Abschnitt 9 HFR - Über- oder außerplanmäßige Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen
Bibliographie
- Titel
- Richtlinie zur Haushaltsführung (HFR)
- Amtliche Abkürzung
- HFR
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 64100
9.1 Über- oder außerplanmäßige Ausgaben
9.1.1
Grundsätzliches
Bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 37 LHO ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Anträge müssen alle notwendigen Angaben tatsächlicher oder rechtlicher Art enthalten, die die Voraussetzungen des § 37 LHO begründen.
In den Anträgen ist nachzuweisen, dass
die Ausgabe nicht bis zur Verkündung des nächsten HG zurückgestellt werden kann (§ 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 LHO),
bei der Ermittlung des Mehrbedarfs alle Deckungsmöglichkeiten (LHO, HG, Haushaltsvermerk) geprüft und genutzt wurden,
die ggf. noch nicht verausgabten Ermächtigungen durch rechtliche Verpflichtungen belegt oder gebunden sind und
die Maßnahme, die zum Mehrbedarf führt, noch nicht in Auftrag gegeben und/oder hierfür noch keine rechtliche Verpflichtung eingegangen worden ist.
Sofern die zum Mehrbedarf führende Maßnahme bereits vor der Einwilligung des MF in Auftrag gegeben und/oder rechtlich verpflichtet wurde, kann das MF im Nachhinein von der Überschreitung lediglich Kenntnis nehmen. Um die Bezahlung der eingegangenen Verpflichtung zu gewährleisten und das Ausschalten der Mittelkontrolle zu vermeiden, erteilt das MF im HFS eine lediglich technische Einwilligung. Im Anschreiben ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nur um ein technisches Erfordernis handelt, damit die Zahlung geleistet werden kann. Die Überschreitung ist in Anlage I zur Haushaltsrechnung als unzulässig nachzuweisen. Vom (Nicht-) Einwilligungsschreiben ist je eine Durchschrift an den LRH und das MF (Referate 14 und 12.2) zu senden.
Damit über- oder außerplanmäßig bewilligte Ausgaben noch im laufenden Haushaltsjahr geleistet werden können, ist von Anträgen nach dem 30. November grundsätzlich abzusehen, sofern die Ausgaben nicht zur Erfüllung fälliger Verpflichtungen erforderlich sind.
9.1.2
Einsparungen
Über- und außerplanmäßige Ausgaben sind vorrangig durch Einsparungen bei anderen Ausgaben, durch die Verwendung von Mehreinnahmen oder durch einen Vorgriff jeweils in demselben Einzelplan auszugleichen. Ausnahmen sind in Nummer 10 geregelt.
Einsparungen im Gesamthaushalt sind grundsätzlich nur in besonders zu begründenden Ausnahmefällen möglich.
Als Einsparung dürfen nicht herangezogen werden:
9.1.2.1
zwangsläufige Minderausgaben z. B. aufgrund fester Dotationen beim Wegfall von Mitteln Dritter,
9.1.2.2
Minderausgaben wegen Verlagerung des Mittelabflusses in Folgejahre,
9.1.2.3
Minderausgaben innerhalb der Deckungskreise nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 LHO sowie der Personalkostenbudgets, weil diese bereits bei der Veranschlagung sowie bei der Bemessung der globalen Verstärkungsmittel berücksichtigt wurden,
9.1.2.4
Minderausgaben bei Ausgaberesten,
9.1.2.5
Minderausgaben, soweit sie der Erwirtschaftung Globaler Minderausgaben dienen,
9.1.2.6
Minderausgaben bei Titeln der Obergruppe 98 und
9.1.2.7
zweckgebundene Mittel (KV 1).
9.1.3
Einsparung durch Vorgriff
Nach § 37 Abs. 6 LHO sind über- oder außerplanmäßige Ausgaben bei übertragbaren Titeln grundsätzlich durch Vorgriff auf die Haushaltsmittel des Folgejahres gegenzufinanzieren. Die Einsparart "Vorgriff" wird bei der Beantragung über- oder außerplanmäßiger Mittel im HFS deshalb vorgeblendet. Abweichungen davon sind nur in Ausnahmefällen (z. B. wenn die Mittel des Folgejahres nicht ausreichen) zulässig und besonders zu begründen. Für das Resteverfahren wird das MF vor Beginn des Ressortbearbeitungszeitraumes für diese Vorgriffe zentral Restebelege generieren, die den Ressorts dann zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung stehen.
