Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.08.2020, Az.: 7 LB 59/18
Eigensicherungspflichten; Luftsicherheitsbehörde; Luftsicherheitsprogramm
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 19.08.2020
- Aktenzeichen
- 7 LB 59/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 71949
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 12.07.2017 - AZ: 2 A 330/16
Rechtsgrundlagen
- § 9 LuftSiG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die in § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG vorgesehene Auferlegung von Eigensicherungsmaßnahmen gegenüber Luftfahrtunternehmen steht mit höherrangigem Recht in Einklang.
Diese Eigensicherungspflichten unterliegen zwar einem öffentlich-rechtlichen Regime, stellen aber keine Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dar, sondern sind Bestandteil bzw. Folge der Ausübung des Berufs eines Luftfahrtunternehmens (vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.05.2005 - 12 MS 132/05 -, juris).
Die Luftsicherheitsbehörde kann die Zulassung eines Luftsicherheitsprogramms auch nachträglich mit Auflagen versehen, § 9 Abs. 1 Satz 5, 6 LuftSiG. Sie muss dabei allerdings das ihr eingeräumte Ermessen beachten.
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten mit übereinstimmenden Erklärungen vom 10. August 2020 und 13. August 2020 dieses teilweise für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 12. Juli 2017 geändert.
Der Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 8. Februar 2016 und der Änderungsbescheid vom 9. Mai 2016 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2016 werden aufgehoben, soweit diese noch nicht durch Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 12. Juli 2017 und Teilaufhebungsbescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 30. Juli 2020 aufgehoben worden sind.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin, ein vom Luftfahrt-Bundesamt zugelassenes Luftverkehrsunternehmen, begehrt die Aufhebung mehrerer nachträglich durch das Luftfahrt-Bundesamt zu ihrem Luftsicherheitsprogramm erteilter Auflagen zum Umgang mit Passagieren, Gepäck, Fracht, Bordvorräten und dem Luftfahrtfahrzeug an verschiedenen ägyptischen Flughäfen.
Mit gleichlautenden Bescheiden vom 8. Februar 2016 erließ das Luftfahrt-Bundesamt nachträgliche Auflagen hinsichtlich des für die Klägerin zugelassenen Luftsicherheitsprogramms vom 9. Mai 2006 sowie zu den jeweiligen Luftsicherheitsprogrammen sämtlicher in Deutschland zugelassenen Luftverkehrsunternehmen mit Luftfahrzeugen über 5,7 t, nachdem in Folge des Flugzeugabsturzes eines russischen Passagierflugzeuges über der Sinai-Halbinsel im Rahmen von Evaluierungsbereisungen der Flughäfen Hurghada, Marsa Alam und Sharm el Sheikh im November 2015 Sicherheitsdefizite und Mängel bei der Kontrolle von Personen, Gepäck, Zugang und baulichen Gegebenheiten festgestellt worden waren. Aufgrund diverser Nachfragen gab das Luftfahrt-Bundesamt unter dem 17. März 2016 und dem 15. April 2016 erläuternde Hinweise zu den Auflagenbescheiden heraus. Mit Änderungsbescheid vom 9. Mai 2016 wurden die Auflagen hinsichtlich des Flughafens Sharm el Sheikh teilweise geändert. Auf den gegen diese Bescheide gerichteten Widerspruch der Klägerin erließ das Luftfahrt-Bundesamt am 6. September 2016 einen Widerspruchsbescheid, der den Bescheid vom 8. Februar 2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 9. Mai 2016 teilweise aufhob, teilweise neu fasste und im Übrigen den Widerspruch der Klägerin zurückwies. Das Luftfahrt-Bundesamt gründete den Erlass der nachträglichen Auflagen auf § 9 LuftSiG und führte dazu aus, die Auflagen dienten dazu, bestehende Sicherheitsdefizite an ägyptischen Flughäfen durch Eigensicherungsmaßnahmen der Luftfahrtunternehmen auszugleichen.
Nach Maßgabe dieses Widerspruchsbescheids stellten sich die nachträglichen Auflagen für die Klägerin wie folgt dar:
- Auflage 2: Die Identität der Passagiere ist unmittelbar vor dem Passieren der Außentüren des Luftfahrzeugs durch Abgleich der Angaben im Reisepass oder dem Personalausweis mit dem Boardingpass festzustellen.
- Auflage 3: Keine Zuladung von Gepäck, für das Bedenken bestehen. Bedenken sind angezeigt, wenn die Beaufsichtigung des kontrollierten Gepäcks nicht durchgehend gewährleistet war, die Zuordnung zu einem an Bord des Luftfahrzeugs befindlichen Passagier nicht möglich ist.
- Auflage 4: Die Übernahme von expedite/rush Gepäck anderer deutscher Luftfahrtunternehmen, die keine vom Luftfahrt-Bundesamt genehmigte Betriebsgenehmigung sowie ein Startgewicht über 5,7 Tonnen haben (vgl. Liste unter: http://ww.lba.de/SharedDocs/Downloads/DE/Formulare/B1/B11_Genehmigungen/Merkblaetter_Info/B1_LStLU.html?nn=698982) wird untersagt.
- Auflage 5: Überwachung der Verladung in das Luftfahrzeug durch eigenes oder beauftragtes qualifiziertes und geschultes Personal.
- Auflage 6, Marsa Alam, Hurghada: Beobachtung der Gepäcksverladung im Terminal und Begleitung des im Terminal verladenen und in Container verschlossenen Gepäcks durch eigenes oder beauftragtes qualifiziertes und geschultes Personal bis zur Verladung in das Luftfahrzeug.
- Auflage 7, Sharm el Sheikh: der Mittransport von aufgegebenen Gepäck wird unter der Bedingung zugelassen, dass die Abfertigung des aufgegebenen Gepäcks ausschließlich in Terminal 1 des Flughafens Sharm el Sheikh erfolgt. Die Beobachtung der Gepäckverladung im Terminal 1 und Begleitung des im Terminal 1 verladenen und in Container verschlossenen Gepäcks hat durch eigenes oder beauftragtes qualifiziertes und geschultes Personal bis zur Verladung in das Luftfahrzeug zu erfolgen.
- Auflage 8: keine Zuladung von Fracht und Post.
- Auflage 9: keine Zuladung von Bordvorräten.
- Auflage 11: Überprüfung der konkreten Zugangsberechtigung sämtlicher anderer Personen als Fluggäste, die Zugang zu der Kabine des Luftfahrzeugs haben; dies umfasst eine Überprüfung der Ausweise sowie eine Prüfung auf Plausibilität des beabsichtigten Zugangs und offensichtliche Auffälligkeit bzw. Unstimmigkeiten. Plausibilität und offensichtliche Auffälligkeiten können unter anderem den zeitlichen Ablauf, die Zusammensetzung des Personals (zum Beispiel nur eine einzelne Reinigungskraft) oder die mitgeführten Gegenstände (Werkzeug, Reinigungsmittel etc.) betreffen.
- Auflage 13 + 14: Luftfahrzeuge dürfen nur durch die Besatzungsmitglieder selbst oder durch deutsche Behördenvertreter ohne Aufsicht betreten werden. Als Behördenvertreter gelten Personen, die in Ausübung ihrer Luftsicherheits- bzw. polizeilichen Aufgaben das Erfordernis des Betretens nachweisen können. Der Zugang Dritter ist nur in Anwesenheit und unter Aufsicht von Besatzungsmitgliedern gestattet.
- Auflage 15: Luftfahrzeug-Sicherheitsdurchsuchungen sind durch eigenes qualifiziertes und geschultes Personal durchzuführen.
