Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 07.10.2003, Az.: 71 II 218/03
Einstimmiger Beschluss baulicher Änderungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 07.10.2003
- Aktenzeichen
- 71 II 218/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32010
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2003:1007.71II218.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 14 WEG
- § 22 Abs. 1 S. 1 WEG
- § 43 Abs. 1 Ziff. 4 WEG
Verfahrensgegenstand
Beschlussanfechtung
Das Amtsgericht Hannover - Abteilung für Wohnungseigentumssachen - hat
durch
den Richter am Amtsgericht Dr. Löffler
auf die mündliche Verhandlung vom 07. Oktober 2003
im schriftlichen Verfahren
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu tragen.
Der Geschäftswert wird auf 26.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist zusammen mit Herrn Dieter Euscher anteilige Miteigentümerin einer Eigentumswohnung in der eingangs erwähnten Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese steht hinsichtlich der zusammenhängenden Grundstücksflächen in einer Nutzungsgemeinschaft mit den Wohnungseigentümergemeinschaften Im Langen Feld 1 bis 8 und der Gemeinschaft Im Langen Feld 31 bis 48. Wegen der Einzelheiten der Örtlichkeiten wird auf die Skizze (Blatt 83 d.A.) Bezug genommen. Auf dieser Skizze sind auch die bisherigen Müllcontainerstandorte verzeichnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Fotos (Blatt 136 d.A.) verwiesen.
Bereits in der Eigentümerversammlung vom 22.05.1984 war unter TOP 4 (Blatt 97 f d.A.) Gegenstand die Entfernung der Müllboxen aus dem Innenbereich der Häuser. Lediglich die Eigentümergemeinschaft Im Langen Feld 31 bis 48 hat einen entsprechenden Beschluss abgelehnt. In Ergänzung dieser Beschlussfassung wurde in der Versammlung vom 12.05.2003 zu TOP 8 die Entfernung aller vorhandenen Müllboxanlagen und die Schaffung neue Containerstandplätze beschlossen (Blatt 57 d.A.). Zu TOP 9 wurde ebenfalls mehrheitlich beschlossen, die Teppichklopfstange im Bereich der Gebäudestirnseite Im Langen Feld 9 zu entfernen und die Fläche als Pflanzfläche herzurichten, wobei die Teppichklopfstange im Bereich der Gebäudestirnseite Im Langen Feld 18 zunächst noch verbleiben soll.
Die Antragstellerin wendet sich gegen diese Beschlüsse und meint, es handele sich jeweils um bauliche Veränderungen, die einstimmig hätten beschlossen werden müssen. Eine Beeinträchtigung sieht sie sowohl in der Kostenbelastung und aufgrund Geruchsbelästigungen durch den neuen Müllcontainerstandplatz sowie die Beeinträchtigung der Wohnlichkeit des Umfeldes aufgrund Beseitigung der Bäume an dem Ort, wo die neuen Müllplätze eingerichtet werden sollen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.05.2003 zu TOP 8 und 9 für ungültig zu erklären.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie sehen keine Beeinträchtigung der Antragsstellerin und verweisen im Übrigen auf die Bestandskraft des Grundsatzbeschlusses aus 1984.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den gesamten Akteninhalt sowie das Verhandlungsprotokoll vom 07.10.2003 verwiesen.
II.
Der gemäß § 43 Abs. 1 Ziff. 4 WEG zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Beschlüsse zu TOP 8 und 9 der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.05.2003 waren nicht für ungültig zu erklären, weil sie nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen. Zwar handelt es sich bei den beschlossenen Maßnahmen um bauliche Veränderungen, jedoch bedurfte es hierfür nicht der Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung.
1.
Grundsätzlich reicht für Beschlüsse, die der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer unterfallen, die einfache Stimmenmehrheit. Anders ist dies bei baulichen Veränderungen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG. Voraussetzung für die erforderliche Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung ist allerdings gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG, dass eine Beeinträchtigung gemäß § 14 WEG vorliegt. Ob die Verlegung von Müllboxen zu einer Beeinträchtigung des optischen Gesamtbildes oder zu Geruchsimmissionen führt, ist eine Frage des Einzelfalls (Bämann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 8. Auflage, § 22 Rdnr. 181 m.w.N.). Eine solche Beeinträchtigung ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Maßnahme modernisierender Instandsetzung, die mehrheitlich beschlossen werden konnte.
Zunächst ist festzustellen, dass eine Beeinträchtigung gemäß § 14 WEG nicht die Kostenbelastung der Antragsgegnerin sein kann, sondern § 14 WEG umfasst nur solche Umstände, durch die den Wohnungseigentümern einer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.
Dies ergibt sich auch nicht hinsichtlich der von der Antragstellerin befürchteten Geruchsbelästigung. Unabhängig davon, dass der Vortrag der Antragstellerin insoweit vage gehalten ist, stehen dem die örtlichen Begebenheiten entgegen. Unbestritten sollen die neuen Müllcontainerplätze nicht als offene Anlage, sondern mit einer Umzäunung und Begrünung gebaut werden. Auch zeigt die weitere Skizze (Blatt 144 d.A.), dass sich der geplante eine neue Containerplatz nicht in unmittelbarer Nähe der Wohnung der Antragstellerin befindet, sondern über 10 m entfernt. Auch insoweit ist der Vortrag der Antragstellerin unsubstantiiert, wenn von einem Abstand von etwa 10 m die Rede ist, wohingegen die Antragsgegner eine Entfernung von 20 m mit Hinweis auf die beigelegte Skizze nachvollziehbar vorgetragen haben.
Die Abholzung der Bäume für den neuen Müllcontainerplatz stellt ebenfalls keine wirkliche Beeinträchtigung der Antragstellerin dar. Sie verändert nicht im erheblichem Maße negativ das Erscheinungsbild der Wohnungseigentümeranlage. Unbestritten handelt es sich laut Vortrag der Antragsgegner um lediglich 3 Bäume, die im Übrigen ineinander verwachsen sind. Im Gegenteil zeigen die Fotos der geplanten neuen Müllplätze (Blatt 125 f d.A.) sogar eine optisch-ästhetische Verbesserung. Auch technisch ergibt sich eine Verbesserung durch die neue Containeranlage, sodass auch die Zweifel der Antragstellerin an deren Erforderlichkeit nicht überzeugen können
2.
Auch der Beschluss zur Beseitigung der Teppichklopfstange an der Stirnseite des Hauses Im Langen Feld 9 bedurfte nicht der Einstimmigkeit, weil es auch insoweit an einer erforderlichen Beeinträchtigung gemäß § 14 WEG fehlt. Ausweislich der Beschlussfassung soll die Teppichklopfstange im Bereich der Gebäudestirnseite Im Langen Feld 18 erhalten bleiben. Damit besteht auch weiterhin die Möglichkeit, in unmittelbarer Nähe eine Teppichklopfstange zu nutzen, wobei es für die Antragstellerin zumutbar ist, auf diese Teppichstange in unmittelbarer Nähe zurückzugreifen.
3.
Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 47 WEG. Danach hat gemäß der Billigkeit die Antragstellerin nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu tragen, da ihr Antrag von vornherein offensichtlich unbegründet war.
4.
[s. Streitwertbeschluss}
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert wird auf 26.000,-- EUR festgesetzt.
Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt gemäß § 48 Abs. 3 WEG in Höhe der voraussichtlichen Kosten der Verlegung der Müllplätze inklusive der Beseitigung der streitgegenständlichen Teppichstange.