9.1.4
Einsparung erfolgt später
Bei der Einsparart "Einsparung erfolgt später" sind die entsprechenden Einsparumbuchungen durch die obersten Landesbehörden zeitnah vorzunehmen.
9.1.5
Erfassung im Haushaltsführungssystem (HFS)
Für den formellen Antrag oder die formelle Einwilligung sind die automatisiert erstellten Antrags- und Einwilligungsschreiben des HWS-Verfahrens zu verwenden. Dies gilt auch für überplanmäßige Ausgaben, bei denen der Haushaltsplan durch Haushaltsvermerk am Titel eine Überschreitung ohne Deckung zulässt.
9.1.6
Zahlungsverpflichtungen des Landes aus rechtskräftigen Urteilen
Zahlungsverpflichtungen des Landes aus rechtskräftigen Urteilen sind zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen unverzüglich zu erfüllen. Um dies zu gewährleisten, ist bei anfechtbaren Urteilen alsbald nach Zustellung zu entscheiden, ob ein Rechtsmittel eingelegt werden soll. Sobald feststeht, dass ein Rechtsmittel nicht in Betracht kommt und keine ausreichenden Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, ist sofort ein Antrag nach § 37 LHO zu stellen.
Unabhängig von der Einwilligung des MF ist die Zahlung zu leisten, sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist.
Bei Urteilen, die keinem Rechtsmittel mehr unterliegen, ist die Zahlung sofort nach Zustellung des Urteils zu leisten. Gleichzeitig sind etwa erforderliche Zustimmungen zu der Haushaltsausgabe zu beantragen. Gegebenenfalls ist vorab formlos auf dem Dienstweg beim MF das Ausschalten der Mittelkontrolle am Titel auf "ohne Kontrolle mit Anzeige" zu beantragen.
Entsprechend zu verfahren ist bei Zahlungsverpflichtungen des Landes - auch ohne deren rechtskräftige Festsetzung durch ein Gericht -, die aus dem Anerkenntnis eines Rückgewähranspruchs bei der Insolvenzanfechtung oder aus einem geschlossenen Vergleich entstehen. Das Gleiche gilt für gesetzlich zwingende Nebenansprüche wie Zinsen.
9.2 Verpflichtungsermächtigungen
9.2.1
Über- oder außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen ohne Barmittelansatz
Für über- oder außerplanmäßige VE, die im Folgejahr zum Mittelabfluss führen und für die dafür kein entsprechender Barmittelansatz vorhanden ist, ist bereits bei der Beantragung die Einsparstelle für die Deckung des Mittelabflusses im Folgejahr anzugeben. Im "zusätzlichen Begründungstext für MF" sind hierzu bereits in Anspruch genommene VE darzustellen.
Ein erneuter formeller Antrag auf über- oder außerplanmäßige Ausgaben im Folgejahr ist dann nicht mehr erforderlich; es sind nur noch die Erfassung und die technische Einwilligung notwendig.
Unter dieses vereinfachte Verfahren fallen auch die Fälle von bereits eingewilligten über- oder außerplanmäßigen VE, die z. B. wegen eines verzögerten Vertragsabschlusses im laufenden Haushaltsjahr nicht mehr in Anspruch genommen werden können, aber im Folgejahr über- oder außerplanmäßige Ausgaben verursachen. Wurde hier bei der Beantragung im Vorjahr bereits eine Einsparung zur Gegenfinanzierung angegeben, ist als Einsparart "ohne Einsparung" zu verwenden.
9.2.2
Überplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen mit Barmittelansatz
Stehen bei Beantragung einer überplanmäßigen VE bereits Barmittel zur Deckung des Mittelabflusses in den Folgejahren zur Verfügung, ist als Einsparart "ohne Einsparung" zu verwenden.
9.2.3
Verpflichtungsermächtigungen zulasten übertragbarer Ausgaben
Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHO bedarf es keiner VE, wenn Verpflichtungen zulasten übertragbarer Ausgaben eingegangen werden, die im Folgejahr zu Ausgaben führen. Am Jahresende ist die Bildung eines entsprechenden Ausgaberestes erforderlich. Verpflichtungen dürfen daher nur in dem Umfang eingegangen werden, wie nach Ablauf des Haushaltsjahres ein Ausgaberest gebildet werden kann. Es ist somit dafür Sorge zu tragen, dass entsprechende Minderausgaben tatsächlich anfallen und ein Ausgaberest gebildet werden kann.
Außer Kraft am 1. Januar 2030 durch Nummer 23 Satz 1 des RdErl. vom 20. Dezember 2023 (Nds. MBl. S. 1108)