Die Klägerin hat am 6. Oktober 2016 Klage vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig gegen die Bescheide in Form des Widerspruchsbescheids erhoben. Zur Begründung ihrer Klage hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien nicht hinreichend begründet, eine Ermessensausübung nicht erkennbar. Auch habe es an einer erforderlichen Anhörung vor Bescheiderlass gefehlt. § 9 LuftSiG könne als Rechtsgrundlage für die angefochtenen Auflagen schon wegen Unvereinbarkeit dieser Bestimmung mit völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht herangezogen werden, auch handele es sich bei den angefochtenen Auflagen nicht um Eigensicherungsmaßnahmen der Klägerin, sondern um eine verfassungswidrig unzulässige Inanspruchnahme Privater für hoheitliche Aufgaben, weil der ägyptische Staat eine entsprechende Sicherung nicht gewährleiste. Hoheitsgewalt dürfe auf dem Territorium eines fremden Staates nicht ausgeübt werden. Wenn die Klägerin auf dem fremden Hoheitsgebiet Eigensicherungsmaßnahmen durchführe, unterliege deren Aufsicht und Kontrolle der deutschen Luftsicherheitsbehörde, welche durch diese Maßnahmen ebenfalls hoheitlich handele.
Einige Auflagen enthielten Aufgaben, die der Gesetzgeber nach dem Luftsicherheitsgesetz den Flugplatzbetreibern zugewiesen habe. Die Auflagen seien weder aus verfassungsrechtlicher noch aus verwaltungsverfahrensrechtlicher Sicht hinreichend bestimmt und verstießen gegen Grundrechte der Flugunternehmen. Auch habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die auf ägyptischem Hoheitsgebiet einzuhaltenden bzw. durchzuführenden Auflagen mit ägyptischem Recht in Einklang stünden. Dies sei aber erforderlich, weil die in § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG geregelte Eigensicherungspflicht extraterritorial gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LuftSiG lediglich gelte, wenn und soweit die jeweils örtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen. Es hätte unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten einer Befristung der Auflagen bedurft. Aus den angefochtenen Bescheiden ergebe sich nicht hinreichend, für welche Flughäfen die verfügten Auflagen gelten sollten. Erst auf Nachfrage sei mitgeteilt worden, dass diese nicht nur - wie im Einleitungssatz des Ausgangsbescheides angegeben - für die Flughäfen Hurghada, Marsa Alam und Sharm el Sheikh gelten sollten, sondern für alle ägyptischen Flughäfen mit Ausnahme des Flughafens Kairo. Zudem sei es nicht verhältnismäßig, die Maßnahmen auf sämtliche ägyptische Flughäfen ausgenommen Kairo zu erstrecken. Schon das genehmigte Luftsicherheitsprogramm sehe einzelne Maßnahmen vor, die zumindest teilweise die mit den Auflagen beabsichtigten Funktionen sicherstellen würden, so dass es der zusätzlichen Auflagen nicht bedürfe.
Die Klägerin hat sodann die Auflagen im Einzelnen angegriffen. Auflage 2 sei - insbesondere unter Berücksichtigung der durch das Luftfahrt-Bundesamt unter dem 15. April 2016 erteilten ergänzenden Hinweise - nicht hinreichend bestimmt und verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil bereits die bisherigen Regelungen des genehmigten Luftsicherheitsprogramms ausreichend Sicherheit böten, dass nur berechtigte und kontrollierte Fluggäste Zutritt zu dem Luftfahrzeug erhalten. Eine der Auflage 3 innewohnende subsidiäre Zuständigkeit der Luftfahrtunternehmen neben der Zuständigkeit des Flughafenbetreibers für Gepäck und Fracht sehe das LuftSiG - abgesehen von der Bestimmung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG beschränkt auf den Abfertigungsvorgang - nicht vor, so dass es an einer Rechtsgrundlage für diese Auflage fehle. Die Auflage sei nicht hinreichend bestimmt, weil dieser nicht zu entnehmen sei, ob sich das Zuladungsverbot auf aufgegebenes Gepäck, auf Handgepäck oder beide Gepäckarten beziehen solle, im Übrigen ergäben sich entsprechende Verpflichtungen überwiegend schon aus ihrem bestehenden Luftsicherheitsprogramm. Der von Auflage 4 zugrunde gelegte Mangel der Sicherheitssysteme, die ein Durchleuchten des Gepäcks ermöglichen, sei nicht dargetan, die Maßnahme unverhältnismäßig. Für die Auflagen 5 und 6 fehle es entsprechend der Argumentation zu Auflage 3 an einer Rechtsgrundlage, die rechtlichen Grenzen für die Auferlegung von Eigensicherungspflichten seien überschritten und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht eingehalten. Hinsichtlich der Auflage 6 verfüge sie - die Klägerin - nicht über die Befugnis, in den dem Flughafenbetreiber übertragenen Beförderungsvorgang für das Gepäck einzugreifen. Es sei weder nachvollziehbar, wie sich die auferlegte Überwachung des Gepäckbeförderungsvorgangs vollziehen solle, noch - soweit nur eine Beobachtung erfolgen solle - wie dies eine im Einzelfall bestehende Gefahr verhindern solle. Zudem sei in den erläuternden Hinweisen vom 15. April 2016 eine Begleitung des Gepäcktransports durch Polizeikräfte angeregt worden, dies wiederum widerspreche dem Wortlaut der Auflage selbst. Für die in Auflage 7 vorgesehene Beobachtung und Begleitung des Gepäcks bis zur Verladung in das Luftfahrzeug fehle es an einer Rechtsgrundlage. Zudem sei auch nicht hinreichend bestimmt, ob zugleich auch ein Verbot der Beförderung aufgegebenen Gepäcks an anderen ägyptischen Flughäfen (außerhalb Sharm el Sheikhs) verfügt werden sollte, da der Änderungsbescheid vom 9. Mai 2016 ausweislich der Überschrift ausschließlich Sofortmaßnahmen für Flüge von dem ägyptischen Flughafen Sharm el Sheikh betreffe. Die Regelung verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Auflagen 8 und 9 seien in Hinblick auf ihre kategorischen Verbote unverhältnismäßig. Die in Auflage 11 enthaltene Überprüfung der Zugangsberechtigung stelle eine Personenkontrolle dar, die dem Flugplatzbetreiber vorbehalten sei und nicht im Rahmen der Eigensicherungspflichten ihr zugewiesen werden könne, so dass es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehle. Zudem sei nicht ersichtlich, anhand welcher Kriterien die Plausibilität des beabsichtigten Zugangs überprüft werden solle oder woran offensichtliche Auffälligkeiten zu messen seien, so dass es an einer hinreichenden Bestimmtheit der Auflage fehle. Auch diese Auflage sei unverhältnismäßig, da sie auch die Überprüfung von Besatzungsmitgliedern umfasse. Die in Auflage 13 enthaltene Bestimmung, dass die Besatzungsmitglieder auch ägyptischen Sicherheitsbeamten den Zugang zum Luftfahrzeug nur unter ihrer Aufsicht gestatten dürften, überschreite die Grenzen des rechtlich Zulässigen für die Besatzungsmitglieder und stelle sich insofern nicht als Eigensicherungsmaßnahme dar. Auch gäbe es keinerlei Vorgaben, woran Besatzungsmitglieder ausrichten sollten, ob ein Behördenvertreter das Luftfahrzeug in Ausübung seiner luftsicherheits- bzw. polizeilichen Aufgaben betrete. Diese Auflage sei im Übrigen unverhältnismäßig. Auflage 15 sei bereits deshalb rechtswidrig, weil diese Regelung sich bereits in ihrem bestehenden Luftsicherheitsprogramm finde und deshalb nicht erforderlich sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 8. Februar 2016 betreffend die Änderung des Luftsicherheitsprogramms der Klägerin durch nachträgliche Auflagen, sowie den Änderungsbescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 9. Mai 2016 betreffend den Flughafen Sharm el Sheikh, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2016, aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht:
