Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.12.2016, Az.: 13 LA 173/16

Futtermittel; Futtermittelunternehmen; Lebensmittel; Verantwortlichkeit; Verkehrsfähigkeit; Zweckbestimmung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.12.2016
Aktenzeichen
13 LA 173/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43409
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 27.07.2016 - AZ: 4 A 47/15

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Futtermittelunternehmen kann seine Verantwortung für die Verkehrsfähigkeit des von ihm veräußerten Produktes nicht auf ein in der Vertriebskette nachfolgendes Futtermittelunternehmen abwälzen.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer (Einzelrichter) - vom 27. Juli 2016 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 944,30 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 12.03.2008 - 2 BvR 378/05 -; BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 21.01.2000 - 2 BvR 2125/97 -, jeweils zit. nach juris). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen.

1. Der zunächst geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nur dann bestehen, wenn gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458; BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4/03 -, juris). Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll: VwGO, 6. Aufl. 2014, § 124a Rdnr. 82).

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Das dagegen gerichtete Vorbringen der Klägerin begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht zu Recht von einem Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 bzw. Art. 15 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 ausgegangen. Nach Artikel 14 Abs. 1 der Verordnung dürfen Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in Verkehr gebracht werden; nach § 15 Abs. 1 der Verordnung dürfen Futtermittel, die nicht sicher sind, nicht in Verkehr gebracht oder an der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verfüttert werden. Im vorliegenden Fall waren die in Verkehr gebrachten Selleriestangen unstreitig wegen ihres erhöhten Cadmiumgehalts weder als Lebens- noch als Futtermittel verkehrsfähig.

Die Klägerin war für die Verkehrsfähigkeit als Lebens- bzw. Futtermittel auch verantwortlich. Die Klägerin betreibt ein Futtermittelunternehmen im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Verordnung. Nach § 17 Abs. 1 der Verordnung sorgen die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen in den ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmen dafür, dass die Lebensmittel oder Futtermittel die Anforderungen des Lebens- und Futtermittelrechts erfüllen, die für ihre Tätigkeit gelten, und überprüfen die Einhaltung dieser Anforderungen. Die von der Klägerin auch in der Zulassungsbegründung vertretene Auffassung, aufgrund der fehlenden Zweckbestimmung der Selleriestangen habe sie lediglich pflanzliche Rohstoffe und keine Lebens- oder Futtermittel in Verkehr gebracht, überzeugt nicht. Lebensmittel sind nach Art. 2 Satz 1 der Verordnung alle Stoffe und Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Bei Futtermitteln handelt es sich nach Artikel 3 Nr. 4 der Verordnung um Stoffe oder Erzeugnisse, auch Zusatzstoffe, verarbeitet, teilweise verarbeitet oder unverarbeitet, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind.

Es spricht bereits vieles dafür, mit dem Verwaltungsgericht von einer Zweckbestimmung der Selleriestangen als Futtermittel auszugehen. Ein Stoff ist nur dann Futtermittel, wenn die Zweckbestimmung zur Tierfütterung feststeht. Bei Erzeugnissen, die sowohl der menschlichen Ernährung als auch der Tierfütterung dienen können, muss auf die konkrete Zweckbestimmung, also die Zweckbestimmung im Einzelfall abgestellt werden (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Loseblatt, Stand März 2016, C 101, Art. 3, Rdnr. 23). Maßgeblich ist dabei eine an der Verkehrsanschauung und an äußerlichen Anhaltspunkten ausgerichtete Betrachtungsweise. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin als nach Art. 9 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 183/2005 registrierte Futtermittelunternehmerin die Selleriestangen im Rahmen einer langjährigen Geschäftsbeziehung bewusst an ein weiteres Futtermittelunternehmen veräußert hat, das nach Art. 5 Abs. 6 der VO (EG) Nr. 183/2005 zum Bezug von Futtermitteln von registrierten bzw. zugelassenen Futtermittelunternehmen verpflichtet ist und davon ausgehen kann, dass die veräußerten Stoffe den Anforderungen des Futtermittelrechts genügen. Der Hinweis der Klägerin auf einen möglichen Verwendungszweck als pflanzlicher Rohstoff zur Herstellung von Arzneimitteln, Kosmetika, Färbemitteln etc. ist vor diesem Hintergrund lebensfremd. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Veräußerung der Selleriestangen in der Lieferbeziehung zu einem anderen Futtermittelunternehmen eine konkludente Zweckbestimmung als Futtermittel enthält.

