Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.02.2018, Az.: 8 Sa 830/17
Ausschluss des Rechts auf Widerspruch gegen den Betriebsübergang durch ausdrückliche Verzichtserklärung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 05.02.2018
- Aktenzeichen
- 8 Sa 830/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 61079
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 28.02.2019 - AZ: 8 AZR 229/18
Rechtsgrundlagen
- § 242 BGB
- § 613a Abs. 1 S. 1 BGB
Amtlicher Leitsatz
1) Im Fall eines Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB tritt der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.
2) Verzichtet der Arbeitnehmer auf sein Widerspruchsrecht oder stimmt dem Übergang des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich zu, ist ein (späterer) Widerspruch ausgeschlossen.
Allgemeine Einwände stehen dem Verzicht nicht entgegen. § 613 a Abs. 6 BGB ist dispositives Rechts. Vertragliche Abbedingungen sind damit grundsätzlich möglich.
Redaktioneller Leitsatz
Ein mit „Einverständniserklärung“ überschriebenes Schriftstück, in dem der Arbeitnehmer erklärt: „Nachdem ich am 05.08.2015 über den Betriebsübergang unterrichtet wurde, erkläre ich hiermit mein Einverständnis für die Übertragung meines Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen ab dem 01.09.2015 an die Firma C. GmbH, Sch. Str., B..“, ist als Verzicht auf das gesetzliche Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB zu verstehen, wenn der Arbeitnehmer zuvor schriftlich über das Widerspruchsrecht unterrichtet worden ist („Ihnen steht es frei, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Bitte beachten Sie, dass der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang dieser Unterrichtung schriftlich zu erfolgen hat. Der Widerspruch kann sowohl gegenüber uns oder dem Dienstleistungsunternehmen erklärt werden“) und vor dem Hintergrund der im Unterrichtungsschreiben benannten Handlungsalternativen „Bitte um Unterzeichnung einer Einverständniserklärung“ oder „einmonatiges Widerspruchsrecht“ der Erklärungsgehalt der „Einverständniserklärung“ unzweifelhaft bestimmt ist.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 27. Juli 2017 - 4 Ca 453/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten vor dem Hintergrund eines Betriebsübergangs darum, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger war bei der (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) seit dem 11. Februar 2008 als Schlachthilfe zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 1.800,00 Euro beschäftigt. Zum 1. September 2015 ging der dortige Betriebsteil mit den Arbeiten des Bereichs "Stall bis Eingang Kühlhaus" auf die Firma C. GmbH (im Folgenden: C-GmbH) über. Zu diesem Zweck schlossen die Insolvenzschuldnerin und die C-GmbH einen Dienstleistungsvertrag. Der Kläger gehörte dem Bereich "Stall bis Eingang Kühlhaus" an.
Über den bevorstehenden Betriebsübergang wurde er mit Schreiben vom 5. August 2015, welches ihm zusammen mit einem Anschreiben bezüglich der Arbeitspapiere und des Arbeitsendes am 11. September 2015 zuging, unterrichtet. Das Unterrichtungsschreiben hat folgenden Wortlaut:
"... am 04.08.2015 um 17 Uhr fand eine Betriebsversammlung am im Aufenthaltsraum in S. statt. Hier wurden alle Fragen zu folgendem Thema besprochen:
Im Rahmen einer geplanten Umstrukturierung sollen die Arbeiten im Bereich "Stall bis Eingang Kühlhaus" an die Firma C. GmbH, Sch. Str., B. übertragen werden. Zu diesem Zweck wurde ein Dienstleistungsvertrag geschlossen.
Gem. § 613a Abs. 5 BGB informieren wird Sie hiermit über diesen Betriebsübergang. Der Betriebsübergang wird nach der jetzigen Planung zum 01.09.2015 erfolgen.
Die Übertragung der bisher in Eigenregie durchgeführten Arbeiten auf einen Dienstleister beruht auf einer unternehmerischen Entscheidung unserer Gesellschaft, um so auch in Zukunft eine Fortführung der Produktion gewährleisten zu können.
Betroffen von dem Betriebsübergang sind sämtliche Mitarbeiter des Betriebsteils Stall und Schlachtung. Die Beschäftigungsverhältnisse aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dieses Betriebsteils gehen mit sämtlichen Rechten und Pflichten unter Anrechnung der vollen Betriebszugehörigkeit auf die erwerbende Gesellschaft über.
Wir haften neben dem Dienstleister für die Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis soweit sie vor dem Betriebsübergang entstanden sind und vor Ablauf von 1,5 Jahren nach diesem Zeitpunkt fällig werden als Gesamtschuldner.
Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch uns oder den Dienstleister wegen des Betriebsübergangs ist unwirksam. Dabei bleibt jedoch das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen unberührt. Die betrieblichen Strukturen und die betrieblichen Organisationen werden von dem Betriebsübergang nicht berührt. Es ist beabsichtigt das bestehende Geschäft weiterzuführen.
Folge des Betriebsüberganges für Sie ist damit der Wechsel des Arbeitgebers. An den Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ändert sich nichts. Wir bitten Sie daher, Ihre Tätigkeit wie auch in der Vergangenheit bei Ihrem neuen Arbeitgeber fortzusetzen. Sofern Sie sich für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entscheiden, bitten wir Sie Ihre Einverständnis auf der beigefügten Erklärung bis zum 15.08.2015 schriftlich zu erklären. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt eine ausdrückliche Erklärung nicht vorliegen, gehen wir von Ihrem stillschweigenden Einverständnis mit dem Betriebsübergang aus. Ihnen steht es frei, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Bitte beachten Sie, dass der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang dieser Unterrichtung schriftlich zu erfolgen hat. Der Widerspruch kann sowohl gegenüber uns oder dem Dienstleistungsunternehmen erklärt werden. Bitte beachten Sie aber, dass im Falle eines Widerspruchs die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses drohen kann, da aufgrund des Betriebsübergangs Ihr bisheriger Arbeitsplatz ersatzlos wegfällt und ggf. eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit nicht existiert.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen zur Verfügung.
Bitte geben Sie die beigefügten Einverständniserklärung bis zum 15.08.2015 bei ihrem Vorarbeiter N. ab."
Noch im September 2015 unterzeichnete der Kläger die vorformulierte Einverständniserklärung, die folgenden Inhalt hat:
"Einverständniserklärung:
Nachdem ich am 05.08.2015 über den Betriebsübergang unterrichtet wurde, erkläre ich hiermit mein Einverständnis für die Übertragung meines Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen ab dem 01.09.2015 an die Firma C. GmbH, Sch. Str., B.."
Der Betriebsübergang wurde wie angekündigt zum 1. September 2015 durchgeführt. Seither arbeitete der Kläger für die C-GmbH. Nachdem über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden war - sie hatte inzwischen umfirmiert in A. Produktions-GmbH - widersprach der Kläger gegenüber der Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 (Bl. 111, 112) dem Betriebsübergang zu der C-GmbH und forderte jene auf, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu ihm zu bestätigen.
Mit der vorliegenden, am 21. November 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung des Bestehens eines ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnisses zu der C-GmbH begehrt. Nach Insolvenzeröffnung auch über das Vermögen jenes Unternehmens hat der Kläger das Verfahren gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter aufgenommen.
Er hat die Auffassung vertreten, es bestehe ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Er sei nicht ordnungsgemäß über den Betriebsübergang unterrichtet worden. Das Anhörungsschreiben vom 5. August 2015 sei fehlerhaft, so dass er auch nach Ablauf eines Monats nach dessen Erhalt dem Betriebsübergang widersprechen könne. Einen Verzicht habe er nicht erklärt, zumal er zur Unterzeichnung der Einverständniserklärung genötigt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der Kläger sich in einem ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten befindet.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Unterrichtung für wirksam gehalten. Zumindest habe der Kläger durch Unterzeichnung des Einverständnisses auf sein Widerspruchsrecht verzichtet. Jedenfalls aber sei das Widerrufsrecht verwirkt.
Durch Urteil vom 27. Juli 2017 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei nach § 613a BGB auf die C-GmbH übergegangen. Der Kläger habe dem Betriebsübergang nicht wirksam widersprochen. Er habe auf sein Widerspruchsrecht verzichtet. Als ein solcher Verzicht sei die Einverständniserklärung zu verstehen, und zwar auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten, nach denen vorformulierte Erklärungen nach §§ 305 ff. BGB ausgelegt werden müssten, und als solcher wirksam. Dahinstehen könne, ob die Klägerin zur Abgabe der Erklärung durch Drohung veranlasst worden sei. Es fehle schon an einer Anfechtungserklärung. Außerdem sei die Anfechtungsfrist gemäß § 174 Abs. 1 BGB verstrichen. Der Wirksamkeit des Verzichts stehe nicht entgegen, dass die Belehrung über den Betriebsübergang den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht entspreche. Denn zur Unwirksamkeit einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung nach den Vorschriften des BGB führten nur allgemeine oder besondere Unwirksamkeitsgründe, wie beispielsweise §§ 134, 138, 142 BGB. Für eine Argumentation mit dem Schutzzweck der Norm sei zumindest ein - hier fehlender - Bezug zwischen der fehlerhaften Belehrung und dem Verzicht des Arbeitnehmers erforderlich.