Die angefochtenen Bescheide seien formell rechtmäßig. Jedenfalls mit Begründung des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2016 habe sie etwaige Begründungsdefizite nachgeholt. Gleiches gelte für einen etwaigen Anhörungsmangel, wobei es nach ihrer - der Beklagten - Auffassung einer vorherigen Anhörung der Klägerin ohnehin nicht bedurfte und etwaige derartige Mängel jedenfalls im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens geheilt worden wären. Das Luftfahrt-Bundesamt habe der Klägerin auf Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 5 LuftSiG i. V. m. § 9 Abs. 2 Nr. 1 LuftSiG nachträgliche Auflagen als Eigensicherungsmaßnahmen erteilen dürfen. Die angefochtenen Bescheide seien hinreichend bestimmt. Schon aus dem Ausgangsbescheid vom 8. Februar 2016 ergebe sich, dass die angeführten Maßnahmen an allen ägyptischen Flughäfen mit Ausnahme von Kairo Geltung haben sollten. Im Übrigen seien etwaige Unklarheiten durch die nachträglichen erläuternden Hinweise ausgeräumt worden. Ein Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip liege nicht vor, da es einen hinreichenden Inlandsbezug mit lediglich extraterritorialer Wirkung gebe. Grundlagen des ägyptischen Rechts aus dem Bereich der Luftsicherheit seien über das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur durch die Botschaft der Arabischen Republik Ägypten zur Verfügung gestellt worden. Deren Prüfung habe eine Kollision zwischen den geltenden Rechtsvorschriften und den getroffenen Auflagen nicht erkennen lassen. Die Grenzen der Eigensicherungspflichten seien durch die Auflagen nicht überschritten worden, da das Schwergewicht der präventiven Maßnahmen zur Sicherheit des Luftverkehrs in staatlicher Verantwortung bleibe. Einer Befristung der Maßnahmen habe es nicht bedurft, weil schon in der Vergangenheit behördlicherseits eigenständig Abänderungen erfolgt seien, sobald durch die ägyptischen Behörden Nachbesserungen bei den Sicherheitsvorkehrungen vorgenommen wurden.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. Juli 2017 die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Auflage 6 gänzlich sowie hinsichtlich der Auflagen 3, 7 und 13 teilweise aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die angefochtenen Bescheide seien formell rechtmäßig. Das Luftfahrt-Bundesamt habe in den Gründen die einzelnen Auflagen benannt und in groben Zügen dargelegt, weshalb es diese für erforderlich halte. Dies genüge dem Begründungserfordernis des § 39 Abs. 1 VwVfG, da es die tragenden Gründe, von denen die Behörde bei ihrer Entscheidung ausgegangen sei, aufzeige. Die Notwendigkeit eines Sofortvollzugs sei hinreichend mit dem Hinweis auf die bestehende Gefahrenlage begründet. Die Ermessensausübung sei ebenfalls hinreichend dargelegt. Die knappen Abwägungen im Rahmen der Erörterung der Notwendigkeit des Sofortvollzuges stellten zugleich Ermessenserwägungen der Behörde in Bezug auf die Festsetzung der Auflagen dar. Unabhängig davon habe jedenfalls der Widerspruchsbescheid eine umfassende Begründung enthalten, so dass ein etwaiger vorhergehender Mangel gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG unbeachtlich sei. Auch ein etwaiger Anhörungsmangel sei jedenfalls im Widerspruchsverfahren geheilt worden.
Soweit die Beklagte der Klägerin die Zuladung von nicht durchgehend beaufsichtigtem Gepäck untersagt (Auflage 3 teilweise) und ihr auferlegt habe, die Gepäckverladung zu beobachten sowie am Flughafen Sharm el Sheikh den Gepäcktransport von der Gepäckaufgabe bis zum Luftfahrzeug zu begleiten (Auflage 6 und 7 teilweise) und dafür Sorge zu tragen, den Zugang Dritter - soweit hiervon auch ägyptische Hoheitsträger erfasst seien - zum Luftfahrzeug nur in Anwesenheit und unter Aufsicht von Besatzungsmitgliedern zuzulassen (Auflage 13 teilweise), seien die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und insoweit aufzuheben. Im Übrigen seien die Auflagen materiell rechtmäßig.
Weder der den Auflagen zugrundeliegende § 9 LuftSiG noch die Auflagen selbst stünden im Widerspruch zu höherrangigem Recht, auch liege kein Verstoß gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip vor. § 9 Abs. 2 LuftSiG lasse die Anordnung von Sicherheitsmaßnahmen nur dann zu, wenn und soweit die örtlich jeweils geltenden Vorschriften nicht entgegenstehen, und trage damit dem Territorialitätsprinzip hinreichend Rechnung. Der Umstand, dass die Überwachung der Einhaltung der Auflagen staatlichen Stellen obliege, führe nicht zu einer Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben auf fremden Staatsgebiet, da die Beklagte eine Überwachung der Erfüllung der Auflagen an ägyptischen Flughäfen ohnehin nicht beabsichtige. Die streitgegenständlichen Auflagen dienten der Eigensicherung. Sie stellten nicht die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dar, sondern seien Folge des Berufs des Luftfahrtunternehmers. Zulässig seien vor diesem Hintergrund in Anlehnung an das Hausrecht Auflagen, die die Ablehnung der Mitnahme von Sachen und Personen zum Schutz des Luftfahrzeugs und seiner Insassen vorsähen und so die Sicherheitslage verbesserten. Es sei auch nichts dafür ersichtlich, dass es in Ägypten kein Recht des Eigentümers oder Besitzdieners gäbe, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren und sie vor privaten Dritten zu schützen, soweit die ägyptischen Gesetze dem nicht entgegenstehen. Dass Hoheitsrechte ägyptischer Stellen zu beachten seien, ergebe sich bereits aus § 9 Abs. 2 Nr. 1 LuftSiG. Da die Beklagte ihre Auflagen auf diese Norm gestützt habe, sei hinreichend verdeutlicht, dass Hoheitsrechte ägyptischer Stellen zu beachten seien. Die angefochtenen Bescheide seien jedenfalls in Hinblick auf § 37 Abs. 1 VwVfG hinreichend bestimmt, da die hierzu ergangenen erläuternden Hinweise des Luftfahrt-Bundesamtes herangezogen werden könnten. Auf die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG komme es nicht an, weil eine etwaige Unvereinbarkeit nicht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, sondern lediglich den Wegfall der Sanktionsmöglichkeit bei etwaigen Verstößen gegen die Auflagen nach sich zöge. Eine Befristung der Auflagen sei nicht zwingend erforderlich. Auch wenn die Flughäfen in Luxor, Alexandria, Assuan und Abu Simbel keinerlei Inspektion durch die deutschen Behörden unterzogen wurden, sei nach Ansicht des Gerichts davon auszugehen, dass das dortige Sicherheitsniveau jedenfalls nicht über dem der geprüften Flughäfen liege. Dass die Erfüllung von Eigensicherungsmaßnahmen mit Haftungsrisiken verbunden sein könne, sei jeder Eigensicherungsmaßnahme immanent und führe nicht zu deren Rechtswidrigkeit. Zu den Auflagen im Einzelnen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:
Die der Klägerin auferlegte Passkontrolle an der Flugzeugtür (Auflage 2) sei ihr im Rahmen der Wahrnehmung ihres Hausrechts möglich und verhältnismäßig. Soweit das bereits genehmigte Luftsicherheitsprogramm entsprechende Maßnahmen schon vorsehen sollte, sei die Klägerin durch diese zusätzliche Auflage jedenfalls nicht belastet. Die Auflage, bei Bedenken gegenüber bestimmten Gepäckstücken deren Mitnahme zu verweigern (Auflage 3), sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies diene erhöhter Sicherheit. Bereits aus dem Wortlaut der „Zuladung“ ergebe sich, dass damit nur aufgegebenes Gepäck gemeint sei. Der Klägerin sei allerdings nicht zumutbar, das Gepäck durchgehend von der Aufgabe bis zur Verladung zu beaufsichtigen, so dass die Auflage 3 aufzuheben sei, soweit der Klägerin aufgegeben werde, auch solches Gepäck nicht zuzuladen, dessen Beaufsichtigung durch sie nicht durchgehend gewährleistet sei. Aus den gleichen Gründen sei auch die Auflage 6, die ein Beobachten der Gepäckverladung im Terminal und die Begleitung des Gepäcks bis zur Verladung in das Luftfahrzeug durch eigenes oder beauftragtes Personal vorsehe, rechtswidrig. Auflage 4 (keine Mitnahme von expedite/rush Gepäck) sei bereits Gegenstand der Auflage 3, da diese Gepäckstücke keinem Mitreisenden zugeordnet werden könnten, und enthalte deshalb keine eigenständige, die Klägerin zusätzlich belastende Regelung. Die Auflage, die Verladung vor der Frachtluke oder dem Frachtraum des Luftfahrzeugs zu überwachen (Auflage 5), begegne auf Grundlage des Hausrechts