Wollte man eine derartige Zweckbestimmung als Futtermittel verneinen, so müssten die Selleriestangen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, als Lebensmittel angesehen werden. Denn die Eigenschaft als Lebensmittel setzt keine Zweckbestimmung voraus, sondern kann ausweislich der Definition in Art. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 alternativ nach objektiven Kriterien festgestellt werden (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Art. 2, Rdnr. 31 f.). Ziel ist es, auch Stoffe mit einzubeziehen, die möglicherweise vom Menschen aufgenommen werden und daher bis zu einer später vorgenommenen Zweckbestimmung wie Lebensmittel behandelt werden sollen. Es muss sich also um eine Substanz handeln, bei der es möglich, d.h. nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass sie in die Lebensmittelherstellungskette gelangt und dann zur Aufnahme durch Menschen bestimmt ist (vgl. Wehlau, LFGB, 2010, § 2, Rdnr. 31 ff.). Nach vernünftigem Ermessen kann vor diesem Hintergrund erwartet werden, dass die Selleriestangen in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend auf die Möglichkeit hingewiesen, die Selleriestangen nach weiteren Verarbeitungsschritten etwa für das Würzen von Suppen oder für die Zubereitung von Salaten zu verwenden. Auf das optische Erscheinungsbild im unverarbeiteten Zustand kommt es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an.

Die Klägerin hat die Eigenschaft der Selleriestangen als Futter- oder Lebensmittel auch nicht durch den auf dem Lieferschein enthaltenen Zusatz „ Für die Kennzeichnung gemäß der jeweiligen Zweckbestimmung an den Endverbraucher zeichnet der Kunde verantwortlich“ aufgehoben. Allerdings ist die Klägerin auch als Futtermittelunternehmerin nicht daran gehindert, Waren zu veräußern, die den Anforderungen des Futtermittelrechts nicht entsprechen. In diesem Fall muss sie die entsprechenden Produkte allerdings deutlich mit dem abweichenden Verwendungszweck kennzeichnen. So verlangt Anhang II der VO (EG) 183/2005 unter Herstellung Nr. 8, dass aus der Kennzeichnung von Erzeugnissen eindeutig hervorgeht, ob sie zur Verwendung als Futtermittel oder für andere Zwecke bestimmt sind. Wird für eine bestimmte Partie eines Erzeugnisses erklärt, dass sie nicht als Futtermittel bestimmt ist, so darf diese Erklärung nicht später von einem anderen Unternehmer in einer nachgeordneten Phase der Kette geändert werden. Dem entsprechend gilt die VO (EG) Nr. 178/2002 nach Art. 1 Abs. 3 der Verordnung für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln und Futtermitteln. Zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit müssen alle Aspekte der Lebensmittelherstellungskette von der Primärproduktion und der Futtermittelproduktion bis hin zum Verkauf bzw. der Abgabe an den Verbraucher als Kontinuum betrachtet werden, da jedes Glied dieser Kette eine potenzielle Auswirkung auf die Lebensmittelsicherheit haben kann (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO [EG] Nr. 178/2002). Aus eben diesem Grunde ordnet Art. 17 Abs. 1 dieser Verordnung die Verantwortlichkeit der Lebens- und Futtermittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen für die Einhaltung des Lebensmittelrechts an. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn sich Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer ihren Kontrollverpflichtungen dadurch entziehen könnten, dass sie ihre Produkte als pflanzliche Rohstoffe anbieten, ohne sicherzustellen, dass sie nicht zu einem späteren Zeitpunkt als Lebens- oder Futtermittel in Verkehr gebracht werden (vgl. zu den Anforderungen: Wehlau, a.a.O., Rdnr. 33 f. m.w.N.). Genau diese Wirkung hat aber die von der Klägerin verwendete Freizeichnungsklausel. Diese schließt die Verwendung der Selleriestangen als Lebens- oder Futtermittel in einer späteren Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufe gerade nicht aus, sondern überwälzt die alleinige Verantwortung für die Einhaltung des Lebens- und Futtermittelrechts auf ihre Kunden. Die Klägerin hat aber sicherzustellen, dass die von ihr vertriebenen Erzeugnisse als Lebens- bzw. Futtermittel Verwendung finden können, oder sie hat eine eindeutig abweichende Kennzeichnung vorzunehmen. Sie darf dies nicht in die ausschließliche Verantwortung ihrer Kunden legen und muss ggf. einen entsprechend niedrigeren Verkaufserlös oder gar die Unverkäuflichkeit der Ware hinnehmen.

