Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 28.01.2003, Az.: 71 II 407/02
Wirksamkeit des Beschlusses einer Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich des aufgestellten Wirtschaftsplans; Kompetenzen des Verwalters bei der Erstellung eines solchen Planes
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 28.01.2003
- Aktenzeichen
- 71 II 407/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32045
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2003:0128.71II407.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs. 3 WEG
- § 28 Abs. 1 WEG
Fundstelle
- ZMR 2003, 793-794 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Beschlussanfechtung
Das Amtsgericht Hannover - Abt. für WEG-Sachen - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28.01.2003
durch
den Richter am Amtsgericht Dr. Löffler
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellern hat die Gerichtskosten zu tragen.
Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten zu 1. und 2. bilden die eingangs erwähnte Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Gemeinschaft wird seit der Versammlung vom 8.11.2002 von der Beteiligten zu 3. verwaltet. In dieser Versammlung wurde auch der ehemalige Verwalter abberufen. In dem Verfahren Amtsgericht Hannover 71 II 283/02 ist gegen diesen ein Anspruch auf Auskunft und Herausgabe anhängig gewesen; mit Beschluss vom 27.9.2002 wurde der ehemalige Verwalter antragsgemäß verpflichtet. Bislang hat er jedoch seine Verpflichtungen nicht erfüllt.
In der Eigentümerversammlung vom 17.10.2002 wurden zu TOP 6 A und B mehrheitlich der Wirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne für 2002 genehmigt; wegen der Einzelheiten wird auf das Versammlungsprotokoll (Bl. 4 f.d.A.) verwiesen.
Die Antragstellerin wendet sich gegen diesen Beschluss und meint, die Gesamtzuführung zur Instandsetzungsrücklage in Höhe von 20.000,- EUR (Bl. 9 d.A.) sei überhöht. Hierzu behauptet sie zum einen, dass derzeit kein Instandsetzungsbedarf bestehe, zum anderen dass bezogen auf ihr Sondereigentum 10,2 EUR bzw. 10,49 EUR pro Quadratmeter unangemessen hoch seien. Schließlich existiere bereits eine Umlage von annähernd 83.000,- DM, wie sich aufgrund der Auskunft des ehemaligen Verwalters (Bl. 18 d.A.) ergebe sowie angesichts TOP 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 25.2.1999, wonach die jährliche Rücklage auf 30.000,- DM erhöht worden sei (Bl. 19 d.A.).
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.10.2002 zu TOP 6 A und B für ungültig zu erklären.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie bestreiten, dass kein Instandsetzungsbedarf besteht und halten den entsprechenden Vortrag der Antragstellerin im Übrigen für unsubstantiiert. Das Gleiche gelte für den Einwand, dass die Umlage unangemessen sei. Eine Rücklage von ca. 83.000,- DM sei nicht bekannt, der ehemalige Verwalter habe seine Auskunftspflichten bislang auch nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der gemäß § 43 Abs. 1 Ziff. 4 WEG zulässige Antrag ist unbegründet.
Der Beschluss zu TOP 6 A und B, mit dem Instandhaltungsrücklage auf jährlich 20.000,- EUR festgesetzt worden ist, war nicht für ungültig zu erklären, weil er nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 WEG widerspricht.
Der gemäß § 28 Abs. 1 WEG vom Verwalter aufzustellende Wirtschaftsplan ist zwar möglichst vollständig und richtig aufzustellen, im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung sieht jedoch § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Ziff. 5 WEG ein billiges Ermessen vor, weshalb dem Verwalter bei Aufstellung des Wirtschaftsplans der notwendige Spielraum gewährt wird; deshalb ist eine großzügige Schätzung vor allem auf der Ausgabenseite zulässig (Bärmann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 8. Auflage, § 28 Rn. 17 m.w.N.). Grenze ist der Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung, gegen den ein Wirtschaftsplan u.a. dann verstößt, wenn er wesentlich überhöhte Vorschusszahlungen bewirkt. Diese Voraussetzungen liegen hier hinsichtlich der Instandhaltungsrücklage nicht vor.