Gegen dieses ihm am 7. August 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. August 2017 Berufung eingelegt, die er am 29. September 2017 begründet hat.
Die Berufung führt aus: Dem Kläger habe auch nach Ablauf eines Monats ein Widerspruchsrecht zugestanden, weil die von der Insolvenzschuldnerin verwendete Belehrung nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen habe. Wenn die Voraussetzungen der gesetzlichen Vorschrift nicht vollständig erfüllt seien, könne ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht nicht wirksam erklärt werden. Unerheblich sei, dass der Fehler der Belehrung ursächlich für das Widerspruchsrecht gewesen sei. Nach dem Gesetzeszweck habe der Arbeitnehmer bei einer für ihn derart tiefgreifenden Angelegenheit einen Anspruch darauf, von dem Arbeitgeber richtig über die rechtlichen Folgen belehrt zu werden. Ein derart offensichtlicher Fehler wie die unrichtige Belehrung über die anteilige Haftung nach § 613a Abs. 2 Satz 2 BGB müsse nicht ausdrücklich gerügt werden, sondern sei ohne weiteres von Amts wegen zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Lüneburg - 4 Ca 453/16 - abzuändern und festzustellen, dass sich der Kläger mit dem Beklagten in einem ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 6. November 2017, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 173 - 175 d. A.). Zu den weiteren Ausführungen der Parteien zur Sach- und Rechtslage im zweiten Rechtszug wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt; sie ist auch ordnungsgemäß begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, 66 Abs. 1 und 2 ArbGG).
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zwischen den Parteien besteht kein ungekündigtes unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin ist zum 1. September 2015 gemäß § 613a BGB auf die C-GmbH übergegangen. Der Kläger hat dem Betriebsübergang nicht wirksam nach § 613a Abs. 6 BGB widersprochen. Er hat auf sein Widerspruchsrecht verzichtet. Ferner wäre dessen Ausübung verwirkt.
1.
§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bewirkt, dass im Fall eines Betriebsübergangs der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt; in diesem Fall findet kraft Gesetzes "automatisch" ein Arbeitgeberwechsel statt (BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - juris Rn. 16; vgl. ua. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 35, Slg. 2002, I-969). § 613a Abs. 1 BGB dient im Zusammenwirken mit der in § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB getroffenen Regelung, wonach Kündigungen unwirksam sind, die der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber wegen des Betriebsübergangs ausspricht, dem arbeitsrechtlichen Bestandsschutz (vgl. etwa BAG 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - juris Rn. 17). Die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse soll unabhängig von einem Inhaberwechsel sichergestellt werden (vgl. EuGH 29. Juli 2010 - C-151/09 - [UGT-FSP] Rn. 22 mwN, Slg. 2010, I-7591; 18. März 1986 - 24/85 - [Spijkers] Rn. 11, Slg. 1986, 1119).
2.
Den Arbeitnehmern wird nach § 613a Abs. 6 BGB allerdings ein Widerspruchsrecht gewährlei-stet. Das Widerspruchsrecht trägt den grundrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung, der dem Arbeitnehmer die freie Wahl des Arbeitsplatzes und damit auch die freie Wahl des Vertragspartners garantiert. Der Arbeitnehmer soll nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BT-Drs. 14/7760 S. 20 unter Hinweis auf BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92 - juris Rn. 15; vgl. auch EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 32, Slg. 1992, I-6577; BAG 24. April 2014 - 8 AZR 369/13 - Rn. 18, BAGE 148, 90; BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - juris Rn. 17).
a)
Ein (späterer) Widerspruch gegen einen (Teil-)Betriebsübergang - wie vorliegend - ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer auf sein Widerspruchsrecht verzichtet oder dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber ausdrücklich zugestimmt hat (hM und st. Rspr. BAG 19. März 1998 - 8 AZR 139/97 - juris Rn. 22; 15. Februar 1984 - 5 AZR 123/82 - juris Rn. 23; 15. Februar 2007 - Rudkowski NZA 2010, 739, 740; Göpfert/Siegrist, ArbR Aktuell 2010, 107; offengelassen: BAG 20. April 2009 - 8 AZR 262/07 - juris Rn.18).