im Rahmen der Eigensicherung keinen Bedenken, insbesondere eröffne dies die Möglichkeit, Gepäck noch einmal auf etwaige Manipulationen hin zu überprüfen, und verbessere so die Sicherheit. Eine Gefährdung des zur Überwachung eingesetzten Personals sei nicht ersichtlich. Gegen die Auflage 7 bestünden keine Bedenken, soweit ausschließlich von Terminal 1 des Flughafens Sharm el Sheikh aufgegebenes Gepäck mitzunehmen sei. Die darüberhinausgehende Verpflichtung der Beobachtung und Begleitung des Gepäcks bis zum Luftfahrzeug sei hingegen aus den bereits zu den Auflagen 3 und 6 dargelegten Gründen rechtswidrig. Das Verbot der Zuladung von Fracht, Post und Bordvorräten (Auflagen 8 und 9) sei nicht zu beanstanden, da der Ausschluss derartiger Zuladungen die Luftsicherheit erhöhe und zudem diese Maßnahmen verhältnismäßig seien. Auch die in Auflage 11 verfügte Kontrolle der Zugangsberechtigung von Nichtpassagieren sei rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt und diene der Erhöhung der Luftsicherheit. Sollte sich eine Person der Anordnung widersetzen, könne ägyptisches Sicherheitspersonal hinzugezogen werden, eine von der Klägerin angeführte Situation eines etwaigen gewaltsamen Zutrittversuchs eines potentiellen Attentäters erscheine unrealistisch. Soweit nach der Auflage 13 das Betreten des Luftfahrzeugs ohne Aufsicht nur durch die Besatzung und deutsche Behördenvertreter mit Sicherheitsaufgaben gestattet sei, sei diese Auflage grundsätzlich verhältnismäßig und zur Erhöhung der Luftsicherheit geeignet. Nicht von dieser Auflage erfasst werden dürften hingegen ägyptische Hoheitsträger, da Situationen denkbar seien, in denen ein Betreten des Luftfahrzeugs durch diese aufgrund der besonderen Dringlichkeit oder wegen Gefahr in Verzugs auch ohne Anwesenheit eines Besatzungsmitglieds erforderlich werde. Soweit die ägyptischen Hoheitsträger sich dabei auf hoheitliche Befugnisse beriefen, die sich aus dem ägyptischen Recht ergeben, stelle eine derartige Verpflichtung der Klägerin einen Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip dar, der von der Klägerin nicht verlangt werden könne. Die Auflage, Luftsicherheitsdurchsuchungen nur durch eigenes Personal durchzuführen, sei aus Gründen der Luftsicherheit nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin einwende, eine entsprechende Regelung sei bereits im bestehenden Luftsicherheitsprogramm enthalten, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Auflage, weil sie durch diese dann nicht beschwert werde.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 15. August 2018 (Az.: 7 LA 80/17) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, soweit dieses die Klage abgewiesen hat.
Mit Teilaufhebungsbescheid vom 30. Juli 2020 hat die Beklagte hinsichtlich des Flughafens Sharm El Sheikh die Auflagen 2, 5, 7, 11 und 13 vollständig und die Auflage 3 insoweit aufgehoben, als ein Verbot der Zuladung von Gepäck ausgesprochen wurde, dessen Beaufsichtigung nicht durchgehend gewährleistet war. Zugleich wurde hinsichtlich des Flughafens Hurghada die Auflage 5 vollständig aufgehoben. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.
Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass aus Gründen des Geheimschutzes die Begründungspflicht entfalle. Dem Luftfahrt-Bundesamt sei es durchaus zuzumuten, auch ohne Mitteilung allzu detaillierter Informationen, die eine systematische Ausnutzung von Sicherheitsdefiziten ermöglichten, die Entscheidung zu begründen.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts könne der Durchführung des Widerspruchsverfahrens keine heilende Wirkung in Hinblick auf den geltend gemachten Anhörungsfehler (§ 28 VwVfG) zukommen. Aufgrund der fehlenden Begründung des Ausgangsbescheides sei ihr - der Klägerin - eine Stellungnahme zu den von der Beklagten zugrunde gelegten maßgeblichen Tatsachen im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht möglich gewesen. Auch eine Ausnahme nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG oder § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG komme nicht in Betracht.
§ 9 Abs. 2 Nr. 1 LuftSiG sei wegen Verstoßes gegen das Territorialitätsprinzip verfassungswidrig bzw. zumindest dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets allenfalls Maßnahmen an Bord des Luftfahrzeuges zulässig seien, und komme deshalb als Rechtsgrundlage für die verfügten Auflagen nicht in Betracht.
Die Auferlegung von Eigensicherungsmaßnahmen auf ausländischem Territorium setze nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 LuftSiG die Prüfung der Vereinbarkeit der auferlegten Maßnahmen mit dem ausländischen Recht vor Ort durch die Behörde voraus. Eine derartige Prüfung habe das Luftfahrt-Bundesamt vor Erlass der Maßnahmen nicht durchgeführt. In der mündlichen Verhandlung sei von den Vertretern der Beklagten selbst - auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts - zugestanden worden, dass eine Überprüfung auf Vereinbarkeit und Durchführung der streitgegenständlichen Maßnahmen nach ägyptischem Recht durch das Luftfahrt-Bundesamt nicht stattgefunden habe, und auch keine schriftliche oder sonstige verbindliche Zusage der ägyptischen Behörden bestünde, dass die angeordneten Maßnahmen in Ägypten durch die Fluggesellschaften durchgeführt werden dürften. Worauf das Verwaltungsgericht die - unzutreffende - Annahme stütze, dass ägyptisches Recht den streitgegenständlichen Auflagen nicht entgegenstehe, sei weder dargelegt noch ersichtlich. Tatsächlich handele es sich - insbesondere bei den Auflagen 2, 5, 11 und 13 - um Maßnahmen, die nach dem ägyptischen Recht hoheitlichen Charakter hätten und deshalb ausschließlich ägyptischen Hoheitsträgern zur Ausführung übertragen seien. Soweit das Verwaltungsgericht ausführe, dass eine Überwachung der Einhaltung der Auflagen durch das Luftfahrt-Bundesamt ohnehin nicht beabsichtigt sei, so dass es nicht darauf ankomme, ob diesem entsprechende Kompetenzen auf ägyptischen Gebiet überhaupt zustünden, berücksichtige es nicht, dass die Überwachung der Eigensicherungsmaßnahmen gesetzlicher Auftrag des Luftfahrt-Bundesamtes sei und ein Verzicht auf diese durch die Behörde nicht erfolgen könne. Eigensicherungsmaßnahmen könnten nur dann zulässig und rechtmäßig sein, wenn auch die gesetzlich zwingend angeordnete Überwachung der Durchführung dieser Maßnahmen durch deutsche Behörden zulässig und rechtlich möglich sei. § 9 LuftSiG stelle auch keine taugliche Rechtsgrundlage dar, soweit die Klägerin hinsichtlich einzelner Flugzeuge lediglich als Leasingnehmerin, nicht aber als Halterin im Sinne von § 9 Abs. 4 LuftSiG agiere. Hinsichtlich der Flughäfen Luxor, Alexandria, Assuan und Abu Simbel sei nach wie vor eine Überprüfung der dortigen Sicherheitsvorkehrungen nicht erfolgt, so dass entsprechende Mängel bei der Personenkontrolle, der Gepäckkontrolle, den baulichen Gegebenheiten oder den Zugangskontrollen für diese Flughäfen nicht festgestellt worden seien. Für die übrigen - einer Überprüfung unterlegenen - Flughäfen lasse sich nicht feststellen, dass die aktuelle Sicherheitslage die Aufrechterhaltung der streitgegenständlichen Maßnahmen rechtfertige.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts den Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 8. Februar 2016 und den Änderungsbescheid vom 9. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2016 auch insoweit aufzuheben, soweit dies durch das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Aufhebungsbescheid des Luftfahrt - Bundesamtes vom 30. Juli 2020 noch nicht geschehen ist.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt unter Vertiefung und Berufung auf das erstinstanzliche Vorbringen im Wesentlichen vor:
