Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 01.10.2003, Az.: 910 IN 1075/03 - 6

Abhängigkeit der Restschuldbefreiung vom eigenen Eröffnungsantrag; Eröffnung über Vermögensmasse

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
01.10.2003
Aktenzeichen
910 IN 1075/03 - 6
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 32389
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2003:1001.910IN1075.03.6.0A

Fundstellen

  • NZI 2003, 670 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZVI 2004, 56-57 (Volltext mit red. LS)
  • ZVI (Beilage) 2004, 21-22 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Vermögen des Antragstellers

Tenor:

In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers wird das vorliegende Verfahren (Eigenantrag) zu dem bereits am 28.3.2002 eröffneten Verfahren 910 IN 177/02-6- verbunden.

Mit der Verbindung beginnt die Laufzeit der Wohlverhaltensperiode nach den §§ 286, 287 Abs. 2 S. 1 InsO.

Gründe

1

Auf Antrag einer Gläubigerin hat das Gericht im Verfahren 910 IN 177/02-6- am 28.3.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beendigung dieses Verfahrens ist derzeit nicht absehbar. Der Schuldner ist im Rahmen der Anhörung zu dem zugrunde liegenden Fremdantrag auf die Möglichkeit der Restschuldbefreiung, verbunden mit einem eigenen Insolvenzantrag hingewiesen worden. Ein weiterer Hinweis erfolgte am 3.4.2002 bei Eröffnung des Verfahrens unter gleichzeitiger Übersendung der Antragsformulare für einen Eigenantrag.

2

Der Schuldner stellte am 11.9.2003 einen Eigenantrag, verbunden mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er nicht durch §§ 287 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. 2 InsO ausgeschlossen, wobei ohnehin keine Sanktionierung einer solchen Fristversäumung erkennbar wäre. Eine Eröffnung auf Grund dieses Antrages ist jedoch nicht möglich, da das Insolvenzverfahren bereits eröffnet ist. Das eröffnete Verfahren umfasst - anders als früher das Konkursverfahren - gemäß § 35 InsO auch das während des Verfahrens erlangte Vermögen; eine weitere Eröffnung über die gleiche Vermögensmasse ist nicht zulässig.

3

Nach h.M. (vgl. die Nachweise bei Münchner Kommentar- Stephan, § 287 Rn. 13) ist die Restschuldbefreiung zwingend an einen eigenen Eröffnungsantrag geknüpft; ein isolierter Restschuldbefreiungsantrag in einem Fremdantragsverfahren wird für nicht zulässig erachtet. Dem ist insoweit zuzustimmen, als anderenfalls - nach der neuen Rechtslage des § 287 Abs. 2 S. 1 InsO - die Wohlverhaltensperiode bereits vor Stellung des Antrages auf Restschuldbefreiung zu laufen beginnen würde.

4

Allerdings hält es das Gericht weder für sachgerecht, noch für zumutbar, das für den Zeitraum eines laufenden Insolvenzverfahrens dem Schuldner die Möglichkeit genommen wird, die Restschuldbefreiung zu beantragen. Jedenfalls bei nicht massearmen Insolvenzverfahren ist eine Laufzeit bis zur Beendigung des Verfahrens von mehreren Jahren nicht selten; auch vorliegend ist derzeit nicht erkennbar, wann die Abwicklung beendet und die vorhandene Masse verteilt sein wird. Eine Eröffnung auf Grund des Eigenantrages ist damit für unbestimmte Zeit ausgeschlossen; im übrigen würde eine unmittelbar anschließende Eröffnung eines weiteren Verteilungsverfahrens nur eine sinnlose Formalie darstellen.

5

Dementsprechend kann zwar auf Grund des laufenden Insolvenzverfahrens zwar der Eigenantrag nicht zur eigenständigen Eröffnung führen; die Intentionen des Gesetzgebers bleiben jedoch gewahrt, wenn dieses Verfahren zu dem bereits eröffneten Verfahren verbunden wird. An die Stelle der Eröffnung nach §§ 286, 287 Abs. 2 S. 1 InsO tritt dabei der Verbindungsbeschluss, so dass auch mit dessen Wirksamkeit die Wohlverhaltensperiode zu laufen beginnt. Dies verkürzt weder die Interessen der Gläubiger, noch die des Schuldners.

Neubert
Richter am Amtsgericht