Amtsgericht Hannover
Urt. v. 28.10.2003, Az.: 605 F 2236/03 S

Scheidung einer deutsch-afghanischen Ehe wegen Begründung einer unzumutbaren Härte hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Ehe; Scheitern einer Ehe bei dringendem Verdacht der Tötung der Eltern eines Ehegatten durch den anderen; Anspruch auf Versorgungsausgleich bei nur kurzer Zeit des gemeinsamen Zusammenlebens

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
28.10.2003
Aktenzeichen
605 F 2236/03 S
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 33646
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2003:1028.605F2236.03S.0A

Fundstelle

  • FamRZ 2004, 630-631 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Ehescheidung

In der Ehesache hat das Amtsgericht Hannover - Familiengericht -
auf die mündliche Verhandlung vom 28.10.2003
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Die am 24. Oktober 2002 vor dem Standesbeamten des Standesamts in Hannover (Heiratsregister Nummer 2020) geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

  2. II.

    Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

  3. III.

    Die Gerichtskosten tragen die Parteien je zur Hälfte. Jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

1

I.

Scheidung

2

Tatbestand

3

Der Ehemann ist Angehöriger des Staates Afghanistan. Die Ehefrau ist deutsche Staatsangehörige.

4

Die Eheleute hatten während der Ehe keine gemeinsame ausländische Staatsangehörigkeit.

5

Beide Eheleute hatten im Zeitpunkt der Klageerhebung ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland.

6

Sie haben am 24.Oktober 2002 geheiratet. Sie leben noch kein Jahr getrennt.

7

Der Ehemann befindet sich wegen des Vorwurfs, die Eltern der Ehefrau getötet zu haben, in Untersuchungshaft.

8

Die Ehefrau ist nicht bereit, die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherzustellen. Sie ist der Auffassung, dass bereits der begründete Verdacht, der Ehemann habe ihre Eltern getötet, eine unzumutbare Härte hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Ehe darstellen würde.

9

Die Ehefrau beantragt,

die Ehe zu scheiden.

10

Der Ehemann beantragt zunächst,

den Scheidungsantrag abzuweisen.

11

In der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2003 hält er den Antrag nicht weiter aufrecht und stimmt dem Scheidungsantrag zu.

12

Der Ehemann bestreitet, seine Schwiegereltern getötet zu haben.

13

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

14

Entscheidungsgründe

15

Das angerufene Gericht ist gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nummer 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten international zuständig.

16

Gemäß Artikel 17 Absatz 1, Artikel 14 Absatz 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist deutsches Scheidungsrecht anzuwenden.

17

Die Ehe der Parteien war gemäß Paragraphen 1564,1565 Absatz 1,1565 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch zu scheiden, weil sie gescheitert ist, und weil die Fortsetzung der Ehe für den die Ehescheidung beantragenden Ehegatten aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.

18

Das ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts auf Grund des hinreichenden Tatverdachts, dass der Ehemann die Eltern der Ehefrau getötet hat. Denn der Antragsgegner befindet sich wegen dieses Vorwurfs in Untersuchungshaft. Zwar gilt insoweit die Unschuldsvermutung. Gleichwohl ist es der Ehefrau allein wegen des Erscheinungsbildes in der Öffentlichkeit nicht länger zumutbar, mit dem unter diesem Tötungsverdacht stehenden Ehemann durch das Band der Ehe verbunden zu sein.

19

II.

Versorgungsausgleich

20

Gründe

21

Gemäß Artikel 17 Absatz 3 Satz 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Verbindung mit Artikel 17 Absatz 1 Satz 1, Artikel 14 Absatz 1 Nummer 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist deutsches Versorgungsausgleichsrecht anzuwenden.

22

Im Regelfall hat gemäß Paragraph 1587 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ein Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften zu erfolgen.

23

Im vorliegenden Fall findet jedoch ausnahmsweise gemäß Paragraph 1587c Bürgerliches Gesetzbuch kein Ausgleich der Versorgungsanwartschaften statt.

24

Denn die Eheleute haben während der gesamten Ehezeit nur wenige Monate zusammen gelebt.

25

Beide Eheleute sind mit einem Ausschluß des Versorgungsausgleichs einverstanden.

26

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf Paragraph 93a Zivilprozessordnung.