aa)
Allgemeine Einwände stehen einem Verzicht nicht entgegen. Auch ein trotz nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung erklärter Verzicht ist als wirksam anzusehen (aA LAG Saarland 12. August 2009 - 2 Sa 52/09 - juris Rn. 23). Dafür spricht schon, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Erwerber und dem Veräußerer in Gänze auf die Unterrichtung verzichten kann (vgl. Göpfert/Buschmann, ZIP 2011, 64, 65; Fuhlrott/Ritz, BB 2012, 2689, 2692).
bb)
§ 613a Abs. 6 BGB ist dispositives Recht. Vertragliche Abbedingungen sind damit grundsätzlich möglich. Es besteht kein Anlass, die Vertragsfreiheit dadurch einzuschränken, dass die Ausübungsmöglichkeiten von einer Bedingung abhängig gemacht würden, die nur durch einen Dritten erfolgt (ErfK/Preis, 18. Aufl. 2018, § 613a BGB Rn. 104). Mit einem entgegen der Zusage später erklärten Widerspruch würde sich der Arbeitnehmer auch mit vorausgegangenen eigenen Erklärungen in Widerspruch setzen. Das wäre ein Verstoß gegen Treu und Glauben. Der Arbeitgeber darf sich auf die vorausgegangene zustimmende Erklärung des Arbeitnehmers verlassen und richtet sich darauf auch ein (BAG 15. Februar 1984 - 5 AZR 123/82 - juris Rn. 23). Das System des § 613 a Abs. 6 BGB ist ein Schutzrecht des betroffenen Arbeitnehmers vor ungerechtfertigten Nachteilen durch einen aufgedrängten Arbeitgeberwechsel. Dieser Schutzzweck erfordert keine Beschränkung der Vertragsfreiheit. Den Arbeitnehmern steht es weiterhin frei, eigene Überleitungsvereinbarungen zu schließen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, auf das Widerspruchsrecht zu verzichten.
b)
Danach ist das Widerspruchsrecht durch die Verzichtserklärung der Klägerin ausgeschlossen.
aa)
Die Einverständniserklärung ist als Verzicht zu verstehen. Das ergibt ihre Auslegung. Klar und deutlich geht aus ihr hervor, dass das Arbeitsverhältnis unabhängig von der bereits laufenden Widerspruchsfrist übergehen soll und mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses Einverständnis besteht. Vor dem Hintergrund der Handlungsalternativen, "Bitte um Unterzeichnung einer Einverständniserklärung" oder "einmonatiges Widerspruchsrecht" wie sie in der Belehrung aufgezeigt worden sind, ist der Erklärungsgehalt damit unzweifelhaft. Dieses Verständnis wird zusätzlich dadurch dokumentiert, dass der Kläger in der Folgezeit zu der C-GmbH gewechselt und dort seine Arbeitsleistung erbracht hat.
bb)
Die Verzichtserklärung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Sie ist weder angefochten worden noch stehen ihr Unwirksamkeitsgründe nach §§ 305 ff. BGB entgegen, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Das Berufungsgericht macht sich jene Entscheidungsgründe nach eigener Prüfung ausdrücklich zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Berufung greift die Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu auch nicht an.
3.
Jedenfalls wäre das Widerspruchsrecht verwirkt. Aufgrund des Gesamtverhaltens des Klägers durfte die Insolvenzschuldnerin darauf vertrauen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben.
a)
Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz. Sie verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist (BAG 20. April 2009 - 8 AZR 262/07 - juris Rn.19, 21; 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - juris Rn. 27; 17.Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - juris Rn. 31 ff.; 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - juris Rn. 26, 30).
b)
So liegt der Fall hier. Durch die Unterzeichnung der Erklärung, mit dem Betriebsübergang einverstanden zu sein, den anschließenden Wechsel zur C-GmbH, die dortige Arbeitsaufnahme und die unbedingte Weiterarbeit für mehr als ein Jahr hat der Kläger erkennbar über sein Arbeitsverhältnis disponiert. Aufgrund seines Gesamtverhaltens durfte die Insolvenzschuldnerin darauf vertrauen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Zeitmoment und Umstandsmoment sind gegeben. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch erklärt, eigentlicher Grund für den Widerspruch sei der bevorstehende weitere Betriebsübergang zur V. GmbH gewesen; im Zuge dessen seien Verträge mit verschlechterten Arbeitsbedingungen vorgelegt worden. Mit einer geringeren Vergütung seien die Arbeitnehmer jedoch nicht einverstanden gewesen; wären die Arbeitsbedingungen unverändert geblieben, wären sie nicht aktiv geworden, sondern hätten an ihrem Arbeitsplatz weiter gearbeitet, ganz gleich für welches Unternehmen.
III.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 ArbGG).
IV.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage war die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 1 Ziff. 1 ArbGG).