Angesichts der eindeutig geregelten lebens- und futtermittelrechtlichen Verantwortlichkeiten und der abweichenden arzneimittelrechtlichen Problematik ist die Rechtsprechung zur Anwendung des Arzneimittelrechts auf Vorprodukte (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2011 - 3 C 8.10 -, juris, Rdnr. 14 ff.; Sächs. OVG, Urt. v. 31.07.2014 - 3 A 205/13 -, juris, Rdnr. 34 ff.; Nds. OVG, Urt. v. 24.10.2002 - 11 LC 207/02 -, juris, Rdnr. 36) entgegen dem Wunsch der Klägerin auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Im Übrigen hätte die Klägerin selbst bei Belieferung eines Arzneimittelunternehmers o.ä. durch entsprechende Kennzeichnung sicherzustellen, dass die nicht zur Verwendung als Lebensmittel geeigneten Produkte auf einer späteren Verarbeitungs- oder Vertriebsstufe nicht doch als solche in Verkehr gebracht werden.

2. Der von der Klägerin weiterhin geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

Diesen Anforderungen genügen die in der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Fragen nicht.

a) Die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen,

„Nach welchen Kriterien erfolgt die Zweckbestimmung?“

„Wer nimmt sie im konkreten Einzelfall vor und wann?“

stellen wegen ihrer umfassenden Formulierung keine in einem Berufungsverfahren klärungsfähigen Fragen dar. Sie dienen nicht der Klärung eines konkreten Falles und können im Rahmen eines Berufungsverfahrens auch keiner abschließenden Klärung zugeführt werden.

b) Die weiter aufgeworfene Frage,

„Welcher gesetzliche Rahmen gilt für ein pflanzliches Material, das von einem Handelsunternehmen eingekauft wird, ohne zum Zeitpunkt des Einkaufs schon zu wissen, an wen die Ware verkauft wird beziehungsweise ein Weiterverkauf an einen Abnehmer erfolgt, ohne dessen künftige Verwendung zu kennen?“,

ist in dieser Abstraktheit ebenfalls nicht klärungsfähig und bedarf einer Betrachtung des Einzelfalls. Darüber hinaus ist auch nicht hinreichend dargelegt, in welchem konkreten Zusammenhang diese Frage mit der Entscheidung eines Berufungsverfahrens stünde. Insbesondere wird nicht dargelegt, welche der beiden beschriebenen Alternativen die Klägerin im vorliegenden Fall für sich beansprucht. Im Übrigen ergibt sich der gesetzliche Rahmen im Hinblick auf das für den vorliegenden Fall entscheidende Lebensmittelrecht nach den obigen Ausführungen zwanglos aus der Anwendung der entsprechenden europarechtlichen Vorschriften.

c) Die daran anschließende Frage,

„Was gilt also für einen weiteren Händler oder (weiteren) Verarbeiter, der keine Kenntnis hat, welcher Art der Zweckverwendung sein Abnehmer das pflanzliche Erzeugnis letztendlich zuführen wird?“,

entzieht sich mangels konkreter Fragestellung ebenfalls einer Beantwortung. „Was“ im vorliegenden Fall im Hinblick auf die lebensmittelrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin „gilt“, ist unter 1. der Gründe aufgezeigt worden. Das dort gefundene Ergebnis beruht auf einer Anwendung der einschlägigen Vorschriften unter Heranziehung der anerkannten Auslegungsmethoden und bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren.

