 Abs. 3 WEG i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO (Regelgeschäftswert), da dem Verfahren auch bei Anfechtung mehrer Beschlüsse ein gemeinsames (Rechts) Problem zu Grunde lag.