Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 05.06.2003, Az.: 71 II 154/03
Entlastung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft; Pflichtverletzung des Verwalters
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 05.06.2003
- Aktenzeichen
- 71 II 154/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32009
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2003:0605.71II154.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs. 3 WEG
- § 23 Abs. 4 S. 2 WEG
- § 43 Abs. 1 Ziff. 4 WEG
- § 30 Abs. 2 KostO
Fundstelle
- ZMR 2004, 947-948 (Volltext mit red. LS)
Das Amtsgericht Hannover - Abt. für WEG-Sachen - hat
durch
den Richter am Amtsgericht Dr. Löffler
im schriftlichen Verfahren
am 5.6.2003
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten zu tragen, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Mitglied der eingangs erwähnten Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der Beteiligten zu 3. verwaltet wird.
In der Eigentümerversammlung vom 2.4.2003 wurde mit dem Beschluss zu TOP 3 c der Verwalterin Entlastung für ihre Tätigkeit im Jahre 2002 erteilt (Bl. 10 d.A.). Gegen diesen Beschluss richtet sich der Antragsteller.
Er verweist darauf, dass im Falle der Verwalterentlastung sich weit reichende Rechtsverluste für die Gemeinschaft ergeben könnten, trotzdem in der Praxis solche Beschlüsse im Allgemeinen "abgehakt" würden. Die Verwalterin habe auch keinen Anspruch auf die Entlastung nach den allgemeinen Grundsätzen gehabt. Deshalb widerspreche der Beschluss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, weil dieser Beschluss ausschließlich Nachteile für die Eigentümergemeinschaft bedeute im Gegensatz zu den Interessen der Mitglieder der Gemeinschaft. Entgegen früherer Rechtssprechung käme es für die Unwirksamkeit des Entlastungsbeschlusses auf Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Verwalters nicht an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Antragschrift Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
den in der Eigentümerversammlung vom 2.4.2003 zum Tagesordnungspunkt 3 c (Entlastung des Verwalters) gefassten Beschluss für ungültig zu erklären.
Die Antragsgegner haben auf eine Stellungnahme hierzu verzichtet.
II.
Der gem. § 43 Abs. 1 Ziff. 4 WEG zulässige Antrag ist unbegründet.
Der Entlastungsbeschluss vom 2.4.2003 zu TOP 3 c war nicht für ungültig zu erklären, weil er nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gem. § 21 Abs. 3 WEG widerspricht. Entgegen der Auffassung des Antragstellers fehlt es insoweit an einer erforderlichen Pflichtverletzung des Verwalters, jedenfalls an entsprechenden greifbaren Anhaltspunkten für eine solche Pflichtverletzung.
Es ist allgemein anerkannt, dass die Entlastung bzw. der entsprechende Beschluss der Eigentümer nur dann anfechtbar ist, wenn die Entlastung erfolgte trotz womöglich bestehender Ansprüche gegen den Verwalter (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Auflage, § 28 Rand Nr. 13 und § 21 Rand Nr. 72 jeweils m.w.N.). Soweit der Antragsteller auf die von ihm zitierte Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichts vom 19.12.2002 und die darin näher dargelegte im Vordringen befindliche Meinung in Rechtsprechung und Literatur verweist, kann dies nicht überzeugen. Zwar ist zutreffend, dass sich die Frage, ob ein Beschluss Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, primär danach zu bemessen hat, ob er den Interessen der Wohnungseigentümer entspricht, was bei einem Entlastungsbeschluss mit Verzichtswirkung zweifelhaft erscheinen könnte, weil dieser Verzicht ohne Gegenleistung geschieht und grundsätzlich allein dem Interesse des Verwalters dient. Jedoch dient der Entlastungsbeschluss insoweit den Interessen der Wohnungseigentümer, als über den Verzicht Rechtssicherheit für den Bereich der Verwaltung insoweit hergestellt wird, als der entsprechende Entlastungsbeschluss nicht fristgemäß angefochten wird. Innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG steht es jedem Eigentümer frei, insbesondere bei Unrichtigkeiten der Abrechnungen, des Wirtschaftsplans etc. den Entlastungsbeschluss anzufechten. Über diese Beschlussanfechtung ist genügend Rechtsschutz gewährt. Hierzu sind allerdings auch zumutbar die Eigentümer insoweit in die Pflicht genommen, als sie sich zu bemühen haben, rechtzeitig zu klären, ob sie eventuelle Ansprüche geltend machen, wobei solche in der Regel bestehen könnten auf Grund unrichtiger Jahresabrechnungen. Sobald Jahresabrechnungen jedoch genehmigt sind, muss dies zugleich auch Entlastungsfunktion insoweit zu Gunsten des Verwalters haben. Das Gleiche gilt für beschlossene Wirtschaftspläne.
Eine wirkliche unbillige Belastung der Eigentümer ist durch die Verwalterentlastung nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt gem. § 47 WEG. Danach hat der unterlegene Antragsteller die Gerichtskosten zu tragen.
Im Übrigen bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert wird auf 3.000,- Euro festgesetzt.
Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt gem. § 48 Abs. 3 WEG i.V.m. § 30 Abs. 2 Kostenordnung (Regelgeschäftswert).