Eine weitergehende Darstellung der Sicherheitslage an ägyptischen Flughäfen zur Begründung sei aufgrund der Einstufung der zugrundeliegenden Dokumente in die Geheimhaltungsstufe „Vertraulich - nur für den Dienstgebrauch“ nicht angezeigt gewesen. Einer vorherigen Anhörung der Klägerin habe es wegen Gefahr in Verzug nicht bedurft, diese sei im Übrigen jedenfalls mit heilender Wirkung im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden. Der Klägerin werde durch die Auflagen kein Verhalten auferlegt, welches im Widerspruch zu den örtlich geltenden Vorschriften stehe. Die der Beklagten vorliegenden rechtlichen Grundlagen aus dem Bereich Luftsicherheit ließen keine Kollision zwischen den örtlich geltenden Vorschriften und den getroffenen Auflagen erkennen, zudem sei das Luftfahrt-Bundesamt auch nicht verpflichtet, vor der Zulassung von Luftsicherheitsprogrammen oder dem Erlass nachträglicher Auflagen eine proaktive Kollisionsprüfung mit örtlich geltenden Vorschriften vorzunehmen. Nachträgliche Auflagen durch das Luftfahrt-Bundesamt dürften dabei nicht anders zu behandeln sein als die Vorgehensweise bei der Zulassung eines von einem Luftfahrtunternehmen aufgestellten Luftsicherheitsprogramms. Bei der Zulassung eines Luftsicherheitsprogramms stehe aber noch nicht einmal fest, welche Destinationen ein Luftfahrtunternehmen künftig ansteuern werde, so dass eine Prüfung entgegenstehender örtlicher Vorschriften aus diesem Grund nicht erfolgen könne. Auch bestehe für das Luftfahrt-Bundesamt keine rechtliche Möglichkeit, andere Staaten zu verpflichten, sicherheitsrelevante Unterlagen zur Verfügung zu stellen, soweit dies nicht freiwillig geschehe. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, bei den auferlegten Maßnahmen handele es sich nach ägyptischem Recht um hoheitliche Maßnahmen, die Hoheitsträgern vorbehalten und damit der Klägerin unmöglich seien, sei die Klägerin dafür beweisbelastet. Aus der Formulierung „wenn und soweit örtlich geltende Vorschriften nicht entgegenstehen“ in § 9 Abs. 2 Nr. 1 LuftSiG folge lediglich ein Anwendungsvorrang örtlich geltender Vorschriften, soweit sich im Einzelfall eine Kollision dieser zu den Verpflichtungen ergeben sollte. Ein solches Verständnis ergebe sich bereits daraus, dass diese Formulierung bereits 1980 durch das Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes durch die Vorgängervorschrift des § 20a LuftVG eingefügt worden sei. Aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt noch deutlich eingeschränkteren Möglichkeiten des weltweiten Datenzugangs und der Datenübermittlung sei ersichtlich, dass eine vollumfassende proaktive Prüfung örtlich geltender Vorschriften durch die Behörde nicht beabsichtigt gewesen sei. Es gebe keine Erkenntnisse, dass Luftfahrtunternehmen die Ausführung der Auflagen an ägyptischen Flughäfen bisher nicht möglich gewesen oder untersagt worden wären. Die Übertragung von Eigensicherungspflichten sei zudem nicht zwingend an die Überwachung durch deutsche Behörden im Ausland gebunden. Unabhängig davon, dass sich die Einhaltung einzelner Maßnahmen auch nachträglich auf deutschem Territorium nachprüfen ließe, sei eine weltweite Überwachung der Umsetzung der in einem Luftsicherheitsprogramm dargestellten Maßnahmen weder tatsächlich noch rechtlich möglich. Nichts Anderes könne deshalb für nachträgliche Auflagen gelten. Die Umsetzung und Einhaltung der Auflagen sei darüber hinaus auch im Rahmen von Delegationsreisen beobachtet worden, die das Territorialitätsprinzip nicht tangierten.Die auferlegten Maßnahmen erweiterten lediglich bereits bestehende Eigensicherungspflichten und umfassten weder Passagier- noch Handgepäckkontrollen. Auch sei der Klägerin nicht die Kontrolle amtlicher Ausweispapiere, sondern lediglich ein Abgleich in Form einer Sichtprüfung zwischen Ausweisdokument und Boardingpass auferlegt worden. Nach derzeitigem Stand sei die Aufrechterhaltung bzw. Verlängerung der auferlegten Maßnahmen nach wie vor geboten. Da es für die Frage der Dauer der Maßnahmen jeweils auf die aktuelle Sicherheitssituation an ägyptischen Flughäfen ankomme, sei auch eine zeitliche Befristung nicht von vorneherein erforderlich gewesen. Aufgrund des Absturzes eines russischen Passagierflugzeugs in Verbindung mit den festgestellten Sicherheitsdefiziten an den ägyptischen Flughäfen Sharm el Sheikh, Hurghada und Marsa Alam habe eine hinreichende Tatsachenbasis bestanden, um eine Anordnung der Auflagen auch an den übrigen ägyptischen Flughäfen mit Ausnahme von Kairo für notwendig zu erachten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie der zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Parallelverfahren und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Im Übrigen hat die vom Senat zugelassene und auch sonst statthafte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig Erfolg.
Die Klage ist - soweit sie noch zur Entscheidung steht - begründet. Der Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 8. Februar 2016 und der Änderungsbescheid vom 9. Mai 2016 - jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2016 - sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit die angefochtenen Bescheide nicht bereits durch Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 12. Juli 2017 und Teilaufhebungsbescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 30. Juli 2020 aufgehoben worden sind.
Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen nachträglichen Auflagen stellen ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar.Es ist anerkannt, dass die Gerichte bei der Beurteilung derartiger Dauerverwaltungsakte die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls dann zu berücksichtigen haben, wenn das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 2.10 -, NVwZ 2011, 1328 ff.; BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6.97 -, NJW 1999, 881 ff.; BVerwG, Urteil vom 29.09.1994 - 3 C 1.93 -, NJW 1995, 800 ff.). Maßstab ist danach das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) vom 11. Januar 2005 (BGBl I S. 78) in der Fassung vom 22. April 2020 (BGBl I S. 840), unabhängig davon, dass sich die Rechtslage hinsichtlich der vorliegend maßgeblichen Normen des LuftSiG auch zum Zeitpunkt der Behördenentscheidungen jedenfalls inhaltlich gleich gestaltete.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG ist ein Luftfahrtunternehmen zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs verpflichtet, die in Nummer 1 bis 6 aufgeführten Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen. Diese sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 LuftSiG in einem Luftsicherheitsprogramm darzustellen und der Luftsicherheitsbehörde zur Zulassung vorzulegen. Das Luftsicherheitsprogramm setzt die gesetzlichen Verpflichtungen der Luftfahrtunternehmen um. Aus ihm ergeben sich die inhaltlich konkretisierten Rechtspflichten der Luftfahrtunternehmen (vgl. zu § 8 LuftSiG: OVG Bremen, Urteil vom 31.10.2006 - 1 D 41/06 -, juris). Die Zulassung des Programms durch die Luftsicherheitsbehörde bedeutet dabei die behördliche Feststellung, dass das Luftfahrtunternehmen seine Eigensicherungsmaßnahmen ausreichend und zutreffend dargestellt hat (vgl. zu § 8 LuftSiG: Buchberger in: Schenke/Graulich/Ruthig, LuftSiG, 2. Aufl. 2018, § 8 Rn. 18). Die Luftsicherheitsbehörde kann die Zulassung - auch nachträglich - mit Auflagen versehen (§ 9 Abs. 1 Satz 5, 6 LuftSiG). Dieses Vorgehen steht dabei im Ermessen der Luftsicherheitsbehörde („kann“). Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, der Luftsicherheitsbehörde die Möglichkeit zu eröffnen, das Luftsicherheitsprogramm an sich wandelnde Sicherheitsbedürfnisse anzupassen (vgl. zu § 8 LuftSiG: Buchberger in: Schenke/Graulich/Ruthig, LuftSiG, 2. Aufl. 2018, § 8 Rn. 19). Gemäß § 9 Abs. 2 LuftSiG gilt Absatz 1 auch außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes hinsichtlich bestimmter Luftfahrtunternehmen, wenn und soweit die jeweils örtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen.