d) Die Frage,

„Kann es unter Berücksichtigung der Entscheidung des Sächsischen OVG (Urteil vom 31.07.2014 zitiert nach juris) und der Entscheidung des Nds. OVG (ZLR 2003, 371 [OVG Niedersachsen 24.10.2002 - 11 LC 207/02] - „Pflanzenteil“) auch im Bereich des Lebens- bzw. Futtermittelrechts zweckneutrale pflanzliche Rohstoffe geben, die (noch) nicht einem der in Art. 2 der VO (EG) Nr. 178/2002 Bereiche zuzuordnen sind“,

bedarf ebenfalls keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Ihre Beantwortung ergibt sich ohne weiteres aus der gesetzlichen Regelung über die Verantwortlichkeit der Lebensmittel- bzw. Futtermittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen (Art. 17 Abs. 1 VO [EG] Nr. 178/2002). Auf die Ausführungen unter 1. kann insoweit verwiesen werden. Die in der Frage aufgeführten Entscheidungen beziehen sich nicht auf die Frage der lebensmittelrechtlichen, sondern der arzneimittelrechtlichen Verantwortlichkeit bei der Veräußerung von Vorprodukten. Es geht dort um die Frage, ob auf ein Vorprodukt eines Arzneimittels die arzneimittelrechtlichen Vorschriften anzuwenden sind. Diese Frage stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Auch bei arzneimittelrechtlichen Vorprodukten, die unter die Definition eines Lebensmittels im Sinne des Art. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 178/2002 fallen, muss vom Lebensmittelunternehmer allerdings sichergestellt werden, dass diese Produkte entweder den lebensmittelrechtlichen Anforderungen entsprechen oder aber im weiteren Verlauf nicht als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden.

e) Die daran anschließende weitere Frage,

„anhand welcher objektiven Kriterien die Abgrenzung erfolgen soll, wann ein pflanzliches Erzeugnis (noch) zweckneutraler Rohstoff sein kann und ab wann beziehungsweise unter Heranziehung welcher objektiver Kriterien darauf geschlossen werden kann, dass nach vernünftigem Ermessen bereits erwartet werden kann, dass die jeweiligen pflanzlichen Erzeugnisse in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden“,

bedarf im vorliegenden Fall keiner grundsätzlichen Klärung. Der Begriff des vernünftigen Ermessens ist als Rechtsbegriff zu sehen. Es kommt also nicht auf das subjektive Ermessen derjenigen Personen oder Personengruppen an, die aufgrund besonderer Kenntnisse die Zweckbestimmung zur Aufnahme durch den Menschen erwarten (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O, Art. 2, Rdnr. 32). Jeder Stoff ist nach Maßgabe der Verkehrsanschauung einer einzelnen Betrachtung im Hinblick auf seine Lebensmitteleigenschaft zuzuführen. Da das Ergebnis im Hinblick auf Selleriestangen offensichtlich ist, besteht indes kein Bedürfnis, die gestellte Frage in einem Berufungsverfahren grundsätzlich zu klären.

f) Schließlich bedarf auch die Frage,

„ob Art. 2 der VO (EG) Nr. 178/2002 in Bezug auf die zweite Alternative ausreichend bestimmt ist“,

keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Es fehlt bereits an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Bei dem Begriff des vernünftigen Ermessens handelt es sich ersichtlich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Mit der Zulässigkeit der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und der Möglichkeit, deren Inhalt im Wege der Auslegung zu ermitteln, setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Sie verweist lediglich auf allgemeine Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts zum Bestimmtheitsgrundsatz. Dabei übersieht sie zudem, dass Art. 2 der VO (EG) Nr. 178/2002 als Norm des europäischen Sekundärrechts nicht an den Vorgaben des Grundgesetzes, sondern an dem europarechtlichen Bestimmtheitsgebot (vgl. dazu: Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2. Aufl. 2013, Art. 52, Rdnr. 29 m.w.N.) zu messen ist. Eine Auseinandersetzung mit dessen Anforderungen fehlt völlig.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig
(§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).