Zum einen ist bereits nach dem Antrag der Antragstellerin nicht ersichtlich, dass tatsächlich über die nächsten Jahre keinerlei Instandhaltungsmaßnahmen anstehen. Daran ändert auch nichts, dass auf der einen Seite Instandhaltungsmaßnahmen, hier an den Wasserleitungen, durchgeführt wurden. Zum anderen spricht gegen die Rücklage auch nicht das behauptete Vorhandensein einer Rücklage von etwa 83.000,-- DM. Zwar ergeben sich aus der Auskunft des Verwalters in seinem Schreiben und aus dem Inhalt des Protokolls vom 25.2.1999 Anhaltspunkte, dass eine annähernd hohe Rücklage vorhanden ist, jedoch ist dies zurzeit lediglich eine Annahme, die noch nicht nachgewiesen ist, da der ehemalige Verwalter die erforderlichen Auskünfte (noch) nicht erteilt hat trotz entsprechender gerichtlicher Verpflichtung in dem Verfahren 7111 283/02. Gemäß § 27 Abs. 1 Ziff. 2 WEG ist der Verwalter verpflichtet, die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Er hat also auch für die erforderliche Rücklage zu sorgen, die in den jeweiligen Wirtschaftsplan einzustellen ist. Die ordnungsgemäße Verwaltung verlangt es vom Verwalter jedoch davon auszugehen, was objektiven Erkenntnissen unterliegt und nicht subjektiven Annahmen. Deshalb ergab sich für die Verwalterin die Pflicht, sich nicht lediglich von der Annahme einer möglichen Instandhaltungsrücklage leiten zu lassen, sondern im Interesse der Gemeinschaft von dem negativen Fall auszugehen, dass eine solche Rücklage möglicherweise nicht existiert. Deshalb war sie gehalten, für die Neueinlage einer Rücklage gemäß § 21 Abs. 5 Ziff. 4 WEG zu sorgen. Das bedeutet, dass es gemäß dem derzeitigen Erkenntnisstand des Verfahrens sogar den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprochen hätte, nicht für eine solche Rücklage im aktuellen Wirtschaftsplan zu sorgen. Für den Fall, dass sich tatsächlich herausstellen sollte, dass bereits eine Rücklage besteht, werden hierdurch die Eigentümer nicht unverhältnismäßig belastet, weil dann in Zukunft die Zahlungen zur Rücklage deutlich reduziert werden könnten. Schließlich bestehen auch vor diesem Hintergrund keine Bedenken gegen die Höhe der geltend gemachten Rücklage. Ein Betrag von 430,- EUR bezogen auf das Sondereigentum Nr. 19 der Antragstellerin benachteiligt diese nicht unangemessen. Eine Umlage von 5,- EUR pro Quadratmeter würde umgerechnet lediglich zu einer Gesamtumlage von 10.000,- EUR führen. Gemäß dem Inhalt des Protokolls vom 25.2.1999 ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Betrag zu gering sein dürfte, zumal bereits im Jahr 1999 eine Umlage von ca. 15.000,-- EUR von den Wohnungseigentümern für erforderlich gehalten wurde.
Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 47 WEG. Danach hat die unterlegene Antragstellerin die Gerichtskosten zu tragen. Im Übrigen bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, da die Rechtsverfolgung der Antragstellerin nicht evident unbegründet war.
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt gemäß § 48 Abs. 3 WEG i.V.m. § 30 abs. 2 Kostenordnung (Regelgeschäftswert), da zum einen zwar vom Gesamtinteresse der Beteiligten auszugehen ist, andererseits eine Annahme des Geschäftswerts in Höhe der Gesamtrücklage von 20.000,- EUR dem Wesen des Verfahrens nicht gerecht werden würde.
Richter am Amtsgericht