1. Nach Maßgabe dessen ist dem Luftfahrt-Bundesamt als gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 LuftSiG zuständiger Luftsicherheitsbehörde nach diesen Vorschriften grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, das bestehende Luftsicherheitsprogramm der Klägerin - wie geschehen - auch nachträglich mit Auflagen zu versehen.
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass die in § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG vorgesehene Auferlegung von Eigensicherungsmaßnahmen mit dem verfassungsrechtlichen Vorbehalt staatlicher Aufgabenerfüllung nicht vereinbar wäre. Das LuftSiG unterscheidet in seinem den Sicherheitsmaßnahmen gewidmeten zweiten Abschnitt zwischen Befugnissen der Luftsicherheitsbehörde nach § 3 ff. LuftSiG einerseits und Maßnahmen der Eigensicherung andererseits, die sowohl die Luftfahrtunternehmen gemäß § 9 LuftSiG als auch die Flugplatzbetreiber nach § 8 LuftSiG zu ergreifen haben. Die Eigensicherungspflichten im Luftsicherungsrecht unterliegen zwar einem öffentlich-rechtlichen Regime, stellen aber keine Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dar, sondern sind Bestandteil bzw. Folge der Ausübung des Berufs eines Luftfahrtunternehmens (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.05.2005
- 12 MS 132/05 -, juris). Dies zeigt sich gesetzessystematisch auch an einem Umkehrschluss
zu § 5 LuftSiG i.V.m. § 16a Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG. Während die zuständige Behörde für die Wahrnehmung hoheitlicher Maßnahmen im Sinne des § 5 Abs. 1 bis 3 LuftSiG sich Beliehener bedienen darf, verpflichtet der Gesetzgeber im Rahmen der Eigensicherungspflichten das betroffene Luftfahrtunternehmen, seine privatrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten gegenüber Dritten auszuüben. Dass Verantwortliche anschlagsgefährdeter Objekte im gewissen Rahmen selbst für die Abwehr von Gefahren zu sorgen haben, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dies gilt auch für die - erweiterte - Haftung für durch Einwirkungen Dritter auf eine Sache verursachte Gefahren (BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 -, NVwZ 1989, 864 ff.). Die Entscheidung, ob und inwieweit der Gesetzgeber dies zu einer öffentlich wahrzunehmenden Aufgabe macht oder dem jeweiligen Privaten überlässt, steht im - weiten - Ermessen des Gesetzgebers (BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 -, juris). Hiervon hat der Gesetzgeber in § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG Gebrauch gemacht. Die in § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG normierten Pflichten stellen sich auch nicht als Zwangsmaßnahmen dar, zu deren Erfüllung die Übertragung hoheitlicher Befugnisse zwingend erforderlich wäre. Dass vor diesem Hintergrund den Luftfahrtunternehmen mit der Auferlegung von Eigensicherungspflichten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG schon dem Grunde nach Aufgaben zugeteilt werden, die allein dem Bereich des staatlichen Gewaltmonopols zuzuordnen sind, überzeugt nicht. Ebenso wie Flugplatzbetreiber (vgl. dazu: OVG Bremen, Urteil vom 31.10.2006 - 1 D 41/06 -, juris) bilden Luftfahrtunternehmen ein wesentliches Glied im Luftverkehrssystem, die zur Beherrschung der dem Luftverkehr immanent gewordenen Gefährdungssituation einen Beitrag leisten müssen (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.05.2005 - 12 MS 132/05 -, juris m.w.N.). Die Verpflichtung zu Eigensicherungsmaßnahmen stellt im Übrigen für die Luftfahrtunternehmen auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in Art. 12 GG dar, denn die Bestimmung betrifft nicht die Berufswahl, sondern allein die Berufsausübung, die als solche bereits durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls - die durch die beabsichtigten Eigensicherungsmaßnahmen unzweifelhaft gegeben sind - gerechtfertigt ist (vgl. zu § 29c LuftVG: BVerwG, Urteil vom 03.03.1994 - 4 C 1.93 -, juris).
Es lässt sich hinsichtlich des dem Senat - nach Teilaufhebung durch Urteil des Verwaltungsgerichts und den Teilaufhebungsbescheid der Beklagten vom 30. Juli 2020 - noch zur Entscheidung verbliebenen Umfangs der Eigensicherungsmaßnahmen auch nicht feststellen, dass diese den Kernbereich der präventiven Maßnahmen zur Sicherheit des Luftverkehrs umfassen würden und - allein durch diese - das Schwergewicht der staatlichen Maßnahmen der Gefahrenabwehr ersetzt würde. |
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2. Die mit Ausgangsbescheid vom 8. Februar 2016 und sodann durch Änderungsbescheid vom 9. Mai 2016 und Widerspruchsbescheid vom 6. September 2016 der Klägerin auferlegten Auflagen sind gleichwohl jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil sich nicht feststellen lässt, dass das gemäß § 9 Abs. 1 Satz 5 LuftSiG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden ist. Auf die weiteren, sowohl gegen die formelle als auch gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Auflagen gerichteten Angriffe der Klägerin kommt es deshalb nicht an.
Aus der zunächst erfolgten Zulassung des Luftsicherheitsprogramms der Klägerin ohne Auflagen durch das Luftfahrt-Bundesamt ergibt sich, dass dieses Luftsicherheitsprogramm die gesetzlichen Verpflichtungen der Klägerin zu Eigensicherungsmaßnahmen - auch in Hinblick auf ägyptische Flughäfen - zunächst erfüllte. Will die Luftsicherheitsbehörde sodann zeitlich nachfolgend von der Möglichkeit zum Erlass nachträglicher Auflagen Gebrauch machen, hat sie das in § 9 Abs. 1 Sätze 5 und 6 LuftSiG eingeräumte Ermessen auszuüben.
Eine entsprechende hinreichende Ermessensausübung lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen. Der Ausgangsbescheid vom 8. Februar 2016 und der Änderungsbescheid vom 9. Mai 2016 lassen Ermessenserwägungen in Hinblick auf die der Klägerin aufgegebenen Auflagen nicht erkennen. Die durch das Verwaltungsgericht insoweit herangezogenen Darlegungen des Ausgangsbescheides beziehen sich erkennbar, wovon auch das Verwaltungsgericht im Übrigen ausgeht, auf die Abwägung im Rahmen des Sofortvollzuges und betreffen damit das sofortige Vollziehungsinteresse, nicht aber hingegen die Frage der Interessenabwägung hinsichtlich der nachträglich erfolgenden Auflagen. Das sofortige Vollziehungsinteresse als besonderes öffentliches Interesse an der Beseitigung des Suspensiveffektes ist jedoch ein aliud gegenüber dem öffentlichen Interesse an dem Erlass und der Durchsetzung des Verwaltungsaktes. Soweit das Verwaltungsgericht insoweit darauf abstellt, dass die knappen Erwägungen im Rahmen der Erörterung der Notwendigkeit des Sofortvollzuges zugleich Ermessenserwägungen in Bezug auf die Festsetzung der Auflagen darstellten, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Der betreffende Absatz in dem Ausgangsbescheid vom 8. Februar 2016 befasst sich schon nach dem Einleitungssatz allein mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung, indem es dort heißt: „Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1.-15. des Tenors dieses Bescheides ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse geboten“. Auch im Folgenden wird explizit auf das sofortige Vollziehungsinteresse abgestellt: „Eine Abwägung des öffentlichen Interesses an einem sofortigen Vollzug mit den Individualinteressen der A. ergibt ein eindeutiges Übergewicht des öffentlichen Interesses“. Es folgt sodann die Erklärung dieser Einschätzung durch die Behörde, dass aufgrund festgestellter Sicherheitsdefizite von einer akuten Gefährdung der Sicherheitslage auszugehen sei, die ein sofortiges Einschreiten zwingend erfordere. Aufgrund der bestehenden Sicherheitslücken sei insbesondere ein schnelles Vorgehen durch Anordnung der Auflagen geboten, da bei einem verzögerten Einschreiten Gefahren für eine Vielzahl von Personen anzunehmen seien. Das Interesse der Klägerin, Sicherheitskontrollen lediglich auf die derzeit geregelten Sicherheitsmaßnahmen zu beschränken, stehe hinter diesem öffentlichen Interesse zurück. Die Anwendung der Auflagen bedeute eine Ausweitung der ohnehin durchgeführten Sicherheitskontrollen, die mit geringem Aufwand betrieben werden könne. In der Gesamtschau folgt aus diesen Ausführungen unzweifelhaft, dass jeweils auf das sofortige Einschreiten und damit die Eilbedürftigkeit abgestellt wird, die die Notwendigkeit der Beseitigung des Suspensiveffekts umschreibt.
Zwar können sich im Einzelfall die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts mit denen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung decken (Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 98), in einem solchen Fall muss aber aus der Begründung des Verwaltungsakts deutlich hervorgehen, dass und inwieweit die Begründung einerseits die Ermessensentscheidung des Verwaltungsakts selbst und inwieweit andererseits die Anordnung der sofortigen Vollziehung betrifft. Aus der zuvor dargestellten Begründung des Ausgangsbescheides lässt sich eine derartige Begründung für die Interessensabwägung zum Erlass des Verwaltungsaktes selbst nicht entnehmen. Vielmehr zeigt sich auch anhand der Formulierung, die Interessen der Klägerin müssten hinter „diesem“ - nämlich dem Interesse der Behörde an einem besonders schnellen Vorgehen - zurückstehen, eine Interessenabwägung hinsichtlich der nachträglichen Auflagen gerade nicht. Entsprechendes gilt für die insoweit im wesentlichen gleichlautenden Formulierungen des Änderungsbescheides vom 9. Mai 2016. Darüber hinaus ging das Luftfahrt-Bundesamt ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Schreibens an die Deutsche Lufthansa AG vom 29. Februar 2016 (Bl. 16/1 Beiakte 001) selbst davon aus, bei der Ausgestaltung der - für alle deutschen Luftfahrtunternehmen gleichlautenden - Auflagen an die Weisung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 5. Februar 2016 gebunden zu sein. Denn in dem benannten Schreiben heißt es: „Wie Ihnen bekannt ist, beruht unser Bescheid vom 08.02.2016 auf dem Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) - LF 14 - vom 05.02.2016. Das Ministerium hat mit diesem Erlass inhaltlich eine einheitliche Vorgehensweise für alle deutschen Luftfahrtunternehmen hinsichtlich der zu beachtenden Maßnahmen auf dem Gebiet der Luftsicherheit für Flüge von den genannten ägyptischen Flughäfen nach Deutschland angeordnet. Insoweit besteht für das Luftfahrt-Bundesamt kein Spielraum, die Weisung des Ministeriums zu interpretieren oder in einer anderen als der vorgegebenen Form umzusetzen.“
Der Widerspruchsbescheid vom 6. September 2016 lässt ebenfalls keine hinreichende Ermessensausübung erkennen. Im Rahmen einer Ermessenentscheidung hat die Behörde den für sie maßgeblichen Ermessenssachverhalt zu ermitteln und hat diesen Sachverhalt abschließend zu würdigen. Kennzeichen der Ermessensverwaltung ist, dass einer Behörde durch Rechtsvorschrift die Entscheidungsfreiheit eingeräumt ist, zwischen mehreren rechtlich zulässigen Entscheidungen aus Zweckmäßigkeitsgründen unter Abwägung der öffentlichen Belange und der Interessen Einzelner sachgerecht zu wählen. Ausgehend vom Zweck der Ermächtigung muss die Behörde dafür die beteiligten Interessen und Rechtsgüter identifizieren, gewichten und gegeneinander abwägen.
Der Widerspruchsbescheid verweist pauschal auf vor Ort an ägyptischen Flughäfen festgestellte Sicherheitsdefizite sowie Sicherheitsdefizite und Mängel bei der Personenkontrolle, der Gepäckkontrolle, den baulichen Gegebenheiten, den Zugangskontrollen und der Überwachung der Zugangswege zum Flughafengelände und mangelhafte Zugangssysteme der Flughäfen Hurghada, Marsa Alam und Sharm El Sheikh. Selbst wenn man darin zugunsten der Beklagten die Darlegung der Umstände sähe, die nach Auffassung der Beklagten die Auferlegung nachträglicher Auflagen erfordern, genügt dies nicht den Anforderungen an eine Ermessensabwägung. Anhand derart pauschaler Darlegungen, die zudem nicht einmal zwischen den Gegebenheiten der einzelnen Flughäfen unterscheiden oder auch nur eine Zuordnung zu den einzelnen beabsichtigten Auflagen erkennen lassen, ist es dem Betroffenen schon unmöglich, festzustellen, von welchen Gesichtspunkten die Behörde sich bei ihrer Entscheidung hat leiten lassen. Das Fehlen einer ausreichend substantiellen, nachvollziehbaren Begründung oder die „Vagheit“ einer Begründung, der nichts Wesentliches zur Sache entnommen werden kann, ist bei Ermessensentscheidungen an sich schon ein Mangel, der als solcher den Verwaltungsakt rechtswidrig macht (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 10.02.2011 - 12 LB 318/08 -, BeckRS 2011, 47494 m.w.N.). Darüber hinaus ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Behörde mit den aus den Auflagen für die Klägerin ergebenden Auswirkungen auseinandergesetzt und eine Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen hat. Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es erforderlich, dass die Behörde im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 24 VwVfG) den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt sorgfältig und vollständig ermittelt, um alle für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen zu können (BVerwG, Urteil vom 24.09.1996 - 1 C 9.94 -, juris). Im Rahmen der Ermessensausübung wären deshalb im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Normzwecks die konkreten (gewandelten) Sicherheitsbedürfnisse an den jeweiligen Flughäfen in Hinblick auf die jeweils beabsichtigte Auflage und die daraus für die betroffenen Luftfahrtunternehmen - unter Berücksichtigung des jeweiligen Luftsicherheitsprogramms - resultierenden Auswirkungen andererseits abzuwägen gewesen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass jedes Luftfahrtunternehmen ein eigenständiges Luftsicherheitsprogramm aufstellt. Bei den
- für eine Vielzahl von Luftfahrtunternehmen gleichlautenden - Auflagen handelt es sich jeweils um nachträgliche Auflagen, die ein bereits bestehendes, konkretisierte Pflichten enthaltenes, individuelles Luftsicherheitsprogramm abändern sollen. Diese Programme der einzelnen Luftfahrtunternehmen weichen in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung aber durchaus voneinander ab. Vor diesem Hintergrund hätte es der Prüfung - und Darlegung - in jedem einzelnen Verfahren bedurft, dass und weshalb mit Blick auf die jeweilige nachträgliche Auflage und das jeweilige Luftsicherheitsprogramm welche maßgeblichen Erwägungen zum Vorrang bestimmter Gesichtspunkte geführt haben. Zwar muss die Behörde nur die ihre Entscheidung maßgebend tragenden Erwägungen bekanntgeben und sich nicht ausdrücklich mit allen in Betracht kommenden Umständen und Einzelüberlegungen auseinandersetzen. Der nach Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte gerichtliche Rechtsschutz setzt allerdings voraus, dass die Behörde offenbart, von welchen Gesichtspunkten sie sich bei der Ausübung des Ermessens hat leiten lassen. Diesem Zweck dient auch die Pflicht zur Begründung von Verwaltungsakten. Deswegen müssen bei Ausübung des Verwaltungsermessens die angestellten Erwägungen, d.h. die Abwägung des Für und Wider der sich gegenüberstehenden Belange, aus der Entscheidung erkennbar sein und zumindest die für die Abwägung maßgeblichen Erwägungen sowie die Gründe, die zu einem Vorrang bestimmter Gesichtspunkte geführt haben, angegeben werden (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 10.02.2011 - 12 LB 318/08 -, BeckRS 2011, 47494 m.w.N.). Der Widerspruchsbescheid befasst sich zwar im Wesentlichen mit der Frage der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Auflagen. Dies beinhaltet jedoch lediglich die Verhältnismäßigkeitsprüfung, die ein stets zu beachtendes Rechtsmäßigkeitserfordernis darstellt, von der Ermessensausübung aber zu trennen ist (Müller in: Huck/Müller, VwVfG, 3. Aufl. 2020, § 40 Rn. 22).
Der Senat hat auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass das Luftfahrt-Bunddesamt zu einem späteren Zeitpunkt - etwa im Rahmen des gerichtlichen Vorbringens - bis zum maßgeblichen Schluss der mündlichen Verhandlung tatsächlich alle für seine Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte gekannt, abgewogen und berücksichtigt und damit das ihm eingeräumte Ermessen tatsächlich hinreichend ausgeübt hat. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist und unter welchen Voraussetzungen derart veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind (vgl. zur Frage der Zulässigkeit, Verwaltungsakte mit Dauerwirkung für die Zukunft auf neue Ermessenserwägungen zu stützen: BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 46.12 -, juris) kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Insbesondere das im gerichtlichen Verfahren erfolgte pauschale Vorbringen, dass die Aufrechterhaltung bzw. Verlängerung der Maßnahmen nach wie vor geboten sei, ist nicht geeignet, eine hinreichende Ermessensabwägung darzulegen. Dies geht zu Lasten der - insoweit beweisbelasteten - Behörde (Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL 2019, § 114 Rn. 48 m.w.N.). Ebenso wenig verfängt der im gerichtlichen Verfahren erhobene Einwand der Beklagten, weitere Tatsachen der zugrundeliegenden Sicherheitslage habe sie aufgrund der Einstufung als vertrauliches Dokument nicht offenbaren können. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass einzelne Sicherheitsdefizite für die jeweiligen Flughäfen nicht zumindest in groben Zügen hätten umrissen werden können, ohne dass der konkrete Mangel in allen Einzelheiten dargetan wird. Ungeachtet dessen wäre eine Differenzierung zwischen den einzelnen Flughäfen ohne weiteres möglich - und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten an den einzelnen Flughäfen auch erforderlich - gewesen. Allein die Vorlage der Bereisungsunterlagen im gerichtlichen Verfahren ersetzt schließlich auch eine hinreichende Ermessensabwägung und -darlegung nicht.
Schließlich ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch den Vertreter der Beklagten auf Nachfrage des Senats noch einmal ausdrücklich ausgeführt worden, dass auch der Teilaufhebungsbescheid vom 30. Juli 2020 allein auf Weisung des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur erfolgte und letztlich die konkreten Erkenntnisse, die zu den streitigen Auflagen bzw. deren Aufhebung geführt hätten, dem Luftfahrt-Bundesamt nicht bekannt seien. In Folge dessen lässt sich eine hinreichende Ermessensausübung durch die zuständige Behörde im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 LuftSiG nicht feststellen. Folgt die Behörde bei der Ermessensentscheidung der Weisung einer höheren Behörde, ohne eigene selbständige Ermessenserwägungen anzustellen, und hält sich für gebunden, übt sie ihr Ermessen nicht aus. Zwar muss sich daraus für sich genommen noch nicht zwingend ein Ermessensfehler ergeben, erforderlich ist in diesem Fall aber jedenfalls, dass die rechtmäßige Ermessensausübung „eine Stufe höher“, d.h. durch die anweisende Behörde erfolgt ist und die angewiesene Behörde diese zur Grundlage der Anordnung macht und gegenüber dem Anordnungsempfänger auch offenlegt (OVG NRW, Urteil vom 23.09.2003 - 15 A 1973/09 -, NWVBl 2004, 107 ff.). Daran fehlt es.
3. Unabhängig davon erweisen sich die angefochtenen Bescheide insgesamt auch insoweit als materiell rechtswidrig, als diese nachträgliche Auflagen zum Luftsicherheitsprogramm der Klägerin auch in Bezug auf die ägyptischen Flughäfen Luxor, Alexandria, Assuan und Abu Simbel enthalten.
Die Zulassung des ursprünglichen Luftsicherheitsprogramms durch die Luftsicherheitsbehörde beinhaltete, wie bereits dargelegt, die behördliche Feststellung, dass das Luftfahrtunternehmen seine Eigensicherungsmaßnahmen auch hinsichtlich dieser Flughäfen ausreichend und zutreffend dargestellt hat, da das Luftfahrt-Bundesamt die gesetzlichen Verpflichtungen der Klägerin in Hinblick auf diese ägyptischen Flughäfen zunächst ebenfalls als erfüllt ansah. Vor diesem Hintergrund lässt sich - ohne weitere Erkenntnisse - schon nicht begründen, worauf das Luftfahrt-Bundesamt in Bezug auf diese Flughäfen seine nunmehr abweichende Beurteilung gründet. Insofern fehlt es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage für die Ermessensausübung. Hinsichtlich der Flughäfen in Luxor, Alexandria, Assuan und Abu Simbel liegen schon nach dem Vorbringen der Beklagten selbst keinerlei Erkenntnisse zu den dortigen Sicherheitsbedingungen vor. Weshalb vor diesem Hintergrund - abweichend zu den örtlichen Bedingungen, die vorherrschten, als die Genehmigung des Luftsicherheitsprogramms durch das Luftfahrt-Bundesamt erfolgte - eine gewandelte Sicherheitslage gerade für diese Flughäfen vorliegt, ist nicht nachvollziehbar.
Die Auffassung der Beklagten, diese ergebe sich aufgrund der festgestellten Sicherheitsdefizite an den Flughäfen Sharm el Sheikh, Hurghada und Marsa Alam, so dass sich daraus eine hinreichende Tatsachenbasis für die Anordnung der Auflagen an allen ägyptischen Flughäfen - mit Ausnahme von Kairo - ergebe, überzeugt nicht. Vielmehr zeigt gerade der Umstand, dass die Einhaltung der Auflagen für den Flughafen von Kairo - als weiteren ägyptischen Flughafen - gerade nicht als erforderlich erachtet wird, dass von einer landesweit einheitlichen bzw. gewandelten Sicherheitslage an allen ägyptischen Flughäfen nicht ausgegangen werden kann. Diese Annahme ergibt sich des Weiteren auch aus den angefochtenen Auflagen selbst. So waren in der Auflage 7 nur für den Flughafen Sharm el Sheikh bestimmte Erleichterungen vorgesehen, die mit den dortigen verbesserten Sicherheitsbedingungen begründet wurden, so dass ersichtlich auch das Luftfahrt-Bundesamt von unterschiedlichen Sicherheitsbedingungen an den einzelnen ägyptischen Flughäfen ausgeht. Nach Maßgabe dessen lässt sich jedoch nicht feststellen, dass dem Luftfahrt-Bundesamt hinsichtlich der Flughäfen Luxor, Alexandria, Assuan und Abu Simbel auch nur ansatzweise Anhaltspunkte für eine geänderte Sicherheitslage gerade an diesen Flughäfen vorlagen. Insoweit hat vielmehr eine Sachverhaltsermittlung - bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung - überhaupt nicht stattgefunden.
Ob es für diese Flughäfen Sicherheitsdefizite gibt oder gab, die die nachträglichen Auflagen rechtfertigen könnten, hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht zu überprüfen. Das Gericht darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat. Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. Das Gericht ist nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im Ergebnis aufrechtzuerhalten. In diesem Sinne kommt es auf die tatsächlichen Gründe für die Entscheidung, nicht auf ihre Begründbarkeit an (Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 22).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 161 Abs. 2 VwGO. Soweit es den in der Hauptsache für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits betrifft, entspricht es aufgrund der o.g. Ausführungen billigem Ermessen, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 S. 1, 2 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.